Prostatakrebs–Hormonentzugstherapie Prostatakrebs

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Prostatakrebs–Hormonentzugstherapie Prostatakrebs
Patientenratgeber
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Prostatakrebs-Hormonentzugstherapie
APOGEPHA Arzneimittel GmbH, Kyffhäuserstraße 27, 01309 Dresden
Tel. 0351 3363-3, Fax 0351 3363-440, [email protected], www.apogepha.de
Prostatakrebs–Hormonentzugstherapie
Inhaltsverzeichnis
1 Wo liegt die Prostata im Körper und welche Aufgaben erfüllt sie?
6
2 Prostatakrebs – Vorkommen, Ursachen und Entstehung
2.1 Wie häufig kommt ein Prostatakarzinom vor?
2.2 Welche Ursachen sind verantwortlich?
2.3 Wie entsteht ein Prostatakarzinom?
10
10
11
11
3 Symptome und typische Beschwerden
13
4 Die Diagnose
4.1. Digitale-rektale Untersuchung (DRU)
4.2. Transrektale Ultraschalluntersuchung (TRUS)
4.3. Bestimmung des PSA-Wertes
4.4 Die Gewebeprobe (Biopsie)
4.5 Klassifikation des Tumors
4.6 Staging
16
16
16
17
18
18
23
5 Therapie
5.1 Lokal begrenzter Tumor
5.2 Lokal fortgeschrittener Tumor
5.3 Kastrationsresistentes Prostatakarzinom
26
27
29
29
6 Die Hormonentzugstherapie
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
Wie funktioniert die Hormonentzugstherapie?
Maximale Androgenblockade
Intermittierende Hormonblockade
Neoadjuvante und adjuvante Hormonentzugstherapie
Welche Nebenwirkungen können die Folge
der Hormonentzugstherapie sein?
6.6 Dauer der Hormonentzugstherapie
6.7 Kontrolle der Hormonentzugstherapie
32
32
34
34
35
35
36
37
7 Wie kann ich selbst zum Erfolg der Therapie beitragen?
7.1 Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung
7.2 Bewegung und Sport
7.3 Nichtrauchen
7.4 Der Umgang mit meiner Krebserkrankung
40
40
41
41
42
8 Hilfe und Unterstützung: Adressen, Links und Literatur
8.1 Adressen und Links
8.2 Literaturempfehlungen
44
44
45
9 Glossar
46
10 Fragen an Ihren Arzt und eigene Notizen
Weitere Fragen, Anregungen und Verbesserungswünsche sind uns jederzeit willkommen.
Zögern Sie nicht uns anzurufen.
Gute Besserung wünscht
Ihre APOGEPHA Arzneimittel GmbH
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52
Die Prostata
1 Wo liegt die Prostata im Körper
und welche Aufgaben erfüllt sie?
Die Prostata wird dem Urogenitalsystem zugeordnet, welches Harn- und Geschlechtsorgane umfasst. Zum Harntrakt gehören die Nieren, die Harnleiter (Ureter), die Harnblase
sowie die Harnröhre (Urethra). Zusammen mit Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, Samenbläschen und Penis gehört die Prostata zu den Geschlechtsorganen des Mannes.
Abb. 1
Die Prostata liegt unterhalb der Harnblase und umschließt die Harnröhre ringförmig
(s. Abb. 1). Die abgeflachte Rückseite der Prostata liegt zum Enddarm hin, daher kann sie
bei einer Tastuntersuchung über den Enddarm ertastet werden.
Die Organe des Harntrakts, die Sexualorgane im Becken, der Darm und die Prostata liegen
sehr eng zusammen. Bei Behandlungen der Prostata kann es daher zu unerwünschten
Nebenwirkungen kommen, z. B. Inkontinenz oder Erektionsstörungen.
Im Volksmund wird die Prostata auch „Vorsteherdrüse“ genannt und hat im gesunden
Zustand etwa die Größe einer Kastanie und wiegt ca. 20 g. Im Laufe des Lebens eines
Mannes wächst die Prostata ab dem 40. Lebensjahr stetig. Dies ist ein normaler und
physiologischer Prozess, der als benigne Prostatavergrößerung (BPS = benignes Prostata Syndrom, auch
wird der Begriff BPH = benigne Prostata Hyperplasie
Im Volksmund
verwendet) bezeichnet wird. Diese gutartige Prostatawird die Prostata auch
vergrößerung unterscheidet sich in Entstehung und
„Vorsteherdrüse“
Krankheitsverlauf komplett von einem Prostatakrebs (s.
genannt.
Kapitel 2).
Die Prostata besteht aus Drüsen, Bindegewebe und
Muskulatur. Sie wird in verschiedene Zonen eingeteilt. Eine hauptsächliche Unterscheidung wird zwischen der äußeren und der inneren Zone gemacht. Am häufigsten entstehen
Prostatakarzinome in der äußeren Zone. Die Prostata ist ein festes Organ, das aus 30 bis 50
Einzeldrüsen sowie Muskeln besteht und von einer dünnen, aber festen Kapsel umschlossen wird.
Rektum
Prostata
Blase
Lage der Prostata
Die Prostata produziert ein milchiges, leicht saures Sekret (pH-Wert 6,4), das den Hauptanteil der Samenflüssigkeit bildet und das Transportmittel für die Spermien darstellt. Dieses
Sekret dient weiterhin auch zum Schutz vor dem sauren Milieu der Scheidenflüssigkeit.
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Seite 7
Prostatakrebs –
Vorkommen,
Ursachen und
Entstehung
2 Prostatakrebs – Vorkommen, Ursachen
und Entstehung
2.2 Welche Ursachen sind verantwortlich?
Die Ursachen, die zu einem Prostatakarzinom führen sind nicht vollständig geklärt. Die
folgenden Faktoren tragen vermutlich zu seiner Entstehung bei:
2.1 Wie häufig kommt ein Prostatakarzinom vor?
Der Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung und die dritthäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland. Es erkrankten 2008 mehr als 63.000 Männer an Prostatakrebs (s. Abb. 2). Für das Jahr 2012 liegt die Prognose der Prostataneuerkrankungen
bei 67.600. Etwa 12.000 Männer sterben jedes Jahr an dieser Erkrankung.
Abb. 2
60.000
Neuerkrankungen
50.000
40.000
30.000
20.000
Sterbefälle
10.000
1998
2000
2002
2004
2006
2008
Absolute Zahl der Neuerkrankungs- und Sterbefälle,
ICD-10 C61, Deutschland 1999–2008 (aus: Krebs in
Deutschland 2007/2008, Robert Koch Institut, 8. Ausgabe, 2012)
Die Erkrankungshäufigkeit steigt mit
dem Alter an. Das mittlere Alter bei
Diagnosestellung beträgt 70 Jahre.
Das Risiko eines 40-jährigen Mannes an Prostatakrebs zu erkranken,
liegt bei 0,1 %, das eines 70-jährigen
hingegen bei 6,6 %.
Die Sterblichkeit ist in den letzten
Jahren deutlich gesunken, da der
Prostatakrebs heute immer früher
entdeckt wird. Im Frühstadium kann
der Prostatakrebs häufig erfolgreich
behandelt werden. Eine Operation
ist dann oft die Therapie der Wahl.
Aber auch im fortgeschrittenen Stadium kann der Prostatakrebs häufig
über viele Jahre kontrolliert und erfolgreich behandelt werden. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate für
Prostatakrebs liegt bei 92 % und ist
die zweithöchste in Deutschland.
Alle Daten wurden aus „Krebs in Deutschland 2007/2008, Robert Koch Institut, 8. Ausgabe, 2012“
entnommen.
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Hormone
Besonders das Sexualhormon Testosteron ist für das Wachstum des Prostatakrebses
mitverantwortlich.
Erbliche Komponente
Sind männliche Blutsverwandte (Großvater, Vater, Onkel oder Bruder) an Prostatakrebs
erkrankt, tragen Sie ein höheres Risiko auch in einem früheren Lebensalter an Prostatakrebs zu erkranken.
