Evaluationsbericht - Sozialpädagogischer Verein eV
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Evaluationsbericht - Sozialpädagogischer Verein eV
Wiebke Wüstenberg Evaluationsbericht Bestandsaufnahme, Bedarfsentwicklung/-analyse, Angebotsplanung des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim (Evaluationsbericht vom 31.05.2008 mit geringfügigen Erweiterungen vom 31.10.2008 1) Inhalt 1. Einleitung und Übersicht über den vorläufigen Gesamtplan der Evaluation 2. Untersuchungsinstrumente und methodische Vorgehensweise 3. Evaluationsbericht Teil I A. Was macht die Qualität von Eltern-Kind-Zentren aus bzw. des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim? Welches waren günstige bzw. sind die unabdingbaren Rahmenbedingungen für Kinder- und Familienzentren? B. Welche Gründe haben die Eltern mit Migrationshintergrund im Stadtteil Fechenheim motiviert, ihr Kind im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim anzumelden? C. Welche Betreuungsbedarfe und Erziehungswünsche haben die Eltern der Kita an die Einrichtung? Welche Angebote der Familienbildung wünschen sie sich? Wie nehmen die Eltern ihre Beteiligungsmöglichkeiten wahr? 4. Zusammenfassung der Ergebnisse Literatur 1. Einführung und Übersicht über den vorläufigen Gesamtplan der Evaluation Kindertagesstätten als Eltern-Kind-Zentren zu verstehen und zu entwickeln ist keine neue Idee. Sie ist in sogenannten Kinder- und Familienhäusern auch früher schon in sehr unterschiedlicher Form umgesetzt worden. 2004 wurden bereits 120 Einrichtungen untersucht, die ihr Betreuungsangebot ausgeweitet hatten. Wie Diller (2006, 7) heraushebt, sind sie auf Initiative innovativer Teams oder Leitungen entstanden und nicht aufgrund von Landes- oder Bundesprogrammen. Das ändert sich 2005/2006.2 Sowohl Bundes- als auch Landesprogramme zur Förderung der Entwicklung von Eltern-Kind-Zentren läuten eine neue Ära in der institutionellen Betreuungslandschaft ein, wie erste Untersuchungen dazu zeigen (Diller, Riedel 2005; Diller 2006). Die Vielfalt in der Begrifflichkeit und verschiedene Organisationsformen von ElternKind-Zentren oder ähnlichen familienorientierten Einrichtungen aber bleiben bestehen. So hat Diller (2006) in ihrer Studie über familienorientierte Einrichtungen im Wesentlichen drei Modelle identifiziert, die sich in der Organisationsform und ihrer Angebotsstruktur deutlich unterscheiden: => Die Kindertagesstätte plus ist eine Einrichtung, die in der Regel aus der Kita heraus, aber orientiert an den Bedarfen der Eltern, Initiativen ergriffen hat und meistens am Spätnachmittag und Abend zusätzlich Angebote macht. 1 Es wurde in diesem Bericht darauf verzichtet, die Powerpoint-Präsentation der Ergebnisse der schriftlichen Elternbefragung nachträglich einzuarbeiten. Die Zusendung ist auf Anfrage bei der Autorin möglich. 2 Seit dem kann ein neuer Entwicklungsschub verzeichnet werden. So sollen in den nächsten Jahren in NRW ca. ein Drittel der Tageseinrichtungen in „Familienzentren“ nach einem vorgegebenen Leistungskatalog umgewandelt und dann mit einem Gütesiegel ausgezeichnet werden. Auch in Brandenburg, Hamburg und anderen Städten und Gemeinden sind finanzielle Mittel für die Entwicklung von Eltern-Kind-Zentren bereitgestellt worden. 1 => Im Kooperationsmodell halten in der Regel verschiedene Institutionen Angebote zur Unterstützung von Familien bereit. Die sich beteiligenden Institutionen können einem Träger oder auch verschiedenen Trägern angehören, haben sich aber auf einander abgestimmt und sind einem gemeinsamen Rahmenmodell verpflichtet. => Im Zentrumsmodell werden Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern sowie Familienbildung- und Familienunterstützung unter einem Dach vereint und mit einander verzahnt. Außerordentlich bedeutsam für solche Organisationsformen scheint die Entstehungsgeschichte der Zentren zu sein, die meistens in der Kita oder in einer Familienbildungsstätte ihren Anfang nehmen und dann in der Schwerpunktsetzung oft langfristig von dieser Ausgangssituation geprägt bleiben. Wie Diller (2006) in ihrer Recherche feststellt, gibt es kaum Kinder- und Familienzentren, die als Zentrum gebaut und von Anfang an so konzipiert wurden. Das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim kann dem Zentrums-Modell zugerechnet werden. Es organisiert alle Angebote unter einem Dach. Und gemäß seiner erklärten Orientierung an dem Early Excellence Centre von England nimmt es Bezug auf ein sehr komplexes Aufgabenspektrum, in dem nicht nur die Betreuung und Bildung von Kindern und Eltern angestrebt wird, sondern in dem auch die ökonomische und soziale Benachteiligung der Familien in der Region im Fokus steht und Lösungen zur Abmilderung gesucht werden. Damit unterscheidet sich das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim von vielen anderen Eltern-Kind-Zentren. Seine Leitlinien sind: - Alle Kinder sind exzellent, ihre Stärken und Fähigkeiten stehen im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit. - Alle Eltern sind Experten ihrer Kinder. Ein intensiver Austausch und die Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe zur Beteiligung an Entscheidungen in der Tagesbetreuung werden durch Partizipationsstrukturen und durch Beteiligung der Mütter und Väter im Alltag und an der interkulturellen Auseinandersetzung entwickelt. - Das Kinder- und Familienzentrum ist ein Lernort für alle Beteiligten. - Das Kinder- und Familienzentrum versteht sich als Kooperationspartner im Stadtteil und mit anderen Institutionen3. Für dieses neue Modell gab es von vorn herein den Plan, den Entwicklungsprozess des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim wissenschaftlich zu begleiten, denn die frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindertagesstätte und die vielfältigen Bildungs- und Unterstützungsangebote für Familien unter einem Dach zu vereinen, ist eine große Herausforderung. Die Evaluation nimmt dabei Bezug auf verschiedene theoretische Erklärungszusammenhänge: Grundsätzlich legt sie internationale Standards zur Evaluation zugrunde und bezieht sich auf wissenschaftliche Kriterien der Sozialraumanalyse sowie der Gemeinwesen- und Netzwerkarbeit. Für die Bedeutung der professionellen (und ehrenamtlichen) Arbeit in Kinder- und Familienzentren sind darüber hinaus die Untersuchungsergebnisse über die Praxis in ebensolchen Einrichtungen und generell in familienunterstützenden Kinderbetreuungsangeboten relevant. In ihnen werden Aspekte der interinstitutionellen Kooperation, der interkulturellen und sozialintegrativen Arbeit von Bildungsinstitutionen, der veränderten Situation von Eltern, Frauen und Männern zwischen Familie und Beruf und der Auswirkung von Einkommensarmut und Bildungsbenachteiligung von Familien behandelt. 3 Vgl. Flyer des Kinder- und Familienzentrums 2 Insgesamt hat die Evaluation das Ziel, - die integrative, interkulturelle und familienfreundliche Konzeption und Praxis des Kinder- und Familienzentrums kontinuierlich weiter zu entwickeln, - Essentials der kinder-, familien- und gemeinwesenorientierten Arbeit in Stadtteilen mit hoher ökonomischer und Bildungsbenachteiligung auch von Menschen mit Migrationshintergrund heraus zu arbeiten und sie der Fachwelt zur Verfügung zu stellen, - den Trägern von Tageseinrichtungen und politischen Entscheidungsträgern Informationen über Rahmenbedingungen für Kinder- und Familienzentren zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig ihnen Forderungen für die Arbeit in Kinder- und Familienzentren zu unterbreiten sowie - Diskussionen zu längst überfälligen Themen für die Organisation und Entwicklung der außerfamiliären Tagesbetreuung von Kindern in Deutschland zu initiieren. Die folgende Übersicht gibt Auskunft über den vorläufigen Gesamtplan der Evaluation Phase I – Januar bis Juli 2008 Bestandsaufnahme, Bedarfsentwicklung/-analyse, Angebotsplanung Phase II – August 2008 bis Dezember 2009 Umsetzungsphase von Angeboten, Projekten, institutionellen Kooperationen – Kinder- und Familienzentrum als Lernort für alle Beteiligten: Kinder, Eltern, Personal und Menschen aus dem Stadtteil Phase III – Januar bis Juni 2010 Abschlussphase – Herstellen von Fortbildungsmaterialien und Empfehlungen für die Entwicklung der Arbeit in Kinder- und Familienzentren. 2. Untersuchungsinstrumente und methodische Vorgehensweise (Wiederaufnahme des Kapitels aus dem Evaluationsplan) Ausgangsbasis für die Evaluation waren mehrere Vorbereitungstreffen mit den Geschäftsführerinnen der beiden freigemeinnützigen Vereine und den Leiterinnen des Kinderund Familienzentrums, in denen nicht nur eine Evaluation der ersten 22 Monate des Aufbaus der Einrichtung, sondern auch die systematische Dokumentation der organisatorischen und konzeptionellen Entwicklung des Kinder- und Familienzentrums diskutiert und beschlossen wurde. Zu Beginn der Auftragserteilung konnte ich deshalb auf fünf tabellarische Aufstellungen von internen und außengerichteten Treffen zurückgreifen, die jeweils aus der Sicht des Trägers, der LeiterInnen und einer Mitarbeiterin verfasst worden waren4. Dazu wurden mir Sitzungsprotokolle, Arbeitspapiere, Kursauswertungen, diverse Anträge auf Finanzierung, Presseberichte und schließlich die Tätigkeitsberichte des Frauengesundheitszentrums und des Kinder- und Familienzentrums für die Stadt Frankfurt überlassen. Die aufgezählten Materialien waren Grundlage einer Dokumentenanalyse, die diesem Bericht zugrunde liegt. 4 Brigitte Peterka als Geschäftsführerin des Frauengesundheitszentrums Nordend e.V. und Elisabeth Strüber als Geschäftsführerin des Sozialpädagogischen Vereins für familienergänzende Erziehung e.V., Nasaria Makey als eine der Leiterinnen der Kita und Koordinatorin für das Gesamtprojekt, Iris Fiedler als Leiterin des Familienbildungsbereichs und Semiray Altuner sowie Melanie Weimar als Mitarbeiterinnen stellten mir ihre Synopsen und Dokumente zu den „Entwicklungsschritten“ des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim zur Verfügung. 3 Darüber hinaus wurden Interviews mit der Geschäftsführerin des Sozialpädagogischen Vereins (Träger), der Geschäftsführerin des Frauengesundheitszentrums (eng kooperierender Verein), mit den drei Leiterinnen des Kinder- und Familienzentrums und mit zwei Schlüsselpersonen geführt. Vorrangig ging es dabei um deren Interesse an der Evaluation und wie sie die bisherige Entwicklung beurteilen. Ziel ist, Fragen von „Beteiligten und Betroffenen der Evaluation“ in die Untersuchung aufzunehmen und zu beantworten, damit sie zum Bestandteil der Bedarfsentwicklung des Kinder- und Familienzentrum werden (Nützlichkeitsstandard). Die Beteiligung aller Betroffenen- und Beteiligtengruppen an der Evaluation konnte in der Phase I der Untersuchung noch nicht umgesetzt werden. Es wurde der schriftlichen Befragung der Eltern, die ein Kind/Kinder in der Einrichtung haben, Priorität eingeräumt. Damit sollte so schnell wie möglich eine Bedarfsanalyse für die Betreuung der Kinder sowie eine Erkundung von Elterninteressen an Veranstaltungen der Familienbildung erstellt werden, um die weitere Arbeit in beiden Teilen der Einrichtung an den Bedürfnissen und Interessen orientieren zu können. Die MitarbeiterInnenbefragung und die Befragung von Personen aus Ämtern, Tagesbetreuungsinstitutionen und Stadtteilgremien werden in Phase II der Evaluation durchgeführt. Statistische Daten zum Stadtteil Fechenheim, institutionsanalytische Daten zum Kinder- und Familienzentrum Fechenheim sowie Berichte über frühere Stadtteilaktivitäten5 sind ebenfalls in dem vorliegenden Bericht verarbeitet worden. 3. Evaluationsbericht Teil I In der Phase I der Evaluation stehen drei zentrale Fragenkomplexe im Mittelpunkt. Sie verfolgen das Ziel, eine Bestandsaufnahme nach 22 Monaten der Arbeit im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim vorzunehmen. Diese Untersuchung und Reflexion zu ausgewählten Aspekten der bisherigen Arbeit und eine Bedarfsanalyse für den Betreuungsbedarf der Familien im Stadtteil sowie für Angebote der Familienbildung sollen vorrangig der unmittelbaren Planung der Arbeit im Kinder- und Familienzentrum dienen. Die Fragenkomplexe sind: A. Was macht die Qualität von Eltern-Kind-Zentren bzw. des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim aus? Welches waren günstige bzw. sind die unabdingbare Rahmenbedingungen für Kinder- und Familienzentren? B. Welche Gründe haben die Eltern mit Migrationshintergrund im Stadtteil Fechenheim motiviert, ihr Kind im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim anzumelden? C. Welche Erziehungswünsche haben die Eltern der Kita an die Einrichtung? Sind die Betreuungsangebote für die Eltern zeitlich ausreichend oder gibt es zusätzliche Betreuungsbedarfe? Welche Angebote der Familienbildung wünschen sie sich? Wie nehmen die Eltern ihre Beteiligungsmöglichkeiten wahr? Zu A. Was macht die Qualität von Eltern-Kind-Zentren bzw. des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim aus? Welches waren günstige bzw. sind die 5 Ergebnisse der Zukunftswerkstatt von 2001 und Telefongespräch mit dem ehemaligen Quartiersmanager Friedrich Berndt und seiner Stadtteilrecherche zu den „verlorenen“ Kindern im Stadtteil Fechenheim vom 19.05.2008 4 unabdingbare Rahmenbedingungen für Kinder- und Familienzentren? In diesem Themenkomplex sollen die Angebotspalette und der Entwicklungsprozess des Kinder- und Familienzentrum beschrieben und die Frage beantwortet werden, was die Qualität von Kinder- und Familienzentren ausmacht und was günstige bzw. unabdingbare Voraussetzungen sind, um ein Kinder- und Familienzentrum aufzubauen? Hierbei geht es u.a. um strukturelle und materielle Rahmenbedingungen und um Kooperationskriterien für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und eine langfristige Sicherung der Konzeption der Einrichtung. Wie bereits weiter oben gesagt, kann das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim dem Zentrumsmodell zugerechnet werden, das heißt - es organisiert alle Angebote unter einem Dach, - es sind extra Räumlichkeiten vorhanden, die weitere Entwicklungsmöglichkeiten zugunsten der AdressatInnen zulassen, und - viele Angebote werden gemeinsam von den Teams der Familienbildung und der Kindertagesstätte geplant und sind deutlich mit einander verzahnt. Darüber hinaus gehört das Kinder- und Familienzentrum zu den wenigen Einrichtungen, in denen die Arbeit von Anfang an als gemeinsames Modell zweier Vereine entwickelt wurde. Die Angebotspalette des Kinder- und Familienzentrums Diller weist darauf hin, dass nicht jede Ausweitung des Kita-Angebots schon die Merkmale eines Eltern-Kind-Zentrums erfüllt. Sie sieht die Gefahr, dass „alter Wein in neuen Schläuchen“ angeboten, also lediglich eine Umetikettierung vorgenommen werden könnte. Für Diller