aus dem inneren - Bundesministerium für Inneres

Transcrição

aus dem inneren - Bundesministerium für Inneres
BM.I
BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES
AUS DEM
INNEREN
VERKEHRSDIENST
DER BUNDESPOLIZEI
Fachgespräch mit Innenministerin Maria Fekter
am 22. Juni 2010
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16.06.2010 10:56:45 Uhr
Aus dem Inneren
DER VERKEHRSDIENST
DER BUNDESPOLIZEI
22. Juni 2010
Fachgespräch mit Innenministerin Maria Fekter
Presseunterlage
2
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS......................................................................................................................... 3
1. EINLEITUNG ....................................................................................................................................... 5
2. GESETZLICHE GRUNDLAGEN ........................................................................................................ 7
2.1 Straßenpolizei .......................................................................................................7
2.2 Kraftfahrwesen......................................................................................................9
3. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG UND UNFALLSTATISTIK ................................................... 11
3.1. Geschichtliche Entwicklung...............................................................................11
3.2. Entwicklung des Unfallgeschehens ..................................................................13
3.2.1
3.2.2
3.2.3
3.2.4
3.2.5
3.2.6
3.2.7
3.2.8
3.2.9
3.2.10
3.2.11
3.2.12
3.2.13
3.2.14
Bundesländervergleich.............................................................................15
Hauptunfallursachen 2009........................................................................16
Alkoholunfälle...........................................................................................16
Kinderunfälle ............................................................................................17
Jugendliche ..............................................................................................19
Senioren...................................................................................................20
Verunglückte nach der Art ihrer Beteiligung am Verkehr ..........................21
Fußgänger................................................................................................22
Radfahrer .................................................................................................22
Mopeds ....................................................................................................23
Motorräder................................................................................................24
Pkw - Insassen.........................................................................................24
Lkw-Unfälle ..............................................................................................25
Autobahnen..............................................................................................26
3.3. Verkehrsüberwachung im Wandel der Zeit .......................................................27
3.3.1
3.3.2
Geschwindigkeitsmessung .......................................................................27
Alkoholtestgeräte......................................................................................28
4. ORGANISATION UND AUFBAU DES VERKEHRSDIENSTES DER BUNDESPOLIZEI (VOM
GENERALISTEN ZUM SPEZIALISTEN) ......................................................................................... 31
4.1 Allgemeines.........................................................................................................31
4.2 Der Verkehrsdienst auf Ebene des Bundesministeriums für Inneres .............32
4.3 Der Verkehrsdienst auf Ebene der Landespolizeikommanden........................33
4.4 Der Verkehrsdienst auf Ebene der Bezirks- und Stadtpolizeikommanden .....34
4.5 Der Verkehrsdienst auf Ebene der Polizei- und Fachinspektionen .................35
5. SPEZIALEINSATZGEBIETE ............................................................................................................ 37
5.1 Allgemeines.........................................................................................................37
5.2 Automatische Verkehrsüberwachung ...............................................................37
5.2.1
5.2.2
5.2.3
5.2.4
5.2.5
5.2.6
Abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung – Section Control
gemäß § 98a StVO 1960..........................................................................37
Punktuelle Geschwindigkeitsmessung gemäß § 98b StVO 1960..............38
Abstandsmessung gemäß § 98c StVO 1960 ............................................40
Überwachung der Beachtung von Lichtzeichen – Rotlichtüberwachung ...40
Lenkerdokumentation...............................................................................41
Auswertung von Übertretungsdatensätze.................................................41
5.2. Motorraddienst....................................................................................................42
3
5.3. Zivilstreifen..........................................................................................................43
5.3 Schwerverkehrskontrolle ...................................................................................44
5.3.1
5.3.2
5.3.3
5.3.4
Aus- und Fortbildungen im Bereich Gefahrgut- und
Schwerverkehrskontrollen ........................................................................45
Kontrollequipment ....................................................................................46
Moderne Bürofahrzeuge...........................................................................46
Verkehrsüberwachungspläne ...................................................................47
6. VERKEHRSSICHERHEIT UND PRÄVENTION ............................................................................... 49
6.1 Allgemeines.........................................................................................................49
6.2 Schulische Verkehrserziehung ..........................................................................49
6.2.1
6.2.2
6.2.3
Das „Standardprogramm“.........................................................................49
Kinderpolizei.............................................................................................51
Die freiwillige Radfahrprüfung...................................................................51
6.3 Schulische Verkehrssicherheitsberatung .........................................................52
6.4 Verkehrssicherheitsaktionen in Kooperation ...................................................53
6.5 Ausbildung von Schülerlotsen und betrauten Personen gem. § 97a StVO 1960
53
6.6 Fahrsicherheitstraining für Zweiradlenker........................................................54
6.6.1
Projekt „Mopeds in Town“.........................................................................54
6.7 Verkehrssicherheitsberatung für Senioren.......................................................54
7. INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT ....................................................................................... 55
8. AKTUELLE THEMEN ....................................................................................................................... 57
8.1 Verkehrsverstöße von ausländischen Lenkern ................................................57
8.1.1
8.1.2
8.1.3
Einleitung und Problemstellung ................................................................57
Zuständigkeiten........................................................................................60
Rechtsgrundlagen ....................................................................................60
8.2 Verkehrsüberwachung und Datenschutz ..........................................................64
8.2.1
8.2.2
8.2.3
8.2.4
8.2.5
Rechtskonformität als Qualitätsmerkmal der staatlichen
Verkehrsüberwachung .............................................................................64
Grundrecht auf Datenschutz und automationsunterstützte
Verkehrsüberwachung .............................................................................65
Die 22. StVO-Novelle (2009) ....................................................................66
Aufgabenteilung und datenschutzrechtliche Pflichten in der technischen
Verkehrsüberwachung .............................................................................67
Die Rolle des Verkehrsdienstes im Innenministerium ...............................68
8.3 Drogen im Straßenverkehr .................................................................................69
8.3.1
8.3.2
Allgemeines und Rechtslage ....................................................................69
Speichelvortestgeräte...............................................................................71
8.4 Strafgeldwidmung...............................................................................................72
8.4.1
Aufstellung derzeitiger Regelungen der Strafgeldwidmung in für den
Bereich der Verkehrsüberwachung maßgeblichen Rechtsvorschriften .....73
ABBILDUNGSVERZEICHNIS .............................................................................................................. 75
4
1. EINLEITUNG
Mobilität ist ein wichtiger Faktor in unserer Gesellschaft. Sechs Millionen zugelassene
Kraftfahrzeuge in Österreich und ein hohes Transitaufkommen erfordern zur Gewährleistung
des Verkehrsflusses und zum Schutz der Umwelt gesetzliche Regelungen. Diese haben sich
im Laufe der Jahre immer komplexer entwickelt. Die Straße als ein wichtiger Standortfaktor
für die Wirtschaft ist im gewerblichen Güter- und Personenkraftverkehr europaweit
einheitlichen Regelungen unterworfen, um gleiche Chancen im wirtschaftlichen Wettbewerb
zu gewährleisten.
Wie weit der Verkehr auch eine Frage der Sicherheit ist, zeigt sich an der Tatsache, dass in
Österreich im Jahr mindestens zehn Mal mehr Menschen durch Verkehrsunfälle als durch
Morde sterben und jährlich 50.000 verletzte Personen durch Verkehrsunfälle zu verzeichnen
sind. Neben menschlichem Leid verursachen Verkehrsunfälle auch enorme Kosten.
Daher ist die Verkehrspolizei beziehungsweise der Verkehrsdienst ein wichtiger Bestandteil
der Tätigkeit der Bundespolizei. Der Verkehrsdienst besteht im Wesentlichen aus den
Handlungsfeldern Verkehrsüberwachung und Verkehrserziehung. In letzterem Bereich
werden jährlich Tausende Stunden mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Außerdem
sollen durch Innovationen in der Prävention Risikogruppen erreicht werden und
Verhaltensänderungen bewirkt werden. Der Trend geht eindeutig zur lebenslangen
Verkehrserziehung.
Auf der anderen Seite steht die Verkehrsüberwachung. Sie ist nur eine wichtige Maßnahme
zur Erreichung von Sicherheit im Straßenverkehr. Verkehrsunfälle werden durch fahrlässiges
Fehlverhalten
von
Straßenverkehrsteilnehmern
verursacht.
Demgemäß
durchlaufen
Verkehrsteilnehmer im Verkehrsgeschehen verschiedene Rollen: Selten sind sie Opfer, oft
aber diejenigen, die gesetzliche Vorschriften nicht einhalten. In vielen Fällen beruhen die
Verstöße auf falscher Einschätzung und Leichtsinn oder werden einfach gesetzt, weil der
Verkehrsteilnehmer oder die Verkehrsteilnehmerin unter Zeitdruck steht. Auf Grund der
Anzahl der sich täglich im Straßenraum bewegenden Menschen, mit oder ohne Fahrzeug, ist
es denkunmöglich, alle Verstöße zu ahnden.
Diesen Umständen entsprechend soll für die Bundespolizei im Verkehrsdienst als einer der
Leitsätze „Prävention durch Repression“ gelten. Es soll die Überwachung zu einer positiven
Verhaltensänderung bei den Verkehrsteilnehmern führen. Der Einsatz neuester Technik zur
5
Überwachung zeigt Wirkung. Hier sind vor allem Alkoholvortestgeräte und – auf dem Sektor
der
Geschwindigkeitsüberwachung
–
Lasermessgeräte,
mit
digitaler
Fototechnik
ausgerüstete Radargeräte und Section Control zu nennen.
Im
Spannungsfeld
effektiver
Überwachung
und
rechtstaatlichem
Handeln
ist
die
Verkehrspolizei bemüht, im Auftrag der Behörden ihren Beitrag zur Hebung der
Verkehrssicherheit zu leisten.
6
2. GESETZLICHE GRUNDLAGEN
2.1 Straßenpolizei
StVO
Gesetzgebung – Bund
(Legistik BMVIT)
Vollziehung
9 - Landesregierungen
BHs/BPDs/Magistrate
Verfassungsrechtlich ist die Straßenpolizei im Bundesverfassungsgesetz, Artikel 11 Absatz 1
Ziffer 4 verankert. Das heißt, dass die Gesetzgebung Bundessache und die Vollziehung
Landessache ist. Gemäß dem Bundesministeriengesetz, Teil 2 der Anlage zu § 2 Abschnitt
K Ziffer 3 ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zuständig für
Verkehrspolitik;
Kraftfahrwesen
und
Angelegenheiten
der
Straßenpolizei
und
die
Unfallforschung.
Die Straßenpolizei ist einfachgesetzlich in der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960
geregelt. § 97 Abs 1 StVO 1960 bestimmt, die Organe der Bundespolizei haben die
Verkehrspolizei handzuhaben und „bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch
a) Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretungen,
b) Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind,
c) Anwendung körperlichen Zwanges, soweit er gesetzlich vorgesehen ist,
mitzuwirken.“
Die Verkehrspolizei ist im § 94b Absatz 1 lit a StVO gesetzlich definiert:
§ 94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde
(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur
für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit
der Gemeinde oder der Bundespolizeibehörde ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde
7
a)
für
die
Verkehrspolizei,
das
ist
die
Überwachung
der
Einhaltung
straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs
durch Arm- oder Lichtzeichen, nicht jedoch für die Verkehrspolizei auf der
Autobahn, …
Daraus
ergibt
sich,
dass
die
Bezirksverwaltungsbehörde
grundsätzlich
für
die
Verkehrspolizei, das heißt, für die Anordnung der Verkehrsüberwachung zuständig ist. Im
Bereich von Bundespolizeidirektionen sind diese für die Verkehrspolizei zuständig (§ 95
StVO 1960). Auf Autobahnen ist jedenfalls die Landesregierung für die Verkehrspolizei
zuständig (§ 94a StVO 1960).
Die Organe der Bundespolizei und die Bundespolizeidirektionen sind also in Vollziehung der
Straßenverkehrsordnung funktionell im Landesvollzug tätig.
Die Aufgaben der Bundespolizeidirektionen sind im § 95 StVO 1960 festgelegt:
„(1) Im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde obliegt dieser, soweit
in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist,
a) die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b lit. a), jedoch nicht auf der Autobahn,
b) die Ausübung des Verwaltungsstrafrechts (§§ 99 und 100) einschließlich der Führung
des Verzeichnisses von Bestrafungen (§ 96), jedoch nicht die Ausübung des
Verwaltungsstrafrechts
hinsichtlich
Übertretungen
der
Bestimmungen
über
die
Benützung der Straße zu verkehrsfremden Zwecken (X. Abschnitt),
c) die Anordnung der Teilnahme am Verkehrsunterricht und die Durchführung des
Verkehrsunterrichts (§ 101),
d) die Schulung und Ermächtigung von Organen der Straßenaufsicht zur Prüfung der
Atemluft auf Alkoholgehalt sowie überhaupt die Handhabung der §§ 5, 5a und 5b,
e) das Verbot des Lenkens von Fahrzeugen (§ 59),
f) die Bewilligung sportlicher Veranstaltungen (§ 64),
g) die Entgegennahme der Anzeigen von Umzügen (§ 86),
h) die Sicherung des Schulweges (§§ 29a und 97a), sofern sich nicht die Zuständigkeit der
Gemeinde (§ 94d) ergibt.
8
2.2 Kraftfahrwesen
KFG/FSG/GGBG
GütbefG
Gesetzgebung
(Legistik BMVIT)
Vollziehung
BMVIT
Landeshauptmänner/frauen
BHs/BPDs/Magistrate
Das Kraftfahrwesen ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache und wird in
mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen (Bundesverfassungsgesetz Artikel 10 Absatz 1
Ziffer 9 in Verbindung mit Artikel 102 Absatz 1) und werden die Bundespolizeidirektionen in
Unterstellung unter dem Landeshauptmann tätig.
Zu den durch die Bundespolizei zu vollziehenden kraftfahrrechtlichen Materien sind vor allem
zu zählen:
•
Kraftfahrgesetz (KFG 1967);
•
Führerscheingesetz (FSG)
•
Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG);
Eingeschränkte Mitwirkungsverpflichtungen im Verkehrsbereich ergeben sich für die
Bundespolizei im:
•
Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG)
•
Bundesstraßenmautgesetz 2002 (BStMG)
•
Tiertransportgesetz 2007 (TTG 2007)
•
Kraftfahrliniengesetz (KflG)
•
Abfallwirtschaftsgesetz (AWG)
9
Sowohl die Bundespolizei als auch die Bundespolizeidirektionen sind der obersten
Sicherheitsbehörde, dem Bundesministerium für Inneres (BM.I) im Weisungswege über die
Sicherheitsdirektionen
in
Angelegenheiten
der
Sicherheitsverwaltung
und
der
Sicherheitspolizei unterstellt. In Vollziehung der Straßenpolizei und des Kraftfahrrechtes
erstreckt sich die Weisungsbefugnis des Innenministeriums nur auf den Inneren Dienst.
Die
unmittelbare
Zuständigkeit
des
Innenministeriums
ergibt
sich
aus
dem
Bundesministeriengesetz (Teil 2 der Anlage zu § 2 Abschnitt E) in den Bereichen
Verkehrserziehung, Verkehrsstatistik und Beschaffung und Erhaltung von Einrichtungen zur
Überwachung des Straßenverkehrs im Rahmen der Mitwirkung der Organe der
Bundespolizei in Angelegenheiten der Straßenpolizei.
Neben
den
grundsätzlichen
Rechtsvorschriften
hinsichtlich
der
Handhabung
der
Verkehrspolizei werden in diesem Heft unter Punkt 8 auch spezielle rechtliche
Themenbereiche dargestellt,
ausländischer
die sich mit der
Fahrzeuglenker
(Pkt
8.1),
Verfolgung
dem
von Verkehrsverstößen
Datenschutz
bei
bildgebender
Verkehrsüberwachung (Pkt 8.2) und der Bekämpfung von Drogen im Straßenverkehr (Pkt
8.3) befassen.
10
3. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG UND UNFALLSTATISTIK
3.1.
Geschichtliche Entwicklung
Die Mobilität der Menschheit ist fast so alt wie die Menschen selbst. Schon ca. 4.000 v. Chr.
wurde vermutlich zeitgleich in mehreren Kulturen, unter anderem in der sumerischen Kultur
im südlichen Mesopotamien das Rad erfunden, ein Vorläufer des heute alltäglichen
Fahrrades.
Mit der Erfindung des ersten Autos in Form eines mit Benzinmotor angetriebenen
Handwagens im Jahr 1870, welcher heute im Technischen Museum in Wien steht, durfte
sich Siegfried Markus rühmen.
Im Jahr 1903 wurde von Henry Ford die erste industrielle Fertigung von Autos in die Tat
umgesetzt. 1908 entwickelte Ford das Modell „Ford T“, der „Tin Lizzy" oder auch „Blecherne
Liesl" genannt: Nun begann nicht nur das eigentliche Zeitalter der Motorisierung und der
Mobilität, der „Ford T“ – in dem übrigens im Jahr 1922 das erste Autoradio in Chicago (USA)
eingebaut wurde – war bis zum Jahr 1972 das meistverkaufteste Automodell der Welt mit 15
Millionen verkauften Stück.
