Politik des Welthandels (II)

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Politik des Welthandels (II)
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Politik des Welthandels (II)
Multilaterale Außenwirtschaftspolitik 1
Georg Koopmann
Universität Hamburg
Wintersemester 2009/10
Vorlesung
Außenwirtschaftspolitik
Modul 5
19. November 2009
Theorie und Praxis der WTO
1
2
3
4
ÖKONOMISCHE RATIONALITÄT MULTILATERALER
AUßENWIRTSCHAFTSPOLITIK: LÖSUNG EINES
GEFANGENENDILEMMAS
4
INSTITUTIONALISIERUNG MULTILATERALER
AUßENWIRTSCHAFTSPOLITIK IN DER WTO
22
POLITISCHE ÖKONOMIE MULTILATERALER
LIBERALISIERUNG UND REGELSETZUNG
38
POLITISCHE ÖKONOMIE DER DURCHSETZUNG
MULTILATERALER REGELN AM BEISPIEL DER
STREITSCHLICHTUNG
50
ANHANG 1: STAND DER DOHA-RUNDE
58
ANHANG 2: STREITSCHLICHTUNG
72
LITERATUR
76
1
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Die Doha-Runde in der WTO
• Spiegelbild multilateraler Handelspolitik
• Start (November 2001) in Doha (Katar)
• Cancún (September 2003), Revision („JuliPaket“ 2004), Hongkong (Dezember 2005),
Suspendierung (Juni 2006)
• Neustart (Februar 2007) und erneute Krise
(Juli 2008)
• Problem der „Quadratur eines doppelten
Dreiecks“: Themen und Spieler
• Themen: Agrarsubventionen;
Agrarimportzölle; Marktzugang bei
Industriegütern und Dienstleistungen
• Spieler: EU, USA, G-20
• „Zeitfenster“: 2010/11 (post US-Wahlen)
Die Doha-Runde (2001 -) ist das Spiegelbild multilateraler Handelspolitik bzw. der
„real existierenden“ Welthandelsorganisation (World Trade Organisation/WTO):
•
Verschärfte Interessengegensätze aufgrund neuer Knappheit bei Agrarprodukten
und chinesischer „Exportoffensive“ bei Industriegütern, die bei Marktöffnung
verstärkt auch andere Schwellenländer treffen könnte.
•
Drei Hauptspieler: Europäische Union, Vereinigte Staaten von Amerika und G20
(Gruppe von 20 plus „aufstrebenden“/“emerging“
Volkswirtschaften/Entwicklungsländern; nicht zu verwechseln mit der neuen G20
der führenden Wirtschaftsnationen).
•
Drei Hauptthemen der Marktzugangsagenda (zu unterscheiden von der „Regel“Agenda) mit unterschiedlichen Konstellationen zwischen
“demandeurs“/Antragstellern und Adressaten:
1. Agrarsubventionen (Export- und Inlandssubventionen): EU und G20 versus
USA.
2. Agrarimportzölle: USA und G20 versus EU.
3. Marktzugang im Industrie- und Dienstleistungssektor (Abbau von Zöllen
und Regulierungen): EU und USA versus G20.
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Zum aktuellen Stand der Verhandlungen in der Doha-Runde s. auch Anhang 1.
Multilaterale Außenwirtschaftspolitik:
Übersicht
1. Ökonomische Rationalität multilateraler
Außenwirtschaftspolitik: Lösung eines
Gefangenendilemmas
2. Institutionalisierung multilateraler
Außenwirtschaftspolitik in der WTO
3. Politische Ökonomie multilateraler
Liberalisierung und Regelsetzung
4. Politische Ökonomie der Durchsetzung
multilateraler Regeln am Beispiel der
Streitschlichtung
5. WTO-Vorgaben für die nationale/regionale
Handelspolitik
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Ökonomische Rationalität multilateraler Außenwirtschaftspolitik:
Lösung eines Gefangenendilemmas
Kurzbeschreibung
Die ökonomische Rationalität multilateraler Außenwirtschaftspolitik ergibt sich aus
dem Gefangenendilemma. Das Gefangenendilemma in der Handelspolitik durch
Anbahnung von Kooperation zwischen Staaten zu überwinden, ist die zentrale Aufgabe
der WTO. Die WTO ist der Exponent multilateraler Außenwirtschaftspolitik.
Standardökonomische Erklärung des handelspolitischen Gefangenendilemmas bzw.
des nichtkooperativen Gleichgewichts basierend auf dem Optimalzollargument.
Politökonomische Erklärung des handelspolitischen
Gefangenendilemmas/nichtkooperativen Gleichgewichts basierend auf dem Modell des
Politischen Marktes für Protektion.
Krugman&Obstfeld (2009) behandeln das Gefangenendilemma in Kap. 9.4.1., das
Optimalzollargument in 9.2.1 und den Politischen Markt für Protektion im Rahmen von
9.3.
Die ökonomische Analyse multilateraler Außenwirtschaftspolitik setzt bei der Frage an,
worin eigentlich der Zweck – die Rationalität – eines multilateralen Handelsabkommens
besteht. M.a.W.: Es wird ein Problem gesucht, das bestünde, wenn es ein solches
Handelsabkommen nicht gäbe, und das durch handelspolitische Kooperation gelöst
werden könnte. Dieses Problem wird durch das Gefangenendilemma treffend
abgebildet. Eine mögliche Lösung des Problems ist die handelspolitische Kooperation
in der WTO (Bagwell/Staiger 2002).
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Ökonomische Rationalität der WTO
• Ökonomische Theorie
- Starker Anreiz für unilaterale Marktöffnung
- Paul Krugman: “If economists ruled the world,
there would be no need for a
World Trade Organization”.
• Empirische Evidenz: Protektion und Kosten der
Protektion
• Politische Ökonomie
- Verbreiteter Protektionismus
- Notwendigkeit handelspolitischer Kooperation
• Fazit: Die WTO ist ein Produkt des Widerspruchs
zwischen ökonomischer und politischer Logik.
Ökonomische Theorie
Starker Anreiz für Länder, die Märkte einseitig zu öffnen bzw. offenzuhalten.
Fragwürdigkeit des Protektionismus:
Joan Robinson, eine der herausragenden Ökonomen des 20. Jahrhunderts und
seinerzeit Mitglied der Cambridge School, karikiert den Protektionismus mit
folgendem Bild: „If your trading partner throws rocks into his harbour, that is no
reason to throw rocks into your own.“
Ähnlich argumentiert Frédéric Bastiat, ein französischer Nationalökonom des 19.
Jahrhunderts: Zölle gegen Zölle zu setzen, sei genau so sinnlos, wie die eigenen
Häfen deshalb zu versperren, weil andere Länder Felsenküsten haben.
Die Methode Bastiats war “reductio ad absurdum”. Ein Beispiel dafür ist die Petition
Bastiats im französischen Parlament zugunsten der Kerzenmacher und mit ihnen
verbundener Branchen: Da deren härtester und unendlich überlegener Konkurrent die
Sonne sei, die zu einem unglaublich niedrigen Preis/zum Nulltarif den Inlandsmarkt
überflutete, forderte Bastiat ein Gesetz, das es zur Auflage machte, alle Rollos zu
schließen, um das Sonnenlicht auszublenden und die heimische Kerzenindustrie in
Schwung zu bringen.
Diverse Differenzierungen und Relativierungen (kleines Land/großes Land; Industrie/Entwicklungsland; infant industry; strategische Handelspolitik etc.) stellen den
wohlfahrtsökonomischen Grundsatz, dass unilateraler Freihandel die beste Lösung ist,
nicht fundamental in Frage.
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Folglich wären auch internationale Institutionen, die Marktöffnung auf Gegenseitigkeit
ermöglichen sollen, nicht notwendig.
Zitat Paul Krugman:
“If economists ruled the world, there would be no need for a World Trade
Organization” (Krugman 1997, p. 113).
Empirische Evidenz
However, history has shown that, contrary to what economic theory would predict, it is
not free trade, but rather protectionism, that prevailed in trade politics.
A famous exception was Great Britain in the 19th century. The unilateral lifting of
agricultural tariffs in Great Britain in 1846 (introduced in 1815 as a counter-action
against Napoleon’s continental blockage) led to a significant expansion of trade in
relation to GDP (gross domestic product) and consequently to large income increases
in the country.
Even today, the international exchange of goods and services is still far away from the
theoretically ideal state of free trade, which is most obvious in the present global
financial and economic crisis.1
Krugman und Obstfeld (2009, S. 289) bemerken in diesem Zusammenhang, dass “die
Stadt Hongkong, die rechtlich zu China gehört, aber eine unabhängige
Wirtschaftspolitik betreibt, … vielleicht die einzige moderne Volkswirtschaft ohne
Zölle oder Importquoten (ist)“.
Governments interfere with free trade in various ways, in order to protect domestic
firms against foreign competitors on domestic markets (e.g. by imposing tariffs or
quotas on imports) or to support them on foreign markets (through the granting of
export subsidies, for instance) or to restrain domestic supply on international markets
(such as through raising export taxes).
1 Ample evidence on this is provided at http://www.globaltradealert.org.
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Derartige Maßnahmen sind gesamtwirtschaftlich mit erheblichen Kosten verbunden,
wie aus den folgenden Folien beispielhaft zu ersehen ist.
Geschätzte Kosten der Protektion
(in Prozent des Nationaleinkommens)
Brasilien (1966)
9,5
Türkei (1987)
5,4
Philippinen (1978)
5,4
USA (1983)
0,26
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
Auswirkungen des Protektionismus in den USA
(in Milliarden Dollar)
Auswirkungsbereich
Beklei Textilien
dung
Alle
Wirtschaftszweige
Konsumentenkosten
21,16
3,27
32,32
Produzentengewinn
9,90
1,75
15,78
Zolleinnahmen
3,55
0,63
5,86
Quotenrente
5,41
0,71
7,12
Produktions- und
Konsumverzerrungen
2,30
0,18
3,55
Wohlfahrtsverlust
insgesamt
7,71
0,89
10,42
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
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Politische Ökonomie
Doppelter Ansatz:
1. Erklärung von Phänomenen die der ökonomischen Logik widersprechen.
Ein solches Phänomen ist der Protektionismus, der in den internationalen
Handelsbeziehungen weit verbreitet ist.
Beispiel für modernen/aktuellen Protektionismus: Antidumpingmaßnahmen der
Europäischen Union und der Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber China.
2. Erklärung der Funktionsweise von Institutionen zur Überwindung solcher
Phänomene.
Institutionalisierung internationaler Kooperation in der Handelspolitik.
Reaktion auf exzessiven Handels- und Währungsprotektionismus (spiralenförmige
handelspolitische Aufrüstung und Abwertungswettlauf der Währungen) in der Folge
des Börsenkrachs von 1929 und des US-Handelsgesetzes (Smoot-Hawley Tariff
Act) von 1930.
Erkenntnis, dass Kooperation zwischen Staaten sich ohne internationale
Institutionen nur schwer organisieren und aufrechterhalten lässt (Narlikar 2005, p.
3).
Eine solche internationale Institution ist die WTO.
Fazit
Das multilaterale Handelssystem – und damit die WTO – ist ein Produkt des
Widerspruchs zwischen ökonomischer und politischer Logik. Die Hauptrolle der WTO
besteht darin, diesen Widerspruch zu überwinden, indem die Staaten zur Kooperation
veranlasst und dadurch in die Lage versetzt werden, sich aus einem handelspolitischen
Gefangenendilemma zu befreien.
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Das Gefangenendilemma in der Handelspolitik
Nicht gestehen
Gestehen
Optionen
Gefangener A
Grundschema des Gefangenendilemmas
Optionen
Gefangener B
Nicht gestehen
2, 2
Gestehen
4, 1
1 = Straffreiheit
2 = milde Strafe
3 = mittlere Strafe
1, 4
3 ,3
4 = harte Strafe
Strafmaß für Gefangenen A vor dem Komma
Strafmaß für Gefangenen B hinter dem Komma
Im Grundmodell des Gefangenendilemmas wird gezeigt, dass die beiden Gefangenen,
weil sie sich untereinander nicht absprechen können, am Ende ihr gemeinsam
begangenes Verbrechen gestehen, obwohl es für beide besser gewesen wäre, nicht zu
gestehen. Es kommt zu einem nicht-kooperativen Gleichgewicht, bei dem die
Beteiligten ein suboptimales Ergebnis erzielen:
Zwei Strafgefangene haben gemeinsam ein schweres Verbrechen begangen. Die Polizei
verfügt über genügend Beweise für ein Vergehen zweiten Grades, das zu einer milden
Strafe führen würde, aber nicht für ein Vergehen ersten Grades, das mit einer harten
Strafe verbunden wäre. Um der Strafe zu entgehen, können die Gefangenen sich als
Kronzeugen zur Verfügung stellen. Das Ausmaß der Strafe hängt dann davon ab, wie
sich der jeweils andere Gefangene verhält: Wenn z.B. der Gefangene A nicht gesteht
und der Gefangene B sich als Kronzeuge anbietet, geht B straffrei aus, während A die
Höchststrafe erhält. Wenn beide gestehen, werden beide bestraft. Das Strafmaß liegt in
diesem Fall zwar unterhalb der Höchststrafe, aber es liegt höher als in dem Fall, in dem
keiner gesteht und damit höher als die milde Strafe. Die beste Lösung für beide
Gefangene ist also, nicht zu gestehen. Zu dieser Lösung kommt es aber nicht, weil die
beiden Gefangenen sich untereinander nicht absprechen können. Beide werden deshalb
ein Geständnis ablegen und die mittlere Strafe erhalten. Dieses nichtkooperative
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Ergebnis wird nach seinem Entdecker John Nash, Nobelpreisträger in Ökonomie und
Mathematiker der Princeton University, auch Nash equilibrium genannt.
Das Gefangenendilemma lässt sich auf die Handelspolitik übertragen. In der folgenden
Folie sind die Strafmaße durch Wohlfahrtsmaße und die beiden Gefangenen durch zwei
Länder (A und B) ersetzt. Die Wohlfahrt für das Land A ist in jedem einzelnen Feld
unten links, die Wohlfahrt für das Land B oben rechts angegeben. Wir betrachten
zunächst ein einstufiges (Prozess-) Spiel, bei dem keine internationale Kooperation
stattfindet bzw. keine internationalen Institutionen wie die WTO existieren.
Das Gefangenendilemma in der Handelspolitik
Marktöffnung Land B
Nein
Ja
10
10
Nein
Marktöffnung Land A
Ja
12
3
3
12
5
5
Zahlen links unten in jedem Feld: Wohlfahrtsmaß für Land A
Zahlen rechts oben in jedem Feld: Wohlfahrtsmaß für Land B
Vor die Wahl gestellt, die Märkte offen zu halten (oder zu öffnen) oder
Handelsschranken zu errichten (oder beizubehalten), werden beide Länder sich dafür
entscheiden, Handelschranken zu errichten. Dabei glaubt jedes einzelne Land, das beste
Ergebnis erzielen zu können, wenn es selbst Handelsschranken errichtet und das andere
Land seine Märkte offen hält. In der Logik des Gefangenendilemmas führt dies dazu,
dass beide Länder ihre Märkte geschlossen halten, obgleich es für beide Länder besser –
und für die (in diesem Modell aus zwei Ländern bestehende) Welt insgesamt am besten
– wäre, die Märkte zu öffnen. Ohne Kooperation ist für beide Länder
Marktabschließung die dominante Strategie.
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Erklärung des Gefangenendilemmas
Erklärung des Gefangenendilemmas
• Wohlfahrtsökonomischer Erklärungsansatz:
- Modell des benevolenten Staates, der durch
Optimalzölle eine Verbesserung der Terms-ofTrade anstrebt.
- Wohlfahrtseinbußen durch simultane
Optimalzollstrategien.
• Politökonomischer Erklärungsansatz:
- Modell des interessegeleiteten Staates, der
an Stelle ökonomischer politische Kosten
und Nutzen von Maßnahmen abwägt.
- Politische Einbußen durch simultane
Protektionsstrategien.
Zwei Erklärungsansätze für das nichtkooperative Gleichgewicht: Wohlfahrtsökonomie
und Politische Ökonomie
1. Im wohlfahrtsökonomischen Modell versuchen die Länder unabhängig
voneinander, durch handelspolitische Interventionen ihre Terms-of-Trade (das
Verhältnis von Export- zu Importpreisen) zu verbessern. Dabei liegt die Vorstellung
von einem homogenen, benevolenten Staat zugrunde, der unbeeinflusst von
spezifischen Interessen die Wohlfahrt seiner Bürger zu maximieren sucht. Das
klassische Optimalzollargument (s. unten stehende Folien) besagt in diesem
Zusammenhang, dass ein (großes) Land durch Zollpolitik (Erhebung von
Importzöllen) den Weltmarktpreis beeinflussen und dadurch bessere Terms-ofTrade erzielen kann. Infolgedessen würde die nationale Wohlfahrt steigen und die
Wohlfahrt der Handelspartner sinken. In der Terminologie des
Gefangenendilemmas/der Spieltheorie wäre der Optimalzoll für jeden einzelnen
Staat die dominante handelspolitische Strategie. Aus der Parallelität bzw. dem
Gegeneinander der dominanten Strategien folgt aber, dass die Länder nicht nur
Wohlfahrtsgewinne erzielen, sondern auch Wohlfahrtsverluste erleiden und am
Ende insgesamt schlechter dastehen als bei handelspolitischer Abstinenz bzw. in
einer Konstellation ohne handelspolitische Interventionen: Die Kombination dieser
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dominanten handelspolitischen Strategien ist wohlfahrtsökonomisch dabei jeder
anderen handelspolitischen Kombination eindeutig unterlegen.
