DAs wAHre AbeNTeUer
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DAs wAHre AbeNTeUer
HAUTNAH Trekking Gran Paradiso Trekking Gran Paradiso HAUTNAH Rund um den Gran Paradiso Das wahre Abenteuer Der Gran Paradiso ist der leichteste und dadurch auch begehrteste Viertausender südlich des Alpenkamms. Was kaum jemand weiss: Das wahre Abenteuer ist seine Umrundung, denn dabei werden Orientierung und Kondition auf eine harte Probe gestellt. 102 103 HAUTNAH Trekking Gran Paradiso Der Ciaforon, ein markanter Gipfel neben dem Gran Paradiso. Alpsiedlung am Piano del Nivolet. Es sollte die anspruchsvollste Trekkingtour werden, die wir je unternommen haben. Doch davon wissen wir noch nichts, als wir an einem schwülen Sommermorgen im hintersten Talschluss des Valsavarenche aufbrechen. Auf der Aosta-Seite spielt sich der Tourismus ab und in der kurzen Sommersaison drängen täglich ganze Horden auf den Gipfel des Gran Paradiso. Aber das Unbekannte hat seit jeher die Sehnsüchte der Menschen geweckt. Und auch wir sind auf der Suche nach unberührter Na- 104 tur. Also wollen wir erkunden, wie es auf der anderen, bisher völlig vernachlässigten Seite des Gran ParadisoNationalparks aussieht. Während die Aosta-Seite mit bewirtschafteten Hütten aufwarten kann, sind diese auf der piemontesischen Seite bescheidener gestreut. Man muss auf Biwaks zurückgreifen. Die Selbstversorgerausrüstung macht unseren Rucksack schwer. Weil gerade Hauptsaison ist, haben wir sicherheitshalber noch ein Zelt mit eingepackt. «Il cuore del parco»: Das Seenplateau über dem Col del Nivolet bietet die schönste Aussicht auf Gran Paradiso & Co. Zelten verboten, biwakieren erlaubt Schon auf der ersten Etappe von Pont im Valsavarenche zum Col del Nivolet treffen wir auf wenig Wanderer. Dabei handelt es sich um eine leichte Route durch ein wunderschönes Hochtal. Zum Glück verhinderten die Richtlinien des Nationalparks einst ein Strassenprojekt, sonst würde hier der Verkehr durchrauschen. Nur von der piemontesischen Seite zieht eine Strasse bis zum 105 HAUTNAH Trekking Gran Paradiso So ungemütlich von aussen, so gemütlich drinnen: das Bivacco Giraudo. Nivolet-Pass. Dort befinden sich auch zwei bewirtschaftete Hütten. So urgemütlich diese sind, wir haben unser Zelt geschleppt und ziehen ein Biwak vor auf einem der schönsten Seenplateaus dieser Region nur eine halbe Stunde oberhalb des Rifugio Savoia. Zelten, muss man wissen, ist im Nationalpark verboten, biwakieren hingegen nicht. In eine traumhafte Kulisse betten sich die Laghi Trebecchi. Das Gran Paradiso-Massiv wie auch die Grenzgipfel zum französischen Vanoise-Nationalpark umzingeln uns mit atemberaubender Wucht. Im Raureif des Morgens kommen uns die Hütten dann doch gelegen und wir geniessen einen feinen Cappuccino im Rifugio Città di Chivasso. Alessandro Bado, der aufgestellte Hüttenwirt, will auch gleich unsere Rucksäcke wiegen. Sie bringen 24 (Dieter) und 19 Kilogramm (meiner) auf die Waage. Das heisst für uns: In den nächsten Tagen müssen wir viel von deren Inhalt «wegessen». Die Kraft brauchen wir auch, denn die Strecke wird zunehmend anspruchsvoller. Königliche Jagdsteige und Biwak-Romantik Die zweite Etappe ist noch einigermassen beschaulich. Wir folgen der «mulattiera reale», einem kunstvoll in die steilen Flanken geschlagenen königlichen Jagdsteig hoch über dem Canavese, wie sich das Gebiet auf der 106 piemontesischen Seite des Nationalparks nennt. «The smiling valley» nannte Francis Fox Tuckett das Tal, über dem sich die schneebedeckten Gipfel der Levanna türmen. 