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Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 Computerspiele und Kreativität Der Gegenstand der Kreativität ist in der Psychologie heute sehr populär. Zahlreiche aktuelle Untersuchungen beleuchten alle denkbaren Ebenen der Kreativität, insbesondere seine Bedeutung für Lernprozesse. Aber auch vor Computerspielen macht sie nicht halt, da in diesem Feld die Kreativität oft eine große Bedeutung besitzt, aber auch sehr stark gefördert wird. Einige Spiele, die nicht rein zu Lernzwecken programmiert wurden, stärken trotzdem die Fähigkeit zu ungewöhnlichen Problemlösungen oder besonders schneller Reaktion. Die einzelnen Anforderungen, Voraussetzungen und Prozesse wollen wir hier explizit beobachten. Kreativität… Bevor man sich mit dieser Thematik näher auseinandersetzten kann, muss zuerst der Begriff Kreativität erörtert und definiert werden. Viele Forscher haben bereits den Versuch gemacht Kreativität zu definieren, wie zum Beispiel Barron (1965), welcher Kreativität als die Fähigkeit etwas Neues zu schaffen beschreibt. Weitere Definitionen betonen zusätzlich zur Neuigkeit den Aspekt der Nützlichkeit. Darunter versteht man ein Produkt, welches in der Gegenwart oder auch in der Zukunft als brauchbar oder nützlich angesehen werden kann. All diesen Definitionen fehlt es an Substanz und dadurch können diese Beschreibungen fast zur Gänze als unbefriedigend angesehen werden. Die kreative Persönlichkeit 1950 hat J.P. Guilford als Präsident der American Psychological Association (APA) mit seinem Vortrag zum Thema Kreativität erstmals einen nachhaltigen Einfluss auf den damaligen Stand der Kreativitätsforschung ausgeübt. Er stellte die Charakteristika der Person bei der Definition des Begriffes Kreativität in den Vordergrund und gilt dadurch bis heute als einer der Pioniere der Kreativitätsforschung. Kreative Personen neigen nach Guilford: (1) zu einer höheren Sensitivität gegenüber Problemstellungen. Er nennt diesen Charakterzug „Problemsensitivität“, d.h. diese Personen nehmen in bestimmten Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 Situationen eher erklärungs- oder änderungsbedürftige Sachverhalte wahr als weniger kreative Personen. (2) zu einem höheren Maß an Ideenflüssigkeit. Guilford meint, dass kreatives Talent auch durch Ideenflüssigkeit charakterisiert werden kann. Im Speziellen meint er damit, dass kreative Personen bei gleichen Bedingungen mehr produzieren können als weniger Kreative. Demnach sollten sie auch eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, bedeutsame Ergebnisse zu nennen. (3) zu „neuen“ Ideen. Guilford nennt diese Eigenschaft „Neuigkeit“ und rechtfertigt ihre Wichtigkeit dadurch, dass kreative Personen die Fähigkeit besitzen müssen, neue, noch nie da gewesene Ideen zu produzieren. (4) zu Flexibilität. Personen müssen aus den perseverativen, engstirnigen Denkmustern bzw. -kategorien ausbrechen können, um als kreativ zu gelten. (5) zu Originalität. Personen, die Denkprodukte produzieren, welche von den herkömmlichen Denkschemata abweichen und dadurch von einem hohen Maß von Seltenheit gekennzeichnet sind, gelten nach Guilford als kreativ. Diese genannten Charaktereigenschaften gelten heute noch als Maß der Kreativität und beschreiben somit den auch heutzutage noch geltenden Kreativitätsbegriff. Guilford hat aber auch in den Raum gestellt, dass eine gewisse Intelligenz notwendig wäre, wenn auch ab einer gewissen Höhe der Intelligenz diese keinen Einfluss mehr habe. Selbst Sternberg hat in seinen Untersuchungen noch 1995 diesen Zusammenhang postuliert. Einige der gefundenen Zusammenhänge kamen aufgrund der Testbedingungen zustande, da der Zeitdruck offensichtlich diesen Zusammenhang verstärkt. Generell