Graphit verdrängt Kupfer

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Graphit verdrängt Kupfer
Graphit verdrängt Kupfer
Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffe werden den
keramischen Werkstoffen zugeordnet. Hufschmied stellt
seit gut zehn Jahren spezielle Zerspanungswerkzeuge für
die Fräsbearbeitung von Graphit bereit. Denn dieser
Werkstoff ist Kupfer in vielen Bereichen überlegen und hat
–zumindest im Werkzeug- und Formenbau und bei der
Herstellung der dabei eingesetzten Elektroden – den
metallischen Werkstoff Kupfer bis auf Ausnahmen mittlerweile fast verdrängt.
Vom Mineral Graphit als Erscheinungsform von Kohlenstoff gibt
es weltweit große Vorkommen. Werkstoff zeichnet sich Graphit
durch vielfältige Bearbeitungsmöglichkeiten aus. Man kann es
Sägen, Drehen, Fräsen, Schleifen, Wasserstrahlschneiden, mit
Lasern bearbeiten, Polieren und Kleben. Unterschiedliche
Sorten erlauben die gezielte Auswahl für den jeweiligen
Einsatzbereich.
Für Hufschmied als Spezialwerkzeughersteller ist vor allem die
Fräsbearbeitung bedeutsam. Deshalb haben wir in der
firmeneigenen Datenbank eine Vielzahl von Sorten erfasst, ihre
Eigenschaften im Hinblick auf eine zerspanende Bearbeitung
analysiert und zusammen mit den optimalen
Bearbeitungsparametern katalogisiert. Je nach verwendeten
keramischen Formgebungsverfahren unterscheidet man zudem
stranggepresste, formgepresste und isostatisch gepresste
Graphite. Für Elektroden zum Funkenerodieren kommen zum
Beispiel auf Petrol- oder Steinkohlenteerpech basierende
Feinkorngraphite zum Einsatz. Sie werden isostatisch gepresst.
Das Funkenerodieren ist ein thermisches
Bearbeitungsverfahren für leitfähige Materialien. Dazu wird eine
elektrische Spannung zwischen dem zu bearbeitenden
Werkstück und der Elektrode, die in die Maschine eingespannt
ist, angelegt. Die Elektrode ist eine Negativform der Form, in
die das Werkstück gebracht werden soll. Bei der Herstellung
der Elektroden ist höchste Präzision gefragt. Denn die
Funkenerosion ist ein abbildendes Fertigungsverfahren, das
eine hohe Oberflächenqualität und Konturgenauigkeit der
Elektroden voraussetzt. Oft liegen die Herstellungskosten der
Elektrode bei mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten.
Außerdem benötigt man eine Erodiermaschine mit einem sehr
leistungsfähigen und für Graphit geeigneten Generator. Der
wesentliche Vorteil von Graphit im Vergleich zu Kupfer liegt in
der hohen thermischen Belastbarkeit, die hohe Stromdichten
beim Erodieren zulässt. Graphit schmilzt nicht und sublimiert
erst bei 3.470 °C. Der Ausdehnungskoeffizient von Graphit ist
gering. Daraus ergibt sich eine hohe Genauigkeit, da die
Längendehnung und Eigenspannung klein bleibt. Durch die
niedrige Dichte treten vor allem bei großen Elektroden nur
geringe Trägheitsmomente auf. Dies wirkt sich wiederum positiv
auf die Genauigkeit aus. Für Hufschmied als
Spezialwerkzeughersteller wichtig: Graphit lässt sich im
eigentlichen Sinne nicht Zerspanen, da der Werkstoff plastisch
nicht verformbar ist. Bei der Bearbeitung werden statt dessen
durch das Werkzeug Körner aus dem Verbund geschlagen. Der
dabei entstehende Staub wirkt hochgradig abrasiv auf die
Schneiden. Deshalb werden zum Beispiel Fräswerkzeuge von
Hufschmied für die Graphitbearbeitung mit einer echten
naokristallinen 100% Diamantbeschichtung (DIP®) versehen.