Preiswirkung eines Zolls
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
Wohlfahrtseffekte eines Zolls
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
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Das Terms-of-Trade-Argument für
einen Zoll
– Ein großes Land, das die
Auslandexportpreise zu beeinflussen
vermag, kann mit Hilfe eines Zolls die
Importpreise senken und seine Terms
of Trade verbessern.
• Dieser Nutzen muss gegen die Kosten
des Zolls abgewogen werden, die sich
aus dem Anreiz zur Produktions- und
Konsumverzerrung ergeben.
– In manchen Fällen kann der Termsof-Trade-Gewinn eines Zolls dessen
Kosten aufwiegen.
• Für ein großes Land ist Freihandel daher
nicht unbedingt die beste Politik.
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
Der Optimalzoll
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
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Optimalzoll
• Der Zoll, der die nationale Wohlfahrt
optimiert
• Der Optimalzoll nimmt für ein großes Land
stets einen positiven Wert an, liegt aber
unterhalb des Prohibitivzolls, der jegliche
Importe verhindern würde.
• Für ein kleines Land liegt er bei Null, weil
dieses seine Terms of Trade nicht
beeinflussen kann.
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
2. Im politökonomischen Modell versuchen die Regierungen der Länder unabhängig
voneinander, in der Handelspolitik ihren politischen Nutzen zu maximieren. Der
politökonomische Ansatz stellt die Annahme des traditionellen ökonomischen
Ansatzes in Frage, dass Regierungen allein die allgemeine (nationale) Wohlfahrt im
Auge haben, und geht stattdessen davon aus, dass verteilungspolitische
Überlegungen bzw. spezifische Interessen bei der Wahl handelspolitischer
Instrumente eine wesentliche Rolle spielen und damit auch das Regierungshandeln
interessengeleitet ist. Das politische Kosten-Nutzen-Kalkül dominiert in diesem Fall
das ökonomische Kosten-Nutzen-Kalkül. Handelspolitik wird auf einem politischen
Markt im Sinne der Theorie des Kollektivhandelns definiert. Als dominante, den
politischen Nutzen maximierende handelspolitische Strategie ergeben sich dabei
häufig protektionistische Maßnahmen, die einer kleinen Minderheit beträchtliche
Vorteile auf Kosten der großen Mehrheit verschaffen (und zugleich die allgemeine
Wohlfahrt beeinträchtigen). Analog zum wohlfahrtsökonomischen Modell führt aber
die Parallelität dieser dominanten Strategien zwischen den Regierungen dazu, dass
nicht nur politische Gewinne erzielt, sondern auch politische Verluste eingefahren
werden (insbesondere von Seiten der Exportindustrie, die von den ausländischen
Protektionsmaßnahmen negativ betroffen ist), so dass letztlich die Regierungen sich
auch politisch (ebenso wie gesamtwirtschaftlich) mit Protektionismus schlechter
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stellen als ohne Protektionismus: Die Kombination dieser dominanten
handelspolitischen Strategien ist damit auch politökonomisch (ebenso wie
wohlfahrtsökonomisch) jeder anderen handelspolitischen Kombination eindeutig
unterlegen.
Erläuterungen zum politökonomischen Ansatz
Außer Märkten für Waren und Dienstleistungen gibt es auch Märkte für politische
Aktivitäten (politische Märkte), wie z.B. einen Markt für handelspolitische Protektion.
Auf einem solchen Markt wird Schutz vor ausländischer Konkurrenz gehandelt, d.h.
angeboten und nachgefragt. Dies wird in der folgenden Folie modellhaft dargestellt.
Der nationale Markt für Protektion
Einzelwirtschaftliche
Interessen
Interessenkoordination
Nachfrageseite
Handelspolitische
Maßnahmen
Interessen der
Politiker
Institutioneller
Rahmen
Angebotsseite
Quelle: Rodrik (1995); Smeets (2002); eigene Darstellung.
Das Modell besteht im wesentlichen aus vier Komponenten, von denen zwei die
Nachfrageseite und zwei weitere die Angebotsseite des Marktes für Protektion
repräsentieren:
Nachfrageseite 1
Einzelwirtschaftliche Interessen bzw. individuelle Präferenzen für restriktive
handelspolitische Maßnahmen: Die Intensität dieser Interessen ist von den erwarteten
Wirkungen protektionistischer Maßnahmen auf das individuelle Einkommen abhängig.
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Nachfrageseite 2
Interessenkoordination bzw. Aggregation und „Kanalisierung“ der individuellen
Präferenzen im Rahmen von Interessengruppen oder politischen Parteien:
Von solchen Organisationen geht dann in verschiedener Form (z.B. durch
Lobbytätigkeit, Wahlkampfspenden oder Anträge im Parlament) politische Nachfrage
nach Protektion aus.
Angebotsseite 1
Interessen/Präferenzen der Politiker:
Streben sie nach Wiederwahl, wollen sie nahestehende Gruppen begünstigen oder die
nationale (vielleicht sogar die internationale) Wohlfahrt fördern?
Angebotsseite 2
Institutioneller Rahmen, in dem die Interessen der Politiker artikuliert werden:
„Bündelung“ der Politikerinteressen, z.B. in Parteien, Fraktionen, Ausschüssen oder in
Regierungsgremien. Wer entscheidet unter welchen Einschränkungen?
Entscheidungsbefugnisse auf nationaler Ebene (z.B. Rollen-/Kompetenzverteilung
zwischen Parlament und Regierung).
Einschränkung des nationalen Entscheidungsspielraums durch internationale
Verpflichtungen/Bindungen, z.B. auf supranationaler Ebene (wie in der EU) oder auf
multilateraler Ebene (wie in der WTO).
Anbieter auf dem Markt für Protektion sind z.B. Politiker, die wiedergewählt werden
wollen; Nachfrager sind z.B. Unternehmen (organisiert in einschlägigen Verbänden),
die im Wettbewerb gegen Importe stehen (importkonkurrierende
Unternehmen/Industrien). Diese Unternehmen würden von der Protektion profitieren.
Andere Unternehmen, z.B. Importeure von Vor- und Zwischenprodukten, würden
dagegen benachteiligt, ebenso wie Verbraucher, die nunmehr höhere Preise für
importierte Endprodukte bezahlen müssen. Die Entscheidung der Politiker wird durch
ein Kosten-/Nutzen-Kalkül bestimmt, bei dem politische (an Stelle ökonomischer)
Kosten- und Nutzen-Überlegungen ausschlaggebend sind. Die Frage, mit der sich
Politiker konfrontiert sehen, bzw. die Abwägung, die Politiker in diesem
Zusammenhang treffen müssen, lautet in solchen Fällen: Was wiegt schwerer, die
politische Unterstützung durch die Nutznießer einer protektionistischen Maßnahme oder
die politische Gegnerschaft derjenigen Gruppen, die durch eine solche Maßnahme
geschädigt würden?
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Über den Erfolg protektionistischer Bestrebungen entscheidet letztlich die Schlagkraft
der Interessengruppen, die Protektion nachfragen und das Ausmaß der „Asymmetrie der
Betroffenheit“ durch Protektion.
Dies lässt sich anhand der von Mancur Olson entwickelten Theorie des
Kollektivhandelns zeigen (Olson 1965).
Theorie des Kollektivhandelns
• Interessenpolitische Aktivitäten sind ein
beschränktes öffentliches Gut
- Nichtrivalität
- Nichtausschließbarkeit
• Erfolgsbedingungen:
- Größe der Gruppe
- organisatorischer Zusammenhalt
• Dominanz des politischen Kalküls über das
ökonomische Kalkül:
- Politisch übersteigt der Nutzen von
Protektionismus häufig die Kosten.
- Ökonomisch ist es in der Regel umgekehrt.
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Kollektiventscheidungen
– Dieser Ansatz wertet die politische Aktivität
als ein öffentliches Gut.
• Die Einführung eines Zolls beispielsweise
schützt alle Unternehmen einer Branche, doch
die Kosten für die vorangegangene LobbyArbeit wurden von nur wenigen Unternehmen
getragen.
– Eine Handelspolitik, die hohe
Gesamtverluste verursacht, stößt bisweilen
nicht auf Opposition, wenn diese Verluste
auf zahlreiche Einzelunternehmen oder
Konsumenten aufgeteilt sind.
• Branchen, die gut organisiert sind (oder aus
wenigen Unternehmen bestehen) können
protektionistische Maßnahmen durchsetzen.
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
Der Theorie des Kollektivhandelns zufolge sind politische Aktivitäten, wie z.B. die
Suche nach Schutz vor ausländischer Konkurrenz, ein öffentliches Gut/Kollektivgut.
Dies gilt für die jeweilige Gruppe, die politisch tätig wird. Es handelt sich in diesem
Fall deshalb um ein beschränktes öffentliches Gut mit den bekannten Eigenschaften
der Nicht-Rivalität und Nicht-Ausschließbarkeit:
•
Nicht-Rivalität („non-rivalry“) im Konsum: Ein Gut wird als “nichtrivalisierend”
angesehen, wenn seine Nutzung durch eine Person nicht seine Nutzung durch eine
andere Person beeinträchtigt. Das Standardbeispiel ist der öffentliche Park, der von
vielen genutzt werden kann, ohne dass der Nutzen für jeden einzelnen dadurch
gemindert wird. Um eine möglichst große Nutzung zu gewährleisten, sollte das Gut
daher kollektiv bereit gestellt werden.
•
Nicht-Ausschließbarkeit („non-excludability“) bei der Nutzung: Es entstehen
positive externe Effekte (d.h. Nutzen für Dritte, für den der Urheber keinen Preis
erzielen kann); Trittbrettfahren („free-riding“) wird möglich. Beispiele sind die
Landesverteidigung, der Umweltschutz und Investitionen in neues technisches
Wissen. Jede dieser Bestrebungen führt zu Ergebnissen, die zumindest teilweise
nicht ausschließbar bzw. nicht „privatisierbar“ sind. Private Märkte würden folglich
solche Produkte entweder gar nicht oder nur in einem Umfang hervorbringen, der
den Ansprüchen der Bürger nicht genügt bzw. hinter der potentiellen Nachfrage
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zurückbleibt. Insoweit wäre es Aufgabe der Regierung, solches Marktversagen zu
korrigieren bzw. entsprechende Märkte erst zu generieren.
Politische Aktivitäten einer Gruppe haben insofern Kollektivgut-Charakter, als sie nicht
nur den Aktivisten, sondern auch allen übrigen Mitgliedern der Gruppe nützen. Wir
haben es daher hier, wie schon erwähnt, mit einem auf eine bestimmte Gruppe
beschränkten Kollektivgut zu tun. Dabei hängt es von der Größe der Gruppe und von
ihrem organisatorischen Zusammenhalt ab, inwieweit politische Aktivität stattfindet
bzw. wie erfolgreich sie ist:
•
Je kleiner die Gruppe ist, desto größer ist der Nutzen einer politisch durchgesetzten
Maßnahme für jedes einzelne Gruppenmitglied, also der Nutzen pro Kopf.
•
Je besser die Gruppe organisiert ist, um so eher lässt sich politische Aktivität
mobilisieren.
Auf diese Weise wird erklärbar, warum häufig politische Maßnahmen ergriffen werden,
die einer kleinen Minderheit beträchtliche Vorteile auf Kosten der großen Mehrheit
bzw. der Gesamtheit und des Gemeinwohls verschaffen. Beim Protektionismus ist dies
meistens der Fall: Den Nutzen ziehen relativ wenige Produzenten, die gegen Importe
konkurrieren, während die „große Masse“ der Konsumenten, Anwender, Nutzer,
Verarbeiter usw., die vom Import profitieren würden, die Kosten trägt.
Die Maßnahmen kommen zu Stande, weil das politische Kalkül das ökonomische
Kalkül dominiert und politisch der Nutzen des Protektionismus seine Kosten übersteigt.
Ökonomisch gesehen ist es in der Regel umgekehrt: Die Kosten protektionistischer
Maßnahmen überwiegen ihren Nutzen.
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Die Modellierung des politischen Prozesses
Interessengruppen „kaufen“ die Politik, indem sie
ihre finanzielle Unterstützung nach der
erwarteten Regierungspolitik bemessen.
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
Wer wird geschützt?
– In den Industrieländern konzentriert sich der
Protektionismus häufig auf zwei Branchen:
• Landwirtschaft
– Die Landwirte sind gut organisiert, und in den USA
z.B. begünstigt die politische Struktur ihre
Einflussnahme.
• Bekleidung
– Sowohl die Textil- als auch die
Bekleidungsbranche ist stark geschützt. Dieser
Sektor beschäftigt gering qualifizierte
Arbeitnehmer und weist einen hohen
gewerkschaftlichen Organisationsgrad auf.
– Künftig wird die Protektion beider Sektoren (infolge
internationaler Handelsgespräche) sehr
wahrscheinlich abnehmen.
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
Vor diesem Hintergrund kann die WTO als der institutionalisierte Versuch interpretiert
werden, die in ihr organisierten Staaten durch Kooperation aus dem handelspolitischen
Gefangenendilemma herauszuführen. Bevor dies – in den Kapiteln 3 und 4 – im
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Einzelnen untersucht wird, wird im folgenden Kapitel zunächst die Entstehung der
WTO, ihre Struktur und ihre Funktionsweise dargestellt.
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Institutionalisierung multilateraler Außenwirtschaftspolitik in der
WTO
Kurzbeschreibung
Der Weg vom GATT zur WTO: Kurzer historischer Abriss und Strukturvergleich der
beiden Institutionen/Organisationen. Dabei wird deutlich, dass die WTO einen
„Quantensprung“ gegenüber dem GATT darstellt.
Institutioneller Aufbau der WTO und Entscheidungsmechanismus.
Charakterisierung und Spezifizierung der Grund- und Komplementärfunktionen der
WTO:
•
Liberalisierung des internationalen Handels und Regelsetzung für die
nationale/regionale Handelspolitik: Grundfunktionen.
•
Streitschlichtung zwischen Handelspartnern und Überwachung der
Handelspolitik in den Partnerländern: Komplementärfunktionen.
Krugman&Obstfeld (2009) gehen hauptsächlich im Rahmen von Kap. 9.4 auf diese
Themen ein.
In der WTO ist multilaterale Handelspolitik „institutionalisiert“.
Institutionen sind formelle und informelle Regeln und Normen. Sie definieren Rechte
und Pflichten, durch die soziales Verhalten vorhersehbar wird (Schmidt 1995: 428).
North (1990) unterscheidet zwischen Institutionen und Organisationen. Danach sind
Institutionen die „Spielregeln“ einer Gesellschaft (bzw. die Regeln, z.B. niedergelegt in
Verträgen, die das Verhalten wirtschaftlicher Akteure leiten), während Organisationen
formale Strukturen darstellen, die im Rahmen der von den Institutionen der Gesellschaft
vorgegebenen Spielregeln bestimmte Zielsetzungen verfolgen.
Die WTO ist beides: Eine Organisation mit formalen Strukturen und ein „Bündel“
formeller und informeller Institutionen, welche die Handelspolitik der Staaten
vorhersehbar/berechenbar machen sollen und es erlauben, nicht-regelkonformes,
opportunistisches Verhalten einzelner Staaten zu sanktionieren bzw. von derartigem
Verhalten betroffene Staaten zu autorisieren, Sanktionen zu verhängen.
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Die WTO im Institutionengefüge der
Weltwirtschaft
• Welthandelsorganisation (WTO)
- Freiheit für Internationalen Handel und
Internationale Investitionen
- Mitarbeiter: ca. 600
• Internationaler Währungsfonds (IWF)
- Zahlungsbilanzausgleich und Währungsstabilität
- Mitarbeiter: ca. 3000
• Weltbank
- Wirtschaftliche Entwicklung; Strukturanpassung
- Mitarbeiter: ca. 10000
Die WTO (World Trade Organisation) wurde zum 1. Januar 1995 gegründet. Sie ist
einer der drei Hauptpfeiler des Weltwirtschaftssystems. Die beiden anderen
Hauptpfeiler sind die zwei zentralen Internationalen Finanzinstitutionen (IFIs):
1.
IWF (Internationaler Währungsfonds).
2.
Weltbank bzw. Weltbankgruppe, bestehend aus International Bank for
Reconstruction and Development (IBRD), International Development
Association (IDA), International Finance Corporation (IFC), Multilateral
Investment Guarantee Agency (MIGA) und International Center fort the
Settlement of Investment Disputes (ICSID).1
Das Mandat der drei Weltwirtschaftsorganisationen lässt sich kurz wie folgt umreißen:
•
WTO: Freiheit für Handel und Investitionen.
•
IWF: Zahlungsbilanzausgleich und Währungsstabilität.
•
Weltbank: Wirtschaftliche Entwicklung und Strukturanpassung.
