Kunst des 19. Jahrhunderts 19th Century Art
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Kunst des 19. Jahrhunderts 19th Century Art
19. Kunst des 19. Jahrhunderts 19th Century Art Berlin, 28. Mai 2014 Schmuckseite 1 Kunst des 19. Jahrhunderts 19th Century Art Auktion Nr. 222 Mittwoch, 28. Mai 2014 14.30 Uhr Auction No. 222 Wednesday, 28 May 2014 2.30 p.m. www.villa-grisebach.de Vorbesichtigung Sale Preview Anfragen Enquiries Anfragen zu Versteigerungsobjekten/ Zustandsberichte Enquiries concerning this auction/ condition reports Schriftliche Gebote Absentee bidding Eine Auswahl zeigen wir in A selection of works in Laura von Bismarck +49 (30) 885 915-24 Düsseldorf 30. April und 1. Mai 2014 Villa Grisebach Auktionen Bilker Straße 4-6 · D-40213 Düsseldorf Mittwoch und Donnerstag 10 - 18 Uhr Daniel von Schacky Telefon +49 (211) 8629 2199 Friederike Valentien +49 (30) 885 915-4416 ――― Telefonische Gebote Telephone bidding Micaela Kapitzky +49 (30) 885 915-32 Florian Illies +49 (30) 885 915-47 ――― Rechnungslegung/Abrechnung Buyer’s/Seller’s accounts Katalogbestellung/Abonnements Catalogue subscription Friederike Cless +49 (30) 885 915-50 ――― Versand/Versicherung Shipping/Insurance Julia Sagasser +49 (30) 885 915-13 Norbert Stübner +49 (30) 885 915-30 Ulf Zschommler +49 (30) 885 915-33 Zürich 6. und 7. Mai 2014 Villa Grisebach Auktionen AG Bahnhofstrasse 14 · CH-8001 Zürich Dienstag und Mittwoch 10 - 18 Uhr Verena Hartmann Telefon +41 (44) 212 8888 Dortmund 9. bis 11. Mai 2014 Galerie Utermann Silberstraße 22 · D-44137 Dortmund Freitag und Samstag 10 - 18 Uhr Sonntag 11 - 16 Uhr Wilfried Utermann Telefon +49 (231) 4764 3757 Hamburg 14. Mai 2014 Galerie Commeter Bergstraße 11 · D-20095 Hamburg Mittwoch 10 - 18 Uhr Stefanie Busold Telefon +49 172 540 9073 München 16. Mai 2014 Galerie Thomas Maximilianstraße 25 · D-80539 München Freitag 10 – 18 Uhr Dorothée Gutzeit Telefon +49 (89) 22 7632/33 4 Information für Bieter Information for Bidders Vorbesichtigung ausgewählter Werke des Bereichs Zeitgenössische Kunst Viewing of a selection of works of Contemporary Art Düsseldorf 15. bis 17. Mai 2014 Villa Grisebach Auktionen Bilker Straße 4-6 · D-40213 Düsseldorf Donnerstag und Freitag 10 - 18 Uhr Samstag 10 - 16 Uhr Daniel von Schacky Telefon +49 (211) 8629 2199 Vorbesichtigung aller Werke in Berlin 23. bis 27. Mai 2014 Viewing of all works in Berlin 23 to 27 May 2014 Berlin Villa Grisebach Auktionen GmbH Fasanenstraße 25, 27 und 73 D-10719 Berlin Telefon +49 (30) 885 915-0 Fax: +49 (30) 882 41 45 Freitag bis Montag 10 – 18 Uhr Dienstag 10 – 17 Uhr ――― Alle Kataloge im Internet unter www.villa-grisebach.de Die Verteilung der Bieternummern erfolgt eine Stunde vor Beginn der Auktion. Wir bitten um rechtzeitige Registrierung. Bidder numbers are available for collection one hour before the auction. Please register in advance. Nur unter dieser Nummer abgegebene Gebote werden auf der Auktion berücksichtigt. Von Bietern, die der Villa Grisebach noch unbekannt sind, benötigt die Villa Grisebach spätestens 24 Stunden vor Beginn der Auktion eine schriftliche Anmeldung. Only bids using this number will be included in the auction. Bidders previously unknown to Villa Grisebach must submit a written application no later than 24 hours before the auction. Sie haben auch die Möglichkeit, schriftliche oder telefonische Gebote an den Versteigerer zu richten. Ein entsprechendes Auftragsformular liegt dem Katalog bei. Über www.villa-grisebach.de können Sie live über das Internet die Auktionen verfolgen und sich zum online-live Bieten registrieren. Wir bitten Sie in allen Fällen, uns dies bis spätestens zum 27. Mai 2014, 14.30 Uhr mitzuteilen. Die Berechnung des Aufgeldes ist in den Versteigerungsbedingungen unter § 4 geregelt; wir bitten um Beachtung. Die Versteigerungsbedingungen sind am Ende des Kataloges abgedruckt. Die englische Übersetzung des Kataloges finden Sie unter www.villa-grisebach.de ――― Villa Grisebach Auktionen ist Partner von Art Loss Register. Sämtliche Gegenstände in diesem Katalog, sofern sie eindeutig identifizierbar sind und einen Schätzwert von mindestens EUR 2.500,– haben, wurden vor der Versteigerung mit dem Datenbankbestand des Registers individuell abgeglichen. We are pleased to accept written absentee bids or telephone bids on the enclosed bidding form. At www.villa-grisebach.de you can follow the auctions live and register for online live bidding. All registrations for bidding at the auctions should be received no later than 2.30 p .m. on 27 May 2014. Regarding the calculation of the buyer’s premium, please see the Conditions of Sale, section 4. The Conditions of Sale are provided at the end of this catalogue. The English translation of this catalogue can be found at www.villa-grisebach.de ――― Villa Grisebach is a partner of the Art Loss Register. All objects in this catalogue which are uniquely identifiable and which have an estimate of at least 2,500 Euro have been individually checked against the register’s database prior to the auction. 