Cinderella

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Cinderella
VON FANS FÜR FANS
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Über die Produktion (Achtung: Spoiler-Alarm)
DAS VERMÄCHTNIS EINES KLASSIKERS
Jahre lang schon hatten die Walt Disney Studios Interesse daran gezeigt,
CINDERELLA wieder auf die grosse Leinwand zu bringen. Die zeitlose Geschichte
sollte für ein modernes Publikum neu erzählt werden, aber auf der Nostalgie und den
Erinnerungen aufbauen, die von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt geteilt
werden. Von grösster Wichtigkeit war es, dass der Film so unterhaltsam wie nur
möglich sein sollte. Er sollte Spass machen und die Märchenfiguren menschlich
zeichnen, gleichzeitig aber die unvergesslichen Elemente des Zeichentrickklassikers
nie aus den Augen verlieren.
Regisseur Kenneth Branagh (HAMLET („Hamlet“, 1996), THOR („Thor“, 2011)) hatte
noch nie mit dem Gedanken gespielt, bei einem Märchen Regie zu führen, aber
nachdem er das Drehbuch von Chris Weitz (ABOUT A BOY („About a Boy oder: Der
Tag der toten Ente“, 2002) gelesen hatte, stellte er fest, dass ihn die Geschichte auf
eine Weise ansprach, die er sich niemals vorgestellt hätte.
„Ich war gefesselt von der Kraft der Geschichte und hatte den Eindruck, in Einklang
mit der visuellen Kunstfertigkeit zu sein, die für den Film entwickelt wurde“, sagt
Branagh. „Es ist eine klassische Geschichte. Die Hauptfigur geht auf eine Reise, mit
der wir uns alle identifizieren können. Also waren die Textur der Geschichte und die
Welt, in der sie spielen würde, ein wunderbares Vehikel, um damit als Regisseur zu
spielen.“
Branaghs langjähriger Produktionspartner David Barron (JACK RYAN: SHADOW
RECRUIT („Jack Ryan: Shadow Recruit“, 2013)) wusste, dass Branagh der richtige
Mann für den Job war. „Ich arbeite seit mehr als 20 Jahren mit Ken, und er ist einfach
die goldrichtige Wahl für CINDERELLA“, meint Barron. „Er ist ein leidenschaftlicher
Geschichtenerzähler und besitzt die seltene Gabe, jede Situation auf ihre
menschliche Komponente herunterzubrechen, auch wenn es sich um ein Märchen
handelt.“
Um den Film relevant für das Kinopublikum von heute zu machen, war dieser Kern
aus Güte und Mitgefühl von fundamentaler Bedeutung. Die Filmemacher waren
überzeugt, dass diese umwerfende Geschichte in Kombination mit aussergewöhnlich
talentierten Schauspielern und einem starken Drehbuch mit fein ausgearbeiteten und
realistischen Figuren der Stoff für ein durch und durch unterhaltsames Kinoerlebnis
sein würde.
Produzentin Allison Shearmur (PRIDE AND PREJUDICE AND ZOMBIES (2015))
sagt: „CINDERELLA ist einer der grössten Kinoschätze der Filmgeschichte. Es ist ein
spektakulärer Film. Entsprechend gross war die Verantwortung, sich den Stoff aufs
Neue vorzunehmen. In meiner Produktionsfirma war es eine gewaltige Aufgabe für
alle Beteiligten. Aber jeder einzelne von uns liebt den ursprünglichen Film, und es
war unsere erklärte Absicht, ihn in Ehren zu halten.“
Disneys Zeichentrickmärchen CINDERELLA („Aschenputtel“, 1950), das die
magische Liebesgeschichte einer schlecht behandelten Heldin erzählt, deren Träume
sich erfüllen, ist ein grosser Moment in der reichen filmischen Geschichte von
Disney. Das Produktionsbudget von drei Millionen Dollar stellte für damalige
Verhältnisse ein gewaltiges Risiko für das Studio dar. Aber als er am 15. Februar
1950 in die Kinos kam, löste der Film eine Welle der Begeisterung aus und wurde ein
grosser finanzieller Erfolg: Er spielte 34 Millionen Dollar ein und etablierte das Studio
endgültig als wichtige Kraft in der Filmindustrie.
65 Jahre später ist CINDERELLA einer der Filme des Studios, der immer noch am
meisten geschätzt wird. Er wird vom American Film Institute in der Liste der „10
besten Animationsfilmealler Zeiten“ geführt und ist aus der Landschaft der
amerikanischen Popkultur nicht mehr wegzudenken.
Shearmur erinnert sich, dass sie CINDERELLA das erste Mal als Kind in einem
örtlichen Kino in Long Island, New York, gesehen hat und es als eine der
magischsten Erfahrungen ihres Lebens empfand. „Nicht weil es um ein kleines
Mädchen geht, dem das Leben übel mitgespielt hat und dessen Träume auf einmal
wider Erwarten in Erfüllung gehen“, meint sie. „Es war vielmehr die Grösse dieser
Welt und die Tatsache, dass sich ihre Welt komplett wandeln konnte, was mich
wirklich berührte.“
Die Bedeutung und Beliebtheit von Märchen hat sich bis heute nicht geändert. Ihre
Geschichten und Illustrationen beflügeln weiterhin die Fantasie der Kinder; ihre Moral
und Auflösungen unterstützen Kinder bei ihrer emotionalen und psychologischen
Entwicklung. Die Geschichte von CINDERELLA ist denkbar simpel und berührt doch
die Herzen der Menschen auf der ganzen Welt.
Produzent Simon Kinberg (X-MEN: DAYS OF FUTURE PAST („X-Men: Zukunft ist
Vergangenheit“, 2014)) findet, dass stets die einfachsten Geschichten diejenigen
sind, die man nicht mehr vergisst. „Es steckt etwas Fundamentales in ihnen“, erklärt
er. „Es spielt keine Rolle, wie oft sie neu erzählt werden, wie oft sie neu interpretiert
werden, Geschichten wie die von CINDERELLA überdauern Jahrhunderte,
manchmal auch Jahrtausende.“
Für viele wurde die zeitlose Geschichte 1950 in dem berühmten Zeichentrickfilm zum
Leben erweckt, aber ihre Ursprünge reichen zurück bis ins erste Jahrhundert, zu
dem ägyptischen Märchen „Rhodopis“ des griechischen Historikers Strabo –
zumindest gilt dies als älteste verbürgte Version. 1697 interpretierte der Franzose
Charles Perrault die Geschichte neu unter dem Titel „Cendrillon, ou la Petite
Pantoufle de verre“ („Aschenputtel oder Der kleine gläserne Schuh“). In dieser
Variante finden sich erstmals die Gute Fee, die Kürbis-Kutsche und der Glasschuh.
Die Gebrüder Grimm veröffentlichten ihr „Aschenputtel“ in der Schweiz im Jahr 1812.
Anstelle der Guten Fee ist es hier ein Strauch oder ein Baum, der auf dem Grab der
verstorbenen Mutter wächst. Der Ton ist insgesamt düsterer. Perraults Adaption der
Geschichte ist es jedoch, die die Grundlage für den Disney-Film bildet und ihm am
ähnlichsten ist. Seither gab es zahllose weitere Interpretationen in allen möglichen
Medien, in Print, im Kino, im Fernsehen, auf der Bühne, in der Musik und in der
Kunst.
Cate Blanchett (BLUE JASMINE („Blue Jasmine“, 2013), THE AVIATOR („Aviator“,
2004)), hat Märchen schon immer geliebt – und ganz besonders dieses –, weil sie
stets komplexe Themen so aufbereiten, dass auch Kinder sie nachvollziehen und
verstehen können. „Viele Geschichten, die heute erzählt werden, vermitteln Kindern
das Gefühl, dass sie Helden sind, die jedes Problem lösen können, und dass die
Welt ein perfekter Ort ist“, sagt sie. „Aber die klassischen Märchen wie Cinderella
erinnern uns stets daran, dass die Welt ein schlimmer Ort sein kann und dass man
viel Mut und Hartnäckigkeit mitbringen muss, um in ihr überleben zu können.“
DIE ZEITLOSE GESCHICHTE
Ella (Lily James) ist eine bildschöne junge Frau, deren idyllisches Leben
zusammenbricht, als ihr Vater (Ben Chaplin) nach dem tragischen Tod der Mutter
(die Golden-Globe®-nominierte Hayley Atwell) erneut heiratet. Um ihren liebevollen
Vater zu unterstützen, heisst Ella ihre Stiefmutter Lady Tremaine (Cate Blanchett)
und deren Töchter Anastasia (Holliday Grainger) und Drisella (Sophie McShera)
herzlich in der Familie willkommen. Doch als auch ihr Vater unerwartet stirbt, ist Ella
schutzlos der Eifersucht und den Grausamkeiten ihrer neuen Familie ausgeliefert.
Als sie bald zu einer einfachen Dienerin degradiert und von allen hämisch
„Cinderella“ genannt wird, scheint für Ella alles verloren. Doch ungeachtet all der
Gemeinheiten, der sie ausgesetzt wird, lässt sich Ella nicht unterkriegen, ist sie nicht
bereit zu verzweifeln oder jene zu verachten, die ihr Böses wollen. Sie ist
entschlossen, die letzten Worte ihrer Mutter zu achten: Sei mutig und freundlich.
Als Ella eines Tages in den Wäldern einem gutaussehenden Fremden (Richard
Madden) begegnet, scheint sie endlich einen Seelenverwandten gefunden zu haben.
Sie hält den charmanten Mann namens Kit für einen Bediensteten im königlichen
Palast, nichtsahnend, dass er in Wirklichkeit der Prinz selbst ist. Als der Hof alle
jungen Frauen des Landes zu einem grossen Ball einlädt, sieht Ella die Gelegenheit
gekommen, ihn wiederzusehen. Doch ihre Stiefmutter macht ihr alle Hoffnung
zunichte: Sie verbietet den Besuch des Balls kategorisch und zerstört gefühllos Ellas
Kleid.
Gleichzeitig ersinnt der berechnende Grossherzog (Stellan Skarsgård) einen Plan,
wie er die Hoffnungen des Prinzen, wieder mit Ella zusammenzukommen,
zunichtemachen kann und macht dafür gemeinsame Sache mit der Stiefmutter. Aber
wie in allen guten Märchen, ist Hilfe nicht weit. Die Gute Fee (Helena Bonham
Carter) greift ein, um Ellas Leben mit Hilfe eines Kürbisses, ein paar Mäusen und
einem Zauberstab ein für alle Mal zu verändern...
Disneys CINDERELLA ist ein Realfilm, der von dem klassischen Märchen inspiriert
wurde. Er erweckt die beliebten Figuren und zeitlosen Bilder des
Zeichentrickmeisterwerks von 1950 in einem visuell überbordenden Spektakel für
eine ganz neue Generation zu neuem Leben.
Regie führte der fünffach Oscar®-nominierte Kenneth Branagh, als Produzenten
fungieren Simon Kinberg, Allison Shearmur und David Barron; ausführender
Produzent ist Tim Lewis. Das Drehbuch stammt von dem Oscar®-nominierten Chris
Weitz.
Zu dem herausragenden Team hinter der Kamera zählen: Kameramann Haris
Zambarloukos, der dreifach mit einem Oscar® prämierte Szenenbildner Dante
Ferretti, die dreifach mit einem Oscar® prämierte Kostümdesignerin Sandy Powell,
der Oscar®-prämierte Schnittmeister Martin Walsh und der zweifach Oscar®nominierte Komponist Patrick Doyle.
WIE MAN EIN MÄRCHEN ZUM LEBEN ERWECKT
Kenneth Branagh ist einer der talentiertesten und renommiertesten Filmemacher
unserer Zeit. Shakespeare ist ihm ebenso vertraut wie Tom Clancy oder
Superhelden aus dem Marvel- Universum.
Zusätzlich zu seinen beachtlichen Leistungen als Regisseur ist er auch noch ein
preisgekrönter Schauspieler, Autor und Produzent. 2011 erhielt er für seine
Darstellung des Sir Laurence Olivier in MY WEEK WITH MARILYN („My Week With
Marilyn“, 2011) seine fünfte Nominierung für einen Oscar®, was ihn zu einem der
ersten Künstler machte, der Nominierungen in fünf verschiedenen Kategorien
erhalten hat (Darsteller, Nebendarsteller, Regie, Drehbuch und Kurzfilm).