Ernährung
Eine Ernährung mit viel tierischen Fetten und wenig Ballaststoffen trägt möglicherweise
zu einer Prostataerkrankung bei.
Alter
Mit zunehmenden Alter steigt auch das Risiko an Prostatakrebs zu erkranken.
Diskutiert werden auch folgende Faktoren:
– Männer, die am Arbeitsplatz dem Schwermetall Cadmium ausgesetzt sind
– ungesunde Lebensführung
(Fettleibigkeit, keine Bewegung, erhöhter Alkoholkonsum, Rauchen)
2.3 Wie entsteht ein Prostatakarzinom?
Das Karzinom, allgemein auch als Krebs bezeichnet, ist ein bösartiger Tumor (Geschwulst).
Zellen eines bösartigen Tumors unterscheiden sich von gesunden Zellen. Normalerweise
unterliegen die Zellen Regelmechanismen und einer
Kontrolle, die das Zellwachstum, Zellteilung und den
Zelltod steuern.
Das Karzinom ist ein
bösartiger Tumor.
Kommt es zu einer unkontrollierten Zellteilung eines
Organs oder Gewebes, entsteht eine übermäßige Gewebeneubildung. Dadurch kann ein Tumor entstehen.
Zellen eines bösartigen Tumors können durch die Blutbahn oder die Lymphgefäße in
andere Körperteile gelangen und sich dort ansiedeln, und Metastasen (Tochterge-
Seite 11
schwülste) bilden. Sie können also in gesundes Gewebe eindringen und es zerstören. Die
Bildung von Metastasen verringert die Heilungschancen einer Krebserkrankung.
Zu unterscheiden ist das Prostatakarzinom von der gutartigen Vergrößerung der Prostata
(benigne Prostatahyperplasie = BPH). Bei der BPH vergrößert sich die Vorsteherdrüse und
drückt auf Harnröhre und Harnblase. Dadurch kommt es zu Beschwerden beim Wasserlassen, da die Prostata von einer festen Kapsel umgeben ist und kaum nachgibt. Die Zellen
stellen kein Krebswebe dar und dringen nicht in benachbartes gesundes Gewebe ein. Eine
BPH bildet sich im Zentrum der Prostata, während ein Tumor eher am Rand des Organs in
enger Nachbarschaft zu Blut- und Lymphgefäßen wächst (s. Abb. 3). Da die Beschwerden
beim Wasserlassen nicht ausgeprägt sind, wird der Tumor meist lange nicht bemerkt.
Abb. 3
3 Symptome und typische Beschwerden
Woran erkenne ich einen Prostatakrebs?
Am Anfang der Erkrankung sind so gut wie keine Beschwerden erkennbar. Dies unterscheidet den Prostatakrebs von der gutartigen Prostatahyperplasie (BPH = benigne Prostatahyperplasie). Das gutartige Wachstum der BPH liegt häufig an der Harnröhre und
behindert so den Harnabfluss und es kommt zu den typischen Beschwerden, wie schwacher Harnstrahl, Harnstottern, Nachträufeln, häufiges Wasserlassen und die Blase wird
nicht mehr vollständig entleert (Restharn). Diese Symptome treten bei der BPH sehr früh
auf.
Der Prostatakrebs entsteht häufig in den äußeren Regionen der Drüse und beengt die
Harnröhre erst dann, wenn der Krebs schon recht groß ist. Beim Prostatakrebs können
diese Symptome, neben unspezifischen Symptomen wie Rheumaschmerzen und Leistungsminderung oder Blut im Urin bzw. Sperma, auf ein Spätstadium der Prostataerkrankung hinweisen. Ischiasbeschwerden und Knochenschmerzen können von Tochtergeschwülsten (Metastasen) verursacht werden.
Tritt eine Impotenz akut auf, kann dies ebenfalls auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms
hindeuten.
Die Symptome können durch das Karzinom oder durch andere, weniger ernsthafte Störungen wie die BPH oder durch eine Entzündung hervorgerufen werden.
(a)
Normale gesunde Prostata (a) und Prostataerkrankungen (b)
Seite 12
(b)
Zur Abklärung von Symptomen und um ein mögliches symptomfreies Karzinom frühzeitig zu entdecken, ist die jährliche urologische Vorsorgeuntersuchung dringend anzuraten.
Diese können alle Männer ab 45 Jahren einmal jährlich
kostenfrei in Anspruch nehmen. Ziel ist die rechtzeitige
Erkennung des Karzinoms, denn ein frühes Stadium
erhöht die Heilungschancen.
Ziel ist die rechtzeitige
Erkennung des Karzinoms,
denn ein frühes
Stadium erhöht die Heilungschancen.
Seite 13
Die Diagnose
4 Die Diagnose
4.3 Bestimmung des PSA-Wertes
Sind die beiden voraus gegangenen Untersuchungen auffällig wird der PSA-Wert bestimmt. Die Kosten werden dann auch von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
Je früher der Prostatakrebs erkannt wird, umso besser kann er behandelt und sogar geheilt
werden. Ist der Krebs noch im Frühstadium, d. h. z. B. auf die Prostata beschränkt, sind die
Heilungschancen relativ günstig.
Welche Methoden stehen mir zur Verfügung?
Kommt ein Patient nach dem Auftreten erster Symptome zum Arzt, erfragt dieser die Krankheitsgeschichte (Anamnese) des Patienten. Möglicherweise lag bereits ein Prostatakrebs
in der Familie vor. Zu den ersten Untersuchungen gehört die „Digitale rektale Untersuchung“.
Die Zellen der Prostata bilden ein Eiweiß, das prostataspezifische Antigen (PSA). Es dient
der Verflüssigung des Samens und verhindert die Ausflockung der Samenflüssigkeit.
Normalerweise liegt das PSA im Blut nicht oder nur in geringer Konzentration vor. Eine erhöhte PSA-Konzentration im Blut kann ein Hinweis auf ein Prostatakarzinom sein. Das ist
aber auch bei Männern der Fall, die eine gutartige Prostatahyperplasie oder eine Infektion
der Prostata aufweisen. Weiterhin können körperliche Anstrengung, Geschlechtsverkehr,
Druck auf die Prostata (z. B. beim Fahrradfahren oder die Prostata-Tastuntersuchung
selbst) oder eine Gewebeentnahme den PSA-Wert beeinflussen und damit das Ergebnis
verfälschen.
4.1 Digitale-rektale Untersuchung (DRU)
Daher sollten immer mehrere PSA-Werte im zeitlichen Verlauf betrachtet werden. Ist ein
Anstieg (mehr als 0,75 ng/ml pro Jahr) zu beobachten, müssen weitere Untersuchungen
zur Abklärung folgen.
In der Regel entwickelt sich der Prostatakrebs im äußeren Teil der Prostata. Hier kann der
Prostatakrebs mittels der Tastuntersuchung (DRU) vom Urologen gut erfühlt werden. Der
Urologe tastet mit seinem Finger durch den Enddarm und kann dabei gutartige Vergrößerungen, verdächtige Knoten und Verhärtungen erfühlen.
Das Verhältnis freies PSA zu Gesamt-PSA gibt einen weiteren Hinweis auf das Vorliegen
eines Prostatakarzinoms.
Im Allgemeinen wird von folgenden Werten ausgegangen:
Da 10 Prozent aller Prostatakarzinome an der Vorderseite der Prostata liegen und nicht
ertastet werden können, gibt die DRU keine 100prozentige Sicherheit.
Eine sinnvolle Ergänzung bietet die transrektale Ultraschalluntersuchung und die Bestimmung des PSA-Wertes.
im Normalbereich von
im Graubereich von
im Bereich eines Karzinomverdachts
0–4 ng/ml
> 4–10 ng/ml
> 10 ng/ml
4.2 Transrektale Ultraschalluntersuchung (TRUS)
Bei dieser Untersuchung wird eine Ultraschallsonde in den Enddarm eingeführt. Die Untersuchung wird als ergänzend empfohlen, da sie nicht zuverlässiger Karzinome entdeckt
als eine Tastuntersuchung. Aber sie kann dazu dienen, die Größe, Lage und Ausdehnung
des Tumors genauer zu bestimmen.
