Medium:Koschorreck_Indische Medien in Berlin - wiki.hu
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Essay zum Thema: „Indische Medien“ in Berlin? Dhanya Fee Koschorreck Eingereicht am 11.03.2011 Bei Prof. Dr. Nadja-Christina Schneider Humboldt-Universität Berlin Institut für Afrika- und Asienwissenschaften im Rahmen des Seminars „Die indische Zeitungsrevolution“ des BA-Moduls „Sprache und Kommunikation“ Kontaktherstellung zur Autorin über: [email protected] Inhaltsverzeichnis 1. Die Repräsentation Indiens bzw. des indischen Films in deutschen Tageszeitungen am Beispiel der Berlinale ......................................................................................................................................... 2 2. Bibliographie ................................................................................................................................ 5 1. Die Repräsentation Indiens bzw. des indischen Films in deutschen Tageszeitungen am Beispiel der Berlinale Die Berlinale ist eines der zentralen Medienereignisse Berlins. Das Filmfest wird, aufgrund seiner Popularität, in regionalen, nationalen sowie internationalen Medien präsentiert. Gleichzeitig fungiert die Berlinale als Repräsentationsfläche für die Herkunftsländer der Wettbewerbsbeiträge. Durch die Repräsentation der Filme in den Medien werden bestimmte Bilder der einzelnen Länder erzeugt. Dieses wird auch an der Rezeption der indischen Beiträge deutlich. Indien kann auf eine langjährige Wettbewerbstradition zurückblicken. Der erste indische Film nahm bereits 1998 an dem Wettbewerb teil.1 Bei der diesjährigen Berlinale sorgte zusätzlich der Schauspieler, Regisseur und Produzent Aamir Khan als erstes indisches Jurymitglied für Aufsehen.2 Im Folgenden möchte ich daher die Repräsentation Indiens bzw. indischer Filme in deutschen Tageszeitungen am Beispiel der Berlinale analysieren. Dabei werde ich zunächst einen Überblick über die diesjährigen indischen Beiträge geben, anschießend die Berichterstattung verschiedener Zeitungen anhand von Onlineausgaben vergleichen und die Entwicklung der Berichterstattung über Indien bzw. über indische Filme in deutschen Zeitungen aufzeigen. Um die Analyse einzugrenzen, möchte ich mich auf die Filmfeste von 2008 bis 2011 sowie auf die Tageszeitungen TAZ, Der Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Bild und BZ beschränken. Die Zeitungen FAZ und Berliner Morgenpost konnten nicht analysiert werden, da die Archive kostenpflichtig sind. Auf der diesjährigen Berlinale wurden die indischen Filme 7 Khoon Maaf und Gandu gezeigt. Darüber hinaus nahmen die Filme Patang – The Kite, eine gemeinsame Produktion der indischen und US-amerikanischen Filmindustrie, sowie The Bengali Detective, ein in den USA, Indien und Großbritannien produzierter Film, am Wettbewerb teil. Der Wettbewerbsbeitrag West is West kann darüber hinaus als britischer Beitrag mit indischen und pakistanischen Schauspielern genannt werden.3 Die TAZ erwähnt bei Ihrer Berichterstattung zur diesjährigen Berlinale lediglich den Dokumentarfilm The Bengali Detective. In dem Artikel „Nichts bringt ihn von seinen Träumen ab“ beschreibt Ines Kappert Inhalt und Produktionsweise ohne eine direkte Wertung des Filmes abzugeben.4 Über die anderen genannten Filme sowie über Amir Khan als Jurymitglied werden keine Informationen gegeben. Im Gegensatz dazu wird Aamir Khan im Tagesspiegel als ernstzunehmende Persönlichkeit wahrgenommen. In einem Porträt mit dem Namen „Der 1 vgl. Bartels 2010 2 o.V. 2011 (Internationale Jury der Berlinale 2011) 3 vgl. o.V. 2011 (Berlinale 2011) 4 Kappert 2011 2 Begüterte“ stellt Gunda Bartels den Juror vor, indem Sie seine Karriere nachzeichnet und hierbei auf Stereotypisierungen von Bollywoodfilmen verzichtet.5 Darüber hinaus werden alle genannten Wettbewerbsbeiträge außer Patang erwähnt. Die Berichterstattung erscheint ausführlich, besonders bei den Filmen The Bengali Detective und West is West, ist jedoch teilweise von Klischees durchdrungen. So bezeichnet Gunda Bartels in der Kritik zum Film 7 Khoon Maaf Indien als „Familienland“ und sagt, dass es „ganz schön mutig“ sei, eine Inderin zu zeigen, die ihre sieben Ehemänner tötet, „wo das immer noch häufig genug andersherum passiert.