ist sich die Wissenschaft über den Einfluss der Intelligenz auf die Kreativität nicht einig, ein schwacher Zusammenhang wird aber in den meisten Fällen postuliert und bestätigt. Kurz soll an dieser Stelle auch noch der Diskurs über Genie und Wahnsinn angeschnitten werden, da basierend auf Eysencks Persönlichkeitsmodell oftmals ein Zusammenhang zwischen Kreativität und Psychotizismus postuliert wird. Dieser kann zwar wissenschaftlich nachgewiesen werden, doch muss man auch ausdrücklich betonen, dass pathologische Verhaltensweisen keinesfalls eine Notwendige Voraussetzung für Kreativität sind. Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 Kreativität kann auf dem heutigen Stand der Forschung durch (1) biographische Methoden, (2) Selbstbeurteilungsverfahren, (3) Fremdbeurteilungsverfahren und (4) durch psychometrische Tests erfasst werden. Die meisten Kreativitätstests gehen letztlich wieder auf Guilford zurück und verwenden neben der Operation des konvergenten Denkens auch die Operation des divergenten Denkens. Die einzelnen Aspekte der verschiedenen Methoden werden hier nicht näher erörtert, da das an dieser Stelle zu weit führen würde. Der kreative Prozess Nach einer detaillierten Beschreibung des Begriffes Kreativität stellt sich nun die Frage, welche Prozesse kreativem Denken zugrunde liegen. Erstmals hat sich Wallas (1926) mit dieser Frage auseinandergesetzt und ein 4-Stadien-Schema für kreatives Denken vorgestellt. Dieses wird allerdings an dieser Stelle nicht näher erörtert, da es als veraltet und nicht mehr repräsentativ gilt. Es lieferte allerdings die Basis auf der Urban und Cropley (2000) ihr „Phasenmodell der Kreativität“ aufbauten, welches heute noch immer als bedeutsam anerkannt wird. Dieses Modell besteht aus insgesamt sieben Phasen, welche nun im Genaueren dargestellt werden: (1) Vorbereitungsphase: In dieser Phase werden zunächst Problem- bzw. Fragestellungen identifiziert und gleichzeitig mögliche Ziele definiert. Diese Zieldefinition erfolgt im Sinne des konvergenten Denkens. (2) Informationsphase: Hier werden Informationen auf verschiedenen Wegen beschaffen, z.B. durch Erinnern, durch Wahrnehmung, durch Lernen oder durch konvergentes Denken. Für den kreativen Prozess ist es wichtig, so viele Informationen wie möglich über das Gebiet, in dem gerade die kreative Idee entstehen soll, zu sammeln. Dieses Wissen erleichtert die Ideenfindung und verhindert, dass das Rad zum 100. Mal erfunden wird. (3) Inkubationsphase: Es folgt eine Phase der scheinbaren Nichtbeschäftigung. Wenn man ein Problem „erst einmal auf sich wirken lässt“ oder es einfach „liegen lässt“, arbeitet das Gehirn daran unterbewusst weiter. In dieser Phase werden divergente Denkprozesse wirksam, es werden Assoziationen geknüpft sowie Netzwerke aufgebaut, ohne dass es der kreativen Person bewusst zugänglich ist. Dies erfolgt solange, bis die nächste Phase erreicht wird. Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 (4) Illuminationsphase: Diese Phase wird auch „Erleuchtungsphase“ genannt, denn es wird nun ein Erfolg versprechender Lösungsansatz für das Anfangsproblem gefunden, oder vielmehr tritt dieser nun nach der Inkubation ins Bewusstsein. Gestaltpsychologisch nennt man das den „Aha“-Effekt. (5) Verifikationsphase: Das vorläufige kreative Produkt wird in dieser Phase auf dessen Relevanz sowie Effektivität geprüft. Hier werden bewusst auch die Normen und Werte, die für die Ideenfindung beiseite gelassen werden, an die Lösung angelegt und damit über die Brauchbarkeit der Idee entschieden. (6) Kommunikationsphase: In dieser Phase werden Feedbacks jeglicher Art berücksichtigt und eventuell auch angenommen. Die Mitteilung und Durchsetzung einer Idee ist von entscheidender Bedeutung. Schon Thomas