Seite 16
Der PSA-Wert wird auch bei der Bewertung des Tumors
und der Prognose der Erkrankung herangezogen.
So kann der PSA-Wert auch für die Wahl der Behandlungsmethode und im weiteren Verlauf für die Beurteilung des Therapieansprechens dienen (s. Kapitel Hormonentzugstherapie).
Der PSA-Wert wird auch
bei der Bewertung des
Tumors und der Prognose
der Erkrankung
herangezogen.
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4.4 Die Gewebeprobe (Biopsie)
Wenn die Tastuntersuchung, TRUS und/oder der PSA-Wert einen Verdacht auf ein Prostatakarzinom geben, können weitere Untersuchungen notwendig werden. Die Biopsie
schafft in vielen Fällen Klarheit. Die Entscheidung, ob eine Biopsie durchgeführt wird,
entscheidet der Urologe aufgrund verschiedener Faktoren. Dabei spielen z. B. das Alter,
die Prostatagröße und der Allgemeinzustand des Patienten eine Rolle. Bei der Biopsie wird
durch den Enddarm über eine Hohlnadel gezielt Prostatagewebe entnommen. Die Gewebeentnahme (meistens 12 Proben) erfolgt in der Regel ambulant unter örtlicher Betäubung.
Die Methode gilt bei entsprechenden Vorkehrungen (Antibiotikaprophylaxe und Überwachung der Einnahme von Antikoagulantien) als risikoarm.
Nach der Gewebeentnahme spüren manche Männer ein Druckgefühl. Es kann Blut im
Stuhl oder in der Samenflüssigkeit auftreten. Dies ist aber nur vorübergehend. Um eine
Entzündung durch eingetragene Darmbakterien zu vermeiden, wird Ihr Arzt Ihnen vorsichtshalber für einige Tage ein Antibiotikum geben. Tritt nach der Biopsie Fieber auf oder
ist Blut länger als ein paar Tage in Urin oder Stuhlgang sichtbar, informieren Sie bitte
umgehend Ihren Arzt. In der Samenflüssigkeit können dagegen noch über einen längeren
Zeitraum Verfärbungen erkennbar sein.
Diese Einteilung kann auch nach dem Gleason-Score erfolgen. Mit diesem System werden
die zwei am häufigsten vorkommenden Wachstumsmuster der Zellen bewertet und addiert.
Daraus ergibt sich dann ein möglicher Gleason-Score von 2–10 (s. Abb. 4).
Aggressivität der Prostatazellen
Gleason-Score
gering
6
mittel
7
stark
8-10
Ein Gleason-Score zwischen 2 und 6 zeigt in aller Regel ein langsames, nicht aggressives
Wachstumsverhalten.
4.5 Klassifikation des Tumors
Die feingewebliche, mikroskopische Untersuchung der entnommenen Gewebeproben gibt
innerhalb einiger Tage Aufschluss darüber, ob ein Prostatakarzinom vorliegt und wie der
Tumor zu klassifizieren ist.
Die Klassifikation ist wichtig, da sich nach der Charakterisierung (Größe, Tumorausbreitung, Gewebeeigenschaften und Aggressivität) des Tumors die Therapie richtet.
Ein Hilfsmittel ist das „Grading“. Es beschreibt die Abstufungen (G1–G4) des Differenzierungsgrades der Prostatazellen. Zellen vom Grad 1 sind gut differenziert und weisen eine
normale Struktur auf. Im Gegensatz zu G3 bzw. G4, die sich stark von normalen Zellen
unterscheiden.
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Bei der Beurteilung des Tumorstadiums werden Größe und Ausdehnung des Prostatatumors (T), Lymphknotenbefall (N lat. Nodus: Knoten) und Metastasen (M: Tochtergeschwulst) herangezogen. Dieses Standardverfahren wird als TNM-Klassifikation
bezeichnet (s. Abb. 5).
Abb. 4
Normales Prostatagewebe
Drüsen gewunden und verzweigt,
dazwischen Muskulatur und Bindegewebe
Gleason Grad 1
Scharf begrenzter Knoten, Drüsen
gleichförmig, dicht gepackt und mittelgroß
Gleason Grad 2
Nicht ganz scharf begrenzter Knoten,
Drüsen lockerer und ungleichmäßiger
T1 N0 M0 bedeutet beispielsweise ein kleiner Tumor ohne Lymphknotenbefall und keine
Ausbildung von Metastasen. Eine genaue Klassifizierung des T-Stadiums ist erst nach der
operativen Entfernung des Tumors möglich.
Zeigen die durchgeführten Untersuchungen, dass es
sich tatsächlich um ein Prostatakarzinom handelt,
werden eventuell weiterführende Untersuchungen notwendig.
Fragen nach der Größe des Tumors und ob der Tumor
schon gestreut hat (Metastasenbildung) müssen beantwortet werden, da sich nach deren Ergebnis die Art der
Therapie richtet.
Fragen nach der Größe
des Tumors und ob der
Tumor schon gestreut hat,
(Metastasenbildung)
müssen beantwortet
werden.
Weitere Untersuchungen sind:
Gleason Grad 3
Unscharfer Knoten, Drüsen klein und
gleichmäßig, evtl. kleine solide Bezirke
Gleason Grad 4
Tumorbereich unscharf, Drüsen meist
ohne Innenraum, verschmolzene Drüsen,
solide Bezirke
Gleason Grad 5
Skelettszintigraphie (Prostatakrebs bildet besonders häufig Metastasen im Skelett.
Mit dieser Methode können Veränderungen im Knochenstoffwechsel nachgewiesen
werden, die auf Metastasen hindeuten können).
Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Computertomographie (CT) des
Beckenbereichs, es können auch Metastasen in anderen Organen (z. B. Lunge, Leber,
Gehirn) mit dieser Methode nachgewiesen werden.
und in besonderen Fällen: Untersuchung der Lymphknoten (und möglicherweise
ist auch die Entnahme der Lymphknoten notwendig, um diese feingeweblich zu
untersuchen. Die Krebszellen können mit der Lymphflüssigkeit in die Lymphknoten
gelangen und dort Metastasen bilden).
Tumorbereich unscharf, keine klaren Drüsen,
solide Bezirke, weitere Veränderungen
Die fünf Wachstumsmuster des Adenokarzinoms der Prostata nach dem modifizierten Gleason-Grading
von 2005 (Helpap, B. et al. Urology 2007; 46: 59–62)
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4.6 Staging
Abb. 5
T – Primärtumor
Tx
T0
T1
T1a
=
=
=
=
T1b =
T1c =
T2
T2a
T2b
T2c
T3
T3a
T3b
T4
=
=
=
=
=
=
=
=
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
Kein Anhalt für Primärtumor
Der Primärtumor lässt sich nicht erkennen
Im Rahmen einer Prostataoperation wegen erschwerten Wasserlassens
findet der Pathologe im entfernten Drüsengewebe Krebsanteile in bis zu
fünf Prozent
In mehr als fünf Prozent
Trotz unauffälligen Tast- und Ultraschallbefundes übersteigt der
PSA-Spiegel den Schwellenwert (meist 4 ng/ml), so dass eine Biopsie
erfolgt, die Krebs nachweist
Tumor auf die Prostata begrenzt
Tumor infiltriert weniger als/höchsten halben Prostatalappen
Tumor infiltriert mehr als halben Prostatalappen
Tumor infiltriert beide Seitenlappen
Tumor breitet sich über die Prostatakapsel aus
Ausbreitung außerhalb der Kapsel (ein- und/oder beidseitig)
Tumor infiltriert Samenblase(n)
Tumor infiltriert benachbarte Strukturen
(Blasenhals, Äußerer Schließmuskel, Enddarm, Beckenboden-Muskulatur,
Beckenwand)
N – Benachbarte (regionäre) Lymphknoten
Nx
N0
N1
= Benachbarte Lymphknoten können nich berurteilt werden
= Kein Anhalt für benachbarte Lymphknotenmetastasen
= Befall benachbarter Lymphknoten
Das Staging beschreibt die Klassifizierung der Prostataerkrankung und die dadurch bedingte Stadieneinteilung (s. Abb. 5).
