Vom Laptop zum Pocket-PC – Geschichte und Zukunft des mobilen
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Vom Laptop zum Pocket-PC – Geschichte und Zukunft des mobilen
Vom Laptop zum Pocket-PC – Geschichte und Zukunft des mobilen NIS Manfred KURZWERNHART Zusammenfassung Mobile Lösungen bei Netzinformationssystemen (NIS) sind jetzt bereits wichtige Bausteine zur Optimierung von Workflows bei Versorgungsunternehmen. So können auch Außendiensttätigkeiten in umfassende IT-Lösungen eingebunden werden („Mobile Computing“). Diese bisher meist offline laufenden Systeme werden in Zukunft über den Einsatz neuer Kommunikationstechnologien als Online-Lösungen umgesetzt werden. Eine sprunghafte Entwicklung hat seit etwa einem Jahr auch am Sektor der Pocket-PC’s und PDA’S (Personal Digital Assistent) zu bislang kaum vorstellbaren Funktionalitäten und großen beherrschbaren Datenmengen auf diesen Mini-Computern geführt. Im Folgenden werden Entwicklung und grundsätzliche Varianten des mobilen NIS erläutert, sowie der heutige Stand an NIS-Funktionalitäten im Bereich Notebook und Pocket-PC anhand von Praxis-Beispielen der Linz AG dargestellt. Gleichzeitig wird auf absehbare Entwicklungen und aktuelle Lösungsansätze im Bereich des mobilen NIS eingegangen. 1 Endgeräte und Varianten 1.1 Stand und Entwicklungen bei Endgeräten Für den Einsatz mobiler Rechner im technischen Bereich waren die Entwicklungen bei Rechnerleistung, Hauptspeicher, Festplattengröße, Bildschirmqualität, sowie Gewicht, Batteriebetriebsdauer und robuste Ausführung maßgeblich. Erwähnt seien die nunmehr verfügbaren Bildschirme mit brillanter Anzeige auch im Sonnenlicht und die mobilen NotebookSets im Koffer inkl. Drucker. Weitere Neuerungen im Mobile Computing waren PenComputer mit Stiftbedienung bzw. mobile Bildschirm-Einheiten mit Funk-Anbindung zum PC, der sich z.B. im Fahrzeug befindet. Schließlich eröffnen auch nun Notebooks mit eingebautem GPRS-Handy oder Pocket-PC’s (mit oder ohne GPRS) neue Möglichkeiten, auf die später einzugehen sein wird. Eine drahtlose Kommunikation mit brauchbarer Übertragungsrate vorausgesetzt, werden auch Web-Pads, d.h. Internet-fähige Endgeräte ohne eigene Intelligenz, eine Rolle spielen. Eine rasante Entwicklung hat bei Pocket-PC’s vor etwa einem Jahr begonnen. Der Intel StrongARM-Prozessor und das Betriebssystem Windows-CE ermöglichen seit kurzem umfangreichere Anwendungen mit größeren Datenmengen, als es bisher mit PDA’s möglich war. Farbbildschirme, stromsparende neue Prozessoren und die Speicher-Technologie (CFCards, PC-Cards) markieren hier Meilensteine der aktuellen Entwicklungen. 198 M. Kurzwernhart 1.2 Varianten mobiler Anwendungen 1.2.1 Offline-Verfahren Aus einem NIS Auszüge zu erstellen und auf ein Notebook zu transferieren, ist eine erste einfache Variante eines mobilen NIS. Das Notebook ist dann „offline“ unterwegs, d.h. die Daten haben den Stand des Kopierzeitpunktes. Solche Offline-Lösungen laufen seit Jahren in der Praxis. Gegenüber Planschränken in Einsatzfahrzeugen sind damit bereits folgende Vorteile erreicht, die auch die Mindestanforderungen an ein mobiles NIS beschreiben: • • • • • • • Blattschnittfreies System vor Ort mit raschem Auffinden des Interessensgebietes (Suche über Adresse oder Sachdaten der NIS-Objekte) Aktuelle Daten und geringerer Platzbedarf als Papierpläne Umfassende Informationen (alle NIS-Daten und eventuell Daten aus verknüpften Datenbanken!) Zusatzinformationen (Hinterlegen digitaler Fotos, Orthophotos und von CAD-Plänen) Ausgabemöglichkeiten (maßstäbliche Ausschnitte) auf mobilem Drucker Office-Integration (cut & paste-Funktionalität für Graphik/Sachdaten zu Word, Excel,..) „Redlining“ vor Ort, d.h. Anbringen von Ergänzungen und Hinweisen, die in den