Kim Hee-jin

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Kim Hee-jin
AUF DER WELTBÜHNE
Kim Hee-jin
Eine Tänzerin mit Gesten,
die für unaufhaltsamen Aufstieg stehen
Kim Hee-jin gehört zu der Generation der modernen koreanischen Tänzer, die als Pioniere auf
die Bühnen der Welt traten. Kim, die in Korea bereits eine anerkannte Tänzerin war, wagte es, im Alter von
über 30 ins Ausland vorzustoßen und feierte große Erfolge in Japan und Frankreich. Doch nicht genug: jetzt hat
sie sich noch einmal gewandelt und macht als Choreographin auf den internationalen Bühnen von sich reden.
Jang Seung-heon Kunstdirektor der Kunstagentur MCT (Management of Culture & Theatre); Dozent an der School of Performing Arts, Kookmin University
Fotos: M
anagement of Culture & Theatre
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„S
innliche und explosive Jugendlichkeit.
Die Rivalität und Herrschaft der Liebe,
die die schöne Tänzerin Kim Hee-jin
(42) zum Ausdruck bringt, stechen hervor.“
- Le Figaro . „Die Mitglieder des Centre Chorégraphique National de Grenoble sind hervorragende Tänzer mit Energie, Technik und
poetischer Ausdrucksfähigkeit. Unter ihnen
fällt die koreanische Tänzerin Kim Hee-jin
besonders auf, die einem Traum entstiegen
zu sein scheint.“ - Le Nouvel Observateur .
Es ist nicht besonders schwer, lobende
Kommentare von Kritikern, Choreographen
und Zuschauern über die Tänzerin Kim zu
finden. Die mehr als zehn Jahre, die sie in
Japan und auf den Bühnen Europas, darunter auch in Frankreich, verbrachte, haben
sie in die Reihen der internationalen Tänzer
befördert. Das Lob, das sie während dieser Zeit erhielt, enthält Wahrheiten, die sie
am genauesten beschreiben: „Sie ist eine
Tänzerin, die hervorragende körperliche
Voraussetzungen aufweist und über die
notwendige Technik verfügt, jede Bewegung
perfekt auszuführen.“ „Die Bewegungen
ihres ganzen Körpers sind scharf und empfindlich wie ein Hobelmesser.“ „Mit der Kraft
und Geschwindigkeit, die, unterstützt von
ihrer Größe, aus ihrem Körper herausbricht
und sich in Techniken niederschlägt, die an
Zirkusakrobatik erinneren, beherrscht sie
die Bühne.“
Pioniere des modernen Tanzes
Eine Szene aus Der Weg zurück
(1993), getanzt und choreographiert
von Kim Hee-jin. Das Stück handelt
von Schock und Angst einer Frau,
die nach langer Zeit ihr Gedächtnis
wiedererlangt.
Frankreich ist der Mittelpunkt des europäischen Tanzes. Nicht nur in Paris sondern
auch in Lyon gibt es ein Tanztheater namens
„Haus des Tanzes“, und jeden Sommer lockt
das Montpellier Festival , ein Tanzfestival
von internationalem Ruf, Tanzbegeisterte
aus aller Welt an. Die französische Bühne,
die für alle Tänzer ein Traum ist, ist Kims
Hauptbühne.
Doch es ist ein Irrtum, wenn man denkt,
dass Kim Hee-jin schon als Kind in diesem
fortgeschrittenen Mekka des Tanzes ausgebildet worden sei. Sie ging erst im Jahr 2002
nach Frankreich, damals war sie schon über
30 Jahre alt. Bis dahin hatte sie in Korea
trainiert, ihr Talent entfaltet und sich so auf
ihre Zukunft vorbereitet. Mit ihren Auftritten
als Haupttänzerin des Korean Contemporary
Dance Theater konnte sie sich allmählich
in Tanzkreisen profilieren. Sie ist die einzige Frau, die in Jesus Christ Super Star
unter der Choreographie von Yuk Wan-sun,
der Mutter des modernen koreanischen
Tanzes, die Rolle des Judas spielte. Diese
Rolle machte sie zu einem Star in Korea.
Für Jesus Christ Super Star wurde Kim
beim Dong-A Tanzwettbewerb mit einem
Preis ausgezeichnet und vom Koreanischen
Verband für Modernen Tanz als beste Nachwuchstänzerin gekrönt. 1992 gewann sie
beim MBC-Wettbewerb für kreativen Tanz
den ersten Platz. Kim präsentierte auf diese
Weise schon früh ihr Talent und Potential als
Star auf der koreanischen Bühne.
