Georg Solti. Von Kai Luehrs-Kaiser

Transcrição

Georg Solti. Von Kai Luehrs-Kaiser
Sonntag, 4. September 2016
15.04 – 17.00 Uhr
Georg Solti.
Von Kai Luehrs-Kaiser
10. Folge:
„Sir Georg, der Schreckliche“? Solti privat
Herzlich willkommen, meine Damen und Herren. Heute mit einem Bild des Künstlers
als Privatmann: Solti, der Häusliche.
1
Decca
LC 00171
430 511-2
Track 007
Richard Strauss (Text: Gottfried August Bürger)
“Muttertändelei”
Kiri Te Kanawa, Sopran
Georg Solti, Klavier
(P) 1991
2’09
„Seht mir doch mein schönes Kind,/
mit den gold’nen Zottellöckchen,/
blauen Augen, rothen Bäckchen!/
Leutchen, habt ihr auch so eins?
Leutchen, nein, ihr habt keins!“
Vertraulicher und privater als mit dieser Ansprache ließe sich diese Sendung nicht
beginnen! Sie hörten Georg Solti am Klavier – im trauten musikalischen Tête-à-tête
mit der Sopranistin Kiri Te Kanawa, einer seiner Lieblingssängerinnen – hier zum
Auftakt unserer heutigen Sendung über Solti, den Privaten.
„Muttertändelei“ von Richard Strauss (Text von Gottfried August Bürger).
Die Aufnahme stammt von 1991, es war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass sich
Solti wieder einmal nicht als Dirigent, sondern als intimer Begleiter am Klavier
hören ließ. Ein persönlicher Gefallen gegenüber der neuseeländischen Sopranistin.
Auf dem Cover strahlen sich Solti und sie an wie zwei frisch Verliebte, die sich
begeistert im Walzertakt drehen. Ein bösartiges Gerücht, privat und hinten herum
verbreitet, will wissen, die Sopranistin, die gemeinhin nicht als die ‚Hellste’ gilt, habe
beim Foto-Shooting den Dirigenten mit der Bemerkung zum Tanz aufgefordert:
„Komm, Georg, lass uns fürs Cover ein bisschen tanzen; schließlich hat Strauss
doch so viele schöne Walzer komponiert...“
Nun, da hätte Dame Kiri sicherlich falsch gelegen – falls die Geschichte wahr ist. Im
Übrigen aber können Sie an ihr ablesen, dass wir mit der heutigen Folge unserer
großen Solti-Sendereihe den willkürlichen Tiefpunkt unserer Reflexion ansteuern.
Heute geht es um das Privatleben eines Mannes (und eines Berufsstandes), der
eigentlich über kein Privatleben verfügt. Götter haben keinen Feierabend... Und
Götter im Frack ziehen diesen höchstens aus, um in einen Hausmantel von
Georg Solti – 10. Folge
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durablem, seidenweichem Stoff ohne Innenfutter zu schlüpfen. Trotzdem wollen wir
hier auch Fragen stellen (und sogleich beantworten), die sich eigentlich verbieten.
Sind Sie denn gar nicht neugierig?!
Herzlich willkommen an der geheimnisvollen Rückseite eines Rätsels, das den
Namen Solti trägt.
2
Decca
LC 00171
452 853-2
Track 010, 011,
012
Edward Elgar
Enigma Variations op. 36
VII. (Troyte)
VIII. (W.N.)
IX. (Nimrod)
Wiener Philharmoniker
Ltg. Georg Solti
1996
5’48
Die Enigma-Variationen von Edward Elgar – hinter deren Einzelteilen sich
gemeinhin rätselhafte Initialen oder Namen verbergen, mit denen wir genauso
wenig verbinden. Sie hörten die Variationen 7 bis 9: Troyte, W.N. und Nimrod.
Georg Solti dirigierte die Wiener Philharmoniker im Jahr 1996.
Heute geht es um Solt privat.
Dass Dirigenten kein Privatleben haben, ist beileibe nicht nur ein für Dirigenten
selber nützliches Klischee. Es schützt berühmte Leute davor, allzu dringliche Blicke
hinter die Fassade einer eingeübten öffentlichen Rolle werfen zu lassen.
Und wird darin nur noch von einem, noch nützlicheren Klischee überboten: dem der
Überarbeitung. „Wie schaffen Sie das bloß?!“, dürfte eine der gegenüber Dirigenten
am häufigsten gestellte Laien-Frage sein.
Dabei ist die scheinbar so komplizierte Organisation und Realisation endlos langer
Partituren beileibe keine Leistung, die auf den Schultern einzelner Pult-Heroen
allein ruhte. Es ist die Arbeit der Musiker. Dirigenten stehen ja nur vorne, so könnte
man jedenfalls einfach sagen, und schlagen den Takt.