Edison meinte über die Erfindung der Glühbirne „Genie bedeutet 1 % Inspiration und 99 % Transpiration“. (7) Validierungsphase: Abschließend werden nun die Relevanz und die Effektivität des kreativen Produktes bewertet. Dabei kann es auch zu einer Überarbeitung und Verfeinerung der Idee kommen, die vor allem durch die Verifikation und die Kommunikation ausgelöst werden. …und Computerspiele Das Identifizieren und Verstehen der zugrunde liegenden Prozesse kreativen Denkens ist eine Notwendigkeit um Computerspiele so zu gestalten, dass sie eine kreativitätsfördernde Wirkung auf den/die Spieler/in haben. Die derzeitige Forschung hat sich bis jetzt kaum mit der Frage, ob Computerspiele einen Einfluss auf die Kreativität haben, beschäftigt. Dies könnte unter anderen daran liegen, dass Computer selbst, programmiert mit mathematischer Logik und berechneten Algorithmen, Prozesse ausführen, die eher dem konvergenten Denken entsprechen. Dabei wird übersehen, dass schon seit einiger Zeit an Programmen gearbeitet wird, die das Hervorbringen kreativer Ideen unterstützen soll, wie beispielsweise das Elektronische Brainstorming. Der große Vorteil darin ist, dass möglichst kreativitäts-fördernde Bedingungen wesentlich leichter geschaffen werden können, als das beim klassischen Brainstorming mit Stift und Papier der Fall ist. Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 Aufgabenstellung Jedes Computerspiel, egal ob es zu Lernzwecken oder zur reinen Unterhaltung eingesetzt werden kann und wird, lässt sich hinsichtlich einiger zentraler Dimensionen mehr oder weniger eindeutig in Genres einteilen. Die Dimension, die in diesem Artikel detaillierter betrachtet wird, ist die Art der Aufgabenstellung. Zum einen kann ein Spieler die Aufgaben des Computerspiels unter Zeitdruck lösen müssen. In diesem Fall ist die Grundgeschwindigkeit des Spiels sehr hoch, und der Spieler muss schnelle, zum Teil automatisierte, zum Teil neu kombinierte (Re-)Aktionen ausführen. Die Schwierigkeit liegt dabei nicht in den Aktionen und Handlungen selbst, da diese meist aus einfachen Lenk-Manövern oder Ziel-Übungen bestehen, sonder darin, dass diese Handlungen mit einem möglichst optimalen Timing in sehr begrenzter Zeit ausgeführt werden müssen. Der Zeitdruck erzeugt, so wird vermutet, die physische Erregung des Spielenden. Meist wird diese Anforderung von Action-Spielen gestellt. Ein typisches Beispiel wären Rennspiele, aber auch einige Kampfspiele sind diesem Genre untergeordnet. Eine andere Möglichkeit der Aufgabenstellung wäre ein komplexes Problem, dass mit geringer oder keiner Zeitbegrenzung gelöst werden muss. Unbeachtet des Zeitdrucks spielt diese Dimension auch dann eine Rolle, wenn viele Spielelemente gleichzeitig im Blickfeld behalten werden müssen, oder viele Faktoren einander gegenseitig beeinflussen. Strategien und Taktik stehen hier oftmals im Vordergrund, und der Grad der Komplexität bestimmt die Schwierigkeit, da mit diesem auch die Stärke der mentalen Aktivierung und die Wahl der angewendeten Problemlösestrategien einhergehen. Typischerweise steht diese Aufgabenstellung bei Puzzles im Vordergrund, sie spielt aber auch bei Adventures eine wesentliche Rolle. Zweifelsohne stößt man immer, wenn man über Aufgaben und Aufgabenstellungen recherchiert, auch immer über die Punkte Problemlösen und Lernen. Auf den Aspekt des Lernens soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, da ein eigener Text zu diesem Thema verfasst wurde. Der Aspekt des Problemlösens soll hier aber doch kurz gestreift werden, da durch kreatives Schaffen und kreative Ideen in der Regel ein Problem gelöst werden soll. Die Problemstellungen, die einem im realen Leben begegnen, lassen sich allgemein in zwei Gruppen klassifizieren. Zum Einen