ist ein zentrales Qualitätsmerkmal von Eltern-Kind-Zentren, dass frühkindliche Bildungsmöglichkeiten unter Beteiligung der Eltern vorhanden sind und eine breite Palette von Bildungs- und Unterstützungsangeboten auf die Lebenslagen der Familien im Stadtteil abgestimmt werden. Was sieht das Programm im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim vor und was wird z.Zt. im Einzelnen umgesetzt? Im Folgenden soll die Angebotspalette des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim orientiert an Qualitätskriterien von Diller (2006, 62), aber weiter ausdifferenziert durch die Ziele des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim, dargestellt werden. Diesen Zielen werden exemplarisch Praxisbeispiele zugeordnet6. Ziel ist, die Bindungssicherheit zwischen Eltern und Kindern zu unterstützen. Praxis: Schwangerschaft- und Geburtsvorbereitungsgruppen für Frauen und Paare sowie „Fabelkurse“7 für Eltern mit ihren Säuglingen werden angeboten.8 Ziel ist, die Einbindung der Eltern in die Entwicklungs- und Bildungsprozesse der Kinder zu fördern. Praxis: Gezielte Beobachtungen, Dokumentationen und Austausch mit und unter den Eltern werden z.Zt. in angeleiteten Eltern-Kind-Gruppen wie Baby-Massage, Spielcafé und Musikgarten und in den Tagesbetreuungsgruppen entwickelt. Ziel ist, die Erziehungskompetenz der Eltern zu stärken. Praxis: Vier Vorträge in türkischer und deutscher Sprache haben mit guter Beteiligung stattgefunden, u.a. zu Sauberkeitserziehung, Erziehen in zwei Kulturen. Einzelberatung zu 6 Die Praxisbeispiele sind den Dokumentensammlungen und Protokollen entnommen, die die Träger, Leiterinnen und Mitarbeiterinnen des Kinder- und Familienzentrums zusammengestellt haben. Vgl. auch Anmerkung 3, Seite 3 7 „Fabel“ steht für familienzentriertes Baby-Eltern-Konzept 8 Iris Fiedler (2007): Dokument IF 17, 19, 20 5 Erziehungsfragen, eine feste Sprechstunde für Eltern in der Kita werden angeboten sowie auf Wunsch der Eltern „offene“ Treffs, die den Erfahrungsaustausch fördern => das Frauencafé 1x in der Woche am Nachmittag, => das Spielcafé für Eltern mit Kleinstkindern 1x pro Woche vormittags, => das Mütterfrühstück für Mütter der Kita in der Kindertagesstätte. Ziel ist, die Beteiligung der Väter an der Erziehung der Kinder herauszufordern. Praxis: Eine Vätergruppe mit Kindern trifft sich regelmäßig zum Brunch und zum Spiel mit den Kindern und hat weitere Bau- und Abenteueraktionen geplant.9 Ziel ist, die Partizipationsmöglichkeiten der Eltern strukturell und im Alltag einzuplanen Praxis: Der Elternbeirat ist mit hoher Beteiligung der Eltern gewählt worden, Eltern haben sich u.a. mit ihren Wünschen bei den Essenstraditionen eingebracht und ihre Wünsche, sich verschiedentlich zu treffen, vertreten. Eltern sind tagtäglich in der Kindertages- und in der Familienbildungsstätte anwesend, Elternabende und Feste werden von Müttern und Vätern besucht bzw. ausgestaltet, Männer haben angefangen, eine Technik-Tauschbörse im Keller der Bildungsstätte einzurichten.10 Ziel ist, die Unterstützung der Kinder in mehreren Bildungsbereichen zu sichern Praxis: z.B. wurde das Forschen, Experimentieren und entdeckende Lernen in einer „Wasserwerkstatt“ dokumentiert. Dafür bekam die Einrichtung den ersten Frankfurter KitaPreis. Fortbildungsveranstaltungen im Kita-Team zeigen die professionelle Auseinandersetzung mit weiteren thematischen Schwerpunkten in der Pädagogik, u.a. mit der autonomen Bewegungsentwicklung von Kleinstkindern, der Beteiligung von Kindern an allem, Kindzentriertheit in der Arbeit mit Kindern, Sprachförderung. Ziel ist, auf die Vielfalt der in der Einrichtung zusammenkommenden Kulturen einzugehen. Praxis: MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund aller Arbeitsbereiche repräsentieren verschiedene Kulturen und verstehen sich als Mittelspersonen. Materialien im Haus, Essenstraditionen, Lieder usw. zeigen diese kulturelle Vielfalt auf. Ziel ist, die Entwicklung der Mehrsprachigkeit durch spezifische Hilfen zu unterstützen. Praxis: die Mehrsprachigkeit ist durch Aushänge in der KiTa überall präsent, eine Sozialpädagogin ist für 25 Stunden als Sprachförderkraft eingestellt worden, eine türkische „Vorlese-Oma“ wurde engagiert, eine Bibliothek wird gerade eingerichtet. Ziel ist, Betreuungsangebote vorzuhalten, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Praxis: die Einrichtung ist von 7.30 bis 17.00 Uhr geöffnet, aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in der Elternschaft ist möglicherweise der Betreuungsbedarf gedeckt. Eine Bedarfserhebung hat stattgefunden – siehe weiter unten. Ziel ist, die Verknüpfung mit anderen Betreuungsangeboten herzustellen wie mit Kindertagespflege oder Elterninitiativen. 9 Iris Fiedler (2007): Dokument IF 17a: Antrag auf Projektförderung an die Hessenstiftung - „Familie hat Zukunft“ - „Aufbau interkultureller Väterarbeit im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim“ vom 5. Juni 2007 10 Vgl. Nasaria Makey (2007): Dokument 11 „Auswertung der Teestunde“ und 14: „Anwesenheit der Eltern beim Familienfest“ 6 Praxis: die Anbindung, evtl. sogar die feste Anstellung einer Person aus der Kindertagespflege ist langfristig geplant, um eine Ausweitung der Kindertagesstättenbetreuung zu ermöglichen. Ziel ist, Betreuungsangebote zu machen, die sich auf die besonderen Lebenslagen der Familien beziehen, z.B. auf Arbeitslosigkeit, Migrationshintergrund, Bildungsbenachteiligung, enge Wohnbedingungen bei hoher Kinderzahl. Praxis: Bildungsangebote für Eltern wie Deutschkurse, offene Treffs zum Austausch, gemeinsame Familienausflüge und Sozialberatung, die häufig nachgefragt wird11, gehen auf die Wünsche der Eltern ein. Eine Bedarfsanalyse hierzu wurde durchgeführt – siehe weiter unten.12 Ziel ist, Schichtunabhängige Bildungsangebote für Eltern und andere BewohnerInnen im Stadtteil zu machen. Praxis: Kommunikationstraining, Musikalische Früherziehung („Musikgarten“), WalkingGruppe, Yoga für Frauen finden statt bzw. sind geplant. Ziel ist, arbeitsmarktförderliche Angebote zu entwickeln. Praxis: Mini-Jobs und Teilzeitanstellungen sind ausdrücklich vom Träger an Personen aus dem Stadtteil vergeben worden. Deutschkurse und ehrenamtliche Arbeit wirken ebenfalls arbeitsmarktförderlich. Ein Gymnastikangebot in den Räumen der Kita in Kooperation mit dem Sportverein Fechenheim intendiert aus dieser Gruppe heraus Übungsleiterinnen zu qualifizieren, darüber hinaus wurden Gespräche mit einer Beschäftigungsgesellschaft aufgenommen. Ziel ist, berufliche und interdisziplinäre Netze zu entwickeln. Praxis: Die pädagogischen Fachkräfte sind im AK „Early Excellence Centres“ und AK „Familien im Betrieb“, AK „Frühe Hilfen“ u.a. beteiligt. Darüber hinaus engagieren sie sich stadtteilbezogen am „Runden Tisch Fechenheim“, der die Verbesserung der Lebensqualität in Fechenheim in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt hat. Auch am „Psychosozialen Arbeitskreis“, in dem sich MitarbeiterInnen von Kinderbetreuungseinrichtungen über ihre Arbeit austauschen, nehmen pädagogische MitarbeiterInnen des Kinder- und Familienzentrums teil. Ziel ist, Soziale Netze zu knüpfen und Begegnungsmöglichkeiten im Stadtteil zu initiieren. Praxis: Einweihungsfeier zur Eröffnung des Kinder- und Familienzentrums, themenbezogene Elternabende, Flohmarkt mit Kinderkulturangeboten, Familientag, Bayramfest, Adventsnachmittag haben stattgefunden. Fazit: Bildungsmöglichkeiten der Kinder unter Beteiligung der Eltern Wenn wir das Programm des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim auf die zentralen Kriterien von Diller beziehen, kann gesagt werden, dass Bildungsmöglichkeiten der Kinder unter Beteiligung der Eltern in vielfältiger Weise umgesetzt werden. Konzeptionell ist dafür gesorgt, dass der Einstieg für Eltern immer mit einem ausführlichen Aufnahmegespräch beginnt, in dem auf die familiäre Situation und auf die Erfahrungen der Eltern mit ihrem Kind eingegangen wird. Den Eltern wird verdeutlicht, dass sie die Experten 11 12 Gespräch mit der Kita-Leiterin Frau Hardt am 2.04.08 Vgl. Nasaria Makey (2007): Dokumente NM15 und 16 7 für ihr Kind Zuhause und ErzieherInnen diejenigen sind, die an dieser Stelle von Eltern lernen. Es folgt die Eingewöhnungsphase des Kindes, die eine konkrete Erfahrung von partnerschaftlicher Zusammenarbeit für alle für alle Beteiligten ist. Darüber hinaus finden Bildungsmöglichkeiten unter Beteiligung der Eltern sowohl in den Kindergruppen, in Projekten und bei Ausflügen der Kita als auch in den professionell angeleiteten Kursen und Offenen Treffs der Familienbildungsstätte statt. Das Beobachten und Dokumentieren von Lerngeschichten soll als nächstes in den Fabelgruppen mit den Eltern und in den Kindergruppen der Kita mit den ErzieherInnen eingeführt werden. Das Ziel ist in beiden Fällen gleich, denn es geht darum, die Aktivitäten der Kinder wahrnehmen und verstehen zu lernen, sich darüber auszutauschen und ihre Interessen Zuhause und in der Einrichtung zu unterstützen. Wenn in Fechenheim von Eltern gesprochen wird, sind nicht ausschließlich Mütter gemeint, sondern auch Väter. Väter sind bisher auf Elternabenden stärker als üblich präsent gewesen, sie haben eine Väter-Kind(er)-Gruppe gebildet, die gemeinsame Aktivitäten wie Ausfüge plant und durchführt. Damit werden mehrere Ziele erreicht: die stärkere Beteiligung von Vätern an der Erziehung, die Stärkung der Vater-Sohn/Tochter-Beziehung, die Unterstützung der Erziehungskompetenzen der Väter, das Erproben der Vaterrolle im neuen Kontext und mit anderen Vätern. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass Eltern und pädagogische Fachkräfte an vielen Stellen zusammenarbeiten, um die Kompetenzen der Kinder und ihrer Beziehungen zu den Eltern und anderen Erwachsenen zu stärken. Auf die Lebenslagen von Eltern abgestimmte Bildungs- und Unterstützungsangebote Sich auf die Lebenslagen von Familien beziehen, heißt sich mit den Auswirkungen von Armut, Migrationshintergrund, Arbeitslosigkeit und den veränderten Formen von Erwerbsarbeit auf Familien in Fechenheim zu befassen. Fechenheim hat im Vergleich zu Gesamt-Frankfurt einen überdurchschnittlich hohen Anteil von AusländerInnen (Frankfurt: 25,7%, Fechenheim: 34,7%). Hinzu kommen 13,6% von BewohnerInnen mit deutscher Staatsangehörigkeit und „Migrationshinweis“in Fechenheim (Frankfurt 11,6%)13. Die Arbeitslosendichte, also Arbeitslose bezogen auf die erwerbsfähige Bevölkerung, betrug in Fechenheim im Juni 2006 14,2% (in Frankfurt gesamt: 8,5%) und im Juni 2007 12,9% (in Frankfurt gesamt: 7,1%)14. Damit ist trotz rückläufiger Quote im letzten Jahr die Arbeitslosendichte in Fechenheim am höchsten von allen Stadtteilen in Frankfurt. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich auch, dass Fechenheim die höchste Empfängerdichte von Menschen hat, die ganz oder teilweise auf eine Grundsicherung nach SGB II (für Arbeitssuchende) angewiesen ist. Das spiegelt sich in der Elternschaft des Kinder- und Familienzentrums wider. 90% der Eltern haben einen Migrationshintergrund, viele Eltern haben keine Erwerbsarbeit oder nur einen geringen Verdienst und leben in Sozialbauwohnungen. Insofern soll das Kinder- und Familienzentrum mit seinen Angeboten sowohl für Kinder vom Säuglingsalter an als auch für ihre Eltern Bildungschancen eröffnen. 13 Statistisches Jahrbuch Frankfurt am Main 2007, 34 und Bevölkerungsstruktur in den Frankfurter Stadtteilen 2005, 216; darin wird auch der Begriff „ mit Migrationshinweis“ benutzt, ohne dass ein Unterschied zum inzwischen geläufigen Begriff „mit Migrationshintergrund“ ersichtlich wäre. 14 Stadt Frankfurt am Main: Frankfurter Statistik aktuell Nr. 34/2007, S. 1-2 8 Zunächst einmal ist festzustellen, dass das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim eine Kernbetreuungszeit von 7.30 bis 17.00 Uhr anbietet, die 80% der Eltern nutzen.15 Ein Antrag auf mehr Ganztagsplätze ist beim Stadtschulamt gestellt. Im Vergleich mit anderen Kommunen und Ländern (z.B. Hamburg) ist für Frankfurt am Main positiv zu vermerken, dass erwerbstätig zu sein nicht Bedingung ist, um einen Ganztagsplatz in der Kita zu bekommen und die Bezahlung des Elternbeitrages von der Wirtschaftlichen Jugendhilfe (WiJu) übernommen wird. Realität in Fechenheim ist, dass fast 75% der Eltern arbeitslos oder gering verdienend sind und den Elternbeitrag für den Kita-Platz über die WiJu finanziert wird. Das heißt, Familien, die tendenziell von Armut und Bildungsbenachteiligung bedroht sind, was zum Teil mit Migrationshintergrund gepaart ist, haben Zugang zur Kita. Kinder von erwerbstätigen und nicht-erwerbstätigen Eltern ganztags in die Kita aufzunehmen, reflektiert die Tatsache, dass generell ein Unterstützungsrisiko für Eltern mit jungen Kindern existiert. Darüber hinaus wird Familien mit arbeitslosen Eltern(teilen), die in der Regel weniger soziale Kontakte haben als andere und deshalb auf wenig soziale und ökonomische Unterstützung zurückgreifen können, ein Ort für Bildung, Kommunikation und Austausch im Alltag angeboten. Insbesondere die offenen Treffen in der Einrichtung, wie Frühstück für Eltern und Kinder, Frauencafé ohne Kinder, Vätergruppe mit Kindern, das immer zugängliche orientalische Café und das Bistro sowie Familienfeste und -ausflüge können eine sozialintegrative Funktion bekommen, sofern sie von den Familien angenommen werden. Das ist bei einem Teil der Familien im Kinder- und Familienzentrum der Fall, sodass gute Voraussetzungen für die Familien geschaffen sind, soziale Netze zu knüpfen. Ob diese Chancen genutzt werden und wie sie sich auswirken, kann erst durch weitere Untersuchungen erforscht werden. Die vielen wählbaren Kontaktmöglichkeiten führen schon jetzt dazu, dass die Eltern(teile) gerne in der Einrichtung kommen. So haben Eltern das Gefühl, in der Einrichtung gern gesehen zu sein. Das bestätigt auch die schriftliche Elternbefragung. Darin bekunden jeweils 36 von 43 Eltern, dass sie in den Kindergruppen willkommen sind und dass sie sich auch jeder Zeit in der Kita treffen können. Weiterhin sagen 34 von 43 Eltern, dass sie an Projekten, Ausflügen, Festen und Feiern beteiligt werden. Über die sozialen Kontakte hinaus gibt es im Kinder- und Familienzentrum auch Einzelberatung zu Erziehungs- und Lebensfragen und zu Schwangerschaftskonflikten und Familienplanung.16 Die ökonomische Situation der Familien zu verbessern, kann von einem Kinder- und Familienzentrum nicht ohne weiteres geleistet werden, es sei denn Qualifizierungsmaßnahmen mit Beschäftigungsperspektiven wie im EEC in Corby wären an Ort und Stelle vorhanden. Nachdem Mini- und Teilzeitjobs im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim an Stadtteilbewohner vergeben waren, sind weitere Beschäftigungsmöglichkeiten im Kinder- und Familienzentrum kaum zu erwarten. Indirekte Hilfen, wie z.B. die (Fremd)sprachenkompetenz durch Deutschkurse zu erhöhen, sich an Selbsthilfegruppen zu beteiligen, ehrenamtliche Tätigkeiten zu übernehmen, sich im sozialen Netz zu engagieren oder qualifizierende Kurse zu belegen, wie das start-Programm17 in Kooperation mit dem Landessportbund Hessen e.V. es vorsieht, könnten dennoch eine Erwerbsarbeit begünstigen. Solche Möglichkeiten sind im Kinder- und Familienzentrum punktuell gegeben, ein Konzept dafür müsste jedoch noch entwickelt werden. 