In die Stadieneinteilung fließen die Ergebnisse der PSA-Wert-Messung, der digital rektalen
Untersuchung (DRU), der Gewebeeigenschaften nach der Untersuchung der Biopsieproben und der Untersuchungen durch CT, MRT und Knochenszintigramm ein. Dementsprechend erfolgt die Einteilung der Prostatakarzinome in
lokalisierte, noch auf die Prostata beschränkte Tumoren
lokal fortgeschrittene Prostatakarzinome mit zusätzlichem Befall von Lymphknoten
und Lymphabflusswegen (der Prostatakrebs ist nicht mehr ausschließlich auf die
Prostata beschränkt)
metastasierte Prostatakarzinome mit Befall weiterer Organe.
Patienten mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom
haben heute sehr gute Heilungschancen und eine gute
Prognose. Mit zunehmender Ausbreitung und Aggressivität des Tumors verschlechtert sich die Prognose.
Patienten mit einem
lokal begrenzten
Prostatakarzinom haben
heute sehr gute
Heilungschancen und eine
gute Prognose.
M – Fernmetastasen
Mx
M0
M1
M1a
M1b
M1c
=
=
=
=
=
=
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
Kein Anhalt für Fernmetastasen
Fernmetastasen
Extraregionärer Lymphknotenbefall
Knochenmetastasen
Andere Manifestation
TNM-Klassifikation
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Seite 23
Die Therapie
5 Therapie
Die Behandlung richtet sich nach dem Staging (siehe 4.1.6 Staging) des Tumors und ist
Ihrer individuellen Situation anzupassen.
Es gibt einen hohen Anteil stummer Prostatakarzinome, die sich wahrscheinlich zu Lebzeiten des Mannes nicht bemerkbar machen. Der Mann wird an dem Prostatakarzinom
nicht sterben, da der Krebs sehr langsam wächst und keine Beschwerden bzw. Schmerzen
verursacht.
Im individuellen Fall kann dieser mögliche günstige Verlauf bei der Wahl der Behandlungsmethoden von großer Bedeutung sein.
Je früher der Prostatakrebs erkannt wird, umso besser ist die Prognose. Tumore im frühen
Stadium können gut behandelt und sogar geheilt werden. Ist der Krebs noch im Frühstadium, d. h. auf die Prostata beschränkt, sind die Heilungschancen günstig.
Ist das Prostatakarzinom über die Prostata hinaus gewachsen und hat Metastasen in den
Lymphknoten und anderen Organen gebildet ist die Prognose ungünstiger.
Bei Prostatakrebs-Patienten bilden sich die Metastasen oft in den Knochen des Beckens,
der Oberschenkel, der Wirbelsäule und der Rippen.
Welche Behandlung benötige ich?
Die wesentlichen Therapiemöglichkeiten sind:
Langfristiges Beobachten oder aktive Überwachung
Operation (radikale Prostatektomie)
Strahlentherapie
Hormontherapie
Chemotherapie
Diese Möglichkeiten zur Therapie können auch kombiniert werden (s. Abb. 6).
Die Wahl der Behandlung hängt ab vom Staging des Tumors (der Ausbreitung des Tumors
und seiner Aggressivität).
Hinzu kommt, dass persönliche Faktoren berücksichtigt werden müssen. Hier spielen Ihr
Alter, Ihr Allgemeinzustand, Ihre Lebenssituation und Ihre eigenen Bedürfnisse eine Rolle.
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Abb. 6
Stadium
Lokal begrenzt
Lokal
fortgeschritten
Tumorstadium
T1-2, NO, MO
T3-4
Therapiemöglichkeit
Langfristiges
Beobachten
oder aktive
Überwachung
Metastasiert
Hormonresistent
N1-3
M1
Strahlentherapie
Hormontherapie
Radikale
Prostatektomie
Hormontherapie
Hormontherapie
Chemotherapie
Radikale
Prostatektomie
Bestrahlung
Therapiemöglichkeiten nach Tumor- und Krankheitstadien
5.1 Lokal begrenzter Tumor
Bei einem Stadium T1 N0 M0, also dem Anfangsstadium des Prostatatumors kommen
folgende Therapieempfehlungen in Frage:
Langfristiges Beobachten (Watchful Waiting) oder aktive Überwachung
(Active Surveillance)
Operation (Radikale Prostatektomie)
Bestrahlung.
„Abwarten und Beobachten“
Der Krankheitsverlauf eines lokal begrenzten Prostatakarzinoms hängt vor allem von seiner
Aggressivität ab. Wenn in den Gewebeproben keine besonders aggressiven Tumorzellen
nachweisbar sind, hat eine Behandlung keinen wesentlichen Einfluss auf den voraussichtlichen Krankheitsverlauf. Die Notwendigkeit einer Behandlung ist damit in Frage gestellt.
Bei diesen Patienten sollten in bestimmten Abständen (in der Regel 1–2 Jahren) erneut
Biopsien der Prostata durchgeführt werden.
Möglicherweise ist ein „Abwarten und Beobachten“ in speziellen Situationen sinnvoll. Dies
ist auch von weiteren Faktoren, wie Alter und Allgemeinzustand des Patienten abhängig.
Man unterscheidet zwei Strategien: Active Surveillance und Watchful Waiting.
Hier wird erst behandelt, wenn dies unbedingt erforderlich wird. Beide Strategien erhalten
die Lebensqualität, weil sie gänzlich ohne Nebenwirkungen auskommen.
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Das langfristige Beobachten („Watchful Waiting“/„Wait and See“) hat nicht das Ziel einer
Heilung. Der Arzt kontrolliert regelmäßig den Gesundheitszustand und behandelt nur die
auf Grund des Prostatakarzinoms auftretende Beschwerden. In der Regel besteht eine Therapie aus einer Hormonbehandlung und erfordert keine Operation oder Bestrahlung.
Die Therapie ist ausschließlich symptomlindernd (palliativ). Mit Beschwerden durch die
fortschreitende Erkrankung wird erst etwa 10 Jahre später (außerhalb der Lebenserwartung) gerechnet. Bei Patienten mit einem niedrigen PSA-Wert (< 10 ng/ml), nicht-aggressivem Tumor, hohem Alter (über 70 Jahren) oder ernsten Begleiterkrankungen bietet sich
diese Therapiemöglichkeit an.
Die aktive Überwachung („Active Surveillance“) ist eine Strategie, bei der die Behandlung erst
bei den Anzeichen einer fortschreitenden Erkrankung so rechtzeitig eingeleitet wird, dass
die Aussicht auf Heilung bestehen bleibt. Dazu ist allerdings eine engmaschige Kontrolle
des Prostatakrebses notwendig. Diese Therapieoption ist bei jüngeren Patienten (unter 60
Jahren), einem PSA-Wert unter 10 ng/ml und einem Gleason Score bis maximal 7 angezeigt.
5.2 Lokal fortgeschrittener Tumor
Ist das Prostatakarzinom fortgeschritten, d. h. der Tumor hat sich lokal weit ausgebreitet,
sind Metastasen vorhanden oder beide Situationen liegen vor, ist der Tumor nicht mehr heilbar.
Es stehen aber weitere adjuvante begleitende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Im
Stadium T1-3 N1 M0 ist die radikale Prostatektomie sinnvoll. Auch eine Strahlentherapie
allein oder in Kombination mit einer Operation oder Hormontherapie kann hier eingesetzt
werden. Bei höheren Stadien (T1-4 N1 M1) und Metastasierung wird die adjuvante
Hormontherapie, die im gesamten Körper wirksam ist, eingesetzt.