5 6 Grisebach 5/2014 100N Deutsch, um 1830 Blick aus dem Fenster auf eine Bucht in Italien. Aquarell und Feder in Schwarz auf Papier. 15,3 x 19,7 cm (6 x 7 ¾ in.). Ecke unten links wieder angefügt. [3281] Gerahmt. € 700 – 900 $ 959 – 1,233 Grisebach 5/2014 7 101 P. C. (Peter Christian) Skovgaard Bei Ringstedt 1817 – 1875 Kopenhagen Die Kreidefelsen von Møns Klint. 1848 Öl auf Leinwand. 26 x 36 cm (10 ¼ x 14 ⅛ in.). Auf dem Keilrahmen mit Feder in Schwarz (vom Künstler?) oben bezeichnet und unten datiert: Parti af Möens Klint Mai 1848. [3339] Gerahmt. € 5.000 – 7.000 $ 6,850 – 9,590 Skovgaard zählt zu den führenden Vertretern der romantischen Landschaftsmalerei des Goldenen Zeitalters der dänischen Kunst. Als Bauernjunge malte er Aquarelle zu den Geschichten von Hans Christian Andersen, als 14jähriger wurde er an der Kunstakademie in Kopenhagen aufgenommen. Auf Exkursionen und Reisen entdeckte Skovgaard die charakteristischen Landschaften Dänemarks und machte sie zu seinem bevorzugten künstlerischen Motiv. Bereits zu Lebzeiten wurden seine Werke für die Königliche Gemäldesammlung angekauft. Als Akademieprofessor übte er nachhaltig Einfluß auf die junge Künstlergeneration aus. Seit 2009 beschäftigt sich die Skovgaard-Forschung mit seiner Pionierleistung für die dänische Landschaftsmalerei und der Erfassung seines Gesamtwerks, in Viborg ist seinem Schaffen ein eigenes Museum gewidmet. Skovgaard malte auf der Insel Møns mehrere Gemälde mit Ansichten der monumentalen Steilküste aus blendend weißer Schreibkreide, die das Gegenstück zu den 60 km südlich gelegenen Rügener Kreidefelsen bildet. In den frühen 1840er Jahren bereiste er zusammen mit seinem Vertrauten und Künstlerkollegen Johan Thomas Lundbye diese charakteristische Gegend. Beide waren inspiriert von nationalromantischen Ideen, die sie in Landschaftsportraits übersetzten. Skovgaards auffällig ruhige Bildsprache wird durch die klare Landschaftssilhouette und die gegeneinander gesetzte Farbigkeit der Elemente im hellen Licht des Nordens bestimmt, die dem Ort eine gerade überzeitliche Atmosphäre verleihen. Das bezeichnete und datierte Gemälde entstand im Mai 1848. Kurz zuvor, am 26. April, war sein Freund Lundbye an den Folgen einer Schußverletzung verstorben. Unser Bild wirkt wie der Versuch des Künstlers, sich an dem vertrauten Motiv wieder innerlich aufzurichten. (AA) 8 Grisebach 5/2014 (Abbildung in Originalgröße) 102 Dänisch, um 1820 Mann am Meer. Feder in Braun auf Papier. 11,6 x 11,6 cm (4 ⅝ x 4 ⅝ in.). [3111] Gerahmt. € 1.000 – 1.500 $ 1,370 – 2,050 Grisebach 5/2014 9 103 Jean-Pierre Péquignot Baume-les-Dames 1765 – 1807 Neapel „Paysage de montagne avec un satyre et une nymphe (Pan et Syrinx?)“. Um 1803 Öl auf Leinwand. Doubliert. 34,2 x 45,2 cm (13 ½ x 17 ¾ in.). Auf dem Keilrahmen oben ein alt mit Feder in Braun beschrifteter Aufkleber: Nymphe / caressée par un satyre / [Scène?] mythologique / 1648. Nicht bei Beck Saiello. – Mit einer Bestätigung von Emilie Beck Saiello, Paris, vom 28. Februar 2014. – [3074] Gerahmt. € 40.000 – 60.000 $ 54,800 – 82,200 Ausgebildet in Besançon, erweist sich Jean-Pierre Péquignot schon früh als einer der Vertreter des Neo-Poussinismus. 1785 nimmt er dort mit zwei Landschaften an der Ausstellung der Jugend teil. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Miniaturist, auch seine aufmerksamen Studien der flämischen Landschaftsmaler entwickeln in ihm den Sinn für die sorgfältige Ausführung von Einzelheiten. Von David ermutigt und, seinen Biographen Lancrenon und Thuriet zufolge, von einem Mäzen unterstützt, bricht Péquignot nach Italien auf und läßt sich um 1788 in Rom nieder. Er befreundet sich mit Girodet, Rompreisträger von 1789, mit dem er das Interesse für die Landschaft teilt. Mit ihm besucht er die Ateliers des Palazzo Mancini, damals Sitz der Académie de France, und studiert in der römischen Campagna. Die antifranzösischen Unruhen und die Plünderung des Palastes durch das Volk zwingen die beiden Maler zum Rückzug nach Neapel. Während Girodet im folgenden Jahr zurückkehren muß, bleibt Péquignot in der Hauptstadt des Königsreiches beider Sizilien. Trotz der Unterstützung einiger Förderer wenden seine Kunden sich aufgrund seiner Misanthropie und Schwermut, die er mit Alkohol bekämpfte, mehr und mehr von ihm ab. So führte Péquignot In Neapel ein zurückgezogenes und elendes Leben. Nichtsdestotrotz schuf er in den fünfzehn neapolitanischen