gibt es die „well-structured“ Probleme (LINK ZU GLOSSAR), Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 bei denen die Ziele klar ersichtlich und vordefiniert sind. Auf der anderen Seite hingegen haben die „ill-structured“ Probleme (LINK ZU GLOSSAR) kein klar vorgegebenes Ziel, nur mangelnde Informationen zu den Problem selbst, und die bestmögliche Lösung wird durch die Prioritäten, die in der Situation herrschen, in der auch das Problem selbst auftritt, bestimmt. Doch genau diese „ill-structured“ Probleme schaffen ein Unfeld, dass kreative Problemlösungen fördern, und diesen auch die notwendige Freiheit geben. Daher wird auch in der Entwicklung von Computerspielen immer stärker darauf geachtet, dass jeder Spieler seinen persönlichen Lösungsweg einschlagen und diesen „ill-structured“ Problemen nach seinen eigenen Vorstellungen begegnen kann. Notwendig, oder zumindest stark förderlich für das kreative Problemlösen, ist ein gewisser Planungs-Prozess. Dieser fördert die Elaboration der Ideen, die optimale Ausnutzung sich für die Anwendung einer Idee eignenden Gelegenheiten und die Anregung der Produktion unzähliger neuer Ideen beim Versuch, mögliche, in der Zukunft auftretende Probleme zu antizipieren und bereits im Vorfeld zu lösen. Diese drei Aspekte kommen vor allem bei Spielen, bei denen die Aufgabenkomplexität hoch ist, immer wieder zum Tragen. Game Design Ein weiterer Aspekt, für den die Kreativität eine sehr große Rolle spielt, ist die Erstellung und Programmierung von Computerspielen. Die Erschaffung einer Handlung, die als Storyline einem Computerspiel zugrunde liegt und für die für den Verbleib beim Spiel notwendige Motivation sorgen muss, erfordert natürlich einiges an kreativen Ideen. Dieser Punkt ist für die Erstellung eines Computerspieles von zentraler Bedeutung, soll aber hier nicht mehr beachtet werden, da das Wichtigste im Artikel zum Geschichtenerzählen näher nachgelesen werden kann. Zusätzlich dazu muss bei der Erstellung von Computerspielen auch die so genannte Game Balance beachtet werden. Dies meint, dass ein Spiel in sich konsistent und fair sein sollte, so dass sich jeder auf die Art einstellen kann, in der ein Spiel zu spielen ist, und sich niemand einen unfairen Vorteil verschaffen kann. Es sollte auch dafür gesorgt sein, dass auf die gesetzten Handlungen ein Feedback erfolgt, wenn möglich sollte dieses positiv ausfallen, um den Spieler weiter zu motivieren. Dabei ist es Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 auch sehr wichtig, dass die Spiel-Umgebung nicht die starken begünstigt und die schwachen auf der Strecke bleiben, da ansonsten letztere sehr schnell das Interesse am Spiel verlieren. Weiters sollte vermieden werden, dass sich einen dominante Lösungsstrategie bilden kann, also eine Strategie, die in jeder Situation die beste mögliche ist. All diese Aspekte der Game Balance sollen in erster Linie dazu dienen, dass ein Spieler das Interesse am Spiel nicht verliert und seine Motivation behält. Was dabei nicht im Vordergrund der Forschung steht, ist, dass genau diese Faktoren auch notwendig sind, um ein möglichst Kreativitäts-förderndes Umfeld zu schaffen. Die Anwendung der kreativen Ideen erfolgt in Computerspielen, anders als im richtigen Leben, über Versuch und Irrtum. Anstatt die Vor- und Nachteile lange abzuwiegen, kann eine Prüfung der Effektivität durch probieren durchgeführt werden, da dank der im nöchsten Punkt näher erläuterten Sandkastenbedingungen (LINK ZU GLOSSAR) keine schlimmen negativen Folgen befürchtet werden müssen. Auch das positive Feedback fördert die Produktion weiterer kreativer Ideen, und die Vermeidung einer dominanten Lösungsstrategie erfordert nahezu kreatives Problemlösen. Ebenso für die Erstellung von Computerspielen