“6 Die Autorin bewertet den Film mit Kommentaren wie „da purzeln die Tabus“, „mutig“, „düstere Settings“, „unentschlossen zwischen Drama und Satire“ und bezeichnet die Kameraeinstellungen als langweilig und die Handlung als zu langwierig.7 Der Film Gandu erhält in den Artikeln des Tagesspiegels insgesamt sehr gute Kritiken. Daniela Sannwald kommentiert: „Ungewöhnliche Kameraperspektiven“, „Alltagsgeräusche (…) als 8 Rhythmusgeber“, „Kalkutta im Rap-Fieber, keine Spur von Bollywood“. Jan Oberländer nennt Gandu als den Top-Film der Berlinale.9 West is West erhält ebenfalls eine gute Bewertung.10 In den Onlinearchiven der Berliner Zeitung, der BZ sowie der Bild lassen sich keine Informationen zu den indischen Filmbeiträgen der Berlinale 2011 finden. In der Berliner Zeitung sowie in der Bild wird Aamir Khan nur jeweils in einem Artikel als Jurymitglied genannt.11 berichtet über Aamir Khan ausführlicher, jedoch ist die 12 Die BZ Berichterstattung von Stereotypisierungen und schlechter Recherche geprägt. So wird der Film Lagaan aus dem Jahr 2002 als einzige indische Oscarnominierung dargestellt.13 Tatsächlich waren schon Mutter Indien (1957) und Salaam Bombay (1988) für den Oscar in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ nominiert.14 Der Erfolg der britisch-indischen Co-Produktion Slumdog Millionaire, der 2009 acht Oscars erhielt, wird dabei ebenso wenig erwähnt. Der oder die Autor_in spricht zudem fälschlich von einer indischen Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden und stereotypisiert indische Männer als „verweichlicht“. So wird Aamir Khan im Interview die Frage gestellt, ob er leicht weine. Dieser antwortet mit "Aber ja!" und darauf folgt der Kommentar der Redaktion „Typisch Inder! Herrlich!“.15 Es lässt sich somit festhalten, dass die Berichterstattung über indische Wettbewerbsbeiträge in diesem Jahr im Tagesspiegel am ausführlichsten war und die 5 Bartels 2011 (Der Begüterte) 6 Bartels 2011 (Um die Ecke gebracht) 7 Bartels 2011 (Um die Ecke gebracht) 8 Sannwald 2011 9 Oberländer 2011 10 Bruckmann 2011 11 Lüthge 2011 12 o.V 2011 (Die Hauptstadt wird zum Mekka der Stars) 13 o.V. 2011 (Dieser stille Tipper ist der größte Star der Berlinale) 14 vgl. o.V. 2002 15 o.V. 2011 (Dieser stille Tipper ist der größte Star der Berlinale) 3 anderen Zeitungen lediglich Aamir Khan als Jurymitglied wahrgenommen haben. In einigen Berichten wurden zudem Stereotypen geschaffen, die die indische Filmindustrie sowie das Land Indien homogenisieren. Kann man diese Aussagen auch auf die Berichterstattung der vergangenen Jahre beziehen? Im folgenden Abschnitt möchte ich analysieren, ob in der Berichterstattung der vergangenen Jahre Veränderungen stattgefunden haben. In der TAZ lassen sich nur Artikel über die Filme Om Shanti Om16 (Berlinale 2008) und My Name is Khan17 (Berlinale 2010) finden. Kathrin Streckenbach verstärkt in Ihrem Artikel zum Film Om Shanti Om gängige Klischees mit den Kommentaren: „Bollywood ist Kitsch. (…) Vier Stunden seichte Handlung, musikalisch-wirbelnde Tanzeinlagen, und am Ende steht das allumfassende Happy End“18. Der Bericht über My Name is Khan zeigt bereits, dass das indische Kino von der TAZ zunehmend ernst genommen wird. Georg Blume kommentiert die Leistung Shah Rukh Khans: „Vorbei die Zeit, in der Indiens Superstar sein Publikum in Bollywood-Manier vor allem tänzerisch zu überzeugen suchte. Diesmal erlebt Berlin einen neuen, erwachsenen SRK.