Im Camp der Wehrhaften
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Im Camp der Wehrhaften
Cool Nicole Sturzenegger, 28, und Freund Thomas Pulver, 32 (mit seiner Condor A 580) auf dem Old timer-Gelände. Bei 33 Grad schafft das Glace nur kurz Abkühlung. Die Offiziersuniform Ordonnanz 1949 hat sich die Physiotherapeutin aus Effretikon ZH vor Kurzem für 150 Franken gekauft. Im Camp der Wehrhaften Das waren noch Zeiten! Beim CONVOY TO REMEMBER in Birmenstorf AG treffen sich Tausende von Fans alter Militärfahrzeuge. Auch viele Junge und Familien lassen sich von ratternden Panzern und heulenden Jeeps begeistern. 52 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 53 Der Aargau ist begeistert, als der Korso durch den Kanton rollt 54 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE Willkommen! Hunderte ArmeeOldtimer nehmen an der Ausfahrt teil, Tausende Zuschauer säumen die Strassen. Hier ob Thalheim AG werden der Aargauer Besitzer eines Willys-Jeeps und seine Mit fahrer begrüsst. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 55 56 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE Stimmung gut Die Gäste des Restau rants Grenzstübli singen das Lied «Gilberte de Cour genay». Am Klavier gibt Daniel Lutziger aus Birmenstorf den Ton an. Tough Guy Frank Hufenus, 52, aus Reitnau AG mit seiner Frau Ines, 37. Geheiratet haben sie am Convoy 2010. Er hat gerade einen Einsatz als D-Day-Fallschirm springer hinter sich. Living History Floyd Bähler, 50, aus Teufenthal AG und seine Frau Anita, 38, in ihrem Zweit-Welt kriegs-Camp. Er trägt eine InfanterieUniform der 2nd Armored Divison der Alliierten. Die Maschinenpistole Thompson 28 ist eine nicht funktionsfähige Deko-Waffe. Anita trägt das Kleid einer US-Krankenschwes ter von anno dazumal. So wars Bruno Wickihalder, 45 (r.), aus Sursee LU und sein Sohn Pascal, 17, übernachten im Materialwagen des Detachements 40. Der Steyr A 680 stand im Dienst der Schweizer Armee. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 57 Vive la France! Andreas Joost, 69, aus Hinwil ZH, Jürg Stübi aus Ebertswil ZH und Thomas Uhler, 49, aus St. Gallen (v. l.) lassen die Fremdenlegion auferstehen. Ihre Uniformen wurden 1942 bei der Schlacht im libyschen Bir Hakeim g etragen. Nagelschuhe gaben Halt in den Steinwüsten Nordafrikas 58 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 59 Im «Grenzstübli» gehts zu und her wie anno dazumal Ende Feuer Männer des Detachements 40 stellen eine Gefechtsübung von Schweizer Zweit-Weltkriegs-Soldaten nach. Sie tragen originale Ordonnanz-Uniformen 1940 und Karabiner 31. Publikumsmagnet Pius Länzlinger mit Sohn Fabio, 5, auf seinem US-Panzer Stuart M3. Dem Kollegen Daniel Keller, 46 (r.), aus Guntershausen TG gehört der Dodge WC 52. Bei diesem stehen und sitzen Kellers Frau Priska, 45 (l.), Tochter Yvonne, 11, Sohn Silas, 13, und Länzlingers Frau Beatrice, 45. Am Schärme Das Restaurant Grenzstübli von Susanne Meile aus Birmenstorf (Bild) liegt hinter Stachel draht und Rhein auf Schweizer Seite. 60 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 61 TEXT THOMAS KUTSCHERA FOTOS NICOLAS RIGHETTI G eneral Guisan schaut von der Wand, daneben hängen Plakate der Schweizer Armee aus dem Zweiten Weltkrieg. Aus dem Radio scheppert Marschmusik. Andreas Degasper beugt sich über einen Artikel, der vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs berichtet. «Genau so sah es damals in den Schweizer Soldatenstuben aus», sagt der 59-jährige Kaufmann aus Dottikon AG. Es ist Sonntag, 14. August 2016, nur das Päckli Marlboro Gold stammt aus der heutigen Zeit. Degasper sitzt in der «Soldatenstube», einer Beiz auf dem Gelände des Convoy to Remember. Zum siebten Mal findet das schweizweit grösste MilitärOldtimer-Treffen hier im aargaui schen Birmenstorf statt. 