Endlich was zu - Balearic Sportfishing
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Endlich was zu - Balearic Sportfishing
Spanien Fliegenfischen auf Mallorca N Ein Weißer Thun im Drill. Unglaublich, aber wahr: Solche Albacores fängt man vor Mallorca. Auch mit der Fliegenrute! Endlich was zu Ballermann und Hitzschlag am überfüllten Strand... Mallorca? Nee, lass mal gut sein! Ich verrate Ihnen etwas: Sagen Sie „Ja“, wenn die Familie nach Mallorca möchte, denn als Fliegenfischer bekommen Sie es dort mit Meeräschen, Wolfsbarschen, Bluefish, Palometas und sogar mit dem Thun zu tun… von Michael Werner 66 FliegenFischen.de /2014 Fotos: K. Werner (4), M. Werner ! n u h T Michael Werner mit Skipjack, gefangen mit der Fliegenrute vor Cala d’Or. orwegen ist super, meinetwegen auch Dänemark. Aber Malle? Ich könnte wetten: Gibt man bei Wikipedia „Anti-Angel-Urlaub“ ein, erscheint ein Mallorca-Bild und der Hinweis, dass Urlaub ohne Angeln kein Urlaub ist, sondern die Höchststrafe! Ich kenne sogar jemanden (Hallo, Christian), der seiner Frau glaubhaft versichert hat, dass Fliegenfischer, die nach Mallorca reisen, sterben… Das stimmt soooo nicht ganz, zumindest habe ich vor etwa 15 Jahren eine Mallorca-Reise überlebt. Gestorben bin ich nur vor Langeweile… Wahrscheinlich hätte ich nie wieder einen Fuß auf diese Sonneninsel gesetzt, wären nicht zwei Dinge zusammengekommen: 1. Meine Familie wollte nach Dänemark, Norwegen und Island dann doch mal endlich in die warme Sonne. 2. Ich traf einen Fliegenfischer, Michael Standor, der sich auf Mallorca bestens auskennt und mir von den Möglichkeiten erzählte, die diese Insel zu bieten hat. Ich hörte mir Geschichten von Stauseen mit Forellen, Schwarzbarschen und Zandern an, von in den Meeräschenschwärmen raubenden Wolfsbarschen, Bluefish und Palometa, von Skipjacks und Albacores, die dicht vor der Küste gefangen werden, von Schwertfischen und riesigen Blauflossenthunen... STOP! Das glaubt doch kein Mensch! Stausee und Forellen? Okay, meinetwegen auch Wolfsbarsche in den Hafen- becken. Aber Skipjacks und Albacores vor der Küste von Mallorca? Das wüsste ich wohl, wenn diese zwischen 5 und 10 Kilo schweren Thunarten da unten vor der Küste in solchen Mengen rumkreuzen würden, dass man sie gezielt fangen könnte. Und Schwertfisch und Blauflossenthun, die wird es sicher da unten irgendwann mal gegeben haben, wahrscheinlich zur Zeit der Punischen Kriege. Hatte Karthago nicht irgendwann mal auch Mallorca besetzt… Mein Gegenüber, der fliegenfischende Mallorca-Insider, muss meine Gedanken gespürt haben, denn Michael Standor holte sein Notebook aus der Tasche, klappte es auf – und meine Kinnlade klappte runter! Noch am gleichen Abend, wir saßen beim Abendessen, eröffnete ich der Familie, dass wir im Sommer „leider zum Angeln“ fahren müssten. Der süßlichsaure Blick von Tochter Meira sprach Bände, frei übersetzt „Papa, ich hab echt kein Bock auf Fleece und Neopren! Nee, nicht schoooon wieder, echt nicht!“ Als ich von dem Plan erzählte, mit ihnen nach Mallorca zu fliegen, kam die Frage, die ich mir insgeheim auch stellte: „Fängt man denn da was…?