1859 umrundete der Alpenpionier den Gran Paradiso. Am Col della Terra stossen wir auf die Markierung der Alta Via del Canavese, die von Ceresole Reale hinauf führt. Sie wird unsere Route für die nächsten Tage bestimmen und bringt uns zunächst einmal zum Bivacco Giraudo. Auch die «gelbe Biwakschachtel» haben wir ganz für uns allein. Klein aber fein ist das hölzerne Interieur. Mit ein paar Kerzen, die jemand zurückgelassen hat, gestaltet sich der Abend ganz romantisch. Noch werfen die Berge lange Schatten, als wir am frühen Morgen aufbrechen. Schnell sind wir zu einer Alpterrasse abgestiegen, wo uns wärmende Sonnenstrahlen und neugierige Kühe begrüssen. Wieder ist es ein königlicher Jagdsteig, der uns entlang der Höhenlinie gemütlich und bei grossartigem Panorama ins nächste Hochtal leitet. Keine Mühen hatte König Vittorio Emanuele II. gescheut, um sich sein exklusives Jagdrevier mit bequemen Wegen einrichten zu lassen. Nur ihm, dem damaligen Regenten von Savoyen-Piemont und späteren König des neuen Italien, war es seit 1856 vorbehalten, am Gran Paradiso, dem letzten Rückzugsgebiet des Steinbocks, der in anderen Teilen der Alpen im 18. Jahrhundert bereits ausgerottet war, zu jagen. Schon ab 1821 erhobene strenge Schutzbestimmungen sollten den Bestand seines begehrtesten Jagdobjektes sichern. Der Erbe Sicheres und sauberes Trinkwasser Du bewegst dich gerne frei in der Natur. Setze deshalb auch beim Trinkwasser auf umweltschonende und unabhängige Technologien und mach dein Trinkwasser am besten gleich selbst. Unsere manuellen, ohne Batterien betriebenen Wasserfilter kommen überall dort zum Einsatz, wo sicheres Trinkwasser nicht einfach so verfügbar ist. Das richtige Produkt für dich findest du unter www.katadyn.ch oder bei deinem Fachhändler. HAUTNAH Trekking Gran Paradiso Trekking Gran Paradiso HAUTNAH Mit der Escursionista-Karte ist man sehr gut bedient. Leider fehlt eine Etappe. Dann muss man auf «IGC-Comics» zurückgreifen. Zelten verboten, biwakieren erlaubt. Das heisst: Tagsüber ist der Lagerplatz verschwunden. Ein spannender und auch geologisch interessanter Felsenweg führt in den Col Lauson. ittorio Emanuele III. schenkte das königliche Jagd V revier schliesslich im Jahre 1919 dem italienischen Staat – unter der Bedingung, einen Nationalpark einzurichten. Drei Jahre später wurde dann ein Gebiet von 703 Quadratkilometern zum ersten Nationalpark Italiens erklärt. Seit der grenzüberschreitenden Zusammenschliessung mit dem Vanoise-Nationalpark 1972 umfasst das Gelände nun 1233 Quadratkilometer und ist damit das nach dem Nationalpark Hohe Tauern (1800 km 2) zweitgrösste Naturschutzgebiet der Alpen. unter der wuchtigen Südostfront des Gran Paradiso sticht ein bereits vertrauter gelber Fleck ins Auge. Das Bivacco Ivrea gleicht dem Zuhause unserer letzten Nacht fast aufs Haar. Und wieder haben wir die im Innern an eine gemütliche Schiffskajüte erinnernde Stahlkapsel für uns. Wir denken nicht einmal daran das Zelt aufzubauen. In der Nähe tummeln sich ein paar Gämsen. Sie sind scheuer als die Steinböcke, die sich beeindruckende Rivalenkämpfe liefern, als wir tags darauf die erste Steigung in Angriff nehmen. Ein Talschluss wie im Himalaya Fluch der «Karten-Comics» Zahlreiche Jagdhäuser, so genannte «Case reali di Caccia», liess der König damals bauen. Zwei davon wurden zu Alpenvereinshütten umgenutzt: das von uns bereits passierte Rifugio Savoia und das Rifugio Vittorio Sella, in dem wir, sofern alles nach Plan verläuft, in ein paar Tagen nächtigen werden. Das Jagdhaus hingegen, das wir jetzt am Gran Piano erreichen, ist den Parkangestellten und Naturwissenschaftlern vorbehalten. Von hier zieht sich unsere Route steil gegen die Bocchetta del Ges. Mehrere Erdrutsche haben dem Königssteig arg zugesetzt, immer wieder müssen wir durch Blockwerk