Produzentin Allison Shearmur erzählt: „Kenneth Branagh ist einer der grössten
Schauspieler der Welt und obendrein auch noch einer der grössten Regisseure. Uns
war also von Anfang an bewusst, dass er die Beziehungen komplex behandeln
würde, dass er bei den Figuren und Themen der Geschichte nicht nur an der
Oberfläche bleiben würde. Und dann ist da auch noch die epische Vision, mit der er
THOR so ungewöhnlich und einzigartig machte. Die Kombination dieser Elemente in
ein und demselben Filmemacher zu finden, war fast zu gut, um wahr zu sein.“
Branagh fühlte sich zu dem Material zunächst wegen der Kraft der Geschichte
angezogen, ihm gefielen aber auch die Stärke und Durchsetzungskraft der Titelfigur.
„Bei CINDERELLA kann man davon ausgehen, dass der grösste Teil des Publikums,
egal welchen Alters, die Geschichte bereits kennt“, sagt Branagh. „Was man als
Regisseur also noch hinzufügen kann ist, wie man die klassischen ikonischen
Momente der Geschichte einfängt – das habe ich sofort als wunderbare
Herausforderung für mich begriffen.“
Er fährt fort: „In der Lage zu sein, im 21. Jahrhundert CINDERELLA zu inszenieren,
bedeutet, dass man die Kontrolle darüber besitzt, einen Mythos zu präsentieren, der
die Jahrhunderte überdauert hat, weil er die Menschen auf eine ganz profunde
Weise anspricht.“
Als sich Branagh und Shearmur zunächst zusammensetzten, um das Projekt zu
besprechen, stellte der Regisseur gleich klar, dass er einen Film drehen wollte, in
dem die Psychologie der Figuren komplexer herausgearbeitet wird. Man sollte noch
besser verstehen können, wer diese Figuren sind. Zudem schwebte ihm ein Film vor,
in dem Güte wie eine Superkraft behandelt wird. Shearmur erklärt: „Ich fand immer
schon, dass Güte eine Qualität ist, die Cinderella definiert – die Idee, diese Qualität
aber als Grundlage für ihre Stärke zu verankern, für Cinderellas Fähigkeit, Menschen
zu verändern und grösste Schwierigkeiten zu bewältigen und das Gute durch Güte
über das Böse triumphieren zu lassen, war überaus reizvoll.“
Sie fährt fort: „Es ist dieses Mass an innerer Stärke und Klarheit, das es ihr möglich
macht, all diese Dinge, die sie durchmachen muss, zu ertragen. So erträgt sie die
Kälte, das wenige Essen, das man ihr gibt, den Mangel an menschlichem Zuspruch.
Und sie erträgt es mit einem ganz klaren Verständnis, woran sie glaubt. Und
während sie immer wieder auf die Probe gestellt wird und es Momente gibt, in denen
sie den Glauben und alle Hoffnung verliert, hält sie doch an ihren Überzeugungen
fest. Und damit gelingt es ihr nicht nur, ihr eigenes Leben neu zu formen, sondern
auch das Leben der Menschen um sie herum.“
Die Aufgabe, ein Drehbuch zu schreiben, das ganz souverän die Balance hält
zwischen der Essenz des Zeichentrickfilms und dem Bemühen, die Figuren noch
reizvoller und relevanter zu gestalten, legte man in die erfahrenen Hände von
Drehbuchautor Chris Weitz. Wie Branagh ist auch Weitz ein versierter Schauspieler
(CHUCK & BUCK („Chuck & Buck“, 2000)), Produzent (A SINGLE MAN („A Single
Man“, 2009)) und Regisseur (A BETTER LIFE (2011), THE GOLDEN COMPAss
(„Der goldene Kompass“, 2007)). Er war fasziniert von der Aussicht darauf, die
Geschichte noch ein Stück grösser aufzuziehen, um dem Publikum einen Blick in die
Hintergründe und Motivationen der einzelnen Figuren zu gestatten.
Den Filmemachern schwebte ein Film vor, der der klassischen Familienunterhaltung
entspricht, für die Disney berühmt ist. Sie verloren aber nie aus den Augen, dass die
Familien von heute anders sind, als sie zur goldenen Ära des Studios gewesen
waren. Shearmur erklärt: „Uns geht es mehr darum, die Geschichte als innere Reise
zu gestalten, die die Innenwelten der Figuren offenbart – uns war es nicht so wichtig,
den visuellen Aspekt in den Mittelpunkt zu rücken. Wichtig war aber auch, dass das
Drehbuch dem originalen Zeichentrickfilm jederzeit gerecht werden musste.“
„Wir erzählen keine revisionistische Version von CINDERELLA“, findet auch Chris
Weitz. „Sie macht all die Dinge, die sie auch im Märchen getan hat. Um den Stoff für
das Publikum von heute zu modernisieren, entschlossen wir uns, dieselbe Heldin zu
haben, deren Tugend darin besteht, sich ihre gutes Wesen und ihren Charakter zu
bewahren, egal wie sehr sie auch zu leiden hat.“
Im Drehbuch finden sich Szenen, die Ella als Kind mit ihrer Mutter und ihrem Vater
zeigen. Der Fokus liegt auf dem pittoresken Leben, das sie mit ihren liebenden Eltern
in einem harmonischen Umfeld geteilt hat, bevor ihre Mutter stirbt. In diesen Szenen
sehen wir, wie Ella das Konzept, mutig und freundlich zu sein, zu verstehen beginnt,
weil es ihr von ihren Eltern vorgelebt wird. So kann sie dieses Konzept verinnerlichen
und im Verlauf des Films unerschütterlich darauf vertrauen.
„Das ist die Hinterlassenschaft ihrer Mutter“, findet Produzent David Barron. „Es sind
ganz einfache Worte, aber für Ella bedeuten sie alles. Sie geben ihr Kraft und die
Entschlossenheit, mit all den Dingen fertig zu werden, die sie erwarten – ohne dass
ihr bewusst sein kann, wie sehr ihre Entschlossenheit auf die Probe gestellt werden
wird.“
„In der Zeichentrickversion von CINDERELLA sehen wir ihre Mutter überhaupt nicht
– sie ist nach den ersten beiden Sätzen der Erzählung für immer verschwunden“,
sagt Weitz. „Ich fand aber, dass es für das Publikum wichtig sein würde, sie zu
sehen. Ich wollte nicht nur den Verlust für Ella greifbar machen, sondern auch, was
sie von ihr gelernt hat. Wir wollten einen Prüfstein, mit dessen Hilfe man sich an ihre
nicht greifbaren Gaben erinnern kann.“
Branagh erzählt: „Cinderella hat einen starken Sinn für Humor und Reife. Sie geht
davon aus, dass die Menschen nicht wirklich grausam sein wollen und nicht
unbedingt schlecht sind. Sie ist kein hilfloses, sich bemitleidendes Opfer. Sie kann
die Dinge auch lustig finden. Das ist ein Ausdruck ihrer Stärke – nicht ihrer
Schwäche.“
Und Barron schlägt vor: „Man könnte sagen, dass Cinderellas Reise sich in der
Reise ihrer Stiefmutter spiegelt. Beide müssen Verlust und Herzschmerz erleiden,
der Unterschied liegt in den Entscheidungen, die sie treffen. Ella könnte sehr leicht
verbittert werden oder zornig wie ihre Stiefmutter. Es gäbe Anlass genug dafür, aber
sie entscheidet sich für das Gute, was ihre Stiefmutter nur noch wütender werden
lässt.“
Ein weiteres neues Konzept, das im Drehbuch angedacht wird, ist die Idee, dass wir
die Entscheidung treffen, mit wem wir den Rest unseres Lebens verbringen. In dem
klassischen Zeichentrickfilm wurde den Figuren diesbezüglich keine grosse Wahl
gelassen. Um seine Vorstellung umzusetzen, hatte Weitz den Einfall, dass sich Ella
und der Prinz bereits früher in der Geschichte zum ersten Mal begegnen und nicht
realisieren, mit wem wie sie es da zu tun haben: Sie treten sich völlig
unvoreingenommen gegenüber und stellen fest, dass sie viele Ansichten miteinander
teilen.
Branagh erläutert: „Wir haben unseren Prinz so angelegt, dass stets
durchschimmert, dass er im Krieg war und aus persönlichen Erfahrungen weiss,
welchen Preis man im Krieg zahlen muss. Er ist nicht so strahlend unschuldig wie
viele der Filmprinzen, denen wir in der Vergangenheit begegnet sind. Er hat ganz
eigene philosophische und politische Ansichten, wie ein Land regiert werden sollte.
Und er ist umgeben von Menschen, die überzeugt sind, dass Länder effektiv regiert
werden, indem sie Kriege führen.“
Gleichzeitig fanden die Filmemacher es wichtig, dass Cinderella eine verwandte
Seele finden sollte... einen reifen Menschen, mit dem sie spirituell und emotional auf
einer Wellenlänge liegt. Oft kommt es in Märchen vor, dass die männlichen Figuren
neben den weiblichen die zweite Geige spielen. Also erdachte man den Prinzen als
nachdenklichen und leidenschaftlichen jungen Mann, der eben auch attraktiv und
intelligent ist.
Branagh sieht es so: „Der Prinz entdeckt in Cinderella eine verwandte Seele, die wie
er findet, dass es wichtig ist, sich nicht mit anderen Menschen im Krieg zu befinden,
sondern mutig zu sein im Leben, gut zu sein und grossartig und, wenn es möglich ist,
auch die andere Backe hinzuhalten. Wir wollten ihn als Denker zeichnen, als
sensiblen Menschen, der auch lustig sein kann. Er ist ein pragmatischer Realist in
einer undurchschaubaren politischen Welt. Er muss sich als moralisch ebenbürtig mit
Cinderella erweisen, als Mann, der ebenso gefühlsbetont und verständnisvoll ist wie
sie.“
Ein weiteres zusätzliches Element im Film sind Einblicke darin, warum die
Stiefmutter zu einem solch hartherzigen, ungerechten Menschen werden konnte. Sie
ist nicht einfach nur der Bösewicht der Geschichte und sie ist nicht einfach nur
grausam. Tatsächlich gibt es Gründe für ihr Verhalten, und der Film spricht auch das
an.
Shearmur erklärt: „Das Publikum sieht in unserem Film, dass auch die Stiefmutter
weiss, was Verlust bedeutet. Auch sie muss trauern und hat ein gebrochenes Herz,
aber ihre Antwort darauf ist Wut und der Entschluss, notfalls auch bis zum
Äussersten zu gehen, damit das Leben für sie und ihre Töchter lebenswert ist.“
Sie fährt fort: „Unsere Geschichte spielt in einer anderen Zeit und einer anderen
Gesellschaft, als es Frauen noch nicht möglich war, auf eigene Faust loszuziehen
und einen Beruf zu finden und sich um ihre Familie zu kümmern. Eine Ehe war das
einzige probate Mittel, um sich abzusichern. Das ist es, was diese Figur so
vielschichtig macht: Ihre Gründe sind nachvollziehbar.“
Die Stiefmutter ist stolz darauf, sich nach aussen stets vorzeigbar zu präsentieren:
Ihr Auftreten, ihr Zuhause und ihre Töchter müssen stets perfekt sein. Ihr ist es
ungemein wichtig, was andere Menschen von ihr halten. Und doch fällt es ihr schwer,
ihren emotionalen Schmerz zu verbergen, als sie feststellt, dass ihr neuer Ehemann
immer an seine verstorbene Frau denkt, Ellas Mutter, die die wahre Liebe seines
Lebens war. Als er stirbt, werden ihre widersprüchlichen Gefühle zusätzlich verstärkt.
Zugleich werden ihr die grundlegenden Unterschiede zwischen Cinderella und ihren
Mädchen bewusst, was sie noch wütender werden lässt.
Weitz meint: „Mir war von Anfang an wichtig, dass die Stiefmutter ein Eigenleben
besitzt. Nicht nur musste sie selbst in der Vergangenheit Schmerz und Leid
verkraften, sie kann obendrein auch eine sehr charmante, verführerische Frau sein.“
Die Stiefmutter heckt einen Plan mit dem Grossherzog aus, dem durchtriebenen und
pragmatischen Vertrauten der königlichen Familie – ein weiteres Element, das im
Zeichentrickfilm nur angelegt ist, für den neuen Film aber zusätzlich ausgearbeitet
wurde. Für den Grossherzog ist eine Heirat nichts anderes als ein geschäftliches
Arrangement: Er findet, der Prinz sollte eine Frau heiraten, die von politischem Wert
für die königliche Familie ist. Er empfindet es als seine Pflicht, den Prinzen davon
abzuhalten, Cinderella zu finden und zu heiraten. Also schliesst er sich mit der
Stiefmutter zusammen, um seine Pläne in die Tat umsetzen zu können.