Diese Verkaufszahl wurde danach und bis heute nur von zwei Modellen übertroffen, dem VW
Käfer und dem VW Golf. Im Jahr 1931 gab es in Österreich schon 44.000 Motorräder und
22.000 Pkw. Die Zahlen stiegen unaufhaltsam, schon im Jahr 1969 fuhren mehr als 1 Million
Pkw auf Österreichs Straßen, im Jahr 2010 sind knapp 4,5 Millionen Pkw und 1,5 Millionen
andere Fahrzeuge (Lkw, Zugmaschinen, Mopeds, Motorräder) in Österreich zugelassen.
Auch das Straßennetz entwickelte sich langsam. Im Jahr 1958 wurden knapp 120 Kilometer
Autobahn (hauptsächlich auf A 1) für den Verkehr freigegeben. Bis dahin war das
Autobahnnetz nur 20 km groß (der Abschnitt auf der A 1 und A 10 im Bereich Salzburg
stammte aus dem Jahr 1942). Heute beträgt die Länge des Straßennetzes in Österreich
mehr als 110.000 Kilometer, davon etwa 2.000 km Autobahnen und Schnellstraßen sowie
etwa 10.000 km (ehemalige) Bundesstraßen.
Im Jahr 1959 wurde das Kuratorium für Verkehrssicherheit gegründet. Erst im Jahr 1960 gab
es eine einheitliche Straßenverkehrsordnung in Österreich.
11
Auch das Verkehrsaufkommen und die Fahrleistungen pro Person und Fahrzeug nahmen
ständig zu. Im Jahr 2009 registrierte die ASFINAG eine Gesamtfahrleistung von 26 Milliarden
Fahrzeugkilometern. Auf der A 23 (wiener Südosttangente), der am meisten befahrenen
Straße Österreichs, fahren täglich mehr als 170.000 Kraftfahrzeuge. Seit dem EU-Beitritt
Österreichs im Jahr 1995 hat das Schwerverkehrsaufkommen (Anzahl der Lkw) in Österreich
um mehr als 50 % zugenommen.
Schon zu Beginn dieser enormen Zunahme der Mobilität war es leider auch eine Tatsache,
dass diese Fahrzeuge auch Unfälle verursachten und die Straßen Anfang der 50er-Jahre
immer unsicherer wurden. 1950 wurde eine Unfallstatistik im Innenministerium eingeführt. In
diesem Jahr verunglückten etwa 24.000 Personen im Straßenverkehr, davon 937 tödlich.
Diese Zahlen stiegen rasant an und erreichten zu Beginn der 70er-Jahre ihren Höhepunkt.
Im Jahr 1972 gab es mit 2.948 tödlichen Opfern auf den Straßen die bis heute höchste Zahl
an Verkehrstoten in einem Jahr. Auch die fast 75.000 Verunglückten in diesem Jahr bei
nahezu 53.000 Unfällen mit Personenschaden sind bis heute unübertroffen.
In den Jahren 1973 und 1974 wurden schrittweise Tempolimits eingeführt, allerdings als
Maßnahme gegen den Ölpreisschock und nicht wegen der Verkehrssicherheit. Seit damals
gilt in Österreich Tempo 100 auf Bundesstraßen und Tempo 130 auf Autobahnen.
Es folgten weitere legistische Maßnahmen wie die Gurtanlegepflicht (1976) – diese blieb
aber bis 1984 ohne Strafsanktion – und die Sturzhelmpflicht für Moped- und Motorradfahrer
(1985/1986).
1983 setzte der ÖAMTC in Niederösterreich den ersten Rettungshubschrauber zum raschen
Transport von Unfallopfern ein.
Der Stufenführerschein für Motorradlenker und der Mopedausweis folgten 1991, der
Probeführerschein für Pkw-Lenker 1992 und die Kindersitzpflicht im Jahr 1994.
Im Jahr 1997 wurde die 0,1-Promille-Regelung (Alkohol) für Schwerverkehrslenker
eingeführt, 1998 folgte die generelle Herabsetzung des Alkohollimits von 0,8 auf 0,5
Promille. In diesem Jahr fällt die Zahl der Verkehrstoten erstmals unter die 1.000er-Grenze.
Der L 17-Führerschein (vorgezogene Lenkberechtigung für Pkw) kam 1999. Seit dem Jahr
2003 müssen Führerscheinneulinge im Rahmen der Mehrphasenausbildung auch nach der
Führerscheinprüfung noch zu Schulungen.
12
In einem nationalen Verkehrsicherheitsprogramm werden im Jahr 2002 erstmals Ziele und
neue Maßnahmen festgeschrieben.
Nach jahrzehntelanger Diskussion über den Punkteführerschein wurde im Jahr 2005 das
Vormerksystem für Hochrisikolenker eingeführt und kurz darauf die Warnwestenpflicht für
Fahrzeuglenker, die sich außerhalb des Fahrzeuges – außer im Ortsgebiet – aufhalten.
Auch „Licht am Tag“ startete 2005/2006, wurde aber zweieinhalb Jahre später wieder
abgeschafft.
Die situative Winterreifenpflicht für alle Pkw wurde 2007/2008 reglementiert.
2009
einigte
man
kostenpflichtiger
sich
auf
ein
so
genanntes
Bewusstseinsbildungskurs)
beim
„Verkehrscoaching“
erstmaligen
(vierstündiger
Betreten
bei
einer
Alkoholisierung ab 0,8 Promille am Steuer.
3.2.
Entwicklung des Unfallgeschehens
Neben der Weiterentwicklung der Fahrzeugsicherheit
und der Verbesserung der
Straßeninfrastruktur trugen alle diese Maßnahmen und nicht zuletzt die modernen
polizeilichen Überwachungs- und Präventionsmaßnahmen zu einer wesentlichen Reduktion
der Unfallszahlen bei.
Im Jahr 2009 wurden die bislang niedrigsten Unfall-, Verletzten- und Getötetenzahlen
registriert. Bei 37.925 Verkehrsunfällen wurden 49.158 Menschen verletzt und 633 getötet.
Die Rückgänge in den letzten Jahren sind erfreulich, es darf jedoch nicht vergessen werden,
dass in Österreich noch immer durchschnittlich alle elf Minuten ein Mensch im
Straßenverkehr verunglückt und beinahe zwei Menschen täglich im Straßenverkehr sterben.
Wir alle, denen die Verkehrssicherheit am Herzen liegt, müssen weiterhin alles dafür tun, das
Leid und die Opfer auf unseren Straßen zu minimieren, damit sich die Verkehrsteilnehmer
möglichst sicher und konfliktfrei im Straßenraum bewegen können.
13
Abbildung 1: Entwicklung des Unfallgeschehens 1961 bis 2009; Quelle: Statistik Austria
Abbildung 2: Verkehrstote; Quelle: Statistik Austria
14
Abbildung 3: Verkehrsunfälle, Verletzte und Getötete der letzten 10 Jahre; Quelle: Statistik
Austria
3.2.1
Bundesländervergleich
Im Jahr 2009 ereigneten sich die meisten Verkehrsunfälle mit Personenschaden in
Oberösterreich (7.792), gefolgt von Niederösterreich (6.609), der Steiermark (6.400) und
Wien (4.677).
Die meisten tödlichen Verkehrsunfälle ereignen sich 2009 in Niederösterreich (189), gefolgt
von Oberösterreich (122) und der Steiermark (91). Die wenigsten Unfälle mit Verletzten
waren im Burgenland (870) und in Vorarlberg (1.789), die wenigsten Verkehrstoten ebenfalls
im Burgenland (24), in Vorarlberg (29) sowie in Wien (32) zu verzeichnen.
Abbildung 4: Unfälle 2006 bis 2009 - Bundesländer; Quelle: Statistik Austria
15
Abbildung 5: Getötete – Bundesländer; Quelle: Statistik Austria
3.2.2
Hauptunfallursachen 2009
•
Geschwindigkeit
32,5 %
•
Vorrangverletzung
15,8 %
•
Unachtsamkeit, Ablenkung
11,5 %
•
Überholen
8,0 %
•
Fehlverhalten von Fußgängern
7,3 %
•
Alkohol
5,6 %
•
Übermüdung
4,3 %
•
Herz-/Kreislauf/Erkrankung
2,8 %
•
Technische Defekte
0,5 %
•
Sicherheitsabstand
0,3 %
•
Sonstige Ursachen
11,5 %
Hauptunfallursache bei den tödlichen Verkehrsunfällen ist und bleibt die den Witterungs-,
Fahrbahn-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit.
3.2.3
Alkoholunfälle
Die Zahl der Alkoholunfälle sowie jene der dabei verletzten und getöteten Personen sind im
Jahr 2009 deutlich gesunken. Dennoch war jeder 15. Unfall ein Alkoholunfall (6,6 %).
Konkret ereigneten sich 2.490 Unfälle mit alkoholisierten Beteiligten, bei denen 3.406
16
Personen verletzt und 46 getötet wurden. Jeder 14. Verkehrstote war demnach Opfer eines
Alkoholunfalls.
Abbildung 6: Alkoholunfälle der letzten 10 Jahre; Quelle: Statistik Austria
Abbildung 7: Getötete bei Alkoholunfällen 2000-2009; Quelle: Statistik Austria
3.2.4
Kinderunfälle
Bei 2.938 Straßenverkehrsunfällen waren Kinder bis zum 14. Lebensjahr beteiligt, das sind
um 5,9 % weniger als im Jahr davor. 3.182 Kinder (-7,3 %) wurden dabei verletzt, womit das
bisher niedrigste Ergebnis seit Beginn der Aufzeichnungen vorliegt. Allerdings kamen 15
Kinder (gegenüber 12 im Jahr 2008) durch den Verkehr auf Österreichs Straßen ums Leben.
Die meisten der verletzten (42 %) und getöteten (40 %) Kinder waren Mitfahrer in einem
Pkw.
17
Seit Einführung der Kindersicherungspflicht im Jahr 1994 stieg die Quote gesichert
mitgeführter Kinder stetig. 2009 waren bereits rund 95 % der in einem Pkw verunglückten
Kinder zum Zeitpunkt des Unfalles gesichert. Hier sei besonders auf die Wichtigkeit einer
dem Alter, Gewicht und Größe des Kindes entsprechenden Kindersicherung hingewiesen.
Abbildung 8: Verletzte und getötete Kinder (0 bis 14Jahre) 2000 bis 2009; Quelle: Statistik
Austria
Abbildung 9: Verunglückte Kinder 2009; Quelle: Statistik Austria
18
Abbildung 10: Im Pkw verunglückte Kinder - gesichert bzw. ungesichert nach Verletzungsgrad;
Quelle: Statistik Austria
3.2.5
Jugendliche
Knapp ein Drittel der Verunglückten auf Österreichs Straßen sind Jugendliche. Während die
Zahl der getöteten Jugendlichen in den letzten zehn Jahren um über 50 % gesunken ist, gab
es nur geringfügige Verbesserungen hinsichtlich der Anzahl an Unfällen und Verletzten im
Vergleichszeitraum. Dabei ist der überwiegende Anteil (fast 80 %) der getöteten
Jugendlichen männlich. Viele tödliche Unfälle mit Jugendlichen ereignen sich in den frühen
Morgenstunden des Wochenendes.
Abbildung 11: Verunglückte 15 bis 24-Jährige nach Art der Beteiligung;
Quelle: Statistik Austria
19
3.2.6
Senioren
Jeder vierte getötete Verkehrsteilnehmer in Österreich war 2009 der Gruppe der Senioren
(über 65 Jahre) zuzuordnen. Ein Drittel der getöteten Senioren waren Fußgänger. Mehr als
die Hälfte der verletzten und getöteten Senioren waren als Lenker unterwegs. Die meisten
Seniorenunfälle ereigneten sich in den Tagesstunden. Leider zeigt sich, dass die Anzahl der
Unfälle, an denen Senioren beteiligt sind, steigt. Aufgrund der demographischen Entwicklung
der Bevölkerungsstruktur in Österreich verschiebt sich die Alterstruktur deutlich hin zu den
älteren Menschen.
Abbildung 12: Verletzte 2009 nach Altersklassen; Quelle: Statistik Austria
Abbildung 13: Getötete 2009 nach Altersklassen; Quelle: Statistik Austria
20
Abbildung 14: Verunglückte 2009 nach Altersklassen; Quelle: Statistik Austria
3.2.7
Verunglückte nach der Art ihrer Beteiligung am Verkehr
Betrachtet man die Zahl der Verunglückten nach der Art ihrer Beteiligung am Verkehr, so
zeigt sich beim Pkw eine Abnahme der Zahl der Verletzten (-3 %) und der Getöteten (-11 %).
Insbesondere in der Altersklasse der 20- bis 24-Jährigen ist die Zahl der getöteten PkwInsassen stark zurückgegangen (von 68 auf 40; -41 %).
Die Zahl der verletzten Motorradfahrer erhöhte sich um 4 % auf 3.464, jene der getöteten
verringerte sich von 91 auf 87. Somit waren rund 14 % aller Verkehrstoten Motorradfahrer.
Insgesamt wurden gegenüber 2008 um rund 5 % weniger Moped- und Kleinmotorradfahrer
(Lenker und Mitfahrer) verletzt, die Zahl der Getöteten nahm – im Gegensatz zur
Gesamtzahl der Verkehrstoten – aber zu (von 25 auf 30). Weiter gestiegen ist die Zahl der
verunglückten 15-jährigen Mopedlenker, jedoch in einem geringeren Ausmaß als in den
Jahren davor.
Die Zahl der im Straßenverkehr verletzten Radfahrer ging auf 5.391 zurück, jene der
getöteten sank nach dem starken Anstieg im Jahr 2008 von 62 auf 39 (-23 Getötete; -37 %)
und entspricht damit wieder dem Niveau von 2007.
Es gab auch weniger verletzte Fußgänger im Straßenverkehr als im Jahr 2008, die Zahl der
getöteten Fußgänger (101) blieb nahezu unverändert.
21
Abbildung 15: Getötete 2006 bis 2009 nach Art der Beteiligung; Quelle: Statistik Austria
3.2.8
Fußgänger
Fußgänger zählen mit Radfahrern zu den am wenigsten geschützten Verkehrsteilnehmern.
In den letzten zehn Jahren erreichte die Zahl der getöteten Fußgänger im Jahr 1999 mit 182
Getöteten einen Höchststand. Von 1999 bis 2009 hat sich die Zahl der getöteten Personen
bei Fußgängerunfällen um mehr als 40 % reduziert. Trotzdem ist noch immer etwa jeder
sechste in Österreich getötete Verkehrsteilnehmer ein Fußgänger. Besonders Kinder und
Senioren sind als Fußgänger den größten Gefahren im Verkehr ausgesetzt. Die Anzahl an
Unfällen, an denen Fußgänger beteiligt sind, hat sich in den letzten zehn Jahren nicht
signifikant verändert. Etwa jeder fünfte tödliche Fußgängerunfall ereignet sich auf einem
Schutzweg; 1.100 Menschen werden jährlich beim Überqueren eines Schutzweges verletzt.
3.2.9
Radfahrer
Im Jahr 2008 stieg die Zahl der getöteten Radfahrer im österreichischen Straßenverkehr –
ungewöhnlich zum Trend der letzten zehn Jahre - um rund zwei Drittel an (62). Diese Zahl
ging im Jahr 2009 wieder auf das Niveau von 2007 (39) zurück.
Die Zahl der Unfälle im Radverkehr sowie der verletzten Radfahrer ist 2009 im Vergleich zu
2008 leicht gesunken. Eine Zunahme an verunglückten Radfahrern gab es bei Personen ab
35 Jahren. Dabei ist vor allem die Zahl der getöteten Radfahrer in der Gruppe der Senioren
bei ähnlichen Verunglücktenzahlen um ein Vielfaches höher als jene in den übrigen
Altersgruppen. Zu den besonderen Gruppen im Radverkehr zählen insbesondere Kinder (0
22
bis 14 Jahre) und Senioren (über 65 Jahre). Der Anteil der im Radverkehr verletzten Kinder
und Senioren am Gesamtverkehrsgeschehen liegt in beiden Altersgruppen mit ca. 20 % weit
über dem allgemeinen Durchschnitt.
3.2.10 Mopeds
2009 wurden im Mopedverkehr 5.635 Personen verletzt und 30 getötet. Die Zahl der
Mopedunfälle und dabei verletzten Personen steigt seit 2005 stark an, im Jahr 2009 gab es
wieder einen Rückgang um etwa 5 %. Die Zahl der Getöteten ist im Vergleich zum Vorjahr
von 24 auf 30 angestiegen.
Große Zuwächse bei den Verunglückten im Mopedverkehr gab es in den letzten Jahren bei
den jugendlichen Verkehrsteilnehmern nicht zuletzt aufgrund der Regelung, dass auch 15Jährige bereits mit dem Moped unterwegs sein dürfen. Auf die Altersgruppe der 15 bis 24Jährigen entfielen mehr als 75 % aller Mopedunfälle im Jahr 2009. Während sich im
Ortsgebiet etwa 75% aller Mopedunfälle ereignen, verunglücken jedoch zwei von drei
Mopedlenkern im Freiland tödlich. Auch Senioren verunglücken überdurchschnittlich oft mit
dem Moped.