Denn unsere umfangreichen Versuche haben gezeigt: Nur in
dieser Ausführung haben sie den notwendigen hohen
Verschleißwiderstand, um wirtschaftliche Standzeiten
bereitzustellen. Trotzdem: Wird Graphit statt Kupfer als
Elektrodenmaterial eingesetzt, lassen sich mit den
entsprechenden Werkzeugen von Hufschmied erhebliche Zeitund Kosteneinsparungen bei der spanenden Bearbeitung
realisieren. Beim HSC-Fräsen zum Beispiel ist eine
Zeitersparnis von bis zu 70 Prozent erreichbar.
Dabei sind am Werkstück extrem filigrane Geometrien ohne
Grate darstellbar, jede Form von manueller Nacharbeit kann
entfallen. Daraus resultiert ein weiterer Vorteil: Die Anzahl der
benötigten Elektroden lässt sich durch den Einsatz von Graphit
reduzieren. Denn die Graphitelektrode kann so präzise gefertigt
werden, dass eine Vielzahl – auch kleinster Formelemente –
mit nur einer Elektrode abbildbar ist. Hierdurch reduzieren sich
die Kosten pro zu fertigendem Werkstück deutlich. Da sich
Graphit selbst bei hohen Temperaturen nicht ausdehnt, kann es
mit entsprechendem Werkzeugeinsatz absolut Kontur- und
Maßhaltig gefräst werden. Noch ein Vergleich zu Kupfer:
Deutlich höhere Abtragsraten mit geringerem
Werkzeugverschleiß beim Schruppen sind entscheidende
Vorteile von Graphit. Auch hier lassen sich Zeiteinsparungen
von bis zu 50 Prozent erzielen. Trotz der fertigungstechnischen
Vorteile ist das Funkenerodieren kostenintensiv. Der Ehrgeiz
von Hufschmied war von Anfang an, Kunden durch den Einsatz
optimierten Spezialwerkzeugs bei der Elektrodenfertigung
kostenseitig zu entlasten.
Im Programm sind derzeit Schaftfräser, torische Fräser und
Kugelkopierfräswerkzeuge, die es in unterschiedlichsten
Durchmessern, Gesamtlängen und Freilegungen gibt. Dazu
kommen speziell bei den torischen Werkzeugen die
unterschiedlichsten, den Anforderungen der Kunden
angepassten Eckenradien. Da diese Abmessungen mittlerweile
als Standardwerkzeuge ab Lager geführt werden, ergibt sich
daraus ein erster Kostenvorteil für den Kunden. Vor allem
Unternehmen, die Graphitelektroden für die Elektro- und
Automobilindustrie fertigen, wissen das zu schätzen. Denn hier
ist der Kostendruck hoch. Die PHOENIX CONTACT
Deutschland GmbH in Blomberg produziert Spritzgussteile für
die effiziente Energie- und Geräte- und Anschlusstechnik gleich
mehrerer Schlüsselindustrien. Das Produktspektrum an
Steckverbindern ist entsprechend groß. Die Quarder GmbH in
Espelkamp hat sich auf die Entwicklung und Produktion von
hochwertigen Produkten aus der Kombination von Kunststoff
und Elektrotechnik spezialisiert. Spezialwerkzeuge von
Hufschmied kommen hier unter anderem bei der Produktion
spritzgegossener Schaltungsträger und bei der
Elektrodenfertigung für Großteile zum Einsatz. Die Krallmann
Gruppe in Hiddenhausen deckt die gesamte Prozesskette im
Kunststoffspritzguss ab. Das Unternehmen produziert für die
Automobilindustrie hochkomplexe Spezialwerkzeuge und
Kunststoffhybridteile. Man sieht: Viele unserer Kunden
produzieren nicht nur die Elektroden, sondern fertigen auf
Kunststoff-Spritzgußmaschinen anschließend auch die
Kunststoffbauteile für ihre Kunden.