“.19 Die Berliner Zeitung und die Bild berichten ebenfalls über die beiden Filme. Shah Rukh Khan wird 2008 in der Berliner Zeitung noch als „unbekannter Superstar“ bezeichnet.20 2010 wird er, wie in der TAZ, wesentlich deutlicher wahrgenommen.21 Im Onlinearchiv der Bild wird der Film Om Shanti Om als „Überraschungshit der Filmfestspiele“22 angepriesen. Zu My Name is Khan ist ein Interview mit Shah Rukh Khan sowie ein Video verfügbar. Shah Rukh Khan wird im Interview zwar als „der größte Star Asiens“ präsentiert, am Film ist die Redaktion der Bild dennoch nicht wirklich interessiert, da stupide Interviewfragen wie „Wie hält er sich derart fit?“23 gestellt werden. Weitere Wettbewerbsbeiträge aus den Jahren 2008-2010 werden sowohl in der TAZ als auch in der Berliner Zeitung und in der Bild nicht erwähnt. Der Tagesspiegel berichtete 2010 neben My Name is Khan24 25 auch über die Filme Road, Movie26 und Peepli Live27. Artikel über die Filme der Berlinale 2008 und 2009 enthält das Onlinearchiv jedoch nicht. In der BZ gab es keine Informationen zu indischen Filmbeiträgen auf der Berlinale. Anhand der Berichterstattung der TAZ und der Berliner Zeitung zu den Filmen Om Shanti Om 16 Streckenbach 2008 17 Blume 2010 18 Streckenbach 2008 19 Blume 2010 20 Hollersen 2008 21 o.V. 2010 (Khan kam) 22 o.V. 2008 (Bollywood-Fieber bei der Berlinale) 23 o.V. 2010 (Bollywoodstar Shah Rukh Khan besucht Bild-Redaktion) 24 Bartels 2010 25 Handke 2010 26 Hyzdal 2010 27 Rizvi 2010 4 und My Name is Khan kann man erkennen, dass sich die Wahrnehmung indischer Filme verändert hat. Während die Berichterstattung 2008 von Klischees und Überraschtheit geprägt war, wurde die indische Filmindustrie 2010 ernsthafter und präsenter wahrgenommen. Auch die Artikel der Bild verdeutlichen die zunehmende Präsens indischer Filme in Berlin, auch wenn hier nicht von ernstzunehmendem Interesse gesprochen werden kann. Dennoch gibt es in keiner der genannten Zeitungen Artikel über die Beiträge von 2009 und nur wenige Artikel zu den Filmen auf der Berlinale 2011. Zusammenfassend stellte der Tagesspiegel als einzige Zeitung ein großes Repertoire an indischen Wettbewerbsbeiträgen vor. Die Berichterstattung der Berliner Zeitung, Bild und TAZ zeichnet sich lediglich durch Artikel über die „Mainstream-Filme“ Om Shanti Om und My Name is Khan aus. In der BZ gab es keinen einzigen Artikel über indische Beiträge auf der Berlinale. Aamir Khan wurde von allen genannten Zeitungen als Jurymitglied wahrgenommen, von einigen stärker, von anderen weniger. Zwar hat sich die Wahrnehmung indischer Filmbeiträge auf der Berlinale verändert, jedoch kann man von keiner Kontinuität sprechen, da die Berichterstattung 2009 und 2011 eher marginal war. Da 2009 und 2011 jedoch eher „ArthouseFilme“ gezeigt wurden, wird deutlich, dass der Umfang der Berichterstattung von der Popularität jedes einzelnen Wettbewerbsbeitrags abhängig ist. Daher werden gut beworbene „Mainstream-Filme“ tendenziell stärker von deutschen Tageszeitungen wahrgenommen als „Arthouse-Filme“. Durch die Berichterstattung wird zudem nicht nur der jeweilige Film repräsentiert, sondern auch ein bestimmtes Bild von den indischen Filmindustrien und dem Land selbst entworfen. Da die genannten Tageszeitungen teilweise Stereotypen und Klischees bilden oder verstärken, entsteht ein stereotypisiertes bzw. homogenisiertes Bild der indischen Filmindustrien und Indiens. 