zu beachten ist die optimale kognitive oder mentale Aktivierung. Dieser Aspekt hat nicht nur einen sehr großen Einfluss auf Motivation und Lernleistung sondern fördert auch die Kreativität. Es hat sich gezeigt, dass Personen, die kognitiv stimuliert werden, höhere Leistungen bei Brainstorming oder ähnlichen Tests erzielen. Kreativitätsförderung in Computerspielen Wie bereits erwähnt, ist die Förderung von Kreativität kein primäres Ziel bei der Erstellung von Computerspielen. Dennoch gibt es einige Prinzipien, die bei der Erstellung eines Computerspieles beachtet werden sollten, damit dieses auch von Spielern als „gut“ beurteilt wird. Durch einige dieser Prinzipien jedoch können auch wichtige Elemente zur Förderung kreativer Ideen erfüllt werden. Als wichtigste Grundregel gilt, wie ja bereits durch die optimale kortikale Aktivierung vorweggenommen, das Abstufen der Aufgabenschwierigkeit, um keine anfängliche Über- und spätere Unterforderung zu riskieren. Zu großer Druck durch eine Überforderung wirkt hemmend hinsichtlich der Kreativität. Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 Computerspiele sollten sich dem persönlichen Stil anpassen können, um als gut bewertet zu werden. Genau diese Anpassungsfähigkeit schafft Handlungsspielraum, der wiederum mehr individuelle, und mehr kreative Lösungswege zulässt, die sich dann eher als brauchbar und nützlich herausstellen können, als in einem Umfeld, in dem die Lösungsstrategien aus einer eingeschränkten Richtung stammen müssen, um zielführend zu sein. Auch die Möglichkeit zu großen Manipulationen fördert die Kreativität auf gleichem Wege. Die Möglichkeit, mit verschiedenen Identitäten zu spielen, beflügelt stark die Fantasie, die auch eng mit der Kreativität verknüpft ist. Das Schaffen von Sandkastenbedingungen (LINK ZU GLOSSAR) ist ein weiterer wichtiger Schritt im Erstellen von Computerspiele. Sandkastenbedingungen sind Bedingungen, in denen die Gesetzte der realen Welt gelten und angewendet werden müssen (beispielsweise die Physik), aber schwere Fehler ohne Konsequenzen bleiben, oder der Spieler rechtzeitig davor gewarnt wird, ebendiese Fehler zu begehen. Ein nicht mehr wieder gut zu machender Rückschlag wird verhindert, wodurch die Angst vor dem Versagen verringert werden kann, was wiederum die Kreativität fördert. Eine Alternative zu den Sandkastenbedingungen ist eine Begrenzung der Komplexität. Für den Spieler hat das zwar auch den Effekt, dass die Folgen des Handelns vorhersehbarer werden, fördert aber die Kreativität nicht in demselben Maße. Über positives Feedback wurde bereits im vorherigen Punkt berichtet, daher soll an dieser Stelle nur noch einmal die fördernde Wirkung erwähnt werden. Allerdings gibt es auch einige Prinzipien, die die Kreativität wiederum vermindern können, wie zum Beispiel die zahlreichen Instruktionen, die jeweils an der geeigneten Stelle auf Lösungen hinweisen. Dadurch wird ein Lösungsweg bereits vorweg genommen, dadurch ist die Generierung einer kreativen Idee nicht mehr vonnöten. Die Hinweise können aber im Idealfall auch anregend wirken. Dazu soll an dieser Stelle einkurzer Exkurs zum elektronischen Brainstorming unternommen werden. In diesem werden der Ideen-generierenden Person unter anderem immer wieder bereits von anderen Personen generierte Ideen als Anregungen präsentiert. Dadurch kann es zu einer Förderung der Kreativität kommen. Ob dieser Effekt auftritt, ist von der Aufmerksamkeit abhängig. Wenn diese den Ideen nicht bewusst zugewandt wird, kann dieser förderliche Aspekt nicht auftreten. Im Falle der Instruktionen bei einem Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 Computerspiel ist die Aufmerksamkeit der Instruktion im Normalfall gesichert, da die Instruktionen ja merklich gegeben