Aufgeklärte (vielleicht auch abgeklärte) Maestri wie zum Beispiel Riccardo Muti
haben denn auch in Bezug auf den Mythos einer schier übermenschlichen
Arbeitsbelastung stets geantwortet, technisch gesehen gebe es nichts Einfacheres
als das Dirigieren. Man könne das Handwerk in zwei Minuten lernen. Die wichtigste
Regel bestehe darin: Sofort aufhören mit den Armen zu rudern, wenn das
Orchester aufgehört hat zu spielen!
Auch die Annahme, dass ein Dirigent aus nichts bestehe als dem von ihm
ausgeübten Beruf, ist zwar von vielen Dirigenten praktischerweise genährt, von
einigen aber auch offensiv sabotiert worden. Dem Dirigenten Lorin Maazel sprach
ich vor einigen Jahren (auf möglichst diskrete Weise) darauf an, dass er beim
Dirigieren oftmals so kolossal gelangweilt wirkt (ich habe es tatsächlich dezenter
ausgedrückt). Maazel wand sich daraufhin ein bisschen in Ausreden der Art, er
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Georg Solti – 10. Folge
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glaube eigentlich, noch stets mit Begeisterung bei der Arbeit engagiert zu sein,
obwohl er tatsächlich in den letzten Jahren wahnsinnig viele Engagements
angenommmen habe; vielleicht zu viele... Und plötzlich fuhr es geradezu
unbeherrscht aus ihm heraus: „Ich will mehr Tennis spielen!“
Damit wären wir bei einem dritten Klischee angelangt, beim Klischee der
hochgradigen sportlichen Betätigung von Dirigenten, zu der es auch eine schöne
Solti-Anekdote gibt. Die Pianistin Elena Bashkirova hat sie mir kürzlich erzählt. Sie
kannte Solti aus Begegnungen in London und Chicago. Als Solti 1993 nach Berlin
kam, um Verdis „Falstaff“ mit den Berliner Philharmonikern aufzuführen (und für
eine CD-Veröffentlichung aufzunehmen), kam es nicht nur zu einem Wiedersehen
zwischen Solti und ihr. Sondern auch zu einer Wiederbegegnung zwischen
Bashkirovas Ehemann, Daniel Barenboim, und Solti.
Barenboim besuchte damals eine der Proben zum „Falstaff“ in der Philharmonie,
und als er anschließend nachhause kam, waren seine ersten Worte gegenüber Elena
Bashkirova: „Solti wird alt!“ Warum?, fragte Bashkirova. Nun, so Barenboim, er
kann den Weg zum Podium nur noch schleppend und wackelig gehen. Man war
betrübt ob dieser Erkenntnis, dass auch an einem solchen Energiebündel wie Solti
die Zeit offenbar nicht spurlos vorüber geht. Nach der Aufführung des „Falstaff“
traf man sich mit Solti zum Dinner. „Verdammter Tennis-Unfall!“, entfuhr es dem
damals über 80-jährigen Dirigenten. Sie hätten noch tagelang über das
Missverständnis gelacht, so Elena Bashkirova.
Auch Dirigenten haben eben, was man ihnen nicht immer zutraut: ein Privatleben
hinter und außerhalb der Bühne.
3
Decca
LC 00171
440 650-2
Track 207,
208, 209
Giuseppe Verdi
“Ehi! Taverniere!” (Beginn) aus “Falstaff”, 3. Akt
José van Dam, Bass-Bariton (Falstaff), Marjana
Lipovsek, Mezzo-Sopran (Quickly), Luciana Serra,
Sopran (Alice), Paolo Coni, Bass-Bariton (Ford), Susan
Graham, Mezzo-Sopran (Meg Page), Kim Begley,
Tenor (Dr. Cajus), Elisabeth Norberg-Schulz, Sopran
(Nanetta)
Berliner Philharmoniker
Ltg. Georg Solti
Berlin, März 1993
14’00
Die 1. Szene des 3. Aktes aus der Oper „Falstaff“ von Giuseppe Verdi, im März
1993 mit den Berliner Philharmonikern unter Georg Solti. Die Solisten: José van
Dam (als Falstaff), Marjana Lipovsek (als Quickly), Luciana Serra (Alice), Paolo Coni
(Ford), Susan Graham (als Meg Page), Kim Begley (Dr. Cajus) und Elisabeth
Norberg-Schulz (als Nanetta)
Wir haben in der großen, heute bereits beim privaten Solti anlangenden Sendereihe
über den großen ungarischen Dirigenten bereits genug über – und von ihm - gehört,
um einschätzen zu können, dass Solti selber aus seinem Herzen keine Mördergrube
– und aus seinen Hobbys kein Hehl machte. Geboren in Budapest, hatte er sich
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rundheraus als einen Kaffeehaus-Ungarn bezeichnet, der im Grunde genommen die
Arbeit nicht erfunden habe und erst von Toscanini das Maß von Disziplin lernen
musste, mit der ihm der Weg zum Ruhm gelingen konnte. Dass Solti ein
Genussmensch sei, sich dies vorzustellen bedarf es keiner Phantasie. Man hört es,
finde ich, sogar!