zentralen NIS-Bestand rückübertragen und im Büro weiterbearbeitet werden. Neben den oben angeführten Mindestfunktionen eines mobilen NIS sind meist auch weitere Ergänzungen der Funktionalität über Zusatzprogramme möglich. Beispiele hierfür wären eine automatische Ortsbestimmung über GPS, Funktionen zur Leitungsverfolgung oder die Bereitstellung von Eingabemasken für das Ändern oder Erfassen neuer Daten. Zum Beispiel kann das bei Linz AG eingesetzte FRAMME-FieldView mit eigenen Programmen erweitert werden (VB, C++). Werden Änderungen direkt am (Offline-) Datensatz angebracht, ist aber ein streng definiertes Änderungskonzept notwendig, das sicherstellt, dass es nicht zu inkonsistenten Daten im Hauptdatenbestand kommt. Weitere Beispiele für Offline-Lösungen mit integriertem gesichertem Datenabgleich sind FRAMME-Lite von Intergraph, das FRAMME-Funktionalität und -Erfassungslogik für externe Erfassungen auf PC oder Notebook ermöglicht, oder der GE/Smallworld Mobile Data Server, mit dem Ausschnitte aus der Smallworld-Datenbank incl. Applikationslogik in ein Notebook geladen werden können, d.h. bei beiden Systemen Funktionen im Feld wie in der Zentrale. 1.2.2 Online-Verfahren Die Offline-Variante des mobilen NIS hat den Nachteil, dass die Daten nur so aktuell sind, wie eben der letzte Aktualisierungslauf zurückliegt. Für viele Anwendungen reicht ein täglich oder wöchentlich aktueller Stand aus. Es kann aber auch die Darstellung eines aktuellen Schaltzustandes (z.B. im Stromnetz) wünschenswert, in manchen Fällen sogar unverzichtbar sein. Dafür wäre eine Online-Anbindung an den zentralen Datenbestand Voraussetzung. Die technischen Möglichkeiten sind auch dazu bereits vorhanden. Eine Beispiel dafür ist die Online-Verbindung im Außendienst über Internet mit Hilfe eines GPRS-Handy’s, z.B. integriert im Notebook. Mit der Verfügbarkeit von UMTS wird sich die Datenübertragungsrate weiter deutlich verbessern, und – falls es kostenmäßig vertretbar Vom Laptop zum Pocket-PC – Geschichte und Zukunft des mobilen NIS 199 ist – zur Praxiseinführung solcher Lösungen führen. Trotz höherer Übertragungsraten ist es aber unerlässlich, dass mobile Online-Lösungen mit einem ähnlich intelligenten Aktualisierungskonzept arbeiten, wie es für Web-Lösungen sinnvoll ist, d.h. hoch komprimierte Daten (Vektor, Raster) und intelligentes Nachladen der Daten. Die bei Linz AG laufende WebLösung, die je nach Berechtigung (Passwort) unterschiedliche Inhalte des NIS über WebBrowser unternehmensweit bereitstellt, könnte ohne wesentliche Änderung auch mobile Clients bedienen. Der Schutz der Daten vor Zugriffen Unbefugter ist allerdings sicherzustellen, da ja externe Zugriffe auf den Web-Server ermöglicht werden müssen. Neben dem Vorteil eines Online-Zugriffs auf Echtdaten sind bei Online-Lösungen auch Änderungen direkt im zentralen Datenbestand möglich. Datenmanipulation vor Ort ist als wesentlicher Bestandteil einer Prozessoptimierung ein großer Vorteil. Ein Änderungsdienst vor Ort ist aber im Einzelfall auf Sinnhaftigkeit zu prüfen. Es wird immer auch Workflows geben, bei denen es zielführender ist, erst nach Prüfung im Haus den Datenbestand zu verändern. Um den Online-Datenverkehr zu minimieren wurden auch „Online/Offline“-Konzepte vorgestellt, die eine drahtlose Datenübertragung „bei Bedarf“ ermöglichen. Das bedeutet Zugriff auf Echtdaten wenn notwendig und gewünscht, aber mit der Möglichkeit auch offline weiterzuarbeiten, was u.a. bei Unterbrechungen von Online-Verbindungen den Anforderungen der Praxis entgegenkommt. Lauffähige Systeme mit dieser Philosophie sind z.B. eine ArcSDE/ArcIMS/ArcPad-Kombination von ESRI, der OnSite-Viewer von Autodesk, der Mapguide-unterstütze Formate verarbeitet, und OnDemand von Intergraph/Intelliwhere, das u.a. die GeoMedia-Datenservertechnologie und die Standards der Open Location Services (OLS) des Open GIS Consortiums unterstützt. Mit der Verfügbarkeit leistungsfähigerer Kommunikationsnetze für die Datenübertragung (GPRS, UMTS) werden Online-Verfahren weiter an Bedeutung gewinnen. 