werden sollen. Praktische Beispiele Nach einer detaillierten Definition von Kreativität sowie der Erörterung der zugrunde liegenden Konstrukte und Funktionen konnten zwei, bereits am Markt erhältliche Computer-Spiele gefunden werden, die sich auf die Thematik „Kreativitätsförderung“ spezialisiert haben. Bei dem ersten Spiel wird der Spieler bzw. die Spielerin mit Problemlöseaufgaben konfrontiert, die nur durch ungewöhnliche und kreative Einfälle bzw. Strategien gelöst werden können. Das zweite Spiel ist ein so genanntes „Speedspiel“ bei dem der Spieler bzw. die Spielerin in die Rolle eines/r Autofahrers/in schlüpft und gegen den Computer oder gegen andere Spieler Rennen bestreiten muss. Crazy Machines In Crazy Machines schlüpft der/die Spieler/in in die Rolle eines/r Forschers/in. Die Aufgabenstellungen klingen eigentlich relativ einfach: Konstruiere mit vorgegebenen Teilen eine Maschine, die das Spielziel erfüllt. Zum Beispiel lautet das Ziel „zünde eine Kerze an“, allerdings ist die Lösung dafür meist sehr schwierig und erfordert Kreativität. Denn die Lösung dieses Beispiels bedarf zuerst einer Strategie um eine Glühbirne mit Strom zu versorgen, die es wiederum ermöglicht mittels eines Brennglases den Docht der Kerze anzuzünden. Die Aufgabe des/r Spielers/in besteht eben darin, bestimmte Gegenstände sinnvoll zu einer Art Kettenreaktion zu verbinden, um das Spielziel zu erreichen (vgl. Rube-Goldberg-Maschine). Diese so genannten Experimente umfassen Aufgabenstellungen aus den Bereichen Optik, Elektrik und Mechanik und dem/r Spieler/in wird es außerdem ermöglicht eigene Experimente zu erstellen und diese im Internet zu veröffentlichen, um Bewertungen von anderen „ForscherInnen“ zu erhalten. Wie bereits erörtert, neigen nach Guilford (1950) kreative Personen (1) zu einer höheren Sensitivität gegenüber Problemstellungen, (2) zu Ideen-Flüssigkeit, (3) zu neuen Ideen, (4) zu Flexibilität und (5) zu Originalität. Um die einzelnen Ziele in diesem Spiel erreichen zu können muss ein Spieler bzw. eine Spielerin genau diese von Guilford beschriebenen Charaktereigenschaften besitzen. Da der Schwierigkeitsgrad Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 der Aufgabenstellungen mit jedem gelösten Problem zunimmt und somit der/die Spieler/in gezwungen wird seine/ihre Fähigkeiten auszubauen und zu verbessern, kann dieses Spiel als kreativitätsfördernd angesehen werden. Die teils bewussten, teils unbewussten Prozesse zur Erreichung eines Spielziels können mit dem Phasenmodell zur Kreativität von Urban und Cropley (2000) verglichen werden. In der Vorbereitungsphase (Phase 1) werden die Problem- bzw. Aufgabenstellungen des Spiels identifiziert und gleichzeitig bereits mögliche Ziele definiert. In der Informationsphase (Phase 2) werden Informationen durch (z.B.) Wahrnehmung, Erinnern, konvergentes Denken, etc. gesammelt. In der Phase der Inkubation (Phase 3) werden divergente Denkprozesse wirksam, Assoziationen geknüpft sowie Netzwerke aufgebaut, und das solange bis ein Lösungsansatz mit den zur Verfügung stehenden Gegenständen gefunden wird (Phase 4 / Illuminationsphase). Danach wird dieser in der Verifikationsphase (Phase 5) am Computer umgesetzt und auf seine Effektivität geprüft, wobei auch Rückmeldungen, also Feedbacks, durch den Computer angenommen werden (Phase 6 / Kommunikationsphase). Abschließend wird die funktionierende Lösung durch den Computer, durch andere ForscherInnen (online) und durch sich selbst bewertet (Phase 7 / Validierungsphase). Need for Speed Wie bereits zuvor erwähnt, schlüpft der Spieler bzw. die Spielerin in die Rolle eines/r Autofahrers/in und muss Rennen gegen den Computer oder gegen andere SpielerInnen bestreiten. Das Spielziel ist schnell erklärt: Sei schneller