Gerade darin liegt der Unterschied zwischen
Kim Hee-jin und den anderen koreanischen
Tänzern, die im Ausland tätig sind. Während
die meisten erfolgreichen Tänzer durch
Früherziehung oder frühzeitige Aktivitäten
im Ausland Starruhm sammelten, entfaltete
Kim bis Anfang 30 auf koreanischen Bühnen
verschiedene Aktivitäten, stellte ihr Talent
unter Beweis, steigerte Schritt für Schritt
ihren Bekanntheitsgrad, erhöhte ihr Potential und machte dann erst den großen Schritt
in die weite Welt, der sie ihrem Traum näher
brachte.
Treffen mit dem Großmeister
Ihr Debüt im Ausland begann mit dem Treffen mit Jean-Claude Gallotta, dem Leiter
des Centre Chorégraphique National de
Grenoble . Im Jahr 1997 nahm Gallotta, der
in Korea von ihrer Vorführung fasziniert
gewesen war, Kim als Mitglied der Tanztruppe des Shizuoka Performing Arts Center
(SPAC ) auf, bei der er derzeit als Kunstdirektor tätig war. Ihr Vertrag lief über zweieinhalb Jahre. Falls sie in dieser Zeit ihr Talent
auf der japanischen Bühne nicht hinreichend
zur Entfaltung hätte bringen können, hätte
sie nach einem kurzen Auslandsaufenthalt
wieder nach Korea zurückkehren müssen.
Doch ihr herausragendes Talent, das sie auf
der einheimischen Bühne konsolidiert hatte,
führte zu weiteren Verträgen. Danach folgte
sie Gallotta nach Frankreich, wo sie fünf
Jahre lang als Haupttänzerin des Centre
Chorégraphique National de Grenoble auf
der Bühne stand.
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Der mit Poesie und Romantik gefüllte elegante Tanz
von Kim faszinierte mit einem Schlag viele Choreographen und
die anspruchsvollen europäischen Zuschauer. Mutig verzichtete
sie auf ihr Label „begabte Tänzerin“ und präsentiert jetzt
den Zuschauern Choreographien, die den spezifischen
Farbton und Duft von Kim Hee-jin tragen.
Während dieser Zeit besuchte Kim mit der
Tanzgruppe Korea und gab im Rahmen
des Seouler Internationalen Tanzfestivals
zwei Vorführungen von Gallottas repräsentativem Werk Mammame . Mammame
ist Gallottas Meisterwerk, das nach seiner
Premiere im Jahr 1985 bereits seit über
zwanzig Jahren aufgeführt wird.
Nachdem Gallotta Kim zum ersten Mal
tanzen gesehen hatte, äußerte er:
„Von dir strahlt ein gewisses Etwas aus,
etwas deutlich Außergewöhnliches. Es
ist nicht mit Worten zu beschreiben,
aber es ist etwas, das anders ist als bei
den unzähligen anderen Tänzern auf
den europäischen Bühnen. Deine Bewegungen sind wirklich voller Reiz.“
Ihr wurde es erst im Laufe der Zeit klar,
was Gallottas Worte bedeuteten. Sie verkörperte die Gefühle des Ostens, die mit
einem Male zusammen mit ihrem tiefen
Atem, der sich in ihrer Kindheit durch den
koreanischen Tanz von selbst entwickelt
hatte, aus ihr herausbrachen, und verfügte
über eigentümliche Armbewegungen. Der
mit Poesie und Romantik gefüllte elegante
Tanz von Kim faszinierte mit einem Schlag
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viele Choreographen und die anspruchsvollen europäischen Zuschauer.
Choreographie –
eine neue Herausforderung
Kim Hee-jin selbst beschreibt die letzten
zehn Jahre als „eine Zeit des Tanzens
ohne jeden weiteren Wunsch.“ Doch sie
ließ die Zeit des wunschlos glücklichen
Tanzens und des weiteren Ruhms hinter
sich und verließ 2005 Galottas Tanzensemble. Damals war sie 38.
„Ich habe eine Weile Pause gemacht. Es
war eine Zeit zur Heilung meiner körperlichen Schmerzen, das Resultat von acht
Jahren Tanz in Japan und Frankreich.“
Doch ihre Pause war nur kurz. Bald tanzte
sie wieder als freiberufliche Tänzerin, trat
mit der Tanztruppe Centre Chorégraphique National de Grenoble und dem
Ensemble von Angelin Preljocaj auf die
Bühne, erwarb eine Tanzlehrerlizenz und
unterrichtete an der Universität Grenoble. Aber ihr größter neuer Versuch war
natürlich ihre Verwandlung zur Choreographin, womit sie ihren Tätigkeitsbereich
auf die kreative Arbeit erweiterte. Im Jahr
2007 gründete Kim ihre eigene Tanztruppe: MOM .