Das bedeutet indes nicht, dass Musiker, die mit Solti zusammen kamen, auch nur
das mindeste von seiner von seiner privaten Natur mitbekamen. Zahlreichen
Künstlern, besonders prominente Solisten, die mit Solti Aufnahmen machten, habe
ich im Lauf der Jahre immer wieder gefragt, was dieser Mann für ein Mann
gewesen sei. Und immer wieder bin ich dabei der beinahe entrüsteten Aussage
begegnet: „Ich bitte Sie, man lernte Solti doch nicht kennen, wenn man wie ich als
Solist mit zusammen Musik gemacht hat.“
Diese Trennung von privater und öffentlicher Person scheint – noch einmal –
weniger Solti-spezifisch als vielmehr zeittypisch gewesen zu sein. Ein zur
Unberührbarkeit tendierender Berufsstand wie der Dirigent ließ in der Generation,
der noch Solti zugehörte, keine Musiker so recht an sich heran. Auf Tourneen
reisten (und reisen heute noch) die Dirigenten meist separat. Nach den
Aufführungen sind Dirigenten heute – schlimmer noch als früher – darauf
verpflichtet, mit Sponsoren, Organisatoren oder Managern wegzugehen, anstatt mit
anderen Musikern das soziale Leben zu pflegen.
Das bedeutet, dass man als Interviewer (bzw. als Leser eines Interviews) ein mit
Sicherheit oft detaillierteres, plastischeres und persönlicheres Bild des
betreffenden Dirigenten erhält als im täglichen Umgang. Paradox genug: Dirigenten
lassen im öffentlichen Gespräch wohl mehr von ihrer privaten Seite erkennen als im
persönlichen Kontakt. 1989 angesprochen von dem Journalisten Attila Csampai,
hatte Solti jedenfalls in einem öffentlichen Interview auf die Frage, ob es neben der
Musik sonst noch etwas in seinem Leben gebe, eine eindeutige und unverstellt
ehrliche Antwort parat.
O
3
5
Pausenbeitr
ag Live
8.12.1989
(= Nr. 3)
Track 001,
ab 24:00 bis
25:49
Interview Georg Solti 1989 (über was es sonst in
seinem Leben gibt, mit Attila Csampai):
Ja. Es gibt meine Familie. Ich habe eine Familie, die in
London lebt. Ich habe meine Frau und zwei ganz
zauberhafte Mädchen. Die Ältere geht in Oxford,
worauf ich außerordentlich stolz bin, weil sie das ganz
allein geschafft hat. (…) Und dann im Sommer mache
ich sehr viel Sport, z.B. spiele ich Tennis. Schwimme
ich. Radfahren ist eine meiner
Lieblingsbeschäftigungen. Wir haben in Italien ein
Haus, wo man eigentlich ohne Gefahr herum gehen
kann und fahren kann. Im Winter ist der einzige Sport
das Dirigieren, was nicht gut ist. Denn es ist ein sehr
einseitiger Sport. Man bewegt nur die Arme. Und die
Beine stehen ganz steif, was nicht gut ist. Dann spiele
ich sehr gerne Bridge. Das ist eines meiner Hobbys.
Ich spiele nicht gut, aber gern. (…) Und ich liebe
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1’15
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Georg Solti – 10. Folge
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Menschen, wissen Sie. Ich bin ein richtiger Ungar, der
schwätzt und gerne redet und ins Kaffeehaus geht.
Und redet. Ich liebe Menschen einfach.
Folgt: Prinz Csongor und die Kobolde op. 10 von Soltis ungarischem Lehrer Leo
Weiner – dirigiert von Georg Solti.
4
Decca
LC 00171
443 444-2
Track 008
Leo Weiner
Prinz Csongor und die Kobolde op. 10
Introduktion und Scherzo
Chicago Symphony Orchestra
Ltg. Georg Solti
1993
10’35
Prinz Csongor und die Kobolde op. 10: Introduktion und Scherzo von Leo Weiner.
Georg Solti mit dem Chicago Symphony Orchestra 1993.
Also, wir haben es gehört: Tennis, Schwimmen, Radfahren und Bridge hielten
Fitness und gute Laune des Dirigenten zusammen, auch guter Whiskey, könnte man
noch ergänzen. Sein langjähriger Wohnsitz London, wo er mit seiner Frau, Lady
Valerie, und mit den beiden Töchtern wohnte, dazu Sommerhäuser im
schweizerischen Villars-sur-Ollon im Rhônetal (also im Kanton Waadt) sowie in
Roccamare nördlich von Rom.