Abbildung 16: Verunglückte 15- und 16-jährige Mopedlenker 2005 bis 2009; Quelle: Statistik
Austria
23
3.2.11 Motorräder
Im Jahr 2009 wurde der Trend der letzten Jahre nach nahezu gleichbleibenden Werten
fortgesetzt. Die Zahl der Unfälle und Verletzten im Motorradverkehr ist im vergangenen Jahr
wieder leicht gestiegen, die der Getöteten leicht zurückgegangen. Die meisten Verletzten
und Getöteten im Motorradverkehr gibt es bei Personen im Alter zwischen 30 und 55 Jahren.
Im Jahr 2009 gab es mehr verunglückte, verletzte und getötete Motorradfahrer im Vergleich
zum Jahr 1998. Beinahe 90 % aller bei Motorradunfällen getöteten Personen sind männlich.
Etwa ein Drittel aller schweren Motorradunfälle sind Alleinunfälle, die häufig auf nicht
angepasste oder überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sind.
Bei den doppelt so häufigen Kollisionen hingegen sind die Pkw-Lenker in der Hälfte der Fälle
zumindest mitschuldig, wobei vor allem der Vorrang missachtet wird. Um das
Unfallgeschehen substanziell zu reduzieren, genügt es also nicht, nur bei den
Motorradfahrern anzusetzen. Es müssen auch andere Problembereiche (Lenker der
Kollisionsfahrzeuge, Infrastruktur und protektive Ausrüstung) mit einbezogen werden.
3.2.12 Pkw - Insassen
Seit 2003 zeigt sich ein klarer Abwärtstrend bei den tödlich verunglückten Pkw-Insassen.
Bei etwa 80 % aller Straßenverkehrsunfälle waren Pkws beteiligt. Der Anteil der verletzten
Pkw-Insassen (27.808) lag im Jahr 2009 bei 57 %. Über die Hälfte der getöteten
Verkehrsteilnehmer waren Pkw-Insassen (328). Den stärksten Rückgang bei den getöteten
Pkw-Insassen im Vergleich der Jahre 2009 und 1999 verzeichneten die Fahranfänger. Hier
scheinen insbesondere Maßnahmen wie die Einführung der Mehrphasenausbildung zu
greifen.
24
Abbildung 17: Verunglückte Pkw-Insassinnen und Pkw-Insassen 2009 mit bzw ohne Gurt;
Quelle: Statistik Austria
3.2.13 Lkw-Unfälle
Bei 1.546 Unfällen mit schweren Lkw (über 3,5 t) im Jahr 2009 gab es 2.069 Verletzte und
82 Getötete. Der Anteil dieser Lkw am gesamten Unfallgeschehen betrug 4,1 %.
Bei 1.962 Unfällen mit leichten Lkw (bis 3,5 t) gab es 2.628 Verletzte und 43 Getötete. Der
Anteil dieser Lkw am gesamten Unfallgeschehen betrug 5,2 %.
Bei 768 Unfällen mit Autobussen wurden 1.114 Personen verletzt und 15 getötet.
25
Abbildung 18: Unfälle mit schweren Lkw, Verletzte und Getötete 2006 bis 2009;
Quelle: Statistik Austria
3.2.14 Autobahnen
Insgesamt ist die Zahl der getöteten Verkehrsteilnehmer auf Österreichs Autobahnen und
Schnellstraßen (75) seit 1999 um mehr als die Hälfte gesunken. Etwa jeder achte getötete
Verkehrsteilnehmer verunglückte im Jahr 2009 auf einer Autobahn oder Schnellstraße.
Besondere Gefahrenstellen auf Autobahnen stellen Tunnel und Baustellen dar. Vor allem die
intensive Arbeit an der Verbesserung der Verkehrssicherheit in Tunnelanlagen auf
Österreichs Autobahnen hat zu einem massiven Rückgang an Getöteten geführt:
Verunglückten im Jahr 2001 noch 21 Personen bei Autobahntunnelunfällen tödlich, so lag
die Zahl im Jahr 2009 bei 7 Personen. Mit einem guten Drittel relativ hoch ist der Anteil
ausländischer Personen am Unfallgeschehen auf Österreichs Autobahnen.
26
3.3.
Verkehrsüberwachung im Wandel der Zeit
3.3.1
Geschwindigkeitsmessung
Die Geschichte der Überwachung und der Kontrolle des Verkehrs durch die Polizei sowie die
Regelung des immer stärker werden Verkehrsaufkommens ist eng mit dem Fortschreiten der
Motorisierung und der Mobilität verknüpft. Schon in den 50er-Jahren gab es Wien an der
Opernkreuzung mit der Ringstraße, obwohl dort schon seit 1926 die erste Lichtsignalanlage
Wiens installiert war, und in der Kärntner Straße zu den Stoßzeiten ein derart hohes
Fahrzeugaufkommen, sodass der Verkehr zeitweise zum Erliegen kam. Verkehrspolizisten
versuchten diesem Problem zusätzlich zur Ampelregelung mit Handzeichen Herr zu werden.
Die Anzeigen wegen Überschreitung der Fahrgeschwindigkeit beruhten damals noch
ausschließlich auf Schätzungen, die während der Vorbeifahrt des Fahrzeuges von Polizisten
durchgeführt wurden. Gegen Ende der 50er-Jahre wurde neben dem Schätzen der
Fahrgeschwindigkeit auch eine neue Methode der Beweisführung eingeführt: In Kärnten
wurde von der Gendarmerie der erste Radarkasten Österreichs in Betreib genommen. An
der Packer Bundesstraße (B 70), im Bereich Preitenegg, überführte man mittels
Radartechnik erstmals Verkehrssünder.
Die Technik von damals ist längst überholt. Heute sind die Radargeräte kleine HightechMaschinen. Schaffte so eine Kamera mit Nassfilmtechnik zuletzt bis zu 800 Bilder auf einem
Film, so kann eine Anlage mit digitaler Fototechnik heute mindestens 3.500 Bilder speichern.
Ein Radargehäuse (Radarkabine) mit digitalem Radargerät kostet etwa 80.000 Euro. Jeder
Standort muss behördlich bewilligt und vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen
abgenommen werden.
Mit dem Einsatz von modernen, mobilen Radargeräten („Multaboxen“) kann auch der flexible
Schwerpunkteinsatz auf Hochrisikostrecken – auch im untergeordneten Straßennetz –
forciert werden. Die Messdaten können hier vom Laptop direkt in das digitale
Radarauswerteprogramm eingespielt werden.
Die Modernisierung und Umrüstung der Radargeräte durch Ausstattung mit Digitalkameras
wurde in Österreich großflächig im Jahr 2006 eingeleitet und 2009 abgeschlossen. Das
Innenministerium betreibt derzeit 189 Radar-Geschwindigkeitsmessgeräte.
27
Die ersten Laser-Handgeschwindigkeitsmessgeräte („Laserpistolen“) wurden 1992 den
Polizeiorganen übergeben.
2003 wurde die erste Section-Control-Anlage (misst die Durchschnittsgeschwindigkeit über
eine bestimmte Wegstrecke) in Wien im Kaisermühlentunnel (A 22) von der ASFINAG
installiert (siehe auch Pkt 5.2.1)
2009 wurden österreichweit 4,1 Millionen Anzeigen wegen Geschwindigkeitsübertretungen
im Straßenverkehr von der Bundespolizei erstattet.
Abbildung 19: Radargeräte einst und jetzt; Quelle: Innenministerium
3.3.2
Alkoholtestgeräte
Eine mit der Geschwindigkeitsmessung vergleichbare technische Entwicklung gab es bei
den Alkoholkontrollen, ist doch die Bekämpfung von „Alkohol am Steuer“ seit jeher ein
Schwerpunkt der Verkehrspolizei. Erst zu Ende der 50er-Jahre setzte sich die
Alkoholgesetzgebung im Straßenverkehr in den Straßenverkehrsgesetzen durch. Diese
zielten darauf ab, die Alkoholbeteiligung im Straßenverkehr zu verringern. 1960 wurde dann
als erster wesentlicher Schritt das Lenken von Kraftfahrzeugen im alkoholbeeinträchtigten
Zustand von mehr als 0,8 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK) verboten (StVO 1960).
Schon im Jahr 1953 wurden Alkotester (Blasröhrchen) von der Polizei bei Anfangsverdacht
zu einer ersten Kontrolle des Blutalkoholspiegels eingesetzt. Da die angezeigten Werte recht
ungenau waren, kam es bei einer Bestätigung des Anfangsverdachtes im Zuge der
klinischen Untersuchung zu einer für den Probanden eher unangenehmen zwingenden
Blutabnahme. Im Falle einer Ablehnung des Alkotests durch den Probanden erfolgte – wie
heute – die Bestrafung wegen Verweigerung mit der gleichen Strafhöhe und den gleichen
Konsequenzen wie bei einer erheblichen Alkoholisierung.
28
Die Blasröhrchen fanden also früh breite Anwendung in der Polizeipraxis. Die Geräte zeigten
den Gehalt an Alkohol in der durchgeblasenen Atemluft an, in dem sich in Folge einer
chemischen Reaktion die Farbe im Röhrchen veränderte. Die Röhrchen waren nur einmal
verwendbar.
Die ersten geeichten und beweisfähigen Alkomaten wurden von der Polizei im Jahr 1988
eingesetzt. Die ersten Alkovortestgeräte wurden im Dezember 2005 ausgeliefert.
Moderne
Alkoholtestgeräte
arbeiten
sowohl
mit
elektrochemischen
als
auch
mit
physikalischen Verfahren mittels Infrarot-Messung. Die Ergebnisse der geeichten Alkomaten
sind vor den Gerichts- und Verwaltungsbehörden beweiskräftig und dem Ergebnis einer
Blutabnahme rechtlich gleichgestellt.
Im Jahr 2009 führte die Exekutive mit mehr als 2.500 Alkomaten und Alkoholvortestgeräten
mehr als 850.000 Alkotests durch.
Der Ankauf dieser modernen Verkehrsüberwachungsgeräte (einschl. Service und Wartung)
erfolgt aus den zweckgebundenen Strafgeldeinnahmen gemäß §100/10 StVO.
Abbildung 20: Alkotest einst und jetzt; Quelle: Innenministerium
29
Abbildung 21: Alkomat; Quelle: Innenministerium
Abbildung 22: Alkovortestgerät; Quelle: Innenministerium
30
4. ORGANISATION UND AUFBAU DES VERKEHRSDIENSTES DER
BUNDESPOLIZEI (VOM GENERALISTEN ZUM SPEZIALISTEN)
4.1 Allgemeines
Der organisatorische Aufbau des Verkehrsdienstes der Bundespolizei richtet sich nach den
einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen über die Handhabung der Verkehrspolizei und
der Besorgung des Exekutivdienstes (siehe Punkt 2) sowie den dazu ergangenen
Organisationsrichtlinien.
Entsprechend
diesen
Vorgaben
erfolgt
die
flächendeckende
Besorgung
des
Verkehrsdienstes grundsätzlich auf vier organisatorische Ebenen, wobei die Aufgaben und
Befugnisse im Hinblick auf die örtlichen und fachspezifischen verkehrspolizeilichen
Anforderungen jeweils unterschiedlich sind.
Im Folgenden wird daher entsprechend der dargestellten aufbauorganisatorischen
Gliederung der Bundespolizei der Verkehrsdienst auf Ebene
•
des Bundesministeriums für Inneres,
•
der neun Landespolizeikommanden,
•
der 110 Bezirks- und Stadtpolizeikommanden, sowie
•
der 903 Polizei- und Fachinspektionen.
näher vorgestellt.
31
Abbildung 23: Organisatorische Gliederung des Verkehrsdienstes der BP;
Quelle: Eigene Darstellung
4.2 Der Verkehrsdienst auf Ebene des Bundesministeriums für Inneres
Im Bundesministerium für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, ist das
Referat
II/2/d
(Verkehrsdienst)
eingerichtet.
Diesem
Referat
sind
gemäß
der
Geschäftsordnung folgende Aufgaben zugewiesen:
„Angelegenheiten der Straßenverkehrssicherheit, einschließlich der Verkehrsüberwachung,
insbesondere der Verkehrsunfallforschung und der Verkehrsstatistik im Rahmen der
Mitwirkung der Bundespolizeidirektionen und der Organe der Bundespolizei in den
Angelegenheiten der Straßenpolizei; Ausarbeitung von Empfehlungen für einen einheitlichen
und wirkungsvollen Einsatz der Bundespolizei auf dem Gebiet der Verkehrsüberwachung.“
Daneben fallen die unmittelbar auf Grund des Bundesministeriengesetzes vorgesehenen
Aufgaben in Verantwortungsbereich des Referates (siehe Punkt. 2.2)
Das Referat II/2/d besteht aus zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter der Leitung von
Oberst Martin Germ.
32
4.3 Der Verkehrsdienst auf Ebene der Landespolizeikommanden
Der Verkehrsdienst auf Ebene der neun Landespolizeikommanden ist gekennzeichnet durch
die
•
koordinierende und steuernde Führung des Verkehrsdienstes im Bundesland
entsprechend den Vorgaben der Verkehrsbehörden,
•
Besorgung des allgemeinen Verkehrsdienstes sowie des Kriminaldienstes auf
Autobahnen und Autostraßen,
•
Besorgung
der
hoch
technisierten
und
spezialisierten
verkehrspolizeilichen
Überwachungsmaßnahmen im Bundesland, die über die Möglichkeiten der Bezirksund Stadtpolizeikommanden hinausgehen.
Organisatorisch werden diese Aufgaben von der Landesverkehrsabteilung (LVA) in
unmittelbarer Unterstellung unter dem Landespolizeikommandanten wahrgenommen. Die
LVA (außer Wien) gliedert sich unter dem Kommandanten der LVA und seiner
Führungsunterstützung in folgende Fachbereiche (FB):
•
FB LVA 1.1. Allgemeine Verkehrsangelegenheiten, Schulung und Verkehrserziehung
•
FB LVA 1.2. Dienstplanung und Analyse
•
FB LVA 2.1. Geschwindigkeitsüberwachung
•
FB LVA 2.2. Verkehrsstreife und Abstandsmessung
•
FB LVA 2.3. Kraftfahrwesen und Güterverkehr
•
FB LVA 2.4. Gefahrgut
Die näheren von diesen FB zu bewältigenden Spezialeinsatzgebiete werden unter Punkt 5
näher dargestellt.
Die
Autobahnpolizeiinspektionen
(API)
sind
den
LVA
unmittelbar
unterstellte
Organisationsteile, deren innere Gliederung sich an der Organisation und Geschäftsordnung
der Polizei- und Fachinspektionen orientiert.
33
Abbildung 24: Gliederung einer LVA (außer Wien); Quelle: OGO LPK
Auf Grund der besonderen Erfordernisse der Großstadt sind bei der LVA Wien folgende
zusätzliche FB eingerichtet:
•
FB LVA – Verkehrsunfallaufnahme
•
FB LVA – Verkehrsleitzentrale
•
FB LVA - Einsatzkoordination und zentrale Ausbildung
4.4 Der Verkehrsdienst auf Ebene der Bezirks- und Stadtpolizeikommanden
Das österreichische Bundesgebiet ist in insgesamt 99 Bezirke aufgeteilt. Den von
Bundespolizeidirektionen und Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften und
Magistrate) verwalteten politischen Bezirken sind entsprechend ihres sprengelmäßigen
Zuständigkeitsbereiches
Stadt-
beziehungsweise
Bezirkspolizeikommanden
(SPK
beziehungsweise BPK) zugeordnet. Für Wien bestehen 14 SPK deren Zuständigkeitsbereich
ein oder mehrere Stadtbezirke umfasst.
34
Innerhalb der Bezirks- und Stadtpolizeikommanden ist in unmittelbarer Unterstellung unter
dem
Stadt-
beziehungsweise
Bezirkspolizeikommandanten
jeweils
ein
eigenes
Verkehrsreferat eingerichtet, dem folgende Aufgaben zugewiesen sind:
•
Sammlung, Analyse und Auswertung von Informationen und Daten zur Sicherstellung
eines für die Einsatzplanung erforderlichen aktuellen Verkehrslagebildes;
•
strategische Planung von Verkehrsmaßnahmen im örtlichen Zuständigkeitsbereich
des Stadt- beziehungsweise Bezirkspolizeikommandos und Überwachung der
Durchführung;
•
Planung und Leitung von verkehrspolizeilichen Schwerpunktaktionen;
•
Sicherstellung der Vollziehung der Rechtsvorschriften mit Verkehrsbezug (zum
Beispiel StVO, KFG, FSG, Eisenbahngesetz, Wasserstraßenverkehrsordnung);
•
fachspezifische Aus- und Fortbildung sowie Berichterstattung und Medienarbeit;
•
Beschwerdeangelegenheiten mit Verkehrsbezug;
•
Wahrnehmung
allgemeiner
Kommissionierungen
im
Verkehrsangelegenheiten,
zugewiesenem
Straßennetz
wie
und
Teilnahme
an
Koordinierung
der
erforderlichen Maßnahmen usw.;
•
Koordinierung der Verkehrserziehung;
•
Koordinierung des verkehrsspezifischen Ressourceneinsatzes;
•
allgemeine Verkehrsangelegenheiten (einschließlich See- und Stromdienst);
•
Organisation, Koordination und Leitung der überörtlichen Verkehrsdienste.