25 000 Zu schauer bestaunen während der drei Tage die 630 alten ArmeeFahrzeuge, die von ihren Besitzern aus 15 Ländern – vor allem aus der Schweiz – präsentiert werden. Im Open-Air-Museum herrscht familiäre Stimmung, die Fahrzeugbesitzer schlafen in Militärzelten oder in ihren Wagen. Besucher Hans Frei, 72, Lastwägeler aus Niederglatt ZH: «Mich interessiert die Technik, andere sind von der Militärgeschichte fasziniert.» Pius Länzlinger und seine Familie sind mit grobem Geschütz angereist: einem Kettenpanzer Stuart M3, einem Radpanzer Ford M8 und einem Amphibienfahrzeug Weasel T24. Ein Tieflader hat den 13 Tonnen schweren M3 transportiert, von daheim in Rüthi im St. Galler Rheintal. 62 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE «Die Uniformen der U.S. Army waren schnittiger als Wie im Film Andreas Degasper, 59, aus Dottikon AG in der « Soldatenstube» des Detachements 40. Er trägt eine Sommer uniform der U.S. Air Force in Europa. die der Schweizer Armee» ANDREAS DEGASPER «Ein wichtiger Anlass» OKChef Adrian Gerwer, 53 (l.), ist stolz, an der Eröffnung Armeechef André Blatt mann, 60, begrüssen zu dürfen. Dort hat Länzlinger, Inhaber einer Firma für Erdbohrungen, in einer Halle acht Panzer stehen. Darunter zwei Centurion Mk 5. Alle Fahrzeuge, die der 45-Jährige am Convoy dabeihat, sind in der U.S. Army im Einsatz gestanden, der M3 ab 1940 in Afrika gegen General Rommel. 2009 hat ihn der passionierte Mech in England gekauft und vor Kurzem res tauriert. «Manchmal spricht er zu mir», erzählt er – einmal, «als ich tief unten im Motor eine Pa tronenhülse Jahrgang 1941 fand.» Hunderte Besucher stehen vor seinen Panzern, fachsimpeln, fotografieren. Ab und zu nimmt er einen Glückseligen mit auf eine kurze Fahrt durch die nahe Kiesgrube. Fünf Liter Benzin pro Minute schluckt sein Ungetüm. Es rattert und staubt. Laut wirds auch, als die Patrouille Suisse ihre Kunststücke in die Luft zaubert. «Wir müssen unserer Sicherheit Sorge tragen!», ruft Armeechef André Blattmann in seiner Rede. Die Reiter des KavallerieSchwadrons 1972 salutieren. Auch Convoy-Gründer Adrian Gerwer hat eine Forderung: «Wir sollten uns immer wieder daran erinnern, dass die Alliierten Europa von der Hitler-Diktatur befreit haben.» Genau dies haben sich die Reenactors im gleichnamigen Camp auf die Fahne geschrieben. Dort präsentieren sich Gruppen, die die Militärhisto- rie der letzten 80 Jahre mit Originalgegenständen auferstehen lassen. Zwei Dutzend solcher Reenactor-Gruppen gibts in der Schweiz, mit Hunderten von Mitgliedern. Eine davon: die Interessengemeinschaft Star Feeling, gegründet von Floyd Bähler, 50, aus Teufenthal AG. Im Militär war der gelernte Kunstschlosser Gefreiter. «Wir leben und erklären den Besuchern den D-Day, o hne Kampfhandlungen. Wir sind keine Kriegsverehrer.» Am 6. 6. 1944 begann die Landung der Alliierten an der Küste der Normandie/F. Vor einem Jahr besuchte Bähler mit seiner Frau einmal mehr das Schlachtfeld am Omaha Beach bei Colleville-surMer. «Es kamen Tränen hoch.» Einen Steinwurf entfernt ist Army-Fan Andreas Degasper noch immer zu Gast in der «Soldatenstube». «Die Amerikaner hatten die schnittigeren Uniformen als die Schweizer Armee.» Karin Baschung, 43, aus Olten SO serviert ihm eine Portion Bohnen, Speckwürfeli und Kartoffeln, in einer Gamelle. Die gelernte Kaminfegerin gehört zum Verein Detachement 40. «Wir wollen den militärhistorischen Alltag unserer Gross- und Urgrosseltern begreifbar machen.» Am Nebentisch hocken ein paar Jugendliche aus der Innerschweiz. Bei einem Glas Most, in Bluejeans und T-Shirt. «Interessant, in diese Welt einzutauchen», sagt einer. «Doch ich bin froh, im Hier und Heute zu leben.» Good bye Geraldine Granget aus Suhr AG hat den Plausch in der Condor A 750 von Egbert de Vries, 59, aus Lenzburg AG. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 63