Jahren den größten Teil seiner heute bekannten Werke. Unser Bild zeigt eine bergige Landschaft mit zwei Figuren unten links: eine fliehende Nymphe und ein Satyr, der versucht, sie zu ergreifen. Höchstwahrscheinlich wollte Péquignot hier die 10 aus einem kleinen Gedicht von Theokrit wie auch dem ersten Buch der Metamorphosen von Ovid bekannte Legende von Pan und Syrinx darstellen. Ihr zufolge war Syrinx die Tochter des Flußgottes Ladon in Arkadien. Der Gott Pan, der auf dem Berg Lykäon in der Nachbarschaft residierte, verliebte sich in sie und verfolgte Syrinx. Um ihm zu entgehen, verwandelte sie sich in Röhricht. Daraufhin schnitt Pan das Schilfrohr ab und schnitzte daraus eine Flöte (Panflöte oder Syrinx). Dieser mythologische Stoff ist häufig von Malern aufgegriffen worden, etwa Paul und Mattheus Bril oder Nicolas Poussin. Der gewählte Zeitpunkt ist häufig derselbe, nämlich wenn Pan nach der Nymphe greift, so daß die Gestik ganz offensichtlich von einem Bild zum anderen ziemlich ähnlich ist. Die Berge, die den größten Teil des Raumes einnehmen, könnten den Berg Lykäon auf dem Peloponnes wiedergeben. Sie sind inspiriert von den Bergzügen Kampaniens, die der Künstler bei seinen Ausflügen rund um Neapel gesehen haben dürfte. Diese „Zuckerhüte“ sind ein bevorzugtes Motiv des Péquignots, das in mehreren seiner Werke zu finden ist. Das Schild mit dem Datum 1648, das später auf den Rahmen aufgeklebt worden ist, bestätigt den Einfluß der Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts auf den Künstler; sein Urheber bringt ihn bewußt damit in Zusammenhang. Ganz offensichtlich ist die Verpflichtung gegenüber der klassischen Landschaft in der Wahl der Themen, der Anordnung der Figuren in der Landschaft, der Plazierung der Kulissen und der harmonischen und ausgewogenen Verteilung der beschriebenen Elemente bis zum bläulichen Horizont. Dazu kommt die gute Kenntnis flämischer Landschaften, die sich hier in der detaillierten Darstellung der Vegetation im Vordergrund, dem hohen Gebirgszug im Zentrum wie der Übernahme bräunlicher und rötlicher Töne offenbart. Das Bild erinnert in seiner ganzen Komposition, dem ausgewählten Kolorit, der dichten Malerei wie den kleinen Figuren, die mit dem Grund zu verschmelzen scheinen, an „Landschaft aus der Umgebung von Cava dei Tirreni“ wie auch „Ansicht des Grabes von Jean Jacques Rousseau in Ermenonville“, beide signiert, datiert und 1803 in Neapel entstanden. Die „Landschaft mit Satyr und Nymphe“, deren Datierung sicherlich ähnlich ist, erweist sich, trotz des Wiederauftretens mehrerer Gemälde und Zeichnungen auf dem Markt in den letzten Jahren, als Gewinn für den Katalog des Künstlers, der nunmehr etwas über dreißig Werke zählt. Emilie Beck Saiello, Paris 11 11 104 Johann Philipp Veith 1768 – Dresden – 1837 Weggabelung vor einem Dorf (Schlesien?). Um 1800 Pinsel in Sepia auf Papier. 32,9 x 41,5 cm (13 x 16 ⅜ in.). Mit einem Gutachten von Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, vom 13. Oktober 2009. – Unregelmäßig gebräunt, kleine Randmängel. [3101] € 600 – 800 105 $ 822 – 1,096 Christian Gottlob Hammer 1779 – Dresden – 1864 Partie im Großen Garten in Dresden. Bleistift auf Papier. 18,2 x 24,8 cm (7 ⅛ x 9 ¾ in.). Unten links signiert und bezeichnet: C. G. Hammer N[ach] d[er] Nat[ur]. Rückseitig unten beschriftet: Partie im Großen Garten. Der untere Rand fachmännisch wieder angefügt. [3338] Gerahmt. Provenienz: Ehemals Sammlung Dr. Joachim Fest, Kronberg € 1.800 – 2.400 $ 2,470 – 3,290 Wir danken Prof. Dr. Hans Joachim Neidhardt, Dresden, für die Bestätigung der Authentizität der Zeichnung. 106 Johann August Nahl d. J. (zugeschrieben) Zollikofen 1752 – 1825 Kassel Bewaldete Landschaft mit einer Szene aus dem Leben des Herkules. Feder und Pinsel in Rot über Bleistift auf Papier (mit schwacher Bleistiftquadrierung). 23 x 31,1 cm (9 x 12 ¼ in.). Unten rechts von fremder Hand mit Pinsel in Braun beschriftet: Hackert. Ecke oben links ergänzt. [3174] Gerahmt. € 800 – 1.200 $ 1,096 – 1,640 Dr. Claudia Nordhoff, Rom, hält die Arbeit nicht für ein eigenständiges Werk Hackerts und schlägt aus stilistischen Gründen die Zuschreibung an Johann August Nahl vor, der in Neapel mit Hackert befreundet war. 12 Grisebach 5/2014 107 Deutsch, um 1800 Paar am Waldbach. Öl auf Holz. 18,7 x 19,2 cm (7 ⅜ x 7 ½ in.). [3403] Gerahmt. € 4.000 – 6.000 $ 5,480 – 8,220 Wir danken Prof. Dr. Kilian Heck, Greifswald, und Prof. Dr. Hermann Mildenberger, Weimar, für freundliche Hinweise. Das kleine Ölgemälde zeigt den Blick in eine souverän erfaßte, sonnendurchflutete Landschaft. Ein Bach, von großen Laubbäumen flankiert, ergießt sich gischtsprühend im – Bildvordergrund. In blauviolettes Licht getauchte Bergspitzen erscheinen weit im Hintergrund, man könnte an eine Schweizer Landschaft denken. Das antikisch gekleidete Paar am Rand des Baches gibt dieser sorgsam komponierten Landschaftsansicht eine idyllisch-arkadische Überhöhung. Entsprechende Bilder, orientiert am Vorbild Jakob Philipp Hackerts und Johann Christian Reinharts, sind beispielsweise von dem Kassler Landschaftsmaler Johann August Nahl d. J. oder dem österreichischen Künstler Johann Nepomuk Schödlberger ausgeführt worden. Grisebach 5/2014 13 108 Adolf Ulrik Wertmüller Stockholm 1751 – 1811 Naamans Creek/ Claymont (Delaware) Bacchant und Bacchantin (Pendants). 