„In Frankreich stößt man als Tänzer auf
Grenzen, wenn man nicht als Mitglied
einer Vereinigung oder Gruppe, sondern
als Einzelperson tätig sein will. Ich gründete mit meinen französischen Freunden
eine Tanztruppe, um im offiziellen Rahmen meinen Werk-Aktivitäten nachgehen
zu können. Es ist zwar ein bescheidener
Anfang, aber ich wollte ein Werk auf die
Bühne bringen, mit dem man sich den
Zuschauern noch weiter annähern kann.“
Kim feierte ihr Debüt als Choreographin in
Korea. Im November 2007 präsentierte sie
in Seoul ihr Werk Dongban (A Journey of
Absence ), das sie mit dem französischen
Tänzer Ludovic Galvan gemeinsam choreographierte.
In diesem Stück, das aus drei Episoden
besteht, thematisierte sie unter dem
Titel Dongban (wörtliche Bedeutung: die
Begleitung) die Unvollständigkeit oder
mangelnde Ganzheit, die in unserem
Leben existiert.
„Von den drei Episoden erzählt Die Speicherzelle über die Erinnerung an die
4
1 Kim Hee-jins Vorführung von Angst (1963), einem Stück unter
der Choreographie von Yuk Wan-sun, die von vielen als die Mutter
des zeitgenössischen koreanischen Tanzes angesehen wird.
2 Die anonyme Gesellschaft (1996), getanzt und choreographiert
von Kim Hee-jin, thematisiert die Isolation und Entfremdung
des modernen Menschen in einer Welt, in der
die zwischenmenschliche Kommunikation unterbrochen ist.
3 Die Speicherzelle (2006), getanzt und choreographiert
von Kim Hee-jin und Ludovic Galvan, wurde von Kritikern v.a.
wegen des leidenschaftlischen und poetischen Ausdrucks gelobt.
4 Traum , getanzt und choreographiert von Kim Hee-jin,
wurde erstmals 1992 aufgeführt. Das Stück erzählt die Geschichte,
wie der Mensch versucht seinen Traum einer machinisierten Zivilisation zu verwirklichen, der schließlich zum Alptraum
der Zerstörung der Menschlichkeit wird.
3
vergangene Liebe eines Mannes. Das
Stück wurde auf der europäischen Bühne
positiv bewertet, die Leidenschaft und der
poetische Ausdruck, die die beiden Choreographen zeigten, seien beeindruckend.
Die Worte einer Zuschauerin im mittleren
Alter waren für mich unvergesslich: Es
war wie ein Blick in meine eigene Vergangenheit.“
Seinen Traum verfolgen
Auf die Frage, ob es nicht zu spät war,
erst in den 30ern die internationale Bühne
betreten zu haben und ob sie nicht bereut
habe, nicht früher ins Ausland vorgestoßen zu sein, antwortet Kim:
„Weil ich in meinen frühen Jahren in Korea
war, konnte ich viele unterschiedliche
Dinge machen und diese wertvollen Erfahrungen waren der Nährboden für meine
künstlerischen Aktivitäten im Ausland.“
Kims Lebensweg führte dazu, dass zahl-
reiche koreanische Nachwuchstänzer
nach Europa drängten und sie gilt heute
als Vorbild für viele junge koreanische
Tänzer, die von internationalem Erfolg
träumen. Ihnen rät Kim Hee-jin:
„Ein schneller Vorstoß ins Ausland ist
zwar wichtig, doch noch viel wichtiger ist,
sich vorher selbst zu prüfen und zu stärken. Die koreanische Bühne ist ein Ort,
an dem man sein Talent entfalten und auf
den Prüfstand stellen kann, bevor man
sich ins Ausland wagt. Die Erfahrungen in
der Heimat bilden die Grundlage für den
Erfolg im Ausland. Deswegen empfehle
ich, unabhängig von der Größe der Bühne
sich an möglichst vielen unterschiedlichen Werken zu versuchen.“
Kim verzichtete mutig auf ihr Label
„begabte Tänzerin“ und präsentiert jetzt
den Zuschauern Choreographien, die den
spezifischen Farbton und Duft von Kim
Hee-jin tragen. Es ist nicht schwer, sie
heutzutage auf Bühnen in Frankreich,
Korea und der weiten Welt zu treffen. Zum
Beispiel ist sie auch zur Dance Triennale
Tokyo eingeladen, die im Herbst 2009 in
der japanischen Hauptstadt stattfindet.
Mittlerweise hat Kim Hee-jin die 40 längst
überschritten, doch sie könnte sich selbst
ohne Tanz gar nicht vorstellen und so
wird es auch in Zukunft sein, sagt sie.
„Hat man die 40 erst mal überschritten,
stellen sich viele Fragen über das Leben
neu. Ich möchte in meinen Werken natürliche Geschichten über das Leben erzählen und den Zuschauern so verstärkt ein
Mitfühlen ermöglichen.“
Kim Hee-jin, eine moderne Tänzerin, die
selbst mit kleinen Handgesten die reife
Schönheit, die eine lange Zeit ertrug, zum
Ausdruck bringt. Wir dürfen gespannt
sein, mit welchen Werken sie in Zukunft
unsere erschöpften und verletzten Seelen
zum Tanzen bringen wird.
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