4.5 Der Verkehrsdienst auf Ebene der Polizei- und Fachinspektionen
Grundsätzlich
werden
die
Aufgaben
des
allgemeinen
Verkehrsdienstes
von
den
Polizeibediensteten der Inspektion vollzogen. Jeder im exekutiven Außendienst eingesetzte
Polizeibedienstete hat entsprechend seiner Zielvorgaben und unter Berücksichtigung der
lokalspezifischen Gegebenheiten durch optische Präsenz sowie repressiv bei der
Feststellung
von
Verkehrsübertretungen
und
Einleitung
von
Maßnahmen
für
Verwaltungsstrafverfahren, mitzuwirken.
Ebenso fällt die Aufnahme und Erhebung von Verkehrsunfällen in den Aufgabenbereich der
Polizei- und Fachinspektionen.
Auf Grund der besonderen Anforderungen an den Verkehrsdienst im städtischen Bereich
sind
bei
den
Stadtpolizeikommanden
(außer
Wien
und
Eisenstadt)
eigene
35
Verkehrsinspektionen eingerichtet. Ihr Aufgabenbereich umfasst im Zuständigkeitsbereich
des jeweiligen SPK,
•
die
Durchführung
des
überregionalen
motorisierten
Verkehrsstreifendienstes
inklusive des Motorradstreifendienstes und der verkehrsdienstlichen Einsätze im
gesamten Überwachungsbereiches des Stadtpolizeikommandos,
•
die Durchführung von Verkehrsdiensten mit den Schwerpunkten Kraftfahrrecht,
Personen-
und
Güterbeförderung,
Gewichtskontrollen
mit
Abfallwirtschaftsgesetz
sowie
Radlastenmessern,
in
Ergänzung
EU-Sozialvorschriften,
Lärmmessungen,
zur
mobilen
Gefahrgut
Einsatzplanung
und
der
Landesverkehrsabteilung,
•
die
verdeckte
Verkehrsüberwachung
auch
mit
zivilen
Fahrzeugen
unter
Berücksichtigung der verkehrsunfallsbezogenen Schwerpunkte (Unfallhäufungspunkte),
•
bei Bestehen eines Verkehrsunfallkommandos die Aufnahme von Verkehrsunfällen
mit Personenschäden, neben der schwerpunktmäßigen Verkehrsüberwachung,
•
die selbstständige Planung und Durchführung von Schwerpunktüberwachungen
gemäß den grundsätzlichen Vorgaben des SPK (Referatsleiter Verkehrsdienst),
•
Mitwirkung an durch das Stadtpolizeikommando angeordneten sicherheits- und
verkehrspolizeilichen
Schwerpunkteinsätzen
im
Bereich
des
gesamten
Überwachungsgebietes,
•
die Mitwirkung an verkehrsdienstlichen Einsätzen der Landesverkehrsabteilung im
erforderlichen Ausmaß,
•
36
Betrieb von zugeteiltem Gerät der Landesverkehrsabteilung in deren Auftrag.
5. SPEZIALEINSATZGEBIETE
5.1 Allgemeines
Neben der generellen Verkehrsüberwachung, die von jeder Polizistin und jedem Polizisten
im Rahmen des Außendienstes durchgeführt wird, sind Teilbereiche der österreichischen
Bundespolizei in hoch spezialisierten Teilgebieten der Verkehrsüberwachung tätig:
•
automatische Verkehrsüberwachung,
•
Zivilstreifen und Motorraddienst,
•
Schwerverkehrskontrolle.
Diese Tätigkeit erfordert einerseits großes fachliches Wissen der Beamtinnen und Beamten
und andererseits die Ausstattung mit entsprechender technischer Ausrüstung. Das
notwendige Fachwissen wird in laufenden begleitenden Schulungen vermittelt. Die
Ausstattung mit modernsten technischem Equipment wurde in den letzten Jahren stark
vorangetrieben sodass nunmehr eine bedarfsorientierte, flächendeckende Ausstattung
gegeben ist.
5.2 Automatische Verkehrsüberwachung
5.2.1
Abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung – Section Control gemäß § 98a
StVO 1960
Für jene Bereiche, in denen eine Section-Control-Anlage zum Einsatz gelangt, hat das
BMVIT für die in Frage kommende Messstrecke eine Verordnung zu erlassen. Die
Funktionsweise
einer
Section-Control-Anlage
basiert
auf
der
Feststellung
der
Durchschnittsgeschwindigkeit, die für eine bestimmte Wegstrecke vom Fahrzeuglenker
benötigt wird. Dabei wird jedes in den Bereich einfahrende und ausfahrende Fahrzeug
registriert. Ein Computer errechnet sodann die gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit.
Wird eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt, kommt es zur direkten Übermittlung
des Datensatzes zur LVA, wo die Auswertung erfolgt.
37
Abbildung 25: Funktionsweise einer Section-Control-Anlage: Quelle: Innenministerium
Derzeit wird die abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung (Section Control) an
vier Standorten auf dem höherrangigem Straßennetz eingesetzt. Diese Anlagen befinden
sich auf der A22 in Wien (Kaisermühlentunnel), A2 in Niederösterreich (Wechselabschnitt),
A2 in Kärnten (Umfahrung Klagenfurt) und eine mobile Anlage auf der A8 in Oberösterreich
(Baustellenbereich im Zuge der Generalsanierung).
2009 wurden mittels Section Controlanlagen zirka 115.000 Geschwindigkeits-übertretungen
festgestellt.
5.2.2
Punktuelle Geschwindigkeitsmessung gemäß § 98b StVO 1960
Die bei der Bundespolizei eingesetzten Geräte basieren auf Radartechnologie. Diese
Technik hat sich für die Einsatzgebiete der Polizei als zuverlässig und wenig störungsanfällig
erwiesen.
Bei der punktuellen Geschwindigkeitsüberwachung ist zwischen dem stationären und
mobilen Einsatz zu unterscheiden.
Die stationären Anlagen werden über Auftrag der Verkehrsbehörden an besonders
neuralgischen Punkten errichtet. Der Standortauswahl geht ein mehrstufiges Verfahren
voran, in dem die Notwendigkeit der Errichtung einer solchen Anlage geprüft wird. Die so
festgelegten Standorte werden mit der notwendigen Infrastruktur ausgestattet und es werden
Schutzkabinen für den Geräteeinbau aufgestellt. Die Messungen werden vollautomatisch
durchgeführt, wobei die Standorte von Beamtinnen und Beamten der LVA technisch betreut
werden.
38
Abbildung 26: Radarkabine; Quelle: Bundesministerium für Inneres
Beim mobilen Radareinsatz sind die Geräte in Fahrzeugen installiert beziehungsweise
werden sie auf Stative auf- oder in sogenannte Multaboxen eingebaut. Die mobile Messung
wird im „aufmerksamen Messbetrieb“ durchgeführt und erfordert auf Grund eichamtlicher
Vorgaben die Anwesenheit eines Exekutivbediensteten (Messorgans). Je nach Einsatzlage
werden die Fahrzeuglenker angehalten und Strafen an Ort und Stelle eingehoben oder es
wird die festgestellte Übertretung der zuständigen Verwaltungsbehörde angezeigt.
Abbildung 27: Kameraeinheit bei Fronteinbau; Quelle: Bundesministerium für Inneres
Derzeit stehen bei der Bundespolizei 108 stationäre und 81 mobile Anlagen im Einsatz.
Im Jahr 2009 wurden mittels punktueller Geschwindigkeitsüberwachung 3.220.000
Geschwindigkeitsübertretungen festgestellt.
39
5.2.3
Abstandsmessung gemäß § 98c StVO 1960
Seit 1999 wird in Österreich ein System zur Messung des Abstandes von hintereinander
fahrenden
Fahrzeugen
eingesetzt.
Das
Abstandsmesssystem
ist
in
einem
Dienstkraftfahrzeug eingebaut und kann flexibel an vordefinierten Örtlichkeiten am
höherrangigen Straßennetz eingesetzt werden.
Die Kameras werden für die Messung oberhalb der Fahrstreifen, vorwiegend auf Brücken
oder Fahrbahnübergängen positioniert. Von besonders geschulten Exekutivbediensteten
wird mittels einer Übersichtskamera, die einen ca. 300 m langen Abschnitt der Fahrbahn
filmt, der fließende Verkehr beobachtet und im Falle des Verdachtes der Nichteinhaltung
des Sicherheitsabstandes eine Videoaufnahme gestartet. Wird eine Übertretung festgestellt,
wird das aufgenommene Video ausgewertet und die Anzeige an die zuständige
Verwaltungsbehörde erstattet.
Zusätzlich zur Messung des Abstandes verfügt das System über eine eichamtliche
Zulassung für die Messung der Fahrgeschwindigkeit. Die Anzeigeerstattung erfolgt entweder
elektronisch über eine Schnittstelle zur jeweiligen Behörde oder mittels Papierausdruck.
Abbildung 28: Abstandmesssystem; Quelle: Bundesministerium für Inneres
5.2.4
Überwachung der Beachtung von Lichtzeichen – Rotlichtüberwachung
Die österreichische Bundespolizei betreibt derzeit drei Rotlichtüberwachungsanlagen.
Weitere Anlagen werden im Zuge von Kooperationen mit Städten und Gemeinden von der
Polizei betreut, die anfallenden Übertretungsfälle auswertet. Diese Überwachungsart wird
über Auftrag der zuständigen Verkehrsbehörde errichtet.
40
Die derzeit in Verwendung stehenden Überwachungssysteme funktionieren mit Sensoren,
die im Übertretungsfall ein Signal an eine digitale Kamera abgeben. Die so entstandenen
Bilder werden mittels Wechseldatenträgern oder online zur Auswertung an die zuständige
Polizeidienststelle weitergeleitet.
5.2.5
Lenkerdokumentation
Mit Inkrafttreten der 22. StVO-Novelle (2009) wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen
geschaffen, um im Zuge der Dokumentation von Verkehrsübertretungen Lichtbilder vom
Lenker eines Fahrzeuges anzufertigen und zur späteren Identifizierung des Übertreters zu
verwenden.
Derzeit werden vom Straßenerhalter ASFINAG entsprechende stationäre Systeme auf dem
hochrangigen Straßennetz installiert. Diese Systeme sind zudem geeignet, auf Strecken mit
installierter Verkehrsbeeinflussungsanlage, die jeweils geltende Geschwindigkeit zu
berücksichtigen und die Auslösegrenzwerte der Kameras automatisch zu ändern. Parallel
dazu werden vom Innenministerium mobile Systeme angekauft und getestet.
Bei den neuen Anlagen mit Lenkerdokumentation werden Radargeräte eingesetzt die die
Geschwindigkeit des sich vorbeibewegenden Kfz messen. Im Übertretungsfall werden
Aufnahmen vom Heck des Kfz (Fahrzeugidentifizierung), sowie von einem abgesetzten
Standort Aufnahmen von der Fahrzeugfront, auf der der Lenker erkennbar ist, angefertigt.
Zur Wahrung höchstpersönlicher Rechte werden alle unbeteiligten Personen, die sich
möglicherweise ebenfalls auf den Lichtbildern befinden, unkenntlich gemacht.
5.2.6
Auswertung von Übertretungsdatensätze
Um Übertretungsdatensätze aus unter Punkt 5.2.1 bis 5.2.5 beschriebenen Systemen zu
abzuarbeiten, wurden in den neun LVA´s EDV-Auswertearbeitsplätze eingerichtet. Auf
diesen Workstations werden Datensätze mittels Wechseldatenträger oder online eingespielt
und von besonders geschultem Personal ausgewertet und automationsunterstützt über eine
EDV-Schnittstelle an die zuständige Strafbehörde übermittelt.
Die Systeme und der einzuhaltende Workflow sind so ausgelegt, dass die Einhaltung der
datenschutzrechtlichen Bestimmungen jedenfalls gewährleistet ist. Eventuell auf den
vorhandenen Bildern ersichtliche
unbeteiligte Dritte werden unkenntlich gemacht
beziehungsweise nicht verwertbare Datensätze unwiderruflich gelöscht. Mit Versand der
41
Datensätze stehen diese den Strafbehörden zwecks Durchführung eines entsprechenden
Verfahrens zur Verfügung.
5.2. Motorraddienst
Das Motorrad verfügt über eine hohe Flexibilität im Verkehrsgeschehen. Durch die vielseitige
Einsetzbarkeit ist es insbesondere im Verkehrsdienst ein nicht wegzudenkendes
Einsatzmittel. Die Einsatzgebiete reichen hier von den protokollarisch vorgesehenen
Begleitungen
von
Staatsbesuchen
(in
Form
eines
3er-
oder
5er-Keils),
über
Personenschutzaufgaben bis hin zur präventiven und repressiven Verkehrsüberwachung.
Ebenso ist das Motorrad das optimale Einsatzmittel zur Bewältigung sicherheits- und
ordnungsdienstlicher Aufgaben, etwa bei Sportveranstaltungen oder sonstigen größeren
Anlässen.
Die Bundespolizei verfügt derzeit über 400 Polizeimotorräder, die den LVA´s sowie den
BPK/SPK´s zugewiesen sind und die dort im Rahmen des jeweiligen Zuständigkeits- und
Aufgabenbereiches (siehe Pkt 4.3 und 4.4.) verwendet werden.
Lenkerinnen und Lenker von Polizeimotorrädern tragen bei ihrer Dienstverrichtung eine den
vorgeschriebenen Schutznormen entsprechende Lederuniform und einen weißen IntegralKlapphelm mit Funksprechgarnitur.
Abbildung 29: Uniformierung des Motorradienstes; Quelle: Bundesministerium für Inneres
Als Lenkerinnen und Lenker von Polizeimotorrädern werden nur erfahrene Beamtinnen und
Beamte herangezogen, die notwendige persönliche und fachliche Eignung nachweisen. Sie
erhalten nach einer viertägigen praktischen Grundausbildung Berechtigung für den
Motorradverkehrsdienst.
42
Im Rahmen der begleitenden Ausbildung werden die Beamtinnen und Beamten am Beginn
eines jeden Jahres bei einer Gewöhnungsfahrt auf die kommende Saison vorbereitet.
Zusätzlich müssen sie alle fünf Jahre im Rahmen einer zweitägigen Ausbildung ihr Können
bei der Bewältigung entsprechender Übungen in einem Fahrsicherheitszentrum weitere
Fahrtechnikkurse,
wie
zum
Beispiel
Fahren
im
Hochgeschwindigkeitsbereich,
Balanceübungen mit Trial-Motorrädern unter anderem angeboten. Die Ausbildung wird von
speziell geschulten und erfahrenen Fahrtechnikinstruktoren der Bundespolizei geleistet.
Abbildung 30: MR-Lenker bei der Bewältigung eines Hindernispacours; Quelle:
Bundesministerium für Inneres
5.3. Zivilstreifen
Zivilstreifen werden von den LVA´s neben der allgemeinen Verkehrsüberwachung
vorwiegend zur Überwachung der jeweils zulässigen Fahrgeschwindigkeiten und im
städtischen Bereich zur Überwachung des Handyverbotes und der Gurtpflicht eingesetzt.
Zivilstreifen sind ein äußerst effektives Mittel, um vor allem Hochrisikolenker auszuforschen
und anzuzeigen. Das Ziel dieses Einsatzes ist damit die Ermöglichung sanktionierender
Maßnahmen durch die Behörde sowie die Anhaltung und die Beendigung des
Fehlverhaltens.
Der Zivilstreifendienst wird grundsätzlich von zwei Beamtinnen oder Beamten in Uniform
oder
Zivilkleidung
Zivilstreifendienste
verrichtet.
auch
unter
Über
Anordnung
Teilnahme
von
der
zuständigen
Behörde
Behördenvertretern,
so
werden
genannten
„Schnellrichtern“ verrichtet, die bei einer Anhaltung sofort an Ort und Stelle einen
Strafbescheid gegen den jeweiligen Fahrzeuglenker erlassen können.
43
Die Polizei verfügt derzeit über 90 spezielle Zivilstreifenfahrzeuge der gehobenen
Mittelklasse,
die
mit
verdeckt
eingebauten
Geschwindigkeitsmess-
und
Aufzeichnungsanlagen (ProVida-Anlage) ausgestattet sind. Selbstverständlich verfügen
solche Fahrzeuge – wie die üblichen Einsatzfahrzeuge der Bundespolizei – über Blaulicht
und Folgetonhorn.
Abbildung 31: ProVida-Anlage; Quelle: Bundesministerium für Inneres
Als einsatztaktische Sonderform werden bei den LVA´s auch Zivilstreifenmotorräder im
Bereich von Straßenzügen mit erhöhtem Unfallsaufkommen eingesetzt, die neben der
allgemeinen Verkehrsüberwachung vor allem zur Überwachung des Handyverbotes und der
Gurtenanlegepflicht besonders effektiv sind. Diese Motorräder sind ebenfalls mit verdecktem
Blaulicht und Folgetonhorn ausgestattet sind.