1787/88 Jeweils Öl auf Leinwand. 32,5 x 40,5 cm bzw. 33 x 41 cm (12 ¾ x 16 in. bzw. 13 x 16 ⅛ in.). Bacchantin: Unten rechts signiert, bezeichnet und datiert: A. Wertmüller. S.[= Suédois] à Paris. 1787. Bacchant: Unten rechts signiert, bezeichnet und datiert: A. Wertmüller. S. [= Suédois] à Paris 1788. Bacchant: Kleiner Kratzer. Bacchantin: Doubliert.[3322] Gerahmt. € 18.000 – 24.000$ 24,700 – 32,900 14 Unsere beiden Gemälde stellen ein außergewöhnliches Bilderpaar eines verspielten Klassizismus dar. Bacchanalien wurden im antiken Rom in wilder Ausgelassenheit mit Musik, Tanz und viel Wein gefeiert, sie stellen in der Kunstgeschichte ein außerordentlich beliebtes Motiv dar. Auf den als Pendants angelegten, 1787 und 1788 datierten Gemälden des schwedischen Malers Adolf Ulrik Wertmüller weisen die Attribute der Figuren – Weintrauben, Thyrosstab, Tierfell sowie Panflöte, Schellen und Tambourin – diese eindeutig als Bacchantin und Bacchant aus. In wilder Ausgelassenheit erscheinen sie allerdings nicht, im Gegenteil: ihre Posen wirken ausgesprochen gestellt. Mag auch der nach hinten überstreckte Kopf der Frau dem mythologischen Hintergrund entsprechend für das Rauschhafte stehen, so wirkt doch ihr elegant an eine Satyrnherme angelehnter Fuß eher wie die angeordnete, komplizierte Stellung eines Aktmodells, und in der Tat, aus dieser Tradition stammen die Pendants auch. Grisebach 5/2014 Wertmüller hat seine künstlerische Ausbildung in Stockholm bei einem Bildhauer begonnen, wechselte dann aber bald zur Malerei über. Entscheidend für die Figurenkomposition dieser Gemälde sind seine Ausbildung in Paris und sein Aufenthalt in Rom unter Anleitung von Joseph-Marie Vien, der ab 1775 die Position des Direktors der Académie de France in Rom übernommen hat. Aktstudien, vor allem der ,bewegte Akt‘, waren dort im Rahmen des „Prix de Rome“ absolut gängig, sie mußten von den Stipendiaten an der Mutterakademie eingereicht werden, erst dann konnten sie ihr gefordertes Historienbild malen. Verwiesen sei auf entsprechende oft in wild bewegter Position gezeigte Aktdarstellungen in mehr oder weniger eindeutiger historischer oder mythologischer Einkleidung, etwa von Jacques-Louis David, Viens berühmtestem Schüler, oder von Nicolai Abildgaard, dem späteren Direktor der Kopenhagener Akademie. Sie alle waren Zeitgenossen von Wertmüller und wie dieser in den 1770er Jahren des 18. Jahrhunderts in Rom. Die Anlage derartiger Gemälde als Pendants erinnert zudem an die berühmten Darstellungen der Büßenden Magdalena und des heiligen Johannes des in Rom tätigen Malers Pompeo Batoni. Sie wurden von August III. von Sachsen erworben und befanden sich bis zu ihrer vermutlichen Zerstörung 1945 in Dresden. Sie gehören zu den am häufigsten kopierten und auch graphisch reproduzierten Gemälden und können Wertmüller bekannt gewesen sein. Der Künstler schuf in Paris weitere mythologische Darstellungen. 1784 entstand das Gemälde, „Amor als Bacchus“, das ebenfalls ein ausgefallenes Bewegungsmotiv zeigt und sich heute im Nationalmuseum in Stockholm befindet. Dort wird zudem ein Gemälde aufbewahrt, das unserer Darstellung der Bacchantin eng verwandt ist, gemeint ist das ebenfalls 1787 datierte Gemälde „Danae empfängt den Goldregen Jupiters“. Darüber hinaus schuf Wertmüller eine Vielzahl von Porträts, vor allem von Marie Antoinette. Anders als sein Künstlerkollege David, der die Revolution unterstützte, verließ Wertmüller 1788 Paris und etablierte sich nach einigen Umwegen schließlich in den USA als Porträtmaler. (SW) Grisebach 5/2014 15 109N Joseph Anton Koch Obergiblen/Tirol 1768 – 1839 Rom „Landschaft mit Apoll unter den Hirten“. Um 1836 Öl auf Leinwand. 79,5 x 120 cm (31 ¼ x 47 ¼ in.). Unten links am Stein monogrammiert: J · K ·. Lutterotti G 90a. – Kleine Retuschen, zwei Partien mit Leinwand hinterlegt. [3135] Gerahmt. Provenienz: Privatsammlung, England / Privatsammlung, Schweiz (erworben 1952, seitdem in Familienbesitz) Literatur und Abbildung: Otto R. von Lutterotti: Joseph Anton Koch, 1768–1839. Mit Werkverzeichnis und Briefen des Künstlers. Berlin, Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, 1940, S. 229, G 122 (wohl eines der dort angeführten, verschollenen Gemälde) / Otto R. von Lutterotti: Joseph Anton Koch, 1768–1839. Leben und Werk. Mit einem vollständigen Werkverzeichnis. Wien und München, Herold Verlag, 1985, S. 305, Kat.