Die Anforderungen an unsere Zerspanungswerkzeuge lauten:
Genauigkeit bei hoher Standzeit. Die Werkzeuge werden mit
einem sehr engen Toleranzfeld gefertigt, damit die Graphitelektrode dem Endprodukt in allen Maßen höchst genau
entspricht. Die Toleranzen bewegen sich dabei im absoluten µBereich. Eine weitere Herausforderung sind Standzeiten: Die
Werkzeuge müssen eine hohe Maßhaltigkeit bei langer
Lebensdauer erreichen. Zudem soll damit eine möglichst
niedrige Fertigungszeit erreicht werden. Die für die optimale
Zerspanung benötigten Schnittgeschwindigkeiten sind sehr
hoch. Denn wie gesagt: Je niedriger der Kostenanteil der
Elektrode, umso kostengünstiger kann damit anschließend
produziert werden. Die angelegten Bearbeitungsparameter –
Drehzahl, Vorschub und Zustellung – sind selbstverständlich
Werkstück- und maschinenabhängig. Drehzahlen von bis zu
40.000 U/min und Vorschübe von 3.000-6.000 mm/min sind
dabei aber keine Seltenheit. Viele Elektrodenhersteller setzten
bisher bei der Graphitbearbeitung auf Wendeplattenwerkzeuge
(PKD-bestückt) oder Hartmetallwerkzeuge, die mit einer
unechten Diamantschicht (DLC- Schicht) versehen sind.
Allerdings mit nicht zufriedenstellenden Ergebnissen: Die PKD
bestückten Wendeplattenwerkzeuge sind sehr hochpreisig, die
DLC -Beschichtung erreicht oft nicht die geforderten
Standzeiten. Hufschmied geht mit dem aktuellen
Werkzeugprogramm einen anderen Weg.
Durch eine echte nanokristalline 100%-Diamantschicht (DIP®)
werden außergewöhnliche Standzeiten erreicht. Die
eigenentwickelte Diamantschicht kann so dünn ausgeführt
werden, dass auch Fräswerkzeuge mit kleinem Durchmesser
sehr lange scharf bleiben. Und damit zu einer hohen
Oberflächenqualität und Maßhaltigkeit führen. Für
Schlichtbearbeitungen sind spezielle Kugelkopier- und torische
Werkzeuge im Programm. Deren drei ungleich aufgeteilte
Schneiden erzielen selbst bei hohen Vorschüben sehr gute
Oberflächenqualitäten. Schruppwerkzeuge von Hufschmied
sind für hohe Zerspanungsvolumen in kurzer Bearbeitungszeit
ausgelegt. Messprotokolle von Hufschmied zeigen, dass
konventionelle Wendeplattenwerkzeuge nicht mit so hohen
Zustellungen gefahren werden können. Durch den Einsatz sehr
spezieller Werkzeuggeometrien in Verbindung mit einer extrem
verschleißfesten, sehr dünnen Diamantbeschichtung lassen
sich beim Vorschruppen und Schlichten der Elektrode die
Bearbeitungszeiten im Vergleich zu Standardwerkzeugen
erheblich reduzieren. Derzeit beschäftigt sich Hufschmied mit
der weiteren Optimierung der Geometrien. Denn wie gesagt:
Der Kostendruck, der auf den Elektrodenherstellern lastet, ist
hoch. Da ist jede Einsparmöglichkeit willkommen. Der Einsatz
der Spezialwerkzeuge von Hufschmied leistet dazu
nachweisbar einen erheblichen Beitrag.
Dipl.-Ing. Ralph R. Hufschmied ist Geschäftsführer der
Hufschmied Zerspanungssysteme GmbH in Bobingen bei
Augsburg
Fotos
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Graphitelektrode der Quarder GmbH für ein elektronisches
Bauteil
Graphitelektrode der Quarder GmbH für ein PKWGetriebegehäuse Automobil
Aktuell bei Hufschmied im Programm: Schaftfräser, torische
Fräser und Kugelkopierfräswerkzeuge für die Bearbeitung von
Graphit