Bei Ihnen wurde dieses Tumorstadium diagnostiziert und eine Hormonentzugstherapie
empfohlen. Im Kapitel 6 wird die Hormonentzugstherapie näher erläutert.
5.3 Kastrationsresistentes Prostatakarzinom
Radikale Prostatatektomie
Die Radikale Prostatektomie ist das Mittel der Wahl, um eine dauerhafte Heilung (kurative
Behandlung) zu erreichen. Es stellt sich die Frage, ob sie zu diesem Zeitpunkt durchgeführt
werden sollte. Denn nach dieser Operation kann es zu Impotenz- und Kontinenzstörungen
kommen. Allerdings sind die Operationstechniken in den letzten Jahren verfeinert worden,
so dass diese Gefahr verringert wurde.
Man spricht von einer radikalen Prostatektomie, da neben der Prostata auch die Samenbläschen entfernt werden. Nach Entfernung der Prostata fällt der PSA-Wert in der Regel
innerhalb weniger Wochen unter die im Labor nachweisbare Grenze ab.
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie ist in vielen Fällen der radikalen Prostatektomie gleichwertig und sie
wird als Alternative eingesetzt. Weiterhin kann die Strahlentherapie nach der Operation bei
einem lokal fortgeschrittenen Tumor eingesetzt werden, um die Wahrscheinlichkeit erneuter
Krebsentstehung zu senken.
Die radioaktive Strahlung ist direkt auf den Tumor gerichtet. Es werden sowohl gesunde als
auch maligne Zellkerne geschädigt, so dass sich die Zellen nicht mehr teilen können und
absterben. Sie erfolgt entweder als Hochvoltradiotherapie oder als Brachytherapie. Bei der
Brachytherapie werden radioaktive Jod- bzw. radioaktive Palladium-Seeds (kleine Stäbchen) ultraschallgesteuert direkt in die Prostata gebracht. Die Strahlentherapie kann auch
Nebenwirkungen zur Folge haben. Es besteht die Gefahr der Impotenz bzw. Inkontinenz,
Entzündungen im unteren Bereich des Darms. Oft bilden sich die Nebenwirkungen wieder
zurück.
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Das kastrationsresistente Prostatakarzinom ist trotz einer Hormonbehandlung durch steigende PSA-Werte oder durch das Fortschreiten der Krankheit gekennzeichnet. Obwohl
der Testosteronwert im gewünschten niedrigen Bereich liegt, wird ein hoher PSA-Wert gemessen. Das ist ein Indiz dafür, dass das Prostatakarzinom nicht mehr auf eine Hormontherapie anspricht.
Mehr als 80 % der Prostatakarzinome sind bei Diagnosestellung hormonsensibel. Die Krebszellen reagieren auf den Hormonentzug. Mit der Zeit lassen die Empfindlichkeit der Zellen
und damit die Wirksamkeit der Therapie nach. Der Krebs schreitet fort und benötigt zum
Wachstum kein Testosteron mehr.
Chemotherapie
Spricht das Prostatakarzinom nicht mehr ausreichend auf eine Hormontherapie an, können
weitere Therapieoptionen, in Form von einer Chemotherapie angeboten werden.
Obwohl kastrationsresistente Tumore nicht mehr geheilt werden können, kann mit dieser
Therapieoption das Fortschreiten der Krankheit günstig beeinflusst werden.
Zusätzlich werden weitere Therapien angeboten. Um Schmerzen und andere Beschwerden zu lindern, werden die Knochenmetastasen beispielsweise bestrahlt und mit Bisphosphonaten behandelt.
So kann die individuelle Lebensqualität verbessert werden.
Zahlreiche neue Substanzen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Therapie des
kastrationsresistenten Prostatakarzinoms wurden aktuell neu zugelassen bzw. befinden
sich in der klinischen Prüfung.
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Die Hormonentzugstherapie
6 Die Hormonentzugstherapie
Ist das Prostatakarzinom lokal fortgeschritten und hat Lymphknoten- und Knochenmetastasen entwickelt (>T2, N+ oder M+), dann ist eine lokale Behandlung nicht mehr
ausreichend. Es wird jetzt eine systemische (auf den ganzen Körper wirkend) Therapie
empfohlen. Die Hormontherapie kann das Prostatakarzinom nicht mehr heilen, sie ermöglicht aber, die Tumorgröße bzw. Ausdehnung des Tumors und seine Metastasen zu
reduzieren und das Tumorwachstum zu verlangsamen. Besonders wenn der Tumor
Beschwerden verursacht.
Wenn die chirurgische Entfernung der Prostata oder die Strahlentherapie nicht infrage
kommen, kann die Hormontherapie auch bei früheren Krebsstadien angewendet werden.
Eine Kombination von Hormon- und Strahlenbehandlung kann auch bei lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs eingesetzt werden, um den Tumor vor der chirurgischen Prostataentfernung zu verkleinern (s. a. 6.4 Neoadjuvante und adjuvante Hormontherapie).
6.1 Wie funktioniert die Hormonentzugstherapie?
Hormone sind Botenstoffe des Körpers. Testosteron ist ein männliches Geschlechtshormon
(Androgen), welches für die Entwicklung und Funktion der Geschlechtsorgane verantwortlich ist.
Das Testosteron ist für die Funktion der gesunden Prostata erforderlich. Es fördert aber
auch das Wachstum des Karzinoms.
Man spricht auch von der Hormonabhängigkeit des Prostatakarzinoms. Diese Hormonabhängigkeit wird bei der Therapie des Prostatakarzinoms eingesetzt. Wenn der Testosteronspiegel gesenkt wird, verlangsamt sich das Wachstum der Prostatakrebszellen.
Die Testosteronbildung im Hoden wird durch die operative Entfernung der Hoden
(Orchiektomie) bis zum sog. Kastrationsniveau reduziert
(operative Kastration). Durch den Einsatz von Medikamenten kann diese Wirkung alternativ erzielt werden.
Wenn der
Die psychisch belastende Operation kann somit entTestosteronspiegel
fallen. Und es besteht die Möglichkeit, die Therapie zu
gesenkt wird, verlangsamt
unterbrechen bzw. rückgängig zu machen. Durch die
sich das Wachstum der
medikamentöse bzw. chemische Kastration wird das
Prostatakrebszellen.
Wachstum des Prostatakarzinoms oft für Jahre gestoppt.
Heute stehen die antiandrogene Therapie mit LHRH
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(Luteinisierungshormon-freisetzendes Hormon)-Agonisten bzw. -Antagonisten im Vordergrund.
Die Bildung von Testosteron in den Hoden wird durch das im Vorderlappen der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) hergestellte Hormon LH (Luteinisierendes Hormon) angeregt
(s. Abb. 7).
Die LH-Produktion wird durch das Hormon LHRH (LH-Freisetzungshormon) des Zwischenhirns (Hypothalamus) gesteuert. Dieser Befehl wird durch einen Rückkopplungsmechanismus über den Testosteronspiegel im Blut kontrolliert. Ist genug Testosteron im
Blut, wird gemeldet: Keine weitere Produktion von LHRH. Dadurch wird kein LH ausgeschüttet und es wird in Folge kein weiteres Testosteron produziert.
LHRH-Analoga gleichen dem natürlichen Hormon LHRH, wirken aber stärker und länger.
Dadurch wird die pulsatile (stoßweise) LHRH-Stimulation an der Hypophyse verhindert,
die negative Rückkopplung überwiegt.
Wird ein LHRH-Agonist langfristig kontinuierlich gegeben, erhöht sich der Testosteronspiegel zu Beginn, erschöpft sich aber innerhalb von 3–4 Wochen und es kommt zu einem
Stillstand der Produktion von LH in der Hirnanhangsdrüse, die Testosteronproduktion
kommt zum Erliegen (medikamentöse bzw. chemische Kastration).