MÄRCHENHAFTE FIGUREN
Eine märchenhafte Figur wie Cinderella auf eine Art und Weise neu zu erfinden, dass
sie im unberechenbaren Kinomarkt von heute bestehen kann, war eine gewaltige
Aufgabe für die Filmemacher. Aber sie waren nicht bereit, Kompromisse einzugehen
oder den Kern der Geschichte substanziell zu verändern. Wie alle geliebten Klassiker
hat auch CINDERELLA eine loyale Fangemeinde, die die entscheidenden Momente
in Disneys bahnbrechendem Zeichentrickfilm längst verinnerlicht hat.
Zunächst einmal war es entscheidend für die Filmemacher, die perfekte
Schauspielerin für die Darstellung der Ella zu finden, eine Darstellerin, die Güte und
Unschuld ausstrahlen sollte. Und sie musste in der Lage sein, das Publikum über ihr
gutes Aussehen hinwegsehen und stattdessen auf die Geschichte hinter ihrer
Schönheit konzentrieren zu lassen. Die Rolle der liebenswürdigen und gutherzigen
Ella, die junge schöne Frau, deren Lebensgeister nicht gebrochen werden können,
ging an Lily James, die das Publikum vor allem als aufsässige Lady Rose aus der
Erfolgsserie „Downton Abbey“ kennt.
Kenneth Branagh kommentiert: „Es war extrem schwierig, jemanden zu finden, der
pfiffig und smart sein konnte, bissig aber nicht grausam, der funkelnde Augen besitzt
und eine innere wie auch äussere Schönheit, aber Lily James’ Cinderella erfüllt alle
diese Anforderungen. Man muss unbedingt auf Cinderellas Seite sein, man muss
sich in sie verlieben, man muss zu ihr halten, also war es wichtig, mit einer
Schauspielerin zu arbeiten, der wie von selbst die Herzen zufliegen.“
Er fährt fort: „Lily brachte all das mit, als sie zu ihrem ersten Vorsprechtermin
erschien. Sie ist ein sehr junges, bildschönes Mädchen, und sie strahlt eine innere
Wärme aus, die ihre Schönheit absolut verbindlich macht. Irgendwie hat man das
Gefühl, man könne sich trotz ihrer strahlenden Schönheit jederzeit mit ihr
anfreunden.“
Allison Shearmur merkt an: „Lily James IST Cinderella. Sie ist gütig. Sie interessiert
sich für die stillste Person im Raum, sie interessiert sich für die unterschiedlichsten
Menschen. Sie hat ein grosses Herz. Sie ist ein guter Mensch und sie ist spektakulär
schön, aber sie ist kein Cartoon.“
Produzent David Barron stimmt seiner Kollegin zu und sagt: „An der Oberfläche
bringt Lily eine wunderbare, grossäugige Unschuld mit, sie strahlt pure Lebensfreude
aus und hat grosse Lust, die Welt um sich herum zu entdecken. Aber sie ist auch
wunderbar intelligent und hat eine direkte Art und emotionale Intelligenz, die es uns
erlaubten, unsere Cinderella genauso vielschichtig auf Film zu bannen, wie wir uns
das erhofft hatten.“
Für James ging ein Traum in Erfüllung, eine der meistgefeierten und beliebtesten
Filmfiguren der Welt spielen zu können. Sie erklärt: „Mir gefiel, dass Ken den Film
ganz leicht und magisch erzählen wollte, eben wie ein richtiges Märchen. Und nicht
nur ist Cinderella so besonders und so gütig und einzigartig. Wir hatten auch die
einmalige Gelegenheit, ein komplettes Leben jenseits des Märchens zu erschaffen,
die Geschichte noch reicher zu machen und für jede einzelne Figur eine ganz eigene
Hintergrundgeschichte zu erzählen.“
Sie fährt fort: „Im Herz der Geschichte steckt Ellas Stärke und wie es ihr ungeachtet
der schlimmsten Umstände dennoch gelingt, immer gut, rein und positiv zu sein.“
Um sich auf den Film vorzubereiten, versuchte Lily James möglichst gesund zu
leben. Sie machte jeden Tag Yoga, um die für den Film richtige Körperhaltung und
Anmut und Eleganz zu bekommen und förmlich in die Rolle der Ella hinein zu
wachsen. Sechs Wochen lang nahm sie Reitunterricht, und obendrein stellte sie
Recherchen über Spiritualität an und las Bücher über grosse Leitfiguren und
Pazifisten wie Gandhi.
„Ich wollte Ella so echt wie nur möglich spielen, aber ich wollte sie nicht makellos
erscheinen lassen, weil ich Angst hatte, das Publikum könne sich nicht richtig mit ihr
identifizieren, wenn sie zu perfekt gewesen wäre“, berichtet Lily James.
Richard Madden wurde für die Rolle des Prinzen gewählt. Er war sofort begeistert
von dem Stoff und freute sich darauf, den schneidigen und nachdenklichen Kit zu
spielen, den klugen jungen Mann, der seine wahre Identität zunächst vor Ella
verbirgt. Der Schauspieler, den man als Robb Stark, König des Nordens, aus der
HBO-Erfolgsserie „Game of Thrones“ kennt, war begeistert, dass der Prinz nicht die
flache, eindimensionale Figur sein sollte, wie man sie aus dem Zeichentrickfilm
kennt, sondern ein Typ, dem das Publikum wirklich abnehmen würde, dass Ella sich
in ihn verliebt.
Madden sagt: „Ken und ich unterhielten uns lange über junge Herrscher und wie sie
zu den traditionellen Ansichten der älteren Generation stehen würden. Der Prinz will
nur das machen, was am besten für sein Königreich ist. Aber er hat ein paar frische
Ideen und neue Philosophien, wie man das am besten anstellt.“
Shearmur findet: „Ken ist immer interessiert, was seine Mitstreiter denken. Er ist ein
Traumregisseur und idealer Kollaborateur für alle anderen, die am Film beteiligt sind.
Er arbeitet eng mit den Schauspielern und gibt ihnen genau die Zeit, die sie
brauchen, um sich bereit für die richtige Darstellung in den verschiedenen Szenen zu
fühlen. Er versteht einfach perfekt, wie der Verstand eines Schauspielers
funktioniert.“
Die Beziehung zwischen dem König und dem Prinz wächst im Verlauf des Films und
das Publikum erlebt regelrecht mit, wie ein junger Mann zu dem wird, der er werden
muss, um das Königreich für die Zukunft flott zu machen. Madden erklärt: „Sein Vater
ist ein älterer, mehr traditioneller König, der das beste für seinen Sohn und sein
Königreich im Sinn hat, aber sie haben einfach verschiedene Sichtweisen und sind
sich nicht einig, was das genau bedeutet. Ihr Ziel ist das selbe, aber wie man dort
hingelangt, darüber sind sie uneins.“
Er fährt fort: „Das war etwas, das mir sehr am Herzen lag, von dem ich mir wünsche,
dass es gerade die jüngere Generation versteht: Vieles kann bewegt und geleistet
werden, wenn jemand Dinge mit neuen, frischen Augen betrachtet und tatsächlich
die Ideen und Taten der vorangegangenen Generation auf den Prüfstand stellt.“
Über die Beziehung des Prinzen zu Ella sagt Madden: „Da steckt viel Humor in
dieser Beziehung, auch wenn es sich um einen historischen Filmstoff handelt. Wie
die beiden miteinander umgehen, fühlt sich sehr modern an.“
Im Film wissen der Prinz und Ella nichts übereinander, als sie sich zum ersten Mal
treffen. Also hat es nichts damit zu tun, dass er ein Prinz ist und sie ein ganz
einfaches Mädchen, sondern dass sie sich als Menschen zueinander hingezogen
fühlen.
Lily James findet: „Der Prinz lernt tatsächlich sehr viel von Cinderella. Und die Figur
ist sehr clever geschrieben, weil man sieht, dass sie bei ihm einen Denkprozess
angestossen hat, der ihn dazu führt, die Ansichten seines Vaters in Frage zu stellen.“
Und Branagh sagt: „Lily James und Richard Madden strahlen in ihren Darstellungen
grosse Intelligenz, Tiefe und Komplexität aus, wenn man sich ansieht, wie sie auf
Dinge reagieren, wie sie sich halten, wie sie ihren Gedanken Ausdruck verleihen.
Dies sind Menschen, die uns vermitteln, dass sie besonders intensiv fühlen, die aber
auch den Spass und den zärtlichen Umgang nicht aus den Augen verlieren.“
Für die Rolle der gefürchteten – und doch missverstandenen – Stiefmutter konnten
sich die Filmemacher keine bessere Schauspielerin als Cate Blanchett vorstellen,
weil sie sicher waren, dass sie diese ikonische Figur realistisch spielen konnte und
sie nicht zur Karikatur verkommen lassen würde. Die Schauspielerin, die sechsmal
für einen Oscar® nominiert wurde (viermal für die Darstellung real existierender
Figuren: Elizabeth I in ELIZABETH („Elizabeth“, 1998) und ELIZABETH: THE
GOLDEN AGE („Elizabeth – Das goldene Königreich“, 2007), Katherine Hepburn in
THE AVIATOR („Aviator“, 2004), Bob Dylan in I’M NOT THERE („I’m Not There“,
2007) und Sheba Heart in NOTES ON A SCANDAL („Tagebuch eines Skandals“,
2006)), spielt die Rolle der eleganten Witwe, die vom Leben gezeichnet ist und Ella
für ihre Jugend, Schönheit und Anmut verachtet.
„Dies ist eine Geschichte, in der Güte eine Art Superkraft darstellt – darüber
unterhielt ich mich mit Ken schon sehr früh und ich fand das wirklich aufregend“,
erinnert sich Cate Blanchett. „Dazu kommt, dass ich drei Söhne grossziehe, also bin
ich mir all der Filme mit männlichen Superhelden bewusst – deshalb war ich sehr
froh, bei einem Film mitspielen zu können, bei dem die Frauen im Mittelpunkt
stehen.“
Weil sie die Stiefmutter nicht vollends unsympathisch zeichnen wollte, injizierte
Blanchett ihre Rolle mit ausreichend Pfiff und Emotion. Ihre Darstellung geht in die
Vollen, aber es lassen sich dennoch kleine Nuancen finden, die Hinweise auf ihren
tief empfundenen inneren Schmerz zulassen.
„Wir wollten dem Publikum zeigen, dass diese Figur einst durchaus noble und
nachvollziehbare Ziele hatte“, sagt Branagh. „Zum Beispiel strebt sie nach einem
finanziell abgesicherten Leben und eine glückliche Zukunft für ihre Töchter. Das kann
man verstehen. Allerdings sind die Mittel, die sie anwendet, eher ungewöhnlich und
ziemlich exzessiv.“
Allison Shearmur merkt zusätzlich an: „Cates Darstellung ist unglaublich, wenn sie in
ganz winzigen Momenten der Nachdenklichkeit rüberbringt, dass die Stiefmutter ein
Leben voller zerstörter Träume geführt hat.“
„Bei einer wirklich grossartigen Schauspielerin wie Cate sehen wir eine Stiefmutter,
die nicht eindimensional ist, sondern voller komplexer und detaillierter Menschlichkeit
steckt“, berichtet Kenneth Branagh. „Sie strahlt absolute Gelassenheit aus und ist so
schön und da ist so viel los hinter ihren Augen. Die Stiefmutter, wie von ihr gespielt,
ist beängstigend, leidenschaftlich und intelligent. Und sie ist gefährlich.“
Er sagt weiter: „Dass wir in der Lage waren, ihre Figur mit einer glaubwürdigen
Hintergrundgeschichte auszuschmücken und das dann von einer Schauspielerin wie
Cate mit grosser Leichtheit und Mühelosigkeit spielen zu lassen, ist einer der
Gründe, warum sich unser Film von anderen Versionen ähnlicher
Märchenverfilmungen abhebt. Und ich denke, dass das moderne Publikum das
goutieren wird.“
Blanchett wusste, dass es Spass machen würde, in die Haut einer so schillernden
Figur zu schlüpfen. Aber sie wollte die Rolle nicht überdreht spielen, was sich in
Märchen oftmals förmlich anbietet. Branagh wollte vielmehr, dass sie in der Figur
einen Kern der Wahrheit ausfindig macht, was sich als ziemlicher Balanceakt erwies.
„Niemand ist böse durch und durch... Jeder hat immer einen Grund, eine Motivation“,
meint Cate Blanchett. „Die Stiefmutter ist das Resultat, wenn gute Absichten
pervertiert werden: Das lässt einen Menschen bösartig werden. Ich hatte Lust darauf
herauszufinden, was einen Menschen bösartig werden lässt.“
Sie fährt fort: „Im Verlauf unseres Films erhält man Hinweise, dass es sich um eine
Frau handelt, die versucht hat, ihr Leben noch einmal von vorn zu beginnen. Was an
ihr nagt wie ein Geschwür ist ihre Eifersucht, weil ihr neuer Ehemann seine Tochter
mehr zu lieben scheint als sie. Weder ist sie so schön, noch ist sie so gut und gütig.
