Schwererziehbare Familienmitglieder

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Schwererziehbare Familienmitglieder
FREIZEIT&REISEN
Hauseigentümer – Ausgabe Nr. 1 – 15. Januar 2015
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Haustiere – Der Charakter einer Katze sitzt bombenfest; daran können auch die eifrigsten Büsihalter nichts ändern: Faulenzer,
­ aschkatzen und wilde Jäger behalten im Normalfall ihre Eigenschaften und denken nicht daran, sich umerziehen zu lassen. An einigen
N
Marötteli unserer Stubentiger lässt sich allerdings durchaus etwas ändern.
Schwererziehbare Familienmitglieder
E
ine Katze verändern kann
(und soll) man nicht, es kann
aber durchaus Sinn ergeben,
die Mieze auch mal zu fordern und
aus ihrem gewohnten Trott heraus-
SUSY UTZINGER
Journalistin, Tierexpertin
zuholen: Dem Faulenzer tut es ganz
gut, wenn wir ihn hin und wieder
aus seiner Hängematte locken und
ihn mit verschiedenen Spielsachen
dazu bringen, Luftsprünge zu vollführen. Und verfressene Naschkatzen sollten ihre geliebten Leckerli
nicht etwa «gratis» serviert kriegen,
sondern ruhig ein wenig dafür arbeiten: Versteckte Belohnungen
bringen solche Gourmet-Königinnen
dazu, freudig durch die ganze Wohnung zu streifen. Wilde Jäger lassen sich gerne mit Feder- und Fellspielsachen zu Jagdspielen im Haus
verführen. Nicht selten erweisen sie
sich sogar als sehr apportierfreudig
und bringen ihre Beute zurück, damit die Indoor-Jagd von Neuem losgehen kann.
Mensch und Katze: ein Thema
mit Geschichte
Menschen und ihre Katzen – ein
ganz besonderes Thema. Seit rund
9000 Jahren gehen Katzen und Menschen gemeinsam durchs Leben,
und unsere heutigen Stubentiger
sind ihrer wilden Stammform nach
wie vor sehr ähnlich. Unter anderem
diese Eigenschaft ist es wohl, die die
meisten Katzenhalter von ihren Superpumas schwärmen lässt. Da
spielt es keine Rolle, ob der Katzenpapi Strassenfeger oder Bankdirektor ist: Sie alle gehen auf, wenn sie
darüber berichten, welche ganz speziellen Eigenschaften ihre Katze hat
und was sie am liebsten mag.
Diese Geschichten sind denn
auch selten langweilig. Kein Wunder: Die wenigsten dieser KatzenStorys ähneln sich, denn Katzen haben zum einen ihren ganz individuellen Charakter und zum anderen
bauen sie zu jedem Menschen eine
ganz eigene Beziehung auf. Entsprechend ist auch das Einfühlungsvermögen der Katzenhalter gefragt,
wenn ein unerwünschtes Verhalten
der Mieze die Mensch-Katzenbeziehung trübt: Der Katzenhalter kennt
sein Büsi am besten und kann
(durchaus auch mit Hilfe von Fachpersonen) herausfinden, wo der
Schuh drückt und warum sich das
Verhalten seines vierbeinigen Familienmitgliedes plötzlich verändert.
Die Katze, das unbekannte
Wesen
Wussten Sie, dass unsere Samtpfoten ein Riechorgan mehr besitzen
als wir Menschen? Interessiert sich
ein Stubentiger für einen Geruch
ganz besonders, beginnt er einfach
zu «flehmen» und zieht sich dabei
den besonderen Geschmack mit
leicht geöffnetem Maul durch sein
«Jacobsonsches Organ».
