Musik Maschinen und Musik Automaten
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Musik Maschinen und Musik Automaten
GESELLSCHAFT FÜR SELBSTSPIELENDE MUSIKINSTRUMENTE E.V. Vorsitzender Ralf Smolne Emmastraße 56 45130 Essen GSM e.V. 0201 784927 0201 7266240 http://www.musica-mechanica.de mailto:[email protected] Im August 2010 Vorbemerkung zur GSM Die 1975 gegründete, gemeinnützige "Gesellschaft für Selbstspielende Musikinstrumente e.V." hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Kulturgut der Selbstspielenden Instrumente und ihrer Musik zu erforschen, zu bewahren und zu verbreiten. Diese internationale Gesellschaft umfasst im In- und Ausland etwa 600 Mitglieder, darunter viele Institutionen wie Museen, Bibliotheken und Musikwissenschaftliche Institute, insbesondere aber Sammler und Liebhaber dieser Instrumente sowie Drehorgelspieler und Schausteller. Die Gesellschaft gibt 3mal jährlich ein Journal heraus, das mit seinen Fachbeiträgen zum Thema „Mechanische Musikinstrumente und ihre Musik“, zu den besten Fachzeitschriften auf dem Gebiet der mechanischen Musik zählt. Aktuell: Vom 5. September bis 31. Oktober 2010 stellen Mitglieder der GSM e.V. ihre Sammlungsstücke für die Ausstellung Musikalische Romanzen im Elztalmuseum Waldkirch zur Verfügung (www.orgelwelt-waldkirch.de). --- Pressetext zur Ausstellung Musikalische Romanzen im Elztalmuseum Waldkirch Musik Maschinen und Musik Automaten Der Erfinderreichtum des Menschen ist nahezu unbegrenzt, denn seitdem es Musikinstrumente gibt, versucht der Mensch diese Selbstspielend zu gestalten. Stiftwalzen zum Speichern von Musikinformationen sind schon seit 2.000 Jahren bekannt. Mit so genannten Serinetten – kleinen Handdrehorgeln mit Stiftwalzen und bis zu 10 Pfeifen – wurde im 18. Jahrhundert den Vögeln, meist Finken, Dohlen und Kanarien (Serinen) durch wiederholtes Abspielen der Musikstücke einfache Lieder beigebracht, die sie nach einiger Zeit wiedergeben konnten. (Eine damals sehr populäre Gepflogenheit). Aus den einfachen Serinetten entwickelten sich die Flötenuhren und Orgelwerke. Berühmte Komponisten, wie Haydn, Mozart und Beethoven schufen Kompositionen für die mit Stiftwalzen betriebenen Flöten- und Saitenspielinstrumente, den Flöten- und Hackbrettuhren. Diese hoch technischen, kunstvoll und reich verzierten Meisterstücke waren lediglich der gehobenen Bevölkerungsschicht vorbehalten, vornehmlich den Fürsten- oder Königshäusern, die sich Derartiges leisten konnten. Diese Instrumente boten dem Publikum Musikdarbietungen, wie Sie auch in den Konzertsälen und Opernhäusern der damaligen Musikwelt zu hören waren. Dem allgemeinen Volk blieben die Drehorgeln, im Volksmund auch Leierkästen genannt. Diese Instrumente mussten bei jedem Wetter spielbar sein. Sie wurden oft robust behandelt, 2 und mangels Pflege litt das Klangerlebnis erheblich darunter, so dass sie leider erheblich zum Negativimage der mechanischen Musikinstrumente beigetragen haben. Dennoch kommt ihnen eine sehr hohe kulturhistorische und kunstgewerbliche Bedeutung zu. Die Drehorgeln brachten aktuelle Opern-Kompositionen und neues Liedgut unter das Volk und sind der Ursprung für die heute noch existierenden großen Karussell- und Tanzorgeln, wie sie damals auf Kirmesplätzen oder in Tanzdielen und -Sälen anzutreffen waren. Im Jahre 1796 erfand der Schweizer Antoine Faivre die klingende Stahllamelle. Dies führte zur Entwicklung der Spieldose. Sie enthält als "Musikinstrument" den so genannten Tonkamm, dessen unterschiedlich gestimmte Stahlzähne durch Stifte auf einer Messingwalze angerissen werden. Während die meisten mechanischen Musikinstrumente Klangerzeuger besitzen, die auch in von hand gespielten Musikinstrumenten vorkommen, handelt es sich bei dem Tonkamm um einen speziell für diese Art von mechanischen Musikinstrumenten konzipierten Klangerzeuger. Schweizer Spieldosen, aber auch Instrumente aus Manufakturen im französischen Jura, fanden weiteste Verbreitung und wurden in alle Welt exportiert. Ein großer Nachteil der Walzenspieldosen bestand jedoch in ihrem begrenzten Musikrepertoire: meist spielte eine Walze 4,6 oder auch 8 Musikstücke. Anfangs waren die Walzen nicht austauschbar, daher musste man - war man der Musik überdrüssig - eine neue Spieldose kaufen. Erst später, um 1880, gab es Walzenspieldosen mit austauschbaren Walzen oder Zylindern. Mit zusätzlich eingebauten Instrumenten, wie Glocken und Trommeln, Kastagnetten, oder auch Harmonium Tonzungen, versuchte man die Spieluhren attraktiver zu machen, was auch für einen gewissen Zeitraum gelang. Doch