old hollywood - Neue Zürcher Zeitung
Transcrição
old hollywood - Neue Zürcher Zeitung
Harry Carey hält den Bevolver drohend auf einen schurkischen Nebenbuhler gerichtet, der ihm die Liebste seines Eerzens streitig machen möchte. Werkaufnahme aus rd e Urzeit des Wildwestfilms. OLD HOLLYWOOD narginalien h. m. Im Juni 1912 gründete der ehemalige Niolselodeonbesitzer Carl Laemmle am Union Square zu Washington, zusammen mit R. H. Cochrane, P. A. Powers und Charles Baumann, die «Universal-Film>. Als eine der ältesten, heute noch tätigen Filmkon- zeme von Hollywood feiert die Firma «Universal- International dieser Tage ihr fünfzigjähriges Be- zu einem Jubiläum Longpre, benachbart wohnte, dem kleinen Flecken «pnniers a salade» nicht unähnlich gaben. F.r-i.Stars bei Edison wurde u. äl 3er berühmteste Wil^» ^'iden.^ Namen ihres ursprünglichen Stammhauses zu Longpr6 erlebte noch die Herstellung des westheld der heroischen Zeil «Buffalo JBill» (eigenV .üi-Im-u. lieh William Cody) und AnneOakley, die als kleine' 'ersten Hollywood-Films im Jahre 1911 durch AI Christie. Heute sehen sich die Indianer und die Freundin des berühmten Büffel- und Indianerjägers galt. Auf dem Dach der Nummer 43 an der 23. Straße Gründer eintrachtiglich in verschiedenen Straßenin New York entstand ein erstes Studio von Gam- namen der Traummetropole verewigt. Die eigentjungfräuRaff, and hier wurde auch der liche Stadtgründung geht auf das Jahr 1903 zurück. nioii in eine zukunftsträchtige, neue Welt und eröffnete im Sommer 1906 in Chicago Bein erstes Kinotheater: und liche und mgleich schockierende Urkuß der Filmgeschichte zwischen May Irwin und John C. Rice sekundenschnell ausgetauscht. Frühe Filmstudiobauten jener Jahre entstanden vorwiegend in Chicago (einem ersten Filmzentrum), in Bayonne (New Jersey), Mount Vernon und Philadelphia. ein «Nickelodeon» der Frühzeit. Die amerikanische Filmproduktion hatte sich nach der im Jahre 1900 erfolgten Gründung der ersten Großfirma «Vitagraph» durch Thomas Alva Edison, A.E.Rock und W. Smith vorerst in New York und Chicago etabliert. Bereits 1893 hatte Edison in West Orange (New Jersey) sein erstes Filmstudio, die berühmt gewordene «Black Maria> installiert. Diesen Namen hatte das unförmige, nach der Sonne drehbare GcWagen bSude aus Ehrfurcht vor den berüchtigten der amerikanischen Polizei erhalten, die den Pariser Hollywood war um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine Niederlassung der Cahuenga- und Cherokee-Indianer gewesen. Erstmals erwähnt findet man den Namen im Jahre 1883. Zu dieser Zeit war eine gewisse Miss Wilcox an die Küsten des Pazifiks gekommen, die ihre Ferien zuweilen auf ihrer Farm «Hollywood» in Neu-England zu verbringen pflegte. Eines Inges beschloß diese Pionierin, die dem Heimwesen eines französischen Malers, Paul de stehen. Filmpionier Carl Laemmle wurde am Januar 1867 im württembergischen Städchen Der 7. Laupheim geboren. Bereits 1884 wagte er den Sprung Die Urform äea Um die Jahrhundertwende pflegten noch öfters Banditen über die nahegelegene, mexikanische Grenze zu kommen, um für kurze Tage Unterschlupf vor den Nachstellungen der Polizei zu suchen. Es war wohl wenig mehr als ein glücklicher Zufall, daß im Herbst 1908 der ehemalige Oberst und spatere Filmpionier William N. Selig auch in Kalifornien Station machte. Mr. Selig «achte geeignete Außenkulissen für einen Monte-Cristo-Film und erkannte mit raschem Blick die außerordentlich suggestive Vielfalt der Bild- und Landschaftshintergründe in diesem neuen Garten Eden. Eine weitere günstige Voraussetzung für die allmähliche Uebersiedlung der Produktion nach der Westküste war eine optimale Sonnenscheindauer, die in jenen Pionierjahren der siebenten Kunst von entscheidender Bedeutung für eine speditive und kontinuierliche Produktion schien. Bereits zugänglichen Open-Air-8tudios. Das Publikum konnte sich für leidht