In diesem Spagat zwischen Metropole und Ländlichkeit tritt zutage, dass Solti nicht
nur ein sehr treuer, zu wenigen Orten enge Beziehungen unterhaltender Mensch
war, sondern außerdem mit sogar ausgeprägtem Sinn für Privates. Auch das hat –
ins Grundsätzliche gewendet – selber am Besten zum Ausdruck gebracht.
O
3
6
Berliner
Lektionen (=
Nr. 5)
Track 001,
ab 3:00 bis
3:30
Interview Georg Solti 1995 (über Weltbürgertum, mit
Joachim Fest):
Wenn ich damit anfange, dass ich schrecklich ungern
ein Weltbürger bin – dann müssen Sie mir das
glauben. Und deswegen wollte ich es meinen Kindern
ersparen, dass sie nicht nur da aufwachsen, wo sie
geboren wurden. In London nämlich. Ich gehöre zu
nichts.
0’40’
Tatsächlich lässt sich an den nicht zahlreichen Orchestern, mit denen Solti
kontinuierlich zusammenarbeite, eine Karte seiner Wohnorte und persönlichen
Vorlieben erstellen. In London lebte er, also übernahm er bereitwillig das London
Philharmonic Orchestra. Aus Budapest stammte er, also dirigierte er gelegentlich
das Budapest Festival Orchestra. Solche privaten Gründe durften nicht überhand
nehmen. Chicago etwa hasste Solti; es war ihm zu hektisch, zu groß. Also lebte er
immer nur ambulant in der Stadt – ganz ähnlich, wie dies in Berlin Herbert von
Karajan oder Claudio Abbado handhabten, die immer ein bisschen mit der
Metropole fremdelten. Karajan wohnte also im Kempinski, Claudio Abbado,
zumindest in späteren Jahren, im Schlosshotel Grunewald. Solti hatte in Chicago
stets eine Suite im Mayfair Regent-Hotel zu seiner Verfügung.
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Noch ein Beispiel: In Italien entspannte er – hier schrieb er auch seine
Autobiographie –, also reiste er verschiedentlich nach Rom zum Santa CeciliaOrchester (wo die sogleich folgende Aufnahme entstand).
Kurzum: Aus Budapest stammend, einer Stadt mit gepflegter und ‚zelebrierter’
Urbanität ähnlich wie in Wien, hatte Solti ein Bedürfnis und eine Neigung zur
Schollenbildung. Also zur künstlerischen Sesshaftwerdung unter Vermeidung zu
großen Durchgangsverkehrs.
Wo er war, da blieb er. Wo er blieb, da wirkte er. Und wo er wirkte, da erinnert man
sich tatsächlich bis heute der Zeugnisse und Aufnahmen, die diese Zuwendung
hervorgebracht hat.
5
Decca
LC 00171
443 9592
Track
007, 008
Giuseppe Verdi
“Morrò, ma prima in grazia” und “Eri tu che macchiavi
quell’anima” aus “Un ballo in maschera”, 3. Akt
Birgit Nilsson, Sopran (Amelia), Cornell MacNeil,
Bariton (Renato)
Chor und Orchester der Accademia di Santa Cecilia,
Rom
Ltg. Georg Solti
1962
11’05
“Morrò, ma prima in grazia” und “Eri tu che macchiavi quell’anima”, aus dem 3. Akt
von “Un ballo in maschera” von Giuseppe Verdi mit dem Orchester der Accademia
di Santa Cecilia, Rom, unter Georg Solti – unweit von Soltis Sommerdomizil in
Roccamare an der toskanischen Küste.
Zum Thema „Solti, der Private“ gehört auch ein Aspekt seiner Dirigiertechnik, der
hier als kleiner Nachtrag zum Thema „Solti, der Unerbittliche“ firmieren könnte –
wenn er nicht eher auf einer privaten Schwäche als auf einer programmatischen
Eigenschaft beruhen würde. Teil der zum Teil auch befremdenden
Bühnenerscheinung Soltis – und Teil der Tatsache, dass man bei Solti, wie mir die
Sängerin Grace Bumbry sagte, „nicht so recht hinsehen mochte“, wenn er
dirigierte, war Soltis unwillkürlicher und aufdringlicher Gebrauch des Ellenbogens.
Solti dirigierte, so könnte man sagen, weniger mit den Armen als mit den
Armbeugen!
Seine Technik war nicht nur ruckartig, sondern sie war eckig und expansiv zur
Seite. Solti, kurzum, dirigierte, als ob er sich links und rechts Platz verschaffen und
Leute wegschuppsen wollte. Er dirigierte eben: mit den Ellenbogen.