-Nr. G 90a, Abbildung 66 € 140.000 – 180.000 $ 192,000 – 247,000 Im Anschluß an einen Aquarellentwurf für die nicht zur Ausführung gelangten Wandbilder des sogenannten Römischen Hauses (1832-34) von Hermann Härtel in Leipzig, die Friedrich Preller nach Vorlagen Kochs hätte malen sollen, entstand 1833/34 eine erste Gemäldefassung des Themas „Apoll unter den Hirten“, die heute in München hängt. Das Echo der Zeitgenossen auf die Komposition Kochs war überaus positiv: So sollen Cornelius und Thorvaldsen das Werk als das beste überhaupt des Künstlers angesehen haben. Die fortdauernde Existenznot ließ Koch mehrere Fassungen anfertigen, die Münchner, die Innsbrucker und unsere Fassung zeichnen sich in qualitativer Hinsicht aus. In einem Brief an Emilie Linder in München berichtet der Künstler am 23. April 1836, daß er unser Bild für einen Engländer gemalt habe. Aus England gelangte es später in Schweizer Privatbesitz. Koch hat sich gegenüber Thorvaldsen zu dem Motiv am 6. April 1835 geäußert: „Gegenwärtig male ich den Apoll unter den Hirten. Pan jenseits eines Baches hat sich auf seiner Siringa vernehmen lassen, nun spielt Apoll köstlich auf seiner Leyer, Faunen, Satyren, Nymphen lagern im schattigen Gebüsch von Feigen, Weinranken u.s.w; eine Art Alpenzug von Widdern, Ziegen und Schafen sammt fröhlichen Hirten ziehen über ein besonntes Gebirge, kurz ich glaube ein Arkadien gepinselt zu haben.“ 16 Wir verdanken Christian von Holst eine sprachlich wie inhaltlich kongeniale Darstellung von Kochs Landschaft: „Dieses Arkadien baut sich aus so frei verwendeten Motiven aus Olevanos Umgebung auf, daß man nicht mehr direkt von einer ‘Serpentaralandschaft’ sprechen kann, vielmehr nur von einer Inspiration durch diese. Koch verfügt souverän über den ganzen im Äquergebirge und seinen Fernsichten gewonnenen Motivschatz und entwickelt daraus seine eigene Sprach- und Bildmelodie. Das kontrastreich komponierte, sich im lebhaften Wechsel von Wiesen und Wegen, Bach und Felsgestein, Büschen und meist einzelnen Bäumen aufbauende Gelände ist vorne durch die Staffage und den sich verbreiternden Wasserlauf zweigeteilt. Links die dominierende Gestalt des jugendlich weichen Apoll, umringt von andächtigen Zuhörern verschiedenen Alters und Geschlechts. Die Wirkung von Gesang und Kunst derart, daß selbst rauflustige Böcke sich innig aneinanderschmiegen – eine Szene, die Koch bei den Ziegen Quadranella und Fiametta viele Jahre zuvor beobachtet hatte. Rechts hinter den majestätischen Rindern sieht man die Gegenversammlung: eine Faunsidylle, wobei selbst diese roheren Gesellen die Wirkung der Musik verspüren. Einer von ihnen weist Pan respektive Marsyas auf Apolls Qualitäten hin, und der vermessene Herausforderer des Gottes scheint bereits sein klägliches Ende in diesem ungleichen Wettstreit zu erahnen. Auch der Betrachter erhält einen halbversteckten Fingerzeig in diese Richtung. Im Spiegel des Wassers scheint Marsyas Schwanz und Hinterteil der Kuh zu berühren - ein deftiger Hinweis, der den Kenner Kochscher Briefe und Karikaturen nicht sonderlich verwundert. Im Mittelgrund ziehen Hirten und Herden vorbei und zu dem serpentaraähnlichen Eichenwäldchen hinauf. Zu dessen Seiten finden sich bei Koch als freie, den Landschaftsraum heroisierende Zutaten ein fernes schroffes Gebirge und eine im Sonnenlicht glänzende weite Meeresbucht, umschlossen von Ebenen und bergigen Küsten. Die ganze Natur Ausdruck südlichen Wohlbehagens und eines Gefühls von Wärme und Freiheit, wie sie ein solcher Himmel diesen Breiten schenkt. Entsprechend helle Farben, die Kontraste von Licht- und Schattenpartieen gedämpft, die Malweise vielfach dünnflüssig lasierend, in manchem summarisch, nicht mehr so wie früher für die Nahsicht geeignet, ist diese Komposition ein hochrangiges Spätwerk, dessen südländisch-heiterer, aus mythischer Vorzeit sich herleitender ideal-zeitloser Charakter den Künstler in der Tat veranlassen durfte, davon als einem Arkadien zu sprechen.“ (Christian von Holst: Joseph Anton Koch, 1768-1839, Ansichten der Natur, Ausstellungskatalog, Stuttgart, Staatsgalerie, 1989, S.336ff, mit Blick auf das kompositionsgleiche Motiv aus Innsbruck). 17 max. Klappenbreite 185 mm, Bild ist etwas verkleinert 17 110 Süddeutsch, um 1800 Gebirgslandschaft mit Pfeife rauchendem Kuhhirt. Aquarell auf Papier. 