5.3 Schwerverkehrskontrolle
Die Vorgaben der Europäischen Kommission haben in den letzten Jahren zu einer massiven
Änderung der in den letzten Jahrzehnten praktizierten Gesetzgebung im Bereich des
Schwerverkehrs (Güter- und Personenverkehrs) geführt. Dabei geht es einerseits um den
sicheren/gesicherten
Transport
von
Personen/Gütern
unter
einheitlichen
Wettbewerbskriterien, andererseits um die Verringerung der Arbeitszeiten der in diesem
Bereich tätigen Personen.
Die Entwicklungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass auf die Polizistinnen und
Polizisten eine Fülle von unmittelbar geltenden Verordnungen der Europäischen Union sowie
Änderungen der nationalen Gesetze und Verordnungen durch die Übernahme von
Richtlinien der Europäischen Union zugekommen ist. Es bedarf daher einer ständigen
44
Evaluierung der Rechtslage und Anpassung des Kontrolleinsatzes der Exekutivorgane an die
jeweils gegebenen Bedingungen.
Im Zuge der Zusammenlegung der Wachkörper wurde bereits auf die bevorstehenden
Änderungen
Bedacht
genommen
Bezirkspolizeikommanden
und
wurden
bei
eigene
den
LVA´s
Bereiche
sowie
für
die
den
Stadt-
und
Durchführung
von
Schwerverkehrskontrollen eingerichtet (siehe Punkt 4.3 und 4.4).
5.3.1
Um
Aus- und Fortbildungen im Bereich Gefahrgut- und Schwerverkehrskontrollen
den
komplexen
Herausforderungen
gerecht
werden
zu
können,
führt
das
Innenministerium gemeinsam mit den LVA´s intensive Schulungen der in diesem Bereich
eingesetzten Beamtinnen und Beamten durch.
•
Im
Jahr
2007
Landestrainer
wurde
in
begonnen,
den
Multiplikatorenschulungen
Bereichen
Ladungssicherungskontrolle;
der
Lenk-
und
(zum
Beispiel
Ruhezeitkontrolle;
Abfallkontrolle und Tiertransportkontrolle) für
die
Landespolizeikommanden zu organisieren und durchzuführen.
•
im Jahr 2009 wurde ein neues Organisations-, Aus- und Fortbildungsprogramm für
Polizistinnen und Polizisten für den Bereich der Gefahrgutkontrolle eingerichtet, das
sämtliche sonstige Schwerverkehrbelange beinhaltet:
40 Stunden Grundausbildung Teil I durch Landesverkehrsabteilung
über mehrere Monate intensive Gefahrgutkontrollen mit Landesverkehrsabteilung,
16 Stunden Grundausbildung Teil II durch das Innenministerium,
quartalsmäßige Gefahrgutkontrollen mit Landesverkehrsabteilung,
jährliche Fortbildung durch Landesverkehrsabteilung,
zweijährige Fortbildung (32 Stunden) durch das Innenministerium,
Servicierung
durch
das
Innenministerium
und
Landesverkehrsabteilung,
Schaffung
von
Gefahrgutkontrollorganen
auch
außerhalb
der
Landesverkehrsabteilungen (Fachbereich Gefahrgut) und Verkehrsinspektionen bei den Autobahnpolizeiinspektionen und Bezirkspolizeikommanden (Bezirksverkehrsdienstgruppen),
zwei bis fünftägige Seminare in Kombination von Theorie und Praxis
(Kontrollen
auf
einen
Verkehrskontrollplatz)
durch
das
Innenministerium.
45
Abbildung 32: Übersicht über die vom Bundesministerium für Inneres durchgeführten
Schulungen; Quelle: Eigene Darstellung
5.3.2
Kontrollequipment
Im Jahr 2009 wurde das nach Einführung der digitalen Tachografen notwenige
Schwerverkehrskontrollequipment – SVKE (Vorschriftensammlungen und spezielle Kontrollund Anzeigensoftware auf PC/Laptops) für die Gefahrgut-, Abfall-, Ladungssicherungs-,
Tiertransport-, Lenkzeit-, Ruhezeit- und Fahrgeschwindigkeitskontrolle von 83 auf 266
Einheiten aufgestockt;
5.3.3
Moderne Bürofahrzeuge
Im Jahr 2009 wurde mit der Neubeschaffung von 21 mobilen Bürofahrzeugen (12 Gefahrgutund
neun
Schwerverkehrkontrollfahrzeuge)
begonnen.
Nach
Abwicklung
der
Ausschreibungsmodalitäten erfolgt die Auslieferung in den nächsten Monaten.
Mit der Auslieferung der neuen Fahrzeuge und der Ausscheidung alter in Verwendung
stehender Fahrzeuge werden den im Schwerverkehrsbereich tätigen Beamtinnen und
Beamten im Endausbau insgesamt 39 moderne Bürofahrzeuge zur Verfügung stehen.
46
Abbildung 33: Neues Bürofahrzeug (Lieferung 2005); Quelle: Landespolizeikommando
Niederösterreich
5.3.4
Verkehrsüberwachungspläne
Zur Durchführung einer effizienten Schwerverkehrkontrolle werden in Abstimmung mit den
zuständigen
Verkehrsbehörden
Bezirksverwaltungsbehörden
und
(Ämter
der
Bundespolizeidirektionen)
Landesregierungen;
monatliche
Verkehrsüber-
wachungspläne (Länder-, Stadt- und Bezirksverkehrsüberwachungsplan) erstellt.
Dabei werden die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen (zum Beispiel Gefahrgutkontrollen
gemäß Gefahrgutbeförderungsgesetz; Lenk- und Ruhezeitkontrollen gemäß Kraftfahrgesetz)
und länderspezifischen Gegebenheiten berücksichtigt und eingearbeitet. Insbesondere
werden die Kontrollen aber an den vorgegebenen noralgischen Streckenabschnitten (zum
Beispiel
Transitstrecken;
Ausweichrouten
neben
den
Hauptverkehrsträgern;
Ballungszentren; Industriegebieten; Bahnterminals; internationale Flughäfen; Donauhäfen;
Unfallzahlen) durchgeführt.
47
Abbildung 34: Transitstrecken/Straßenkorridore; Quelle: Österreichisches Institut für
Raumplanung
Abbildung 35: Stark befahrene Straßenabschnitte: Quelle: ASFINAG
48
6. VERKEHRSSICHERHEIT UND PRÄVENTION
6.1 Allgemeines
In
voller
Erkenntnis
der
gesellschaftlichen
und
pädagogischen
Bedeutung
der
Verkehrserziehung hat das Bundesministerium für Inneres am 28. April 1976 seine
Bereitschaft erklärt, die Unterrichtsbehörden und Schulen in ihrer verkehrserzieherischen
Tätigkeit nach Kräften zu unterstützen.
Im Mittelpunkt der Verkehrserziehung stehen das menschliche Verhalten und die daraus
abzuleitenden verkehrspädagogischen Prinzipien. Das Individuum wird in seiner Beziehung
zur Gesellschaft und zum Lebensraum Straße definiert und mit seinen Bedürfnissen und
Vorstellungen hinterfragt.
Die Verkehrserziehung soll als positive Einflussnahme auf das Verhalten aller Alters- und
Verkehrsteilnehmergruppen verstanden werden.
6.2
6.2.1
Schulische Verkehrserziehung
Das „Standardprogramm“
Bei der schulischen Verkehrserziehung ist vor allem das Hinführen zu einem sicheren und
selbstständigen Verkehrsverhalten von Kindern gemeint, wobei auch der langfristige Erfolg
dieser Maßnahme gesehen werden muss. Die heute als Fußgänger oder Radfahrer am
Verkehr teilnehmenden Kinder sind die Autofahrer von morgen. Somit ist Verkehrserziehung
als umfassende beziehungsweise gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu sehen, die nicht nur
unter dem Aspekt der gegenwärtigen Unfallverhütung erfolgt, sondern auch langfristig die
Verkehrssicherheit positiv beeinflussen soll.
Schulische Verkehrserziehung ist ein Teil der Gesamterziehung, gehört somit zum
Erziehungsauftrag und zieht sich wie ein roter Faden durch die Schullaufbahn, die nicht nur
durch den Lehrstoff vorgegeben sind. Die Kombination stofflicher, methodischer und
erzieherischer Anforderungen der Verkehrserziehung ist in jedem Unterrichtsgegenstand
einsetzbar.
49
Das Engagement der Polizei im Rahmen der schulischen Verkehrserziehung stellt in diesem
Konnex einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherheit der Kinder dar. Die Mitwirkung der
Polizei bei Verkehrserziehungsaktivitäten übt eine praxisnah bildende Wirkung auf das
Verkehrsverhalten der Schülerinnen und Schüler aus.
Die Polizei orientiert sich beim Einsatz in Schulen am „Standardprogramm für den
schulischen Einsatz der Exekutive“.
Dieses Standardprogramm wurde vom Innenministerium und dem Bundesministerium für
Unterricht erstellt und seit 1977 mehrfach überarbeitet. Bei der Zusammenarbeit zwischen
Polizei und Schule liegt der Schwerpunkt neben der theoretischen Vorbereitung auf Übungen
in der Verkehrswirklichkeit.
Abbildung 36: Stundentafel des Standardprogrammes; Quelle: Eigene Darstellung
Um den Verkehrserziehungsunterricht effizienter und zielgerichteter zu gestalten, wurden im
Jahr 2007 speziell entwickelte Verkehrserziehungstaschen für die Verkehrserzieherinnen
und Verkehrserzieher der Polizei ausgegeben.
Im Rahmen eines Stationsbetriebes werden die Kinder in Kleingruppen in verschiedener Art
der Methodik auf die Verkehrsgefahren und Straßensituationen spielerisch hingewiesen und
es wird das richtige Verhalten in den Stationen trainiert. Anschließend werden die
theoretischen Lerninhalte bei einem Lehrausgang trainiert.
50
6.2.2
Kinderpolizei
Ende 2009 wurde das Projekt „Kinderpolizei“ mit der schulischen Verkehrserziehung
zusammengeführt. Durch die Ernennung von „Kinderpolizisten“ soll der Kontakt zu den
Kindern intensiviert und über die schulische Verkehrserziehung hinaus aufrechterhalten
werden. Außerdem sollen so auch die Eltern und Erziehungsberechtigten erreicht und
sensibilisiert werden, sich mit der Bewältigung von Gefahren für ihre Kinder in allen
Lebenslagen auseinander zu setzen.
In diesem Zusammenhang werden kleinere Veranstaltungen angeboten, bei denen sich die
Kinder mit Sicherheitsbelangen spielerisch beschäftigen und sie gegebenenfalls zu
„Kinderpolizisten“ ernannt werden können.
Als „Kinderpolizisten“ sollen die Kinder ein entsprechendes Unrechtsempfinden entwickeln
und lernen, den täglichen Konflikten des Alltags richtig zu begegnen. Sie sollen Vorbild im
Umgang mit Mitschülern, im Straßenverkehr und im Freizeitbereich sein, Sicherheitstipps
beachten und weitergeben, Respekt älteren und schwächeren Personen entgegen bringen
und ihnen Hilfestellung leisten.
6.2.3
Die freiwillige Radfahrprüfung
Die freiwillige Radfahrprüfung stellt einen wichtigen Schritt in der Erziehung der Kinder zu
verantwortungsbewussten Verkehrsteilnehmern dar. Sie ist die erste Prüfung in den
Belangen des Straßenverkehrs und ist zudem das entscheidende Kriterium zur Erteilung des
„Radfahrausweises“. Damit ist das Kind berechtigt, mit dem Fahrrad bereits ab dem zehnten
Lebensjahr ohne Aufsicht eines Erwachsenen am Straßenverkehr teilzunehmen.
Abbildung 37: Stundentafel zur freiwilligen Radfahrprüfung; Quelle: Eigene Darstellung
51
Die Verkehrserziehung sowie die freiwillige Radfahrprüfung wird von ca. 1.000 besonders
geschulten Beamtinnen und Beamten in ihrem örtlichen Bereich, durchgeführt.
Die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei betreuen im Bereich der Verkehrserziehung
jährlich zirka
•
3.200 Schulen,
•
13.000 Klassen,
•
280.000 Schülerinnen und Schüler;
und bei den freiwilligen Fahrradprüfungen
•
3.200 Schulen,
•
4.500 Klassen,
•
75.000 Schülerinnen und Schüler.
Um die Verkehrserziehung in diesem Umfang durchführen zu können, werden jährlich
52.000 Arbeitsstunden aufgewendet.
6.3 Schulische Verkehrssicherheitsberatung
Es ist eine traurige Tatsache, dass Jugendliche und junge Erwachsene überdurchschnittlich
an Verkehrsunfällen mit Personenschaden beteiligt sind (vgl. Punkt 3.2.5) Daher ist es ein
besonderes Bedürfnis der polizeilichen Präventionsarbeit, auch die Altersgruppe der 15 bis
17-Jährigen anzusprechen.
Mit einer erweiterten Verkehrssicherheitsberatung soll ein Beitrag zur Senkung der
Unfallzahlen geleistet werden. Die bereits 2002 gestartete Verkehrssicherheitsberatung in
den Berufsschulen wurde wegen ihrer positiven Resonanz inzwischen auch auf die
Allgemeinbildenden
Höheren
Schulen
und
die
Berufsbildenden
Mittleren
Schulen
ausgedehnt.
Etwa einhundert speziell ausgebildete Beamtinnen und Beamte besuchen dabei die Klassen,
wobei an Hand von Videosequenzen und deren Aufarbeitung versucht wird, auf die
Schülerinnen und Schüler einzuwirken. Ebenso werden sie eindringlich auf die nach einem
Unfall eintretenden Rechtsfolgen hingewiesen.
52
6.4
Verkehrssicherheitsaktionen in Kooperation
Neben der angeführten Verkehrserziehung und der Verkehrssicherheitsberatung werden
jährlich weitere Verkehrssicherheitsaktionen in Kooperation mit dem Bundesministerium für
Unterricht, Kunst und Kultur, den Landesregierungen, dem Kuratorium für Verkehrssicherheit
und Autofahrerklubs sowie der Industrie durchgeführt.
Dabei handelt es sich unter anderem um Aktionen, die gemeinsam mit Schulkindern direkt
im Nahbereich der Schule durchgeführt werden, wie
•
„Mach dich Sicher“,
•
„Sicher in die Schule“,
•
„Große helfen Kleine“,
•
„Apfel und Zitrone“,
•
„Aktion Zebrastreifen“,
•
„Gib8“,
•
„Fair und Sicher“,
und viele andere mehr.
6.5
Ausbildung von Schülerlotsen und betrauten Personen gem. § 97a StVO 1960
Die Schulwegsicherung wird neben dem Einsatz von Polizistinnen und Polizisten zu einem
nicht geringen Teil mit Schülerlotsen gemäß § 29a Abs. 2 StVO 1960 und regional mit
betrauten Personen gemäß § 97a StVO 1960 durchgeführt.
Die Schülerlotsen beziehungsweise betrauten Personen sichern die Verkehrswege zu oder
von Schulen und können bei Schulveranstaltungen als Begleit- beziehungsweise
Sicherungspersonen von geschlossenen Gruppen eingesetzt werden.
Die Ausbildung erfolgt nach Vorgaben der zuständigen Verkehrsbehörde und wird unter
anderem von Polizistinnen und Polizisten durchgeführt. Nach Absolvierung stellt die Behörde
einen Ausweis gem. § 29a Abs. 3 oder gem. § 97 Abs. 1 StVO 1960 aus.
53
6.6 Fahrsicherheitstraining für Zweiradlenker
Das Lenken von Mopeds und Motorrädern erfreut sich großer und zunehmender Beliebtheit.
Dabei werden die Gefahren oft unterschätzt. Pro Fahrkilometer ist das Risiko, schwer oder
tödlich verletzt zu werden, für Motorradfahrer rund 20-mal höher als für Pkw-Insassen (Siehe
Punkt 3.2.10 und 3.2.11) .
Das Fahrsicherheitstraining fokussiert sich bei den Motorradlenkern auf die Risikogruppe der
so genannten Wiedereinsteiger (40 bis 55 Jahre) ohne besondere Fahrpraxis: Dem
gegenüber stehen bei den Mopeds die ganz Jungen (Mopedausweis mit 15) und die älteren
Mopedlenker (über 60).
Im Wissen um die speziellen Unfallursachen dieser Gruppen, bietet die Polizei und in
Kooperation mit anderen Partnern kostenlose Fahrsicherheitstrainings für Motorradfahrer an.
6.6.1
Projekt „Mopeds in Town“
Dieses Projekt ist ein Verkehrssicherheitsprojekt, das speziell für 15- bis 17-Jährige
Mopedlenker in Kooperation zwischen der Arge2Rad (Dachverband der österreichischen
Zweiradimporteure
und
Zweiradindustrie),
dem
Innenministerium
und
dem
Landespolizeikommando Wien entwickelt wurde.
Ziel dieses Projektes ist es, dass Polizistinnen und Polizisten die jungen Mopedfahrerinnen
und Mopedfahrern mit ihren Polizeimotorräder begleiten und ihnen dabei helfen, sich im
Stadtverkehr vorausschauender, konzentrierter und damit insgesamt sicherer zu bewegen.