15 Ob es darüber hinaus Betreuungsbedarfe von erwerbstätigen und anderen Eltern gibt, soll nicht an dieser Stelle, sondern in Zusammenhang mit der Bedarfsanalyse unter Absatz C anhand der schriftlichen Elternbefragung näher ausgeführt werden. 16 Interview mit Semiray Altuner am 15.04.2007; und Semirey Altuner (2007), S. 7 und 9 17 Projekt start – Sport überspringt kulturelle Hürden ist ein Projekt der Agentur EKIP Interkulturelles Kompetenz Team aus Bergisch-Gladbach. Vgl. Makay (2007), Dokument 15 9 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Kinder- und Familienzentrums Fechenheim in den 22 Monaten seit seiner Eröffnung die Qualitätskriterien eines Eltern-Kind-Zentrums erfüllt. Zum einen werden Bildungsprozesse von Kindern in Kooperation mit Eltern unterstützt, Eltern werden als die primären Erzieher einbezogen und respektiert. Zum anderen wird den Eltern, die zu 90% Migrationshintergrund haben, ein Bildungs- und Unterstützungsangebot gemacht, das ihre erziehungs-, soziale und arbeitsmarktrelevante Kompetenz stärken kann. Schon jetzt steht fest, dass diese Entwicklung nicht möglich gewesen wäre, wenn nicht zusätzliche finanzielle, räumliche und personale Mittel zur Verfügung gestellt worden wären: - ein langfristig gesicherter Etat, damit die MitarbeiterInnen sich auf die Arbeit mit ihre Adressaten konzentrieren können, - zusammenhängende Räumlichkeiten, um die Alltagskooperation für alle Beteiligten zu erleichtern und die Identifikation von MitarbeiterInnen, Eltern und Kindern mit dem Zentrum als Ganzem zu unterstützen, - ein interdisziplinär zusammen gesetztes Team, das verschiedene Ausgangsqualifikationen hat und bereit ist, weitere Zusatzqualifikationen zu erwerben - sowie Ressourcen aus dem Kreise der Eltern und Ehrenamtlichen, die es einzubeziehen und zu organisieren gilt. Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim Im Kinder- und Familienzentrum teilen sich zwei freigemeinnützige Vereine die Arbeit. Sie müssen mit einander kooperieren. Deshalb soll in diesem Abschnitt die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte unter kooperationsspezifischen Aspekten nachgezeichnet werden. Ziel ist zu klären, welche Voraussetzungen bzw. Rahmenbedingungen für diese Zusammenarbeit vorhanden sind und wie sie für die Entwicklung der Einrichtung einzuschätzen. Bezug nehme ich dabei auf folgende Kriterien18: - Adressatenorientierung der Arbeit und gemeinsame Zielsetzung, - Gleichrangigkeit der PartnerInnen, - Profit beider Parteien vor der Kooperation, - Verankerung der Kooperationsaufgaben im regulären Arbeitsauftrag, - finanzielle und personelle Ressourcen für die Kooperation auf beiden Seiten, - personelle Kontinuität, - klare Arbeitsteilung, - zeitlich geklärte Perspektive, - Reflexion der Kooperationsprozesse, - Evaluation der Kooperationsergebnisse. Bereits in der Bewerbung für die Trägerschaft der neuen Kita im Frankfurter Stadtteil Fechenheim (im Dezember 2005) hat der Sozialpädagogische Verein zur familienergänzenden Erziehung e.V. (Sozialpädagogischer Verein) den Plan dargelegt, mit dem Frauengesundheitszentrum Nordend e.V. ein Familienzentrum nach dem Vorbild des Early Excellence Centres in England realisieren zu wollen. Diese inhaltliche Ausrichtung war der ausschlaggebende Faktor für das Stadtschulamt und den Jugendhilfeausschuss, dem Sozialpädagogischen Verein die Trägerschaft zu übergeben. Das heißt gleichzeitig, dass beide Vereine sich auf eine bestimmte Zielrichtung verpflichteten und auch die Adressaten ihrer 18 Julius Niebergall: Vorraussetzungen für eine gute Kooperation. Arbeitspapier für die AG Frühe Hilfen vom 11.04.08 10 Kooperation klar definiert waren. Im Mittelpunkt standen die Kinder und ihre Familien sowie die BewohnerInnen im Einzugsgebiet der Freiligrathschule in Fechenheim-Süd, denen durch das Kinder- und Familienzentrum ein niedrigschwelliges, breites Bildungs- und Unterstützungsangebot gemacht werden sollte. In einem gemeinsamen Antrag auf Förderung des Kinder- und Familienzentrums an das Stadtschulamt Frankfurt heißt es: „Der Kita-Bereich des Kinder- und Familienzentrums betreut Kinder in der Alterspanne von eins bis zehn Jahren, um möglichst früh Eltern begleiten zu können und große Kontinuität zu ermöglichen. Der Familienbereich umfasst bereits die Zeit der Schwangerschaft und das erste Lebensjahr. Hierdurch können die frühen Bindungsprozesse zwischen Eltern und Babys effektiv unterstützt werden. ... Grundlegendes Thema ist die Beziehungsförderung zwischen Eltern und Kindern.“19 Das kann während der Schwangerschaft, angeregt durch die Geburtsvorbereitung, beginnen, in Eltern-KindSpielgruppen im Säuglingsalter wieder aufgenommen und in der Kita fortgeführt werden. Da die Entwicklung und die Vorerfahrungen der beiden Vereine für den Erfolg des Kinder- und Familienzentrums eine zentrale Bedeutung haben, soll im Folgenden skizziert werden, wie die beiden Vereine strukturiert sind, welche Kompetenzen und Erfahrungen sie in die Neugründung des Kinderund Familienzentrums/EEC einbringen konnten und wie ihre bisherige Zusammenarbeit unter einem Dach dadurch geprägt wurde. Der Sozialpädagogische Verein zur familienergänzenden Erziehung e.V. wurde 1979 als gemeinnütziger Verein gegründet und unterhält seit 1980 Tagesbetreuungseinrichtungen. Zuerst handelte es sich dabei um Krabbelstuben als Elterninitiativen, später kamen Kinder- und Schülerläden, Kindertagesstätten und betriebsnahe Einrichtungen hinzu. Heute gehören ihm neben dem Kinder- und Familienzentrum Fechenheim weitere 49 Einrichtungen an. Er betreut jetzt insgesamt 1030 Kinder (Stand Ende 2007), davon sind: - 19 Krabbelstuben (KS) mit 228 Plätzen - 21 Kinderläden (KL) mit 456 Plätzen - eine Kindertagesstätte mit 76 Plätzen - 8 Schülerläden (SL) mit 170 Plätzen20 und - ein Kinder- und Familienzentrum mit 100 Betreuungsplätzen und einer Kooperation mit dem Frauengesundheitszentrum für Frauen und Familien. Der Sozialpädagogische Verein hat Einrichtungen in 17 Stadtteilen von Frankfurt am Main. In Fechenheim unterhält er eine Krabbelstube (12 Plätze), einen Kinderladen (20 Plätze), einen Kinderund Schülerladen (22 Plätze) und jetzt neu das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim (100 Plätze). Die Geschäftsstelle des Sozialpädagogischen Vereins erfüllt die Aufgaben der Geschäftsführung, der Verwaltung, sowie die Dienst- und Fachaufsicht. Sie ist Vertragspartner für Eltern, Vermieter sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und stellt auch die Anträge für öffentliche Gelder und Zuschüsse und verantwortet deren ordnungsgemäße Verwendung. Der Sozialpädagogische Verein ist Gründungsmitglied der LAG Freie Kinderarbeit, er ist darüber hinaus Mitglied im Fachausschuss Kinderbetreuung des Jugendhilfeausschusses und vertritt dort die freigemeinnützigen Träger21. Traditionell haben Krabbelstuben und Kinderläden einen stark netzwerkbildenden Charakter für die Eltern und Kinder der jeweiligen Einrichtung. Darüber hinaus haben die Einrichtungen des 19 Aus: Antrag an das Stadtschulamt Frankfurt auf Förderung des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim als Eltern-Kind-Zentrum im Sinne der Early Excellence Centre vom 1.12.2006, S. 2; vgl. auch Brigitte Peterka (2007): Dokument 03 vom 5.02.06 20 Vgl. Antrag auf Übernahme der Betriebsträgerschaft in der Pfortenstraße 42-44 in Fechenheim vom 19.12.2005, S. 2 21 Ebenda 11 Sozialpädagogischen Vereins den Anspruch und das Ziel, in den jeweiligen Stadtteilen die Kooperation mit anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Schulen aktiv zu gestalten und eine Gemeinwesenorientierung zu verfolgen. Die Grundhaltung kann als wichtige Voraussetzung angesehen werden, ein Elternzentrum zu entwickeln. Von der Leiterin der Geschäftsstelle ging denn auch die Planung und Beantragung für das Kinder- und Familienzentrum in Fechenheim als neue Form einer familienorientierten, interkulturellen Kindertagesstätte und Institution der Familienbildung unter einem Dach aus. Das Frauengesundheitszentrum für Frauen und Familien Nordend e.V. ist ebenfalls ein Verein mit langer Geschichte. Es ist hervorgegangen aus dem Feministischen Frauengesundheitszentrum, das sich 1978 gründete, und hat sich mit Kursen und Beratungsangeboten für werdende und junge Eltern wie Schwangerschaftskonfliktberatung, Geburtsvorbereitungskursen, Rückbildungskursen, Eltern-KindGruppen, „Fabelkurse“ für Mütter und Säuglinge sowie Selbsthilfegruppen und Beratung bei gesundheitlichen und erzieherischen Problemen einen Namen gemacht.22. Darüber hinaus sind durch ihn diverse Projekte initiiert worden, u.a. das Geburtshaus Frankfurt, das schließlich zu einem eigenen Verein avancierte. Die Ansprache von Müttern und Eltern vor und nach der Geburt und die Bildung und Betreuung von Müttern sowie Kindern ab den ersten Monaten reflektiert die Tatsache, dass Mutterwerden bzw. ein Kind zu versorgen erst gelernt wird und dabei Unterstützung von außen immer gebraucht wird. Damit ist die Arbeit des Frauengesundheitszentrum mit seinem ganzheitlichen und präventiven Ansatz „an der Schnittstelle zwischen ganzheitlicher Gesundheitsförderung, Familienbildung und frauenpolitischer Arbeit“23 platziert und ergänzt das Angebot von Kindertagesstätten. Vor ca. 10 Jahren hat das Frauengesundheitszentrum für Frauen und Familien seinen Namen erweitert, um zu dokumentieren, dass inzwischen die ganze Familie, einschließlich des Vaters, stärker in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gerückt war. Darüber hinaus ist es dem Frauengesundheitszentrum für Frauen und Familien e.V. gelungen, sowohl deutsche bildungsorientierte Familien als auch Frauen und Familien mit Migrationshintergrund anzusprechen. Das kann als weitere gute Voraussetzung für die Arbeit in Fechenheim mit einem überdurchschnittlichen Anteil von Familien mit Migrationshintergrund angesehen werden. Mit dem Sozialpädagogischen Verein und dem Frauengesundheitszentrum haben sich zwei freigemeinnützige Vereine zusammengetan, die eine erfolgreiche Geschichte von Selbsthilfe und sozial- bzw. familienpolitischem Engagement haben. Die inhaltliche und finanzielle Etablierung beider Vereine, ihre Angebotspalette für Frauen und Familien sowie Kindertages(stätten)betreuung, ihre konkreten und programmatischen Antworten auf gesellschaftliche Entwicklungen und sozialpolitische Diskussionen (Kinderrechte, Kinderarmut, Frauen- und Familienpolitik, Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die deutsche Einwanderungsgesellschaft) machen deutlich, dass sich die beiden Vereine im Kinder- und Familienzentrum auf gleicher Augenhöhe begegnen können. Darüber hinaus gewinnen beide Vereine mit dem Kinder- und Familienzentrum Fechenheim ein Arbeitsfeld hinzu und können sich konkret sowohl in ihren Angeboten ergänzen als auch gegenseitig unterstützen. Insofern kann man annehmen, dass beide in ähnlichem Ausmaß davon profitieren (winwin-Situation) werden, was eine gute Voraussetzung für eine langfristige Kooperation ist. Gleichrangig sind die Positionen der beiden Vereine im Kinder- und Familienzentrum dennoch nicht, denn das Stadtschulamt hat die Trägerschaft für das gesamte EEC-Projekt dem 22 Weitere Kurse des FGZ Nordend: GfG-Geburtsvorbereitung, Säuglingspflege, Yoga, Rückbildung/Neufindung, Stillgruppe, GfG-Fabel- und PEKiP-Kurse, Zwillingstreff, Schreisprechstunde. Beratung bei: Schwangerschaftskonflikten, Pränataldiagnostik-Fragen, Trauerbegleitung, Kaiserschnitt, Stillproblemen, schwierigen Babys, Krisen nach der Geburt, Wechseljahre, Krebserkrankung. Aus: Frauengesundheitszentrum Neuhofstraße e.V. Frankfurt am Main (2ßß8): Tätigkeitsbericht 2007, S. 15ff. 23 Aus: FrauenGesundheitsZentrum für Frauen und Familien: Jahresbericht 2007, S. 2 12 Sozialpädagogischen Verein zugewiesen und damit auch die Verfügungsmacht und Verantwortung für die Finanzen (fast 120.000 Euro pro Jahr als Zuschuss), was ihm formal eine stärkere Position verschafft. Da diese Zuweisung des Stadtschulamtes aber eher als verwaltungsspezifische Entscheidung24 und nicht als Bevorzugung eines Vereins verstanden werden muss und ein Kooperationsvertrag mit dem Frauengesundheitszentrum die Aufteilung der jährlichen Zuwendung für das Projekt, die Arbeitsteilung und Verantwortlichkeiten regelt, wird die Schräglage zwischen beiden Vereinen wieder gemildert. Darüber hinaus sind die Grundfinanzierungen beider Vereine unterschiedlich. Der Sozialpädagogische Verein als Träger der Kita bekommt für jedes betreute Kind einen festgelegten Betrag als „sicheren Sockel“, der in weitgehend vorbestimmter Weise ausgegeben werden muss. Das Frauengesundheitszentrum muss dagegen für seine Angebote sehr verschiedene Finanzierungsquellen auftun, beispielsweise Zuschüsse von Ländern und Kommunen, personenbezogene Kostenübernahmen durch Krankenkassen, Kursbeiträge, Spenden und Bußgelder.25 Dem frei gestaltbaren Programm mit innovativen Kursangeboten, bei denen die Finanzierung jedes Mal neu geklärt werden muss, stehen finanziell gesicherte Serviceleistungen für Eltern und Kinder gegenüber, die zwar nicht völlig „festgezurrt“ sind, sich aber dennoch im Rahmen der Kita-üblichen Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten bewegen müssen. Ob diese Unterschiede in der Grundfinanzierung der Programmgestaltung beider Häuser für die Koordination etwas beflügelndes oder belastendes haben, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden, sollte aber in weiteren Evaluationsphasen unbedingt im Blick bleiben. Ist auf der einen Seite also eine Ungleichgewicht zu registrieren, so sichert auf der anderen Seite der jährliche Zuschuss für das Kinder- und Familienzentrum vor dem Hintergrund des Kooperationsvertrags die gemeinsame Entwicklung der Arbeit für die nächsten Jahre und damit auch die zeitliche Perspektive der Kooperation. Ob die Arbeit langfristig gleichrangig entwickelt werden kann, wird von weiteren Faktoren abhängig sein, auf die ich im Folgenden noch eingehen werde. Das zusätzliche Geld vom Stadtschulamt für die Entwicklung des Kinder- und Familienzentrums hat grundsätzlich ermöglicht, dass auf beiden Seiten der Kooperationspartner zusätzliche Stunden für Fachkräfte bezahlt werden konnten. Diese personelle Verstärkung war auch dringend nötig, um die neuen Aufgaben fachlich kompetent und verlässlich ausführen zu können. Darüber hinaus wurde eine Teilzeitstelle für eine Koordinatorin geschaffen und besetzt, sodass die Gesamtkoordination innerhalb des Kinder- und Familienzentrums und mit externen Partnern auf Quartiers-, Stadt-, Landes- und Bundesebene nicht neben sonstigen Dienstpflichten, sondern durch dafür extra bereit gestellte Stunden abgedeckt werden. Das verdeutlicht, dass Kooperationsaufgaben in Eltern-Kind-Zentren extra berechnet und zum regulären Bestandteil der Arbeitsplatzbeschreibung hinzugefügt und bei den kooperierenden Partnern/Anstellungsträgern im Stellenplan verankert werden müssen. Darüber hinaus werden strukturell gesicherte Formen der Kooperation zwischen den Teams der Kita und der Familienbildung, und auch für die Außenkontakte gebraucht, um die Arbeit regelmäßig reflektieren, auswerten und konzeptionell weiter entwickeln zu können. 