2 Mobiles NIS bei der Linz AG 2.1 Das Offline-NIS der Linz AG auf Notebook Ein Offline-NIS auf dem Notebook ist in der Linz AG als „NIS-mobil“ seit 4 Jahren im Praxiseinsatz. War vorerst nur der NIS-Bestand des Stadtgebietes Linz im Zugriff (Geobasisdaten und Wasser-, Gas- und Kanal-Leitungen), sind seit Mitte 2001 ca. 3.300 km Leitungsbestand und Basisdaten auf einer Fläche von ca. 900 km2 mit etwa 77.000 Adressen zur Navigation auf Notebook verfügbar. Dieses „NIS-mobil“ hat sich im Praxiseinsatz bewährt, so etwa bei der Grabungskontrolle, im Korrelator-Fahrzeug der Wasserversorgung, beim Kalkulieren von Neuanschlüssen und bei der effizienten Abwicklung von Reparaturen (Info über eingebaute Formstücke). Vor kurzem wurden auch Mitarbeiter im Bereich GasMarketing damit ausgestattet. So können bei Gasprojekten in Linzer Umlandgemeinden unmittelbar Auskünfte über voraussichtliche Kosten und über die Ausführung der Anschlussleitungen gegeben werden (Abb. 1). 200 Abb. 1: M. Kurzwernhart NIS-mobil der Linz AG (Graphik und Sachdaten auf Notebook) 2.2 Das Offline-NIS der Linz AG auf Pocket-PC Mit der Entwicklung des Intel StrongARM-Prozessors wurde die Geoinformatik der Linz AG Anfang 2001 auf das darin schlummernde Potenzial aufmerksam. Im Juni 2001 konnten bereits mit einer neu verfügbaren Software, die sich sehr gut in die NIS-Umgebung der Linz AG einfügt, erste Versuche durchgeführt werden. Nach weiteren Tests Ende 2001 wurde die bisherige Notebook-Lösung „NIS-mobil“ um eine nahezu funktionsgleiche Pocket-Lösung „Pocket-NIS“ ergänzt. Das bedeutet NIS-Viewing/Redlining am Pocket-PC, wobei alle NIS-Daten verfügbar sind, wenn auch mit dem Nachteil des kleinen Bildschirms. Die rasche Praxiseinführung, noch dazu mit geringen Kosten, war möglich, da das „Pocket-NIS“ auf die bestehende NIS-Struktur (FRAMME/ORACLE) aufbaut. Weitere Vorteile der Lösung sind die Integration in die Intergraph-GeoMedia-Umgebung und die Möglichkeit, Zusatzapplikationen über embedded VB und C++ einzubinden (z.B. Formulare für Erfassung/Editieren). Weiterhin ist die Lösung, die seit April 2002 als OnDemand von Intelliwhere vertrieben wird, nahezu formatunabhängig, sodass u.a. GE/Smallworld-Daten (Strom, Fernwärme) in die mobile Lösung integriert werden können. Eigene Applikationen und die Integration von Smallworld-Daten wurden bisher nicht umgesetzt (Abb. 2). Vom Laptop zum Pocket-PC – Geschichte und Zukunft des mobilen NIS Abb. 2: 201 Pocket-NIS der Linz AG – Graphik und Sachdaten auf Pocket-PC Wesentliche Funktionalitäten des Pocket-NIS der Linz AG • Einfaches Aktualisierungskonzept, Session-Konzept für Multi-User-Einsatz • Maßstabsabhängige Darstellung der Objekte und Inhalte • Query-Tools (Adressen,Sachdaten), Redlining, Editieren und Erfassen von Sachdaten • unglaublich performantes Arbeiten mit großen Datenmengen Beispiel-Datenbestand im Pocket-NIS, Speicherbedarf, Antwortzeiten • 2.200 km Leitungen inkl. Bemaßungen und Sachdaten (Wasser/Gas/Kanal) • 96 km2 inhaltlich reduzierte DKM + 37.000 Terrestr. Hauseckpunkte mit Hausfronten • 22.000 Adress-Objekte als Suchhilfe • Speicherbedarf dieser Daten im Pocket-PC: etwa 200 MB (CF-Card) • Wartezeit bei Erstaufruf ist fast unabhängig von der Datenmenge: <30 Sek • Graphikdarstellung nach Adress-Eingabe oder Sachdatenanzeige: jeweils <1 Sek • verwendeter Pocket-PC: Compaq iPAQ 3630, 206 Mhz/32MB + 256 MB auf CF-Card Der Einsatz des „Pocket-NIS“ bei Linz AG ersetzt nicht generell die Notebook-Lösung, ist aber bei manchen Aufgaben ausreichend und vor allem kostengünstiger. Während sich für das Editieren von Daten in Zukunft mobile Online-Lösungen auf Notebook und Pocket-PC anbieten werden, gibt es eine Reihe von Aufgaben im Bereich Wartung/Planauskunft der Linz AG-Netze, die mit dem Pocket-NIS bereits jetzt gut bedient werden können. 