6.7 Verkehrssicherheitsberatung für Senioren
Neben Kindern und Jugendlichen zählen ältere Menschen zu den am meisten gefährdeten
Personen im Straßenverkehr (siehe Punkt 3.2.6) Aus diesem Grund wird diese Gruppe von
Verkehrsteilnehmern
im
Rahmen
der
kriminalpolizeilichen
Beratung,
sowie
bei
Informationsabenden in Pensionistenklubs, Altersheimen und dergleichen von den
Polizistinnen und Polizisten der Region gezielt auf die Gefahren im Straßenverkehr
aufmerksam gemacht.
54
7. INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT
Das Innenministerium arbeitet im Bereich des Erfahrungs- und Informationsaustausches auf
dem Sektor der Verkehrspolizei eng mit anderen europäischen Staaten zusammen.
Einerseits erfolgt dieses „Miteinander“ im Rahmen des von der Europäischen Kommission
unterstützten
Vereins
TISPOL
(Traffic
Information
System
Police;
Netzwerk
der
europäischen Verkehrspolizei) und andererseits auf regionaler Ebene im Forum Salzburg, in
dessen Rahmen Verkehrspolizeiexperten aus acht mittel- und osteuropäischen EU-Staaten
(Ö, BG, CZ, HU, PL, RO, SI, SK) halbjährlich zusammenkommen, um aktuelle
verkehrspolizeiliche
Themen,
wie
zum
Beispiel
jenes
der
grenzüberschreitenden
Strafverfolgung von Verkehrsübertretungen, sowohl auf rechtlicher als auch auf operativer
Ebene zu erörtern.
Im Zuge dieser Zusammenarbeit werden auch gegenseitige Hospitationen in bestimmten
verkehrspolizeilichen
Einsatzfeldern
durchgeführt,
wie
zum
Beispiel
Schwerverkehrskontrollen an speziell eingerichteten Verkehrskontrollplätzen. Dabei können
– trotz unterschiedlicher Rechtslage – operative Praktiken des taktischen Verkehrs- und
Geräteeinsatzes im Hinblick auf deren Effektivität kennengelernt und gemeinsam erörtert
werden.
Österreich ist seit Herbst 2005 Mitglied im Netzwerk der europäischen Verkehrspolizei
TISPOL. Die Organisation setzt sich aus mehreren Gremien und Arbeitsgruppen zusammen
und umfasst nahezu alle Länder der Europäischen Union sowie die Schweiz und Norwegen.
Der
Schwerpunkt
der
gemeinschaftlichen
Arbeit
liegt
im
Informations-
und
Erfahrungsaustausch.
In den jeweiligen Arbeitsgruppen werden spezielle Problembereiche der Verkehrssicherheit,
wie beispielsweise das Lenken von Fahrzeugen unter Alkohol- beziehungsweise
Drogeneinfluss oder die Unfallbeteiligung besonders gefährdeter Verkehrsteilnehmer
(Motorradfahrer, ältere Menschen) diskutiert und nationale Bemühungen zur Verbesserung
der Verkehrssicherheitslage vorgestellt, verglichen und analysiert.
TISPOL ist auch bemüht, dem derzeit sehr aktuellen Phänomen von illegalen
grenzüberschreitenden
Straßenrennen
entgegenzutreten
und
diesen
durch
rasche
Informationsstreuung bestmöglich Einhalt zu gebieten.
55
Im Bereich der Schwerverkehrskontrolle soll durch die Organisation von Technikseminaren
die Möglichkeit geschaffen werden, die nationalen Exekutivorgane für die aufkeimenden
Probleme des internationalen Transportsektors – wie zum Beispiel jenes der Manipulation
am digitalen Tachografen – frühzeitig zu sensibilisieren.
56
8. AKTUELLE THEMEN
8.1 Verkehrsverstöße von ausländischen Lenkern
8.1.1
Einleitung und Problemstellung
Im Zuge der EU-Erweiterungen, dem Wegfall der EU-Binnengrenzen und der steigenden
Mobilität im Laufe der letzten Jahre ist europaweit ein stetiger Anstieg des Transitverkehrs zu
verzeichnen. Als Konsequenz sehen sich die österreichischen Behörden mit einer Vielzahl
an Verkehrsübertretungen durch ausländische Verkehrsteilnehmer konfrontiert. So werden
österreichweit
pro
Jahr
rund
20
%
aller
Verkehrsverstöße
von
ausländischen
Fahrzeuglenkern gesetzt – dies entspricht rund 500.000 Radaranzeigen. Aufgrund des
zunehmenden Einsatzes von automatisierten Verkehrsüberwachungstechniken müssen die
Verwaltungsstrafverfahren
zur
grenzüberschreitenden
Verfolgung
der
festgestellten
Verkehrsverstöße im Rechtshilfeweg geführt werden, da den Behörden im Regelfall als
Anhaltspunkte zur Ausforschung der ausländischen Übertreter lediglich die im Radarfoto
enthaltenen Daten – insbesondere das Fahrzeugkennzeichen – vorliegen. Aus noch zu
erläuternden rechtlichen und faktischen Gründen wird jedoch derzeit der weit überwiegende
Teil dieser Verwaltungsübertretungen nicht geahndet.
Eine ähnliche Ausgangssituation besteht in den meisten europäischen Staaten und
insbesondere jenen mit hohem Transitaufkommen. Signifikante nationale Unterschiede sind
hingegen im Grad der Automatisierung der Verkehrsüberwachung, in der operativen
Herangehensweise zur Verfolgung ausländischer Verkehrsübertreter sowie in institutioneller
Hinsicht, betreffend die Effizienz der nationalen Strafverfolgung, festzustellen. So liegt in
manchen Staaten die Quote der von den eigenen Staatsangehörigen im Falle von
Verkehrsübertretungen tatsächlich bezahlten Strafen bei deutlich unter 30 % (in Österreich
werden deutlich mehr als 90 % der verhängten Strafen auch bezahlt).
Am wirkungsvollsten sind Verwaltungsübertretungen von Fahrzeuglenkern mit im Ausland
zugelassenen Fahrzeugen derzeit mit operativen Maßnahmen zu ahnden. Dabei werden
Verkehrsübertreter von den Organen der Straßenaufsicht unmittelbar vor Ort angehalten und
bestraft, wobei Anhaltekommandos und fallweise auch Behördenvertreter als Schnellrichter
zum Einsatz kommen. Zur Sicherung des Strafverfahrens kann dem Übertreter bei Vorliegen
bestimmter Voraussetzungen (zum Beispiel, wenn der Beschuldigte keine plausible
57
Wohnadresse angibt) der Erlag einer Sicherheitsleistung oder vorläufigen Sicherheit
aufgetragen werden.
Der quantitativ weit überwiegende Teil der Verkehrsübertretungen wird im Wege der
automatisierten
Verkehrsüberwachungstechniken
grenzüberschreitende
Strafverfolgung
der
festgestellt
(„Radaranzeigen“).
automationsunterstützt
Die
festgestellten
Verkehrsübertretungen ist mit einer Reihe rechtlicher und faktischer Problemstellungen
verbunden:
Zunächst
muss
aufgrund
des
ausländischen
Fahrzeugkennzeichens
der
Halter
(Zulassungsbesitzer) im Wege der ausländischen Behörden ausgeforscht werden, um den
Lenker/Verkehrsübertreter ausforschen zu können. Voraussetzung für gezielte Halteranfragen
ist die Kenntnis der ausländischen Behördenzuständigkeiten. (In Österreich sind ausländische
Halteranfragen
grundsätzlich
von
den
Zulassungsbehörden
–
das
sind
die
Bezirksverwaltungsbehörden und Bundespolizeidirektionen – zu beantworten.)
Im
Zuge
der
Lenkererhebung
Rechtsordnungen
–
anderes
werden
als
in
dem
Fahrzeughalter
Österreich
–
mitunter
von
den
sehr
nationalen
weitreichende
Entschlagungsrechte eingeräumt, sodass in vielen Fällen der Lenker nicht ausgeforscht
werden kann. Nur fallweise besteht hier – wie im österreichischen Kraftfahrgesetz vorgesehen
– die Möglichkeit von Sanktionen gegenüber dem Fahrzeughalter.
Um rechtswirksam zu werden, müssen dem ausländischen Empfänger sämtliche
Verfahrensdokumente (hierzu gehört auch schon eine Anonymverfügung) auch in einer
Übersetzung in seiner Landessprache zugestellt werden. Im gesamten Verfahrensverlauf ist
seitens der Verwaltungsstrafbehörde mit einem beträchtlichen Kostenaufwand aufgrund der
notwendigen Übersetzung von Verfahrensdokumenten zu rechnen. Hinzu kommt, dass nur
wenige Rechtsordnungen Zustellregelungen im Sinne des österreichischen Zustellgesetzes
und insbesondere der „Zustellung zu eigenen Handen“ vorsehen, wie sie auch vom
österreichischen
Verwaltungsstrafgesetz
(VStG)
als
Voraussetzung
für
die
Rechtswirksamkeit verlangt wird.
Selbst wenn es im Entscheidungsstaat schließlich gelingt, eine vollstreckbare Entscheidung
gegen eine konkrete Person zu treffen, so ist die tatsächliche Vollstreckung der
Entscheidung
nur
im
Wege
des
Vollstreckungsstaates
möglich,
dem
gemäß
Rahmenbeschluss des Rates, 2005/214/IJ über die Anwendung des Grundsatzes der
58
gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen der Erlös der Vollstreckung
zufällt.
Da das österreichische Verwaltungsstrafgesetz (VStG) die Möglichkeit vorsieht, Erhebungen
abzubrechen, sobald die weitere Verfolgung aussichtslos erscheint oder der für die
Verfolgung erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis steht, und erfahrungsgemäß die
grenzüberschreitende Verfahrensführung bei Verkehrsübertretungen derzeit mit einem sehr
hohen
Aufwand
und
geringen
Erfolgsaussichten
verbunden
ist,
werden
Verwaltungsübertretungen, die von Lenkern ausländischer Fahrzeuge in Österreich
verursacht werden, in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht geahndet. Die für die Effizienz
der Verkehrsüberwachung und die Verkehrssicherheit negativen Konsequenzen sind
unbestritten.
Als Reaktion auf die vielfach problembehaftete Verfahrensführung wird daher auf operativer
Ebene – in Österreich ebenso wie europaweit – von den zuständigen Behörden mitunter
vermehrt mit Anhaltungen und Bestrafung der Verkehrsübertreter vor Ort vorgegangen.
In rechtlicher Hinsicht herrscht international derzeit keine Einigkeit, ob, inwieweit und für
welche Fälle von Verkehrsübertretungen ausreichende völkerrechtliche Rechtsgrundlagen
für die grenzüberschreitende Strafverfolgung vorliegen. Eine Ausnahme stellt für Österreich
die Strafverfolgung deutscher Fahrzeuglenker dar, da mit Deutschland ein praktikables
Verwaltungsabkommen besteht, das auch die Strafverfolgung in Verwaltungsstrafsachen
regelt.
Der Handlungsbedarf betreffend einer einheitlichen Regelung zur EU-weiten Strafverfolgung
von Verkehrsübertretungen wurde zwar schon seit geraumer Zeit auch auf EU-Ebene
erkannt. Eine diesbezügliche Einigung konnte jedoch – trotz verschiedener Anläufe in den
entsprechenden EU-Gremien – bislang nicht erreicht werden. Vorerst besteht nur für den
(relativ beschränkten) Bereich der Strafvollstreckung eine EU-weite Regelung.
Auch im aktuellen österreichischen Regierungsübereinkommen wurde das Anliegen
verankert, „im Interesse der Verkehrssicherheit auf nationaler, bi- und multinationaler sowie
europäischer Ebene alle notwendigen Schritte zu setzen um sowohl in- als auch
ausländische Verkehrssünder gleichermaßen strafen zu können.“
59
8.1.2
Zuständigkeiten
Ausgehend von der gemäß Bundesverfassung und Bundesministeriengesetz bestehenden
Zuständigkeitsverteilung
in
der
österreichischen
Rechtsordnung
fällt
die
(grenzüberschreitende) Verfolgung von Verkehrsübertretungen nach ihrem Ablauf und den
dabei
maßgeblichen
Rechtsvorschriften
in
legistischer
Hinsicht
einerseits
in
die
Ressortzuständigkeit des Verkehrsministeriums (Verkehrspolizei, Straßenverkehrsordnung,
Verkehrsrecht) und andererseits in die Ressortzuständigkeit des Bundeskanzleramtes und
Justizministeriums (Verwaltungsstrafverfahren). Dem Innenministerium kommt hinsichtlich
der Gesetzgebung in diesen Bereichen keine Kompetenz zu.
Die Vollziehung der (grenzüberschreitenden) Strafverfolgung von Verkehrsverstößen liegt in
der Vollzugskompetenz der Bezirksverwaltungsbehörden und Bundespolizeidirektionen.
Dem Bundesministerium für Inneres kommt auf diesem Gebiet aus verfassungsrechtlichen
und einfachgesetzlichen Gründen keine Behördenfunktion zu. Die Bediensteten der
Bundespolizei werden als Organe der Straßenaufsicht im Auftrag der jeweiligen
Verkehrsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde, Bundespolizeidirektion, Landesregierung)
tätig (siehe auch Punkt 2).
8.1.3
Rechtsgrundlagen
Nach österreichischem Rechtsverständnis (so insbesondere auch der Verfassungsdienst im
Bundeskanzleramt) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass bereits derzeit hinreichende
Rechtsgrundlagen für eine EU-weite Strafverfolgung von Verkehrsübertretungen bestehen.
Diese Auffassung wird jedoch international nicht oder nur eingeschränkt geteilt. Konkret sind
nach österreichischer Auffassung insbesondere die folgenden internationalen Verträge
grundsätzlich anwendbar, wobei für jeden Einzelfall vorab noch zu klären ist, inwieweit – im
Hinblick auf die Art der Verkehrsübertretung, der Ratifikation der Rechtsgrundlage durch den
betreffenden Staat sowie das Verhältnis zur jeweiligen nationalen Rechtslage – die
Vorrausetzungen für eine tatsächliche zwischenstaatliche Anwendbarkeit gegeben sind:
•
Wiener
Übereinkommen
über
den
Straßenverkehr
1968
(Wr
Übk)
(Übereinkommen über den Straßenverkehr, BGBl. I Nr. 289/1982)
Gemäß dem Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr, dem die meisten EUStaaten angehören, „sind die Vertragsparteien verpflichtet, jeder darum ersuchenden
Vertragspartei die notwendigen Auskünfte zur Ermittlung der Person zu geben, auf deren
60
Namen ein Kraftfahrzeug oder ein mit einem solchen Fahrzeug verbundener Anhänger in
ihrem Hoheitsgebiet zugelassen ist, wenn aus dem vorgelegten Ersuchen hervorgeht, dass
das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt war oder der Lenker dieses Fahrzeugs eine
schwerwiegende Übertretung der Straßenverkehrsregeln begangen hat und daher schweren
Strafen oder dem Entzug der Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, welche das
Ersuchen vorgelegt hat, unterliegt.“ (Artikel 3 Absatz 6)
Nach österreichischem Rechtsverständnis ist davon auszugehen, dass das Wiener
Übereinkommen eine geeignete Rechtsgrundlage auch für die grenzüberschreitende
Verfolgung
der
–
quantitativ
primär
relevanten
–
Radaranzeigen
wegen
Geschwindigkeitsübertretungen ist.
•
EU-Rechtshilfeübereinkommen 2000 (Übereinkommen – gemäß Artikel 34 des
Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt – über die Rechtshilfe in
Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union; BGBl. III Nr.
65/2005)
Das EU-Rechtshilfeübereinkommen 2000 enthält eine ausdrückliche Bestimmung, wonach
das Übereinkommen auch für die Rechtshilfe im Rahmen des österreichischen
Verwaltungsstrafverfahrens anzuwenden ist. („Rechtshilfe wird auch in Verfahren wegen
Handlungen geleistet, die nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchenden oder des
ersuchten Mitgliedstaats oder beider als Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften durch
Verwaltungsbehörden geahndet werden, gegen deren Entscheidung ein auch in Strafsachen
zuständiges Gericht angerufen werden kann.“ (Artikel 3 Absatz 1).
Von
manchen
EU-Mitgliedstaaten
wird
jedoch
für
das
österreichische
Verwaltungsstrafverfahren – unter Verweis auf die mangelnden Tribunalqualitäten der
österreichischen Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) gemäß der Europäischen
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) – die Möglichkeit
von Rechtshilfe im Sinne des EU-Rechtshilfeübereinkommens als solche in Frage
beziehungsweise Abrede gestellt.
61
•
EU-Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates 2005, umgesetzt in Österreich durch
das
EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz
(EU-VStVG
2008)
(Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die
Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und
Geldbußen)
Der Rahmenbeschluss sieht vor, dass die EU-weite Vollstreckung von rechtskräftig
ergangenen
Entscheidungen
Vollstreckungsstaat
–
und
und
nicht
Verwaltungsstrafen
dem
grundsätzlich
Entscheidungsstaat
–
dem
zufallen
jeweiligen
und
der
Vollstreckungsstaat auch die Strafgeldeinnahmen daraus erhält. Nach seiner Zielsetzung
sind auch Verkehrsstrafen erfasst („Geldstrafen wegen Zuwiderhandlungen gegen die
Verkehrsvorschriften“).