24 Nur der Sozialpädagogische Verein ist als freier Träger von Tagesbetreuungseinrichtungen Partner des Stadtschulamtes, wahrend das Frauengesundheitszentrum bisher Partner für das Gesundheitsamt war. 25 Vgl. Einnahmen, Zuschüsse und Eigenmittel im Haushalt 2007, in: FrauenGesundheitsZentrum für Frauen und Familien: Jahresbericht 2007, S. 21ff. und Brigitte Peterka (2007): Dokumentensammlung: Aufstellung der Anträge auf finanzielle Mittel für diverse Teilprojekte im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim. 13 Im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim wurde dafür ein sogenannter „Innerer Kreis“ und ein „Äußerer Kreis“ geschaffen, die beide regelmäßig tagen. Im „Inneren Kreis“ treffen sich jeweils zwei Personen der Kita und der Familienbildung, im „Äußeren Kreis“ wird das Team durch die Leiterinnen bzw. Geschäftsführerinnen der Vereine und themenbezogen durch andere Fachkräfte ergänzt. Ob Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse klar definiert sind und die Praxis damit für alle Beteiligten im Haus transparent und nachvollziehbar wird, sollte in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Im Kinder- und Familienzentrum ist die Leitungsstelle der Kita mit zwei Personen (30 und 35 Std.) besetzt. Eine der Leiterinnen ist schwerpunktmäßig, mit 20 Stunden, für den Aufbau des Zentrums und damit ganz wesentlich für die Koordinationsaufgaben zuständig. Inzwischen hat es sich als notwendig erwiesen und ist beschlossen worden, eine zusätzliche Verwaltungskraft in Teilzeitarbeit einzustellen. Im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim wurde die Entwicklung der inhaltlichen Arbeit und die Kooperation auch durch gemeinsame Konzeptionstage, Fortbildungen, Zusammenarbeit in AGs zu EECs und Tagungen über Familienzentren sowie durch gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit immer wieder angeregt und unterstützt.26 Besondere Bedeutung für die Koordination dürfte dabei u.a. die Fortbildungen zur „Organisationsentwicklung“ einnehmen. 27 Ohne hier auf die Vor- und möglichen Nachteile einer doppelten Leitung im Kita-Bereich eingehen zu wollen, wird klar, dass die Kita deutlich hierarchisch strukturiert ist: Träger, Leitung mit gewissen Entscheidungs- und Vorgesetztenkompetenzen und pädagogische Fachkräfte. Der Vorteil davon ist, dass die Leitungskräfte mit transparenten Funktionen dem Partner gegenübertreten können. Eine entsprechende Struktur ist beim Frauengesundheitszentrum nicht vorhanden, sodass die agierende Leitung sich faktisch in einer schwächeren Position befindet. Wie sich dieses auf Kooperationsprozesse auswirken kann, sollte evaluiert werden. Zu befürchten wäre, dass die Kooperation langfristig darunter leiden könnte, vor allem wenn der Enthusiasmus der ersten Aufbauphase abnimmt oder Personalwechsel in beiden Kooperationsteams stattfinden. 26 Vgl. Fortbildungen und Vernetzungsveranstaltungen. In: Kinder- und Familienzentrum Fechenheim (2008): Tätigkeitsbericht vom 08 / 2006 - 03 / 2008 für die Stadt Frankfurt am Main, S. 16 ff. und FrauenGesundheitsZentrum für Frauen und Familien (2008): Jahresbericht 2007, S. 24. 27 Vgl. Iris Fiedler (2007): Dokumente IF 2 und 3; Nasaria Makey (2007): Dokumente NM 1 und 5 14 Organigramm 1 Angebote des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim (Konzeption nach dem EEC) Kinder- und Familienzenrum Fechenheim - Konzept nach EEC Frauengesundheitszentrum für Frauen und Familien Sozialpädagogischer Verein für Familienergänzende Erziehung Familienbildung Kindertagesstätte Kurse Offene Angebote Einzelberatung Kooperationen Tagesbetreuung Weitere Angebote Geburtsvorbereitung Spielcafé Allg. Lebensberatung VHS-Deutschkurse 12 Krabbelkinder Orientalisches Café Sitzen mit Semiray Rückbildung, Neufindung Frauencafé Sozialberatung TGS Gymnastik 66 Kindergartenkinder auch m. Sonderbedarf Bibliothek mit Vorlesepaten Fabelkurse Themenelternabend i Schwangerenberatung (SSK) Familienplanung "Runder Tisch" Fechenheim 22 Hortkinder Sprachförderung Babymassage Café spezial Hebammensprechstunde Kindertagespflege Wasserwerkstatt Starke Eltern starke Kinder Vätergruppe Erweiterte Vor-/Nachsorge Familienhebamme Kübelstiftung Projekte Musikgarten Bauchtanz BHF-Banl-Stiftung Yoga Elisabethenstiftung Ausbildung von ErzieherInnen Wellness am Wochenende Grundschule Hess. Bildungsplan Zwillingstreff Stadtteil AG's Zusammenfassend kann gesagt werden, dass für die Entwicklung des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim im Prinzip eine gute Ausgangslage bestanden hat bzw. besteht, auch wenn bei der Verteilung der Zuschüsse und in den unterschiedlichen Strukturen der Vereine Ungleichheiten bestehen. Gleichwohl konnten beide Vereine zusätzliche personale Stunden einsetzen und so ein Angebot mit innovativem Charakter in einem neuen Haus bereitstellen. Die zusätzliche Leitung für Koordinationsaufgaben ist absolut notwendig und im Falle von Fechenheim ein großer Gewinn für das Gesamtprojekt. Ihre besondere Aufgabe besteht darin, die Interessen beider Vereine in der Planung zusammenzuführen und gleichzeitig strikt adressatenorientiert zu bleiben. Wenn abschließend beurteilt werden soll, was die Qualität von Eltern-Kind-Zentren ausmacht, so haben wir mit unserer Beschreibung der Praxis im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim veranschaulichen können, wie pädagogische Fachkräfte und Eltern gemeinsam Bildungsprozesse von Kindern begleiten können. Zudem hat die Orientierung an der Lage von Familien, die mit erheblichen Risikofaktoren in Fechenheim leben müssen, zu Angeboten geführt, die ihnen Bildungsmöglichkeiten eröffnen, sie in ihrer Elternkompetenz stärken und ihre Chancen für eine Erwerbstätigkeit vergrößern. 15 An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Evaluation der internen personellen Entwicklung sowie der Koordinations- und Netzwerkarbeit in der zweiten Phase der Evaluation vorgesehen ist und hier nicht ausführlich behandelt werden kann. Zu B. Welche Gründe haben die Eltern mit Migrationshintergrund im Stadtteil Fechenheim motiviert, ihr Kind im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim anzumelden? Die hohe Anmeldequote von Kindern, deren Eltern einen Migrationshintergrund haben, steht im Mittelpunkt. Anhand von sechs Hypothesen soll evaluiert werden, welche Gründe die Eltern motiviert haben, ihr Kind im Kinder- und Familienzentrum anzumelden. Die Eröffnung eines Kinder- und Familienzentrums in Fechenheim zu präferieren, war von Seiten des des Stadtschulamtes in Frankfurt am Main nicht nur mit der Erwartung verbunden, dass der Bedarf an Hort- und Kindergartenplätzen für den Schulbezirk Freiligrathschule gedeckt werden würde, sondern auch dass im Quartier Fechenheim „der Kitabesuch ab dem Alter von drei Jahren für Mädchen und Jungen selbstverständlich wird.“28 Das schien bis dahin nicht gegeben zu sein, denn in diversen Schriftstücken gibt es Hinweise darauf, dass zwar viele Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren in Fechenheim wohnen, sich das aber nicht in der Belegung der Betreuungsplätze bestehender Kitas widerspiegelt. Der ehemalige Quartiersmanager sprach sogar von den „verlorenen“ Kindern und führte mit Studierenden der Fachhochschule Frankfurt am Main eine Untersuchung durch, um die Kinder aufzuspüren29. Die Vermutung war, dass viele Familien in Fechenheim, vor allem mit Migrationshintergrund ihre Kinder im Vorschulalter vorrangig Zuhause betreuen, was auf einen generellen Vorbehalt von Einwanderungsfamilien gegen die öffentliche außerfamiliäre Tagesbetreuung hinweisen könnte.30 Das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim war ab Anfang 2007 bereits voll belegt. 90% der Kinder kamen aus Familien mit Migrationshintergrund. Die Gründe herauszufinden, was diese Eltern motiviert hat, ihre Kinder im Kinder- und Familienzentrum anzumelden, kann bedeuten, bisherige Hinderungsgründe oder Erwartungen dieser Elterngruppe an die öffentliche Erziehung herauszufinden. Diese Klärung ist auch notwendig, wenn das Ziel erreicht werden soll, allen Kindern im Vorschulalter die Entwicklungs- und Bildungsmöglichkeiten des Kindergartens einzuräumen. Im Folgenden werden sechs nahe liegende Hypothesen überprüft, die Aufschluss über die Gründe geben sollen, welche die Eltern (mit Migrationshintergrund) bewogen haben könnten, ihre Kinder in der Kita anzumelden. => Hypothese 1: Die Eröffnung des Kinder- und Familienzentrums hat den Mangel an Betreuungsplätzen behoben, so dass alle Kinder zwischen 3 und 6 Jahren, auch aus Familien mit Migrationshintergrund, einen Platz bekommen konnten. => Hypothese 2: Das bestehende Defizit an Betreuungsmöglichkeiten in Kitas nichtchristlicher Trägerschaft wird gedeckt. 28 Brief des Stadtschulamts an den Jugendhilfeausschuss und den Fachausschuss Kinderbetreuung vom 13.01.2006 29 Telefongespräch vom 19.05.2008 30 Diese Vermutung taucht auch in anderen Studien auf (Gaitanides 2007). Allerdings sagt Gaitanides auch, dass sich diesbezüglich eine Einstellungsänderung bei Migrantenfamilien abzuzeichnen beginnt vgl. ebenda, S. 18 16 => Hypothese 3: „Brücken- oder Schlüsselpersonen“ haben das Vertrauen der Eltern besonders gefördert und damit die Anmeldung unterstützt. => Hypothese 4: Personelle Besetzung mit MigrantInnen (systematische, interkulturelle Personalentwicklung) haben die Anmeldungen gefördert. => Hypothese 5: Die Konzeption der Einrichtung nimmt offensiv Bezug auf interkulturelle und vorurteilsbewusste Arbeit. => Hypothese 6: Die ganzheitliche Sichtweise von Familienbedürfnissen, die sich in der Arbeit der Kita und der Familienbildung niederschlagen, haben die hohe Anmeldequote unterstützt. Hypothese 1 Die Eröffnung des Kinder- und Familienzentrums hat den Mangel an Betreuungsplätzen behoben, so dass alle Kinder zwischen 3 und 6 Jahren, auch aus Familien mit Migrationshintergrund einen Platz bekommen konnten. Das Stadtschulamt Frankfurt war davon ausgegangen, dass die Betreuungsquote/im Schulbezirk der Freiligrath-Schule lediglich bei 79% lag und damit kein ausreichendes Angebot an Kita-Plätzen im diesem Schulbezirk vorhanden war. Deshalb wurde dort eine neue Kita geplant. Tatsächlich gab es vor der Eröffnung des Kinder- und Familienzentrums einen Versorgungsgrad - für Kinder unter drei Jahren von 4,4% - für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren von 71%31 - für Schulkinder unter 10 Jahren ungefähr von 20,5%32. Die 100 Tagesbetreuungsplätze des Kinder- und Familienzentrums erweiterten den Versorgungsgrad für alle Altersstufen von einem Jahr bis zu zehn Jahren und verteilen sich wie folgt: - 12 Plätze für Kinder unter drei Jahren - 66 Plätze für Kinder im Kindergartenalter - einschließlich 2 Integrationskinder - 22 Plätze für Kinder im Grundschulalter bis unter 10 Jahren33. Damit stieg die Betreuungsrate - für Kinder unter drei Jahren auf 6,5% - für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren auf 100% - für Schulkinder unter 10 Jahren ungefähr auf 23,8%. Insofern kann gesagt werden, dass für die Familien mit Kindern im Kindergartenalter im Stadtteil Fechenheim erst mit der Eröffnung der Kinder- und Familienzentrums die Voraussetzung geschaffen wurde, alle Kinder anzumelden34. Wenn in den anderen Einrichtungen vorher alle Plätze belegt waren, kann die Hypothese vordergründig als verifiziert angesehen werden. Sie wird auch durch die Ergebnisse der schriftlichen Elternbefragung untermauert. In einer ersten Teilauswertung sagen 30 von 43 Eltern, dass der Grund für die Anmeldung ihres Kindes war, dass sie sofort einen Betreuungsplatz bekamen, und 27 von 43 geben an, dass der Ganztagsplatz für sie ein wichtiger Grund für die Anmeldung darstellte. Für 21 Familien sind beide Faktoren für die Anmeldung relevant gewesen. 31 Tatsächlich gab es vor der Eröffnung des Kinder- und Familienzentrums für 650 Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren 462 Kindergartenplätze, das entspricht einem Versorgungsgrad von 71% (eigene Recherche). 