kraxeln. So brauchen wir eine ganze Menge Zeit bis ins Vallone di Noaschetta. Türkisfarbene Bäche mäandern dort durch einen üppig grünen Talgrund. An verfallenen Alpgebäuden vorbei und im Banne markanter Felszacken wie den Tre Becchi erreichen wir einen Talschluss, wie man ihn im Himalaya antreffen könnte. Auf einem Moränenhügel Auf ein vereistes Schneefeld folgt ein steiles Blockfeld und macht den Aufstieg zum Colle dei Becchi recht mühsam. Dafür ist der Ausblick auf den Gran Paradiso und das Gipfelmeer Richtung Frankreich einfach phantastisch. Und der gerade zu diesem Zeitpunkt perfekte Firn erlaubt uns ein angenehmes Abrutschen über die Ostseite des Passes. Bald darauf glitzert unter uns der Lago di Telessio aus dem Vallone di Piantonetto. Dort unten muss sich auch das Rifugio Pontese befinden, doch es sind noch fast 800 Höhenmeter Abstieg zu bewältigen, bis wir mittags auf der Sonnenterrasse bei Polenta und Gamsragout wieder Kräfte tanken. Eigentlich sollte man an diesem herrlichen Ort übernachten, doch dann wäre unsere geplante Folgeetappe zum Bivacco Davito einfach zu lang. So müssen wir uns nochmals aufraffen für einen weiteren, steilen Aufstieg. Kettengesicherte Passagen helfen uns über die heikelsten Stellen hinweg. Entlang exponierter Fels- 108 bänder zieht die Alta Via del Canavese über die Bocchetta di Valsoera ins nächste Hochtal. In den Gletscherschliff betten sich mehrere Seen. Direkt über dem gestauten Lago di Valsoera steht auf hohen Stelzen unser Etappenziel, das unbewirtschaftete Rifugio Meneghello mit dem Komfort einer grossen Küche. Während die Alta Via del Canavese hier ins Haupttal Valle dell’Orco absteigt, folgen wir einer nicht klar ausgewiesenen Route. Es sind rote Punkte, die uns am Lago Nero vorbei durch eine Felsrinne auf eine Höhenterrasse mit dem Lago di Motta leiten. Dann aber sind wir auf unseren eigenen Orientierungssinn angewiesen, denn die roten Punkte geben eine Richtung vor, in die wir gar nicht wollen. Gemäss einer eingezeichneten Route auf unserer Karte müssten wir – westlich am See vorbei – nach Norden zum Colle di Motta gehen. Doch da ist nichts. Wir verfluchen wieder einmal die Comiczeichnungen der italienischen IGC-Karten und suchen unseren eigenen Weg. Im Klartext bedeutet das: endloses Blockwerksteigen und nagende Ungewissheit, wie es wohl hinter dem Colle di Motta aussehen wird. Böse Überraschung auf dem Pass Dafür befinden wir uns in absolut unberührter Natur. Wunderschön spiegelt sich die Gebirgskette der Cottischen Alpen mit ihrem höchsten Spitz, dem Monviso, im Lago di Motta. Am Pass folgt dann eine böse Überraschung: Würde Schnee liegen, wäre der Steilabstieg gar nicht mal so schlimm, doch stattdessen erwartet uns ein Rutschhang aus Schutt und Erde. Weiter unten hat sich der Gletscher unter Blockwerkmassen verkrochen. Das sieht nach mühsamem Abstieg aus – und das ist es auch. Am Bivacco Revelli treffen wir wieder auf einen Pfad. 109 HAUTNAH Trekking Gran Paradiso ACTIVE GARMENT FOR ACTIVE PEOPLE RUKKA ACTIVE WEAR SINCE 1966 Tipps und Informationen Beim outdoor guide kann ein ausführliches Infoblatt zu der im Text beschriebenen Umrundung des Gran Paradiso mit vielen nützlichen Tipps bezogen werden. Anfragen per Post mit frankiertem Antwortcouvert an: outdoor guide, Fleubenstrasse 6, 9450 Altstätten. Via Website: www.outdoor-guide.ch Per E-Mail: [email protected] Wir befinden uns nun in einem wunderschönen Talschluss eines der Soana-Täler. Vom Bivacco Davito trennt uns noch ein zweiter Pass, der uns heftig in Anspruch nimmt. Denn jenseits des Colle Valletta bricht eine Steilwand ab. Die einzige Lösung scheint uns eine Schuttrinne weiter östlich des Grats zu