Kleider für die Zukunft
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Kleider für die Zukunft
Textilien | 29.11.2015 Intelligente Textilien der Zukunft Kleider für die Zukunft Die Anzüge der Firma Antelope stimulieren die Muskeln mit integrierten Elektroden beim Training zusätzlich. Bild: WLS Antelope Ein T-Shirt, das übereifrige Sportler stoppt, und ein Kleid, das Gefühle zeigt. Kleidung wird immer klüger – ein kleiner Streifzug durch Labore, Ateliers und Designstudios. Eines vorweg: Die Produkte sind nicht immer pfiffig. In den Neunzigern waren Mood-Ringe der letzte Schrei. Mit ihnen konnte man die Stimmung des Ringträgers ausmachen. Schimmerte der Ring grün, war alles – was für eine Überraschung – im grünen Bereich. Schimmerte der Ring grau, war die Person ängstlich oder erschöpft, und schimmerte der Ring hellrot, sollte man lieber das Weite suchen: Die Person war wütend. Jetzt ist die Idee des MoodRings zurück – in Form eines flauschigen Rollkragens. Ist man restlos entspannt, leuchtet der Kragen blau, bei freudiger Ekstase gelb und bei heller Aufregung pink. Herzfrequenz beeinflusst Textilie Das Kleidungsstück misst über Sensoren an den Händen die Spannung – ähnlich wie bei einem Lügendetektor – und übersetzt sie in LED-Licht. Laut Hersteller Sensoree ermöglicht der Ger Mood Sweater „neue Formen der Kommunikation“. Über Gefühle wird nicht mehr gesprochen, sie werden angezeigt. Ähnlich verräterisch das Kleid Intimacy 2.0 aus dem niederländischen Designstudio Roosegaarde. Je nach Stimmungslage oder Herzschlagfrequenz der Trägerin verwandelt der Stoff sein Erscheinungsbild – von blickdicht bis durchsichtig. Je schneller das Herz schlägt, desto transparenter das Kleid. Um den Effekt zu erreichen, haben die Designer mit leitfähiger Flüssigkristallfolie gearbeitet. Unter Strom gesetzt richten sich die Kristalle auf und die Folie wird durchsichtig. Sicher keine Garderobe für den Alltag und obendrein ziemlich sexistisch. Nässeschutz perfekt zum Style Die Erfinder arbeiten dennoch schon am Nachfolgemodell Intimacy 3.0, das ebenfalls Gefühle ausdrückt und für ein breites Publikum sein soll. Mehr unumstrittene Freude macht sicher der FLORAbrella. Der Regenschirm mit seinen integrierten 144 LED-Lampen in drei unterschiedlichen Farbmustern vertreibt miese Stimmung an Regentagen und ist ein kleiner Trost beim Nasswerden. Mithilfe eines Sensors nimmt der Schirm die Farben seiner Umgebung an: So kann man den Nässeschutz perfekt auf seinen Style abstimmen. Wer diesen Schirm nachbauen möchte: Die Künstlerin Leslie Birch hat dazu gerade eine Anleitung geschrieben. Birch gewann für den Schirm übrigens den ersten Preis in einem internationalen Wettbewerb für tragbare Technologien. Bikinis und Sneaker aus dem 3D-Drucker Die passende Schuhgröße ist mal wieder ausverkauft? Macht nichts. Continuum Fashion sorgt für Abhilfe und liefert Schuhe aus dem 3-D-Drucker. Bestellt wird per Mail, produziert on demand. Bereits seit ein paar Jahren vertreiben die beiden Designerinnen Mary Huang und Jenna Fizel Bikinis aus dem 3-D-Drucker über ihren Shop. Die avantgardistisch anmutenden Schuhe der Kollektion „Strvct“ werden aus Nylon hergestellt. Laut Continuum sind sie extrem widerstandsfähig und sehr leicht. Kunden können auch ihre eigenen Modelle online kreieren. Doch nicht nur bei exklusiven Schuhen ist der 3-D-Druck en vogue. Sportartikelhersteller Nike etwa lässt für die Football-Sportschuhproduktion schon länger die Sohlen drucken. Leitfähiger Stoff mit Elektroden Ein T-Shirt, das Sportler vor Überlastung und Unterforderung schützt, haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen entwickelt. Das FitnessSHIRT ist mit leitfähigen, in den Stoff integrierten Elektroden ausgestattet, die die Herzaktivitäten des Trägers erfassen. Ein Band um den Oberkörper zeichnet auf, wie der Brustkorb sich beim Atmen bewegt. Die abnehmbare Elektronikeinheit digitalisiert die Rohdaten und berechnet Werte wie Herzschlag, Puls und Atemfrequenz. Die Daten werden an Smartphone oder PC weitergeleitet, ausgewertet und gespeichert. Das Frankfurter Start-up Wearable Life Science geht sogar noch einen Schritt weiter: Die Sportbekleidung der Antelope-Kollektion nutzt die elektronische Muskelstimulation, um durch zusätzliche Anregung der Muskulatur mittels Stromstößen dem Träger einen höheren Trainingseffekt zu bescheren. Start-up in New York Neben Leistungs- und Amateursportlern könnten auch Senioren oder Reha-Patienten vom FitnessSHIRT profitieren. Da das T-Shirt ständig Rückmeldungen zu den Körpersignalen gibt, weiß der Träger immer, ob er sich optimal belastet oder noch einen Gang zulegen sollte. Perfekt passende Mode verspricht Acustom Apparel. Das Start-up, das gerade einen Shop in New York eröffnet hat, arbeitet mit einem 3-D-Bodyscanner. „Ich war völlig frustriert, dass ich keine Mode von der Stange gefunden habe, die passte“, erzählt Mitbegründer Jamal Motlagh. Scanner arbeitet sekundenschnell „Und Hunderte von Dollar für eine maßgeschneiderte Jeans wollte ich nicht ausgeben. Irgendwie mussten sich traditionelle Schneiderkunst und moderne Technik doch verbinden lassen.“ Statt mit dem Maßband werden die Kunden von Acustom Apparel von einem Scanner ausgemessen. Das dauert nur ein paar Sekunden und liefert gut 200.000 Daten, ein Schneider würde laut Motlagh ein paar Stunden für so ein exaktes Schnittmuster brauchen. Smart Clothes Dann werden anhand der Daten und der persönlichen Wünsche des Kunden die Kleider entwickelt. Vom schwarzen Anzug bis zum Businesshemd, vom Mantel bis zur besagten Jeans kann Mann sich bequem ein gut sitzendes Outfit zusammenstellen, ohne stundenlang danach suchen zu müssen. Als Smart Clothes oder Hightech-Kleidung werden Textilien bezeichnet, die etwa durch chemische, biologische oder elektronische Ausstattungen Zusatzfunktionen bieten. Ursprünglich wurde die intelligente Kleidung für spezielle Anforderungen bei der Arbeit (Polizei, Feuerwehr oder Militär) entwickelt, schon bald könnte sie auch im Alltag Einzug halten.