Diese oft kommentierte Eigenheit könnte mit zu langen Extremitäten
zusammengehangen haben; sie war jedenfalls eine Schwäche Soltis, eine
Unfähigkeit mehr als eine Marotte... denn mit langen Armen zu dirigieren, das ist
von alters her kein Problem. Ganz im Gegenteil: einen berühmten Vorgänger gab
es, dessen lange Arme in der Musik, die er dirigierte, gleichfalls hörbar wurden, und
zwar in Form langer Bögen, atemberaubend langsamer Auftakte und einer
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Georg Solti – 10. Folge
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Fähigkeit, Langsamkeit musikalisch aufzuladen, wie man das mit kurzen Armen
nicht so leicht hinbekommt. Dieser Mann war Wilhelm Furtwängler.
Hätte sich Solti zur Furtwängler-Schule gehalten, so kann man sagen, so hätte er
aus seinem Arm-Problem technischen und musikalischen Vorteil schlagen können.
Ein kurzes Beispiel mag das veranschaulichen. Wilhelm Furtwängler zeigt, wie man
den Beginn der Haydn-Variationen von Johannes Brahms ‚mit langem Arm’
dirigiert. Und er zeigt wie er dabei im Vorteil ist: Sofort stellt sich der Eindruck von
Ruhe, Großzügigkeit und einem souveränen langen Atem her. Es spielen die
Berliner Philharmoniker. Die Live-Aufnahme unter Furtwängler entstand in Berlin
am 20. Juni 1950 im Titania Palast.
6
Audite
LC 04480
21.403
Track 608,
609,
Johannes Brahms
Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op.
56a
I. Thema (Choral) Andante
II. Var. 1
Berliner Philharmoniker
Ltg. Wilhelm Furtwängler
Live, Berlin 20. Juni 1950
3’28
Das waren Wilhelm Furtwängler und die Berliner Philharmoniker mit Thema und
erster Variation aus den Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op. 56a
von Johannes Brahms, live im Titania-Palast am 20. Juni 1950.
Und zwar als Beispiel des Dirigierens ‘mit langem Arm’, wie es Furtwängler
perfektioniert hatte. Damit (zur Erläuterung) ist tatsächlich der Umgang
Furtwänglers mit einer körperlichen Eigentümlichkeit gemeint, also die
Beantwortung der Frage: wohin mit den Armen, wenn so viel davon da ist wie im
Fall des hoch gewachsenen, säulenhaft aufragenden Wilhelm Furtwängler. Die
Lösung bestand für ihn darin, seine langen Arme ausgestreckt vom Körper weg
auffahren zu lassen – eine vergleichsweise riesige Bewegung, mit der es ihm
einerseits gelang, Einsätze gleichsam zu verschleiern (was zu den
unnachahmlichsten Auftakten der Interpretationsgeschichte geführt hat). Und
andererseits vermochte Furtwängler durch seine langen Arme die
Großzusammenhänge umfangreicher symphonischer Werke körperlich umzusetzen
und zu demonstrieren.
Ganz anders Georg Solti, den wir jetzt mit demselben Werkausschnitt hören. Solti
dirigierte beinahe zwanghaft – und wohl einer privaten Unfähigkeit folgend - mit
angewinkeltem Arm; also mit kurzen, hektischen Bewegungen, mit denen er den
Rhythmus eines Werkes übergenau markieren und gleichsam verschärfen konnte.
Bewegungen, mit denen er aber, so haben es Orchestermusiker verschiedentlich
beschrieben, die größeren Zusammenhänge eines Werkes bisweilen auch
zerhackte.
Ob er so dieselben epischen Qualitäten wie Furtwängler aus einem Werk
herausbringen konnte, soll er uns jetzt zeigen. Vorweg gesagt sei, dass Solti ein
überaus versierter Brahms-Dirigent – einer, wie man ihn zumindest heute kaum
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Georg Solti – 10. Folge
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mehr findet. Es spielt das Chicago Symphony Orchestra im Jahr 1978. Georg Solti
dirigiert – mit kurzem Arm.
7
Decca
LC 00171
436 614-2
Track 005,
Johannes Brahms
Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op.
56a
I. Thema (Choral) Andante
II. Var. 1
Chicago Symphony Orchestra
Ltg. Georg Solti
1978
3’31
Noch einmal der Anfang der Haydn-Variationen op. 56a von Johannes Brahms. Sie
hörten den Choral und die 1. Variation, diesmal im Jahr 1978, mit dem Chicago
Symphony Orchestra, dirigiert, ein bisschen mehr mit den Ellenbogen, von Georg
Solti. Und wir hören: Die epische Gelassenheit, das Atemholen und die großzügige
Entfaltung des musikalischen Materials sind keineswegs Soltis Problem. Die
Aufnahme hat einen schönen Fluss, ein fabelhaftes Farbspektrum, und wird
keineswegs durch Soltis Hang zur Rhythmik zerhackt. Ganz im Gegenteil: Solti kann
auch ‚mit kurzem Arm’ Bögen beschreiben ganz so wie nötig.