1 Die Hauptaktivitäten der Weltbankgruppe sind: (1) Kreditvergabe an „normale“ Entwicklungsländer zu
Marktkonditionen (IBRD); (2) Kreditvergabe an die ärmsten Entwicklungsländer zu
Vorzugskonditionen (IDA); (3) Beteiligung an Investitionen des Privatsektors in Entwicklungsländern
(IFC); (4) Risikoabsicherung für ausländische Direktinvestitionen (MIGA); (5) Streitbeilegung
zwischen Regierungen und Privatinvestoren (ICSID).
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Das gemeinsame Leitbild dieser Institutionen ist die außenwirtschaftliche Offenheit der
Volkswirtschaften.
Vom GATT zur WTO
Entwicklungsstufen des Multilateralen
Handelssystems
• GATT 1947: Fragment der Havanna-Charta für
eine Internationale Handelsorganisation (ITO)
• Altes Bretton-Woods-System (Kleine Lösung):
IWF, Weltbank, GATT 1947 (vorläufig)
• GATT 1994: Teil der neuen
Welthandelsorganisation (WTO)
• Neues Bretton-Woods-System (Große
Lösung):
IWF, Weltbank, WTO
Die WTO ist aus dem GATT entstanden, dem Allgemeinen Zoll- und
Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade), das ein Fragment der
nach dem Zweiten Weltkrieg geplanten International Trade Organisation (ITO) war, die
in ihren Grundzügen der WTO ähnelte, aber seinerzeit nicht realisiert wurde.
Als erste internationale Wirtschaftsorganisationen waren nach dem Zweiten Weltkrieg
der IWF und die Weltbank gegründet worden. Die beiden Internationalen
Finanzinstitutionen werden auch Bretton-Woods-Organisationen genannt, nach dem Ort
im US-Staat New Hampshire, wo im Juli 1944 die internationale Konferenz stattfand,
auf der sie konzipiert und auf den Weg gebracht wurden. Der IWF sollte hauptsächlich
als internationale „Feuerwehr“ bei Zahlungsbilanzkrisen, die Weltbank als Kreditgeber
für Wiederaufbau und Entwicklung fungieren.1 Für die Regelung des internationalen
Handels war eine eigene Institution vorgesehen. Der Rechtsrahmen für die International
Trade Organisation war die Havanna-Charta, die im März 1947 auf der UNO1 Das erste Weltbankdarlehen (250 Mill. US-$) wurde 1947 an Frankreich zur Finanzierung des
Wiederaufbaus nach dem Krieg vergeben.
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Konferenz für Handel und Beschäftigung von 54 Staaten unterzeichnet wurde. Die
Havanna-Charta enthielt ein Kapitel über Handelspolitik (Chapter IV: Commercial
Policy) und darüber hinaus Regelungen für eine Reihe weiterer Politikbereiche wie z.B.
Beschäftigungs-, Entwicklungs-, Rohstoff- und Wettbewerbspolitik. Außerdem wurden
die Struktur und Funktionsweise der International Trade Organisation geregelt:
Organigramm, Mitgliedschaft, Beschlussverfahren, Vertragsdurchsetzung,
Streitschlichtung.
Initiator der Havanna-Charta waren die USA, genauer: der „erste Arm“ der USRegierung - die Exekutive/Administration - und innerhalb der Exekutive das
Außenministerium (State Department). Demgegenüber war der zweite Arm der
Regierung - die Legislative/der Kongress - aus unterschiedlichen und z.T.
gegensätzlichen Motiven mehrheitlich (in einer Art „unheiligen Allianz“) gegen das
Vorhaben eingestellt. Für die einen war es mit zu viel wirtschaftspolitischem Dirigismus
verbunden, für die anderen bedeutete es eine unzulässige Einmischung in innere
Angelegenheiten.1 Für die „Perfektionisten“ war es ein Dokument voller
Ausnahmetatbestände, für die „Protektionisten“ ein Dokument der Kapitulation vor
Billigeinfuhren (Narlikar 2005, S. 14). Unter diesen Umständen – angesichts der zu
erwartenden Niederlage - legte der damalige amerikanische Präsident – Harry S.
Truman – dem Kongress die Havanna-Charta erst gar nicht zur Abstimmung vor. Die
USA waren somit zugleich spiritus rector und Totengräber der Internationalen
Handelsorganisation. Aus diesem Grunde kam die große Lösung – eine Architektur der
Weltwirtschaft mit den drei „Pfeilern“ IWF, Weltbank und ITO – seinerzeit nicht
zustande. Von der Havanna-Charta blieb nur das Kapitel Handelspolitik übrig. Es wurde
von 18 Ländern zusammen mit einer Reihe bereits vorher zwischen diesen (und
weiteren) Ländern ausgehandelter gegenseitiger Zollsenkungsverpflichtungen zum
1.1.1948 als Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs
and Trade/GATT) provisorisch (auf der Grundlage eines „Protokolls der vorläufigen
Anwendung“) in Kraft gesetzt.2 Realisiert wurde daher nur die kleine Lösung,
bestehend aus den beiden Internationalen Finanzinstitutionen und dem GATT. Diese
Konstruktion wird auch als das alte Bretton-Woods-System bezeichnet.
1 „Weil die ITO den Protektionisten zu liberal und den Liberalen zu protektionistisch war, lehnte eine
Mehrheit der Abgeordneten den Vertrag aus gegensätzlichen Argumenten ab“ (Senti 2000, S. 19).
2 Da es sich beim GATT “nur” um einen internationalen Vertrag, nicht aber um eine internationale
Organisation handelte, war in diesem Fall in den USA eine Zustimmung durch den Kongress nicht
erforderlich.
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Das Provisorium GATT - in den Worten von Claus-Dieter Ehlermann, ehemals Richter
am Europäischen Gerichtshof und Mitglied der Revisionsinstanz (Appellate Body) der
WTO, ein „völkerrechtliches Gespenst“ - hat nahezu 50 Jahre lang, von 1948 bis 1994,
den internationalen Handel „regiert“ und dabei auch ein institutionell-organisatorisches
Eigenleben entwickelt: Aus dem Vertrag erwuchs eine „Institution mit
organisationsidentischen Eigenschaften“ (Senti 1986, S. 39). Das GATT entwickelte
zugleich eine hohe Anziehungskraft auf Außenstehende und damit insbesondere auf
Entwicklungsländer1: Die Mitgliederzahl stieg von 18 auf 100 „Vertragsparteien“
(Contracting Parties). Am 1. Januar 1995 ging das GATT 1947 als GATT 1994 in der
WTO auf. Damit wurde am Ende die große Lösung doch noch realisiert und der Kreis
geschlossen. Das neue Bretton-Woods-System war etabliert, in dem die WTO
gleichberechtigt neben dem IWF und der Weltbankgruppe steht (Jackson 1995, S. 20).
GATT und WTO im Vergleich
• 100 Vertragsparteien • 153 Mitglieder (2009)
1995: 76
(1994); 1948: 18
• Internationale
• Internationaler
Organisation
Vertrag
• Multi-Fokus: Waren/
• Uni-Fokus:
Dienste, Handel/
Warenhandel
Faktorwanderungen
“negative“
“negative“ und “positive“
Regulierung
Regulierung
• Single undertaking
• À la carte-Ansatz
Die WTO unterscheidet sich vom GATT hauptsächlich in vier Punkten:
•
Universalität
Der WTO gehören gegenwärtig (November 2009) 153 Länder bzw. Zollgebiete an,
verglichen mit zuletzt 100 GATT-Vertragsparteien.2 Zum Gründungszeitpunkt am
1 Hierzu schreibt Narlikar (2005, S. 21): „Developing countries, despite their frequent complaints about
the exclusionary GATT system, were falling over each other to accede to the organization“.
2 Im Fall der Europäischen Union sind sowohl die Gemeinschaft selbst (bzw. die „Europäischen
Gemeinschaften“) als auch ihre Mitgliedstaaten Mitglied der WTO. Insoweit besteht ein gewisses Maß
an Doppelzählung bei der Mitgliederzahl.
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1.1.1995 waren es nur 76 Mitglieder.1 Das jüngste WTO-Mitglied ist Tonga (seit
27. Juli 2007). Die WTO hat somit eine außerordentlich hohe Anziehungs- und
Expansionskraft bewiesen. Weitere 32 Länder (einschl. der Vatikanstadt) haben
Beobachter-Status bei der WTO. Die Mehrzahl dieser Staaten steht in
Verhandlungen mit dem Ziel eines Beitritts zur WTO. Zu den Beitrittskandidaten
gehört an prominenter Stelle Russland. Nur wenige Länder stehen noch ganz
außerhalb der WTO, wie z.B. Nordkorea und Syrien. Die WTO kann daher in
hohem Maße Universalität beanspruchen. zumal ihre 153 Mitglieder mehr als 95
Prozent des gesamten Welthandels mit Gütern und Dienstleistungen repräsentieren.
Dieser belief sich im Jahre 2008 auf 19,5 Billionen $.2
Die folgende Folie zeigt die Veränderungen in der Mitgliedschaft der WTO
zwischen Industriestaaten einerseits sowie Entwicklungs- und
Transformationsländern andererseits seit 1948. Es wird deutlich, dass der
Mitgliederzuwachs von den Entwicklungs- und Transformationsländern bestimmt
wird, die 1948 knapp 45 Prozent der GATT-Vertragsparteien repräsentierten und
heute mehr als drei Viertel (77 Prozent) der WTO-Mitglieder stellen (und zugleich
eine sehr heterogene Ländergruppe bilden).
1 Folglich sind nicht alle der zuletzt 100 GATT-Vertragsparteien sogleich auch WTO-Mitglied geworden.
Dies hat in erster Linie rechtstechnische Ursachen in Verbindung mit der Ratifizierung des WTOAbkommens.
2 Der weltweite Warenexport betrug 2008 15,7 Billionen $, der Dienstleistungsexport 3,8 Billionen $.
Dies entspricht jeweils mehr als 95% der gesamten Weltexporte. Quelle: WTO International Trade
Statistics 2009.
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Composition of WTO Membership, 1948-2009*
118
104
16
19
18
18
1948
1955
1960
59
61
66
20
22
22
22
22
22
23
23
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Industrialised Countries
Source: WTO.
•
28
76
54
45
8
10
117
35
2009
Developing and Transformation Countries
* Until 1994 signatory states of the General Agreement on Tariffs and Trade (GATT)
Rechtsstatus und institutionelle Gestaltung
Während das GATT 1947 ein internationaler Vertrag war, für den in den USA allein
die Exekutive (im Rahmen einer generellen Ermächtigung durch die Legislative)
zuständig war, ist die WTO eine internationale Organisation mit eigener
Rechtspersönlichkeit (und damit ein Völkerrechtssubjekt). Die Etablierung der
WTO war in den USA nur mit ausdrücklicher Zustimmung (Ratifizierung) durch
den Kongress möglich.
In institutioneller Hinsicht ist die WTO eine „Charta-Institution“, während das
GATT 1947 eine „Vertrags-Institution“ war. Die Charta für eine WTO – in
Analogie zur Havanna-Charta für eine ITO - ist das „Abkommen zur Errichtung der
Welthandelsorganisation“ (WTO-Abkommen). Darin ist die institutionelle und
prozedurale Struktur niedergelegt, die eine effektive Anwendung der
substantiellen/materiellen Regeln/Vorschriften für die Handelspolitik ermöglichen
soll.
Institutionelle Defizite des GATT 1947:
- Gewährung von „grandfather rights“ im Protokoll der vorläufigen Anwendung des
GATT und damit Vorrang der bestehenden nationalen Gesetzgebung vor GATTBestimmungen.
- Entscheidungsfindung in „Klub“-Räumen/“Green Rooms“ „auf Einladung“ und
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damit Ausschluss insbesondere von Entwicklungsländern („Marginalisierung“).
- In den Verhandlungen vorherrschender Principal-Supplier-Grundsatz, demzufolge
die Hauptanbieter und Hauptnachfrager von Produkten in
Liberalisierungsverhandlungen eintraten, mit dem Ergebnis, dass tendenziell vor
allem Produkte aus Entwicklungsländern weitgehend von der Liberalisierung
ausgeklammert blieben.
- Schwacher Streitschlichtungsmechanismus, insbesondere auf Grund der
„positiven“ Konsensregel (s. weiter unten, Gliederungspunkt 4).
•
Thematischer Fokus
Das GATT 1947 war auf die Regelung und Liberalisierung des internationalen
Warenhandels fokussiert und im Rahmen der Liberalisierung des Warenhandels auf
den Abbau von Zöllen und mengenmäßigen Handelsbeschränkungen, d.h. von
Handelsschranken, die „an der Grenze“ errichtet sind („border barriers“). Dies wird
auch als „negative Liberalisierung“ oder „negative Regulierung“ bezeichnet, da es
hauptsächlich darum gehe, den Regierungen zu sagen, was sie nicht tun sollen
(nämlich Handelsschranken zu errichten bzw. wieder zu errichten). Die WTO erfasst
dagegen außer dem Warensektor auch den Dienstleistungssektor und bezieht außer
Handelsströmen auch Faktorwanderungen (Direktinvestitionen, Arbeitsmigration,
Wissenstransfer) mit ein. Darüber hinaus enthält die WTO verstärkt Elemente
„positiver Regulierung“, indem sie auch in binnenwirtschaftliche Politikbereiche
„hineinregiert“.1 Dabei wird davon ausgegangen, dass die Binnenwirtschaftspolitik
sich in der Form von Handelsschranken „hinter der Grenze“ („behind-the-border
barriers“) nachhaltig auf den internationalen Handel auswirken kann. Die WTO
verlangt von den nationalen Regierungen z.B. Disziplin bei der Subventionsvergabe,
bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oder beim Schutz geistiger Eigentumsrechte.
In diesen Fällen wird den Regierungen daher eher gesagt, was sie tun sollen
(„positive Regulierung“). In diesem Zusammenhang ist auch von der „neuen“ bzw.
„tiefen“ handelspolitischen Agenda die Rede, die auch weitere
binnenwirtschaftliche Politikbereiche wie z.B. Wettbewerbspolitik und Regelungen
für ausländische Investitionen sowie Umwelt- und Sozialstandards umfasst (Young
and Peterson 2007, S. 2).
Unter dem GATT 1947 waren auch im Warensektor ganze Wirtschaftsbereiche
1 Die WTO geht insoweit über das im Westfälischen Frieden von 1648 niedergelegte Prinzip der
Nichteinmischung in innere Angelegenheiten der Staaten hinaus. Dieses völkerrechtliche Prinzip
besagt, dass internationale Regelungen sich auf internationale Beziehungen beschränken und innerhalb
der nationalen Grenzen die Staaten allein das Sagen haben sollen.
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durch Sonderregelungen weitgehend von der (negativen) Liberalisierung
ausgeschlossen, in erster Linie die Landwirtschaft und die Textil- und
Bekleidungsindustrie. In der Uruguay-Runde, die zur WTO geführt hat, wurden
diese „Blindstellen“ „erleuchtet“. Allerdings ist die Landwirtschaft auch in der
WTO der Sektor, an dem sich die Geister scheiden und auch die laufende DohaRunde - die erste multilaterale Handelsrunde unter WTO-Ägide – bisher vergeblich
„knackt“.
•
Vorgehensweise und Verbindlichkeit
Für das GATT 1947 war ein „à la carte“-Ansatz charakteristisch. Dies galt
insbesondere für den Bereich der nichttarifären Handelshindernisse (im Unterschied
zu den Zollschranken). Der Abbau nichttarifärer Handelsschranken wurde in einer
Reihe von Unterverträgen – Kodizes – geregelt, bei denen die Vertragsparteien des
GATT wählen konnten, ob sie beitreten bzw. welchem Kodex sie beitreten wollten.
Es gab z.B. Kodizes über Dumping-Praktiken, über Subventionen, über
Einfuhrlizenzen oder über die Methoden zur Ermittlung des Zollwertes. Tatsächlich
gehörte jeweils nur eine Minderheit der Vertragsparteien einem solchen „Klub“ an.
Insbesondere die Entwicklungsländer waren nur sporadisch repräsentiert. Die Folge
war eine Zersplitterung – „Balkanisierung“ - des GATT.
Die WTO verfolgt demgegenüber den Ansatz des „single undertaking“. Single
Undertaking bedeutet zweierlei:
(1) In Verhandlungen in der WTO, wie z.B. derzeit in der Doha-Runde, gilt der
Grundsatz, dass nichts vereinbart ist, solange nicht alle alles vereinbart haben.
(2) Alle WTO-Mitglieder sind an alle unter dem Dach der WTO geschlossenen
Abkommen gebunden.1
Die Konzipierung der WTO als „single undertaking“ schafft einen starken Anreiz,
der Organisation beizutreten: Die Kosten eines Nichtbeitritts - insbesondere der
Ausschluss von der „Meistbegünstigung“ in allen Regelungsbereichen der WTO –
dürfte deutlich wiegen schwerer als die Verpflichtungen, welche die einzelnen
WTO-Abkommen auferlegen.2
1 Von dieser Regel gibt es allerdings zwei Ausnahmen: Die WTO-Abkommen über den Flugzeugbau und
das öffentliche Auftragswesen sind plurilaterale Abkommen, denen nur eine begrenzte Anzahl von
WTO-Mitgliedern beigetreten ist.