14,1 x 30,6 cm (5 ½ x 12 in.). Am oberen Rand mit Feder in Braun (vom Künstler?) bezeichnet. Knickfalten. Leicht gebräunt und stockfleckig. [3217] € 1.200 – 1.500 $ 1,640 – 2,050 Diese gekonnt aquarellierte Arbeit eines rastenden Hirten dürfte stilistisch aus dem Umkreis von Simon Warnberger (1769-1847) oder Max Joseph Wagenbauer (1775-1829) stammen. Die Beschriftung oben ist lesbar als „Arven (Magura?) nach Südost“, die dargestellte Landschaft deckt sich mit der Umgebung dieses kleinen Ortes in den Karpaten. Wir danken Dr. Stephan Seeliger, München, für freundliche Hinweise. 111 Léopold Robert Les Eplatures (heute: La Chaux-de-Fonds) 1794 – 1835 Venedig Pifferaro (Italienischer Hirte mit Schalmei). Öl auf Papier auf Pappe. 31 x 20,5 cm (12 ¼ x 8 ⅛ in.). Rückseitig mit Bleistift beschriftet: Léopold Robert. Dort auch auf einem Aufkleber eine Bestätigung von Jens Christian Jensen, Kiel, 15. Februar 1979. Kleine Randmängel. [3209] Gerahmt. € 1.500 – 2.000 18 $ 2,050 – 2,740 Grisebach 5/2014 112 Johann Christian Reinhart Hof 1761 – 1847 Rom Bildnis eines Mannes. Pinsel und Feder in Braun sowie Pinsel in Grau auf Bütten. 18,1 x 10,5 cm (7 ⅛ x 4 ⅛ in.). Rechts auf dem Paket bezeichnet: F Z. Unten rechts wohl von fremder Hand beschriftet: C. Reinhardt fec. Oberhalb davon der Sammlerstempel Lugt 381. Nicht bei Feuchtmayr. – Gebräunt. [3101] Provenienz: Ehemals Sammlung Boguslaw Jolles, Dresden-Wien € 800 – 1.000 $ 1,096 – 1,370 Wir danken Dr. F. Carlo Schmid, Düsseldorf, für die Bestätigung der Authentizität der Zeichnung. 113 Johann Heinrich Wilhelm Tischbein Haina 1751 – 1829 Eutin Soldaten. Um/nach 1780 Feder in Schwarz auf Bütten. 21,6 x 37,2 cm (8 ½ x 14 ⅝ in.). Rückseitig: Lesender Mann auf einem Stuhl. Kreide (Hochformat). Mit einem Gutachten von Prof. Dr. Hermann Mildenberger, Weimar, vom 1. Februar 2013. – Leicht stockfleckig. [3319] Gerahmt. Provenienz: Ehemals im Besitz der Familie des Malers Ludwig Philipp Strack (1761–1836), eines Vetters des Künstlers € 600 – 800 $ 822 – 1,096 „Diese Zeichnung ist in eine relativ frühe Phase von Tischbeins Tätigkeit zu datieren. Ähnlich akzentuierte Arbeiten entstanden bei seiner Auseinandersetzung mit Hell-Dunkel-Effekten der niederländischen Kunst. Stilistisch sehr nahe stehend ist der Kopf eines behelmten Kriegers, nach rechts (Feder in Braunschwarz/Papier, 334 x 210 mm), Landesmuseum Oldenburg, Inv.Nr. LMO 15 259.“ (Aus dem o. g. Gutachten von Prof. Dr. Hermann Mildenberger, Weimar) Grisebach 5/2014 19 114 Deutsch, um 1840 Diese äußerst qualitätsvolle Ölstudie führt ins Zentrum der Zuschreibungsproblematik unsignierter Plein-air-Arbeiten. Durch die Bestimmung der Topographie läßt sich der Kreis der Maler, denen diese um 1840 entstandene Studie künstlerisch zuzutrauen ist, etwas einschränken. Der Stil der Arbeit und die subtile Licht-Schatten-Setzung verraten eine Schulung durch die Kopenhagener Akademie. Deshalb kommen vor allem drei Maler für unsere Studie in Frage: Johann Georg Paul Mohr (1808-1843), Adolf Carl (1814-1845) oder Johann Hermann Carmiencke (1810-1867). Von allen drei sind hervorragende Ölstudien bekannt, die gleichfalls nicht signiert sind. Das Etschtal zwischen Meran und Bozen. Öl auf Leinwand, auf Pappe aufgezogen. 41,5 x 49,3 cm (16 ⅜ x 19 ⅜ in.). [3269] Gerahmt. € 4.000 – 6.000 $ 5,480 – 8,220 Wir danken Dr. Matthias Lehmann, Konz, und Prof. Dr. Ulrich Schulte-Wülwer, Flensburg, für freundliche Hinweise. 115N Edmund Kanoldt Großrudestedt b. Weimar 1845 – 1904 Bad Nauheim „Eichenwald“. 1867 Öl auf Leinwand auf Pappe. 27,9 x 38,8 cm (11 x 15 ¼ in.). Unten rechts signiert: E. Kanoldt. Müller-Scherf 12. – Kleine Retuschen. [3281] Gerahmt. Literatur und Abbildung: Nachlaß des verstorbenen Herrn Professor Edmund Kanoldt, Karlsruhe [...]. München, Galerie Helbing, 4.11.1907, Kat.-Nr. 30 („Eichenwald. Im Vordergrunde besonders prächtiger knorriger Eichbaum. Öl auf Pappe. Bez. [1867]. Höhe 28 cm, Breite 39 cm“) € 1.000 – 1.500 20 $ 1,370 – 2,050 Grisebach 5/2014 116 Friedrich Preller d. Ä. Eisenach 1804 – 1878 Weimar Brandung an der Felsenküste. 1838 Öl auf Papier, auf Leinwand aufgezogen. 30,4 x 42,8 cm (12 x 16 ⅞ in.). Unten rechts signiert und datiert: F Preller 1838. Nicht bei Weinrautner. – Kleine Retuschen. [3186] Gerahmt. € 8.000 – 12.000 $ 10,960 – 16,400 Wir danken Prof. Dr. Reinhard Wegner, Jena, für die Bestätigung der Authentizität des Gemäldes. Anregungen und Vorstudien zu dieser hochdramatischen Küstenlandschaft hat Preller auf seiner ersten Rügen-Reise im Sommer 1837 empfangen. Der Künstler schreibt rückblickend über diese Zeit: „... Ganze Tage brachte ich an den Seeufern oder auf den Hühnengräbern zu. Ich hatte wieder ein Feld gefunden, auf dem ich Neues und Interessantes zu schaffen dachte. Höhern Genuß, als in Wind und Wetter einsam durch die Heide zu streifen, kannte ich nicht ...