Als Ellas Vater stirbt, nimmt auch der finanzielle Druck zu. Ihre Panik und ihre
Eifersucht steigern sich ins Unermessliche. Das ist es, was sie bösartig werden
lässt.“
Die Gute Fee ist eine hinreissend exzentrische Frau – und eine der beliebtesten
Figuren in Disneys Zeichentrickfilm. Allison Shearmur erzählt: „Die Figur im
Zeichentrickfilm ist fantastisch und ikonisch. Es wäre eine grosse Herausforderung
gewesen, wenn wir versucht hätten, das ganz unmittelbar in unseren Film zu
übernehmen – zumal wir nicht die musikalische Unterstützung durch ein
begleitendes Lied gehabt hätten. Also haben wir uns lieber auf die Qualitäten
fokussiert, die die Gute Fee so beliebt haben werden lassen.“
Die Filmemacher suchten nach einer Schauspielerin, die die Rolle mit einem Hauch
von Schwerelosigkeit spielen könnte, gleichzeitig aber auch mütterlich und lustig sein
sollte und obendrein überzeugend genug, dass ihr das Publikum abnimmt, dass sie
zaubern kann. Helena Bonham Carter kam ihnen schnell in den Sinn, weil sie
wussten, dass sie ganz eigene Ideen für die Figur mitbringen würde und in der Lage
war, die Fee weder zu perfekt noch zu liebenswert zu spielen.
Bonham Carter, die im Verlauf ihrer Karriere unterschiedlichste Rollen gespielt hat,
von liebenswerten, unterwürfigen Figuren wie Lucy Honeychurch in A ROOM WITH
A VIEW („Zimmer mit Aussicht“, 1986) und Lady Jane Grey in LADY JANE (1986)
hin zu düsteren, schrägen Figuren wie die Bellatrix Lestrange in den HARRY
POTTER-Filmen, die Rote Königin in ALICE IN WONDERLAND („Alice in
Wonderland“, 2010) und Mrs. Lovett in SWEENEY TODD: THE DEMON BARBER
OF FLEET STREET („Sweeney Todd: Der teuflische Barbier aus der Fleet Street“,
2007), fühlt sich traditionell von Filmfiguren angezogen, die ihr den kreativen
Freiraum geben, sie zu analysieren und herauszufinden, was sie ticken lässt.
„Man erhält nicht oft das Angebot, das Rad noch einmal neu zu erfinden – aber so
sah ich das, weil es kein klares Bild davon gibt, wer die Gute Fee eigentlich ist“, sagt
Bonham Carter. „Es hat viel Spass gemacht über Dinge nachzudenken wie: Wie ist
sie eigentlich an den Punkt gekommen, an dem sie sich befindet. Ich soll so etwas
wie ein Designer sein, weil ich ja Dinge erschaffe, die Cinderella bei ihrer
Vorbereitung auf den Ball helfen sollen. Also entwerfe ich ihr Kleid, ihre Schuhe, die
Lakaien und die Kutsche.“
Sie erzählt weiter: „Ich machte mir auch Gedanken darüber, warum sie ausgerechnet
einen Kürbis nimmt, um daraus eine Kutsche zu machen. Meine Antwort war, dass
es ein Zufall war. Eigentlich hatte sie vor, die Kutsche aus einer Wassermelone
herzustellen. Die Möglichkeiten sind endlos, und als Schauspielerin liebe ich es, mir
Dinge auszudenken, die mir helfen, meine Figuren besser zu verstehen.“
Chris Weitz gefiel es, diese Rolle in seinem Drehbuch etwas grösser anlegen zu
können. Das bedeutete, dass er sich eine neue Figur einfallen lassen konnte: eine
alte Bettlerin, ebenfalls gespielt von Helena Bonham Carter, die Ella zunächst
anspricht und von ihr mit der ihr typischen Freundlichkeit behandelt wird. Erst
daraufhin gibt sie sich als Gute Fee zu erkennen. Er musste sich Dialogzeilen und
Momente einfallen lassen, die sich nahtlos in diese Szene einfügen. Er sagt: „Helena
hatte eine Version der Figur im Kopf, die absolut perfekt zu der Guten Fee passt, wie
man sie aus dem Zeichentrickfilm in Erinnerung hat. Gleichzeitig wollte sie ihr einen
besonderen Dreh verpassen, der gut mit ihrem ganz eigenen Gespür für Komödie
harmoniert.“
„Ich dachte, dass es doch interessant wäre, wenn sie nicht bei allem, was sie macht,
absolut perfekt ist. Vielleicht ist sie im Stress, weil ihr Zeitrahmen so eng gesteckt ist,
und deshalb macht sie Fehler“, meint Bonham Carter. „Sie sind zu spät dran für den
Ball, und sie ist ziemlich alt und klapprig und geistig nicht ganz auf der Höhe. Das
macht sie im Grunde noch liebenswerter.“
Kenneth Branagh merkt an: „Ich habe etwas Interessantes über die ursprüngliche
Gute Fee gelesen, wo der Ausdruck ,gutartige Verwirrtheit’ verwendet wurde.
Stimmt, auch im Zeichentrickfilm hat die Gute Fee etwas leicht Verwirrtes. Und
Helena baut bei ihrer Darstellung darauf auf und setzt den Gedanken fort.“
Er sagt ausserdem: „Sie ist sehr leidenschaftlich, sehr pfiffig, aber hat ihre Magie
nicht immer ganz unter Kontrolle. Sie liebt Cinderella und eindeutig hegt sie
mütterliche Gefühle für das Mädchen. Das spürt man in jedem Moment.“
„Es besteht keine Frage, dass die Gute Fee viel Liebe für Cinderella empfindet“,
meint auch Produzent David Barron. „Aber sie geht auch etwas hemdsärmelig mit ihr
um und hat viel Spass dabei. Und weil sie nicht alles ganz perfekt hinbekommt,
obwohl sie doch die Gute Fee ist, ist das auch sehr komisch.“
Zwei weitere erinnerungswürdige Figuren des Zeichentrickfilms sind Cinderellas
rüpelhafte und schlecht erzogene Stiefschwestern Anastasia und Drisella, hier
gespielt von Holliday Grainger aus „Bonnie and Clyde“ und Sophie McShera aus
„Downton Abbey“. Beide Rollen haben mehr Tiefe als in vorangegangenen
Versionen, aber sie dienen auch hier vor allem für befreiende Komik.
„Die Stiefschwestern sind ziemlich kleingeistige, kleinkarierte Puten“, findet Allison
Shearmur. „Sie haben kein Innenleben, kennen keine Dankbarkeit und lassen die
Fähigkeit vermissen, die Schönheit in den Dingen um sie herum zu erkennen. Das
einzige, was sie sehen, ist das, was sie wollen und was sie nicht haben.“
Sie fährt fort: „Beide Figuren sind tief in sich drin ziemlich hässlich. Äusserlich sind
sie recht hübsch, aber sie haben einfach kein Gespür dafür, wie weit man bei der
Frisur, dem Makeup, der Grellheit der Garderobe gehen kann, ohne dass es
geschmacklos wirkt. Ihr Auftreten spiegelt perfekt wider, dass sie nur an sich
interessiert sind und andere Menschen ihnen völlig egal sind... so drückt sich ihre
Hässlichkeit aus.“
Grainger führt diesen Gedanken noch weiter aus: „Anastasia ist die jüngere der
beiden Stiefschwestern. Sie und Drisella treten immer als Paar auf, ganz als wären
sie siamesische Zwillinge. Sie beide verlangen stets nach Aufmerksamkeit und
bewundern ihre Mutter so sehr, dass sie über keinerlei Selbstwertgefühl verfügen.
Daraus resultiert die Eifersucht auf Cinderella, die die Selbstsucht der Schwestern
mit voller Wucht zu spüren bekommt. Aber es ist nicht ihre Schuld, dass sie nicht
attraktiv sind oder talentiert und dass niemand sie heiraten will.“
„Wir sind ziemlich widerwärtig, aber wir sehen auch total lächerlich aus. Man kann
also eigentlich gar nicht anders, als Mitleid mit uns zu empfinden“, merkt McShera
an.
Es wäre falsch zu sagen, dass Cinderella ihre Stiefschwestern nicht mag. Sie ist
einfach nicht in der Lage, andere Menschen zu hassen. Es ist vielmehr so, dass sie
die beiden Mädchen nicht im Geringsten verstehen kann. „Ich denke, dass sie Mitleid
mit ihnen hat“, findet Lily James. „Sie erkennt, dass sie zutiefst unglückliche,
selbstsüchtige menschliche Wesen sind. Aber ich denke, dass sie manchmal auch
über sie lachen muss und sie lustig findet.“
Es war den Filmemachern wichtig, dass das Publikum die Schwestern als bösartig
und unausstehlich empfindet, sie sollten aber auch glaubwürdig sein. Beim Dreh
ermutigte der Regisseur Grainger und McShera zur Improvisation. Auf diese Weise
sollten sie ein Zusammenspiel entwickeln, das sie als Schwestern überzeugend
macht.
Cate Blanchett sagt: „Sophies angeborenes komisches Timing ist exquisit. Sie und
Holliday sind so unaffektiert, dass man ihnen wirklich abnimmt, dass sie glauben,
niemand im Raum könne klüger sein als sie – und niemand schöner. Und obwohl sie
so auffällig gekleidet sind, haben sie ihr Blatt niemals überreizt. Sie haben sofort die
richtige Balance gefunden.“
Für die Rolle des Königs, des Vaters des Prinzen, wandte sich Branagh an seinen
häufigen Mitstreiter, den gefeierten britischen Bühnen- und Leinwandschauspieler
Derek Jacobi, der ihn als jungen Mann inszeniert und ihm als Mentor fungiert hatte,
als er sein Bühnendebüt in „Hamlet“ gab. Jahre später revanchierte sich Branagh bei
Jacobi, indem er ihn in seinem Filmregiedebüt HENRY V („Henry V“, 1989) besetzte.
Jacobi erzählt: „Ich kenne Ken seit 1979, als ich den Hamlet am Old Vic spielte und
er ein Schüler an der Royal Academy of Dramatic Arts war und mich für die
Hauspostille der Academy interviewte. Nach seinem Abschluss wurde er über Nacht
zur Schauspielsensation. Unsere Freundschaft ist seither unverändert eng
geblieben.“
Jacobi beschreibt seine Rolle folgendermassen: „Der König ist sehr traditionell. Er
will, dass sein Sohn ein sicheres und gefestigtes Königreich erbt. Das bedeutet aber
auch, dass er sich zu einer arrangierten Ehe bereit erklären muss, die allen Parteien
zum Vorteil gereicht. Wir sehen gleich, dass seine Beziehung zu seinem Sohn stark
ist. Sein Sohn will nämlich ein einfaches Mädchen vom Land heiraten, das er im
Wald kennengelernt hat. Und wir sehen, dass der König seinen Sohn so sehr liebt,
dass er schliesslich sagt: ,Also, in dieser Angelegenheit vertraue ich dir. Ich denke,
du bist ein mutiger Junge, und du musst auf dein Herz hören.’“
Jacobi berichtet weiter: „Der König erkennt, dass Liebe, Güte und Mut Werte sind,
die ebenso wertvoll sind wie Land, Soldaten und Adel. Da gibt es eine berührende
Szene, in der Cinderella kurz vor Mitternacht Hals über Kopf aus dem Ballsaal flieht
und mit dem König zusammenstösst. Bevor sie weiterläuft, sagt sie ihm, was für
einen wunderbaren Sohn er hat und wie sehr sein Sohn ihn liebt. Das ist wohl der
Auslöser dafür, dass der König erstmals realisiert, dass es womöglich nicht die
schlechteste Sache auf der Welt ist, wenn die beiden heiraten.“
Stellan Skarsgård (THE GIRL WITH THE DRAGON TATTOO („Verblendung“, 2012))
spielt den Grossherzog, dessen Aufgabe es ist, dass im Königreich und der
Aussenpolitik alles reibungslos läuft. Dazu gehört auch das Einfädeln von
Geschäften, die dem Land zum Vorteil gereichen könnten. Skarsgård erklärt: „Er hält
die Show am Laufen. Er ist sehr pragmatisch und ist ganz und gar nicht
einverstanden mit der albernen Idee, dass jemand aus Liebe heiratet. Das betrifft
auch den Prinz.“
Produzent David Barron erzählt weiter: „Die Beziehung zwischen dem Grossherzog,
dem Prinz und dem König ist sehr kompliziert. Letztlich wollen alle nur das Beste,
aber sie haben unterschiedliche Ansichten, was das Beste nun genau sein soll und
wie man es erreicht.“
Er fährt fort: „Der Grossherzog will den Prinz nicht einfach aus Selbstzweck
manipulieren. Er ist fest davon überzeugt, dass er nur das Beste für die Nation will
und wird alles daran setzen, diese Überzeugung zu verteidigen.“
Die Besetzung wird komplettiert von Nonso Anozie aus JACK RYAN: SHADOW
RECRUIT („Jack Ryan: Shadow Recruit“, 2013) als der Hauptmann, der Berater und
beste Freund des Prinzen; Ben Chaplin aus MURDER BY NUMBERS („Mord nach
Plan“, 2002) als Ellas Vater; und Hayley Atwell aus CAPTAIN AMERICA: THE
WINTER SOLDIER („The Return of the First Avenger“, 2014) als Ellas Mutter.