Abb. 7
Gehirn
Prostata/Hoden
Nebennieren
LH bindet an die
Rezeptoren der Hoden,
dadurch produzieren
die Leyding-Zellen der
Hoden Testosteron
(90-95 %)
Die Nebennieren
produzieren unabhängig
von LHRH ca. 5-10 %
des Testosterons.
negative
Rückkopplung
Der Hypothalamus
schüttet LHRH aus.
Nach Bindung an LHRHRezeptoren schüttet die
Hypophyse LH ins Blut
aus.
LHRH-Analoga/LHRH-Antagonisten
LHRH-Regelkreis
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Die LHRH-Analoga werden als Depotpräparate unter die Bauchhaut (subkutan) injiziert,
die den Wirkstoff kontinuierlich abgeben. In der Regel ist das alle 3–6 Monate. Da zu
Beginn der Therapie mit einem LHRH-Analogon die Testosteronproduktion ansteigt (wird
auch als Flare-up Phänomen bezeichnet) wird zusätzlich ein Antiandrogen (z. B. Bicalutamid) gegeben. Dieses Medikament wirkt über eine kompetitive (konkurrierende)
Hemmung am Androgenrezeptor im Zytoplasma der Prostatazelle. Das bedeutet, dass das
Antiandrogen in Konkurrenz zum Abbauprodukt (Dihydrotestosteron) von Testosteron tritt.
Testosteron kann nicht mehr an den Rezeptor binden, da dieser Rezeptor schon besetzt ist.
Die Folge ist, dass Testosteron nicht mehr wirken kann und die Prostatazelle nicht mehr
wächst. Der Erfolg der Behandlung lässt sich über die Senkung des Testosteronspiegels
und des PSA-Wertes im Blut messen.
6.4 Neoadjuvante und adjuvante Hormonentzugstherapie
Die Hormonentzugstherapie kann auch unterstützend eingesetzt werden: vor (neoadjuvant) oder während und nach (adjuvant) einer Bestrahlung der Tumorzellen. Die Zahl der
Krebszellen soll mit der Hormonentzugstherapie verringert und die Effektivität der Bestrahlung erhöht werden. Diese Form der Behandlung ist im Gegensatz zu der lebenslangen
Hormonentzugstherapie ohne Bestrahlung zeitlich begrenzt (bis zu 3 Jahren).
6.5 Welche Nebenwirkungen können die Folge der
Hormonentzugstherapie sein?
Durch den Testosteronentzug kann es u. a. zu folgenden Nebenwirkungen kommen:
6.2 Maximale Androgenblockade
Zusätzlich zu der Produktion von Testosteron im Hoden (90 %) wird in der Nebenniere
auch Testosteron (10 %) gebildet. Dieser Anteil von Testosteron kann durch die zusätzliche
Gabe eines Antiandrogens über die Bindungsstellen an der Prostatazelle auch blockiert
werden. Die gleichzeitige Hemmung dieser beiden Produktionswege von Testosteron wird
auch als Maximale Androgenblockade bezeichnet.
Antiandrogene
Antiandrogene hemmen die Testosteronproduktion nicht. Sie sorgen dafür, dass das Testosteron in der Prostatazelle nicht wirksam werden kann. Patienten mit einer Behandlung von
Antiandrogenen haben einen normalen bis leicht erhöhten Testosteronspiegel. Daher sind
in diesem Fall die durch den Testosteronentzug bedingten Nebenwirkungen nicht zu beobachten. Allerdings muss mit einer Brustvergrößerung (Gynäkomastie) als Nebenwirkung
gerechnet werden. Empfohlen wird diese Therapie, wenn der Tumor noch keine oder nur
wenige Metastasen gebildet hat.
6.3 Intermittierende Hormonblockade
Unter der intermittierenden Hormonblockade versteht man den Wechsel von mehrmonatiger Behandlungsdauer mit therapiefreien Intervallen. So wird versucht, die Hormonsensibilität möglichst lange beizubehalten und mögliche Nebenwirkungen zu mildern.
Zurzeit wird diskutiert, ob die intermittierende Therapie ähnlich gute Resultate erzielt wie
die dauerhafte Hormonentzugstherapie. Sprechen Sie mit Ihrem Urologen, ob sich diese
Therapieform für Sie eignet.
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Nachlassen der körperlichen Leistungsfähigkeit
Müdigkeit (Fatigue)
Osteoporose
Muskelabbau
Zunahme des Körperfetts
Hitzewallungen
Abnahme des sexuellen Antriebs
Impotenz
Diese können zu einer Einschränkung der Lebensqualität führen.
Die ärztliche Leitlinie empfiehlt den Hormonentzug, wenn der Tumor Beschwerden verursacht. Wenn keine Beschwerden bestehen, kann er angeboten werden, ist aber nicht
unbedingt angezeigt. Das Fortschreiten des Tumors wird länger hinausgezögert, aber es ist
zurzeit kein Überlebensvorteil für einen frühzeitigen
Hormonentzug nachgewiesen. Ein Gespräch mit Ihrem
Arzt über Ihren individuellen Fall kann Ihnen bei der
Die ärztliche LeitlinieEntscheidungsfindung helfen.
empfiehlt den
Hormonentzug, wenn
der Tumor Beschwerden
verursacht.
Für die LHRH-Agonisten ist ein sogenanntes Flare-up
Phänomen zu Beginn der Therapie beschrieben. Die
Testosteronspiegel steigen an und es kann insbesondere bei fortgeschrittenem Prostatakarzinom und Skelettmetastasen zu einer Verstärkung des Tumorwachstums kommen. Es äußert sich durch Knochenschmerzen sowie Störungen beim
Wasserlassen und Rückenmarksbeschwerden. Auch kann ein erhöhtes Risiko für Herz-
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Kreislaufbeschwerden bestehen. Eine begleitende medikamentöse Behandlung (Gabe
von Antiandrogenen) kann den Symptomen entgegenwirken.
Die LHRH-Antagonisten hemmen ebenfalls die Bildung von LH. Als „Gegenspieler“ des
LHRH blockieren sie dessen Rezeptoren an der Hypophyse. In Folge kann LHRH dann
nicht mehr die Freisetzung von LH stimulieren und so wird kein Signal mehr zur Testosteronproduktion gegeben (s. Abb. 7).
Die Wirksamkeit von LHRH-Antagonisten ist vergleichbar mit der der LHRH-Analoga.
Aufgrund des Wirkmechanismus kommt es bei den Analoga zu Beginn der Therapie allerdings nicht zu einem kurzfristigen Testosteronanstieg.
Die sonstigen Nebenwirkungen der LHRH-Analoga
entsprechen nach derzeitigem Wissensstand denen der
LHRH-Antagonisten bzw. der Orchiektomie.
Um die möglichen Nebenwirkungen zu mildern oder
ihnen frühzeitig entgegenzuwirken, können Sie selbst
aktiv werden. Im Kapitel 7 sind einige Verhaltensmaßnahmen beschrieben. Wenn die Nebenwirkungen Sie
erheblich stören, sprechen Sie mit Ihrem Urologen. Er
kann Ihnen weitere Tipps geben und eine Behandlung,
möglicherweise auch medikamentös, einleiten.
6.7 Kontrolle der Hormonentzugstherapie
Nach aktuellen Empfehlungen der S3 Leitlinie (Patientenratgeber zur ärztlichen S3-Leitlinie
der Deutschen Krebshilfe, der Deutschen Krebsgesellschaft und der AWMF, Teil 1 und
Teil 2, 2009) wird alle 3 bis 6 Monate eine allgemeine körperliche Untersuchung sowie eine
PSA-Wert-Bestimmung, optional auch eine Testosteronwert-Bestimmung durchgeführt.
Bei Bedarf können weitere Laborwerte erhoben und eine bildgebende Diagnostik durchgeführt werden. So erhält man Informationen über eine mögliche Ausbreitung des Tumors.
Treten allerdings Knochenschmerzen, Gelenkbeschwerden oder andere neuaufgetretene Symptome außerhalb der Kontrolltermine auf, wenden Sie sich
bitte umgehend an Ihren behandelnden Arzt.