als die anderen und passiere das Ziellinie als Erste/r. Dies funktioniert allerdings nur dann, wenn man sich konzentriert, die volle Aufmerksamkeit auf das Spiel richtet und kreativ bei der Wahl der individuellen Fahrtstrecke ist. Man wird ständig mit neuen Situationen und Problemen während der Fahrt konfrontiert und muss schnelle Entscheidungen treffen, die unter anderem auch ein gewisses Ausmaß an Kreativität erfordern. Auch bei diesem Spiel werden die von Guilford (1950) genannten Charaktereigenschaften benötigt. In erster Linie die Ideenflüssigkeit sowie die Ideenneuigkeit, da man fähig sein muss unter einem enormen Zeitdruck Ideen produzieren zu können, allerdings meist solche, die nicht den üblichen Möglichkeiten, die die Straßenverkehrsordnung bietet, entsprechen, um einen Vorteil gegenüber den Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 anderen FahrerInnen gewinnen zu können. Dadurch kann dieses Spiel auch als kreativitätsfördernd angesehen werden. Elektra Bei diesem Spiel ist es die Aufgabe des Avatars, im teils verwüsteten Wissenschaftspark mittels Physik oder anderer Naturwissenschaften die Tochter des Leiters zu finden und zu retten. Das besondere an diesem Spiel ist aber, dass es nicht rein zu Unterhaltungswecken programmiert wurde, sondern in einem europaweiten Projekt, in dem ………………… zusammengearbeitet haben, als pädagogisch wertvolles Computerspiel entstand. Ziel ist es, dem Spielenden die Gesetzte der Physik, wie Optik, Magnetismus und ähnliches näher zu bringen, und quasi einen Lerneffekt zu erzielen. Dies dient als besonders gutes Beispiel dafür, wohin sich die Wissenschaft im Bereich des game based learning bewegt. Der Schwerpunkt liegt im Bereich der Lernforschung, Computerspiele sollen in Zukunft zu pädagogischen und didaktischen Zwecken eingesetzt werden. Ein weiteres Beispiel ist das Projekt 80days, das erst vor kurzem angelaufen ist. Zur Kreativität gibt es, in Verbindung zu den Computerspielen, noch keine konkreten Untersuchungen. Quellen: Barron, F. (1965). The psychology of creativity. New directions in psychology 2, 1 - 134. Benedek, M., Fink, A. & Neubauer, A. (2006). Enhancement of Ideational Fluency by Means of Computer-Based Training. Creativity Research Journal, Vol. 18, No. 3, 317– 328. Cropley, A.J. & Urban, K.K. (2000). Programs and strategies fur nurturing creativity. In K.A. Dugoshm, K.L., Paulus, P.B., Roland, E.J. & Yang, H.-C. (2000). Cognitive stimulation in brainstorming. Journal of Personality and Social Psychology, 79, 722-735. Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger Seminar zur allgemeinen Psychologie: Wissenspsychologie Dr. Albert SS 2008 Funke, J. (2003). Psychologie der Kreativität. In R. M. Holm-Hadulla (Hrsg.), Kreativität (S. 283-300). Heidelberg: Springer. [http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2003/ 22/pdf/Funke_2000_Kreativitaet.pdf] 19.06.2008. Guilford, J. P. (1950). Creativity, American Psychologist, 444 - 454. Heller, et al. (eds.). International handbook of giftedness and talent, 485-498. Amsterdam: Elservier. Kiili, K. (2005). Digital game-based learning: Towards an experiential gaming model. Internet and Higher Education 8, 13 - 24. Klimmt, Ch. (2004). Computer- und Videospiele. In: R. Mangold, P. Vorderer & G. Bente (Hrsg.), Lehrbuch der Medienpsychologie (S. 695 – 712), Göttingen: Hogrefe-Verlag. Neubauer, A. (2005). Skript: Differentielle Psychologie I, 93 - 102, Universität Graz. Osburn, H. & Mumford, M. (2006). Creativity and Planning: Training Interventions to Develop Creative Problem-Solving Skills. Creativity Research Journal, Vol. 18, No. 2, 173–190. Schwan, St. (2006). Game Based Learning – Computerspiele in der Hochschullehre. In: K.A. Arnulf Moshammer, Bernd Schneeberger