Ausserdem verfügen die edlen
Pelztiere über eine sehr empfindliche Zunge und einen Geschmackssinn, der sich von unserem stark unterscheidet: So können sie verschiedene Geschmacksrichtungen von
Wasser unterscheiden, besitzen aber
im Gegenzug kaum Rezeptoren für
Süsses. Diese Eigenschaft kann für
die Katze sogar gefährlich werden,
und zwar dann, wenn sie von unwissenden Menschen mit Schokolade verwöhnt wird. Die ist für die
Gattung Samtpfote nämlich giftig,
und bereits eine Tafel der süssen
Masse reicht zum tierischen Verenden. Wer also seine Weihnachtsschöggeli mit seinem vierpfotigen
Liebling teilt, verübt einen geradezu
fiesen Vergiftungsanschlag. Noch gefährlicher ist Alkohol: Wer seiner
Katze zu den Festtagen Sekt ins
Trinkwasser giesst, leistet sich einen
dummen und gefährlichen Scherz
und kann nur hoffen, dass die Katze
dieses Getränk instinktiv verweigert.
Ist das Büsi plötzlich wieder unsauber, hat dies
meistens Gründe. Lassen sich keine solchen
ausmachen, sollte man die Katze zum Tierarzt
bringen. Gewaltsame Massnahmen stellen
wie überall keine Lösung dar, sondern verunsichern das Tier noch zusätzlich.
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Sprechen Sie kätzisch?
Sie denken, das Gespräch mit einer Katze müsse zwangsläufig sehr
einseitig verlaufen? Da irren Sie!
Wer darauf achtet, der erhält ganz
schön viele Infos von seinem Büsi.
Freilich muss der Mensch dazu ein
wenig kätzisch lernen, um Fragen
und Antworten seines Stubentigers
deuten zu können. Alleine das gute
alte Miauen kann vieles bedeuten.
Es deutet aber immer darauf hin,
dass die Katze Aufmerksamkeit will.
Wer angemauzt wird, muss seine
Katze genau beobachten, um herauszufinden, was sie gerade möchte.
Miau kann bedeuten: «Ich habe
Hunger», «Ich will gestreichelt werden» oder auch «mir tut etwas weh,
mich regt etwas auf».
Dieses Miau ist ein Überbleibsel
aus der Kinderzeit unserer Katzen.
Als Babys miauen sie nach der Mutter, wenn sie sie benötigen. Und unsere Hauskatzen behalten dieses
Miau auch im Erwachsenenalter bei
und benutzen es als Kommunikationsmittel mit menschlichen Lebenspartnern. Neben dieser Art der
Sprache setzen unsere Miezen auch
ihren Körper zur Kommunikation
ein: Ohren, Augen, Mund, die ganze Körperhaltung und auch der
Schwanz sprechen Bände für denjenigen, der Katzen verstehen will.
Unsauberkeit: Strafe muss
nicht immer sein!
Eines der häufigsten Probleme,
das zwischen Mensch und Katze
auftaucht, ist eine plötzliche Unsauberkeit des Büsis. Es ist einleuchtend, dass sich kein Zweibeiner
freut, wenn es in seiner Wohnung
plötzlich riecht wie in einem überdimensionalen, schlecht gereinigten
Katzenklo. Klar ist aber auch, dass
Katzen nicht aus berechnender Bösartigkeit «rumbiseln», sondern vielmehr mit ihrer Unsauberkeit einem
Problem Ausdruck verleihen. Brutale Massnahmen, wie zum Beispiel
das Nase-in-den-Urin-drücken, sind
grausam und unwirksam: Das einzige, was das Büsi daraus lernen
wird, ist schreckliche Angst vor seinem Halter zu empfinden.