2. Bibliographie Bartels, Gunda (2010): Aus einem fernen Film. In: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/aus-einem-fernenfilm/1681742.html letzter Zugriff 28.02.2011 Bartels, Gunda (2011): Der Begüterte. In: http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/berlinale/derbegueterte/3860920.html letzter Zugriff 28.02.2011 Bartels, Gunda (2011): Um die Ecke gebracht. In: http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/berlinale/umdie-ecke-gebracht/3856718.html letzter Zugriff 28.02.2011 Blume, Georg (2010): Der Buhmann der Extremisten. In: http://www.taz.de/1/leben/koepfe/artikel/1/derbuhmann-der-extremisten/ letzter Zugriff 02.03.2011 Bruckmann, Leo (2011): Wer mehr weiss sieht mehr oder doch nicht. In: http://www.tagesspiegel.de/kultur/wer-mehr-weiss-sieht-mehr-oder-doch-nicht/3849646.html letzter Zugriff 28.02.2011 5 Handke, Sebastian (2010): Khan und wie er die Welt sah. In: http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/khan-und-wie-er-die-welt-sah/1854928.html letzter Zugriff 02.03.2011 Hollersen, Wiebke (2008): Der unbekannte Superstar. In: http://www.berlinonline.de/berlinerzeitung/spezial/dossiers/berlinale/93757/index.php letzter Zugriff 01.03.2011 Hyzdal, Zoë (2010): Road, Movie. In: http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/berlinale/roadmovie/1681204.html letzter Zugriff: 04.03.2011 Kappert, Ines (2011): Nichts bringt ihn von seinen Träumen ab. http://www.taz.de/1/leben/schwerpunkt-berlinale-2011/artikel/1/nichts-bringt-ihn-von-seinentraeumen-ab/ letzter Zugriff 28.02.2011 In: Lüthge, Katja (2011): Einer fehlt. In: http://www.berlinonline.de/berlinerzeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2011/0211/berlinale/0038/index.html letzter Zugriff 28.02.2011 Oberländer, Jan (2011): Unsere Tops & Flops In: http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/berlinale/unsere-tops-und-flops/3862870.html letzter Zugriff 28.02.2011 o.V. (2011): Die Internationale Jury der Berlinale 2011 http://www.berlinale.de/de/das_festival/preise_und_juries/preise_internationale_jury/index.html letzter Zugriff 05.03.2011 In: o.V. (2011): Berlinale 2011. In: ://indienimkino.blogspot.com/2011/01/berlinale-2011.html letzter Zugriff 28.02.2011 o.V. (2011): Berlinale. Die Hauptstadt wird zum Mekka der Stars. In: http://www.bild.de/BILD/unterhaltung/kino/berlinale/2011/02/09/berlinale/stars-partys-infos-zumgrossen-filmfestival.html letzter Zugriff 01.03.2011 o.V. (2011): Dieser stille Tipper ist der größte Star der Berlinale. In: http://www.bzberlin.de/archiv/dieser-stille-tipper-ist-der-groe-szlig-te-star-der-berlinale-article1122527.html letzter Zugriff 01.03.2011 o.V. (2010): Bollywoodstar Shah Rukh Khan besucht Bild-Redaktion. http://www.bild.de/BILD/unterhaltung/kino/berlinale/2010/02/12/bollywood-star-shahrukhkhan/besucht-bild-redaktion.html## letzter Zugriff 01.03.2011 In: o.V. (2010): Khan kam. In: http://www.berlinonline.de/berlinerzeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0213/berlinale/0097/index.htm letzter Zugriff 01.03.2011 o.V. (2008): Bollywood-Fieber bei der Berlinale. In: http://www.bild.de/BILD/entertainment/berlinale/0802/om-shanti-om/artikel-zum-film.html## letzter Zugriff 01.03.2011 o.V. (2002): Kassenschlager Lagaan für den Oscar nominiert. In: http://www.indiennetzwerk.de/navigation/unterhaltung/artikel/lagaan_oscar.htm letzter Zugriff 05.03.2011 Rizvi, Anusha (2010): Sehenswertes im Panorama, Forum und Berlinale Special http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/berlinale/sehenswertes-im-panorama-forum-und-berlinalespecial/1685232.html letzter Zugriff 04.03.2010 Sannwald, Daniela (2011): Rappers Freud und Leid. In: http://www.tagesspiegel.de/kultur/rappers-freudund-leid/3845760.html letzter Zugriff 28.02.2011 Streckenbach,Kathrin (2008): Wie Marzipan mit Zuckerguss. In: http://www.taz.de/1/leben/film/artikel/1/wie-marzipan-mit-zuckerguss/ letzter Zugriff 02.03.2011 6 Weiterführende Links zu den Online-Ausgaben der genannten Zeitungen sowie zur Website der Berlinale: Berlinale: http://www.berlinale.de letzter Zugriff 09.03.2010 Berliner Zeitung: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/ letzter Zugriff 09.03.2010 Bild: http://www.bild.de letzter Zugriff 09.03.2010 BZ: http://www.bz-berlin.de letzter Zugriff 09.03.2010 Der Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de letzter Zugriff 09.03.2010 Die Tageszeitung (TAZ): http://www.taz.de letzter Zugriff 09.03.2010 7