sein. Jeder Schritt wird behutsam und überlegt gesetzt, ein Abrutschen wäre fatal. Die Schwierigkeiten scheinen anderntags überwunden. Ein teilweise sogar gepflasterter Felsenweg führt durch herrlich farbiges Gestein in den Col Bardoney. Doch die zunehmende Klimaerwärmung hat natürlich auch auf der Aosta-Seite ganze Arbeit geleistet. Anstatt vom Permafrost gehaltenes Gestein erwartet uns «Brösel werk». Welch eine Erlösung, danach wieder einen königlichen Jagdsteig begehen zu dürfen! Flotten Schrittes können wir so dem Lauf des Torrent de Bardonney folgen, der weiter unten ein hübsches Moorbiotop bildet. Hier zweigt der Höhenweg zum Lago di Loie ab, der zu den schönsten Seen des Cogne-Tals zählt. Nach einer Kurve strahlt uns die ganze Herrlichkeit des Mont BlancMassivs entgegen. In Lillaz drängen sich alte Holzhäuser, in Cogne, dem drei Kilometer entfernten Hauptort, pulsiert das «Shopping-Leben». Nichtsdestotrotz ist der Ort hübsch und die Kulisse einfach phantastisch. Zu den saftigen Wiesen des breiten Talbodens kontrastiert der vergletscherte Talschluss des Valnontey. Einen guten Einblick in die Hochgebirgsflora bietet der Alpengarten Paradisia am Weiler Valnontey mit seinen 1200 Pflanzenarten. te übernommen hat, lässt es sich der Vater nicht nehmen, allabendlich die Runde im Gastraum zu drehen, um jeden zu fragen, ob es auch schmeckt. Denn alles wurde aus frischen Produkten selbst hergestellt. An den Wänden der Holzstube hängen bemerkenswerte Naturaufnahmen, Resultate der hier häufig stattfindenden Workshops. Vorbild ist Vittorio Sella (1859–1943), ein grossartiger Alpinist und zugleich Begründer der Bergfotografie. Während am Abend ein Leuchten des vergletscherten Gebirgskammes über dem Valnontey die Gäste verzaubert, ist es am Morgen das schillernde Tuffgestein über der Lauson Hochebene. In diese Richtung müssen wir auch wandern, der Alta Via 2 della Valle d’Aosta folgen, die über den Col Lauson ins Val Savarenche zieht. Oben am Pass warten Traumblicke zum Monte Rosa und zu den Vanoise-Gipfeln. Ein Pass hat immer auch Brotzeitcharakter: Der Aufstieg ist bewältigt und neue Kräfte für den Abstieg müssen getankt werden. Und wo lässt es sich schöner Picknicken als mit einem atemberaubenden Panorama vor Augen? Es ist warm, windstill und der blanke Himmel mahnt auch nicht zur Eile. Mir fällt Francis Fox Tuckett wieder ein, der nicht selten im Eiltempo die Alpen durchforstete, oft als einer der Ersten auf einen Gipfel spurtend. Wie gerne hätte er den Gran Paradiso auf seiner Umrundung 1859 mitgenommen, doch die Grivola lockte ihn mehr: «The harder nut of the two to crack». Nicht ohne Stolz schreibt er dann aber in «Peaks, Passes and Glaciers», dem Vorläufer des berühmten Alpine Journals, dass er die Unterwerfung des Königs der Grajischen Alpen Mr. Cowell und seinem Trupp gönne. Oder wurmte es ihn vielleicht doch? Denn ein Jahr später (1861) folgte er den Fussstapfen der Erstbesteiger, um in der zurück gelassenen Gipfelflasche auch seinen Namen zu hinterlassen. Fast hätten wir die Abzweigung des Höhenweges verpasst, der zurück nach Pont führt – in welch einer Kulisse! Krönung ist die Chabod Hütte, deren Lage unter der Nordwand des Gran Paradiso das schönste Abendglühen des begehrten Viertausenders offeriert. ✸ Das schönste Abendglühen als Krönung Nach einem kräftigen Anstieg erreichen wir das Rifugio Vittorio Sella, eine der beliebtesten Hütten im Nationalpark. Obwohl Sohn Maurizio Mappelli längst die Geschäf- TEXT UND Fotos Iris Kürschner rukka AG - Wiesenstrasse 1 - CH-9327 Tübach - Phone +41(0)71 841 28 28 - Fax +41(0)71 841 28 16 S h o w ro o m T M C 3 7 0 - i n f o @ r u k k a . c h - w w w. r u k k a . c h 110