Merkwürdigerweise fehlt es der Aufnahme trotzdem etwas an Innenspannung, an
zwingendem Zusammenhalt, und das liegt daran, dass Solti hier über ein gewisses
Maß an Ernsthaftigkeit nie hinauskommt. Es fehlt ein Mindestbetrag an Pathos und
Feierlichkeit, an immanenter Tragik – und die mag nun (persönlicher Vorlieben
unerachtet) tatsächlich etwas sein, was man mit kleinen Bewegungen, gleichsam
aus dem Unterarm, nicht so gut herstellen kann wie aus dem ganzen und
ausgestreckten Arm (wie bei Furtwängler).
Nun, wie Sie sehen, spielen hier offenbar nicht nur körperliche, respektive private
Gegebenheiten eines dirigentischen Körperbaus eine Rolle, sondern auch andere,
ideellere Aspekte. Fest steht für mich allerdings durchaus: Solti war mit seiner
privaten Tendenz zum Ellenbogen fürs Pathos weniger prädisponiert als dafür, sich
mit kleinen dirigentischen Püffen und Kniffen rhythmisch durch ein Werk zu boxen...
Ist das zu viel gesagt?
Schluss mit dem Körperbau von Dirigenten, wir kommen zum brisantesten, besser:
pikantesten Gesichtspunkt des Phänomens „Solti privat“. Gemeint ist der erotische
Aspekt. Wir kommen zum Thema Georg Solti und die Frauen.
8
Decca
LC 00171
GD86506(2)
Track 211,
212, 213)
Giuseppe Verdi
“La donna è mobile” aus “Rigoletto”, 4. Akt
Alfredo Kraus, Tenor (Herzog), Ezio Flagello, Bass
(Sparafucile), Robert Merill, Bass-Bariton (Rigoletto),
Anna Moffo, Sopran (Gilda), Rosalind Elias, MezzoSopran (Maddalena)
RCA Italiano Opera Orchestra
Ltg. Georg Solti
1963
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4’15
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Georg Solti – 10. Folge
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“La donna è mobile” und die anschließende Szene aus dem 4. Akt der Oper
“Rigoletto” von Giuseppe Verdi. Sie hörten die Gesamtaufnahme der Oper
schlechthin – oder zumindest einen Ausschnitt aus einer der gelungensten, freilich
nicht mehr ganz neuen Gesamteinspielungen des “Rigoletto” – dirigiert im Jahr
1963 von Georg Solti mit dem RCA Italiano Opera Orchestra. Mit Traum-Solisten:
Alfredo Kraus als Herzog und Robert Merrill als Rigoletto. Am Rande hörten Sie
auch Anna Moffo als Gilda, Rosalind Elias als Maddalena und Ezio Flagello als
Sparafucile.
Wir sind beim pikanten Herzstück unserer heutigen Sendung über Georg Solti, den
Privatmann, angelangt, mit anderen Worten: bei den Herzensangelegenheiten.
Erotische Eskapaden sind bei Dirigenten ein sozusagen notorisch groß
anzulegendes Kapitel. Würden die Sachverhalte nicht meist mit einem Mantel aus
Diskretion bedeckt, so könnte man im Hinblick auf die erotischen Ansprüche der
Männer mit dem Taktstock geradezu von einem Klischee sprechen. Auch ich
möchte mich hier nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Um so weniger, als die
betroffenen Ehefrauen oftmals noch sehr lebendig sind.
Und doch muss hier ein für alle Male klar ausgesprochen werden: in den
Biographien der meisten namhaften Dirigenten wimmelt es von Frauen und
Affairen in zum Teil grotesker, anekdotischer Zuspitzung und Verwicklung.
Ich sage: in den Biographien der meisten namhaften Dirigenten; denn vergessen wir
nicht (ohne es hier wiederum ausbreiten zu können), dass ein erstaunlich hoher
Prozentsatz von Dirigenten an Frauen überhaupt nicht interessiert ist – sondern an
Männern...
All das ist merkwürdig (und ein bisschen peinlich), aber z.B. die Geschichten, die
sich um die Affairen von Wilhelm Furtwängler ranken, könnten eigene Bücher
füllen. Einmal, so hat Wolfgang Wagner berichtet, soll Furtwängler sogar einmal in
einem Bayreuther Kornfeld mitsamt seiner aktuellen Geliebten fast unter einen
Mähdrescher geraten sein. Nun, das hätte das Thema ein für alle Male publik
gemacht. Auch ein scheinbar verknöcherter, niemals jung gewesener Dirigent wie
Otto Klemperer wurde von Lippenstift übersät in einem Hotelzimmer angetroffen.
Früher hätte man für all dies den schönen Ausdruck Schwerenöter verwendet.
Ich selber wurde einmal beinahe gerichtlich belangt, weil ich es gewagt hatte, einen
amtierenden Berliner Chefdirigenten – und zwar ohne Hintergedanken – einen
„Womanizer“ zu nennen. Es war als Kompliment für einen Menschen gemeint, auf
den die Frauen fliegen. Stattdessen fühlte sich der Dirigent ‚getroffen’ und übte
sofort über den Verlag und einen eingeschalteten Anwalt Druck aus.