32 Zahlen auf der Grundlage der Altersstruktur von 2005. Aus: Frankfurter Statistische Berichte 2/3 2006, S. 86 33 Für alle drei Altersgruppen (Krippen-, Kiga- und Hortkinder) gibt es mittlerweile Wartelisten von jeweils ca. 30 Kindern (Stand 2.04.08), Vgl. Kinder- und Familienzentrum Fechenheim (2008): Tätigkeitsbericht vom 08 / 2006 - 03 / 2008 für die Stadt Frankfurt am Main, S. 5 34 Für Kinder unter drei und über sechs Jahren besteht der Mangel an Betreuungsplätze auch heute noch. 17 Was außerdem eine Rolle gespielt haben könnte, aber in keiner Hypothese auftaucht, ist die die Information der Kita-Leiterinnen, dass sie die Eltern beim Aufnahmegespräch darüber aufklären mussten, dass sie den Elternbeitrag für die Betreuung ihres Kindes bei geringem Verdienst oder Arbeitslosigkeit von der WiJu bezahlt bekommen. Vor der Eröffnung des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim war von den christlichen Einrichtungen gemutmaßt worden, dass eine neue Einrichtung nicht gebraucht würde oder sogar die eigene Einrichtung gefährden könnte. Letzteres hat sich insofern bewahrheitet, als in der katholischen Einrichtung eine Gruppe geschlossen werden musste. Es ist also zu fragen, warum es freie Plätze in den anderen Einrichtungen gibt, während das Kinder- und Familienzentrum für alle Altersgruppen Wartelisten hat. Obwohl verschiedene Gründe dafür verantwortlich sein können, soll mit der nächsten Hypothese die christliche Trägerschaft in den Fokus gerückt werden. Hypothese 2 Mit der Eröffnung der Kinder- und Familienzentrums wird das bestehende Defizit an Betreuungsmöglichkeiten in Kitas nicht-christlicher Trägerschaft gedeckt. Ein Grund, weshalb das Kinder- und Familienzentrum besonders von Familien mit Migrationshintergrund, und davon zu 50% mit türkischem und zu 8% von arabischem Migrationshintergund, gewählt wurde, kann ihre nicht-christliche Trägerschaft sein. Um Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, müsste die Verteilung der Kinder mit Migrationshintergrund in den anderen – den christlichen und den kommunalen Einrichtungen erforscht werden. Jedoch liegen diese Zahlen noch nicht vor. Dennoch gibt es eine gewisse Plausibilität für dieses Argument. Denn von den Tagesbetreuungsplätzen für drei- bis sechsjährige Kinder waren vor der Eröffnung des Kinder- und Familienzentrums 76,6% der Plätze im Stadtteil Fechenheim unter christlicher Trägerschaft, was die pädagogischen MitarbeiterInnen verpflichtet, christliche Werte zu vermitteln. Betrachtet man sich die Religionszugehörigkeit der Menschen im Stadtteil Fechenheim, so wird eine gewisse Diskrepanz sichtbar, denn lediglich 45,5% der BewohnerInnen sind christlichen Glaubens. Alle anderen gehören – jedenfalls nach statistischen Angaben – keiner Kirche an oder haben eine andere Religionszugehörigkeit. Zwar wird man von der Religionszugehörigkeit nicht unbedingt auf die Wahl der Kindertagesstätte schließen können, dennoch kann es für Eltern moslemischen Glaubens ein Hinderungsgrund sein, ihr Kind in einer christlichen Tagesstätte anzumelden. In der Elternbefragung haben wir ausdrücklich danach gefragt, ob die nicht-christliche Trägerschaft des Kinder- und Familienzentrums für Eltern neben anderen Gründen wichtig war, ihr Kind anzumelden. Nur 10 von 43 Eltern haben diesen Faktor angekreuzt, 20 gaben ausdrücklich an, dass das nicht wichtig für sie sei, 13 machten keine Angabe zu dieser Frage. Von den 10 Eltern, denen es wichtig war, dass die Kita einen nicht-christlichen Träger hatte, hatten 7 Eltern einen Migrationshintergrund. Für 9 Eltern, die die nicht-christliche Trägerschaft als wichtigen Grund angekreuzt haben, war ebenfalls wichtig, dass sie sofort einen Platz bekamen. Da die Abfrage der Gründe für die Anmeldung der Kinder keine Prioritätenliste verlangt hat, ist nicht einschätzbar, welchen Stellenwert die nicht-christliche Trägerschaft für die insgesamt 10 Eltern tatsächlich hat. So muss gesagt werden, dass die Hypothese nicht verifizierbar ist. Hypothese 3 „Brücken- oder Schlüsselpersonen“ haben das Vertrauen der Eltern besonders gefördert und damit die Anmeldung unterstützt. 18 Von Anfang an haben beide gemeinnützige Vereine, die die Arbeit im Kinder- und Familienzentrum tragen, Verbindungen zur (türkischen) Community gesucht. So hat der Sozialpädagogische Verein, der über seine Krabbelstube in Fechenheim Kontakt zu einem türkischen Vater hatte, der gleichzeitig eine inoffizielle Aufsichtsperson auf dem Spielplatz war und noch ist, diesen Kontakt in der Aufbauphase der Einrichtung genutzt und ihn schließlich sogar als Hausmeister eingestellt. Das Frauengesundheitszentrum hatte eine Mitarbeiterin mit türkischem Hintergrund, die von Anfang an für die Familienbildungsarbeit in Fechenheim vorgesehen war und guten Kontakt zur örtlichen Moschee aufbauen konnte und so Schlüsselpersonen im Stadtteil aktivierte sowie selbst zur Schlüsselperson wurde. Sozialraumanalysen zeigen, dass Schlüsselpersonen eine vertrauensbildende Funktion haben können, wenn sie zu kontinuierlichen Kontaktpersonen werden und damit die Brücke schlagen zwischen Familien im Stadtteil und der neuen Institution, hier zum Kinder- und Familienzentrum Fechenheim. Das kann sich dahingehend auswirken, dass Eltern in ihrer Entscheidung, ihr Kind in der Kita anzumelden oder Angebote der Familienbildung zu besuchen konkret beeinflusst bzw. unterstützt wurden. Den Pfad der Entscheidung für die Anmeldung in der Kita im Einzelfall durch qualitative Interviews herauszufinden, wäre in diesem Zusammenhang besonders interessant gewesen, konnte aber noch nicht umgesetzt werden. Hinweise darauf, dass die genannten türkischen Schlüsselpersonen dennoch eine wichtige Rolle gespielt haben, zeigen die Ergebnisse einer „kleinen Befragung“ von BesucherInnen in der Familienbildungsstätte. Von 21 Befragten haben 7 Personen angegeben, dass sie über „bestimmte Personen“ von den Angeboten im Kinder- und Familienzentrum erfahren haben. Dabei wurden mehrfach die Namen der Schlüsselpersonen unaufgefordert hinzugefügt.35 Wiederum einschränkend muss an dieser Stelle gesagt werden, dass diese Überlegungen sich ausschließlich auf türkische und arabische Familien beziehen. Hypothese 4 Personelle Besetzung auch mit MigrantInnen Personalentwicklung) haben die Anmeldungen befördert. (systematische, interkulturelle Interkulturelle Konzeptionen müssen sich daran messen lassen, ob eine systematische multikulturelle Besetzung des Personals bis zur Leitungsposition realisiert wurde. Diese strukturelle Grundlage, also die praktizierte Gleichrangigkeit von pädagogisch qualifizierten Personen ohne und mit Migrationshintergrund ist die Voraussetzung dafür, dass interkulturelle Auseinandersetzungen im professionellen Team und mit Kindern und Eltern zum Alltag gehören und reflektiert werden können. Darüber hinaus ist nur über die Festanstellung von MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund die Kontinuität der Kontakte zu den MigrantInnen im Stadtteil und der nachhaltigen Implementierung einer interkulturellen Konzeption möglich. Im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim wurden für den Kita-Bereich drei pädagogische MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund eingestellt, darunter auch eine der Leiterinnen36. Hinzu kamen der Hausmeister, die Hauswirtschafts- und eine Reinigungskraft, die nicht nur die Positionen von MigrantInnen unter den MitarbeiterInnen stärken, sondern auch als kontinuierliche Kontaktpersonen zum Stadtteil fungieren können. Ob die Beschäftigung von MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund für Eltern relevant war, ihr Kind in der Kita anzumelden, wurde ebenfalls im Elternfragebogen erhoben. Die 35 Im Gespräch mit einer der „Schlüsselpersonen“ wurde diese Bezüge bestätigt; vgl. auch Semiray Altuner (2007) : Dokumente SA 4, 5, 6 sowie Protokolle SA 15 und 16 36 Interview mit der Geschäftsführerin des Sozialpädagogischen Vereins für familienergänzende Erziehung e.V. am 29.01.08 19 Ergebnisse zeigen, dass es von 43 Eltern nur 7 wichtig fanden, dass MigrantInnen zum Team der Einrichtung gehören, 22 war dies „nicht wichtig“ und 14 machten keine Angabe. Oberflächlich gesehen, scheinen wir es hier vorrangig mit einem professionellen Kriterium für die personelle Besetzung von Betreuungseinrichtungen wie das Kinder- und Familienzentrum zu tun zu haben. Da gleichzeitig aber im Alltag reger Gebrauch davon gemacht wird, mit den Mitarbeiterinnen türkischen Migrationshintergrunds zu sprechen und auch andere Sprachen im Austausch der Eltern unter einander eine wichtige Rolle spielen, kann diese Hypothese offensichtlich allein mit dem Fragebogen nicht beantwortet werden. Statt dessen ist zu reflektieren, an welchen Stellen Eltern mit Migrationshintergrund die Vorteile einer pädagogischen Fachkraft erfahren, die in der Lage ist, mit ihnen in ihrer Muttersprache zu sprechen. Möglicherweise beurteilen Eltern das für sich anders als für ihre Kinder und auch möglicherweise unterschiedlich je nach den verschiedenen Phasen ihrer Zugehörigkeit zur Einrichtung. So haben Eltern mir im Elterncafé spontan erzählt, dass sie es für die Kinder in der Eingewöhnungsphase gut fanden, dass sie jemand verstanden hat. Gleichzeitig haben sie immer wieder vehement gefordert, dass die Erzieherinnen ausschließlich Deutsch mit den Kindern und in der Kindergruppe sprechen sollten. Hypothese 5 Die Konzeption der Einrichtung nimmt offensiv Bezug auf interkulturelle und vorurteilsbewusste Arbeit. Ob die Überlegung der Hypothese 5 eine Rolle für Eltern, die zu 90% einen Migrationshintergrund haben, gespielt hat, ihr Kind in der Einrichtung anzumelden, ist nicht leicht zu beantworten. Als erstes muss erforscht werden, ob die Eltern die Konzeption vor der Anmeldung kannten. In einem zweiten Schritt ist zu fragen, ob ihnen Kriterien, die auf eine interkulturelle und vorurteilsbewusste Arbeit hinweisen, bekannt waren. Erst dann, in einem dritten Schritt lassen sich die Antworten in der schriftlichen Befragung der Eltern beurteilen. Erstens: Das Kinder- und Familienzentrum hat noch keine schriftliche Konzeption, aber von Anfang an einen Flyer gehabt, der über die Einrichtung informiert und auch auf „Grundsätze der interkulturellen Arbeit“ hinweist. Darüber hinaus wurde im Interview mit den Leitungskräften deutlich, dass die Familien beim Anmeldegespräch in wichtige Aspekte der Konzeption eingeführt wurden. Ob alle Grundsätze der interkulturellen Arbeit dabei diskutiert wurden, muss offen bleiben. Immerhin sagen 24 von 43 Eltern, dass ihnen die Konzeption der Einrichtung vor der Anmeldung erklärt wurde, 5 sagen, dass das nicht zutrifft, 9 meinen, sie wüssten es nicht mehr und 5 machten keine Angabe zu dieser Frage. Gut die Hälfte der Eltern erinnert sich an eine Einführung, so dass anzunehmen ist, dass es gängige Praxis bei der Anmeldung war, konzeptionelle Gesichtspunkte anzusprechen37. Das wird durch die Leiterinnen bestätigt. Insofern kann bejaht werden, dass die Familien in Fechenheim sich über die konzeptionelle Ausrichtung der Einrichtung kundig machen konnten. Zweitens: Der Flyer gibt Kriterien an, was unter den „Grundsätzen interkultureller Arbeit“ verstanden wird. Dazu werden - kulturelle Vielfalt in der Arbeit, - MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund, die sich als KulturvermittlerInnen und Lernende zugleich verstehen, - respektieren und berücksichtigen der Familienkultur im pädagogischen Alltag und 37 Makey 2007, Kurze Auswertung von Anmeldegesprächen. Dokument NM 2) 20 - fördern von Kinder, die mit verschiedenen Sprachen aufwachsen sowie Sprachförderung im Alltagslernen und in gezielter Kleingruppenarbeit“38 angeführt. Zudem kann der Fragebogen an die Eltern, der die Kriterien in ähnlichen Stichworten wieder gibt, an den Flyer oder an das Anmeldegespräch erinnern. Wenden wir uns drittens den Antworten entsprechend der Rangreihe zu, die den Eltern „sehr wichtig“ waren: III. Damit mein Kind sich gut entwickeln kann, sollen die pädagogischen Fachkräfte pädagogisch eingreifen, wenn mein Kind mit Vorurteilen belastet wird über gesundes Essen und kulturelle Essensvorschriften mit Kindern reden die verschiedenen Muttersprachen und kulturellen Traditionen der Kinder im Alltag einbeziehen Sehr wichtig WeniKeine Nicht ger Angawichtig wichtig be 34 5 - 4 27 10 3 3 11 14 10 8 Bei der Beantwortung mit dem interkulturellen Konzept verbundenen Fragen zeigt sich, dass von 43 Eltern es 34 „sehr wichtig“ und 5 „weniger wichtig“ fanden, sich mit Vorurteilen bewusst auseinanderzusetzen und ihre Kinder nicht allein damit zu lassen. Auch in den Dialog über gesundes Essen und kulturelle Essensgewohnheiten mit Kindern zu gehen, traf bei den Eltern auf relativ große Zustimmung. Die Einbeziehung der verschiedenen Muttersprachen und kulturellen Traditionen der Kinder im Alltag fanden von 43 Eltern 10 „sehr wichtig“, 14 „weniger wichtig“, 10 „nicht wichtig“ und 8 Eltern machten dazu keine Angabe. Zunächst kann man eine Diskrepanz zwischen den Ergebnissen auf die drei oben gestellten. Fragen feststellen. Zu erwarten wäre, dass alle drei Fragen unter der Überschrift „Interkulturelle und vorteilsbewusste Arbeit“ zusammengefasst werden und dann ähnliche Ergebnisse erbringen müssten. Statt dessen fällt auf, dass gerade die dritte, welche die kulturelle Vielfalt anspricht, den Eltern weniger bedeutsam zu sein scheint als man hätte vermuten können. Wenn die Ausgangshypothese war, dass Eltern ihre Kinder in dem Kinder- und Familienzentrum angemeldet haben, weil die Konzeption der Einrichtung offensiv Bezug auf interkulturelle und vorurteilsbewusste Arbeit nimmt, dann können wir feststellen, dass weit über die Hälfte der Eltern, die den Fragebogen beantwortet haben, die interkulturellen Elemente in der Konzeption „sehr wichtig“ finden39. Zusammen mit der Aussage der Eltern, dass ihnen die Konzeption für die Anmeldung ihrer Kinder wichtig war40, war einem Großteil auch die interkulturelle Ausrichtung unter verschiedenen Facetten sehr wichtig. Damit kann die Hypothese 5 in hohem Maße als verifiziert gelten. Hypothese 6 38 Flyer Ausgabe 1 Korrelationen zwischen päd. Konzeption war Anmeldegrund und „über gesundes Essen und kulturelle Essensvorschriften reden“ sowie „pädagogisch eingreifen, wenn mein Kind mit Vorurteilen belastet wird“ gab es 17x, nimmt man jedoch die Vielfalt noch auf („die verschiedenen Muttersprachen und kulturellen Traditionen der Kinder im Alltag einbeziehen“) hinzu, dann gibt es lediglich 4x eine Korrelation in den angekreuzten Merkmalen. 40 Darüber hinaus haben 26 von 40 Eltern angekreuzt, dass ihnen „die pädagogische Konzeption“ „wichtig“ für die Anmeldung ihres Kindes war, zwei haben sie für die Anmeldung nicht wichtig gefunden, 11 haben keine Angabe dazu gemacht. 39 21 Die ganzheitliche Sichtweise von Familienbedürfnissen, die sich in der Arbeit der Kita und der Familienbildung niederschlagen, haben die hohe Anmeldequote unterstützt. Eine ganzheitliche Sichtweise auf die Familie ist das Markenzeichen von Kinder- und Familienzentren, wie die Ausführungen unter A bereits erkennen lassen. Konkret heißt das, dass sowohl die Betreuung der Kinder als auch die Bedürfnisse der Erwachsenen im Mittelpunkt stehen. Eltern, die ihr Kind im Kinder- und Familienzentrum angemeldet haben oder anmelden, konnten von Anfang an wahrnehmen, dass Eltern in der Kita eigene Treffpunkte hatten und erfuhren zusätzlich aus dem Flyer, welche Angebote für Erwachsene im Stadtteil außerdem noch geplant sind. Zwar waren die Räume für die Familienbildung anfangs nicht da, dennoch suchten alle MitarbeiterInnen beider Vereine von Anfang an zu den Eltern aktiv Kontakt und diskutierten mit ihnen über ihre Bedürfnisse. Die Leitlinie für alle MitarbeiterInnen war, eine wertschätzende Haltung gegenüber den Eltern einzunehmen, weil die Qualität der Beziehungen zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern als das tragende Element eingeschätzt wird und wichtiger ist als die einzelnen Aktivitäten. Bezüglich der Hypothese 6 können wir keine Ergebnisse der Elternbefragung nutzen. Die ganzheitliche Sichtweise von Familienbedürfnissen, wie sie sich heute im „Programm“ des Kinder- und Familienzentrums wieder findet, und sich vielleicht auch den Eltern vermittelt, konnte für die Anmeldung ihrer Kinder noch keine Bedeutung haben, sie war erst geplant und noch nicht umgesetzt. Allenfalls konnte die in den Begegnungen mit den MitarbeiterInnen vermittelte Atmosphäre den Eltern signalisieren, dass in dieser Einrichtung etwas anders ist als in anderen Kitas. Abschließend muss festgestellt werden, dass die Hypothese 6 nicht bewertet werden kann, sondern offen bleiben muss. Sie wäre nur erforschbar, wenn zusätzliche spezifische Fragestellungen in den Elternfragebogen aufgenommen worden wären. Das war aber nicht der Fall. Wenn abschließend gefragt wird, welche Gründe Eltern mit Mitgrationshintergrund motiviert haben, ihr Kind im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim anzumelden, steht die Chance, „endlich einen (Ganztags)Platz zu bekommen“ gemäß der Teilauswertung der Elternfragebögen an erster Stelle. An zweiter Stelle war den Eltern die Konzeption der Einrichtung „wichtig“, verbunden damit waren Elemente von interkulturellen Grundsätzen in der Arbeit der Kita41. Auch Gaitanides (2007, 119) stellt in seiner Untersuchung anhand von Interviews mit Migrantinnen fest, wie wichtig ihnen eine vorurteilsbewusste Erziehung und ein interkultureller Ansatz in der Pädagogik ist. Zu C. Welche Erziehungswünsche haben die Eltern der Kita an die Einrichtung? Sind die Betreuungsangebote für die Eltern zeitlich ausreichend oder gibt es zusätzliche Betreuungsbedarfe? Welche Angebote der Familienbildung wünschen sie sich? Wie nehmen die Eltern ihre Beteiligungsmöglichkeiten wahr? Die Familienfreundlichkeit des Kinder- und Familienzentrums und die Partizipationsmöglichkeiten von Eltern in der Einrichtung sind charakteristische Merkmale von Early41 Nur eine andere Antwort steht noch über den genannten Gründen: 38 von 43 Eltern sagen, dass sie ihr Kind angemeldet haben, weil „die Räume sauber, gut gepflegt, hell und ansprechend ausgestattet sind“. Da ich das aber ähnlich wie „ für Gesundheit und Sicherheit sorgen“ als Grundvoraussetzung für eine Kindertagesbetreuung hatte, sozusagen für eine Selbstverständlichkeit, wird sie nicht in Konkurrenz zu den anderen gestellt. 