EIN WEIT ENTFERNTES KÖNIGREICH
Die Dreharbeiten von CINDERELLA begannen im Sommer 2013 in den
Bühnenhallen der britischen Pinewood Studios und an Drehorten in und um London.
Da es sich um ein zeitloses Märchen handelt, das an einem frei erfundenen Ort
spielt, beschlossen die Filmemacher zu einem frühen Zeitpunkt, dass sie sich nicht
sklavisch an eine bestimmte geschichtliche Ära halten mussten. Das gab dem
Produktionsteam die nötige Freiheit, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen und ihre
ganz eigene ungewöhnliche Vision einer magischen Zeit und eines magischen Orts
zu gestalten.
„CINDERELLA hat ganz bestimmte grosse Momente“, sagt Kenneth Branagh. „Wir
sahen uns also konfrontiert mit der Herausforderung, den Erwartungen des
Publikums zu entsprechen, damit es nicht enttäuscht ist. Gleichzeitig mussten wir die
Erwartungen aber auch übertreffen und es unserer eigenen Vision erlauben, sich zu
entfalten und durchscheinen zu lassen. Wir wollten einen Film machen, der originell
und unerwartet ist.“
Der gefeierte Szenenbildner Dante Ferretti, der im Lauf seiner herausragenden
Laufbahn mit grossartigen Filmemachern wie Federico Fellini, Martin Scorsese,
Franco Zeffirelli und Francis Ford Coppola gearbeitet hat, startete eine aufwändige
Recherche und liess sich von der nordeuropäischen Architektur des 16., 17. und 18.
Jahrhunderts inspirieren.
Ferretti sagt: „Ken wollte den Look des Films irgendwo im 19. Jahrhundert verorten,
was uns die Gelegenheit gab, auch frühere Architekturstile in unsere Entwürfe
einzuarbeiten. Die Figuren leben in Gebäuden, die teilweise Jahrhunderte vor der
Zeit, in der unser Film spielt, gebaut wurden. Ganz besonders fühlte ich mich von der
magischen und opulenten Anmutung des Barock angezogen. Ich machte mich also
daran, eine Welt entstehen zu lassen, die im Grunde auf historischen Realismus
fusst, aber mit Fantasy vermischt wird, weil ich eine Atmosphäre anstrebte, die
ebenso glaubwürdig wie fantastisch sein sollte.“
Er fährt fort: „Ich erinnere mich, wie mich meine Eltern als kleinen Jungen in
Macerata in Italien ins Kino mitnahmen, wo wir uns den Zeichentrickfilm
CINDERELLA ansahen. Als man mich ansprach, ob ich Interesse an CINDERELLA
hätte, habe ich mir den Film sofort wieder angesehen und war wieder hingerissen
von seiner Pracht und Würde. Es ist ein Film, der einen mitnimmt in eine andere Welt
voller Schlösser und Ballsäle und gewaltiger Treppen.“
Branagh wollte, dass sein Film eine majestätische Opulenz ausstrahlt, die einem
Königreich gerecht werden sollte. Man sollte sich vorstellen können, dass in ihr auch
Magie stattfinden und eine Gute Fee einschreiten kann. Gleichzeitig wollte er
gewährleisten, dass die Kulissen so glaubwürdig wie nur eben möglich aussahen.
Zu den von Ferretti entworfenen und erschaffenen Kulissen zählen das Äussere des
Königspalasts, eine gewaltige Struktur, in der auch eine riesige Treppe nicht fehlen
darf, prächtige Gärten und verschnörkelte Brunnen, Ellas Kindheitszuhause und –
last but not least – der grosse Ballsaal des Palasts, wo Ella ihren unvergesslichen
Auftritt hat und mit dem Prinzen tanzt.
Simon Kinberg berichtet, dass die meisten Filme den Ballsaal vermutlich mit Hilfe
von Computereffekten erschaffen hätten, aber dass diese Option für die Produktion
nicht in Frage kam. „Es war Dante und Ken ungemein wichtig, dass sich dieser Ort,
der ikonischste Ort der gesamten Geschichte, in dem sich eine der ikonischsten
Szenen aller Zeiten abspielt, unbedingt echt anfühlt.“
Und Ferretti meint: „Ich hatte die Vorstellung, eine Atmosphäre des Europas der
alten Welt zu erwecken, weil ich wusste, dass das perfekt mit der Magie der
Geschichte und den farbenfrohen Figuren harmonieren würde“, sagt Ferretti.
„Realismus war mein Fokus und ich ziehe es grundsätzlich vor, Kulissen zu
erschaffen, die ich tatsächlich berühren kann. Ich denke, den Schauspielern geht es
genauso... es hilft ihnen, sich in ihren Figuren zu verlieren.“
Branagh und Ferretti hatten zahlreiche Diskussionen und stimmten beide überein,
dass das Augenmerk tatsächlich auf praktischen Sets liegen sollte. Also wurde alles
entweder in Bühnenhallen oder auf dem Studiogelände errichtet. Zu Ferrettis
Designprozess gehörte seine langjährige Mitstreiterin, die Setdekorateurin Francesca
Loschiavo-Ferretti, mit der er bereits an mehr als 30 Filmen gearbeitet hat.
Er erklärt: „Ich entwerfe sämtliche Skizzen, und dann geht Francesca jede einzelne
Zeichnung durch, um zu gewährleisten, dass auch alle Details stimmen. Aber wir
wollten nicht, dass die Dinge zu perfekt aussehen, deshalb streuten wir absichtlich
kleine Fehler in sämtliche Entwürfe ein, um sie realer wirken zu lassen.“
Richard Madden sagt: „Die Kulissen in diesem Film haben genauso viel
Persönlichkeit wie die Figuren. Das hilft ungemein, die Geschichte zu erzählen, wer
diese Figuren wirklich sind. Als Zuschauer kann man sich gar nicht an den Kulissen
sattsehen. Und den Schauspielern dienen sie als Inspiration.“
Er meint zudem: „Diese lebendigen, realistischen Noten tragen dazu bei, dass sich
alles noch echter und noch besonderer anfühlt.“
DER BEZAUBERNDE KÖNIGLICHE BALL
Für den grossen Ball wollte Kenneth Branagh den grössten Ballsaal sehen, den man
sich vorstellen kann. Die Kulisse wurde in der berühmten 007-Halle der Pinewood
Studios errichtet, der grössten in ganz Europa, in der bereits hunderte von
gewaltigen Produktionen untergebracht waren.
Allison Shearmur erinnert sich an das erste Mal, als sie die Halle betrat: „Ich war
völlig begeistert, als ich feststellte, was für eine riesige Grotte die Kulisse war. Es ist
im Grunde eine riesige, aus Zement gefertigte Grotte, grösser als ein paar
Fussballfelder aneinandergereiht. Dort entwarf und fertigte Dante Ferretti tatsächlich
einen dreistöckigen Ballsaal, der die komplette Halle ausfüllte und in den schönsten
Raum verwandelte, den man sich überhaupt nur vorstellen kann.“
Sie meint weiter: „Den Drehort zu betreten war, als würde man den Fuss an einen
Ort setzen, den es eigentlich nur in Märchenbüchern geben sollte.“
„Der Palast musste magisch sein. Also studierte ich französische Architektur, ich sah
mir den Louvre an, die Palais Opéra und das Hôtel de Soubise, die alle endlos lange
Treppen in ihre Struktur eingearbeitet haben“, sagt Ferretti. „Also begannen wir mit
der Treppe und arbeiteten uns immer weiter voran, darunter den Haupteingang mit
dem Marmorbogen und den Brunnen im Inneren.“
Ferretti und seine Mannschaft erschufen einen Ballsaal, der endlos und üppig wirkt.
Er mass in der Länge 17 Meter, war 12 Meter breit und 10 Meter hoch. Zu ihm
gehörten eine beeindruckende Treppe, die in den Ballsaal führt, Marmorböden und wände, goldene Statuen, tausende Blumen, Freskos und Vorhänge, die aus 2000
Meter Stoff geschneidert worden waren.
Teil des Ballsaals waren auch 17 riesige, handgefertigte Kerzenhalter aus Italien, in
denen knapp 5000 Kerzen steckten. Jede einzelne musste von Hand entzündet
werden. Francesca Loschiavo- Ferretti wollte, dass die Kerzenhalter, die im Gang auf
den Weg zum Ballsaal und im Ballsaal selbst zu sehen sind, völlig over the top sind.
Schliesslich liess man sie in Wien handfertigen – jeder einzelne von ihnen ist ein
kleines Kunstwerk.
„Ich wollte ein Maximum an Pracht vermitteln, wenn Ella erstmals in den Raum tritt,
aber gleichzeitig durfte man sich nicht eingeengt und eingeschüchtert fühlen, da
musste eine Leichtigkeit sein“, berichtet Kenneth Branagh. „Als Lily den Saal mitten
in der Sequenz erstmals betrat, war das einer der aufregendsten, bewegendsten und
schönsten Tage meiner gesamten Karriere. Selbst die abgebrühtesten Handwerker
und die zynischsten Makeup-Künstler hatten Tränen in ihren Augen.“
Lily James stimmt dem Regisseur zu: „Das erste Mal den Saal zu betreten, was
unfassbar. Der Ballsaal war die magischste Sache, die ich jemals gesehen habe. Als
ich reinkam und sich alle Augen auf mich richteten, stand ich Todesängste aus, aber
es war nicht nur der Höhepunkt des Films, sondern natürlich auch mein persönlicher
Höhepunkt.“
Cate Blanchett fügt hinzu: „Als ich die Ballsaal-Kulisse betrat, musste ich erst einmal
wieder meinen Kiefer vom Boden kratzen... Es war ein perfekter MGM-TechnicolorMoment. Was das Kino anbetrifft, war es, als hätten wir eine Zeitreise in die
Vergangenheit in eine bessere Zeit angetreten. Als Cinderella und der Prinz sich zu
ihrem Tanz zusammenfanden, war das ein überaus bewegender Moment.“
„Dante hat einen Sinn für leisen Humor und Witz und natürlich für Stil, aber er drängt
sich nicht auf, ist nicht zu schwülstig oder kitschig, seine Entwürfe haben genau den
Glamour, den man braucht“, erklärt Kenneth Branagh. „Der Ballsaal hat alles, was
man sich womöglich erwarten könnte, und obwohl man sich an viele der anderen
berühmten Ballsäle erinnert fühlt wie in Wien, Paris oder London, ist er doch
unverkennbar der unsere.“
HOME SWEET HOME
Zusätzlich zum Palast und den Ballsaalkulissen errichteten Dante Ferretti und seine
Crew die Fassade von Ellas Familienzuhause vor Ort in Black Park, ein ausladender
Park auf dem Land in Wexham, Buckinghamshire (nicht weit entfernt von den
Pinewood Studios), der zudem Ställe, den Brunnen und das Gewächshaus im
Garten umfasste.
Lily James sagt: „Die Aussendrehorte, wie die Wiesen mit ihren langen, wilden und
farbenfrohen Blumen, wo Pollen durch die Luft wirbelten, und Schafe, Gänse und
Pferde herumliefen, waren spektakulär.“
Das Innere des Zuhauses, darunter alle Schlafzimmer, der Studienraum des Vaters
und der Dachboden, in den Ella später zum Schlafen verbannt wird, wurde komplett
in Studiohallen errichtet – ebenso wie eine exakte Kopie der Fassade des Hauses.