9
EMI
LC 06646
Gustav Holst
Aus „Die Planeten“
Berliner Philharmoniker
Ltg. Sir Simon Rattle
2006
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8’10
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Georg Solti – 10. Folge
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Zur Abwechslung: Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern und Jupiter, der
Bringer der Fröhlichkeit, aus den „Planeten“ von Gustav Holst.
Von Georg Solti ist hier – in Bezug auf Frauen –zunächst festzuhalten, dass er im
Jahr 1942 erstmals heiratete; in der Schweiz. Und zwar die Schweizerin Hedwig
Oeschli. Seine zweite Frau, Valerie Pitts, die heutige Lady Valery, war eine bekannte
Fernseh-Journalistin. Sie lernte Solti 1964 bei Gelegenheit eines Interviews in
London kennen, das sie als Reporterin der BBC mit ihm führte. Statt ihm Fragen zu
stellen, so hat sie es später beschrieben, kroch sie in seinem Hotelzimmer auf dem
Boden herum, um einen Socken zu suchen, den er vermisste. „Wir verliebten uns
sofort“, so Valerie. Die Äußerung lässt einigen Raum für Phantasie.
Da Solti nämlich das Interview vergessen hatte, zu dem Valerie im Hotel Savoy
erschien, kam er geradewegs aus der Dusche, als sie bei ihm klopfte – in Badetücher
gewickelt. Er lud sie zum Essen ein. „Alles“, so Valerie Solti im Rückblick, „war klar
und ganz und gar unmöglich.“ Denn: Beide waren verheiratet; sie war 25 Jahre
jünger als er. Einige Wochen nach dem Kennenlernen stöberte Solti sie telefonisch
in Tunesien auf und sagte: ‚Komm mit mir nach Israel’. „Ich sagte ihm“, so Valerie,
„das geht leider nicht, und flog nach Israel. Das war’s.“
In Israel entstand folgende Aufnahme. Aber: Presto!
1
0
Decca
LC 00171
476 8459
Track 008
Felix Mendelssohn
Symphonie Nr. 4 A-Dur op. 90 “Italienische”
IV. Sartarello (Presto)
Israel Philharmonic Orchestra
Ltg. Georg Solti
1958
5’30
Der 4. Satz: Sartarello (Presto) aus der Symphonie Nr. 4 A-Dur op. 90 “Italienische”
von Felix Mendelssohn Bartholdy. Georg Solti mit dem Israel Philharmonic
Orchestra 1958.
Neun Jahre nach dieser Aufnahme, 1967, heirateten Solti und Valerie Pitts. Aus
der Ehe mit Lady Valerie, wie sich die ehemalige Journalistin seit 1972 nennen
darf, als Solti in den Ritterstand erhoben wurde, aus dieser Ehe gingen zwei Töchter
hervor, Gabrielle und Claudia, die sich bis heute gemeinsam mit ihrer Mutter für das
World Orchestra for Peace engagieren – eine Gründung Soltis – sowie für die
Förderung junger Musiktalente.
Von Beginn an hatte ihr Solti gesagt: „Wir können nicht zwei Primadonnen in der
Familie haben.“ Also gab Valery ihren Beruf auf. Die beiden Töchter wurden nicht
auf die in England verbreiteten Boarding Schools geschickt; denn Solti hielt sie für
„Lotterbetten des Lasters und der Homosexualität“.
Dass Solti zudem als ein Mann vieler Affairen galt, haben wir wohl bereits
angedeutet. Nichts Besonderes, wie gesagt. Speziell dagegen war, dass angeblich –
so berichten es Augenzeugen bis heute – jede Geliebte von Solti einen weißen Nerz
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Georg Solti – 10. Folge
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geschenkt bekam oder einen Blaufuchs. Daran konnte man sie erkennen. Solti, auch
in dieser Hinsicht, hat aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht.
Seine Frau Valerie, mit der er überhaupt oft Scherze machte, revanchierte sich
einmal in Form einer berühmt gewordenen Anekdote. Die Rache bekanntlich wird
kalt serviert.
Bei einer Tournee mit dem Israel Philharmonic Orchestra und dem Solisten John
Ogdon am Klavier wurden abwechselnd das 1. Klavierkonzert von Franz Liszt und
das 1. Klavierkonzert von Peter Tschaikowsky gegeben. Eines Abends stiftete
Valerie Solti den Pianisten an, während der Kadenz des Liszt-Konzertes – wenn der
Solist alleine spielt – wie von ungefähr zur Kadenz des Tschaikowsky-Konzertes
hinüberzuwechseln. Solti bemerkte es, und schwitze Blut und Wasser, weil er nicht
wusste, ob er nun den Schluss des Tschaikowsky-Konzertes anfügen müsse, um
überhaupt zu einem Ende zu kommen. Kurz bevor die Kadenz zu Ende ging,
wechselte Ogdon galant in die Liszt-Kadenz zurück. Leider gibt es davon keinen
Mitschnitt.