22 Excellence-Centres. Insofern soll erhoben werden, ob die Qualitätsmerkmale der Einrichtung mit den Erziehungsvorstellungen der Eltern zusammen passen und ob das zeitliche Ausmaß der Betreuung den Wünschen der Eltern entsprechen. Darüber hinaus werden die Wünsche nach Veranstaltungen für die Eltern, allein und zusammen mit ihren Kindern, abgefragt. Schließlich soll die Zufriedenheit der Eltern über ihre bisherige Beteiligung im Kinder- und Familienzentrum überprüft werden. Eine daraus abzuleitende Bedarfsanalyse für Angebote der Familienbildung und für die Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder in der Kita werden die aktuelle Planung des Kinder- und Familienzentrums bestimmen. Welche Erziehungswünsche haben die Eltern der Kita an die Einrichtung? Um diese Frage beantworten zu können, wurden die Eltern schriftlich danach gefragt, was pädagogische Fachkräfte in der Kita tun sollen, „damit sich mein Kind gut entwickeln kann“. 14 pädagogische Qualitätsmerkmale standen zur Auswahl und sollten nach „sehr wichtig“, „weniger wichtig“ und „nicht wichtig“ kategorisiert werden. Darüber hinaus konnten weitere Erziehungsvorstellungen in offener Formulierung angegeben werden. Da die Eltern in Gesprächen mit mir immer wieder das Erlernen der deutschen Sprache thematisierten, wurden sie gefragt, wie sie als Eltern glauben, dass ihr Kind die deutsche Sprache gut lernen könne. Da anzunehmen war, dass die offene Formulierung solcher Vorstellungen in einer fremden Sprache schwierig ist - und um an dieser Stelle keine Barrieren zu schaffen, sich zu äußern -, konnten die Eltern ihre Wünsche und Vorstellungen auch in ihrer Muttersprache verfassen. Schauen wir uns die Ergebnisse an: Ausgewertet werden konnten 43 Fragebögen von Eltern, deren 51 Kinder ins Kinder- und Familienzentrum gehen. Sie repräsentieren etwas mehr als die Hälfte der Elternschaft, denn 80 Eltern haben zur Zeit 98 Kinder in der Kita. Der Fragebogen wurde von 37 Müttern und 6 Vätern ausgefüllt. Wie viele Eltern, die den Fragebogen ausgefüllt haben, einen Migrationshintergrund haben, ist nicht leicht zu beantworten, da zu dieser Frage häufiger - vor allem von den Vätern - keine Angaben gemacht wurden. Wenn aber die Antworten der Frauen kombiniert mit der Antwort zur Familiensprache als Grundlage für den Migrationshintergrund verwendet werden, können wir davon ausgehen, dass 7 Fragebogen mit deutsch-deutscher Partnerschaften als Hintergrund und 33 Fragebögen mit Partnerschaften, in denen mindestens ein Elternteil seine Wurzeln im Ausland hat, ausgefüllt wurden. Drei Fragebögen konnten nicht zugeordnet werden. Damit sind die Eltern mit Migrationshintergrund in unserer Auswertung im Vergleich zu ihrem Anteil in der Kita geringer repräsentiert (76,7% : 90,0%) als die Deutschen im Verhältnis zu ihrem gesamten Anteil in der Kita (16,3% : 10,0%)42. Im Folgenden werden die Antworten der Eltern bzgl. der Kita-Pädagogik entsprechend der Rangreihe, die den Eltern „sehr wichtig“ war, aufgelistet. III. Damit mein Kind sich gut entwickeln kann, sollen die pädagogischen Fachkräfte Sehr wichtig 1. auf die Gesundheit und Sicherheit meines Kindes achten 2. die Fähigkeiten/Interessen meines Kindes erkennen und unterstützen 3. Selbständigkeit bei den Kindern von Anfang an unterstützen 4. mit uns Eltern regelmäßig über die Entwicklung unseres Kindes sprechen 42 WeniNicht ger wichtig wichtig Keine Angabe 42 1 0 0 39 0 0 4 39 1 0 3 36 4 0 3 Die fehlenden 7% sind die Fragebögen, die nicht zugeordnet werden konnten. 23 5. mein Kind in der Kita auf vielen Gebieten fördern, z.B. mathematisch, technisch, sprachlich, musikalisch, künstlerisch 6. gut auf die Einschulung vorbereiten / bei den Hausaufgaben helfen 7. pädagogisch eingreifen, wenn mein Kind mit Vorurteilen belastet wird 8. einen regelmäßigen Tagesablauf organisieren 9. mit den Kindern Projekte durchführen 10. die Kinder mitbestimmen lassen 11. die deutsche Sprache in allen Gruppen kindgemäß vermitteln 12. über gesundes Essen und kulturelle Essensvorschriften mit Kindern reden 13. die Lebenssituation der Kinder und Familien kennen 14. die verschiedenen Muttersprachen und kulturellen Traditionen der Kinder im Alltag einbeziehen 36 2 3 2 36 1 1 5 34 5 0 4 33 3 0 7 32 4 1 6 31 7 0 5 30 6 1 6 27 10 3 3 22 13 3 5 11 14 10 8 Die Ergebnisse verdeutlichen, dass so gut wie allen Eltern die Gesundheit und Sicherheit ihrer Kinder „sehr wichtig“ ist, was als Grundvoraussetzung jeder Betreuung angesehen werden muss. Der 2., der 4. und der 5. Platz in der Rangreihe können in gewisser Abhängigkeit von einander betrachtet werden, denn sie lassen erkennen, dass die Eltern der individuellen Förderung und dem breit gefächerten Bildungsangebot für ihr Kind einen großen Stellenwert einräumen. Auch finden die Eltern es „sehr wichtig“, sich mit den ErzieherInnen darüber regelmäßig austauschen. Bezogen auf die Antworten dieses Fragebogens kann gesagt werden, dass die Eltern - ganz überwiegend mit Migrationshintergrund - sich damit an der „deutschen“ Erziehungskultur orientieren, die die individuelle Leistung und die Förderung spezifischer Interesse einzelner Kinder präferiert. Dass die Eltern der Selbständigkeitserziehung ihrer Kinder an den dritthöchsten Platz setzen, unterstützt diese Sichtweise. War Gaitanides (2007, 18) in seiner Untersuchung über die Erziehungswerte von MigrantInnen noch von „einer geringeren Betonung der Selbständigkeitserziehung in Migrantenfamilien“ ausgegangen, so zeigen die oben wieder gegebenen Ergebnisse auch hier eine deutliche Annäherung an westliche Erziehungswerte. Das bedeutet, dass die erfolgreiche Einschulung als wichtiges Zwischenziel verstanden werden kann. Überraschend an den Ergebnissen ist, dass die „kindgemäße Vermittlung der deutschen Sprache“ keinen höheren Rang bekommen hat, wie das aufgrund von Diskussionen mit türkischen, arabischen und chinesischen Eltern zu erwarten gewesen wäre. Im Gesamtkontext verschiedener Erziehungsvorstellungen haben die Eltern der vielseitigen Bildung ihres Kindes den Vorrang gegeben. Das bedeutet aber nicht, dass ihnen die Sprachförderung unwichtig ist. Immerhin haben 29 von 43 Eltern die kindgemäße Vermittlung der deutschen Sprache als „sehr wichtig“ markiert. Darüber hinaus haben 18 von 43 Eltern bei der offenen Frage zu diesem pädagogischen Merkmal Vorschläge gemacht, wie sie glauben, dass ihr Kind am besten Deutsch lernen kann, davon einige in ihrer Muttersprache. Wie „mein Kind gut Deutsch lernen kann“, sagen die Eltern: - Nur Deutsch reden (5x), dann reicht das - Kontakt mir anderen Kindern - Viel sprechen und singen - Vom Spielen - Buch vorlesen, Kinder viel erzählen lassen 24 - Kind aufmerksam machen, wenn es Worte, Sätze falsch ausspricht Kind bei falschem Deutsch korrigieren Mit Rollenspielen Erzieherinnen sollen kein Türkisch reden, nur wenn es unbedingt sein muss Sprachförderung. Damit wird deutlich, dass sich die Eltern stark mit dieser Frage beschäftigen und auch differenzierte Vorstellungen dazu entwickelt haben. Die Frage, ob die Kinder in der Kita neben der Muttersprache und Deutsch noch eine andere Sprache lernen sollen, findet eine hohe Resonanz: 42 von 43 Eltern beantworten diese Frage, davon 29 mit „ja“, 13 mit „nein“, nur eine Familie macht dazu keine Angabe. Die hier signalisierte Offenheit für weitere Sprachen scheint im Widerspruch zu den Antworten unter Kategorie 14 zu stehen, zu der nur 11 Eltern angegeben haben, das es ihnen „wichtig“ sei, dass die pädagogischen Fachkräfte „die verschiedenen Muttersprachen und kulturellen Traditionen der Kinder im Alltag einbeziehen“ sollen. 14 Eltern halten dieses pädagogische Verhalten für „weniger wichtig“, 10 Eltern ist es „nicht wichtig“. Aber offensichtlich geht es den Eltern nicht um irgendeine Sprache, sondern um die Englische. Denn 25 Eltern43 möchten, dass ihr Kind in der Kita Englisch lernt, 2 Eltern haben türkisch, ein Elternteil italienisch, ein Elternteil hat keinen spezifischen Sprachwunsch angegeben. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass der Erwerb von Sprachkompetenz bei den befragten Eltern nicht mehr nur in Zusammenhang mit dem Erwerb der deutschen Sprache gesehen wird, sondern im Kontext von Bildung als „Tor zur Welt“. Erfahrungen mit der eigenen Mehrsprachigkeit, Erklärungen der pädagogischen Fachkraft für Sprachförderung sowie öffentliche und durch die Medien transportierte Debatten können in den Antworten der Eltern zum Ausdruck gekommen sein. Darüber hinaus ist es eine interessante Frage, ob das Kinder- und Familienzentrum mit seinen Bildungsangeboten für Eltern und Kinder so etwas wie ein „Anschub in die Moderne“ bedeuten kann. Vorstellbar ist, dass Eltern motiviert werden und ein breiteres Bewusstsein darüber erlangen, welche Rolle Bildung für sie selbst und ihre Kinder in der Gesellschaft, in der sie leben, spielt. Wie in Abschnitt B. ausgeführt, waren den Eltern auch interkulturelle Elemente und antidiskriminierende Interventionen wichtig, auf die ich bereits unter B. Hypothese 5 eingegangen bin. Auf die Frage, ob noch „andere Erziehungsvorstellungen“ bestehen, wurden folgende Aspekte genannt: - Mehr Betreuung auf dem Außengelände - Mehr singen, theaterspielen, basteln - Mehr Ausflüge, um auf Verkehrsgefahren vorzubereiten - Gruppenzusammenhalt intensivieren - Wald/Wiesen erkunden (über Natur u. Tiere lernen) - Vorschulgruppe intensivieren - Vorschulgruppe soll sich häufiger treffen. Zusammenfassend kann gesagt werden: Eltern, die den Fragebogen beantwortet haben, wünschen sich für ihre Kinder vor allem die individuelle breite Förderung in allen Bildungsbereichen. Zudem finden weit über die Hälfte der befragten Eltern den Erwerb der deutschen und vorrangig der englischen Sprache erstrebenswert. 43 Von den Eltern, die wünschen, dass ihre Kinder Englisch lernen, sind 5 deutsch-deutsche Elternpaare und 20 Elternpaare, von denen mindestens ein Elternteil einen Migrationshintergrund hat. 25 Unter dem Vorbehalt, dass bis jetzt nur gut die Hälfte der Eltern aus dem Kinder- und Familienzentrum zu Wort gekommen sind, hinterlassen die Ergebnisse den Eindruck, dass alle Eltern - mit und ohne Migrationshintergrund - sich deutlich an „modernen“ westlichen Erziehungswerten orientieren, welche eine hohe Leistungsfähigkeit in den grundlegenden Bildungsbereichen (z.B. mathematisch, technisch, sprachlich, musikalisch, künstlerisch) fordert, um in der Schule und im Beruf erfolgreich sein zu können. Sind die Betreuungsangebote für die Eltern zeitlich ausreichend oder gibt es zusätzliche Betreuungsbedarfe? Die schriftliche Befragung der Eltern geht ausführlich auf Betreuungsbedarfe, Öffnungszeiten der Kita und auf Betreuungswünsche außerhalb von täglicher Kinderbetreuung ein. Für die Auswertung des Betreuungsbedarfs ist es bedeutsam, in wie vielen Familien beide Eltern oder ein Elternteil erwerbstätig sind und wie hoch der Anteil von Eltern in Elternteilzeit oder von erwerbslosen Eltern ist. Das Diagramm 1 zeigt, was die 43 Eltern zu diesem Fragekomplex angekreuzt haben. Für ¼ der befragten Frauen und für fast die Hälfte der (Ehe-)Männer ist keine Angabe zur Erwerbsarbeit bzw. Arbeitslosigkeit gemacht worden. Das ist die einzige Stelle im Fragebogen, bei der die Beantwortung im hohen Ausmaß verweigert wurde. Möglicherweise sind die Eltern der Meinung, dass es niemanden etwas angehe, welchen Erwerbsstatus sie haben. Dennoch machen auch 29 Frauen/Mütter von 43 Angaben dazu, ob sie erwerbstätig bzw. nicht-erwerbstätig sind. Von den 14 Erwerbstätigen sagen wiederum 10, dass auch ihre Männer einer Erwerbsarbeit nachgehen, wahrend 4 dazu keine Angabe machen. Für diese Familien macht schon die Erwerbstätigkeit beider Eltern eine Kindertagesbetreuung dringend notwendig. Für andere ermöglicht die tägliche Betreuung der Kinder in der Kita, dass sie eine Erwerbstätigkeit überhaupt ins Auge fassen können. Und für wiederum andere ist die Betreuung ihres Kindes im Kinder- und Familienzentrum eine Chance trotz Erwerbslosigkeit in ein soziales Netz aufgenommen zu werden. Über die finanzielle Situation in den Familien können diese Angaben nur vage Hinweise liefern, aber zusammen mit dem hohen Anteil von Eltern, die den Kindergartenbeitrag durch die Wirtschaftliche Jugendhilfe bezahlt bekommen, entsteht der Eindruck, dass das Einkommen der meisten Familien relativ niedrig sein dürfte. Auch vor diesem Hintergrund eröffnen die Angebote für Kinder und Eltern im Kinder- und Familienzentrum zusätzliche Erlebnis- und Lernmöglichkeiten. Letztlich entscheidend ist, was die Eltern in ihrer jeweiligen Lebenslage selbst an Betreuungsbedarfe sehen und durch die Befragung anmelden. Diagramm 1 Erwerbstätigkeit/-losigkeit der Eltern 26 Entscheidend für die Analyse des Betreuungsbedarfs ist die Kernöffnungszeit der Kita. Sie umfasst täglich 9 ½ Stunden, nämlich von 7.30 bis 17.00 Uhr. Damit „sehr zufrieden“ sind 30 von 43 Eltern, 9 geben „überwiegend zufrieden“ an, 4 enthalten sich der Angabe. Die Kategorie „nicht zufrieden“ wurde von niemandem angekreuzt. Ergänzende Betreuungsbedarfe haben 6 Eltern angemeldet, die mit der Betreuung „sehr zufrieden“ sind, 5 Eltern, die „überwiegend zufrieden“ sind, und 3 Eltern, die sich zur Zufriedenheit nicht geäußert haben, also insgesamt 14 von 43 Eltern. Demnach möchten 8 Eltern eine frühere Öffnungszeit: 7 von ihnen hätten gerne, dass die Betreuung in der Kita um 7.00 Uhr, ein Elternteil, dass die Betreuung bereits um 6 Uhr beginnt. Spätere Schließzeiten der Kita werden von 5 Eltern gewünscht: je ein Elternteil möchte, dass die Kita bis 17.30 bzw. 18.00 Uhr geöffnet hat, 3 Eltern brauchen eine Öffnungszeit bis 18.30 Uhr. Die Betreuung an Wochenenden wird ebenfalls nur von wenigen Eltern gewünscht: 3 möchten eine zusätzliche Betreuung am Samstagvormittag, ein Elternteil nachmittags an Sonn- und Feiertagen. Eine Gruppe von 7 Eltern möchte eine Betreuung in den Schulferien. In den Kommentaren wird moniert, dass die Schulferien zusammen mit den Tagen für Teamfortbildung mehr als 4 Wochen ausmachen. Sie schlagen eine Verkürzung der Schließtage der Kita vor und immer eine Notbetreuung für erwerbstätige Eltern, wenn die Kita aufgrund von Teamfortbildung geschlossen ist. Einige sind der Meinung, dass die Kita ganzjährig geöffnet sein sollte. 