Ferretti erzählt: „Wir gestalteten das Innere des Hauses ausgesprochen farbenfroh,
um den Look eines Märchens zu erzielen. Die Tapeten im beinahe ganzen Haus, die
wir entwarfen und druckten, sind vom Stil her bourgeois, während die Tapeten im
Studienraum des Vaters orientalisch anmuten und ziselierter sind. Und weil er vom
Beruf ein Kaufmann ist, füllten wir den Raum mit Gegenständen, die er im Verlauf
seiner Reisen auf der ganzen Welt gesammelt hat.“
Kenneth Branagh merkt an: „Wir wollten, dass Ellas Zuhause viel Wärme ausstrahlt,
für das Publikum sollte es das Symbol einer glücklichen Familie sein. Es sollte
vermitteln, dass ein Haus ein Zuhause werden kann, wenn man sich mit so viel Liebe
darum kümmert.“
Helena Bonham Carter fügt hinzu: „Dies ist ein gewaltiger Film mit riesigen Kulissen,
was mir als Schauspielerin wirklich half. Ich habe viele Filme vor GreenscreenTechnik gemacht, wo man sich buchstäblich alles vorstellen muss, was sich um
einen befindet. Entsprechend hilfreich fand ich es, meine Szenen in einem Garten zu
drehen, in dem das Gewächshaus und Ellas Haus tatsächlich da waren und einen
inspirieren konnten.“
KOSTÜME FÜR KÖNIGE
Ebenso wichtig für die Bedürfnisse der Produktion waren die richtigen Kostüme. Eine
Aufgabe, für die die gefeierte Kostümdesignerin Sandy Powell offensichtlich mehr als
qualifiziert war. Zusätzlich zu ihren beeindruckenden Arbeiten an unabhängigen
Filmen wie THE CRYING GAME („The Crying Game“, 1992), FAR FROM HEAVEN
(„Dem Himmel so fern“, 2002) und ORLANDO („Orlando“, 1992) und ihren Oscar®prämierten Leistungen für THE YOUNG VICTORIA („Young Victoria“, 2009),
SHAKESPEARE IN LOVE („Shakespeare in Love“, 1998) und THE AVIATOR
(„Aviator“, 2004) hat Powell viele Jahre damit zugebracht, Kostüme für Männer in
Männerfilmen zu entwerfen. Entsprechend aufgeregt war sie von der Aussicht, an
einem Film mit so vielen starken weiblichen Figuren arbeiten zu können.
Es war von entscheidender Bedeutung, dass es einen geschlossenen Look & Feel
zwischen den Kostümen und dem Produktionsdesign gab. Also arbeitete Powell sehr
eng mit Szenenbildner Dante Ferretti. Glücklicherweise hielten sie sich während der
Vorproduktion im selben Studio auf und konnten einander täglich problemlos und
ohne Aufwand besuchen, um sicherzustellen, dass wirklich jedes Element
aufeinander abgestimmt war.
Powell hatte mit ihren Konzepten für das Aussehen der einzelnen Figuren ungefähr
zwei Jahre vor Beginn der tatsächlichen Dreharbeiten begonnen. Sie überlegte, dass
es interessant wäre, wenn die Kostüme nicht aussehen würden wie direkt aus dem
19. Jahrhundert, sondern wie man sich die Garderobe der Epoche wohl in den
Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts vorgestellt hätte. Sie ging an den
Film heran, wie man an ein Bilderbuch für Kinder herangehen würde: sehr lebhaft
und farbenfroh, man sollte an den Kostümen gleich erkennen können, wer zu den
Guten gehört und wer zu den Bösen.
Wenn man die Kostüme für einen Film entwirft, muss man viele unterschiedliche
Dinge in Betracht ziehen, also muss man das Drehbuch wirklich perfekt verstehen“,
sagt Powell. „Es ist nicht gut, wenn man ein Kostüm designt, das nicht auf die
anderen Kostüme abgestimmt ist. Ich wollte, dass der Film eine ,Es war einmal...’Qualität ausstrahlt. Und da es sich um ein Märchen handelt, mussten wir uns an
keine strikten Regeln halten.“
Sie fährt fort: „Die Geschichte spielt ganz grob gesagt rund um 1830, aber es ist
natürlich toll, wenn man der künstlerischen Massgabe folgen darf, im Zweifelsfall
immer das machen zu dürfen, was für die einzelne Figur am besten ist. Es gibt
verschiedene Stile und unterschiedliche Einflüsse für jede einzelne Figur. Oder
besser gesagt: für jede Gruppe von Figuren.“
Powell studierte zunächst einmal den Zeichentrickfilm, bevor sie selbst ans Werk
ging. Das tat sie aber eher aus Neugier und nicht unbedingt, weil sie den Film als
Inspirationsquelle erachtete. Als sie allerdings mit ihren eigenen Entwürfen begann,
stellte sie fest, dass es gewisse Ähnlichkeiten gab, also musste sie doch
unterbewusst von der Vorlage inspiriert worden sein, auch wenn ihr das gar nicht klar
war. „Die Bilder des Zeichentrickfilms sind so ikonisch, dass sie tief in unserer
Erinnerung verankert sind“, findet sie.
Powell wollte nicht, dass Ella bei ihrer Tagesgarderobe in den Lumpen und dem
zusammengeschusterten Kleid, wie man es aus dem Zeichentrickfilm kennt,
gewandet ist. Stattdessen trägt Ella ein Kleid, das aussieht wie ein Kleid, das sie in
glücklicheren Zeiten vor dem Tod ihres Vaters getragen haben könnte. Es wurde aus
blauem Baumwollschleierstoff gefertigt und war beeinflusst von Blumenprints aus
den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts mit grossen blassen rosa Blumen, die
fast komplett im Stoff verschwinden. Anders als im Zeichentrickfilm ist es allerdings
nicht zerfetzt und zerrissen, sondern einfach nur abgenutzt und verblasst im Lauf der
Zeit.
Das Kleid, in dem Cinderella ihren dramatischen Auftritt beim grossen Ball im Palast
hat, bedurfte monatelanger Vorbereitungen für Powell und ihre Mannschaft, aufgrund
der verschiedenen Prototypen, Anproben und immer wieder neuer Anläufe. Es
musste auch die Bewegungsfreiheit bedacht werden und die Tatsache, dass es
wunderschön beim Tanzen aussehen muss. „Nicht nur muss sie darin tanzen
können, sie muss darin auch über die Treppe vom Ball fliehen können“, merkt Powell
an. „Das Ballkleid ist sehr klug entworfen, denn obwohl es voluminös und üppig wirkt,
ist es doch sehr ausgeglichen und ausbalanciert.“
Sie fährt fort: „Es ist noch nicht einmal schwer, denn es sitzt auf eine Weise am
Körper und ist so angebracht, dass man sich unter all den verschiedenen
Unterkleidern verblüffend mühelos und frei darin bewegen kann. Es ist nicht das
ziselierteste oder am teuersten aussehende Kleid auf dem Ball, aber es musste
auffallen und sich vom Rest der Kleider in der Menge abheben und doch zugleich
das einfachste und zarteste Kleid sein.“
Powell hoffte, mit dem Kleid einen Sinn für Leichtigkeit und Einfachheit
rüberzubringen. Und obwohl es riesig ist, sollte es schwerelos wirken. Um das zu
erzielen, benutzte sie verschiedene Lagen feinsten Stoffes, alle in verschiedenen
Blautönen, die, wenn man sie zusammensetzt, eine Anmutung vom Blau einer
Wasserlilie ergeben sollten. „Die feinen Lagen von Stoff funktionierten hier ganz
wunderbar, weil sie um sie herum zu fliessen scheinen, wenn sie sich bewegt. Lily
sieht darin zugleich aber auch klein und zart aus, um einen noch stärkeren Kontrast
zu ihrem bisherigen Aussehen im Film zu erzielen. Ich wollte, dass das Kleid
aussieht, als wäre es mit Wasserfarben gemalt worden“, meint Sandy Powell.
Dazu kam noch ein Korsett, mit dem James’ ohnehin feine Kurven zusätzlich
akzentuiert wurden und sich ihre 50-Zentimeter-Taille noch zusätzlich von dem
voluminösen Rock abhebt. Powell entschied sich dagegen, ihr Schmuck oder eine
Tiara zu geben: In ihrer Einfachheit sollte sie sich extrem von der Menge abheben.
„Cinderella gewinnt das Herz des Prinzen wegen ihrer Ehrlichkeit und Güte, und das
sollte sich in ihren Kostümen widerspiegeln“, sagt die Kostümdesignerin.
Dann hatte sie den Einfall, dass Schmetterlinge auf dem Kleid landen sollten,
nachdem es von der Guten Fee gemacht worden war, was sich dann wiederum in
den Stickereien des Kleides niederschlagen sollte. Letztendlich wurden neun
verschiedene Versionen von Cinderellas Ballkleid angefertigt. Jedes einzelne
verschlang 90 Meter Stoff und umfasste mehrere Unterröcke, mehr als 10.000
Swarovski-Kristalle und mehr als fünf Kilometer Säume.
„Als ich Cinderellas Kleid zum ersten Mal im Studio von Sandy Powell sah, stockte
mir der Atem“, gesteht Allison Shearmur. „Sie sagte mir, ich könne es ruhig berühren,
aber ich traute mich nicht. Als ich es schliesslich doch tat, fühlte es sich an, als
würde man Luft anfassen. So muss sich wohl eine Wolke anfühlen. Und doch
befindet sich eine unfassbare Menge Stoff in diesem Rock.“
Am meisten Spass hatte Powell indes bei den Entwürfen der Kleider für die
berüchtigte böse Stiefmutter. Cate Blanchett war die erste Schauspielerin, die für den
Film besetzt wurde, also konnte sich Powell die Oscar®-Gewinnerin schon zu Beginn
ihrer Arbeit vor ihrem geistigen Auge vorstellen. Powell hatte Cate Blanchett zuvor
bereits in Martin Scorseses THE AVIATOR angezogen – und unlängst auch wieder
in Todd Haynes’ neuem Film CAROL („Carol“, 2015).
Blanchetts Figur wird im Drehbuch als grosse Schönheit (oder zumindest als
ehemals grosse Schönheit) beschrieben. Powell wollte die Stiefmutter so einkleiden,
dass man erahnt, dass sie sich ihrer Schönheit immer bewusst gewesen war. Powell
wollte dem Publikum vermitteln, dass die Stiefmutter und ihre Töchter das komplette
Geld von Cinderellas Vater für ihre Garderobe verprassen, deshalb sieht man sie
ausschliesslich in exquisiten Gewändern, die sie überdies regelmässig wechseln.
Powell sagt. „Ich wollte sie vor allem einschüchternd aussehen lassen, und Cate
bringt das alleine schon mit ihrer aussergewöhnlichen Körperhaltung rüber. Sie trägt
jedes Outfit, als wäre sie dafür geboren worden. Für einen Designer ist sie ein
Traum, der in Erfüllung geht, weil man sich kaum einen Menschen vorstellen kann,
den man lieber anzieht. Es gibt nur eine Handvoll Schauspieler, an denen einfach
alles gut aussieht – und sie gehört dazu.“
„Sandy und ich liessen uns von Bildern inspirieren, die in den Vierzigerjahren von
Leinwandlegenden wie Marlene Dietrich und Joan Crawford gemacht wurden –
Frauen, die wir auch heute noch bewundern. Sie strahlen grosse Gefahr aus, sind
geheimnisvoll, nicht zuletzt, weil sie so dramatisch ausgeleuchtet wurden“, sagt
Blanchett.
Und Powell fügt hinzu: „Cates Silhouette ist sehr graphisch, und ich setzte bei ihr
eine Palette aus starken Juwelentönen und viel Schwarz ein. Sie sah wunderschön
aus, aber dennoch hatte sie Ecken und Kanten.“
Powell entwarf überdies die Schuhe und Stiefel der Stiefmutter, die allesamt von
Salvatore Ferragamo gefertigt wurden.
Für die Stiefschwestern liess sich Powell Entwürfe einfallen, die gnadenlos über das
Ziel hinausschossen (und das nicht gerade in einer besonders schmeichelnden
Weise) – genau das war ihre Absicht. Sie erklärt: „Die Kleider waren sehr grell und
bunt und sind mit zu vielen Dingen bestickt. Sie sind sehr linkisch und richtig prollig.“
Die Idee dahinter war, dass es sich um Figuren handelt, die auf den ersten Blick
attraktiv sind, ihre Hässlichkeit und Eitelkeit kommt vielmehr von innen heraus. Wenn
Powell sie alle hässlich aussehen lassen wollte, konnte ihr das nur gelingen, indem
sie die beiden albern wirken liess. Sie erzählt: „Ich entschied mich, sie immer
identisch zu bekleiden, wie es Disney schon in seinem Zeichentrickfilm gemacht
hatte, ein bisschen wie Freundinnen, die zusammen einkaufen gehen und sich die
gleichen Sachen, allerdings in verschiedenen Farben, kaufen, oder wie Zwillinge, die
auch immer identisch gekleidet sind, nur eben in verschiedenen Farben.
