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Kilians Plattenecke Januar 2015 (Kommentare: 0) Über Delmark Records und seinen legendären Status als Chicago-Blues-Label brauche ich hier wahrscheinlich nicht viele Worte zu verlieren. Neben Neuaufnahmen mit interessanten Acts der aktuellen Szene taucht Delmark auch immer wieder ins Archiv ab und bringt bislang unveröffentlichtes Material an die Oberfläche. Nachdem der Klassiker „Hoodoo Man Blues“ von Junior Wells mit Buddy Guy vor ein paar Jahren als Deluxe-Digipak-Edition mit zusätzlichen Titeln wiederveröffentlicht wurde (siehe bluesnews 68), ist nun das zweite Delmark-Album von Wells an der Reihe. „Southside Blues Jam“ wurde im Dez. 1968/Jan. 1969 an zwei Tagen in Chicago eingespielt und ist – wie der Titel schon andeutet – eine lockere Session mit wenig Struktur und viel Feeling auf hohem Niveau – kein Wunder bei Leuten wie Wells, Buddy Guy, gtr und auf einem Titel vcl, Louis Myers, gtr, Earnest Johnson, bs, Fred Below, dms, sowie dem großen Pianisten Otis Spann, für den dies mit die letzten Aufnahmen vor seinem tragischen frühen Tod im April 1970 waren. Wieder als Digipak mit neuem Fotomaterial gestaltet, bietet die Reissue sieben Bonustitel (33 Min.). Das Album ist zwar nicht so essenziell wie „Hoodoo Man Blues“, aber wer nichts gegen längere Improvisationen hat und lockere Jam-Sessions mag, der wird begeistert sein. Ebenfalls neu auf Delmark: „In The Wee Small Hours“ von Sax Gordon. Der ist ja eher als wilder Honker bekannt, spielt hier jedoch zusammen mit Alberto Marsico, org, und Alessandro Minetto, dms, ein reines Jazzprogramm mit vielen Balladen. Mit „b.live“ haben Henry Heggen, hca/vcl, Henning Pertiet, pno, und Micha Maass, dms, ein sehr schönes Live-Dokument eines Auftritts in Bremen herausgebracht. Dank des spontanen finanziellen Engagements von Frau Kruse aus Wildeshausen wurde der Gig vom Soundmann mitgeschnitten und das Ergebnis kann sich soundtechnisch durchaus hören lassen – und musikalisch ebenso! Die drei passen gut zusammen und entwickeln eine ungeheure Spielfreude. Henry singt besser denn je (und er war schon immer gut) und er und Henning können sich auf ihren Instrumenten gewohnt virtuos austoben. Das heißt: lange Titel und viel Soloraum auf sieben zum Großteil noch nicht ausgelutschten Standards und zwei von Heggen mitkomponierten Titeln. Sehr gut gelungen! Über Smithsonian Folkways habe ich an dieser Stelle und in Rezensionen im Heft schon mehrfach berichtet. Die Institution verwaltet nicht nur das Folkways-Archiv und macht auf Bestellung alle Titel des Labels von Moe Asch verfügbar, sondern stellt auch schöne Compilations zusammen, darunter „Classic Blues From Smithsonian Folkways“, „Classic Appalachian Blues From SF“ und „Classic Harmonica Blues From SF“. Nun wird die Serie durch „Classic African American Songsters“ ergänzt, also schwarze Künstler, die nicht nur Blues, sondern auch andere, zum Teil ältere Songformen im Repertoire haben. Darunter finden sich bekannte Leute wie Brownie McGhee, Mississippi John Hurt, Lead Belly, John Cephas & Phil Wiggins, Rev. Gary Davis, John Jackson, Snooks Eaglin und Big Bill Broonzy sowie weniger bekannte wie Pink Anderson, Marvin Foddrell, Bill Williams und Warner Williams & Jay Summerour. Die Gitarre dominiert (im Falle der genannten Duos zusammen mit Bluesharp), aber auch Klavier (Little Brother Montgomery), Solo-Harp (Peg Leg Sam) und eine String-Band (Martin, Bogan & Armstrong) sind zu hören. Das Repertoire aus Pre-Blues, Balladen, Oldtime-, Ragtime- und Pop-Songs sowie Jazz stammt zum Großteil von früheren (Smithsonian) Folkways-Veröffentlichungen, aber fünf Titel sind bislang unveröffentlicht. Mitte der 70er-Jahre war das Label Blue Labor des Songschreibers/Produzenten Kent Cooper und des deutschstämmigen Avantgarde-Jazzers Heiner Stadler sehr rege im Bluesbereich tätig und veröffentlichte u. a. Alben von Sonny Terry, Alec Seward, Roosevelt Sykes, Peg Leg Sam, Johnny Shines sowie zwei von Louisiana Red, die zu seinen besten gehören. Das Blue-Labor-Material wurde über die Jahre vielfältig vermarktet, von Tomato über Billiglabels bis hin zu Fat Possum. Labor Records scheint so etwas wie eine Nachfolgefirma zu sein, die keine Reissues veröffentlicht, sondern neues oder noch nicht veröffentlichtes Material herausbringt. So wie vor Kurzem „The Blues & Salvation“, eine Doppel-CD mit bislang unveröffentlichtem Material aus den 1970er-Jahren von Rev. Gary Davis, Sonny Terry & Brownie McGhee, Louisiana Red, George Higgs (der erst viele Jahre später wieder von der Music Maker Foundation aufgenommen wurde) sowie ein paar Folk-/Gospel-Leuten. Wir haben ein Rezensionsexemplar angefordert und hoffen, bald Genaueres berichten zu können. 01.01.2015 | Klaus Kilian Einen Kommentar schreiben Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)