3 Strategien, zukünftiges NIS-mobil Insbesondere für Versorgungsunternehmen, deren Betriebsmittel geographisch verteilt sind, ist der Einsatz mobiler NIS-Lösungen bei Workflows im Netz-Bereich (Störungen, Instandhaltung, Wartung) von hoher Bedeutung. Neben Offline-Lösungen werden sich dazu in vielen Fällen Online-Lösungen anbieten. Voraussetzung dafür ist aber eine stabile leistungsfähige Kommunikationstechnologie. Trotz der Änderungsmöglichkeiten online direkt im Feld wird es aber auch in Zukunft Fälle geben, in denen eine Änderung am zentralen Datenbestand erst nach Prüfung in der Zentrale selbst erfolgen wird. Mobile Lösungen bei Stö- 202 M. Kurzwernhart rungseinsätzen sind jetzt bereits in Form eines Offline-NIS sehr gut einsetzbar, wobei die Steuerung der über GPS laufend verorteten mobilen Trupps von einem zentralen Dispatching-Center aus erfolgt. Online-Lösungen werden u.a. dann unverzichtbar, wenn ein dynamisches NIS vorhanden ist, in dem z.B. die aktuellen Schaltzustände eines Stromnetzes auch wirklich im NIS verfügbar sind. Werden je nach Standort unterschiedliche Inhalte automatisch vom zentralen NIS an den Außendienst gesandt, kann von Location Based Services (LBS) gesprochen werden. Im Gegensatz zum LBS für Massenkunden, dessen Bedeutung noch in der Zukunft liegt, dürften im NIS-Bereich LBS-Funktionalitäten früher Einzug halten. Überall dort, wo die Koordinaten-Information zur Automatisierung von Vorgängen wie z.B. „Ausschnitt laden“ genutzt werden kann, ist eine Nutzung dieser Tools sinnvoll, weil für den Anwender im Außendienst entlastend. Für einen effizienten Einsatz mobiler NIS-Lösungen sollte generell beachtet werden: • • • • • 4 im NIS-Bereich sind Vektordaten unumgänglich, reine Rasterlösungen kaum brauchbar Die mobile Lösung sollte in ein vorhandenes NIS integriert sein, Daten sollten ohne aufwendige Übersetzungen verwendet werden können OGC-Empfehlungen für Standard-Protokolle und -Sprachen (XML/GML, Java) Ökonomische Konzepte hinsichtlich Speicherplatzbedarf und Performance Einfache Bedienung und Integration in Workflows und in die IT-Landschaft Schlussbetrachtung Die technische Entwicklung im Bereich mobiler Lösungen ist voll im Gang. Weitere wesentliche Schritte werden bei mobilen Online-Anbindungen erfolgen, die aber von der Verbesserung bzw. Verfügbarkeit der neuen Kommunikationstechniken abhängen. Derzeit ist mobiles NIS vor allem für Auskünfte vor Ort (Grabungskontrollen, etc.) im Einsatz. Die Zeit ist aber auch reif, um mobile Lösungen im Bereich der Instandhaltung von Netzobjekten einzusetzen, mit der Chance Arbeitsabläufe zum Teil grundlegend neu zu gestalten. Kosteneinsparungen über effiziente Workflows und Verbesserung der Kundenservices sind das Ziel. Eine Anforderung, die angesichts des Kostendrucks bei Versorgungsunternehmen aktueller nicht sein könnte. 5 Literatur Fritsch D. (2001): Geo-Informationssysteme im Spannungsfeld von Mobilität und Gesellschaft. In: GIS – Geoinformationsysteme (GeoBIT/GIS), 9/2001 Geldermans S., Hoogenboom M.C. (2002): Location Based Services – Let’s Talk Serious. In: GEO-Informatics, 5/2002 http://www.geoinformatics.com/ Gleixner G. & Gaigg G. (2000): Mobiles GIS – ein effizientes Werkzeug zur Erfassung und Nachführung strukt. GIS-Daten direkt im Feld. Produktpräsentation, AGIT 2000 IntelliWhere (Hrsg.) 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