Sie berichtet: „Im Grunde ist bei ihnen alles einen Tick zu viel. Ich benutzte die
billigsten Stoffe, die ich finden konnte und ging bei den Entwürfen immer einen
Schritt zu weit, ohne es visuell allerdings zu durcheinander wirken zu lassen. Diese
Strategie trug auch dazu bei, den Fokus stets auf die Stiefmutter gerichtet zu lassen.“
Powell findet, dass keine Figur im Film ihrem Gegenstück im Zeichentrickfilm näher
kommt als der Prinz. Er musste natürlich schneidig und attraktiv aussehen, und es
stand immer ausser Zweifel, dass er bei der Ballszene eine weisse Uniform tragen
würde (die einzige im ganzen Ballsaal übrigens). Sie brachte verschiedene BlauSchattierungen zum Einsatz, um seine blauen Augen zu akzentuieren. Anstatt bei
ihm auf gedeckte maskuline Farben zu setzen, kleidete sie ihn in Hellblau, Grün und
Weiss. Und weil er im Militär gedient hatte, wählte sie eine perfekt sitzende,
hautenge Uniform für ihn aus, auch wenn sie historisch höchst unkorrekt ist. Enge
weisse Reithosen mit weiten Knien wären realistischer gewesen, aber Powell fand,
dass hautenge Hosen besser an ihm aussahen.
Helena Bonham Carters Kostüme erwiesen sich als grosse Herausforderung, weil sie
im Grunde in doppelter Ausführung auftrat. Alles schien bei ihr möglich. Powell
entwarf schliesslich zuerst die Garderobe der Bettlerin, die sich Cinderella nähert,
nachdem die Stiefmutter ihr Ballkleid zerfetzt hat.
„Ich war dagegen, sie wie eine traditionelle Bettlerin in einem zerlumpten
Wollumhang mit Kapuze aussehen zu lassen“, merkt Sandy Powell an. „Ich fand es
viel interessanter, wenn sie an die Wälder erinnert, aus denen sie kommt.“
Bei der Guten Fee ging es Powell darum, den Traum jedes jungen Mädchens zu
erfüllen und die seit Jahrzehnten geschätzte Figur auf eine strahlende und magische
Weise zum Leben zu erwecken. Um das zu erzielen, schuf sie eine weisse Robe mit
silbernen Flügeln, die aus 130 Metern Stoff, 10.000 Swarovski-Kristallen und 400
kleinen LED-Lampen bestand, die in das Material eingenäht waren und zum
Leuchten gebracht wurden, wenn sie zu zaubern beginnt.
Bonham Carter sagt: „Das Kostüm war fast ein Meter zwanzig breit und nicht
unbedingt besonders praktisch. Es gab keine Position, in der ich ausruhen konnte,
und es war wegen des Korsetts eigentlich unmöglich zu atmen, also war ich die
meiste Zeit völlig erschöpft und teilweise regelrecht im Delirium.“
Sie fährt fort: „Das Kleid sah natürlich wunderbar aus, wenn ich es erst einmal
anhatte, aber wenn ich dazu aufgefordert wurde mich zu bewegen, war ich ein
wandelndes Desaster, weil ich alles aufsammelte und mit mir riss, was mir in den
Weg kam.“
Die Schauspielerin anzukleiden und für ihren Auftritt fertig zu bekommen, erwies sich
als zeitaufwändiger Prozess. „Besonders traurig ist doch, dass man mich anfangs als
alte Bettlerin sieht. Aber es hat länger gedauert, mich wie die Gute Fee aussehen zu
lassen als wie eine alte Frau“, sagt sie schmunzelnd.
„Sandy ist brillant und detailliert und immer perfekt vorbereitet. Und trotzdem schenkt
sie den Schauspielern – oder anderen Leuten wie mir – immer ein offenes Ohr und
hört sich unsere Vorschläge an“, merkt Kenneth Branagh an. „Bei dem Kleid der
Guten Fee war es einfach so, dass Helena sich unbedingt Flügel in den Kopf gesetzt
hatte. Am Ende ist es eine Kombination von Sandys Arbeit und von dem, was wir in
der Postproduktion anstellen können, was die Gute Fee leuchtend und edel
aussehen lässt, witzig und exzentrisch, aber trotzdem immer schön, sehr attraktiv
und sehr mütterlich.“
Für die Gäste, die den Ball im Palast besuchen, liess sich Powell Entwürfe einfallen,
für die sie sich von Ballsaalszenen klassischer Filme wie Luchino Viscontis IL
GATTOPARDO („Der Leopard“, 1963) und Alexander Halls ONCE UPON A TIME
(„Pinky und Curly“, 1944) inspirieren liess. So entstand ein bunter Mix dieser Looks
und Stile aus verschiedenen Jahrhunderten, womit der Punkt unterstrichen wurde,
dass es sich um einen Ball für wirklich Jedermann handelt.
Mehr als 200 Statisten kamen bei den Ballsaal-Szenen zum Einsatz. Dazu gehören
25 Wachen, 20 Diener, 54 professionelle Tänzer und 30 Orchestermusiker, die
allesamt in Kostüme gekleidet wurden, die von Sandy Powell und ihrem Team
entworfen und geschaffen wurden. Der gesamten Ballsaal-Sequenz gingen drei
Monate der Planung und Vorbereitung voraus, wozu Besetzung, Anproben und
Proben gehörten, die von 35 Regieassistenten begleitet wurden.
„Wir wollten, dass alles so bunt und farbenfroh aussieht wie nur möglich“, sagt Sandy
Powell. „Der gesamte Ballsaal ist eine Explosion aus Farbe – opulent, üppig und in
manchen Fällen weit übers Ziel hinausschiessend, weil viele der Gäste angereist
sind, um aufzufallen und, wie sie hoffen, das Herz des Prinzen zu gewinnen.“ Das
umfasst einen bunten Mix von Figuren aus unterschiedlichsten sozialen und
ökonomischen Klassen sowie Prinzessinnen aus dem Nahen Osten, China, Japan,
Wales, Indien, Afrika, Spanien und Russland.
DER UNVERGEssLICHE GLAssCHUH
Die obligatorischen Glasschuhe, die Cinderella zum Ball trägt und von denen sie
einen schliesslich bei ihrer überstürzten Flucht verliert, sind eines der beliebtesten
Elemente in Charles Perraults ursprünglicher Geschichte.
Für Sandy Powell erwies sich der Designprozess als ausgesprochen aufregend, aber
auch ungemein fordernd. „Ich überlegte mir viele verschiedene Möglichkeiten, wie
man diesen Glasschuh machen könnte, und realisierte, dass eine Sache am
wichtigsten war: Er musste funkeln. Und das bedeutete, dass wir ihn aus Kristallen
würden machen müssen, denn Glas funkelt nicht“, überlegt sie. „Ich wusste genau,
welche Form der Schuh haben sollte. Tatsächlich basierte mein Entwurf auf einem
Schuh aus den 1890er-Jahren, den ich in einem Schuhmuseum in Northampton
entdeckt hatte. Der Schuh war unmöglich winzig mit einem Zwölf-Zentimeter- Absatz
und er war ganz einfach elegant.“
Powell stellte schnell fest, dass die Endfertigung eines Kristallschuhs unweigerlich
zum Scheitern verurteilt sein würde, wenn man nicht die österreichische Kristallfirma
Swarovski als Mitstreiter an seiner Seite hätte. Als bei der Firma angefragt wurde,
erwies sich das traditionsreiche Unternehmen der Herausforderung mehr als
gewachsen. Damit begann eine Zusammenarbeit, die aus den Entwürfen Powells
und der Umsetzung von Swarovski bestand. Sie hielt über mehrere Monate an und
führte zu zahlreichen Tests und Versuchen. Die Mühen zahlten sich aus: Die
Ergebnisse waren umwerfend.
Sandy Powell erklärt: „Wir scannten den Schuh und machten mehrere verschiedene
Versionen davon aus Harz, aber es war eine echte Herausforderung, die tatsächliche
Form des Schuhs genau hinzubekommen und auszutüfteln, wie man den Schuh
schliesslich tatsächlich mit so wenig Gelenken wie möglich herstellt. Auf dem Weg
gab es eine Reihe technischer Probleme zu bewältigen, da erst einmal eine eigene
Maschine entwickelt werden musste, die diese Arbeit erledigen konnte, aber
irgendwann hatten wir dann einen Schuh, der aussah, als wäre er aus nur einem
Kristall gefertigt, was von Anfang an unser Ziel gewesen war. Der Tag, an dem sie
uns den Schuh zeigten, war ziemlich unglaublich. Die Erleichterung war riesengross.“
Acht Kopien des Schuhs wurden schliesslich hergestellt – keiner von ihnen konnte
tatsächlich getragen werden, da sich Kristall nicht im Geringsten bewegen lässt. Sie
wurden vielmehr als Requisiten eingesetzt, entweder in den Szenen, in denen die
Jungfrauen des Königreichs sich anstellen, um herauszufinden, ob der Schuh ihnen
passt, oder als Modelle, die vor der Kamera in Scherben zerbrechen.
Kenneth Branagh merkt an: „Sandy produzierte einen wirklich faszinierenden 3DSchuh, der so geformt war, dass er einen leuchtenden Kristall-Look hatte. Das
heisst, dass es egal war, aus welchem Winkel man den Schuh betrachtete, stets
reflektierte er strahlende, farbige Lichtstrahlen. Man spürte förmlich die Magie, die
Dynamik, die von dem Schuh ausging.“
MOMENTE AUF FILM EINFANGEN
Nicht minder gewaltig waren die Aufgaben, die auf Kameramann Haris
Zambarloukos (LOCKE („No Turning Back“, 2013), THOR („Thor“, 2011)) zukamen.
Auch er musste viel Zeit in die Planung und Vorbereitung stecken – und dazu noch
jede Menge Leidenschaft. Glücklicherweise fühlte sich Zambarloukos in der riesigen
007-Halle gleich wie Zuhause, denn dort hatte er bereits für MAMMA MIA! („Mamma
Mia!“, 2008) die Szenen in einem griechischen Fischerdorf sowie die Szenen mit
dem überfluteten Tunnel in JACK RYAN: SHADOW Recruit („Jack Ryan: Shadow
Recruit“, 2013) gedreht.
Über seinen Ansatz beim Dreh der Ballsaal-Sequenz sagt Zambarloukos:
„Konzeptionell wollten wir die elegante Atmosphäre eines exquisiten, ganz und gar in
Kerzenlicht getauchten Balls heraufbeschwören. Gleichzeitig war es natürlich auch
oberstes Gebot, dass man jedes Detail von Dante Ferrettis Design und Sandy
Powells prächtiger Ballkleider sehen können musste. Wir wussten natürlich auch,
dass wirklich grossartige Darstellungen so einzigartig sind, dass man sie nur selten
wiederholen kann.“
Zambarloukos und seine Crew hatten vor, jeden einzelnen Moment der
Tanzsequenzen aus so vielen Blickwinkeln wie nur möglich festzuhalten. Dafür
kamen fünf Kameras zum Einsatz und zwei Kräne, die für besonders
ausschweifende Bilder sorgten und die gewaltige Grösse der Kulisse und die
Choreographie ausstellten. Das Kamerateam baute überdies von Hand dutzende von
Ausleuchtungsgerätschaften, um das richtige Ambiente für diese Szenen zu
etablieren. Sie wurden an den „Reds“ (die Balken an der Denke einer Bühnenhalle)
angebracht und konnten mit Hilfe eines Computers ferngesteuert und kontrolliert
werden.
Der gesamte Film wurde auf Film gedreht, nicht digital. Dabei kam 200 ASA und 50
ASA Film zum Einsatz, was man in der heutigen Industrie nur noch ganz selten
erlebt. Zambarloukos benutzte anamorphische Objektive, um den gewünschten
Breitwand-CinemaScope-Effekt zu erzielen. Er erklärt: „Kenneth und mir schwebte
ein absolut klassischer, zeitloser Film vor... ein Film, der von wirbelnden Musicals
und epischen Abenteuern inspiriert ist. Und wir setzen deshalb einige der Werkzeuge
ein, die auch in diesen frühen Meisterwerken zum Einsatz gekommen waren.“
Die meisten digitalen Kameras reagieren extrem sensibel auf Licht. Das heisst: Was
die Augen sehen, nimmt auch die Kamera wahr. Da bei CINDERELLA ein
traditionellerer Stil des Filmemachens gewünscht war, mussten sich die Filmemacher
den gewünschten Effekt vorstellen und entsprechend herstellen, wie man es im
goldenen Zeitalter von Hollywood ebenfalls schon gemacht hatte.
