Das Plakat ist tot – lang lebe das Plakat Prof. Niklaus Troxler (Grafik
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Das Plakat ist tot – lang lebe das Plakat Prof. Niklaus Troxler (Grafik
DR . HER MANN BÜ CHNER KUNSTHISTORIKER • PR-BERATER (DAPR) PR + WEB-DESIGN SCHWABENALLEE 26 D-126 83 BER L I N TELEF O N 0 30 931 8104 T E L EF A X 03 0 51 73 7 55 7 FU N KT EL 0 177 360 52 08 www. sc h wabe n al l e e . de [email protected] für 100 Beste Plakate e.V. [email protected] 21. Juni 2007 Das Plakat ist tot – lang lebe das Plakat Prof. Niklaus Troxler (Grafik-Designer, CH Willisau) - Präsident 100 Beste Plakate e.V. Schon seit geraumer Zeit wird das Plakat als Werbemittel tot geschrieben. Und dennoch steigert sich die Produktion von Plakaten von Jahr zu Jahr. Das Plakat ist sicher heute nicht mehr das zentrale Werbemittel für Waren, Veranstaltungen und Kultur, doch ist es in unseren Straßen präsent wie eh und je. Ende Februar war ich in Berlin einer totalen Plakataktion ausgesetzt, wie ich es bis dahin nie erlebt hatte: Toyota kündigte ein neues Kleinwagenmodell an – und dies auf fast allen Plakatierungsstellen der Stadt. Es gab kein Entrinnen, man war der Werbebotschaft auf Schritt und Tritt ausgesetzt: »Seht mich an – ich bin der neue ›Auris‹, ab Anfang März auf dem Markt!« Wie ich dann erfahren habe, soll diese Plakataktion bundesweit in vielen Städten inszeniert worden sein. Man kann einer solchen totalen Belegung der Plakatierungsstellen sicher skeptisch gegenüber stehen. Interessant für mich war es, wie auf eine solche Aktion reagiert wurde. Ich begann, das Publikum in den Straßen, auf den S- und U-Bahnhaltestellen zu beobachten. Meine Beobachtungen zeigten, dass die Plakate die Blicke der Passanten magnetisch auf sich zogen. Was dachten wohl die Leute beim Betrachten der Plakate? »Der Wagen gefällt mir, so einen möchte ich auch«, oder »muss wohl eine Sensation sein, dieser Wagen – überall hört man von ihm«, oder, oder... Eines ist klar: Das Plakat wird im buchstäblichen Sinne des Wortes durch den Mann von der Straße beurteilt. Dem Auftraggeber und dem Gestalter schwebt ständig, bewusst oder unbewusst, die Frage vor: »Was sagt er dazu?« Aber für einen jeden der beiden hat diese Frage einen etwas anderen Sinn. Der Auftraggeber denkt vor allem an die werbende Wirkung. Geht es dem Plakatgestalter gewiss auch darum, so steht doch unausgesprochen ein künstlerisches, ein persönliches Problem hinter seiner Arbeit: Hat meine Leistung, für sich genommen, abgesehen vom Auftrag und von der Absicht des Auftraggebers, noch einen originalen, einen kreativen Wert? Schaff ich mit diesem Entwurf etwas Neues, etwas, das es bis heute in der Plakatentwicklung noch nicht gegeben hat? So ist das Plakat ein gemeinsames Werk von Auftraggeber und Gestalter. (Dazu kommt auch noch der Drucker, welcher mit Sachverstand und Sorgfalt die Realisierung des Plakates vorzunehmen hat.) Man erkennt in dieser Konstellation, schaut man genau hin, eine oft dramatisch anmutende Spannung. Haben diese beiden – Auftraggeber und Gestalter – im Plakat den Ausgleich, jene Harmonie zwischen der Materie und dem Geist gefunden, die das Gelingen, den Erfolg kennzeichnet? Das zu beurteilen überlassen wir also ›dem Mann/der Frau von der Straße‹. Immer entscheidet unsere jeweilige Zielgruppe über den Erfolg eines Plakates. ...oder eben bei einer Jurierung, wie im vorliegenden Fall der »100 Besten Plakate aus Deutschland, Österreich und der Schweiz«, die berufene Jurygruppe, die sich jährlich neu aus ausgewiesenen Gestaltern aus den drei Ländern zusammensetzt. Zum vorliegenden Jahrgang sind erneut mehr Einreichungen eingegangen. Das spricht für unseren Wettbewerb, das spricht aber auch für die ungebrochene Beliebtheit des Mediums Plakat. Plakate sind Zeitdokumente. Was uns allen nicht gelingt, ›ewig jung‹ zu bleiben, bewältigt das Plakat in schier vollendeter Weise. Es spricht die Menschen in der Straße in der jeweiligen Sprache der Zeit an. Das Betrachten älterer Plakate kommt deshalb einem Besuch bei jenen Menschen gleich, an die sich diese Botschaften einmal gerichtet hatten. Die prämierten Plakate des vorliegenden Jahrgangs werden einmal Hinweise dafür sein, wie der Mensch im Jahre 2006 angesprochen wurde, wie er dachte, fühlte und was ihn beschäftigte – und mit welcher grafischen Sprache kommuniziert wurde. Die von der Jury ausgezeichneten Plakate sind also künstlerische Leistungen, visuelle Kommunikation und Zeitdokument in einem. Lang lebe das Plakat! Quelle: Buch 100 beste Plakate 06 Deutschland Österreich Schweiz