gebauten, dem vollen Sonnenlicht Neue Zürcher Zeitung vom 27.09.1954 HS im folgenden Jahre reiste der Filmpionier David der unvergessene spätere Schöpfer Wark Grlfflth mit von «Bfrth of a Nation» und «Intolerance» Truppe nach dem Westen, und 1910 schickte 8 seiner die Firma «Essanay» aus Chicago einen Stab von Technikern und Stars nach Los Gatos (Kalifornien). Die großen Filmmagnaten, wie Kessel & Bauman, die Gebrüder Warner und Adolph Zukor (der spätere Teilhaber von Marcus Loew und Ahnherr der «Famous-PlayerB-Lasky/Paramount»), verblieben aber noch in den Riesensiedlungen des Ostens, als 1911 am heutigen Sunset-Boulevard das erste ständige Atelier der späteren Filmmetropole entstand. Als Bauherr zeichnete Mr. David Horsley, Direktor der «Nestor-Film». Wenig später errichtete die «Vitagraph» am Boulevard Los Felix eine zweite Aufnahmehalle. Zu Beginn des Jahres 1912 drehten bereits zwölf Firmen, darunter Edison, Patin- und Powers- Yanke, an den Gestaden des Pazifik. Indes kommt dem Deutschen Carl Laemmle das eigentliche Verdienst der Gründung von GroßHollywood zu. Laemmle war, nach der Etablierung seiner ausgedehnten Nickelodeon-Theaterkette, be- Cent als Zuschauer an den Dreharbeiten beteiligen. in die Produktion eingestiegen. An der in New York hatte er vorerst das kleine «Actophone» gemietet, um seinen ersten Studio «Großfilm» unter dem indianischen Titel «Hiawatha» abzukurbeln. An der Kamera stand Fred Balshofer, der einer der Mitbegründer der damals berühmten «Bison-Film» wurde. Carl Laemmle selbst hatte vor* erst die Generaldirektion der «Independent Motion Pictures» (IMP) inne. Florence Lawrence, eine ehemalige Vedette der «Biograph», und King Baggott wurden erste Kassenstars. Die Laemmle-Produktion entwickelte sich bald in ungeahntem Maße, und bereits 1910 konnte man, zusammen mit dem Laboretoriumfachmunn Watterso n R. Rothacker, eigene Hallen an der Dyckman-Street in Betrieb nehmen. Gründung Nach der der «Universal» zeigte es sich bald, daß die Laemmle-Studios den steigenden Produktionsanforderungen nicht mehr genügen konnten. Laemmles Entschluß, mit seiner ganzen Firma nach dem Westen zu ziehen, stellt indes eine eigentliche filmwirtschaftliche Pioniertat dar. 1912/13 erwarb er für die damals beachtliche Summe von 165 000 Dollar ein verwildertes Gelände im San-Fernando-Tal unweit von Burbank. Bis zum Jahre 1914 produzierte jedoch dieser Filmmagnat seine dramatischen Streifen noch in New York, während die beliebten SerienWildwester bereits auf dem neuen Gelände abgedreht wurden. Das Grundstück, auf dem wenig später «Universal-City» entstehen sollte, hotte bislang als Hühnerfarm gedient, und mancher Kollege vom reits 1909 11. Straße Fach mochte damals an Laemmles Verstand wohl zweifeln. Auf einem Gebiet, das flächenmäßig dos Territorium von Monaco übertrifft, erbaute man in den folgenden Monaten die erste moderne Filmstadt der Welt. An) 15. März 1915 gehörten die behelfsmäßigen Pappkulissen der Frühzeit für den Mann aus Laupheim endgültig der Vergangenheit an. Eine eigentliche Heerschaar von 20 000 Gästen wohnte der offiziellen Eröffnung von «Universal-City» bei. Die erste Filmstadt war entstanden, die über einen für damalige Verhältnisse traumhaften Bestand von 425 Gebäuden, 30 Löwen, 10 Leoparden und einem künstlichen Wasserfall verfügte. Der Anfang, wie er durch diesen Pionier gegeben wurde, veranlaßte bald auch die anderen Großfirmen, nach dem Westen zu ziehen. In den Jahren 1919 bis 1936 formte sich das heutige Gesicht der Filmmetropole in raschem Wechsel. Der Erste Weltkrieg ließ der eigenen Filmindustrie Zeit, unbehindert von ausländischer Konkurrenz, die Vormachtstellung auf dem Inland- und dem Weltmarkt auszubauen. 