„Das Ergebnis ist pure Magie und viel opulenter als das, was moderne Kameras zu
leisten in der Lage sind“, schwärmt der Kameramann. „Die grossen Disney-Klassiker
waren allesamt von Hand gezeichnet und waren geprägt von einer Liebe zur Kunst
und der Wertschätzung menschlicher Vorstellungskraft. Also reisten wir in der Zeit
zurück, um einen Look zu erschaffen, der unser Tribut an dieses wunderbare Erbe
ist.“
DIE LIEBENSWÜRDIGSTE ALLER JUNGEN SCHÖNHEITEN
Wenn die Kinozuschauer Lily James als Ella zum allerersten Mal auf der Leinwand
sehen, sollte sie nach Ansicht der Filmemacher so simpel und natürlich aussehen
wie möglich. Diese Aufgabe fiel der Makeup-Designerin Naomi Donne (SKYFALL
(„Skyfall“, 2012), CHOCOLAT („Chocolat“, 2000) und der Oscar®-nominierten
Haarstylistin Carol Hemming (MARY SHELLEY’S FRANKENSTEIN („Mary Shelley’s
Frankenstein“, 1994)) zu. Erreicht wurde dieses Ziel durch ein sehr reduziertes
Makeup, das sie hervorstechen liess, gerade weil sie nicht so aufgedonnert war.
Donne erklärt: „Es ging darum, ihre Haut makellos erscheinen zu lassen. Und da
Lilys Haut von Natur aus schon ziemlich makellos ist, fokussierten wir uns auf Rouge
als Hilfsmittel, um ihre gerade empfundenen Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
Wenn sie traurig oder niedergeschlagen war, hielten wir es blasser. Wenn sie
aufgeregt war oder ihre Verliebtheit zu Tage trat, hoben wir ihre Wangen mehr
hervor.“
Für den Ball erhielt Lily James von Donne mehr Glitzer: Cinderella sollte strahlen und
eine wirklich märchenhafte Aura verströmen, als wäre sie Teil eines Zaubers. Diesen
Look erreichte Donne durch eine eigens zusammengemischte Lotion mit weissem
Glitzer, die auf James’ Haut aufgetragen wurde. Auch auf ihre Augenlider kamen
Glitzerpartikel, und Hemming und ihr Team schmückten schliesslich noch ihr Haar
mit Kristallen, um den glitzernden Effekt zu verstärken.
„Die Creme war sehr zart, aber sie reflektierte sehr viel Licht. Deshalb sah ihre Haut
sehr strahlend und wie beleuchtet aus“, erklärt sie.
Für die Hochzeitsszene wollten Donne und Hemming einen glamouröseren und
mondäneren Look für Cinderella, um die Tatsache zu unterstreichen, dass sie nun
eine Ehefrau wird. Dazu wurde ein nuanciertes Makeup mit Lippenstift und Eyeliner
aufgetragen. „Das bisschen Makeup machte einen grossen Unterschied, weil sie in
den Szenen vorher so gut wie gar nicht geschminkt gewesen war“, sagt Donne. „Und
als wir ihre Haare hochsteckten, sah sie plötzlich ganz erwachsen aus.“
Neben allen Haupt- und Nebendarstellern zeichneten Donne und Hemming auch für
die Frisuren und das Makeup sämtlicher Statisten der Ballszene verantwortlich, was
an diesen Drehtagen dann 50 Makeup-Künstler und Friseure zusätzlich nötig werden
liess. In enger Zusammenarbeit mit Powell und deren Team dauerte es pro Statist
fünf Stunden lang, bis alles sass – schliesslich musste jeder Statist angezogen,
frisiert und geschminkt werden, fotografiert und in die Kartei aufgenommen werden.
EIN JUWEL VON EINER KUTSCHE
Bezüglich der ikonischen Kutsche wollte Szenenbildner Dante Ferretti etwas
Frisches und wirklich Spezielles realisieren. Allerdings gestalteten sich der Entwurf
und die Ideenfindung für das Herzstück einer der berühmtesten
Verwandlungsszenen der Geschichte alles andere als einfach.
Die unvergessliche Sequenz beginnt, als die Gute Fee ein transportfähiges
Behelfsmittel sucht, das Cinderella zum Ball in den königlichen Palast bringen
könnte. Sie verwandelt kurzerhand einen in der Nähe liegenden Kürbis in eine
wunderschöne Kutsche, bestückt mit ihren eigenen Kutschern und Lakaien.
Cinderella muss dann mit dem letzten Glockenschlag des Mitternachtsläutens
zuhause sein, weil sich die Kutsche danach wieder in einen Kürbis zurückverwandelt.
Lily James erzählt: „Ken wollte die Fahrt in den Palast so gestalten, dass wirklich
jedes Mädchen auf der Welt den Wunsch bekäme, in dieser Kutsche mitfahren zu
dürfen. Und ich hoffe, dass es für alle auch tatsächlich das Schönste ist, was sie je
gesehen haben. Es war wirklich einer der surrealsten Momente, als ich zum ersten
Mal in diese Kutsche gestiegen bin. Es war absolut atemberaubend.“
„Wir wollten diese Szene gar nicht im Detail genau nachgestalten. Aber wir wussten,
dass die Geschichte einen Kürbis und eine Kutsche erforderte. Die Inspiration aus
dem Animationsfilm von 1950 war nicht daran gebunden, was sie dort getan haben,
sondern wie sie es getan haben“, erzählt Kenneth Branagh. „Sie machten es mit
grosser Lebensfreude. Ich spüre in dem Film eine wunderbare Leidenschaft, Freude
und Leichtigkeit – und genau das wollten wir auch haben.“
Branagh fährt fort: „In diesem Kontext mussten wir uns überlegen, welche Stuntarbeit
erforderlich war bei der in unseren Augen sehr spannenden Verfolgungsjagd aus
dem Palast, als Cinderella sozusagen gegen die Zeit, gegen das Mitternachtsläuten
anrennt. Dies erforderte akribisches Storyboarding und eine Vor-Visualisierung in
einer Art animierten Sequenz.“
Am Ende wurde die Szene dann mit einer voll funktionstüchtigen, wunderschönen
goldenen, einem Kürbis ähnelnden Kutsche gedreht, die von vier Schimmeln
gezogen wurde. Sie war drei Meter hoch, fünf Meter lang und wog beinahe zwei
Tonnen.
Was das Design anbelangt, ging Ferretti zunächst von einem Schmuckstück aus und
nicht so sehr von einer Frucht beziehungsweise einem Gemüse. Seine Idee war,
dass die Kutsche ein Schmuckstück war, das Cinderella einhüllte - wobei eigentlich
ja Cinderella selbst das Schmuckstück der Geschichte ist. Ferretti erklärt: „Ich
musste mich im Grunde selbst als Schauspieler betätigen und schlüpfte in die Rolle
einer Fee, beziehungsweise in diesem Fall eines Zauberers. Daraufhin liess ich den
Kürbis in meiner Fantasie und Vorstellungskraft in eine Kutsche verwandeln, wie wir
sie schliesslich im Film zu sehen kriegen. Ich studierte unter anderem
Schmuckstücke und Schmuckschatullen, und nach zahleichen Skizzen und
Entwürfen kristallisierte sich das finale Ergebnis heraus.“
Ferretti erzählt weiter: „Wir fassten den Entschluss, die Verwandlung im
Gewächshaus in Aschenputtels Garten stattfinden zu lassen, in dem sie den
ursprünglichen Kürbis auch angepflanzt hatte. Deshalb bauten wir architektonische
Elemente des Gewächshauses in die Gestaltung der Kutsche mit ein.“
Stuart Heath (MALEFICENT („Maleficent – Die dunkle Fee“, 2014)) von BGI Supplies
gestaltete ein Fahrgestell, das die Kürbiskutsche tragen konnte. Diese wurde von
einem polnischen Kutschenbauer aus Gusseisen und Stahl gefertigt. Das Fahrgestell
wurde dann angemalt und verziert, damit es möglichst mystisch und märchenhaft
aussah.
„Die Form des Kürbis musste unbedingt mit dem Gewächshaus harmonieren“,
erzählt Heath. „Der Kürbis wächst und wächst, bis er schliesslich das Dach sprengt,
aber wir mussten Elemente des Gewächshauses zum Kürbis hinzufügen. Das Band,
das schliesslich oben herumläuft, ist genau dasselbe wie zunächst oben auf dem
Gewächshaus; und der Sitz, auf dem Cinderella Platz nimmt, ist auch ein Sitz, der
zuvor im Gewächshaus war.“
David Watkins (WORLD WAR Z („World War Z“, 2013)), Leiter der Special Effects,
übernahm anschliessend mit seinem Team. Ihre Aufgabe war es, die Szene zum
Leben zu erwecken, in der die Kutsche vom Palast wegrast und sich dabei auf eine
sehr holprige Fahrt begibt. Watkins und sein Team nahmen das von BGI entwickelte
Fahrgestell und montierten daran pneumatische Stössel, Riemenscheiben und
Kabel, damit sie jeden Holperer während der von ihnen selbst gesteuerten Fahrt
kontrollieren konnten.
Zuletzt fügte die Elektroabteilung ihre Generatoren an und das Kamerateam seine
Kameras.
GLÜCKLICH UND ZUFRIEDEN BIS AN IHR LEBENSENDE...
Vom ersten Tag an teilten alle, die an CINDERELLA mitarbeiteten, die gleiche
Leidenschaft und denselben Enthusiasmus in Bezug auf die Neuerzählung der
Geschichte, immer bedacht darauf, die klassischen Elemente und Reize des
Zeichentrickfilms aufrecht zu erhalten und einen schönen, warmen, menschlichen
Film zu realisieren, der sich durch ein zeitgemässes Feingefühl auszeichnet und
etliche zukünftige Generationen begeistern soll. Die beeindruckenden Kostüme und
opulenten Szenenbilder unterfüttern die voller Magie steckende Geschichte, und die
Ehrlichkeit und Tiefe, die den Figuren verliehen wurde, erweckten sie in einer
märchenhaften, aber dennoch glaubwürdigen Weise zum Leben.
Wenn CINDERELLA im März 2015 seinen Kinostart erlebt, wird das Publikum das
Gefühl haben, als würde es die Geschichte zum ersten Mal erzählt bekommen. „Wir
alle kennen die Geschichte von Cinderella. Wir alle kennen die Geschichte von
Hamlet. Aber wir schauen uns ‚Hamlet’ immer wieder an, weil uns die besten
Inszenierungen doch wieder glauben lassen, dass er Claudius dieses Mal töten
wird“, sagt Cate Blanchett.
Sie fährt fort: „Mit unserem CINDERELLA wird es den Leuten genauso gehen und
sie werden von vielen Szenen überrascht sein, weil sie so wahr sind und deswegen
zutiefst lustig und gleichzeitig zutiefst tragisch.“
Die meisten Märchen werden in animierter Form erzählt. Dadurch wird das Publikum
daran gehindert, sich den Figuren wirklich anzunähern. Bei CINDERELLA ist die
Wirkung jedoch unmittelbar und greifbar. „Wenn man sieht, wie Cinderella zu Leben
erweckt wird, kommt man zu einer ganz direkten Menschlichkeit zurück, die in
Märchen oft personifiziert wird durch fiktionale Figuren wie dem grossen bösen Wolf
oder der bösen Stiefmutter“, sagt Blanchett. „Die Zuschauer werden Cinderella ganz
aufrichtig die Daumen drücken.“
Mit ihrer Zeitlosigkeit - im wahrhaft besten Sinne - wird die Mischung aus Humor,
Romanze und Abenteuer Jungen, Mädchen, Männer und Frauen auf der ganzen
Welt fesseln und unterhalten. „Dies ist eine Geschichte, die niemals alt wird“, sagt
Allison Shearmur. „Wir alle möchten glauben, dass Freundlichkeit und Güte am Ende
des Tages siegen werden.“
„Wir sind angetreten, eine zufriedenstellende und unironische Version von
CINDERELLA zu realisieren. Doch in diesem Rahmen ergeben sich allerhand Extras
wie auch interessante Fragen, mit denen wir den Zuschauer konfrontieren“, sagt
Chris Weitz.
Kenneth Branagh fügt hinzu: „Die Ursprungsidee ist Cinderellas grundlegende
Menschlichkeit, die die gesamte Geschichte beeinflusst. Der Film soll Spass
machen, aber er hat auch das nötige Herz.“
Redaktion: CineMani (Quelle: The Walt Disney Company Switzerland)