“ Ich sagte „glaub schon“ und „das werden wir rausfinden“ – sicher war ich mir nicht. Wenige Stunden später waren Finca und Flüge gebucht, es gab kein Zurück mehr… Die Finca ist irgendwie ein bisschen „Bacardi Feeling“… Hatte ich erwähnt, dass ich eigentlich nie friere, stundenlang im kalten Wasser stehen kann und trotzdem warme Hände habe? Meine Wohlfühltemperatur endet bei 20 Grad, der gelbe Bereich beginnt bei 24 Grad, ab 28 Grad droht Kernschmelze – das Thermometer des Leihwagens zeigt 34 Grad. Die Kids, Meira und Moritz finden es klasse, meine Frau Karen auch – ich ➜ Eigenes Gerät muss man nicht an Bord nehmen, die „Pilar“ ist auch für Fliegenfischer bestens ausgerüstet. /2014 FliegenFischen.de 67 Spanien Fliegenfischen auf Mallorca Gesagt, getan, gefangen – wenn nur alles so einfach wäre! Als wir frühmorgens im Hafen von Cala d’Or ankommen, sind Michael und sein Freund und Helfer Emilio bereits an Bord der „Pilar“, verstauen Getränke und machen das Boot klar für die Tagestour. Bereits kurz nach der Ausfahrt aus dem Hafen werden die Schleppruten ausgelegt, tintenfischartige Jigs werden weit hinter dem Boot an der Oberfläche geschleppt, die Wobbler dicht hinter dem Boot im weiß schäumenden Schraubenwasser, Michael, Moritz und ich sitzen auf der Brücke, schauen über das spiegelglatte Meer. Unglaublich, wie viel Leben wir sehen! Ein Fliegender Fisch schießt neben dem Boot aus dem Wasser, segelt 20, 30 Meter davon und verschwindet im Dunkelbau 68 FliegenFischen.de /2014 In den Häfen Mallorcas, hier fischt Michael Werner in Cala d’Or, sind nicht nur massenhaft Meeräschen unterwegs, mit Einbruch der Dunkelheit kann man auch Bluefish und Wolfsbarsch fangen! Auf einen Blick Möglichkeiten auf Mallorca Eine 8er Ausrüstung, kleine Fisch-Streamer auf stabilen Haken und Raubfischvorfach, damit ist man für Häfen und Küste gut gerüstet. Die Blüten der Kakteen verraten, wann Raubfische in die Häfen kommen – sind die Blüten geöffnet, sollten Sie fischen… Wer ist eigentlich… Michael Werner? Foto: M. Pflocksch mache mir Gedanken über meinen innerlichen Siedepunkt. Als wir auf der Finca ankommen und aus dem Wagen steigen, fühlen sich die 30-Grad-Plus erstaunlich angenehm an – im Schatten der Palmen kommt im lauen Windzug sogar ein bisschen „Bacardi Feeling“ auf. Die Kinder sind sofort auf Entdeckungstour, kommen alle paar Minuten bei uns vorbei und berichten. Nach einer halben Stunde wissen wir über den Tierbestand der Finca bestens Bescheid: ein Esel, ein Hund, 14 Meerscheinchen mit Jungen, Hühner, Enten und Gänse, dazu ein halbes Dutzend Schafe und – so süüüüüüß – vier Babyschildkröten. Ein paar Stunden später bin ich auch im Bilde, was uns am nächsten Tag erwartet, denn ein strahlender Michael Standor erzählt uns, dass vor Cala d’Or „die Post abgeht“. Früh morgens, so Michael, treiben große Schwärme von Albacores und Skipjacks kleine, nicht einmal fingerlange Fischlein an die Oberfläche. In diesen Phasen, so Michael weiter, lassen sich diese beiden Fischarten sehr gut mit der Fliegenrute fangen. Sobald eine „Feeding frenzy“, das Tumult aus jagenden Fischen, gesichtet wird, nimmt das Boot Kurs auf das kochende Wasser. Dann muss alles schnell gehen. Langer Wurf in den raubenden Schwarm, Fliege schnell einstrippen und Rute gut festhalten! Auf meine Frage, ob meine 8er Rute ausreichen würde, legt er den Kopf leicht nach hinten und sagt: „Wenn Du viel Zeit und die Rute Garantie hat.