2 „The GATT/WTO has had network effects, whereby the addition of every new member makes the
organization more valuable to members and more desirable to nonmembers. The diversion of trade and
investment associated with exclusion from the regime generated global demand to join and led to an
expansion of the GATT from a small club of nations into the WTO, with nearly 150 members” (Barton
et al. 2006, pp. 2-3).
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Das GATT ist also zugleich Vorläufer und Bestandteil der WTO; die WTO ist ein
GATT plus.
Struktur, Arbeitsweise und Entscheidungsmodus der WTO
Struktur der WTO
Struktur der WTO
GATS
GATT
Regeln für den
Warenhandel
Liberalisierung
des
Warenhandels
Regeln für den
Dienstleistungshandel
Liberalisierung
des
Dienstleistungshandels
TRIPs
Regeln für den
Schutz geistiger
Eigentumsrechte
Drei-Säulen-Konstruktion des „Hauptgebäudes“ der WTO:
1. GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) 1994: Regelsetzung und
Liberalisierung im Warensektor.
2. GATS (General Agreement on Trade in Services): Regelsetzung und
Liberalisierung im Dienstleistungssektor.
3. TRIPs-Abkommen (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property
Rights): Regelsetzung im Wissenssektor.
Außer diesen drei „Tragpfeilern“ hat das „Hauptgebäude“ zwei „Stützpfeiler“:
1. den Streitschlichtungsmechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen
WTO-Mitgliedern und
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2. den Handelspolitischen Überprüfungsmechanismus zur Beurteilung der
Handelspolitik in den Mitgliedstaaten.
Neben dem „Hauptgebäude“ gibt es zwei „Nebengebäude“: die plurilateralen
Abkommen über den
1. Flugzeugbau und über das
2. Öffentliche Auftragswesen.
Im Unterschied zu den multilateralen WTO-Abkommen gelten die plurilateralen WTOAbkommen jeweils nur für eine begrenzte Anzahl der WTO-Mitglieder. Diese
Abkommen widersprechen daher dem erwähnten Selbstverständnis der WTO als Single
Undertaking; sie sind ein Fremdkörper im System.
Gefüge der WTO-Abkommen
Das Gefüge der WTO-Abkommen
Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation
g Multilaterale Abkommen über den Warenhandel
g Vereinbarung über
• Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) 1994
Regeln und Verfahren
zur Beilegung von
Streitigkeiten
g Mechanismus zur
Überprüfung der
Handelspolitik
• Abkommen über die Landwirtschaft
• Abkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und
pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen
• Abkommen über Textilwaren und Bekleidung (bis 31.12.2004)
• Abkommen über technische Handelshemmnisse
• Abkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen
• Abkommen über Antidumping
• Abkommen über Zollwertermittlung
• Abkommen über Kontrollen vor dem Versand
• Abkommen über Ursprungsregeln
g Plurilaterale
Handelsabkommen
• Abkommen über das
öffentliche Beschaffungswesen
• Abkommen über den Handel
mit Zivilluftfahrzeugen
• Abkommen über Einfuhrlizenzverfahren
• Abkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen
• Abkommen über Schutzmaßnahmen
g Allgemeines Abkommen über den Handel mit
Dienstleistungen (GATS)
g Abkommen über handelsbezogene Aspekte der
Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs-Abkommen)
In dem dargestellten Gefüge der WTO-Abkommen spiegelt sich die beschriebene
Konstruktion des WTO-Gebäudekomplexes mit (multilateralem) Hauptgebäude und
(plurilateralen) Nebengebäuden, Tragpfeilern und Stützpfeilern wider. Auffällig ist die
Vielzahl der Abkommen im Warensektor, der - wie gezeigt - die Keimzelle des
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multilateralen Handelssystems bildet. Neben dem allgemeinen Abkommen für den
Warensektor, dem GATT 1994 (d.h. dem GATT 1947 zzgl. einiger in der UruguayRunde vereinbarter Interpretationen von und Ergänzungen zu GATT 1947Bestimmungen sowie der Länderlisten mit den vereinbarten Zollsenkungen), gibt es
eine Reihe spezifischer Abkommen zu bestimmten Sektoren (Agrar und Textil),
bestimmten Transaktionen (Direktinvestitionen) und bestimmten handelspolitischen
Instrumenten (Antidumpingmaßnahmen, Subventionsgewährung und
Ausgleichsmaßnahmen, allgemeine Schutzmaßnahmen, technische Handelshemmnisse,
Zollwertermittlung, Einfuhrlizenzen, Warenkontrollen vor Versand, Ursprungsregeln).
Diese Abkommen sind zum Teil aus den unter dem GATT 1947 vereinbarten Kodizes
über nichttarifäre Handelsschranken hervorgegangen. Im Unterschied zu den Kodizes
sind sie jedoch gemäß dem Grundsatz des Single Undertaking für alle WTO-Mitglieder
verbindlich.
Der Dienstleistungssektor wird durch das multilaterale Dienstleistungsabkommen
(GATS) repräsentiert:
Zentrale Stellung der Regelung internationaler Faktorwanderungen (im Unterschied
zu internationalen Handelsströmen) im GATS verglichen mit deren eher peripherer
Stellung in den Abkommen über den Warenhandel, die sich in dieser Hinsicht im
Wesentlichen auf die Regelung der Handelsaspekte von Direktinvestitionen (im
Rahmen des TRIMs (Trade-Related Aspects of Investment Measures) - Abkommens)
beschränken.
Unterscheidung zwischen vier Arten der Erbringung („modes of supply“)
internationaler Dienstleistungen:
1. Grenzüberschreitende Dienstleistungen („cross-border supply“). Die Dienstleistung
wird in Land A erbracht und in Land B genutzt, wie zum Beispiel bei der
Übermittlung von Telefongesprächen, dem Consulting via Telefon oder E-Mail oder
auch auf dem konventionellen Postweg, der Erstellung medizinischer Ferndiagnosen
oder dem Fernstudium/E-Learning an „virtuellen“ Universitäten.
2. Konsum der Dienstleistung im Ausland durch Inländer („consumption abroad“): Die
Dienstleistung wird in Land B erbracht und dort von Bürgern aus Land A genutzt.
Beispiele sind Touristen, Studenten oder Patienten aus dem Inland, die im Ausland
die entsprechenden Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
3. Erbringung der Dienstleistung im Ausland durch inländische juristische Personen
(„commercial presence“): Ein Unternehmen aus Land A gründet oder erwirbt eine
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Niederlassung in Land B, die dort ihre Dienstleistungen anbietet. Hierzu gehören
beispielsweise Banken, Versicherungen, Hotelketten, Baufirmen oder
Bildungseinrichtungen, die in ihrer jeweiligen Branche Direktinvestitionen im
Ausland vornehmen, um dort zu „produzieren“.
4. Erbringung der Dienstleistung im Ausland durch inländische natürliche Personen
(„movement of natural persons“): Die Dienstleistung wird in Land B von Bürgern
aus Land A angeboten. Beispiele sind Ingenieure, Monteure, Informatiker,
Softwarespezialisten, Consultants, Manager, Ärzte oder Dozenten aus dem Inland,
die selbständig oder für eine Firma/Einrichtung im Ausland tätig werden.
The Four Modes of Supply in Goods and Services
Internationalisation* (billion US $)
United States
Japan
Goods Services Goods
Mode 1
803
Mode 2
Mode 3
Mode 4
144
335
94
1000
1164
5
France
Services
62
280
22
302
335
Germany
Goods Services Goods Services
25
481
42
118
0
181
5
65
41
327
214
4
* Averages (2000-01) of exports and imports or sales and purchases.
Source: Bénassy et al. (2006, p. 2).
Der Wissenssektor wird durch das multilaterale Abkommen über den Schutz geistiger
Eigentumsrechte (TRIPs-Abkommen) geregelt: Prototyp für „positive“ Regulierung in
der WTO; Musterbeispiel für den Einzug handelsferner Zielsetzungen in die WTO.
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Arbeitsweise der WTO
Organe der WTO
Ministerkonferenz
Allgemeiner Rat als
Handelspolitisches
Überprüfungsorgan
Allgemeiner
Rat
Allgemeiner Rat als
Streitschlichtungsgremium
Rat für
Dienstleistungshandel
Rat für
Warenhandel
Rat für geistige
Eigentumsrechte
Ausschuss Multilaterale Verhandlungen (Durchführung der Doha-Runde)
Ausschüsse für Plurilaterale Abkommen
Flugzeugbau
öffentliches Auftragswesen
Weitere Ausschüsse, Arbeitsgruppen etc.
An der Spitze der WTO-Hierarchie steht die Ministerkonferenz (die mindestens alle
zwei Jahre einmal - und vom 30.11. - 2.12.2009 zum siebten Male - zusammentritt);
darunter rangiert der (für das Tagesgeschäft zuständige) Allgemeine Rat (der ständigen
Vertreter der Mitgliedsländer), der sich wiederum in je einen Rat für Warenhandel,
Dienstleistungshandel und den Schutz geistiger Eigentumsrechte (entsprechend der
zentralen WTO-Struktur) verzweigt. Der Allgemeine Rat wird vom
Streitschlichtungsgremium und vom Handelspolitischen Überprüfungsorgan
flankiert. Diesen Hauptorganen sind zahlreiche Ausschüsse und Arbeitsgruppen
zugeordnet, unter denen der Ausschuss für multilaterale Verhandlungen angesichts
der laufenden Doha-Runde eine zentrale Rolle spielt.
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Entscheidungsfindung in der WTO
Entscheidungsmodus in der WTO
• Entscheidungen werden vorzugsweise im
Konsens getroffen.
• Bei Abstimmungen gilt Ein Land – eine
Stimme und - als Regel - die einfache
Mehrheit.
• In der Realität haben Mehrheitsentscheide
geringe Bedeutung.
• Dynamik der Entscheidungsfindung:
-„Green-room meetings“
- Ländergruppen und Koalitionen
- Lenkungsgruppen
Die WTO versteht sich als mitgliedergeleitete Organisation („member-driven
organisation“). Dies zeigt sich auch in einer eng begrenzten Machtfülle für die WTOExekutive, d.h. das WTO-Sekretariat. Hoekman und Mavroidis (2007, p. 124) zitieren
in diesem Zusammenhang die Äußerung eines Vertreters eines Mitgliedslandes bzw.
einer Vertragspartei gegenüber dem Generaldirektor des GATT während der UruguayRunde:
Sir, there is a difference between you and me; I am a Contracting Party [to the
GATT] and you are a Contracted Party.
Mit der Gründung der WTO hat sich an diesem Verhältnis im Prinzip nichts verändert.
Gemäß Artikel IX des WTO-Abkommens werden Entscheidungen vorzugsweise im
Konsens getroffen (Artikel IX WTO-Abkommen). Wenn kein Konsens möglich ist, gilt
(wie bei den Vereinten Nationen) die Regel „Ein Land, eine Stimme“. Die Stimmen
der Mitgliedsländer werden daher nicht gewichtet, etwa entsprechend ihrem Anteil am
Welthandel (wie analog z.B. beim Internationalen Währungsfonds, mit einer
Stimmengewichtung gemäß den eingezahlten Quoten). Grundsätzlich gilt bei
Abstimmungen in der WTO die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. In
wichtigen Ausnahmefällen gelten aber andere Quoren. Für die Freistellung eines
Mitgliedslandes von einer Vertragsverpflichtung („waiver“) etwa sind drei Viertel aller
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Stimmen erforderlich. Das Gleiche gilt bei Neuinterpretationen von
Vertragsbestimmungen.
Die Europäische Gemeinschaft verfügt über 27 Stimmen, entsprechend der Anzahl ihrer
Mitgliedstaaten. Ebenso wie ihre Mitgliedstaaten ist auch die Europäische Gemeinschaft
selbst WTO-Mitglied. Sie verfügt aber nicht über eine zusätzliche Stimme.
In der Realität haben Mehrheitsabstimmungen in der WTO eine relativ geringe
Bedeutung.
Bei hoher und wachsender Mitgliederzahl ist es naturgemäß schwierig, Konsens zu
erzielen. Bereits unter dem GATT 1947 wurden deshalb Mechanismen zur Reduzierung
der aktiven Teilnehmerzahl an Verhandlungen entwickelt. An erster Stelle ist in diesem
Zusammenhang der „Green-room“-Prozess zu nennen. „Green-room meetings“ wurden
so bezeichnet, weil sie in dem grün ausgekleideten Konferenzraum im WTOHauptquartier neben dem Büro des Generaldirektors stattfanden. An diesen Sitzungen,
in denen die wesentlichen Entscheidungen vorgeprägt wurden, nahmen regelmäßig die
großen Industrieländer – die sog. Quad-Länder EU, USA, Kanada und Japan -, einige
kleinere Industrieländer und eine Handvoll Entwicklungsländer teil.
Der „Green-room“-Prozess hat insbesondere in der Endphase des GATT 1947, in der
die Uruguay-Runde (1986-1994) stattfand, die multilaterale Entscheidungsfindung
geprägt. In der Folgezeit haben sich die Machtverhältnisse im multilateralen
Handelssystem deutlich verändert. Dies hat sich vor allem in der Bildung zahlreicher
Ländergruppen und Koalitionen zwischen Entwicklungsländern gezeigt. Eine
Hauptrolle spielt dabei die bereits erwähnte G-20, eine Gruppe von 20 plus
Entwicklungsländern, die überwiegend zu den „aufstrebenden“ Volkswirtschaften
(“emerging economies“) zählen. In der Doha-Runde hat sich zwischenzeitlich eine
Vierer-Gruppe aus Industrie- und Schwellenländern (EU, USA, Brasilien und Indien)
gebildet, bei der die Verhandlungsfäden zusammenlaufen.
Im Folgenden wird die WTO „in Aktion“ betrachtet: Zunächst werden die beiden
Grundfunktionen der WTO – Liberalisierung und Regelsetzung – diskutiert (Kapitel
3). Anschließend wird die multilaterale Streitschlichtung – als „Repräsentant“ der
Komplementärfunktionen der WTO – Streitschlichtung und Überprüfung der
Handelspolitik - näher untersucht.
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3
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Politische Ökonomie multilateraler Liberalisierung und
Regelsetzung
Kurzbeschreibung
Hier wird der Mechanismus dargestellt, der im Prinzip zur Lösung des
Gefangenendilemmas via multilaterale Verhandlungen führen kann.
Krugman&Obstfeld (2009) analysieren die „fehlgeschlagene“ Doha-Runde in Kap. 9.5.
Essenz der multilateralen Außenwirtschaftspolitik: Liberalisierung,
Regelgebung und Durchsetzung des Regelwerks
Die WTO in Aktion
• Liberalisierung
Reziproker Austausch von Marktzugangsrechten auf
nichtdiskriminierender Basis:
- Abbau von Zöllen
- Abbau nichttarifärer
Handelshemmnisse
- Abbau regulatorischer
Handelsschranken
• Regelgebung
Bindung unilateraler und bilateral-regionaler
Handelspolitik an gemeinsame Normen, mit doppelter
Zielsetzung:
- Zwischenstaatlicher Schutz der „Schwachen“ vor den
„Starken“
- Innerstaatlicher Schutz der Regierung vor der Lobby
• Durchsetzung des Regelwerks
- Streitschlichtung zwischen WTO-Mitgliedern
- Überprüfung der Handelspolitik in den Mitgliedsländern
Durch Liberalisierung des internationalen Handels (d.h. durch den Abbau von Zöllen,
nichttarifären Handelshemmnissen und regulatorischen Handelsschranken) werden die
Märkte der WTO-Mitgliedsländer für ausländische Produkte geöffnet. Dadurch soll die
internationale Arbeitsteilung ausgeweitet und die Effizienz der weltweiten
Ressourcennutzung erhöht werden.
Durch Regelsetzung wird die nationale und internationale Handelspolitik an von den
WTO-Mitgliedern gemeinsam festgelegte Normen gebunden. Die hierbei zu Grunde
liegende ökonomische Rationalität ist eine doppelte Schutzgewährung:
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1. Zwischenstaatlicher Schutz
“Schwache“ WTO-Mitglieder werden gegen „starke“ WTO-Mitglieder in Schutz
genommen.
„It may be safe to say that, especially if a country is small and weak, its
international economic life without an international trade organization would be
‚nasty, brutish, and short’“ (Narlikar 2005, p. 7).
2. Innerstaatlicher Schutz
Die Regierung eines Landes wird innenpolitisch gegen die eigene Lobby geschützt,
um wirtschaftliche Nachteile/Wohlfahrtsverluste abzuwenden, die durch Protektion
und/oder Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner gegen eine solche Protektion
entstünden.
Immunisierung nationaler Regierungen gegen politische Einflussnahme durch
Vertreter spezifischer Interessen, indem auf gebundene Hände und mögliche
Vergeltungsschläge verwiesen wird.
Internationale Organisationen wie die WTO können sich auf die innenpolitischen
Auseinandersetzungen in ihren Mitgliedsländern in der Weise auswirken, dass sie
von den Regierungen dieser Länder unter Verweis auf unabwendbare internationale
Verpflichtungen als eine Art Schutzschild gegen Interessenvertreter genutzt
werden. Durch externe „Einbindung“/“Verankerung“ der Politik würde folglich der
Einfluss spezieller Interessen auf die Handelspolitik gemindert; internationale
Organisationen wären für die nationalen Regierungen eine Art „Sündenbock“ in der
innenpolitischen Debatte (Vaubel 1991).