“ Mittelpunkt der Komposition bilden die hoch aufragenden Felsformationen, die im oberen Teil von den schweren Wolken umspielt werden. Ausgeführt ist das Bild noch ganz in der transparenten Lasurmalerei der frühen Romantik. Die künstlerischen Vorbilder sind ohne Zweifel die großen Maler der Dresdener Romantik Friedrich und Dahl, und bereits 1821 wurde der junge Maler auf Empfehlung von Goethe mit Carus bekannt. In Komposition und Kolorit ist dieses Bild sicher ein Höhepunkt im frühen Werk von Friedrich Preller. Grisebach 5/2014 21 117 Carl Wilhelm Freiherr von Heideck Saaralben/Lothringen 1788 – 1861 München Blick auf den Monte Pellegrino. 1857 Aquarell auf genarbtem Papier. 29,4 x 23,7 cm (11 ⅝ x 9 ⅜ in.). Unten links monogrammiert, bezeichnet und datiert: C. v. Hdk. f. 1857. [3186] Gerahmt. € 2.000 – 3.000 $ 2,740 – 4,110 Nach getaner Gartenarbeit sich ausruhender Mönch, der über die Gartenmauer sinnend auf das offene Meer schaut – im Hintergrund sind Teile des Hafens von Palermo sowie der markante Monte Pellegrino zu sehen, den Goethe in seiner Italienischen Reise als das „... schönste Vorgebirge der Welt“ bezeichnete. 118 Wilhelm Wach 1787 – Berlin – 1845 Italienische Frauen und Kinder auf einer Terrasse. Bleistift, mit Deckweiß gehöht, auf Bütten auf blauem Papier. 21,9 x 18,1 cm (8 ⅝ x 7 ⅛ in.). Unten rechts auf dem Unterlagepapier mit Feder in Schwarz signiert: Wilhelm Wach. [3101] € 600 – 800 22 $ 822 – 1,096 Grisebach 5/2014 119 Wilhelm Brücke Stralsund 1800 – 1874 Berlin Paar in romantischer Tracht an einem See. 1828 Öl auf Leinwand. 38 x 52 cm (15 x 20 ½ in.). Unten rechts signiert, bezeichnet und datiert: W. Brücke. 18 [Stadtwappen von Stralsund] 28. [3174] € 4.000 – 6.000 $ 5,480 – 8,220 Dieses Bild führt ins Zentrum der deutschen Romantik und ihrer Beschwörung der innigen Verbundenheit von Mensch und Natur. Das von einer großen Anmut und tiefen Empfindung durchzogene Gemälde spiegelt die Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau im Vordergrund. im Hintergrund durch Hirsch und Hirschkuh. Brücke hat sich in den 1820er Jahren intensiv mit jener Motivwelt des Mittelalters auseinandergesetzt, die auch die gleichzeitigen Bilder Carl Philipp Fohrs bestimmen. Auch ist er in den Staffagefiguren unseres Bildes zweifelsfrei von Schinkel inspiriert, so ist das Motiv des Waldhornbläsers aus Schinkels 1817 für Gneisenau gemalten „Spreeufer bei Stralau“ bekannt. Möglicherweise ist das Gemälde identisch mit dem Bild „Der Herta-See bei Stubbenkammer auf Rügen“, das 1828 auf der Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin unter der Kat.-Nr. 129 gezeigt wurde. Wir danken Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, für diesen Hinweis. Grisebach 5/2014 23 120 Eduard Daege 1805 – Berlin – 1883 Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen (späterer Kaiser Friedrich III., der „99-Tage-Kaiser“). Um 1835 Kreide, weiß gehöht, auf hellbraunem Papier. 20,6 x 16,4 cm (8 ⅛ x 6 ½ in.). Rückseitig unten bezeichnet und monogrammiert: Prinz Friedrich Wilhelm (später Kronprinz) für das Zeichenbuch des Prinzeß Wilhelm (August) von mir nach d. Leben gezeichnet Ed. Dg. Fleck in der Ecke unten rechts. [3137] € 1.000 – 1.500 121 Eduard Daege 1805 – Berlin – 1883 Das Evangelische Bethaus zu Marienbad in Böhmen. (Nach) 1857 Aquarell, Deckweiß sowie Feder in Schwarz und Braun über Bleistift auf Papier auf leichtem Karton. 30,2 x 25,5 cm (39 x 34,8 cm) (11 ⅞ x 10 in. (15 ⅜ x 13 ¾ in.)). Auf dem Passepartout unten links und rechts (vom Künstler?) mit Feder in Braun bezeichnet und signiert: C.Cantian inv. Daege pinx. Darunter mit Bleistift betitelt: INNERE ANSICHT DES EVANGELISCHEN BETHAUSES ZU MARIENBAD i: BOEHMEN. [3192] Gerahmt. € 1.000 – 1.500 $ 1,370 – 2,050 Die nach vierjähriger Bauzeit am 24. Juni 1857 eingeweihte evangelische Kirche Corporis Christi in Marienbad war das letzte große Werk des Berliner Baurats Christian Gottlieb Cantian (1794-1866). 24 Grisebach 5/2014 $ 1,370 – 2,050 122 Eduard Magnus 1799 – Berlin – 1872 Bildnis der Casper’schen Kinder. Um 1840 Öl auf Leinwand. 