“ Ich entscheide mich für sein Leihgerät, das er an Bord hat – wollte schon immer mal mit einer Billy Pate drillen… Michael Werner mit 115 kg Blauflossenthun, ebenfalls gefangen vor Mallorca... Michael Werner wurde 1966 in Gelsenkirchen geboren, lebt heute mit seiner Familie in SchleswigHolstein. Seit 1990 ist er „hauptberuflicher Angler“, zunächst als Redakteur bei Rute & Rolle, dann beim BLINKER und stellvertretender Chefredakteur beim ESOX. Seit 1998 ist Michael Werner Chefredakteur von FliegenFischen. Seit 2012 ist er selbständig, leitet ein Redaktionsbüro, schreibt und fotografiert für Magazine des Jahr Top Special Verlags, produziert Filme und Animationen. Fischereilich ist seine große Leidenschaft die Meerforelle. des Meeres. Zehn Minuten später sehen wir einen springenden Schwertfisch… Ich schaue Michael Standor ungläubig an, doch der sagt nur lächelnd „Ich hab’s Dir doch gesagt…“ In diesem Moment kreischt eine der Schlepprollen los und die Spule leert sich rasend schnell – ein Skipjack oder Albacore hat sich einen der Köder geschnappt und jagt mit Highspeed davon! Meira ist an der Rute, drillt ihren ersten Thun. 10 Minuten später landet Emilio den Fisch. Es ist ein Skipjack. Meira steht schwitzend und keuchend vor dem etwa 10 Kilogramm schweren Fisch, murmelt „Ich dachte, der sei viiiiel größer!“ Dann entdeckt Michael Standor an der Oberfläche raubende Thune und ich bin an der Reihe. 10er Rute, Schwimmschnur, solides Vorfach, Streamer, alles ist bereits montiert, denn jetzt muss es flott gehen. Von der Plattform außenbords des Hecks wirft es sich am besten. Mit zwei, drei Leerwürfen ist die Leine draußen, landet quer zum Boot, drei, vier Züge – Biss! Wahnsinn, wie diese Fische beschleunigen, schneller als ein 911er Porsche! Nach einer langen Flucht stoppt der Fisch und ich pumpe ihn heran. Einige Sprinteinlagen später halte ich ihn in den Händen, spüre die Kraft, die in ihm steckt. Pure Muskeln, verpackt in extrem stromlinienförmigem Körper – ein paar Schwanzschläge, schon sind sie auf Top-Speed. Familientaugliche Tour mit reichlich Fisch an Bord Der Tag auf dem Meer vergeht wie im Flug, wir fangen Skipjacks und Albacores, die „normalen Fische“ vor Cala d’Or. Doch was heißt eigentlich „normal“? Die Skipjacks (Echter Bonito), typisch für diesen thunartigen Fisch sind die dunklen Längsstreifen am Bauch, sind im Schnitt 5 bis 12 Kilogramm schwer, die Albacores (Weißer Thun), die Sie an den sehr langen Brustflossen erkennen, wiegen um die 15 Kilogramm. Die Albacore-Thune mit ihren flügelartigen Brustflossen faszinieren mich besonders, und es gelingt mir doch tatsächlich, einen dieser Fische im Drill mit der Unterwasserkamera zu erwischen. Es ist ein kurzweiliger Tag, alle sind zufrieden, auch Karen und Meira. Nicht, dass ich Vorurteile hätte, doch „Sonnendeck“ und „WC“ sind zwei Begriffe, die für die Mädels wichtig sind. Michael Standors Yacht, eine Bertram 38, ist mit allem ausgestattet, was man für eine entspannte Tour braucht, inklusive Küche und Dusche, unter der man sich das