Zur innenpolitischen Schutzfunktion äußerte sich z.B. Pascal Lamy, der WTOGeneraldirektor, beim Munich Economic Summit am 4.5.2006 wie folgt:
„There will always be pressures on governments to find quick-fix protectionist
solutions to certain trade problems. .... WTO rules help governments to defuse those
pressures, by providing the domestic political process with an external point of
reference to bolster its position in favour of a more measured response. The WTO,
in this respect, functions like an anchor, helping governments to resist the waves of
protectionism“ (WTO News 4.5.2006: „Europe and the New Division of Labour“).
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Bei den gesetzten Regeln selbst kann zwischen Grundregeln, Spezialregeln und
Ausnahmen von den Regeln unterschieden werden:
Grundregeln, Spezialregeln, Ausnahmen
• Grundregeln
- Nichtdiskriminierung (Meistbegünstigung und
Inlandsbehandlung) und Reziprozität
- Transparenz, Verbot nichttarifärer
Handelsschranken, Zollbindung
• Spezialregeln
Dumping und Antidumping
Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen
Importflut und Schutzklauseln
• Ausnahmen
Zollunionen und Freihandelszonen
•
Die zentralen Grundregeln oder auch Prinzipien der WTO sind die
Nichtdiskriminierung - bestehend aus Meistbegünstigung (d.h. alle
Handelspartner werden gleich behandelt) und Inlandsbehandlung (d.h. inländische
und ausländische Produkte werden gleich behandelt) – und die Reziprozität (d.h.
die Liberalisierung des Handels, ebenso wie eine eventuelle Ent-Liberalisierung,
findet auf Basis der Gegenseitigkeit statt1).
•
Weitere Grundregeln sind die Transparenz der Handelspolitik, das Verbot
nichttarifärer Handelsschranken („tariffs-only rule) und die Zollbindung (d.h.
Festlegung von Zollobergrenzen, die nur in besonderen Fällen und nur gegen
Kompensation - d.h. eine Zollerhöhung bei einem Produkt muss durch eine
Zollsenkung bei anderen Produkten ausgeglichen werden – überschritten werden
dürfen).
•
Zu den Spezialregeln zählen in erster Linie die Vorschriften zur
Antidumpingpolitik (Bestimmung der Dumpingmarge, der „Schädigung“
1 Bagwell/Staiger (2002, S. 55) weisen auf diese doppelte Bedeutung der Reziprozität hin: “Both when
tariffs are being lowered in negotiation rounds and when tariffs are being raised as part of a
renegotiation process, the principle of reciprocity implies a “balance” in the commercial treatment
between GATT members.”
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heimischer Industriezweige und der Kausalität zwischen Dumping und Schädigung),
zur Gewährung von Subventionen („Ampel-Regelung“: verbotene („rot“),
vergeltungsfähige („gelb“) und erlaubte („grün“) Subventionen1) und
entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen und zur Verhängung von
Schutzmaßnahmen (bei starkem und unvorhergesehenem Importanstieg und
dadurch verursachter „Schädigung“ heimischer Branchen).
•
Die wichtigste Ausnahme ist das Recht der WTO-Mitglieder, Zollunionen und
Freihandelszonen zu bilden. Die Mitglieder von Zollunionen und Freihandelszonen
bauen untereinander Handelsschranken ab, aber nicht gegenüber anderen WTOMitgliedsländern. Dies ist ein klarer Verstoß gegen das Prinzip der
Meistbegünstigung. Dieser Verstoß wird jedoch in der WTO als Ausnahme geduldet
und istan bestimmte Auflagen gebunden.
Der Streitschlichtungsmechanismus der WTO soll gewährleisten, dass die
multilateralen Regeln von den WTO-Mitgliedern auch tatsächlich eingehalten werden
(ausführlicher zur Streitschlichtung s. Gliederungspunkt 3).
Der Handelspolitische Überprüfungsmechanismus (Trade Policy Review
Mechanism/TPRM) ist der „Zwilling“ des Streitschlichtungsmechanismus. Er dient
ebenfalls der Durchsetzung des multilateralen Regelwerks. Im Unterschied zum
„harten“ Streitschlichtungsverfahren ist der TPRM jedoch ein „weiches“ Instrument,
das durch „Einflussnahme unter Gleichen“ (Peer Pressure) die Einhaltung des
Regelwerks zu fördern sucht.
Lösung des Gefangenendilemmas
1 Die „Grün“-Option ist allerdings inzwischen ausgelaufen bzw. nicht verlängert worden, d.h. alle
Subventionen sind nunmehr im Prinzip anfechtbar.
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Lösung des Gefangenendilemmas
• Die WTO „produziert“ das universelle Kollektivgut
Freihandel bzw. Liberalisierung.
• Mehr-Ebenen-Spiel:
- Innenpolitische Ebene
- Internationale Verhandlungsebene
- Ebene regionaler Staatengemeinschaften
• Zentraler Mechanismus: Reziproker Austausch von
Marktzugangsrechten auf nichtdiskriminierender Basis
• Beispiel Stahlindustrie
• Produzenteninteressen (Export- und
Importkonkurrenzsektor) werden – am
Konsumenteninteresse vorbei – gegeneinander
ausgespielt.
• Zweistufiges Spiel: Institution und Prozess
Die WTO ist ein Forum, in dem die Vertreter nationaler Regierungen
zusammenkommen, um Regeln für die Handelspolitik und eine Liberalisierung des
internationalen Handels auszuhandeln. Sie dient dazu, die Mitgliedsländer zur
Kooperation in der Handelspolitik zu führen und damit aus einem Gefangenendilemma
zu befreien, in dem sie ohne Kooperation stecken würden.
Kollektivgut Freihandel
Internationale Organisationen wie die WTO sind ein Instrument zur Förderung
internationaler Kooperation. Zweck der Kooperation ist die Bereitstellung
öffentlicher Güter/Kollektivgüter (mit den oben beschriebenen Eigenschaften der NichtRivalität und Nicht-Ausschließbarkeit). Öffentliche Güter im Kontext internationaler
Kooperation sind Güter, die in allen an der Kooperation beteiligten Ländern die
Wohlfahrt steigern und ohne Kooperation nicht erstellt würden.
Ein solches öffentliches Gut ist z.B. Freihandel oder Liberalisierung des internationalen
Handels. Im Unterschied zu der oben beschriebenen politischen Aktivität, die auf eine
bestimmte Gruppe konzentriert ist und dementsprechend ein beschränktes
Kollektivgut repräsentiert, haben wir es beim Freihandel mit einem universellen
Kollektivgut zu tun:
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Freihandel nutzt allen Ländern. Die Nutzung des Freihandels durch ein Land wird nicht
dadurch beeinträchtigt, dass andere Länder ebenfalls davon Gebrauch machen. Folglich
besteht Nicht-Rivalität beim Gebrauch des Gutes. Zugleich werden einzelne Länder von
sich aus das Gut Freihandel nicht bereitstellen, wenn sie sich von einem
protektionistischen Verhalten mehr Vorteile als vom Freihandel versprechen und wenn
sie davon ausgehen können, dass sie die Vorteile des Freihandels auch dann in
Anspruch nehmen können, wenn sie sich selbst nicht an der Bereitstellung beteiligen.
Dieses handelspolitische Dilemma/Gefangenendilemma kann durch internationale
Kooperation gelöst werden.
Mehr-Ebenen-Spiel in der Handelspolitik
Handelspolitik als Mehr-Ebenen-Spiel
Grundmodell
Erweitertes Modell
(EU-Variante)
International
Ebene IIb
International
Ebene II
Europäische Union
Ebene IIa / Ebene Ib
National
Mitgliedstaaten
Ebene I
Ebene Ia
Quelle: Young (2002); eigene Darstellung.
Handelspolitik findet, wie in der voranstehenden Folie dargestellt, in der Regel auf
mehreren Ebenen statt, die zueinander in Beziehung stehen.1 Das Grundmodell des
Mehr-Ebenen-Spiels umfasst die
•
innenpolitische Ebene und die
1 Das Konzept des Mehr-Ebenen-Spiels liefert generell einen Analyserahmen für strategische
Interaktionen
in
der
internationalen
Wirtschaftspolitik.
Grundlegend
hierzu
vgl.
Evans/Jacobson/Putnam (1993), Milner (1997) und Putnam (1988). Zur Anwendung auf die
Handelspolitik vgl. Grossman/Helpman (1995), Helpman (1999) und Young (2002), letzterer unter
besonderer Berücksichtigung der Handelspolitik der Europäischen Gemeinschaft.
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•
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internationale Verhandlungsebene.
Auf beiden Ebenen der Handelspolitik finden strategische Prozesse statt, die auch die
Vorgänge auf der jeweils anderen Ebene mit einbeziehen. Eine Regierung, die z.B. mit
einer anderen Regierung ein Freihandelsabkommen aushandelt, ist sich der inländischen
Konsequenzen eines solchen Abkommens wohl bewusst; gleichzeitig ist inländischen
Interessengruppen, die Einfluss auf die Politik nehmen wollen, der internationale
Verhandlungsprozess und das Für und Wider alternativer Ergebnisse gewärtig: Die
innerstaatliche und zwischenstaatliche Ebene der Handelspolitik „kommunizieren“
miteinander.
Der diplomatische Spielraum der Unterhändler, die simultan an den beiden
Verhandlungstischen agieren, wird daher von zwei Seiten begrenzt: von Seiten
inländischer Interessengruppen und von Seiten der Unterhändler anderer Länder. Für
beide Seiten muss das Verhandlungsergebnis akzeptabel sein. Diese Restriktionen
determinieren die Menge der gewinnträchtigen Lösungen/Optionen (win-set). Mit
anderen Worten: Ein internationales Abkommen (auf der Ebene II) muss zu einer
Lösung führen, die innenpolitisch ausreichende Unterstützung findet. Es muss sich also
um eine Lösung handeln, die in der Schnittmenge zwischen den Kreisen bzw. Ellipsen
auf der nationalen Ebene (Ebene I) liegt.
Das Grundmodell erhält eine weitere Ebene, wenn Länder – z.B. die Mitglieder einer
Integrationsgemeinschaft - sich zusätzlich untereinander abstimmen müssen, bevor bzw.
während sie Verhandlungen mit Drittstaaten führen. Diese Ebene erfüllt eine
Doppelfunktion:
•
Sie fungiert als internationale Ebene, auf der die Mitglieder der
Integrationsgemeinschaft miteinander verhandeln (Ebene IIa).
•
Sie fungiert zugleich als nationale Ebene, von der aus die Mitglieder der
Integrationsgemeinschaft mit Drittstaaten verhandeln (Ebene Ib).
Ein passendes Beispiel hierfür liefert die Handelspolitik der Europäischen Union.
In politökonomischer Sicht stellt sich die EU-Handelspolitik als ein Spiel auf drei
Ebenen (national, europäisch, international) bzw. als ein doppeltes Zwei-Ebenen-Spiel
dar. Dabei repräsentiert die EU einmal die internationale Ebene, auf der die
Mitgliedstaaten eine gemeinsame Position zu erreichen suchen, und zum anderen die
nationale/inländische Ebene, von der aus die Gemeinschaft mit anderen
Ländern/Ländergruppen in Verhandlungen eintritt. Eine wichtige Rolle spielen in
beiden Fällen die Vertreter spezifischer Interessengruppen (Industrieverbände,
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Nichtregierungsorganisationen etc.), die vom internationalen Handel betroffen sind und
daher eine ihnen genehme Handelspolitik durchsetzen möchten. Die Interessenvertreter
versuchen auf der nationalen Ebene, Einfluss auf die Haltung „ihrer“ Regierungen im
innergemeinschaftlichen Aushandlungsprozess zu nehmen, und sind zugleich mit
wachsender Intensität bestrebt, auch unmittelbar – auf der EU-Ebene – bei der
handelspolitischen Positionsbestimmung der Gemeinschaft gegenüber Drittländern
mitzuwirken.
Aufgrund dieser dreistufigen Ausformung des handelspolitischen
Entscheidungsprozesses in der EU könnte die Menge der gewinnträchtigen Lösungen
auf der internationalen Ebene für die EU geringer sein als für die ausländischen
Regierungen, mit denen sie verhandelt. Die Ursache hierfür wäre darin zu sehen, dass
der „win-set“ der EU in den internationalen Verhandlungen aus den Vorverhandlungen
zwischen den Mitgliedstaaten gefiltert wird. Dies könnte zugleich erklären, warum die
EU international als ein besonders schwieriger und schwerfälliger Verhandlungspartner
betrachtet wird (Meunier 1998; Young 2002). Mit gewachsener Mitgliederzahl in der
EU – und dementsprechend erhöhter Schwierigkeit, einen gemeinsamen Nenner für die
Verhandlungen zu finden – könnte es für Drittländer noch problematischer geworden
sein, mit ihr zu verhandeln. Die komplizierte Entscheidungsfindung in der EUHandelspolitik wird daher auch als ein nichttarifäres Handelshemmnis eigener Art
angesehen (Senti 2002, S. 114).
Zentraler Verhandlungsmechanismus
Im „Forum WTO“ werden Liberalisierungsverpflichtungen zwischen den
Mitgliedsländern ausgetauscht. Die WTO kann daher mit einem Marktplatz verglichen
werden, auf dem Marktzugangsrechte gehandelt werden. Es findet eine Art
Naturaltausch statt (z.B. Zollsenkungen bei Autos gegen Zollsenkungen bei Getreide),
ohne das Tauschmedium Geld. Dabei liegt die (merkantilistische) Vorstellung
zugrunde, dass Exporte gut sind bzw. Exportsteigerungen einen Verhandlungssieg
darstellen, während Importe schlecht sind und eine Verhandlungsniederlage
repräsentieren.
In den WTO-Verhandlungen können die merkantilistischen Instinkte der Akteure aber
zu positiven Ergebnissen für alle Verhandlungsteilnehmer führen. Die WTOVerhandlungen erlauben es den Regierungen, den liberalisierungsfeindlichen Einfluss
der mit Importen konkurrierenden Produzenten zu neutralisieren, indem sie die
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Interessen der exportierenden liberalisierungsfreundlichen Produzenten in die
Waagschale werfen:
„Internationale Verhandlungen können die einheimischen Exporteure als
Gegengewicht ins Spiel bringen“ (Krugman und Obstfeld 2009, S. 308).
Rodrik (2009) weist in diesem Zusammenhang auf Verschiebungen in der
Konstellation der politischen Interessen hin: Für jeden Arbeitnehmer und für jede
Firma, auf die sich die Importkonkurrenz nachteilig auswirkt, gibt es einen oder
mehrere Arbeiter und Firmen, die damit rechnen, vom Zugang zu Märkten im
Ausland zu profitieren. Die Exporteure haben sich zunehmend Einfluss verschafft,
häufig in Form von großen multinationalen Gesellschaften.
Die Länder versuchen, politische Gewinne durch verbesserten Zugang zu den Märkten
der Handelspartner zu erzielen, und sind bereit, dafür politische Kosten durch
Erleichterung des Zuganges zu den eigenen Märkten in Kauf zu nehmen. Diese
Bereitschaft wird zusätzlich dadurch gefördert, dass sie von den Verhandlungspartnern
gefordert wird: Das innenpolitische Kräfteverhältnis zwischen Protektionsbefürwortern
und –gegnern wird auf der multilateralen Ebene durch den Druck der
Verhandlungspartner zugunsten von Liberalisierung verändert.
Das Beispiel der Stahlindustrie
Die von Stahlverbrauchsbranchen in den USA gebildete innenpolitische Abwehrfront
gegen die (bzw. Pressure Group für den Widerruf der) Erhöhung der Stahlimportzölle
im Frühjahr 2002 zum Schutz der US-Stahlindustrie erhielt Verstärkung aus dem
Ausland – in der Form der Androhung von Vergeltungsmaßnahmen, die sich zudem
gegen Produkte aus politisch „sensiblen“ Bundesstaaten der USA, wie z.B.
Zitrusfrüchte aus Florida und Harley-Davidson-Motorräder aus Wisconsin richten
sollten -, so dass für den amerikanischen Präsidenten die kalkulierten politischen Kosten
einer Beibehaltung der Protektion am Ende höher waren als der hiervon erhoffte
politische Nutzen und die Stahlzölle – Ende 2003 – wieder aufgehoben wurden. Diese
Entwicklung spielte sich im Rahmen der WTO-Streitschlichtung ab.
Unter solchen Bedingungen können multilaterale Verhandlungen, auch wenn sie auf
ökonomisch falschen Prämissen (nämlich auf der Vorstellung, dass Exporte nützlich
und Importe schädlich sind) beruhen, die Wohlfahrt in allen beteiligten Ländern
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beträchtlich steigern. Sie können zu einem ähnlichen Ergebnis führen, wie es sich
einstellen würde, wenn die Regierungen sich ökonomisch richtig verhielten, nämlich
einseitig liberalisieren würden. In der Terminologie der Spieltheorie kommt es zu
einem Positiv-Summen-Spiel (in dem beide Seiten gewinnen), obgleich in den Köpfen
der Verhandlungsteilnehmer die Vorstellung von einem Null-Summen-Spiel
vorherrscht, bei dem des einen Gewinn des anderen Verlust ist: „Schlechte Ideen führen
zu guten Resultaten“ (Paul Krugman). Der politökonomische Grundwiderspruch
(Konzentration der Protektionsgewinner/Nutznießer vs. Dispersion der
Protektionsverlierer/Leidtragenden) wird überwunden, indem Produzenteninteressen –
am Konsumenteninteresse vorbei – gegeneinander ausgespielt werden.