Im Hinblick auf eine effiziente Strafverfolgung ist kritisch anzumerken, dass mit dem EURahmenbeschluss derzeit nur das letzte Glied der Sanktionskette – die Vollstreckung –
geregelt wurde. Es unterblieb jedoch die EU-weite Harmonisierung des zuvor notwendigen
Strafverfahrens.
In Österreich wurde dieser Rahmenbeschluss für den Bereich der Vollstreckung von
Verwaltungsstrafen durch das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz 2008 (EU-VStVG,
BGBl. I Nr. 3/2008) national umgesetzt (EU-VStVG).
•
Österreichisch-deutsches Verwaltungsabkommen 1990 (Vertrag zwischen der
Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe
in Verwaltungssachen, BGBl. I Nr. 526/1990)
Dieses bilaterale Verwaltungsabkommen bietet eine geeignete – auch in der Praxis
funktionierende – Rechtsgrundlage für die wechselseitige Ahndung von Verkehrsdelikten
zwischen Österreich und Deutschland.
•
EU-Richtlinienvorschlag (2008) Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen
Parlamentes und des Rates zur Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung
von Verkehrssicherheitsvorschriften
Auf EU-Ebene wurde – insbesondere in der Ratsarbeitsgruppe „Landverkehr“ – an einem
„Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlamentes und des Rates zur
Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften
62
gearbeitet.“ Der Geltungsbereich sollte die grenzübergreifende Ahndung von vier
Straßenverkehrsdelikten (Geschwindigkeitsübertretungen, Trunkenheit im Straßenverkehr,
Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes und Überfahren eines roten Stopplichtes) umfassen.
Weiters soll die Frage der Lenkerauskunft geregelt, ein elektronisches Netzwerk für die
Auskunftserteilung geschaffen, eine zentrale nationale Behörde eingerichtet und das
Instrument eines EU-weiten Deliktsbescheides geschaffen werden. Gerade der letzte Punkt,
der verfahrensrechtliche Belange berührt, führte zu einer intensiven Diskussion in den
entsprechenden EU-Gremien über die geeignete Rechtsgrundlage zur Erlassung der
Richtlinien (erste oder dritte Säule der EU), die das vorläufige Scheitern der Regelung auf
EU-Ebene mit sich brachte.
Mit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 – und der damit
verbundenen grundlegenden institutionellen Änderung der EU (Abkehr vom „Säulenmodell“
der EU) – ist davon auszugehen, dass auch die oben angesprochenen institutionellen
Probleme nicht mehr bestehen und somit der Weg frei sein sollte, eine EU-weite Regelung
voranzutreiben.
•
EUCARIS-Vertrag
(2000)
und
bilaterale
EUCARIS-Zusatzübereinkommen
(Europäisches Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem - European Car and
Driving Licence Information System)
Mit dem multilateralen EUCARIS-Vertrag wurde das Europäische Fahrzeug- und
Führerscheininformationssystem begründet. Der EUCARIS-Vertrag ermöglicht automatisierte
Abfragen von Führerschein- und Fahrzeugdaten in den Fahrzeug- und Führerscheinregistern
der
Vertragsparteien
nicht
nur
für
kriminalpolizeiliche,
sondern
auch
für
verwaltungspolizeiliche Zwecke.
Für automatisierte Abfragen von Personendaten sind entsprechende bilaterale EUCARISZusatzverträge abzuschließen. Gerade die direkte Abfragemöglichkeit von Halterdaten ohne
aufwendigen
und
vielfach
erfolglosen
Schriftverkehr
brächte
den
österreichischen
Verwaltungsstrafbehörden eine signifikante Arbeitserleichterung bei der Ausforschung
ausländischer Fahrzeughaltern im Falle von „Radaranzeigen“.
Derzeit bereitet das Verkehrsministerium (BMVIT) den österreichischen Beitritt zum
EUCARIS-Vertrag sowie der Abschluss bilateraler EUCARIS-Zusatzverträge vor.
63
8.2 Verkehrsüberwachung und Datenschutz
8.2.1
Rechtskonformität als Qualitätsmerkmal der staatlichen Verkehrsüberwachung
Die zunehmende Automatisierung der Verkehrsüberwachung im Laufe der letzten Jahre
führte dazu, dass heute eine Reihe verkehrspolizeilicher Überwachungstechniken eingesetzt
werden, die als Datenanwendungen im Sinne des österreichischen Datenschutzgesetzes
(DSG 2000) zu qualifizieren sind.
Diese Techniken umfassen die abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung („Section
Control“, siehe Punkt 5.2.1), die punktuelle Geschwindigkeitsmessung („Radar“, siehe Punkt
5.2.2), die Abstandsmessung (siehe Punkt 5.2.5), die Überwachung der Beachtung von
Lichtzeichen („Rotlichtüberwachung“, siehe Punkt 5.2.4), die Überwachung aus Fahrzeugen
(„Zivilstreifen“)
sowie
die
Schwerverkehrskontrolle
(„Sozialvorschriften“:
Lenk-
und
Ruhezeiten; Fahrgeschwindigkeit, siehe Punkt 5.3).
Den Techniken ist gemeinsam, dass es sich um Datenaufzeichnungsgeräte handelt, die der
Feststellung, Dokumentation und Verfolgung von strafbaren Handlungen dienen. Da beim
Einsatz
dieser
Überwachungstechniken
regelmäßig
personenbezogene
Daten
von
Verkehrsteilnehmern verwendet, das heißt verarbeitet (ermittelt, gespeichert) und übermittelt
werden, sind von den zuständigen Stellen (Verkehrsbehörden, Exekutive) entsprechende
datenschutzrechtliche
Maßnahmen
und
Vorkehrungen
zu
treffen,
um
allen
Verkehrsteilnehmern einerseits ein möglichst hohes Maß an Verkehrssicherheit und
andererseits
das
Grundrecht
auf
Datenschutz
zu
garantieren.
Als
wesentliche
Voraussetzung hat der Gesetzgeber konkrete Rechtsgrundlagen in den einschlägigen
Materiengesetzen zu schaffen, um zulässige Grundrechtseingriffe – wie im Falle der
Verkehrsüberwachung durch staatliche Behörden – entsprechend zu determinieren.
64
8.2.2
Grundrecht auf Datenschutz und automationsunterstützte Verkehrsüberwachung
Das Grundrecht auf Datenschutz wird in § 1 DSG wie folgt definiert:
„Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und
Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen
Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht.
Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer
allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den
Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse
des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs
auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen
zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die
aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind.
Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders
schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen
gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der
Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das
Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
[…]“
Da die automationsunterstützte Verkehrsüberwachung durch die Verkehrsbehörden in
Handhabung der ihr obliegenden Verkehrspolizei (definiert in § 94b Absatz 1 lit a StVO)
ablaufbedingt und daher regelmäßig mit Eingriffen in die personenbezogenen Daten von
Verkehrsteilnehmern einhergeht, stellt ihr Einsatz einen staatlichen Eingriff im Sinne des § 1
Absatz 2 DSG dar, der nur auf Grund von Gesetzen, die EMRK-konform sind, zulässig ist.
65
8.2.3
Die 22. StVO-Novelle (2009)
Der Ausbau der technischen Verkehrsüberwachung wurde aus den oben angeführten
Gründen im Laufe der letzten Jahre zunehmend datenschutzrechtlich hinterfragt. In
höchstgerichtlichen
Entscheidungen
(Verfassungsgerichtshoferkenntnisse
zur
Abstandsmessung im Dezember 2008 und zur Section Control im Juni 2007) wurde
wiederholt auf die Notwendigkeit einer expliziten Rechtsgrundlage in den jeweiligen
Materiengesetzen für (staatliche) Grundrechtseingriffe – und konkret im Verkehrsrecht –
hingewiesen.
Diesem datenschutzrechtlichen Erfordernis wurde im Frühjahr 2009 im Rahmen der 22.
StVO-Novelle (BGBl I 2009/16) Rechnung getragen und als gesetzliche Grundlage für die
automationsunterstützten bildgebenden Überwachungstechniken im Abschnitt XIII. der
Straßenverkehrsordnung „besondere Vorschriften für die Verkehrsüberwachung mittels
bildverarbeitender
technischer
Einrichtungen“
mit
den
nachstehenden
anwendungsspezifischen Bestimmungen aufgenommen:
§ 98a StVO
Abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung („Section Control“)
§ 98b StVO
Punktuelle Geschwindigkeitsmessung („Radar““)
§ 98c StVO
Abstandsmessung
§ 98d StVO
Überwachung der Beachtung der Lichtzeichen
(„Rotlichtüberwachung“)
§ 98e StVO
Überwachung aus Fahrzeugen
§ 98f StVO
Verkehrsbeobachtung
Mit der Novelle fanden nun eindeutige und den praktischen Bedürfnissen der technischen
Verkehrsüberwachung Rechnung tragende datenschutzrechtliche Bestimmungen Eingang in
das Verkehrsrecht. Zu erwähnen sind hier einerseits anwendungsspezifische Bestimmungen
über die Aufbewahrung beziehungsweise Löschung der ermittelten personenbezogenen
Daten (darunter auch Daten von unbeteiligten Dritten, also jener Personen, die keine
Übertretung begangen haben, „deren bildgebende Erfassung technisch aber nicht
ausgeschlossen
werden
kann“)
sowie
andererseits
Regelungen
über
die
strikte
Zweckbindung der Datenverwendung.
Weiters wurde im Rahmen der Novelle auch die rechtliche Grundlage geschaffen, im Zuge
der Dokumentation von Verkehrsübertretungen Lichtbilder des Fahrzeuglenkers zur
Identifizierung des Übertreters anzufertigen.
66
8.2.4
•
Aufgabenteilung und datenschutzrechtliche Pflichten in der technischen
Verkehrsüberwachung
Verkehrsbehörden als Auftraggeber – Exekutive als Dienstleister
Der Einsatz der erwähnten Verkehrsüberwachungstechniken erfolgt in Handhabung der
Verkehrspolizei durch die Verkehrsbehörde („Verkehrspolizeibehörde“) beziehungsweise die
Exekutive, wobei die Exekutive als Dienstleister im Sinne des Datenschutzgesetzes (§ 4 Z 5
beziehungsweise §§ 10 und 11 DSG) im Auftrag der jeweiligen Verkehrsbehörde tätig wird.
Die Verkehrsbehörde entscheidet im Rahmen der ihr gesetzlich obliegenden Zuständigkeit
insbesondere, ob, wann und wo die Überwachung erfolgen soll und bedient sich dabei in der
Regel der Organe der Bundespolizei, denen gemäß § 97 Abs. 1 StVO die Mitwirkung an der
Vollziehung der Straßenverkehrsordnung als Organe der Straßenaufsicht zukommt. Da den
Verkehrsbehörden eine ausreichende rechtliche Befugnis beziehungsweise Zuständigkeit im
Sinne des § 7 Abs. 1 DSG für jene Art der Benützung von Daten zukommt, die diese mit
einer Datenanwendung bezwecken, sind sie als datenschutzrechtlicher Auftraggeber im
Sinne des § 4 Z 4 DSG zu qualifizieren.
Die zuständigen Verkehrsbehörden sind auf dem hochrangigen Straßennetz (Autobahn und
Autostraßen) gemäß § 94a StVO die Landesregierungen, auf dem übrigen Straßennetz
(Landesstraßen L und B, Gemeindestraßen) gemäß §§ 94b beziehungsweise 95 StVO die
Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate) beziehungsweise
die Bundespolizeidirektionen. Allenfalls kann auch einer Gemeinde – sofern sie über einen
Gemeindewachkörper verfügt – gemäß § 94c die Handhabung der Verkehrspolizei durch
diesen übertragen werden.
Die Verkehrsbehörden haben als Auftraggeber weitgehende Pflichten, zumal sie gemäß § 6
Absatz 2 DSG die Verantwortung für die Einhaltung der in § 6 Absatz 1 DSG genannten
Grundsätze tragen – und zwar auch dann, wenn sie für die Datenanwendung Dienstleister
heranziehen. Sie sind als Auftraggeber allein für die gesetzeskonforme Verwendung aller
Daten verantwortlich.
•
Meldung der Datenanwendung und datenschutzrechtliche Pflichten
Jeder Auftraggeber hat grundsätzlich vor Aufnahme einer Datenanwendung eine Meldung an
die Datenschutzkommission (DSK) mit dem in § 19 DSG festgelegten Inhalt zum Zweck der
Registrierung im Datenverarbeitungsregister (DVR) zu erstatten. Dabei ist nicht für jeden
67
Standort eine eigene Meldung abzugeben, sondern lediglich für die einzelne von der
Verkehrsbehörde eingesetzte Überwachungstechnik.
8.2.5
Wie
Die Rolle des Verkehrsdienstes im Innenministerium
bereits
unter
Pkt
2
dargestellt,
ist
das
Innenministerium
gemäß
dem
Bundesministeriengesetz (BMG) für die „Beschaffung und Erhaltung von Einrichtungen zur
Überwachung des Straßenverkehrs im Rahmen der Mitwirkung der Organe der
Bundespolizei in Angelegenheiten der Straßenpolizei“ zuständig (Anlage zu § 2, Teil 2 Lit F,
Zi 1 BMG). Neben der Beschaffung trägt das Innenministerium auch für den effektiven,
reibungslosen
und
rechtskonformen
Einsatz
der
verschiedenen
Verkehrüberwachungssysteme Sorge.
Aufgrund dieses Umstandes und da praktisch die gesamte Verkehrsüberwachung – von der
Datenermittlung, über die Auswertung bis hin zur Anzeige (Datenübermittlung) an die
zuständige Strafbehörde – durch Exekutivbedienstete als Organe der Straßenaufsicht
durchgeführt wird, kommt dem Verkehrsdienst im Innenministerium (insbesondere im Wege
des inneren Dienstes) die Rolle einer Schnittstelle in der technischen und (datenschutz-)
rechtskonformen Abwicklung der Verkehrsüberwachung und in der zwischenbehördlichen
Zusammenarbeit zwischen dem Verkehrsministerium, den Verkehrsbehörden der Länder,
den
Bundespolizeidirektionen,
und
den
Landespolizeikommanden/Landesverkehrsabteilungen zu. Dies trifft auch insbesondere auf
den
Bereich
des
angewandten
Datenschutzes
(Vorbereitung
der
Meldung
der
Datenanwendungen, Entwurf von Datensicherheitsvorschriften) zu, wo seitens des
Verkehrsdienstes im Innenministerium im Bemühen um einen rechtskonformen Vollzug
wesentliche Impulse für die entsprechende datenschutzrechtliche Absicherung der
angewandten Verkehrsüberwachungstechniken und insbesondere der Umsetzung der
datenschutzrechtlichen Erfordernisse der 22. StVO-Novelle erfolgen.
68
8.3 Drogen im Straßenverkehr
8.3.1
Allgemeines und Rechtslage
Neben der Beeinträchtigung durch Alkohol stellt § 5 StVO 1960 auch jegliche
Beeinträchtigung durch Suchtgift beim Lenken eines Fahrzeuges unter Strafe. Darüber
hinaus
können
auch
im
Falle
einer
festgestellten
Suchtgiftbeeinträchtigung
Zwangsmaßnahmen nach § 5b StVO 1960 gesetzt oder die im Führerscheingesetz (FSG)
als Konsequenz einer solchen festgestellten Beeinträchtigung vorgesehenen Maßnahmen,
bis hin zum Entzug der Lenkberechtigung, angeordnet werden.
Während die Beeinträchtigung durch Alkohol auf Grund festgelegter Höchstgrenzen (0,8
Promille gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 beziehungsweise 0,5 Promille gemäß § 14 Abs. 8
FSG) eindeutig definiert und durch den Einsatz technischer Hilfsmittel (Alkovortestgeräte,
Alkomaten) im praktischen Vollzug leicht feststellbar ist, erfordert das Erkennen einer
Beeinträchtigung durch Suchtgift (auf Grund der verschiedenen Wirkungsweisen und
Erscheinungsformen
sowie
das
Fehlen
definierter
Grenzwerte)
entsprechende
Aufmerksamkeit und umfangreiches Fachwissen der Kontrollorgane.
Vorreiter in der systematischen Detektion drogenbeeinträchtigter Fahrzeuglenker durch die
Polizei waren die USA. Dort wurde das so genannte „DRE-Programm“ (Drug Recognition
Examination Programm) entwickelt, nach dem Exekutivbedienstete, so genannte „Drug
Recognation Examiners“, speziell geschult und Kontrollen nach standardisierten Richtlinien
durchgeführt wurden.
Aber auch innerhalb der EU ist die Bekämpfung suchtgiftbeeinträchtigter Fahrzeuglenker ein
wichtiges Anliegen, wobei die jeweiligen nationalen Gesetzeslagen und die taktischen
Herangehensweisen der Exekutive durchaus unterschiedlich sind. Allerdings ließen sich im
Rahmen einer vom Innenministerium durchgeführten Studie folgende Gemeinsamkeiten
feststellen:
•
Bei einer festgestellten Beeinträchtigung durch Suchtgift ist in allen Mitgliedstaaten
Strafbarkeit gegeben.