Um die möglichen
Nebenwirkungen zu
mildern oder ihnen
frühzeitig
entgegenzuwirken,
können Sie selbst aktiv
werden.
6.6 Dauer der Hormonentzugstherapie
Die Therapie mit einem LHRH-Agonisten ist eine Dauertherapie. Sie erfolgt in der Regel
lebenslang. Sie wird fortgeführt, auch wenn der PSA-Wert bei den Nachuntersuchungen
mehrmals hintereinander ansteigt, obwohl sich der Testosteronspiegel auf Kastrationsniveau befindet. Dann ist es möglich, dass die Krebszellen nicht mehr hormonsensibel sind.
Es könnte sich ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom (siehe auch Kapitel 5.1.3)
entwickelt haben.
Da ein Teil der Tumorzellen weiterhin hormonsensitiv ist, wird die Hormonentzugstherapie
fortgeführt, auch wenn dann weitere Medikamente zum Einsatz kommen (z. B. Zytostatika).
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Seite 37
Wie kann ich selbst
zum Erfolg der Therapie
beitragen?
7 Wie kann ich selbst
zum Erfolg der Therapie beitragen?
7.1 Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung
Durch eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung können Sie den Krebs zwar nicht
heilen, aber den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen. Sie können Ihren Allgemeinzustand verbessern, Ihren Körper stärken und so selbst aktiv den Körper bei dem Kampf
gegen den Krebs unterstützen. So können Sie auch anderen Erkrankungen (Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes) vorbeugen.
Eine abwechslungsreiche Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse und wenig tierischem Fett sollte auf Ihrem Speiseplan stehen. In der mediterranen und in der asiatischen
Küche ist diese Kombination besonders ausgeprägt. Ausführliche Informationen und Tipps
finden Sie auch in der Broschüre „Ernährung bei Krebs – Die blauen Ratgeber 46“ der
Deutschen Krebshilfe.
Die Ernährung sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt
absprechen und auf Ihre individuellen Bedürfnisse und
Vorlieben abstimmen.
Besonders ist dies der Fall, wenn Sie Naturheilmittel
und/oder Nahrungsergänzungsmittel unterstützend
einnehmen möchten. Neben- und Wechselwirkungen
mit der schulmedizinischen Therapie müssen abgeklärt
sein.
Einige Ernährungsgewohnheiten können bestimmte
Behandlungen ungünstig beeinflussen.
7.2 Bewegung und Sport
Moderate körperliche Aktivität hat positive Auswirkungen auf Ihr Herz, Ihren Kreislauf,
Ihren Stoffwechsel und Ihr Immunsystem und kann dadurch den Krankheitsverlauf günstig
beeinflussen. Viele Patienten berichten von einer Abnahme Ihrer Beschwerden und einer
Verbesserung der Belastbarkeit und Lebensqualität.
Auch andere Erkrankungen, z. B. Diabetes können positiv beeinflusst werden.
Frische Luft und Licht steigern das Wohlbefinden und lässt Sie positiver denken. Zu viel
Ruhe kann dagegen den gesamten Bewegungsapparat und das Herz-Kreislaufsystem
schwächen.
Allerdings sollte ein Sportprogramm auf Sie abgestimmt sein. Beraten Sie sich mit Ihrem
behandelnden Arzt.
7.3 Nichtrauchen
Oft erkranken Raucher häufiger an Prostatakrebs als Nichtraucher. Allerdings ist es dann
immer noch sinnvoll, das Rauchen aufzugeben. Rauchen schwächt den Körper zusätzlich
und wirkt sich ungünstig auf die Prognose aus.
Um die möglichen
Nebenwirkungen zu
mildern oder ihnen
frühzeitig
entgegenzuwirken,
können Sie selbst aktiv
werden.
Das Essen in netter und entspannter Atmosphäre und eine appetitliche Zubereitung helfen
auch, mit Genuss zu essen. Ein Spaziergang vor dem Essen an der frischen Luft kann den
Appetit auf das Essen steigern.
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Seite 41
7.4 Der Umgang mit meiner Krebserkrankung
Der offene Umgang und Austausch mit Ihren Angehörigen und Freunden ist wichtig. Ein
Verschweigen der Krankheit kann zu weiteren Belastungen führen und vielleicht werden
die seelischen Nöte so groß, dass sie den Krankheitsverlauf verschlechtern. Sprechen Sie
darüber und Sie können so Ihre Ängste gemeinsam überwinden. Auch die Kontaktaufnahme zu einer Selbsthilfegruppe kann von Vorteil sein (siehe Kapitel 8.1). Hier finden Sie
Betroffene, die ähnliche Ängste und Sorgen haben.
Nach Bekanntwerden der Diagnose ist die seelische Belastung enorm hoch. Krankheit und
Behandlung erfordern die ganze Konzentration und Aufmerksamkeit, sexuelle Bedürfnisse
treten nach der Diagnose und während der Behandlung oft in den Hintergrund. Die Hormonentzugstherapie kann die sexuellen Bedürfnisse zusätzlich senken, die Sehnsucht
nach Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit bleibt jedoch bestehen.
Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin/Ihrem Partner
Verminderte Lust auf Sex oder Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion) sind nicht zu
vermeidende Nebenwirkungen der Hormonentzugstherapie. Haben Sie mit sich selbst
Geduld. Wenn es nicht so klappt wie früher (z. B. bei
einer verminderten Erektion), können Nähe und Liebe
in Form von Berühren und Streicheln – auch ohne
Haben Sie
Geschlechtsverkehr – in dieser schwierigen Zeit eine
mit sich selbst
neue erotische Entdeckung für die Beziehung sein.
Geduld.
Auch Entspannungstechniken können hilfreich sein,
gelassener zu werden und neue Wege zu finden.
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8 Hilfe und Unterstützung
8.1 Adressen und Links
Krebsinformationsdienst KID
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
Telefon:
0 62 21/41 01 21
Internet:
www.krebsinformation.de
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Steinlestraße 6
60596 Frankfurt am Main
Telefon:
0 69/63 00 96-0
Telefax:
0 69/63 00 96-66
Email:
[email protected]
Internet:
www.krebsgesellschaft.de
Deutsche Krebshilfe e. V.
Buschstraße 32
53111 Bonn
02 28/72 99 0-0
Telefon:
Telefax:
02 28/72 99 0-11
Email:
[email protected]
Internet:
www.krebshilfe.de
8.2 Literaturempfehlungen
Broschüre der Deutschen Krebshilfe
Die blauen Ratgeber
040 – Wegweiser zu Sozialleistungen
046 – Ernährung bei Krebs
Kostenlos herunterzuladen unter
www.krebshilfe.de
Patientenratgeber zur ärztlichen S3-Leitlinie der Deutschen Krebshilfe,
der Deutschen Krebsgesellschaft und der AWMF, Teil 1 und Teil 2, 2009
Kostenlos herunterzuladen unter
http://www.urologenportal.de/patientenratgeber.html
Ich habe Prostatakrebs – was nun?
Ein Ratgeber des Bundesverbands Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS) e. V.
Kostenlos herunterzuladen unter
www.prostatakrebs-ratgeber.de
Bundesverband Prostatakrebs
Selbsthilfe e. V. (BPS)
Alte Straße 4
30989 Gehrden
Telefon:
0 51 08/92 66 46
Telefax:
0 51 08/92 66 47
Email:
info@prostatakrebs-bps
Internet:
www.prostatakrebs-bps.de
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9 Glossar
Differenzierungsgrad
Grad der Bösartigkeit eines Tumors; gut differenzierte Tumorzellen ähneln gesunden
(reifen) Zellen, aggressivere Tumorzellen nicht.
Adjuvante Hormonentzugstherapie
Während und nach (adjuvant) einer Bestrahlung der Tumorzellen wird eine Hormonentzugstherapie in Kombination gegeben.
DRU = Digitale rektale Untersuchung
Tastuntersuchung mit dem Finger über den Enddarm.
Androgene
männliche Geschlechtshormone
Antiandrogene
Medikamente, die die Wirkung männlicher Geschlechtshormone auf die Prostata
verringern.