Prozess- und Organisationsspiel
Die WTO kann dazu verhelfen, die Präferenz der Länder bzw. Regierungen für
Protektion zu überwinden, und die Länder/Regierungen damit aus dem
Gefangenendilemma „befreien“. Im spieltheoretischen Modell wird dies deutlich, wenn
wir das einstufige Spiel zu einem zweistufigen Spiel ausweiten.1
Dabei wird der prozesspolitischen Entscheidung (Marktöffnung Ja/Nein) eine
institutionelle Entscheidungsstufe vorgeschaltet: Vor der Entscheidung über die
Handelspolitik wird die Entscheidung über eine Mitgliedschaft in der WTO getroffen.
Auch dies ist eine Ja/Nein-Entscheidung. Beim Beitritt zur WTO fallen außerdem
Organisationskosten an (etwa durch Mitgliedsbeiträge), die hier mit 1 angesetzt sind.
1 Vgl. hierzu Klein (2005).
47
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Institutionen- und Prozessspiel
WTO
-Mitg
lieds
chaft
Ja
La
Nein
9
9
nd B
5
4
M ar k
töffn
ung
Land
Nein
A
Ja
WT O
-Mitg
lieds
c h af
Nein
t Lan
dA
Ja
Mark
töffn
ung
Land
Ja
B
Nein
10
10
12
3
3
12
5
5
4
5
5
5
Zahlen links unten in jedem Feld: Wohlfahrtsmaß für Land A
Zahlen rechts oben in jedem Feld: Wohlfahrtsmaß für Land B
Treten beide Länder der WTO bei, entscheiden sich beide auf der zweiten Stufe für
Marktöffnung. Der Grund ist das Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität) oder Titfor-Tat-Prinzip („Wie du mir, so ich dir“), auf dem die WTO basiert (zusammen mit
dem Prinzip der Nichtdiskriminierung). Die Mitglieder der WTO wissen, dass sie nur
die Wahl haben, entweder
(1) simultan Marktzugang zu gewähren (Ja/Ja), oder
(2) den Marktzugang simultan zu verweigern (Nein/Nein).
Die Alternative (1) führt zur höheren Auszahlung bzw. höheren Wohlfahrt und wird
deshalb gewählt. Dem linken oberen Feld im institutionellen Spiel ist also das linke
obere Feld im prozesspolitischen Spiel zugeordnet. Die Auszahlung im
Organisationsspiel ergibt sich aus der zugeordneten Auszahlung im prozesspolitischen
Spiel abzüglich der Organisationskosten.
48
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Ergebnis multilateraler Liberalisierung
Multilateraler Zollabbau
Zollsatz in %
40
40%
Gründung des GATT
Genf 1947
30
Annecy 1949
30%
Torquay 1950-51
25%
20
Genf 1956
23%
Dillon-Runde
1960-62
Kennedy-Runde
Tokio-Runde
1964-67
1973-79
15%
10
10%
Uruguay-Runde
1986-93
6,4%
0
1947 49 51
56
62
3,8%
79
67
93
Quelle: Senti (2000).
Abbau nicht-tarifärer Handelsschranken
EU
Mengenbezogene
Restriktionen
Voluntary export
restraints
Lizensierung
Sonstige
Preisbezogene
Restriktionen
Variable Abgaben
Antidumping /
Antisubvention
Sonstige
Insgesamt
USA
Japan
vorher
nachher
vorher
nachher
vorher
nachher
20,4
1,7
18,3
0,6
12,9
10,5
15,9
0,0
17,3
0,0
0,3
0,0
5,1
1,5
0,0
0,0
10,1
9,8
0,2
0,2
6,1
0,6
2,8
0,6
13,2
9,2
3,2
2,4
15,4
0,1
7,6
0,1
0,8
0,8
0,7
0,6
1,1
0,9
15,3
7,6
0,0
0,0
3,1
0,0
0,1
0,1
0,0
0,0
27,3
8,2
24,1
8,6
14,4
11,9
Quelle: Daly/Kuwahara (1998); eigene Zusammenstellung. Vorher/nachher bezogen auf Uruguay-Runde.
49
c:\users\hilfskraefte\appdata\local\microsoft\windows\temporary internet
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
4
19.11.2009 12:17:00
Politische Ökonomie der Durchsetzung multilateraler Regeln am
Beispiel der Streitschlichtung
Kurzbeschreibung
Hier wird die Funktionsweise der multilateralen Streitschlichtung dargestellt, und es
werden die politökonomischen Faktoren analysiert, die über Erfolg oder Misserfolg
der Streitschlichtung entscheiden.
Krugman&Obstfeld (2009) diskutieren die multilaterale Streitschlichtung hauptsächlich
in Kap. 9.4.5.
Essenz der multilateralen Streitschlichtung
Multilaterale Streitschlichtung
• Institutionelle Innovation: „Harte“
Durchsetzung des Regelwerks via „Gericht“
• Zweistufiger Aufbau:
- Untersuchungsausschuss (Panel)
- Revisionsinstanz (Appellate Body)
• Straffung des Verfahrens mit bindenden
Fristen
• Umkehr der Konsensregel: Vom positiven
zum negativen Konsensprinzip
• Indirekte Sanktionsmacht der WTO in
Streitfällen: Autorisierung von
Vergeltungsmaßnahmen
Der Streitschlichtungsmechanismus der WTO soll gewährleisten, dass die multilateralen
Regeln von den WTO-Mitgliedern auch tatsächlich eingehalten werden.
Die Streitschlichtung wird als „Kronjuwel“ der WTO-Abkommen angesehen (Hauser
und Zimmermann 2003, S. 242). Krugman und Obstfeld (2009, S. 314) nennen die
Schlichtung von Streitfällen als “wichtigste(r)n neue(r)n Aspekt der WTO.” Benedek
(2007, S. 31) gelangt zu dem Schluss, dass „the DSM has allowed for a fair settlement
of disputes, strengthened the credibility and stability of the WTO system and has thus
become the backbone of the WTO.“ Tatsächlich stellt die Reform der
50
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Streitschlichtung die wohl bedeutendste institutionelle Innovation im Zuge der WTOGründung dar.
Die Streitschlichtung verschafft der WTO indirekt Sanktionsmacht, wenn auch keine
unmittelbare Auflagenkompetenz, wie sie beispielsweise der IWF besitzt, oder
Zwangsmittel, über die etwa der Europäische Gerichtshof verfügt. Die indirekte
Sanktionsmacht der WTO besteht im wesentlichen darin, dass die WTO einzelne
Mitgliedsländer (oder Gruppen von Mitgliedsländern) gegebenenfalls zu
Vergeltungsmaßnahmen autorisieren kann.
Die entscheidenden Reformelemente sind
•
der Übergang vom positiven zum negativen Konsensprinzip (Umkehr der
Konsensregel),
•
die Einrichtung einer Revisionsinstanz (Appellate Body) und
•
die zeitliche Straffung des Verfahrens mit bindenden Fristen.
Vor allem die Umkehr der Konsensregel kommt einem Quantensprung gleich:
Der neuen Konsensregel zufolge muss ein Schiedsspruch des
Untersuchungsausschusses (Panel), der über den anstehenden Streitfall in erster Instanz
berät, nicht mehr einstimmig von den Handelspartnern (einschl. der Verlierer-Partei)
gebilligt werden – damit waren Vetoblockaden vorprogrammiert1 -, sondern gilt immer
dann, wenn er nicht einstimmig (und damit einschließlich der Sieger-Stimme) abgelehnt
oder vor der Revisionsinstanz angefochten wird. Das Urteil der Revisionsinstanz
wiederum ist endgültig und bindend, wenn es nicht - ebenfalls einstimmig - von den
WTO-Mitgliedern zurückgewiesen wird.
1 Auch die Einrichtung eines Panel selbst konnte von interessierter Seite verhindert werden; dies ist heute
nicht mehr möglich.
51
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Ablauf der Streitschlichtung
Das Streitschlichtungsverfahren in der WTO
Konsultationen
60 Tage
20 Tage
Panel-Einsetzung
6-9 Monate
Panel-Verfahren
60 Tage
(ohne Revision)
Bericht an Streitschlichtungsgremium
120 Tage
(mit Revision)
Annahme der(s) Berichte(s)
“angemessener“
Zeitraum
Umsetzung der Entscheidung
Revisionsinstanz
bei Nicht-Umsetzung
Kompensation
Vergeltung / Kreuzvergeltung
gleicher Sektor andere Sektoren andere Abkommen
52
c:\users\hilfskraefte\appdata\local\microsoft\windows\temporary internet
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Am Beispiel der im Frühjahr 2002 von den USA verhängten Schutzzölle auf Stahl lässt
sich die Arbeitsweise der Streitschlichtung gut darstellen:
Das Beispiel Stahl: EU gegen USA
• USA erhöhen Importzölle auf Stahl um ca. 30
Prozent (Frühjahr 2002).
• WTO setzt auf Antrag der EU
Untersuchungsausschuss (Panel) ein.
• Panel entscheidet zugunsten der EU
• USA gehen in die Revision.
• Appellate Body entscheidet zugunsten der EU.
• EU kündigt Vergeltungsmaßnahmen an.
• USA ziehen die Zollerhöhung zurück (Ende
2003).
Aus ökonomischer Sicht ist das Streitschlichtungsverfahren der WTO in erster Linie
daran zu messen, welchen Beitrag es zur Sicherung eines WTO-konformen Verhaltens
der Mitglieder leistet. Der Schlüssel liegt damit bei der Umsetzung der PanelEntscheide bzw. der Urteile des Appellate Body in den betreffenden Mitgliedsländern.
Ein entscheidender Faktor dabei sind die mit einem „Rechtsbruch“ verbundenen
internationalen Reputationskosten. Derartige Kosten können sich etwa in einer
Missbilligung abweichenden Verhaltens durch die WTO-Mitglieder, in negativen
Rückwirkungen auf die Glaubwürdigkeit des betreffenden Landes als zukünftiger
Verhandlungspartner oder „gar im Zerfall der gesamten multilateralen Handelsordnung“
(Hauser 2000, S. 2) äußern.
Die Institution der multilateralen Streitschlichtung kann ebenso wie die Institution der
WTO insgesamt auch als Versuch interpretiert werden, ein handelspolitisches
Gefangenendilemma zu lösen. Denn für die einzelnen WTO-Mitglieder kann es eine
dominante Strategie sein, sich nicht an die vereinbarten Regeln zu halten bzw. „falsch
zu spielen“. Der Streitschlichtungsmechanismus erlaubt es den betroffenen
53
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Handelspartnern in einer solchen Situation, den Regelverstoß des Anderen mit einem
eigenen Regelverstoß zu sanktionieren. Die „institutionelle Erwartung“ dabei ist, dass
am Ende eine kooperative Lösung zu Stande kommt, bei der die Einhaltung der Regeln
für beide Parteien die dominante Strategie ist.
Politische Ökonomie der WTO-Streitschlichtung
Einflussfaktoren bei der Umsetzung von Panel- bzw.
Appellate Body-Entscheiden:
• Innenpolitischer Gewinn aus Handelsbeschränkung (G)
• Innenpolitische Kosten aus Handelsbeschränkung (K1)
• Innenpolitische Kosten durch Vergeltung (K2)
• Reputationskosten (R)
Ergebnis:
Wenn G ·/. K1 ·/. K2 ·/. R > Null, dann Nicht-Umsetzung
Wenn G ·/. K1 ·/. K2 ·/. R < Null, dann Umsetzung
Inwieweit Anreize zur Umsetzung von Panel-Entscheiden bestehen, hängt im
wesentlichen von dem Gewicht ab, das folgenden Faktoren zugemessen wird:
Innenpolitischer Gewinn aus der Weiterführung/Beibehaltung
handelsbeschränkender/handelsverzerrender Maßnahmen: Politische Unterstützung
durch den Nutznießer solcher Maßnahmen (Beispiel: US-Stahlindustrie im Falle der
Stahlzollerhöhung im Frühjahr 2002).
Innenpolitische Kosten aus der Weiterführung/Beibehaltung
handelsbeschränkender/handelsverzerrender Maßnahmen: Politische Gegnerschaft
durch den Leidtragenden solcher Maßnahmen (Beispiel: Stahl verbrauchende Industrien
in den USA im Falle der Stahlzollerhöhung im Frühjahr 2002).
Innenpolitische Kosten durch Sanktionen von Seiten der Handelspartner(Beispiel: von
der EU angedrohte Vergeltungsschläge (Importrestriktionen) gegen US-Produkte aus
politisch besonders sensiblen Bundesstaaten (wie z.B. Harley-Davidson-Motorräder aus
54
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Wisconsin und Zitrusfrüchte aus Florida) im Falle der US-Stahlzollerhöhung im
Frühjahr 2002).
Negative internationale Reputationseffekte.
Nur wenn die erwarteten internationalen Reputationskosten höher sind als die
innenpolitischen Vorteile, die per Saldo mit der betreffenden restriktiven Handelspolitik
assoziiert werden, würde demnach Panel-Entscheiden Folge geleistet.
Statistik zur Streitschlichtung
Streitschlichtungsverfahren in der WTO, 1995-2007a)
Beklagter
Kläger
a)
b)
c)
d)
e)
EU
USA
Japan
übrige IL
EL
Gesamt
EU
/
13
0
1
9
23
USA
2
/
4
5
10
21
Japan
0
3
/
0
0
3
übrige ILb)
1
10
0
2
3
17
ELc)
10(1e))
18(2e))
1
3
13
45
Gruppend)
5
3
1
4
4
18
Gesamt
18
47
6
15
39
125
Bis einschl. Dezember 2007; Anzahl der Fälle ab Erreichen der Panel-Stufe.
Übrige Industrieländer.
Entwicklungsländer, einschl. Transformationsländer.
Mehrere Kläger aus verschiedenen Länderkategorien.
Mehrere Kläger.
Quelle: WTO, eigene Zusammenstellung.
55
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Streitschlichtungsverfahren in der WTO, 1995-2007a)
In Klammern die Anzahl der gewonnenen Fälle aus der Sicht des Klägers
Beklagter
Kläger
a)
b)
c)
d)
EU
USA
Japan
übrige IL
EL
Gesamt
EU
/
13 (11)
0
1 (1)
9 (9)
23(21)
USA
2 (1)
/
4 (3)
5 (5)
10 (9)
21 (19)
Japan
0
3(2)
/
0
0
3 (2)
übrige ILb)
1 (0)
10 (8)
0
2 (2)
3 (2)
16 (12)
ELc)
10 (9)
18 (16)
1(1)
3 (3)
13 (3)
45 (40)
Gruppend)
5(5)
3(3)
1(1)
4 (3)
4 (4)
18 (16)
Gesamt
18(16)
47 (40)
6 (5)
15 (14)
39 (35)
125
(110)
Bis einschl. Dezember 2007; Anzahl der Fälle ab Erreichen der Panel-Stufe.
Übrige Industrieländer.
Entwicklungsländer, einschl. Transformationsländer.
Mehrere Kläger aus verschiedenen Länderkategorien.
Quelle: WTO, eigene Zusammenstellung.
Streitschlichtungsverfahren in der WTO, 1995-2007a)
In Klammern die Anzahl der eingesetzten Appellate Bodies
Beklagter
Kläger
a)
b)
c)
d)
EU
USA
Japan
übrige IL
EL
Gesamt
EU
/
13 (10)
0
1 (0)
9 (5)
23 (15)
USA
2 (2)
/
4 (2)
5 (3)
10 (6)
21 (13)
Japan
0
3 (3)
/
0
0
3 (3)
übrige ILb)
1 (1)
10 (6)
0
2 (1)
3 (2)
16 (10)
ELc)
10 (7)
18 (13)
1 (1)
3 (2)
13 (6)
45 (29)
Gruppend)
5 (3)
3 (3)
1 (1)
4 (4)
4 (3)
18 (14)
Gesamt
18 (13)
47 (35)
6 (4)
15 (10)
39 (22)
125
(84)
Bis einschl. Dezember 2007; Anzahl der Fälle ab Erreichen der Panel-Stufe.
Übrige Industrieländer.
Entwicklungsländer, einschl. Transformationsländer.
Mehrere Kläger aus verschiedenen Länderkategorien.
Quelle: WTO, eigene Zusammenstellung.
56
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
Dispute Settlement in the WTO: Cases 1995-20081
Respondent
1 complainant EU
Several
complainants
1
EU
USA
Japan
Other
developed
economy2
Economy
in
transition
Developing
economy
LDC
Total
/
12
0
1
0
9
0
22
USA
2
/
3
4
0
11
0
20
Japan
0
3
/
0
0
0
0
3
Other
developed
economy
2
7
0
2
0
1
0
12
Economy in
transition
0
0
0
0
0
1
0
1
Developing
economy
8
19
1
2
0
14
0
44
LDC
0
0
0
0
0
0
0
0
Several
developed
economies
2
2
1
2
0
5
0
12
Developed and
developing
economy/ -ies
4
2
0
0
0
0
0
6
Several
developing
economies
0
2
0
0
0
0
0
2
Total
18
47
5
11
0
41
0
122
Cases in which a panel was established. 2 Canada, Iceland, Switzerland, Norway, Australia and New Zealand.