Salz nach einem Badestopp runterspülen kann. Auf dem Rückweg in den Hafen steht Michael Standor auf der Plattform am Heck und filetiert die Thune. Kurz in Olivenöl mit Knoblauch angebraten, grobes Meersalz darüber – ein Traum! Beim gemeinsamen Abendessen besprechen wir den kommenden Tag. Strand ist angesagt. Aber nicht nur. Abends werden wir den Hafen von Cala d’Or unsicher machen. Spinnruten für Karen und die Kids, Fliegenruten für die beiden Michaels. Mal sehen, was an den Geschichten von den raubenden Bluefish, Palometta und Wolfsbarsch dran ist – die Thune jedenfalls haben schon mal mehr als überzeugt… Ihr Mann auf Mallorca: Der Hamburger Michael Standor kennt die Fischerei auf Mallorca wie kaum ein anderer und gründete vor zwei Jahren das Unternehmen „Balearic Sport Fishing“. Er ist selbst Fliegenfischer, also der perfekte Ansprechpartner! Kontakt: Michael Standor Altendeichstieg 11 21109 Hamburg Tel: 0178/187 38 54 E-Mail: [email protected] www.balearic-sportfishing.com Sollten Sie Michael Standor nicht erreichen (auf dem Meer ist kaum Empfang), können Sie Buchungsanfragen richten an: Thomas Schiewe Tel.: 040/750 61 535 ● Küsten & Häfen: Gute und einfach zugängliche Stellen sind die Molen der zahlreichen Häfen, in denen sich tagsüber Meeräschen aller Altersklassen tummeln. Sobald es dämmert, belagern Bluefish, Palometa und Wolfsbarsch die Hafenausfahrt, dringen immer wieder in den Hafen ein und schlagen zu. Spritzendes Wasser und an der Oberfläche im Schein der Hafenlaternen glitzernde Schuppen, schon sind die Raubfische wieder verschwunden… Beste Stellen: Hafenausfahrten, nachts Molen und Häfen mit Beleuchtung. Fischarten: Bluefish, Palometa, Wolfsbarsch. Beste Tageszeit: Für Bluefish und Wolfsbarsch von der Abenddämmerung bis Mitternacht sowie der frühe Morgen. Wer im Urlaub nicht so früh aufstehen will: Die Palometa beißen auch bei strahlendem Sonnenschein. Fliegenrute: Klasse 7 oder 8 ist ideal, Rolle mit 100 m Backing. Schnur: Wegen der hohen Temperaturen (Wasser hat über 20 Grad) ist eine Warmwasser-Schnur (Bonefish) am besten, normale Fliegenschnüre werden sehr weich und sind dann schlecht zu werfen. Vorfach: 0,30er, dazu kurze, dünne Stahlvorfächer (wegen Bluefish) oder Hardmono mitnehmen. Fliegen: fischähnliche Streamer, Größe 6, und Tintenfisch-Imitationen fangen am besten. Zubehör: Polbrille, Zange (beim Bluefish NIE ins Maul greifen). ● Bootstouren: Von Mai bis Oktober können Sie vor Cala d’Or mit der Fliegenrute (und natürlich auch beim Schleppen) Skipjacks und Albacores fangen, außerdem Goldmakrele. Fliegen: Fingerlange Streamer auf soliden Haken (1er) in den Farben Weiß/Beige. Wichtig: Speerfisch sowie Schwertfisch und auch Blauflossenthun werden Sie mit der Fliege NICHT fangen! Speerfische werden beim „High-Speed-Schleppen“ gefangen, Schwertfisch und Blauflossenthun mit Naturköder. Falls Sie es versuchen möchten (die Chancen, einen riesigen Thun zu fangen, sind sehr gut!), sollten Sie es zwischen Juni bis Oktober versuchen. Ausrüstung: alles an Bord vorhanden, von der 10er Fliegenrute bis hin zum schweren Thunfisch-Gerät. Stets gut gelaunt: Skipper Michael Standor ist selbst Fliegenfischer. /2014 FliegenFischen.de 69