Aber es war eine Tat von Valerie Solti, so hat sie es später zugegeben.
John Ogdon wiederum hat sich für so viel Solidarität mit einer Ehefrau die folgende
Ungarische Rhapsodie Nr. 15 a-Moll, den sogenannten „Rákóczy Marsch“, verdient.
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EMI
LC 06646
0 27180 2
Track 907
Franz Liszt
Ungarische Rhapsodie Nr. 15 a-Moll „Rákóczy
Marsch“
John Ogdon, Klavier
1967
5’25
John Ogdon, Klavier, mit der Ungarischen Rhapsodie Nr. 15 a-Moll „Rákóczy
Marsch“ von Franz Liszt – hier im Kulturradio vom RBB in unserer Sendereihe zu
Ehren des von Ogdon souverän hereingelegten Georg Solti.
Georg Solti, dessen private Seite wir in der heutigen Folge in helles Licht getaucht
haben, hätte die Bedeutung dieser Privatsphäre für sein Künstlertum niemals
bezweifelt. In einer für ihn (wie für die meisten Dirigenten) typischen Überhöhung
hat er noch 1997, kurz vor seinem Tod, die nötige Balance zwischen dem In-derMusik-sein und der Fähigkeit, außerhalb der Musik zu leben, wortreich umschrieben.
Dabei zielte die Frage des Journalisten Jürgen Christ ganz einfach darauf, ob Solti
noch immer – so wie früher – der Genussmensch mit einer Schwäche für Whiskey
und schöne Frauen geblieben sei, als den man ihn durchaus kannte.
O
3
7
Jürgen
Christ im
Gespräch mit
Georg Solti
(= Nr. 15,
Teil 1)
Track 001,
Interview Georg Solti 1997 (über Innen und außen,
auf dei Frage, ob er ein Genussmensch ist, mit
Jürgen Christ):
Ein guter Musiker hat beides. Das habe ich immer
versucht zu erklären. Sie müssen in der Musik sein
und draußen, gleichzeitig. Drin sein, so dass sie
kaum was hören. Und draußen sein, so dass sie
© kulturradio vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
0’37’
www.kulturradio.de
Georg Solti – 10. Folge
Seite 12 von 12
alles hören. Das Sie die Zusammenhänge klar
sehen. Das ist eine seltsame Mischung. Das können
nur wenige Menschen. Dass Sie gleichzeitig innen
und außen sind. Das muss ungefähr 50 zu 50 sein.
Ja, das nennt man nicht. Das sind: Erfahrung und
Talent.
1
2
Decca
LC 00171
425 498-2
Track 001
Georg Friedrich Händel
Chorus “Hallelujah”, Nr. 39 aus “Messiah”
Chicago Symphony Orchestra and Chorus (Chorus
director: Margaret Hillis)
Ltg. Georg Solti
1984
3’43
“Hallelujah” aus Händels “Messiah”. Das Chicago Symphony Orchestra und Chor
(Chorus director: Margaret Hillis) unter Leitung von Georg Solti im Jahr 1984.
Das war eine Sendung über Georg Solti, den Privaten – über die
öffentlichkeitsabgewandte Seite des Mannes, den sie “Georg, den Schrecklichen”
nannten. Warum nannten sie ihn so? Nun, das eckige, aufbrausende Temperament
haben wir in unserer großen Solti-Sendereihe schon andernorts eingehend
beschrieben. Sein Glatzkopf, gepaart mit einem wahrlich fordernden Probenstil,
sorgte in England nicht nur für Nervosität unter den Musikern. Sondern wiederum
für Rachegelüste. Sie verpassten ihm auch noch den Spitznamen „The Screaming
Skull“ – der „brüllende Schädel“.
In der kommenden Woche begegnen wir Georg Solti wieder, dann von seiner
dienstlichen Seite. Darauf ein kleiner Vorgeschmack in Form von: Leichter
Kavallerie.
1
3
Decca
LC 00171
466 267-2
Track 001
Franz von Suppé
„Leichte Kavallerie“
Wiener Philharmoniker
Ltg. Georg Solti
1958
5’55
Die Ouvertüre „Leichte Kavallerie“ von Franz von Suppé. Die Wiener
Philharmoniker unter Georg Solti im Jahr 1958.
In der nächsten Woche befassen wir uns hier in unserer Sendereihe über den
Dirigenten Georg Solti mit dessen geschäftstüchtiger, expansiver Seite. „Alles muss
raus: Solti, der Medien-Mogul“ ist dann unser Thema.
Ihnen noch einen schönen Abend, Ihr Kai Luehrs-Kaiser.
© kulturradio vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
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