Source: WTO; own compilation and calculation.
57
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
ANHANG 1: STAND DER DOHA-RUNDE
Teil 1:
WTO: 2009 NEWS ITEMS
23 October 2009
TRADE NEGOTIATIONS COMMITTEE
Lamy calls for intensified, text-based Doha negotiations to bridge gaps.
Recent talks among senior negotiators have seen no backsliding on ambition in the
Doha Round, but no tangible progress either, Director-General Pascal Lamy concluded
on 23 October 2009 when he summarized the overall situation for the Trade
Negotiations Committee, which he chairs. This is what he said:
Thank you all for coming to this meeting.
As I foreshadowed at Tuesday's General Council, and in the fax I sent out to delegations
convening this meeting, I think it is useful for us today to review what has happened in
this week in light of renewed activity in Geneva following the work programme we
adopted a month ago. I also think it useful that we discuss the next steps in our work for
November, so that the week of negotiations benefiting from the presence of Senior
Officials — 23-27 November, can register a qualitative change in the negotiating
dynamics and progress on substance.
As I indicated in my statement to the General Council which was circulated to
delegations in document JOB(09)/143, in addition to Chairs' consultations and small
group meetings that have been taking place during this week, I also held consultations
on the key issues of agriculture, NAMA (Non-Agricultural market Access) and Services
together with the respective chairs, in variable geometry, with a view to providing
Members with avenues for engagement. In addition, I held a Green Room meeting
yesterday afternoon and I will be reporting to you shortly on these consultations.
Let me now briefly review each area of the negotiations in turn, starting with the areas I
held consultations on this past Wednesday.
First, Agriculture. As has become clear during the course of this week, work in
agriculture is proceeding smoothly and with the full of support of Members on a twotrack approach. One track, template work, is advancing with contributions from many
Members. Step 1 of this template work concerns the identification of base data and
appropriate tables; this Step is expected to conclude soon with work to start in
58
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
November on Step 2, namely the preparation of the templates to be used for scheduling
commitments.
The other track of work in agriculture is the Chair's informal consultations on the
bracketed and otherwise annotated issues in the draft modalities and associated
documentation. There have been discussions on domestic support and market access
issues, including useful work on sensitive products, tariff cap, TRQ expansion and tariff
simplification. In November these consultations will broach the S&D issues in the
modalities — SSM, special products, tropical products, preference erosion - with then
the opportunity in December to return to some of the matters.
My sense from consultations which have taken place this week is that there is a
collective endeavour to not lowering the current level of ambition in agriculture.
In sum, the work in agriculture is re-engaged, has the support of Members and is
moving forward. I strongly encourage you to continue in this vein, knowing that all
issues need to be resolved to conclude these negotiations.
Turning now to NAMA, my consultations this week have focussed on how to move
forward the NTB negotiation. You will recall that during the year, the Negotiating
Group has been discussing the various NTB textual proposals through a process of
questions and answers. This exchange has contributed to a better understanding and
clarification of the different proposals. However, there still remains a lot of work to be
done. This is what has emerged from the consultations I held. There are proposals that
are more mature than others, there are texts which relate to the same sector and where
marrying them might be necessary, and finally there are still proposals that remain to be
developed into legal texts.
Concerning next steps, there is a NAMA week beginning on 2 November, during which
some NTB proposals will be discussed in an open-ended meeting. Following this
meeting, the Chair intends to hold consultations in different formats on the various
proposals with a view to making progress on them. So, as mentioned earlier, much
technical work remains to be done on this complex area of the NAMA negotiation and
negotiators now have to work on developing language.
On Services, the purpose of my consultations was to clarify the way ahead and how best
to proceed with these negotiations at this stage. The focus was mainly on the market
access pillar but also briefly touched upon the rule-making side as well as the
implementation of LDC modalities.
59
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Vorlage:Nomos5_D.Dot
19.11.2009 12:17:00
It was stressed that the services negotiations cannot be separated from the rest of the
DDA and that as we progress on Agriculture and NAMA, we need to have
commensurate clarity on services. There was also the general sense that while some
time had passed since the Signalling Conference of July 2008, and while recognizing
that those signals were conditional, there were no intentions of back-tracking. While it
was recognized that more clarity should be pursued by bilateral and plurilateral
meetings, it was also understood that whatever comes out of such efforts, should not be
labelled as “final offers”.
On the rule-making part, there was a general feeling that work should be intensified on
domestic regulation, and that senior officials should pay more attention to the rulemaking agenda within services, focusing on text based negotiations. The week of 9
November has been designated as a “services week” to pursue desired levels of comfort
on all areas of the services negotiations including the implementation of LDC
modalities, which have reached a stage of preparation allowing involvement of a larger
number of Members.
Let me also take the opportunity if this meeting to briefly detail work in other
negotiating areas which has taken place over the last weeks.
In the Rules area, work has proceeded in accordance with the Group's work programme.
The Group held a two-week cluster from 16-25 September, and another cluster is
scheduled for next week. On anti-dumping and subsidies, the Group continues to review
the Chair's text of December 2008, including bracketed, un-bracketed and unaddressed
issues, a process which should be completed early next year. On fisheries subsidies, the
Group expects to complete discussion of the Roadmap, and to begin consideration of
new proposals as requested by various delegations, by December. The group has a full
rules cluster next week where delegations will have a further opportunity to engage. On
regional trade agreements (RTAs), the Chair is consulting informally with Members on
how to advance in various questions relating both to the transparency of RTAs and
systemic issues.
Concerning the negotiations on the register of GIs for wine and spirits, the Chair held
consultations with a small group of delegations on 18 September during the first SOM
week when he proposed a work programme for the coming months. With regard to
methodology, he indicated that his aim would be to move from exchanges on the
different positions currently on the table, towards a focused substantive discussion
based on a list of four questions suggested by himself, which would in turn evolve into
some “Chair's papers”.
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An open-ended informal meeting was held on 2 October for transparency purposes and
also to consult with delegations on how to organize the work in October and November.
He indicated his intention to present a short handover report, updating the technical
areas already addressed in his predecessor's report (TN/IP/18 of June 2008) with some
indications as to moving towards solutions. At that informal meeting the Chair indicated
that he would hold a formal meeting this afternoon, to continue on 28 October
afternoon, in order to undertake substantive discussion on the Chair's list of four
questions. Another formal session is scheduled for 25 November 2009.
On Trade and Environment, the CTESS held a Workshop on Environmental Goods
and Services at the end of September with the participation of experts from
governments, the private sector and other international organizations. The workshop
provided an opportunity for in-depth examination of the different environmental goods
sectors, with a particular focus on relevant goods and technologies, their environmental
benefits, and the market drivers and trade barriers faced in these sectors. The workshop
also addressed some development-related aspects of the mandate, including the issue of
technology transfer.
These discussions should provide a useful basis for delegations to engage in the next
phase under the Paragraph 31(iii) work programme, in which Members have been
invited by the Chair to identify environmental goods of interest. Consultations on this
issue, as well as on other parts of the negotiating mandate will be held in the lead-up to
the next CTESS meeting scheduled in November.
In the area of Trade Facilitation, the new agreement is taking shape. In line with the
work programme, the Negotiating Group has successfully completed the first part of its
task of producing a consolidated negotiating text. This text covers GATT Articles V
(transit) and X (transparency), and work has started on the task of consolidating the text
on Special and Differential Treatment. At Group's next meeting in November, the
intention is to consolidate the negotiating text on GATT Article VIII (fees and
formalities), on customs cooperation and on cross-cutting issues in the new Agreement,
and to complete the job of producing consolidated negotiating text on Special and
Differential treatment.
All Members have contributed constructively to this exercise. The Chair has expressed
confidence that the Group will succeed in meeting its target of producing a draft
consolidated negotiating text on Trade Facilitation after its next meeting on the week of
9 November.
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The next and final stage will involve negotiations to narrow down the differences in
positions that are currently reflected in the text so as to arrive at a consensus agreement.
On the negotiations on Special and Differential Treatment, text-based discussions on
the Monitoring Mechanism have been continuing on the basis of the Chairs non paper. I
am pleased to hear that Members have been able to make some progress and further fine
tuned some of the elements contained therein. As a result, the Chairman is in the
process of revising his non paper, which will form the basis for continued discussions
on the Monitoring Mechanism. This work will continue in the small group format, with
open ended meetings being held as and when necessary, to brief the wider Membership
of any developments as well as to give them an opportunity to feed into the process.
Let me also mention the DSU (Dispute Settlement Understanding) negotiations,
although they are not part of the Single Undertaking. In the week of 12 October, the
Chairman of the DSB Special Sessions held a series of consultations to discuss selected
issues covered in the Chairman's text of July 2008, which is the basis for the current
work. These consultations covered proposals relating to transparency, amicus curiae
briefs, remand, and flexibility and Member-control. This was followed by an informal
open-ended meeting of the Special Session to report on the consultations to the entire
Membership. A further series of consultations is scheduled for the week of 9 November.
These consultations will address sequencing, post-retaliation, special and differential
treatment, including compliance-related aspects, and timeframes. With these
consultations, all the proposals covered in the Chairman's text will have been discussed
this year. The Chairman's intention remains to work towards revised text as soon as
possible.
Let me now briefly report to you on the Green Room meeting I held yesterday
afternoon. In essence, the meeting focused on taking stock of the various activities and
meetings that had taken place this past week, including my consultations, and on the
next steps in the process leading to the third week of November where Senior Officials
will come to Geneva again. The meeting also heard reports from a number of
delegations regarding the bilateral and plurilateral processes they had been involved in.
My general impression of the past week has seen useful engagement in focused and
constructive discussions. There has been no backsliding on the level of ambition. But at
the same time, we have not yet seen tangible progress in the negotiations and, overall, I
would say that the current speed with which we are advancing is too slow to arrive at
modalities latest by early next year as we need to do to be in a position to wrap this
Round next year. This is the reality.
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The key now is not process, but rather what happens in the negotiations. Specifically,
we now need to engage in text based negotiations to bridge gaps, particularly on
Agriculture and NAMA which still remain key to these negotiations, but also on
services and on the rest of the topics on our agenda. This is the only way these
negotiations can bear fruit.
I will, as usual, continue working closely with the Negotiating Group Chairs and the
General Council Chairman to help you getting to grips with the substantive issues which
remain open. I will also continue to consult regularly with you, in various
configurations to prepare the next SOM meeting in November. The focus remains, as it
should be, on the multilateral process, which will continue in all areas of the
negotiations in the spirit with which we have worked up to now — a step-by-step and
bottom-up approach with full respect for inclusiveness and transparency.
The November SOMs week needs to be carefully prepared so that it results in progress
which the Ministerial Meeting could take stock of. It has to be a negotiating session, not
a discussion session, and we have to prepare for it collectively!
This concludes my report today. For transparency purposes I suggest that Members who
have taken the initiative of holding bilateral and plurilateral discussions during this
week also report on their activities.
The floor is open.
Teil 2:
WTO: 2009 NEWS ITEMS
17 November 2009
GENERAL COUNCIL
Geneva Ministerial a “unique occasion” to send strong signals on WTO issues — Lamy
Director-General Pascal Lamy, in his report to the General Council on 17 November
2009, said that while the upcoming WTO Ministerial Conference would not be a
negotiating session, it would be “a platform for ministers to review the functioning of
this house,” including the Doha Round, and an occasion “to send a number of strong
signals to the world with respect to the entire WTO waterfront of issues — from
monitoring and surveillance to disputes, accessions, Aid for Trade, technical assistance
and international governance”.
Report by the Chairman of the Trade Negotiations Committee
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19.11.2009 12:17:00
Thank you Mr Chairman.
Since my last report to the General Council on 20 October, I have met with the
Negotiating Chairs and the General Council Chairman on a number of occasions to
exchange views on the overall process and to coordinate activities so as to facilitate the
work of delegations. You will all have received the organizational fax on 10 November
outlining the schedule of meetings during the Senior Officials' Week. The Negotiating
Chairs, the General Council Chairman and I are still fine-tuning this programme with a
view to ensure predictability, inclusiveness and transparency in the context of an
intensive meeting schedule. There may be a few minor changes to the overall schedule
of meetings and I intend to outline these at the informal TNC on 23 November.
Before I provide you with a brief overview of the state-of-play and outlook of the
negotiating groups, let me pay tribute to the Negotiating Chairs for their work and
commitment. The past year has been one of modest, but nevertheless progress in all
areas of negotiations, albeit of a different type. In some cases progress has meant a
better understanding of positions; in some others, however, there has been tangible
progress and we are about to capture this in a draft negotiating text, as is the case with
trade facilitation.
Before the year ends, we still have two weeks of Senior Official engagement which
need to be used to continue to move the ball forward. What is clear is that if we are to
conclude this Round in 2010 as you have pledged to, we will need to take a hard look at
where things stand early in the new year and map the road that would lead us to a
successful result.
With your permission I will report at slightly greater length than normal, in order to
include a brief review of the year's progress in each area. I believe this may be useful to
prepare the up-coming Ministerial Conference.
Let me now turn to a brief overview of each of the negotiating areas:
AGRICULTURE
Following his appointment in April as the new Chair of the Committee on Agriculture
in Special Session, Ambassador Walker held detailed consultations with members to
determine where useful progress could be made, particularly in light of the subsequent
renewed political mandate from the G20 in London and the G8 in L'Aquila. The
consultations included Room E and open-ended informal meetings of the negotiating
group, resulting in a steady programme of technical work and further discussions on
outstanding issues in the texts before the negotiators. Thus, now it has become clear that
work in agriculture is proceeding with the support of members on a two-track approach.
One track, template work, is advancing well, with substantive contributions from
members. Step 1 of this template work concerns the identification of base date and
appropriate tables; it is expected to conclude this month, with Step 2 then to start,
namely the preparation of templates to be used for scheduling. This technical work will
continue with every prospect that it can conclude early in the new year.
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The other track of work in agriculture is the Chair's informal consultations on the
bracketed and otherwise annotated issues in the draft modalities and associated
documentation. There have been discussions on domestic support — where again it is
clear that a solution on cotton is fundamental — and on market access issues, including
useful work on sensitive products, tariff cap, TRQ [tariff rate quota] expansion and
tariff simplification. Starting this week the Chair's consultations will branch the S&D
[special and differential treatment] issues in the modalities with then an opportunity in
December and early in the new year to return to some of these matters.
In sum, the work on agriculture is engaged, has the support of members and holds the
prospect, given political will, of moving towards agreed modalities in the new year. I
strongly urge you to continue in this vein, to keep the level of ambition, knowing that
all issues need to be resolved to conclude the work.
NAMA [non-agricultural market access]
Turning to the Negotiating Group on Market Access, the main activities of the year that
I would report on are as follows:
The Group has spent a substantive amount of time during the year on non-tariff barriers
[NTB]. During the course of the four NTB dedicated sessions held this year, members
were able to deepen their understanding of the NTB proposals through questions and
answer sessions, and discussion. Additionally, workshops have been organized by the
sponsors of some of these proposals in these NAMA weeks in order to further enhance
members' understanding of their proposals. More recently and as a follow-up to the last
senior official meeting, the Chairman of the Negotiating Group has been engaging in a
series of consultations with a view to seeing how we can narrow differences among
delegations on these texts. I believe that the discussions have been good with real
engagement.
You will also recall from my July report that the Negotiating Group has spent time this
year on the technical exercise of scheduling. A Workshop on Electronic Negotiating
Files was organized in July, and this exercise was repeated during the recent Geneva
Week. I would also note that “scheduling” is now a regular component of all NAMArelated technical assistance programmes. Next week senior officials will also be getting
a taste of “scheduling”. In any case, it is a complex but essential exercise and
delegations need to be familiar with the contents of these electronic negotiating files.
Turning to sectorals, during the year, the sectoral negotiation has been led by the
sponsors of such initiatives. They have undertaken technical work which has then been
used in outreach activities. In this regard, information sessions have been conducted by
the sponsors on their various proposals during the NAMA weeks. Members have been
kept appraised of this work through reports by the sponsors in the open-ended
transparency sessions. At this stage I think it would be fair to say that results are
“subliminal”, to borrow an expression used by a Minister at the recent APEC meeting.
Regarding the next steps, a NAMA week has been scheduled for the week of 7
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December. The focus will be NTBs and the hope is that discussions will be pursued on
the basis of updated NTB textual proposals which take account of the comments
exchanged during the previous months.
SERVICES
During 2009, there has been only incremental progress in the services negotiations.
Members agreed early in the year to continue work on the basis of the roadmap
contained in the July 2008 services text, and held several negotiating clusters to further
those objectives. On the market access side, work has concentrated on technical
discussions, in small groups and bilaterals, largely aimed at clarifying signals made at
the July Ministerial gathering. With respect to GATS [General Agreement on Trade in
Services] rules, progress has been minimal in the three areas of subsidies, emergency
safeguards, and government procurement. In domestic regulation, negotiations have
continued on the basis of a Chair draft. On the implementation of LDC [least-developed
countries] modalities, a small group of members has been discussing a draft text of a
waiver, which I understand will soon be forwarded to the Special Session.