Anstelle von Gewalt muss der
Mensch hier seinen Kopf einsetzen:
Zuallererst gilt es abzuklären, ob der
Gang zur Katzentoilette überhaupt
möglich ist. Ist etwa die Tür geschlossen oder verängstigen Geräusche (z. B. schleudernde Waschmaschine) die Katze bei ihrem Geschäft? Sind Katzenklo, Putzmittel
oder Einstreu neu oder für die Mieze unangenehm oder kassiert der
Stubentiger bei seinen Toiletten-Besuchen sogar Prügel von der Zweitkatze, weil diese das Klo als ihr
Revier beansprucht? Wenn solche
Punkte ausgeschlossen werden können, steht der Gang zum Tierarzt an:
Der klärt dann ab, ob vielleicht gesundheitliche Probleme dem Stubentiger das rechtzeitige Erreichen der
Toilette verunmöglichen. Erweist
sich die Mieze als körperlich gesund,
empfiehlt sich eine fachliche Besprechung mit einem tierpsychologischen Berater.
Auch wenn sich Katzen oft als erziehungsresistent erweisen und ihren Katzenschädel durchsetzen wollen, ist gegen die meisten kätzischen
«Unarten» ein Mittelchen gewachsen.
paar Tropfen Baldrian machen den
Katzenbaum noch interessanter.
Und sobald sich Ihr Stubentiger daran gewöhnt hat, seine Krallen am
Kratzbaum zu wetzen, können Sie
damit beginnen, den Baum jeden
Tag ein paar Zentimeter in Richtung
des gewünschten Platzes zu verrücken. Die Plastikfolie sollte allerdings solange auf dem Sessel bleiben, bis sich die Katze definitiv an
ihren neuen Kratzplatz gewöhnt hat.
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nerwünschte KrallenwetzAttacken
Katzenbesitzer, die ihre Tapeten
und Polstermöbel vor den scharfen
Krallen ihrer Mieze schützen wollen, besorgen sich am besten einen
Kratzbaum (irgendwo müssen die
Katzenkrallen ja gewetzt werden).
Stellen Sie den Baum direkt neben
das bisher bevorzugt attackierte Möbelstück, zum Beispiel vor den Sessel, und verkleiden Sie den Sessel
mit einer Plastikfolie – dieser wird
jetzt erst mal verschont bleiben. Ein
■K
üchen-Lektionen: Unangenehm,
aber ungefährlich
Ein Sprung auf den Herd hatte
schon bei vielen Katzen ernsthafte
Brandverletzungen zur Folge. Völlig schmerzfrei bringen Sie Ihrem
Stubentiger bei, diesen Küchenbereich zu meiden, indem Sie ein doppelseitiges Klebeband auf dem
Kochherd anbringen. Der Kontakt
mit dem Klebestreifen ist für die
Mieze zwar unangenehm, aber ungefährlich. So lernt das Büsi, den
Herd zu meiden.
Ist Katzenerziehung
unmöglich?
Auch Katzenhalter haben Pflichten
Wer sich eine Katze anschafft, weil er glaubt, er hätte mit einem pflegeleichten Schmusetier gar keine Pflichten,
der irrt sich. Neben den jährlichen Impfungen und regelmässigen Entwurmungen haben die Miezen nämlich
auch einen Anspruch auf tägliche Spiel- und Schmusestunden sowie auf Gesundheitskontrollen, Fell- und Körperpflege (je nach Haarlänge sogar täglich).
Daneben darf ein zukünftiger Katzenhalter auch die gesteigerte Wohnungspflege nicht vergessen: Regelmässiges
Reinigen der Katzentoilette, Katzenhaarentfernung auf allen möglichen Schlaf- und Liegeplätzen und die Erstellung von Aussichtsplätzen und Spielmöglichkeiten gehören ebenso zur Katzenhaltung wie die Eliminierung
möglicher Gefahrenquellen in der Wohnung und die Sicherung des Balkons mit einem Katzennetz.
Auch Büsis, die Auslauf ins Freie geniessen, sind mehr als nur Gäste in der Wohnung ihres Halters und haben
Anspruch auf eine Katzentoilette, die ihnen zumindest die Möglichkeit gibt, Nachbars Garten zu verschonen.
Das alles ist keine Hexerei, aber ein Aufwand, den Katzenhalter ihren Miezen schuldig sind – und für den uns
unsere Stubentiger immer wieder mit wohligem Schnurren danken.