5 Eltern haben als ergänzenden Wunsch die Betreuung z.B. manchmal am Abend (Babysitting) und 4 Eltern die spontane Notfallbetreuung z.B. bei Krankheit angekreuzt. Das kann heißen, dass Eltern in solchen Situationen keine familiäre oder nachbarschaftliche Betreuungslösung (gehabt) haben. Der Wunsch nach längeren Öffnungszeiten geht nicht allein von erwerbstätigen Müttern aus, denn nur 4 von den 12 Erwerbstätigen wünschen sich längere Öffnungszeiten. Für weitere 2 ist die Betreuung am Samstag wichtig und 3 brauchen die Ferienbetreuung. 27 Das nachfolgende Diagramm 2 gibt einen Überblick über die zusätzlichen Betreuungsbedarfe (Mehrfachnennungen) von den 43 befragten Eltern. Diagramm 2 Ergänzende Betreuungsbedarfe Zusammenfassend zeigt die Bedarfsanalyse für Betreuung, dass die 43 befragten Eltern ganz überwiegend mit der Betreuungszeit „sehr zufrieden“ sind. Alle angegebenen Verlängerungen von ausgeweiteten Betreuungszeiten betreffen kleine Elterngruppen oder einzelne Familien. Da diese Erhebung aber erst die Bedarfe der Hälfte der Eltern erfasst, müssten die für die zweite Hälfte noch erforscht werden. Nach jetzigem Datenstand ist zu überlegen, ob die Zusatzbetreuung anstelle einer Verlängerung der Kernöffnungszeit durch extra organisierte Kleingruppen oder durch individuelle Betreuungsarrangements durch Tagesmütter gelöst werden kann. Allerdings sollten diese an die Kita angebunden werden und in den KitaRäumen stattfinden, damit der Stress zusätzlicher Ortswechsel für die Kinder vermieden wird. Eine ganzjährige Öffnung der Kita, wie einige Eltern es wünschen, wäre eine große Herausforderung für das ganze Team. Bei gleich bleibendem Personal würde sich dadurch die durchschnittliche ErzieherIn-Kind-Relation im Alltag der Einrichtung verschlechtern. Insofern sollte die Betreuung sowohl während der Teamfortbildungen als auch während der Schulferien, falls sie für eine relativ kleine Gruppe von Kindern gebraucht wird, anderweitig kreativ gelöst und finanziert werden. Teilzeitkräfte, kollektive Anmeldungen bei Ferienspielen für größere Kinder, Kindertagespflege oder Familienselbsthilfe unter Eltern wären Möglichkeiten, die näher zu prüfen wären. 28 Organigramm 2 Funktionen des Personals in der Kita des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim44 Welche Angebote der Familienbildung wünschen sich die Eltern der Kita? Das Kinder- und Familienzentrums Fechenheim bietet nicht ausschließlich Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder im Alter von 1-10 Jahren an und beteiligt die Eltern an diesen Prozessen, sondern möchte auch Eltern selbst sowie anderen BewohnerInnen des Wohnquartiers Bildungs- und Unterstützungsangebote machen. Diese Angebote sind sowohl von fachwissenschaflichen Einschätzungen als auch durch viele informelle Gespräche, die sich mit den Frauen und Männern während der offenen Treffs und vor und nach den Kursangeboten entwickeln, bestimmt. Zum Thema Angebote hat das Frauengesundheitszentrum seine Ziele für die Familienbildung45 im wie folgt definiert: Im Mittelpunkt der Arbeit soll stehen, die Stärkung der - Erziehungs- und Elternkompetenz - Elterlichen Intuition und des Selbstvertrauens - Eltern-Kind-Beziehung (Bindung) - Alltagskompetenz - Teilnahme/Mitarbeit von Selbst- und Nachbarschaftshilfen - Gesundheitskompetenz - Freizeit- und Erholungskompetenz. 44 45 Dieses Organigramm wurde von Nasaria Makey erstellt Protokoll vom 23.02.07 29 Zur Zeit laufen in der Familienbildung Kurse (z.B. Fabelkurse für 2-4 Eltern mit Säuglingen (im Alter von 3-6 Monate bzw. 6-9 Monate alte Kinder), Offene Angebote (z.B. Elterncafé, Vätergruppen mit Kindern), Einzelberatung und Veranstaltungen, die in enger Kooperation mit der Kita und darüber hinaus mit anderen Einrichtungen durchgeführt werden (siehe Organigramm 3, Stand 2008). Zugang zur Einrichtung und auch zu Beratungsangeboten finden Eltern häufig durch die offenen Angebote, wie durch das Elterncafé, aber auch durch Kurse wie den Deutschkursen, die in der Familienbildung stattfinden. Wie die Dynamik zwischen den BesucherInnen der Angebote in der Familienbildung und den Eltern der Kita sich entwickelt hat, ist eine spannende, bisher aber nicht erforschte Frage. Lediglich einzelne Beispiele zeigen auf, dass die Zusammengehörigkeit von Familienbildung und Kita von den Eltern wahrgenommen und die Zusammenarbeit zwischen ihnen erwartet wird: So wird von Elternseite gefragt, ob der Besuch des Fabelkurses eine bevorzugte Aufnahme in der Krabbelgruppe bedeute. Eine Einzelberatung kann zu einer unmittelbaren Aufnahme in der Kita zur Unterstützung der Mutter führen. Die Teilnahme am Elternfrühstück stellt die Verbindung zu den Deutschkursen her. In der schon einmal erwähnten „kleinen Befragung“ von BesucherInnen in der Familienbildungsstätte wurde 6x angegeben, dass die MitarbeiterInnen der Kita die Mittelspersonen für die Angebote in der Familienbildung waren. So scheint es immer wieder „kurze Wege“ zwischen den beiden Einrichtungen zu geben. Obwohl die Angebote der Familienbildung für alle BewohnerInnen im Stadtteil gedacht sind, soll im Folgenden in den Mittelpunkt gestellt werden, welche Angebote sich die Eltern der Kita für sich und ihre Familien wünschen. Ehe die Ergebnisse des schriftlichen Fragebogens dargestellt werden, erfolgt zunächst die Übersicht der Angebote der Familienbildung und durch wen die Angebote durchgeführt werden (Organigramm 3). 30 Organigramm 3 Angebote und Funktionen des Personals in der Familienbildung des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim Frauengesundheitszentrum für Frauen und Familien Leitungsteam Familienbildung Fechenheim Verwaltung Leitung Dipl. Sozialpädagogin - Zusatzausbildung in Beratung Kurse Offene Angebote Einzelberatung Kooperationen Sonstige Hausversorgung Geburtsvorbereitung in dt. und türkischer Sprache Spielcafé Familienlienbegleiterin der GfG Allgemeine Lebensberatung Dipl. Sozialpädagogin VHS-Deutschkurse Kinderbetreuung Honorarkraft Rückbildung, Neufindung Familienbegleiterin der GfG Frauencafé Familienlienbegleiterin der GfG Sozialberatung Dipl. Sozialarbeiterin TSG Gymnastik Instandhaltung Honorarkraft Fabelkurse in dt. u. türk. Sprache Familienbegleiterin der GfG Themenelternabend in Dt. und Türkisch Honorarkraft Schwangerenberatung (auch SSK) Familienplanung Familienbegleiterin der GfG "Runder Tisch" Fechenheim Reinigung Honorarkraft Babymassage Honorarkraft Café spezial (Berami, FFGZ, Wildwasser usw.) Hebammensprechstunde Honorarkraft Kindertagespflege Service im Offenen Café Honorarkraft Starke Eltern - starke Kinder Familienbegleiterin der GfG Vätergruppe Erlebnispäd., Erzieher d. Kita Projektbegleiter (Stiftung) Erweiterte Vor- und Nachsorge Familienhebamme-Honorarkraft Kübelstiftung Musikgarten Honorarkraft Bauchtanz Honorarkraft BHF-Bank-Stiftung Yoga Honorarkraft Wellness am Wochenende Honorarkraft Zwillingstreff Honorarkraft Legende Blaue Schrift: Angestellte Mitarbeiterinnen Grüne Schrift: Honorarkräfte Lila-rote Schrift: Mitarbeiter, die durch Stiftungsgelder bezahlt werden. Auswertung des Fragebogens zu den möglichen Angeboten der Familienbildung für Mütter, für Väter, für die Familie In dem Fragebogen werden die Eltern gebeten anzukreuzen, an welchen von 30 Vorschlägen sie gerne teilnehmen möchten. Darüber hinaus können die Eltern angeben, zu welcher Zeit sie das gewünschte Angebot besuchen wollen und ob sie während dieser Zeit Kinderbetreuung brauchen. Aufgrund der kurzen Zeit, die für die Auswertung zur Verfügung stand, können zu diesem Zeitpunkt lediglich die Präferenzen der Eltern angezeigt werden, die weitere Auswertung findet in der Evaluationsphase II statt. Von 43 Fragebogen waren in diesem Teil der Fragen nur 41 Fragebogen auswertbar. Von den 41 Eltern haben 37 eingetragen, an welchen Angeboten sie gerne teilnehmen möchten (Mehrfachnennungen). Dabei haben viele auch angegeben, wann sie die Angebote besuchen könnten und ob sie Kinderbetreuung während dessen wünschen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick, nach Themengruppen und innerhalb der Themen nach Rangreihen bzw. Häufigkeit der Nennungen. 31 Zeit, zu der sie die Angebote Wi besuchen können Wie oft Kinder Angebote, bei denen die Eltern gerne mitmachen würden : Anzahl der betreuVor- Nach- Am Woche ung mittag mittag Abend nende gewü- Nen- nscht? nungen 1. Angebote für Mütter „Fabelkurs“ - Spielgruppe für Mütter mit Babys Geburtsvorbereitung Rückbildungskurs nach der Geburt 5 - 1 - - - 2 - - - - 1 0 - - - - - 17 3 5 2 3 4 9 2 4 - 2 4 6 2 2 - - 1 11 1 3 1 5 2 12 3 1 1 5 2 11 - 1 - 5 2 11 1 1 - 6 - 2. Angebote für Frauen Wellness für Frauen Yoga / Tanz für Frauen Tanz oder Bauchtanz für Frauen 3. Angebote für Väter Vätergruppe: Väterbrunch, Fußballspielen, Ausflüge, Tauschbörse 4. Angebote für Väter mit Kindern Vater-Kind-Gruppe mit verschiedenen Angeboten Museumsbesuche für Väter mit Kindern Bau – und Abenteueraktionen für Väter mit Kindern 5. Offene Angebote für Mütter und/oder Väter mit ihren Kindern Spielnachmittage für Eltern und Kinder im Kindergarten- und Schulalter Wochenendausflüge mit Familien Babyschwimmen für Mütter oder Väter Spielcafé für Eltern mit Kindern unter drei Jahren Babymassage 19 3 9 1 2 3 11 - - - 5 - 8 1 2 - 2 1 6 1 2 - - - 0 - - - - - 6. Offene Elterngruppe zu Erziehungs- und Gesundheitsthemen Information zum Umgang der Kinder und Jugendlichen mit Computern und anderen Medien Elterngruppe zu Gesundheitsthemen, z.B. Gesundheit von Frauen, Gesundheit von Kindern Elterngruppe zu Erziehungsthemen, z.B. Fernsehen von Kindern Information über gutes Spielzeug Erste-Hilfe-Kurs 17 3 4 3 1 3 14 3 4 3 - 3 12 1 3 1 1 3 9 3 2 1 - 1 9 4 - 3 1 4 3 1 3 - 1 7. Einzelberatung für Eltern Einzelberatung zu Erziehungsfragen 10 32 Einzelberatung zu Lebensfragen Beratung zu Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung, Familienplanung und Schwangerschaft 6 2 - - - 1 5 2 - 2 - 1 4 - - 3 2 13 5 2 1 - 4 11 4 1 2 2 1 7 5 1 1 - 4 3 2 - 1 - 1 3 1 - - - - 2 1 - 5 1 8. Sportangebote für Männer und Frauen Sport aktiv draußen, z.B. Nordic walking oder walking 8 9. Arbeitsmarktorientierte Kurse Computerkurs für Frauen Computerkurs für Anfänger Deutschkurs für Fortgeschrittene Deutschkurs für Anfänger Computerkurs für Fortgeschrittene 10 Stadtteilorientierte Kurse Flohmarkt 14 Zunächst einmal fällt ins Auge, dass „Spielnachmittage für Eltern mit Kindergarten- und Schulkindern“ die höchste Beteiligungsquote haben, gefolgt von Elterngruppen, die sich mit Erziehungs- und Gesundheitsthemen befassen, sowie von Familienausflügen am Wochenende und Vater-Kind-Aktionen. Hier wird deutlich, dass die Eltern vor allem ihre Familie im Blick haben und die Beschäftigung mit ihren Kindern. Das wird auch dadurch angezeigt, dass Eltern hohes Interesse an Erziehungsfragen bekunden. Insofern kann man davon ausgehen, dass es eine relativ hohe allgemeine Übereinstimmung der Elternwünsche mit den oben formulierten Zielen der Familienbildung im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim gibt, nämlich die Eltern- und Erziehungskompetenz erweitern zu wollen. Auch praktisch lässt es sich nachweisen, dass Eltern sich an Vorträgen und Gesprächen über Erziehungs- und Frauengesundheitsthemen rege beteiligt habe. Berichte darüber verweisen darauf, dass die leitende, anleitende, vortragende oder organisatorisch tätige Person zuerst den Kontakt suchen und das Vertrauen der Eltern gewinnen muss.46 Ganz hoch im Kurs stehen das Wellness-Angebot und ebenfalls relativ hoch der Computerkurs für Frauen. Beide Kurse sind aber keineswegs speziell für Wünsche von Migrantinnen, sondern sprechen Bedürfnisse von Frauen insgesamt an. Das zu konstatieren ist unter zwei Aspekten interessant, zum einen könnten solche Kurse eine größere Resonanz im Stadtteil finden, zum anderen treffen sich hier frauenspezifische Traditionen mit moderner Ausgestaltung, man könnte auch sagen „Moden“. Ob die Eltern an den Angeboten und Kursen teilnehmen werden/können, wird auch noch davon abhängen, zu welchen Kosten, zu welcher Zeit und in welchem sozialen Setting die Veranstaltung angeboten wird und ob Kinderbetreuung bereitgestellt wird. Besonderes Augenmerk möchte ich auf die Wünsche nach Beratung lenken, wie sie in der Befragung angekreuzt wurden. Diese sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die befragten Eltern vom Kinder- und Familienzentrum erwarten, dass ihre Interessen als Eltern und als Frauen und Männer gesehen werden. 