mit der Entwicklung von kostengünstigeren Blechplattenspielern, die unendlich viele Musikstücke spielen konnten, wie sie z.B. in den Sächsischen Musikwerke-Manufakturen um 1900 massenhaft hergestellt wurden, erstarb allmählich die Nachfrage nach Walzenspieldosen. Die Selbstspielenden Musikinstrumente mit austauschbaren Notenscheiben eroberten den Markt. Den größten Anteil daran hatten im ausgehenden 1900 Jahrhundert bis weit in das 20. Jahrhundert hinein die Fabriken in Leipzig und Umgebung, Mit der Industrialisierung im ausgehenden 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gab es einen regelrechten Boom bei den Mechanischen Musikinstrumenten, der durch die beginnende „Massenproduktion“ endlich auch den Einzug klassischer Musik in gut bürgerliche Haushalte ermöglichte. Zu Hunderttausenden wurden in der damaligen Zeit relativ preisgünstige Geräte verkauft, die z.B. mittels gelochter Pappscheiben oder Bändern kleine Tisch-Orgeln, Drehleiern, die so genannten Organetten betrieben. Längst schon fast vergessene Namen wie z.B. Phönix, Pietschmann, Ehrlich, Zimmermann stellten in Leipzig derartige Geräte mit den wohlklingenden Namen Ariston, Herophon, Phönix, Manopan, Amorette oder Mignon her. Fast zeitgleich entstanden die bereits erwähnten Vorläufer des Grammophons, die mit gelochten Blechplatten betriebenen Plattenspieldosen der Leipziger Firmen Polyphon, Lochmann, Kalliope, Komet oder Symphonion, um nur einige zu nennen. Nahezu 80% aller hergestellten Plattengeräte – weltweit – kamen damals aus den Leipziger Produktionsstätten. Dennoch konnten all diese Instrumente den hohen musikalischen Ansprüchen nicht genügen. Die Perfektion bei der Wiedergabe der gespeicherten Musikinformation war vorerst erreicht, als die Fa. Welte aus Freiburg 1904 den pneumatisch gesteuerten Klavierspielapparat „Welte Mignon“ vorstellte. Dieses Verfahren ermöglichte es, das Originalklavierspiel berühmter Pianisten und Komponisten auf einer Papierrolle aufzuzeichnen und mit allen dynamischen und agogischen Details auf einem entsprechenden Instrument selbsttätig wiederzugeben. Nach zeitgenössischen Berichten waren diese Reproduktionen kaum vom Originalklavierspiel des Pianisten zu unterscheiden. Diese technische Perfektion nutzten viele bedeutende Komponisten und Interpreten der damaligen Zeit um ihr Klavierspiel aufnehmen zu lassen, zu verbreiten um 3 sich somit für die Nachwelt unsterblich zu machen. Auch hier hatten wieder die Leipziger Firmen, wie z. B. Hupfeld, Lösche, Popper & Co. mit ihren Selbstspielklavieren einen großen Anteil an der Entwicklung, bis hin zu den Orchestrions – diese imposanten Musikmaschinen, oder automatische Kapellen, konnten ein ganzes Orchester ersetzen– und dem „Achten Weltwunder“ die Hupfeld-Violina, eine selbstspielenden Geige mit Klavierbegleitung. Bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts standen diese Selbstspielende Klaviere und Orchestrione, oftmals mit reichhaltigen Zusatzinstrumenten ausgestattet, in Kaffee- und Gasthäusern. Bis in die heutige Zeit hat sich der Wunsch erhalten, Musikinstrumente automatisch bespielbar zu machen. Die Computertechnologie hat mit ihrem rasanten Fortschritt einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung derartiger Geräte ausgeübt. Nur einige Beispiele seien zu nennen, wie das Yamaha Disklavier, ein mit Compact Discs gesteuertes Klavier, der Bösendorfer Computerflügel oder Midi gesteuerte Drehorgeln. Auch Komponisten der Neuzeit haben mit ihren zeitgenössischen Klavier-Kompositionen, die in digitalisierter Form vorliegen, die heutige Musikszene um neue Musik bereichert, die teilweise wegen der unglaublichen Komplizierung und der hohen Anzahl von Anschlägen von Menschenhand nicht zu spielen wäre. Das lässt sich rein technisch nur mit einem Selbstspielenden Instrument wiedergeben! Alle diese Instrumente haben mit den historischen Instrumenten eins gemein: Die Musikinformation liegt in digitalisierter Form vor und die Klangerzeugung erfolgt über ein konventionelles Musikinstrument. Dies ist die Grundlage eines jeden mechanischen Musikinstruments – ausgenommen davon sind die Spieldosen mit Stahl-Tonzungen, wie bereits schon erwähnt. Essen, im August 2010 Ralf Smolne, Vorsitzender der GSM e.V. Emmastr. 56 45130 Essen Tel.: 0201-784927 www.musica-mechanica.de Folgende Fotos von Selbstspielenden Musikinstrumenten aus Leipziger Produktion können auf Anforderung bereitgestellt werden: -Hupfeld-Violina -Selbstspielende Klaviere -Orchestrione -Blechplatten Spieldosen -Tisch Drehorgeln (Organetten mit Papp-Platten) -----