Luxus in der Mittelalterrezeption: Arts and Crafts und Burne

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Luxus in der Mittelalterrezeption: Arts and Crafts und Burne
BMZ-Ringvorlesung vom 27.05.2010
Luxus in der Mittelalterrezeption:
Arts and Crafts und Burne-Jones
Volker Mertens
Abstract
Zu einer Wiederbelebung des mittelalterlichen Artus- und Gralstoffes kommt es in England seit den 1840er Jahren. Auslöser waren
die Wiederveröffentlichungen der Summe arthurischen Erzählens,
Thomas Malorys ‚Morte Darthur’ (1485), seit 1816. Vornehmlich in
der präraffaelitischen ‚Bruderschaft’, bei Dante Gabriel Rosetti und
Edward Burne Jones, wird der Gral zur Vision der Vollkommenheit.
Sie soll nicht auf einen elitären Künstlerzirkel beschränkt bleiben,
sondern ausstrahlen in die ganze Gesellschaft. So verbindet sich die
Gralthematik mit der künstlerisch-sozialen Erneuerung im Artsand Crafts-Movement (seit etwa 1860), das mit William Morris eine
„Kunst für alle“ anstrebt.
Basis dafür soll die Neubelebung alter handwerklicher Fertigkeiten
sein, durch die die seelenlose Industrieproduktion zurückgedrängt
werden kann. In hartem Kontrast zu diesen Reformideen steht die
geschäftliche Realität: die Manufakturerzeugnisse sind so teuer, dass
sie nur von ganz Reichen erworben werden können. So stellt die Artsund-Crafts-Bewegung Luxusprodukte her, die künstlerische Bildung
und sozialen Elitismus gleichermaßen verkörpern. Doch die reformerische Zielsetzung von William Morris ist dadurch nicht diskreditiert.
Er erwartet einen „trickle-down-Effekt“: die künstlerisch und handwerklich herausragenden Gralteppiche von Burne-Jones z. B. sollen
exemplarisch die Erneuerung verwirklichen, die dann die wenig
Bemittelte zu entsprechend anspruchsvollen Objekten alltäglicher Art
greifen lässt.
Die Wirkung dieses Programms war groß: die Wiener Werkstätte
(1903-1932) und das Bauhaus sind davon beeinflusst. Letzteres steht
noch heute für eine künstlerisch bestimmte Alltagsästhetik.
Der Vortrag verfolgt am Beispiel des Gralstoffes die mittelalterliche
Tradition bis hin zu Malory, dessen Einfluss auf die viktorianische
Kunst und die Präraffaeliten mit der Neuggestaltung in den Teppichen von Burne-Jones und bietet einen Ausblick auf die Wandlung
vom elitären Luxusobjekt zum „guten Design für alle“.