BPH, Benigne Prostatahyperplasie (auch BPS = Benignes Prostatasyndrom)
Gutartige Vergrößerung der Prostata.
Biopsie
Entnahme einer Gewebeprobe zur feingeweblichen (= histologischen) Untersuchung.
Bisphosphonate
Medikamente, die den Knochenabbau hemmen und so das Risiko von Knochenbrüchen
verringern und Schmerzen lindern, die durch Knochenmetastasen verursacht werden.
Brachytherapie
Bestrahlung aus kurzer Distanz; die Strahlenquelle liegt direkt im Tumor oder wird
kurzzeitig dort eingebracht.
Chemotherapie
Behandlung der Tumorzellen mit Zytostatika (Zellgiften).
Chirurgische Kastration
Die männlichen Geschlechtshormone (Androgene) werden durch die Entfernung der
Hoden = Orchiektomie ausgeschaltet.
CT, Computertomographie
Computergestützte Röntgenuntersuchung, bei der der Körper in Schichten
durchleuchtet wird.
Seite 46
Erektile Dysfunktion
Unfähigkeit, eine für den Geschlechtsverkehr ausreichende Versteifung des Gliedes zu
erreichen oder zu halten.
Flare-up
Da mit einem kurzzeitigen Anstieg (Flare-up) des Testosteronspiegels mit LHRH-Analoga
zu Beginn der Therapie zu rechnen ist, wird mit einer zusätzlichen Gabe von Antiandrogenen in den ersten Wochen der LHRH-Behandlung, einer tumorfördernden Wirkung
durch den Anstieg der Testosteronproduktion entgegengewirkt.
GnRH
Abk. für Gonadotropin Releasing Hormon (Synonym für LHRH)
FSH
Abk. für follikelstimulierendes Hormon, welches beim Mann die Spermienbildung anregt.
Gleason-Score
Beschreibung des Grades eines bösartigen Tumors. Der Gleason-Grad kann max. 10
betragen (schlechteste Prognose); benannt nach dem amerikanischen Arzt Dr. Donald
Gleason.
Grading
Einteilung des Tumorgewebes und der Tumorzellen nach ihrem Differenzierungsgrad.
Gynäkomastie
Anschwellen der Brustdrüsen, die schmerzhaft sein kann; Nebenwirkung der
Antiandrogenbehandlung.
Hormone
Botenstoffe des Körpers, die sich über die Blut- oder Lymphbahn im Körper verteilen.
Seite 47
Hormonentzugstherapie = Testosteronsuppression
Hemmung der wachstumsstimulierenden Wirkung der männlichen Geschlechtshormone
(Testosteron) auf die Prostata und den Prostatakrebs.
MRT, Magnetresonanztomographie, auch Kernspintomographie
Durch elektromagnetischer Schwingungen werden Bilder produziert; die MRT eignet sich
besonders gut zur Darstellung von Weichteilen und verursacht keine Strahlenbelastung.
Hypophyse
Hirnanhangsdrüse
Maligne (bösartige) Tumoren
Maligne Tumoren wachsen schnell über Organgrenzen in benachbartes Gewebe hinein
und zerstören es; sie können sich über das Blut und die Lymphbahnen in andere Körperregionen ausbreiten (Metastasenbildung).
Hypothalamus
Teil des Zwischenhirns
Karzinom
Bösartiger (maligner) Tumor
Kastration
Ausschalten der männlichen Geschlechtshormone durch operative Entfernung der
Hoden (Orchiektomie) oder Medikamente (chemische Kastration).
Kastrationsresistent
Der Tumor wächst und der PSA-Wert steigt trotz Testosteronspiegels auf Kastrationsniveau.
Der Tumor spricht nicht mehr auf den Hormonentzug an.
Medikamentöse Kastration
Medikamentöse Unterdrückung der Testosteronproduktion durch Hormontherapie.
Metastase
Tochtergeschwulst eines Tumors in einem anderen Körperteil.
Neoadjuvant
Vor einer Bestrahlung der Tumorzellen wird eine Hormonentzugstherapie gegeben.
Orchiektomie
Operative Kastration, bei der die Hoden bzw. hormonproduzierndes Gewebe entfernt
werden.
LH
Abk. für Luteinisierendes Hormon; Hormon der Hypophyse, welches die Produktion von
Testosteron in den Hoden anregt.
Osteoporose
Abnahme der Knochendichte mit der erhöhten Gefahr von Knochenbrüchen.
LHRH
Abk. für luteinisierendes Hormon Releasing Hormon; Hormon des Zwischenhirns
(Hypothalamus), das die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) zur Ausschüttung von LH
anregt und so an der Steuerung der Testosteronproduktion beteiligt ist.
Palliativ
Einsatz z. B. von Chemotherapie im metastasierten Stadium eines Tumors mit dem Ziel,
die Überlebenszeit der Patienten zu verlängern und ihre Lebensqualität zu verbessern,
im Gegensatz zu kurativ (heilend).
LHRH-Analoga (auch LHRH-Agonisten, GnRH-Analoga)
Dem natürlichen LHRH ähnliche Substanzen, die die Testosteronproduktion hemmen.
Prognose
Vorhersage der zukünftigen Krankheitsentwicklung aufgrund der gegenwärtigen Befunde.
LHRH-Antagonisten (auch GnRH-Antagonisten)
Medikamente, die als „Gegenspieler“ des natürlichen LHRH wirken; sie blockieren dessen
Rezeptoren an der Hypophyse und hemmen so die Testosteronproduktion.
Prostata
Vorsteherdrüse; Geschlechtsdrüse des Mannes, die ein Sekret, welches für die Beweglichkeit der Spermien zuständig ist, produziert.
Lymphknoten
Sie werden dem Immunsystems des Körpers zugerechnet; sie dienen als Filter für das
Gewebswasser (Lymphe) einer Körperregion.
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PSA
Abk. für Prostataspezifisches Antigen; der wichtigste Tumormarker für die Früherkennung
und Verlaufskontrolle des Prostatakarzinoms, bzw. der Prostatakarzinombehandlung.
Radikale Prostatektomie
Entfernung der Prostata zusammen mit den Samenbläschen und dem durch die Prostata
verlaufenden Harnröhrenabschnitt, mit dem Ziel einer vollständigen Entfernung des
Tumors.
Seed
Radioaktive Kapseln, die im Rahmen einer Brachytherapie in die Prostata eingebracht
werden.
Stadieneinteilung/Staging
Festlegung des Krankheitsstadiums und der Ausbreitung einer Krebserkrankung; dazu
werden Größe des ursprünglichen Tumors, die Zahl der befallenen Lymphknoten und
evtuell Metastasen erfasst und eingeteilt.
Transurethral
Durch die Harnröhre (Urethra).
Tumor
Geschwulst, unkontrolliert wachsende Zellwucherung, die im gesamten Körper
auftreten kann.
TURP
Abk. für Transurethrale Resektion der Prostata.
Ultraschall
Bildliche Darstellung anhand der Reflektion von Schallwellen.
Zytostatika
Zellgifte, die bei einer Chemotherapie eingesetzt werden. Sich schnell teilende Zellen
wie Tumorzellen werden verstärkt angegriffen.
Szintigraphie, Knochenszintigraphie
Bildgebende Untersuchungsmethode mithilfe von radioaktiv markierten Stoffen, die in
die Blutbahn gespritzt werden und sich beispielsweise bevorzugt in krankhaft veränderten
Knochenbezirken absetzen.
subkutan
unter die Haut
Testosteron
Männliches Geschlechtshormon, das überwiegend in den Hoden (90 %) und in den
Nebennierenrinden (10 %) produziert wird.
TNM-System
International verwendete Einteilung der Stadien bei Krebserkrankungen:
T = Tumor
N = Nodi (regionäre Lymphknoten)
M = Metastasen
Transrektal
Über den Enddarm (Rektum).
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10 Fragen an Ihren Arzt und eigene Notizen
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