46 Gespräch mit Leiterinnen vom Kinder- und Familienzentrum vom 23.05.2008 33 Was würden Sie sonst noch gerne mit anderen Eltern und Kindern zusammen machen? - Mehr Eltern-Kind-Nachmittage, Bastelnachmittage - Eltern bei Ausflügen beteiligen - Bei schönem Wetter Sportveranstaltungen mit Grillfesten - Frühstücken - Basteln und Feiertage feiern - Mutter-Kind-Turnen - Wir könnten zu allen o.g. Punkten mitmachen - Bastelnachmittage, Ausflüge, Ferienprogramme teilweise begleiten und organisieren. Diese Wünsche bestätigen noch einmal die im Fragebogen angesprochenen Angebote. Eine Auswertung in 1 ½ Jahren wäre sinnvoll, um die tatsächliche Beteiligung zu klären und auch ob andere QuartiersbewohnerInnen den Weg in das Kinder- und Familienzentrum gefunden haben. Weiterhin ist der Frage nachzugehen, welche Eltern der Kita nicht angesprochen werden konnten bzw. welche Vorstellungen und Wünsche sie haben. Wie nehmen die Eltern der Kindertagestätte ihre Beteiligungsmöglichkeiten wahr? Eltern am Leben im Kinder- und Familienzentrum, an Projekten und Entscheidungen zu beteiligen setzt voraus, sie gut zu informieren. Deshalb sind im Elternfragebogen drei Kategorien von Fragen aufgenommen worden. Sie betreffen die Information von Eltern, ihre Beteiligung und wie Eltern in besonderen Situationen, z.B. in Konfliktfällen oder bei Beratungsbedürfnissen, Zugang zu den pädagogischen MitarbeiterInnen haben. Im Folgenden werden die Ergebnisse nach diesen Kategorien und innerhalb derer nach der Rangreihe aufgelistet. IV. Werden Sie durch das Kinder- und Familienzentrum informiert Trifft Trifft Weiß Keine nicht zu nicht Angabe 34 4 2 3 28 6 4 5 27 4 4 8 24 5 9 5 36 0 2 5 36 0 3 4 34 1 2 7 34 1 2 7 24 2 11 6 24 2 11 6 25 5 9 4 zu und an Entscheidungen beteiligt? Information von Eltern Eltern werden durch Informationstafeln regelmäßig informiert Die Kita organisiert regelmäßig Elternabende Elternbriefe informieren Eltern – wenn gewünscht auch in verschiedenen Sprachen Vor der Anmeldung wird den Eltern die Einrichtung gezeigt und die Konzeption erklärt – wenn gewünscht auch in ihrer Muttersprache Beteiligung von Eltern Eltern sind in den Gruppen willkommen Eltern können sich jeder Zeit in der Kita treffen Mütter und Väter werden bei Projekten, Ausfügen, Festen und Feiern beteiligt Jedes Kind wird von der pädagogischen Fachkraft zusammen mit den Eltern eingewöhnt Bei den Öffnungszeiten werden die Wünsche der Eltern berücksichtigt Eltern werden an der Veränderung der Konzeption beteiligt Über gesundes Essen und welche Rolle kulturelle Essensvorschriften in der Kita haben sollen, wird mit den Eltern zusammen entschieden 34 Zugang zu pädagogischen Fachkräften in besonderen Situationen Auch außerhalb der Sprechstunde sind Gespräche mit Eltern möglich Durch den Elternbeirat sind die Interessen der Eltern gut vertreten Konflikte werden offen angesprochen Es gibt eine regelmäßige Sprechstunde für Eltern 32 0 6 5 32 2 5 4 30 1 5 7 27 4 8 4 Wie unschwer zu erkennen ist, fühlen sich durchschnittlich weit über 2/3 der befragten Eltern durch strukturierte Formen von Informationen, wie Informationstafeln, Elternabende, Elternbriefe und im Zuge der Anmeldung ihres Kindes informiert, die meisten durch Informationstafeln. Knapp ein Viertel sagt, sie seien nicht informiert oder wüssten nichts von den Informationsmöglichkeiten. An dieser Stelle kann die Kita prüfen, welche Wege noch geeignet wären, damit alle Eltern erreicht werden. Die Beteiligung von Eltern im Alltag des Kinder- und Familienzentrums gelingt den pädagogischen MitarbeiterInnen besonders gut: mehr als ¾ der Eltern sagen, es trifft zu, dass sie in den Gruppen willkommen sind, dass sie sich jederzeit in der Kita treffen können, dass sie an Projekten usw. beteiligt werden und zusammen mit den ErzieherInnen ihr Kind eingewöhnt haben. In all diesen Bereichen stehen direkte Kontakte und beziehungsorientierte Erfahrungen im Mittelpunkt. Sie sind offensichtlich die tragenden Elemente für Eltern, sich in der Kita wohl zu fühlen. Damit ist ein wesentliches Ziel von Kinder- und Familienzentren, nämlich die Partizipation von Eltern, erreicht. Die Öffnungszeiten, Konzeption oder Essensrituale zu beeinflussen, scheint für die Hälfte der befragten Eltern gegeben, anderen Eltern scheint diese Möglichkeit nicht bewusst zu sein. Dass Eltern außerhalb der Sprechstunde mit den pädagogischen Fachkräften das Gespräch suchen können, wird von fast ¾ der Befragten als zutreffend angegeben. Anscheinend haben viele Eltern diese Erfahrung gemacht. Das wird auch durch Aussagen der Leitungskräfte bestätigt, wonach die Eltern einen hohen Bedarf an Sozialberatung haben. Interessant ist, dass die Gespräche außerhalb der Sprechstunde sogar häufiger angeführt werden als die regelmäßigen Sprechstunden. Letztere sind den Eltern weniger bekannt. Bemerken swert ist, dass auch die formale Vertretung der Eltern, der Elternbeirat, von ebenfalls fast ¾ der befragten Eltern als positiv beurteilt wird: sie fühlen sich durch ihn gut vertreten. Die Tatsache, dass der erste Elternbeirat erst kürzlich gewählt wurde und mehr Eltern als nötig bereit waren, dafür zu kandidieren, kann als Hinweis dafür gesehen werden, dass Eltern in dieser Kita das Gefühl haben und die Erfahrung machen, dass sie das Leben in der Kita und Entscheidungen dort beeinflussen können. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Umsetzung der Leitlinien des Kinder- und Familienzentrums nach dem Vorbild der Early Excellence Centres in England (siehe S. 2) vor allem in der vielfältigen, alltäglichen Beteiligung der Eltern an Bildungsprozessen der Kinder, in den gut besuchten Angeboten der Familienbildung und in der tatsächlichen Bedarfs- und Lebenslageorientierung des „Programms“ , wie es sich bereits nach 22 Monaten gemeinsamer Arbeit darstellt, lebendig zum Ausdruck kommt. 35 4. Zusammenfassung der Ergebnisse Grundlage für die vorliegende evaluatorische Bestandsaufnahme bilden ausführliche Diskussionen mit den betroffenen Teams der Kita und der Familienbildung in Fechenheim und den Geschäftsführerinnen der zwei frei gemeinnützigen Vereine, die verantwortlich für die Kindertagesbetreuung und die Angebote der Familienbildung zeichnen. Zudem sind gezielte Einzelinterviews mit „Schlüsselpersonen“, eine Analyse der Dokumente, die die Startphase des Kinder- und Familienzentrums wiedergeben (z.B. Protokolle, Finanzierungsanträge, Fortbildungskonzepte), statistische stadtteil- und institutionsbezogene Daten sowie die Ergebnisse einer schriftlichen Elternbefragung in die Bestandsaufnahme dieses Projekts eingegangen. Die Bestandsaufnahme in der Startphase bezog sich auf folgende Themen: - fachwissenschaftliche Qualitätskriterien für Kinder- und Familienzentren, insbesondere die Umsetzung von frühkindlichen Bildungsprozessen unter Beteiligung der Eltern und Bildungs- und Unterstützungsangebote für Eltern, die sich auf deren spezifische Lebenslagen beziehen. - Fragen, die die MitarbeiterInnen als Beteiligte der Evaluation beantwortet haben möchten, um ihre weitere Planung daran ausrichten zu können, - spezifische, adressatenbezogene Aspekte (z.B. die Motivation von MigrantInnen, ihre Kinder im Kinder- und Familienzentrum anzumelden, oder die Partizipationsmöglichkeiten von Eltern), - kooperationsbezogene Aspekte, die eine Einschätzung der Zusammenarbeit beider frei gemeinnützigen Vereine in Bezug auf ihre langfristige Perspektive im Kinder- und Familienzentrum zulassen. Folgende ausgewählte Ergebnisse der Bestandsaufnahme sollen mögliche Schritte für die Bedarfsentwicklung und Angebotsplanung im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim ins Blickfeld rücken, sie müssen jedoch erst mit allen Beteiligten und Betroffenen diskutiert und abgestimmt werden. Bedarfsentwicklung / Angebotsplanung Unter den zwei fachwissenschaftlichen Kriterien, die ein Kinder- und Familienzentrum auszeichnen, hat die Bestandsaufnahme für das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim ergeben, dass sowohl frühkindliche Bildungsmöglichkeiten unter Beteiligung der Eltern entwickelt worden sind als auch eine breite Palette von Bildungs- und Unterstützungsangeboten, die sich auf die spezifischen Lebenslagen der Familien im Stadtteil bezieht. Um die Stärkung der Elternkompetenz für alle Beteiligten qualitativ nachvollziehbar zu machen, sie also nicht „im Vagen zu lassen“, ist geplant, z.B. in Fabelkursen und in der KitaKrabbelgruppe die Beobachtung und Dokumentation von Lerngeschichten einzuführen. Nur so kann beides in verschiedenen Kontexten ausgetauscht werden und zu einem erweiterten bzw. differenzierten Verstehen der Kinder und ihrer frühkindlichen Bildungsprozesse führen. Ob die Eltern bereit sind, dieses Ziel in den Eltern-Kind-Gruppen mit zu tragen, wird vermutlich davon abhängen, ob für sie Erziehungspartnerschaft fühlbar wird. In der bisherigen Arbeit hat das Kinder- und Familienzentrum Anstellungsmöglichkeiten für Familien aus dem Stadtteil ausgeschöpft und weitere arbeitsmarktorientierte Unterstützung durch z.B. Deutschkurse oder Übungsleiterinnen-Qualifikationen umzusetzen begonnen. Diese und ähnliche Ansätze sollten weiter verfolgt werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob andere Qualifizierungsformen für den ersten Arbeitsmarkt in Kooperation mit z.B. Beschäftigungsgesellschaften möglich sind, weil damit charakteristische Merkmale im Sinne des Vorbilds Early-Excellence-Centre in Corby eingelöst würden. 36 Das Kinder- und Familienzentrum Fechenheim gewährleistet im Kita-Bereich die Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder im Alter von 1 bis 10 Jahren von 7.30 bis 17.00 Uhr. Mit dieser Kernzeit scheint die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die meisten Eltern(teile) im Einzugsgebiet der Freiligrath-Schule gegeben zu sein, denn die meisten von ihnen sagen, dass sie damit „sehr zufrieden“ sind. Hintergrund dafür könnte sein, dass viele Frauen aus unterschiedlichen Gründen überwiegend Zuhause sind. Die schriftliche Bedarfsabfrage bei den Eltern hat gezeigt, dass über die 9½-stündige Kernzeit hinaus dennoch Betreuungsbedarfe existieren. Sie betreffen ‚extended hours’ am Morgen und am Abend und insbesondere die Betreuung während der Schließzeiten in den Ferien und bei Kita-internen Fortbildungen. Mit anderen Worten: Die Angebotsplanung muss aktualisiert werden und sie muss klären, wie diese Bedarfe gedeckt werden können. Noch ein anderes Thema muss in Zusammenhang mit der Kindertagesbetreuung angesprochen werden: Ob nämlich Familien mit Migrationshintergrund grundsätzlich geneigt sind, ihre Kinder unter 6 Jahren eher zu Hause zu erziehen oder was sie motivieren könnte - bzw. in Fechenheim entgegen vorheriger Annahmen motiviert hat -, ihre Kinder im Kinderund Familienzentrum anzumelden. Aufgrund der Elternumfrage kann Folgendes dazu gesagt werden: Das Hauptentscheidungskriterium war, sofort einen Platz oder einen Ganztagsplatz zu erhalten und diesen durch die Wirtschaftliche Jugendhilfe bezahlt zu bekommen. Weiterhin zeigt die Bedarfsanalyse in Fechenheim, dass eine Einrichtungskonzeption mit Elementen interkultureller und vorurteilsbewusster Pädagogik Eltern mit Migrationshintergrund zusätzlich motiviert, ihre Kinder in außerfamiliäre Betreuung zu geben. Die Tatsache, dass es im Kinder- und Familienzentrum für alle Altersstufen der Kinder Wartelisten gibt, in einer anderen Einrichtung aber eine Gruppe geschlossen wurde, zeigt die Dringlichkeit einer institutions- und trägerübergreifenden Verständigung zur Nutzung aller Ressourcen. Eltern u.a. mit Migrationshintergrund, die ihre Unterdreijährigen nicht in die institutionelle Betreuung geben wollen, nehmen - wie das Modell Fechenheim beweist - professionell angeleitete Eltern-Kind-Gruppen an. Die Bedarfsanalyse zeigt darüber hinaus, dass Väter und Mütter auch für Aktionen mit ihren älteren Kindern nach Vorschlägen suchen, die sie am liebsten mit anderen Familien, d.h. in einem größeren sozialen Rahmen durchführen möchten. Sowohl mit qualitativ guter Kinderbetreuung als auch mit angeleiteten Eltern-Kind-Gruppen und Familienaktivitäten kann das Recht auf Bildung für Kinder und Eltern eingelöst werden. Hierfür kann und sollte das Kinder- und Familienzentrum die Initiative übernehmen. Offen ist, wann und unter welchen Umständen das soziale Netz im Stadtteil so gestärkt ist, dass Eltern und andere Erwachsene solche Treffen organisieren. Von entscheidender Bedeutung für die Umsetzung der bisher ausgeführten Aspekte aus der Arbeit vom Kinder- und Familienzentrum ist, wie Eltern-Kind-Zentren zukünftig definiert und mit welchen Rahmenbedingungen sie ausgestattet werden. Es ist ein Hauptmerkmal von Eltern-Kind-Zentren, dass sie ihre Arbeit auf die spezifischen Lebenslagen der Familien im Stadtteil abstimmen. Deshalb können Konzeptionen nur mit den BewohnerInnen gemeinsam entwickelt werden. Dieser Prozess, der eigentlich nie endet, und in dem spezifische Angebote oftmals erst „erfunden“ werden müssen, benötigt extra Ressourcen. Die Bestandsaufnahme in Fechenheim hat eindeutig gezeigt, wie notwendig es ist, dass finanzielle, personelle und räumliche Mittel zur Verfügung stehen. Insofern muss u.a. die langfristige Anmietung der Familienbildungsstätte umgehend erfolgen. Die Rahmenbedingungen eines Zentrums bestimmen auch die Kooperationsbeziehungen und -muster, die die zusammenarbeitenden „Parteien“ in einer Einrichtung entwickeln 37 können. Dabei sind Kriterien wie Gleichrangigkeit, klare Arbeitsteilung, zeitlich geklärte Perspektive, finanzielle und personelle Ressourcen auf beiden Seiten, personelle Kontinuität sowie insgesamt ein Profitieren beider Parteien durch die Kooperation für die Ausgestaltung der Arbeit sehr förderlich. Im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim sind einige dieser Elemente, aber durchaus nicht alle vorhanden. Das macht es notwendig, Rahmenbedingungen und Kooperationsmuster zu beachten und in ihrer Wirkung zu evaluieren. Ebenfalls bedarf es einer Transparenz und Abklärung von verwaltungstechnischen Zuständigkeiten zur Finanzierung von Eltern-Kind-Zentren. Träger, Kommune und Landesregierung haben gemeinsam die Aufgabe, umgehend Zuständigkeiten zu klären und finanzielle Sicherung langfristig zu gewährleisten. Tun sie dies nicht, würde ein Projekt wie Fechenheim nicht nur existentiell gefährdet, sondern der Anspruch, größere Bildungs- und Entwicklungschancen für alle Familien zu eröffnen, könnte nicht verlässlich eingelöst werden. Die nächsten Schritte - Die Bedarfsanalyse muss zu Ende geführt und differenziert werden. Die Ergebnisse sind für die Diskussionen mit den Trägern, dem Leitungsteam, den pädagogischen MitarbeiterInnen und den Eltern aufzubereiten. Von diesen Diskussionen hängen weitere konkrete Planungsvorhaben und -schritte ab. Zu klären ist, welche Bedarfe durch das Kinder- und Familienzentrum selbst oder in Kooperation mit anderen Einrichtungen umgesetzt werden können. Bereits anvisierte Evaluationsschritte aus Phase 2 werden die Personalentwicklung und die Umsetzung der Bildungs- und Lerngeschichten fokussieren. Wie mehrfach angedeutet, muss die Kooperation des Kinder- und Familienzentrums mit den Kindertagesstätten im Stadtteil Fechenheim sowie mit anderen Jugendhilfeeinrichtungen thematisiert werden. Dabei sind Instrumente zu entwickeln, die ermöglichen, Kooperationshindernisse oder -perspektiven zu klären. In diesem Zusammenhang ist auch die Öffentlichkeitsarbeit des Kinder- und Familienzentrums zu evaluieren. Kontakt: Prof. Dr. Wiebke Wüstenberg (i.R.) Fachhochschule Frankfurt am Main Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit 38 Literatur Altuner, Semiray (2007): „Entwicklungsschritte“ des Kinder- und Familienzentrums Fechenheim. Synopse und Dokumente. 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