•
Grundsätzlich bedarf es einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung einer
Beeinträchtigung des Lenkers.
•
In einzelnen Ländern gilt das „Zero-Tolerance Prinzip“ (die Strafbarkeit knüpft hier an
den Nachweis einer verbotenen Substanz im Körper und nicht an einer festgestellten
69
Beeinträchtigung des Lenkers).
Dies ist in Deutschland, Belgien, Finnland,
Frankreich, Polen und Schweden der Fall.
•
Drogenschnell-Erkennungsgeräte
(Speichel,
Urin)
gelangen
in
einigen
Mitgliedstaaten zum Einsatz.
•
Die Beobachtung des Verhaltens eines Lenkers bei der Kontrolle durch die Exekutive
stellt in allen EU-Mitgliedstaaten einen wesentlichen Bestandteil bei der Erkennung
von durch Suchtgiftbeeinträchtigten Fahrzeuglenkern dar.
Die Praxis in der Detektion suchtgiftbeeinträchtigter Fahrzeuglenker hat gezeigt, dass die
fundierten Feststellungen der Exekutivorgane an Ort und Stelle der Verkehrskontrolle eine
wesentliche Stütze für die anschließende Untersuchung durch den Arzt sind. So wurde
aufbauend auf internationalen Erkenntniss vom Chefarzt des Innenministeriums das so
genannte „Drogen-Check-Formular (DCF)“ entwickelt. Dieses ist von den Exekutivorganen
auf Grund ihrer Wahrnehmungen während der Kontrolle auszufüllen und wird anlässlich der
Vorführung des Probanden dem untersuchenden Arzt vorgelegt. Dabei handelt es sich um
ein standardisiertes Protokoll, das klinisch einfach zu erhebende psychische, neurologische
und internistische Befunde integriert und so zur Verbesserung der verkehrsmedizinischen
Untersuchung durch den Arzt beiträgt.
Die besonders geschulten Straßenaufsichtsorgane sind in der Lage, durch entsprechende
Beobachtung des Lenkers und aus dessen Verhalten auf eine mögliche Beeinträchtigung
durch Suchtgift zu schließen. Dabei wird auf bestimmte Symptome geachtet, die den
Verdacht einer Beeinträchtigung durch Drogen hervorrufen, wie zum Beispiel erweiterte
Pupillen, starkes Mitteilungsbedürfnis, momentane Stimmungsschwankungen und so weiter.
Daneben gilt es zu berücksichtigen, dass verschiedene Substanzen auch verschiedene
physische oder psychische Reaktionen herbeiführen können.
Eine mit der Einführung des DCF einhergehende ausgedehnte Schulungsoffensive der
Bundespolizei in den Jahren 2002 und 2003 ließ die Kontrollzahlen und damit verbunden
auch die Anzahl der festgestellten Übertretungen ansteigen.
70
Anzeigen - Drogen im Straßenverkehr
1500
1261
1200
1139
1024
913
949
940
2008
2009
909
900
649
600
551
481
300
0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Abbildung 38: Anzeigen Drogen im Straßenverkehr; Quelle: Bundesministerium für Inneres
Auf Grund der geltenden Rechtslage ist für die rechtsgültige Feststellung einer
Beeinträchtigung durch Drogen ausschließlich die ärztliche Untersuchung maßgeblich (vgl. §
5 Abs. 9 iVm Abs. 5 StVO 1960). Solche Untersuchungen werden gemäß § 5 Abs. 5 StVO
1960 von den Ärzten im öffentlichen Sanitätsdienst, den Ärzten einer Bundespolizeibehörde,
den diensthabenden Ärzten in öffentlichen Krankenanstalten sowie den besonders
ausgebildeten Ärzten (Ärztepoolverordnung-ÄpV; Verordnung des BMVIT über die
Ermächtigung von Ärzten zur Durchführung von Untersuchungen gem § 5 StVO)
durchgeführt.
Wird von einem Arzt eine Beeinträchtigung durch Suchtgifteinnahme festgestellt, so ist
gemäß § 5 Abs. 10 StVO 1960 auch eine Blutabnahme zwingend vorgesehen
(Verfassungsbestimmung).
8.3.2
Speichelvortestgeräte
Eine weitere Möglichkeit, den Nachweis eines Suchtgiftes im Körper zu erbringen, besteht im
Einsatz toxikologisch-analytischer Vortestmethoden. Dabei werden Körperflüssigkeiten, wie
Speichel, Harn, oder Schweiß herangezogen und auf verbotene Substanzen untersucht.
Allerdings gilt hier zu bedenken, dass der Nachweis einer entsprechenden Substanz im
Körper des Probanden keinerlei Rückschlüsse auf eine tatsächliche Beeinträchtigung zulässt
71
und die endgültige Feststellung einer Beeinträchtigung – wie oben ausgeführt – nur dem Arzt
zukommt. Im Gegensatz zur „Zero-Tolerance-Regelung“ einiger europäischer Staaten ist der
bloße Nachweis eines Suchtgiftes ohne gleichzeitig festgestellter Beeinträchtigung
entsprechend der österreichischen (Verkehrs-)Rechtslage nicht strafbar.
Die StVO sieht seit der 21. StVO-Novelle (2005) im § 9a StVO 1960 den Einsatz von
Speichelvortestgeräten beziehungsweise -streifen durch die Organe des amtsärztlichen
Dienstes und der Straßenaufsicht vor. Teststellungen und wissenschaftliche Studien auch
auf internationalem Sektor zeigen, dass der Einsatz derzeit am Markt befindlicher
Speichelvortestgeräte,
bezogen
auf
die
österreichische
Rechtslage,
insofern
als
problematisch einzustufen ist, weil ein falsch-negatives Testergebnis eines mit relativ hoher
Fehlerwahrscheinlichkeit arbeitenden Vortestgerätes bedingt, dass eine Vorführung zur
weiteren amtsärztlichen Untersuchung unterbleiben muss, auch wenn der Beamte
Vermutungen einer Beeinträchtigung des Lenkers hat.
8.4 Strafgeldwidmung
Die von den Verwaltungsstrafbehörden (d.s. die Bezirkshauptmannschaften bzw.
Bundespolizeidirektionen) eingehobenen Strafgelder fließen grundsätzlich dem Land für
Zwecke der Sozialhilfe bzw. dem Bund zu, sofern ein Bundesgesetz im örtlichen
Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion vollzogen wurde (§ 15 Verwaltungsstrafgesetz
- Strafgeldwidmung). Von diesem allgemeinen Grundsatz kann gesetzlich abgewichen
werden.
So werden etwa bei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung, die von der Polizei
wahrgenommen und bestraft bzw. angezeigt werden (z.B.
Geschwindigkeitsüberschreitungen, Trunkenheit, Missachtung von Lichtzeichen uvam) die
Strafgelder grundsätzlich zwischen dem Straßenerhalter (auf Autobahnen der Bund, auf
Gemeindestraßen die jeweilige Gemeinde, auf Landesstraßen das Land) und dem BM.I im
Verhältnis 80 : 20 geteilt. Der Straßenerhalter hat die Strafgelder für Zwecke der
Verkehrssicherheit zu verwenden; das BM.I zur Abdeckung des exekutivdienstlichen
Aufwandes (Personal- Sachaufwand, wie zB Fahrzeuge und Verkehrsüberwachungsgeräte).
Im Laufe der letzen Jahre sind die Anzeigen im Verkehrsüberwachungsbereich generell stark
angestiegen. Betroffen davon ist nicht nur der Bereich der Geschwindigkeitsüberwachung,
sondern vor allem auch die Überwachung des Schwerverkehrs. Gerade in diesem
letztgenannten Bereich bestehen in den einzelnen Materiengesetzen (wie etwa dem
Kraftfahrgesetz, Gefahrgutbeförderungsgesetz oder im Güterbeförderungsgesetz) keine
72
Strafgeldwidmungen. Da die Kontrolltätigkeit der Exekutive aus Einsatzgründen vorwiegend
auf den Transitrouten entfaltet wird und etwa die auf den Autobahnen errichteten
Verkehrskontrollplätze sich allesamt im Wirkungsbereich von Bezirkshauptmannschaften
befinden, fließen in Vollzug dieser Materien die Strafgeldeinnahmen den Ländern für Zwecke
der Sozialhilfe zu und erhält der Bund keinen Anteil aus diesen Strafgeldern.
Die ebenfalls durch die Bundespolizei zu kontrollierenden Vorschriften etwa nach dem
Kraftfahrgesetz, Güterbeförderungsgesetz, Abfallwirtschaftsgesetz, Führerscheingesetz und
dem Immissionsschutzgesetz-Luft beinhalten keine der StVO vergleichbaren
Strafgeldwidmungen zur Abdeckung des exekutivdienstlichen Aufwandes. Die Strafgelder
fließen in diesen Fällen jener Gebietskörperschaft (in den überwiegenden Fällen das Land)
zu, deren Behörde das Verfahren führt.
Bisherige Initiativen aus dem Bereich des Innenministeriums zur Schaffung einer
aufgabenorientierten Teilung der Strafgelder im Kraftfahrrecht für die Bereiche von
Verkehrskontrollplätzen, scheiterten am Widerstand einzelner Länder.
Im Regierungsprogramm für die XXIV Gesetzgebungsperiode hat sich die österreichische
Bundesregierung zum Ziel gesetzt:
„Hinsichtlich des Aufteilungsschlüssels von Strafgeldern nach § 100 StVO i.V.m. § 15 VStG
sowie der Strafgeldwidmung im KFG werden Gespräche mit den Gebietskörperschaften mit
dem Ziel geführt, den tatsächlichen Verwaltungsaufwand in der Verteilung zu
berücksichtigen.“
8.4.1
•
Aufstellung derzeitiger Regelungen der Strafgeldwidmung in für den Bereich der
Verkehrsüberwachung maßgeblichen Rechtsvorschriften
Straßenverkehrsordnung: Strafgelder fließen grundsätzlich dem Straßenerhalter zu,
ausgenommen: Bei Verwaltungsübertretungen die von den Organen der
Bundespolizei wahrgenommen werden (ausgenommen jenen
Verwaltungsübertretungen auf Gemeindestraßen in Gemeinden mit weniger als
10.000 Einwohnern), fließen 20 % dem BMI zur Abdeckung des Personal.- und
Sachaufwandes und für die Beschaffung und Erhaltung von Einrichtungen zur
Verkehrsüberwachung zu (§ 100 Abs 10 StVO)
73
•
Führerscheingesetz: Strafgelder erhält jene Gebietskörperschaft (Bund bzw. das
Land), deren Behörde das Strafverfahren in I. Instanz führt, wobei die Strafgelder für
Zwecke der Vollziehung des FSG zu verwenden sind (§ 37 Abs 8 FSG);
•
Tiertransportgesetz: Strafgelder fließen dem Land für Zwecke der Vollziehung des
TTG und für die Ausbildung der Betreuer von Tiertransporten zu. Wurde eine
Übertretung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgestellt, erhält
das BM.I 20% (§ 22 TTG)
•
Abfallwirtschaftsgesetz: Strafgelder fließen jener Gebietskörperschaft (Bund bzw. das
Land) zu, die den Aufwand für das Strafverfahren hat (§ 80 Abs 6 AWG).
•
Güterbeförderungsgesetz: 30 % fließen jener Gebietskörperschaft (Bund bzw. das
Land) zu, die das Verfahren in I. Instanz führt; 70 % erhält der Österreichische
Verkehrssicherheitsfonds (§ 23 Abs 6 GBG)
•
Immissionsschutzgesetz-Luft: Strafgelder gehen an die Gebietskörperschaft (Bund
bzw. das Land), die den Aufwand für das Strafverfahren trägt (§ 30 Absatz 6 IG-L).
•
Bundesstraßenmautgesetz: Strafgelder aus Mautprellerei und Missachtung der
Anhaltung (§§ 20 und 21) gehen zu 80% an die ASFINAG, 20 % erhält das Land für
Zwecke der Sozialhilfe (§ 15 VStG). Werden solche Übertretungen von Organen der
Bundespolizei wahrgenommen, erhält 60 % die ASFINAG, 20 % das BMI, 20% das
Land für Zwecke der Sozialhilfe (§ 15 VStG). Bei Übertretungen der
fahrleistungsabhängigen Maut gem. § 20 Abs 2, erhält 20 % jene
Gebietskörperschaft, deren Behörde die Geldstrafe verhängte.
•
In allen übrigen Fällen fallen Strafgelder gem. § 15 VStG den Ländern für Zwecke der
Sozialhilfe (bestehen Sozialhilfeverbände, dann diesen) bzw. dem Bund zu, falls ein
Bundesgesetz von einer Bundespolizeidirektion vollzogen wurde.
74
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Entwicklung des Unfallgeschehens 1961 bis 2009; Quelle: Statistik Austria .................. 14
Abbildung 2: Verkehrstote; Quelle: Statistik Austria.............................................................................. 14
Abbildung 3: Verkehrsunfälle, Verletzte und Getötete der letzten 10 Jahre; Quelle: Statistik Austria.. 15
Abbildung 4: Unfälle 2006 bis 2009 - Bundesländer; Quelle: Statistik Austria...................................... 15
Abbildung 5: Getötete - Bundesländer; Quelle: Statistik Austria........................................................... 16
Abbildung 6: Alkoholunfälle der letzten 10 Jahre; Quelle: Statistik Austria........................................... 17
Abbildung 7: Getötete bei Alkoholunfällen 2000 bis 2009; Quelle: Statistik Austria ............................. 17
Abbildung 8: Verletzte und getötete Kinder (0 bis 14Jahre) 2000 bis 2009; Quelle: Statistik Austria .. 18
Abbildung 9: Verunglückte Kinder 2009; Quelle: Statistik Austria ........................................................ 18
Abbildung 10: Im Pkw verunglückte Kinder - gesichert bzw. ungesichert nach Verletzungsgrad; Quelle:
Statistik Austria .............................................................................................................. 19
Abbildung 11: Verunglückte 15 bis 24-Jährige nach Art der Beteiligung; ............................................. 19
Abbildung 12: Verletzte 2009 nach Altersklassen; Quelle: Statistik Austria ......................................... 20
Abbildung 13: Getötete 2009 nach Altersklassen; Quelle: Statistik Austria.......................................... 20
Abbildung 14: Verunglückte 2009 nach Altersklassen; Quelle: Statistik Austria................................... 21
Abbildung 15: Getötete 2006 bis 2009 nach Art der Beteiligung; Quelle: Statistik Austria................... 22
Abbildung 16: Verunglückte 15- und 16-jährige Mopedlenker 2005-2009; Quelle: Statistik Austria .... 23
Abbildung 17: Verunglückte Pkw-Insassinnen und Pkw-Insassen 2009 mit bzw ohne Gurt; Quelle:
Statistik Austria .............................................................................................................. 25
Abbildung 18: Unfälle mit schweren Lkw, Verletzte und Getötete 2006-2009; ..................................... 26
Abbildung 19: Radargeräte einst und jetzt; Quelle: BM.I ...................................................................... 28
Abbildung 20: Alkotest einst und jetzt; Quelle: BM.I ............................................................................. 29
Abbildung 21: Alkomat; Quelle: BM.I..................................................................................................... 30
Abbildung 22: Alkovortestgerät; Quelle: BM.I........................................................................................ 30
Abbildung 23: Organisatorische Gliederung des Verkehrsdienstes der BP;......................................... 32
Abbildung 24: Gliederung einer LVA (außer Wien); Quelle: OGO LPK ................................................ 34
Abbildung 25: Funktionsweise einer Section-Control-Anlage: Quelle: BM.I ......................................... 38
Abbildung 26: Radarkabine; Quelle: BM.I ............................................................................................. 39
Abbildung 27: Kameraeinheit bei Fronteinbau; Quelle: BM.I ................................................................ 39
Abbildung 28: Abstandmesssystem; Quelle: BM.I ................................................................................ 40
Abbildung 29: Uniformierung des Motorradienstes; Quelle: BM.I ......................................................... 42
Abbildung 30: MR-Lenker bei der Bewältigung eines Hindernispacours; Quelle: BM.I ........................ 43
Abbildung 31: ProVida-Anlage; Quelle: BM.I ........................................................................................ 44
Abbildung 32: Übersicht über die vom BM.I durchgeführten Schulungen; Quelle: Eigene Darstellung 46
Abbildung 33: Neues Bürofahrzeug (Lieferung 2005); Quelle: LPK NÖ ............................................... 47
Abbildung 34: Transitstrecken/Straßenkorridore; Quelle: Österreichisches Institut für Raumplanung. 48
Abbildung 35: Stark befahrene Straßenabschnitte: Quelle: ASFINAG ................................................. 48
Abbildung 36: Stundentafel des Standardprogrammes; Quelle: Eigene Darstellung ........................... 50
Abbildung 37: Stundentafel zur freiwilligen Radfahrprüfung; Quelle: Eigene Darstellung .................... 51
Abbildung 38: Anzeigen Drogen im Straßenverkehr; Quelle: BM.I ....................................................... 71
75