It is clear that the services negotiations can only proceed in tandem with those in the
other areas of the DDA [Doha Development Agenda]. Progress will therefore depend on
the extent that progress is achieved in agriculture and NAMA. There is also a need for
balance within the services negotiations, between market access and rule making. On
market access, there is clear room for offers to be improved, while in rule making
further progress needs to be made, especially with respect to the text on domestic
regulation presently under discussion. And in my view, we should be able to make
headway on the issue of the implementation of LDC modalities soon.
Next year, a services cluster is planned for the week beginning 8 February. It is intended
to be a negotiating week similar to that held on 9 November, but will naturally take into
account any direction of the negotiations given by members over the next few weeks.
RULES
Regarding rules, the Chairman circulated new draft texts on anti-dumping and subsidies,
as well as a roadmap on fisheries subsidies, in late December 2008. Thus the
Negotiating Group has focused its efforts in 2009 on working through these documents.
To this end, the Group has continued to meet intensively and on the substance in openended format in week-long clusters in February, May, June, September and October
2009.
The process has been long and sometimes tedious, but the work has advanced. The
Group is likely to have completed its first review of the horizontal subsidies text by its
December meeting, immediately after the Ministerial, and to be near completion of its
review of the anti-dumping text. On fisheries subsidies, it will complete discussion of
the roadmap in December and begin consideration of new proposals by members. It has
also completed a first discussion of possible transposition in the context of differences
between the provisions on anti-dumping and countervail. Next week, the Group will
meet in open-ended session with Senior Officials to take stock.
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There has been some progress on technical issues, and the Group has advanced on some
of the preparatory work necessary for conclusion of the Round. There has not, however,
been any signs of significant convergence on major political issues. To the contrary, the
level of engagement to seek convergence on such issues has been limited. As in other
areas of the negotiations, a renewed level of commitment by all members will be
necessary if we are to bring our work to a successful conclusion.
With respect to Regional Trade Agreements, the Negotiating Group has not met since
early 2007, although there have been small group meetings among interested members
and between interested members and the Chair.
As we all know, the Negotiating Group has already produced a good result in this area
with the adoption of the new Transparency Mechanism on RTAs which has been
operating successfully. It now remains for the Group to review it and agree to make it
into a permanent WTO instrument.
Negotiations on systemic issues of RTAs have unfortunately not progressed and I
understand that the Chair intends to discuss ways of reinvigorating these negotiations
with Senior Officials next week. One cannot but be perplexed by the limited focus by
members over this major systemic issue for the multilateral trading system, especially if
one compares it to the flurry of academic activity on this same topic.
CTD SS [Committee on Trade and Development — Special Session]
On special and differential treatment, work in the Special Session, this year, has focused
on the Monitoring Mechanism. This work, which has largely taken place in small group
format, has been carried out on the basis of the Chairman's non paper which he tabled in
May 2009. Periodic open-ended meetings have also been held to inform the wider
membership of the progress. The Chairman has recently revised his non paper which
will now form the basis of work on the Monitoring Mechanism.
While some progress has been made on elements of the Monitoring Mechanism, there
are still a number of areas where members will need to focus their efforts in order to
reach convergence. In particular, discussions are continuing on the scope of the
Mechanism and on the sequencing of the monitoring process. There are some other
issues, including those relating to the objectives and mandate of the Mechanism, which
would also need to be fine tuned.
In the coming months, the Chairman intends to continue concentrating on closing these
gaps on the basis of his revised non paper. In addition, he is keeping open the possibility
of reverting back to the Agreement specific proposals, depending largely on members
putting forward new ideas and language that will enable progress to be made on these
proposals. The Chairman has also informed me that he will be working in close
collaboration with the relevant Chairpersons to determine the best way to make progress
on the Category II proposals which are being addressed in other WTO bodies.
TRIPS SS [Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights — Special Session]
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The Special Session of the Council for TRIPS, which deals with the multilateral system
of notification and registration of geographical indications (GIs) for wines and spirits —
in short, 'the Register' — held three formal meetings, on 5 March, on 10 June, and on 23
and 28 October, and is scheduled to hold another on 27 November. Between the formal
meetings, the Chair has consulted delegations in various settings - bilaterally, in small
groups and in open-ended informal sessions. The March and June discussions took up
the three categories of issues identified in the Chair's report of June 2008:
•
consequences/legal effects of registrations and participation;
•
notification and registration;
•
and other issues such as fees, costs and administrative burdens, in particular for
developing and least-developed country members, and special and differential
treatment.
The Chair has signalled a need for the negotiating process to move from the restatement of known concerns and established positions towards a substantive, structured
discussion of the issues under negotiation. He has, therefore, structured the discussions
since June around a list of four questions drawn up on his own responsibility. The two
first questions relate to consequences/legal effects of the Register, the third question
concerns members' participation in the Register, and the last addresses special and
differential treatment.
The issue of consequences/legal effects continues to be the core of the discussions.
Several delegations have very usefully explained what the implementation of the
proposed systems would entail in their current domestic laws, e.g. how the information
on the Register could be taken into consideration or account. There is a serious division
between delegations as to whether the entry of a geographical term on the Register by
one member should produce a prima facie evidence of the eligibility of that term for
protection as a GI in any other member. Further progress in discussing the other
questions of the Chair's list and issues such as fees, costs or administrative burdens
largely depends on the resolution of the major stumbling block of consequences/legal
effects.
As you know, Ambassador Clarke is preparing a handover report in view of the formal
meeting of 27 November and will be consulting delegations in the coming days. In
addition to reporting on the work hitherto achieved, he would, based on the discussions
he has conducted, seek to identify in his report the areas where there seems to be some
convergence of views and those where differences remain.
TRADE FACILITATION
Good progress has been made this year on trade facilitation and the outlines of a new
Agreement are beginning to take shape. In the first six months of the year, the
Negotiating Group built on its compilation of members' proposals, and comments on
those proposals, on all elements of the mandate — GATT Articles V, VIII and X,
special and differential treatment, and Customs cooperation.
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In September, members agreed to take their work to the next level by drafting a
consolidated negotiating text. That process has proceeded well, under the Chairmanship
of Ambassador Sperisen-Yurt and with the assistance on the issue of S&D of the Friend
of the Chair, Matthew Wilson of Barbados. Last week, the Negotiating Group
completed its review of all issues in its mandate and a draft consolidated negotiating
text will be issued in the next few days.
Negotiations on the consolidated text will start again early in the new year to narrow
down areas of disagreement and produce a consensus result.
ENVIRONMENT
In trade and environment, members agreed to continue working on the basis of the
Work Programme contained in the July 2008 Chair's Report to the TNC with updated
timeframes. With respect to the relationship between WTO and MEAs [multilateral
environmental agreements], a process of consultations has been initiated to clarify
further the areas of convergence and outstanding issues with the objective of preparing
for text-based negotiations.
On environmental goods and services, members had exchanged ideas and examined in
more detail key environmental sectors at a workshop held in September. This has
provided a useful basis for the next phase under the Work Programme, where
delegations are expected to identify environmental goods of interest and put forward
concrete proposals on cross-cutting and development-related issues, without prejudice
to members' positions.
This exercise has formally started and a few contributions have already been made by
certain members, while others have given indications that work is still being undertaken
in capitals to come forward with submissions on goods of interest and on cross-cutting
issues. The CTESS [Committee on Trade and Environment — Special Session] will be
meeting later this week and again in mid-February to continue negotiations pursuant to
the Work Programme. The discussions will require engagement on a broad basis and
substantive inputs from members for a successful outcome to be achieved in the
negotiations. Hopefully, there is scope for further technical work to be undertaken in
this area and linkages with other areas of the negotiations should not prevent this work
from going forward.
DISPUTE SETTLEMENT
In 2009, the Chairman of the DSB [Dispute Settlement Body] Special Session continued
his series of week-long group consultations with interested delegations. The
consultations aimed at addressing the universe of 12 issues covered in the text that the
Chairman issued in July 2008, and were based on the drafting proposals reflected in that
text. Each week of consultations ended with a brief informal meeting of the DSB
Special Session, where the Chairman reported back to the membership at large and
discussed the steps ahead.
Three of the 12 issues have not been covered in the consultations this year; they will be
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addressed at a further week of consultations scheduled for January. Following that
discussion, the Special Session will have covered the complete universe of 12 issues
addressed in the Chairman's Text of July 2008. Accordingly, at that point the Special
Session will take stock of the progress made since the issuance of the Chairman's Text,
and assess how it can move forward towards a prompt conclusion of the DSU [Dispute
Settlement Understanding] negotiations as mandated by Ministers in Hong Kong.
Discussions in 2009 have been useful, but still much remains to be done to bridge the
differences on the drafting language reflected in the Chairman's Text. During the
coming weeks and early next year, the Chairman will consult with delegations
individually and in groups on how to adjust the negotiating process with a view to
successfully concluding the DSU negotiations.
GIs AND CBD [Convention on Biological Diversity]
Turning to the two TRIPS issues on which I have been mandated to pursue
consultations as Director-General - the relationship between TRIPS and the CBD and
the extension of Article 23 GI protection - I can report continued progress in working
through the substantive issues, although we are plainly not on the verge of a
breakthrough either on the modalities of how we are to take forward these issues beyond
the consultation process nor on the content of what a substantive outcome would look
like. That is not to minimize, however, the significance and value of the concrete,
focussed and thoughtful dialogue that we are conducting. As for all participants on both
issues, I sense that we have a clearer grasp of the central policy issues and legal options,
and the concerns and interests that drive members' positions in these sensitive policy
areas.
We are halfway through the current phase of work, that is a series of thematic clusters
of questions posed by participating members, with the next set of consultations now
scheduled for 9 December expected to work through the remaining clusters. Then,
frankly, we will have to consider realistically where we stand, what we have learned
from the process so far, how we can harvest in a usable form the understanding gleaned
from these consultations, and then how to build on this foundation in the new year.
RECENT CONSULTATIONS
Let me also briefly report to you on my recent participation in meetings of African
Trade Ministers in Cairo as well as my discussions with the Trade Ministers of APEC.
At both of these meetings, I briefed Ministers on the state-of-play of the DDA
negotiations in Geneva as well preparations for the Ministerial Conference. I stressed
that the timing of this meeting was very opportune because it would allow Ministers to
send a very clear and strong political message that concluding the DDA in 2010 remains
a priority and that the work programme until the end of this year provides the launchpad for a further intensification and a further push towards modalities in the first quarter
of next year. The message that I have taken back from these meetings is one of
commitment to the conclusion of the DDA in 2010 and recognition of the important role
of the WTO in the context of global economic developments.
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THE MINISTERIAL CONFERENCE
Mr Chairman, in less than two weeks your Minister will be calling the 7th Ministerial
Conference to order and open the proceedings. It will be the first time in almost four
years that we bring together our political masters to review the activities of the
multilateral trading system and provide the necessary guidance to the institution for the
next few years. In other words, the forthcoming ministerial gathering is long overdue.
We have all agreed that this regular Ministerial Conference will not be a negotiating
session and that the DDA is on its own, separate track. At the same time, I think we
agree that what is needed more than anything in the current economic situation is a
platform for ministers to review the functioning of this house in its entirety and to renew
their commitment to a strong, well functioning multilateral trading system. The DDA
clearly ranks among such issues. I see the upcoming Ministerial Conference as a unique
occasion for the WTO membership to send a number of strong signals to the world with
respect to the entire WTO waterfront of issues - from monitoring and surveillance to
disputes, accessions, Aid for Trade, technical assistance and international governance.
On this latter point, I think we have a collective interest in setting a positive and
constructive tone for international cooperation ahead of the Climate Change Summit in
Copenhagen.
I hope the presence of Senior Officials in Geneva next week will set the stage for a
positive Ministerial Conference. I believe we all have an interest in taking a
constructive, yet honest assessment of the engagement in the Geneva process across the
board of the DDA to the Conference. This would be conducive to a successful
ministerial meeting and towards facilitating the political commitment needed to
conclude the Round next year.
Finally, you will have seen the schedule of meetings for the up-coming Senior Officials'
Week. To provide delegations with a certain amount of predictability for that week and
to ensure a high degree of transparency and inclusiveness, I intend to hold an informal
TNC on Monday 23 November in the afternoon. At the end of the week, on Friday 27
November, I will also be holding an informal TNC to “wrap up”, so to speak, the Senior
Officials' Week and to provide my assessment of the week's activities. That assessment
will, of course, also be circulated to delegations ahead of the Ministerial Conference and
will, I believe, set the tone for the principles of Full Participation, Inclusiveness and
Transparency that you, Mr Chairman, have identified for the meeting.
This concludes my last report today, Mr Chairman. It is a bit longer than is normally the
case, but I thought it would be important to provide members with a somewhat more
comprehensive re-cap of where we are at this juncture.
Thank you.
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ANHANG 2: STREITSCHLICHTUNG
WTO: 2009 PRESS RELEASES
PRESS/578
6 November 2009
DISPUTE SETTLEMENT
WTO disputes reach 400 mark
On the eve of its 15th “birthday”, the WTO earlier this month reached the milestone of
having the 400th trade dispute brought to the body’s dispute settlement mechanism.
“This is surely a vote of confidence in a system which many consider to be a role model
for the peaceful resolution of disputes in other areas of international political or
economic relations,” said Director-General Pascal Lamy to mark the occasion.
On the eve of its 15th “birthday”, the World Trade Organization (WTO) earlier this
month reached the milestone of having the 400th trade dispute brought to the body's
dispute settlement mechanism. Since coming into existence in January 1995, the WTO's
153 members initiated an average of approximately 27 disputes per year under the
provisions of the Dispute Settlement Understanding, the WTO treaty governing the
settlement of all disputes among the organization's members.
“This is surely a vote of confidence in a system which many consider to be a role model
for the peaceful resolution of disputes in other areas of international political or
economic relations,” said WTO Director-General Pascal Lamy to mark the occasion.
“All the political muscle-flexing and grandiloquence is discarded at the door once the
case enters the WTO.”
Of the 400 cases filed so far, approximately half have eventually been settled directly
between the parties, under the system's mandatory consultation requirements, without
going to litigation. Of the remainder, 169 have been the subject of panel and, where
appealed, Appellate Body proceedings, 17 are currently in adjudication, and 12 are still
the subject of active consultation between the parties.
“The dispute settlement system is widely considered to be the jewel in the crown of the
WTO,” said DG Lamy. “Some critics claim that the system is monopolized by the
developed countries, especially the US and EC. Certainly, these two trading giants are
the most frequent users of the system. This is not surprising since they are the world's
biggest traders, as is increasingly the case with China. But the figures also show that
developing countries do not play coy hand-maidens to their richer trading partners.
During the period 1995-2009, developing countries have been complainants in more
than 45 per cent of all cases, and have been respondents in more than 42 per cent of the
cases.
“No trade negotiator enters a negotiation without some assurance that the agreements he
negotiates will be underpinned by a credible dispute settlement system. The ongoing
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review of the functioning of the WTO's dispute settlement system has given rise to
many proposals for clarification and improvement. But WTO Members agree that, as
the bedrock of the multilateral trading system, the dispute settlement system will not be
subject to any seismic shift in its fundamental structure as a result of the Members'
deliberations,” said DG Lamy.
WTO members involved in disputes
(Total No. of disputes: 400 as of 2 November 2009)
Member
Complainant Respondent
Antigua and
Barbuda
1
0
Argentina
15
16
Australia
7
10
Bangladesh
1
0
Belgium
0
3
Brazil
24
14
Canada
33
15
Chile
10
13
China
6
17
Chinese Taipei
3
0
Colombia
5
3
Costa Rica
4
0
Croatia
0
1
Czech Rep
1
2
Denmark
0
Member
Complainant Respondent
Ireland
0
3
Japan
13
15
Korea
13
14
Malaysia
1
1
Mexico
21
14
Netherlands
0
1
New Zealand
7
0
Nicaragua
1
2
Norway
3
0
Pakistan
3
2
Panama
5
1
Peru
2
4
Philippines
5
5
Poland
3
1
Portugal
0
1
Romania
0
2
Singapore
1
0
1
Dominican
Republic
0
3
Ecuador
3
3
Slovak Rep
0
3
Egypt
0
4
South Africa
0
3
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European
Communities
81
66
France
0
3
Germany
0
Spain
0
1
Sri Lanka
1
0
Sweden
0
1
Switzerland
4
0
Thailand
13
3
0
2
1
Greece
0
2
Guatemala
7
2
Honduras
6
0
Trinidad &
Tobago
Hong Kong,
China
1
0
Turkey
2
8
0
2
Hungary
5
2
United
Kingdom
India
18
20
United States
93
107
Indonesia
4
4
Uruguay
1
1
Venezuela
1
2
Summary of disputes (as of 2 November 2009)
To date, 400 disputes have been brought to the WTO, of which:
74
•
84 appear to have been resolved bilaterally but for which no outcome notified to
WTO
•
95 were resolved bilaterally for which outcome notified to WTO
•
23 were resolved bilaterally after a panel was established but before the panel
was composed
•
12 are currently the subject of active consultations between parties
•
186 went into litigation
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Disputes per Year:
Year
Disputes
1995
25
1996
39
1997
50
1998
41
1999
30
2000
34
2001
23
2002
37
2003
26
2004
19
2005
11
2006
21
2007
13
2008
19
2009
12
(as of 2 Nov.)
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