1919 war der südamerikanische Markt vollständig auf die amerikanische Produktion angewiesen, und in Europa erreichte der Anteil der Hollywood-Filme 90 Prozent des gesamten Angebotes. Die Kreditwürdigkeit einzelner Stars und Regisseure stieg ins Gigantische. Der Produzent Benjamin Schulberg (der Vater des heute bekannten Drehbuchautors) wies auf die Möglichkeit des Zusammenschlusses zwischen einzelnen Großstars zum Zwecke rationell gehandhabter Vertriebsmöglichkeiten hin und wurde so der geistige Vater des größten Unternehmens dieser Art: der 1919 von David Wark Griffith, Charles Chaplin, Mary Pickford und Douglas Fairbanks sen. gegründeten «United Arüsts». Douglas Fairbanks war es auch, der 1922 am Boulevard Santa-Monica die United-Artist-Studios errichtete. Die zweitstärkste Verleihgruppe war die «Associated Producers», die Regisseure wie Thomas Ince, Allan Dwan, Maurice Tourneur und King Vidor sowie den unbestrittenen König der «SlapstikComedy>, Mack Sennett, unter Verleihvertrag hatte. Die Pionierfirma «Vitagraph» zahlte die alten Teilhaber aus und ging 1925 in den Besitz der Gebrüder Warner über. Die Manager der Wirtschaft bemächtigten sich der Verwaltungsratssitze in den neuen Gesellschaften. So waren durch W. C. Durant und Harvey Gibson in jenen Jahren die «General Motors» und die «Liberty National Bank» bereits eng mit der Hollywood-Produktion verbunden. Die Geschichte Hollywoods ist im Wirtschaftlichen die Geschichte des amerikanischen Films schlechthin. Die Person des Filmunternehmers Carl Laemmle darf für den kommerziellen Aufstieg der größten Weltfilmnation zumindest teilweise stell« vertretend stehen. Laemmle war einer der ersten, die bislang oftmals für welche die Schauspieler 15 Dollar je Woche vor den Handkameru arbeiten Gagen bis zu 1000 Dollar verpflichmit mußten teten. Dabei zeigte sich Laemmle bei der Wahl seiner Werbemittel nicht immer geschmackssicher. Er kannte keine Skrupel, wenn es galt, mit der falschen Todesanzeige für seinen Hauptstar Florence Lawrence eine Riesenreklame aufzuziehen. Immerhin ist die Liste seiner Entdeckungen in der Rückschau zu einer Ehrenliste gewachsen, zählt man doch heute die zierliche Mary Pickford, die offenherzige Mae Murray, Lon Chaney sen., den Frauenbetörer Rodolfo Valentin» und die knorrige Charaktergröße Harry Carey zu jenen Gesichtern, die man nicht mehr nus der Geschichte des amerikanischen Films ausstreichen möchte. 1919 debütierte Erich von Stroheim, der als Militärberater und Regieassistent bei Griffith das Handwerk erlernt hatte, unter dem Produktionszeichen Laemmles mit «Blind Husbands». Gleich Hollywood hat die «Universal-International» heute die Krisen der zweiten Nachkriegszeit und die tödliche Bedrohung durch das Fernsehen gebannt. Carl Laemmle, der Pionier aus Deutschland, starb am 24. September 1939 in seiner Wahlheimat. Mitbegründers), J. Cochrane (ein Nachkomme des Nate Blumberg und Milton R. Rackmfl traten die Nachfolge an. An Laemmle, den Produzenten, erinnert der Filmklassiker «All quiet on the Western Front», der als Werk von Lewis Milestone noch immer in Rcprisenvorstellungen volle Sitzreihen bringt. Wer heute, im Zeichen des Neuen und ZukunftstrBchtigen, bisweilen die alte Filmmetropole schmäht, der mag sich vielleicht für Augenblicke auf die phänomenale Entwicklungsgeschichte HollyEntwicklung, die von der woods besinnen: eine Indianersiedlung im Zeitraum weniger Jahrzehnte Metropole eines neuen Kunstmediums reicht zur und die Zeichen ist für die Tatkraft Amerikas; Zeichen auch für den einmaligen Aufstieg jener einzigen Kunst, deren Werden und Wachsen wir im Ablauf eines Menschenalters erregend miterleben durften.. ,: «Jfwtnte» 'C:>t*>.- '&.*.* : :>..- r**t*:..^A~-'. einer der techs Elefanten aus den Beständen der Univcrsal-Studios erwartet seinen Auftritt in einer der typischen xSlapstick-Comedies» der Frühzeit. Gesamtansicht von cTJnivcrsal-City* um 1015. Aus den Dreharbeiten mm Unvoersal-Füm *HeU Morgan'» Daughten (1381). Neue Zürcher Zeitung vom 27.09.1954 Carl Laemmle (18671939).