42,5 x 53 cm (16 ¾ x 20 ⅞ in.). Rückseitig (vom Künstler?) mit Kreide bezeichnet: Bildniß der Casperschen Kinder von Eduard Magnus / Bestim[m]t für Frau de Cuvry in Dresden. Nicht bei Gläser. – [3252] Gerahmt. Provenienz: Frau (Caroline oder Dora) de Cuvry, Dresden (seitdem in Familienbesitz) € 12.000 – 15.000 $ 16,400 – 20,500 Eine der schönsten und vergessenen Besonderheiten der Berliner Kunst des 19. Jahrhunderts ist das Genre des Geschwisterdoppelbildnisses. Der Bildhauer Schadow hatte noch knapp vor 1800 das Thema der geschwisterlichen Zuneigung anhand der beiden Prinzessinnen Luise und Friederike von Preußen spektakulär durchgespielt. Das Geschwisterbildnis blühte in der ersten Jahrhunderthälfte in der Malerei auf, um nach 1850 wieder zu verschwinden. Namen wie Johann Erdmann Hummel, Friedrich Wilhelm Schadow oder Julius Schoppe stehen für diese eigene Gattung des Berliner Biedermeier. Der Maler dieses Bildes, Eduard Magnus (1799-1872), war zu seiner Zeit der begehrteste und bekannteste unter ihnen. Das Berliner Großbürgertum und die Aristokratie saßen ihm Portrait: die Mendelssohns, Warschauers, Robert-Tornows, von Arnims, Wrangels und Wartenburgs. Der Maler gehörte selbst dem wohlhabenden Berliner Großbürgertum an: Die Magnus’ mit Sitz in der Behrenstraße 46 zählten zu den angesehenen Familien der Kaufleute und Bankiers jüdischer Herkunft, die sich vor 1800 in Berlin niedergelassen hatten und bald darauf zum Protestantismus konvertierten. Magnus war materiell unabhängig und signierte seine Bilder in der Regel nicht. Vor allem deshalb ist er aus der Kunstgeschichte verschwunden. Zu Unrecht, denn sein künstlerisches Vermächtnis ist beachtlich und seine Bedeutung als Chronist des 19. Jahrhunderts bemerkenswert. Sicher existieren bis heute unentdeckt viele Bildnisse dieses hervorragenden Malers in den Familien der Portraitierten. Sie zählen zum malerisch Besten, was die Berliner Kunst im 19. Jahrhundert hervorgebracht hat. Seine Briefe an einen Freund nach Weimar aus den Jahren 1840 bis 1872 zeichnen ihn als scharfen Beobachter des Berliner Kunstgeschehens und weltläufigen Libertin d’esprit, einen Typus, den man nach der radikalen Auslöschung und Vertreibung dieser Familien im 20. Jahrhundert schmerzlich vermissen kann. Die beiden Dargestellten Elisa Antonia Luise (1824-?) und Pauline (1825-1904) Casper, hier etwa 14 und 16 Jahre alt, waren mit Rahel Varnhagen van Ense verwandt, der legendären Berliner Salonière und Nachbarin der Familie Magnus. Ihre Mutter Fanny Casper war Rahel Varnhagens Nichte. Das Bild führt mitten in die reiche intellektuelle Welt der Berliner Vormärzzeit. (SE) Grisebach 5/2014 25 123N Alexandre Calame Vevey 1810 – 1864 Menton Gebirgslandschaft mit Feuer im Vordergrund. Öl auf Papier auf Leinwand. 21,6 x 35,7 cm (8 ½ x 14 in.). Unten rechts signiert: A Calame. Retuschen. [3281] Gerahmt. € 6.000 – 8.000 26 $ 8,220 – 10,960 Alexandre Calame genoß zu Lebzeiten großen internationalen Ruhm, vor allem seine dramatischen Landschaften entsprachen dem Zeitgeschmack. Die Jury des Pariser Salos verlieh ihm für sein Bild „Gewitter am Handeck“ schon 1839 die Goldmedaille, für die „Eichen im Sturm“ erhielt er sogar das Kreuz der französischen Ehrenlegion. In späteren Jahren entwickelte sich Calame zum Pionier der Alpenmalerei, dem es gelang, das besondere Naturschauspiel in Kunst umzusetzen. Er schuf Ateliergemälde von besonderer Eindringlichkeit, die auf zahlreichen Zeichnungen und Ölstudien fußten, die der Künstler immer wieder in der freien Natur anfertigte. Unsere Studie ist ein solches Beispiel: Sie unterstreicht, wie frei und malerisch sich Calame dem Lichteindruck und den dadurch veränderten Grüntönen widmet und warum seine Plein-Air-Studien in ihrer Zartheit so eine große Anziehungskraft besitzen. Grisebach 5/2014 124 Friedrich Christian Reinermann Wetzlar 1764 – 1835 Frankfurt a.M. Wesentliche Veränderungen von der Zeichnung zum Bild zeigen hingegen die Behandlung des Vordergrundes mit dem nun detailliert wiedergegebenen, charakteristischen Pflanzenbewuchs des Waldbodens als auch der kleine See unterhalb des Wasserfalls, in dem nun eine Frau ein kühles Bad nimmt, während ihr an Stelle des Künstlerfreundes eine männliche Figur zuwinkt und damit zugleich auf die Schönheit der umliegenden Natur verweist: Für Reinermann bleibt das Naturstudium immer auf den Menschen und seine Sichtweise auf die Erscheinungen der Landschaft bezogen. Wasserfall in der Schweiz. Um 1800 Öl auf Leinwand. 47,5 x 55,5 cm (18 ¾ x 21 ⅞ in.). Auf dem Keilrahmen unten alt mit Feder in Schwarz beschriftet: No 3 Wasserfall in der Schweiz. Kleine Retuschen. [3342] Gerahmt. € 6.000 – 8.000 $ 8,220 – 10,960 Unser Gemälde atmet den reinen Geist der deutschen Romantik. Die Vorstudie zu diesem Gemälde hat sich in der Staatsgalerie Stuttgart erhalten (siehe Vergleichsabbildung, Inv.-Nr. C27/62 ). Das Blatt zeigt das gewählte Motiv, einen Wasserfall im Wald, den Reinermann während eines Ausfluges mit einem Künstlerkollegen direkt vor Ort festhielt. Auch sein ebenfalls dort zeichnender Begleiter ist hier auf einem Baumstamm im Mittelgrund rechts sitzend abgebildet. Für das ausgeführte Gemälde hat Reinermann die Anlage der Vorstudie weitgehend übernommen: aus einem bewaldeten Gebirgshang stürzt mittig links ein mittelgroßer Wasserfall in Richtung Tal, während die rechte Bildhälfte eine alte Tanne mit einem größeren Findling davor dominiert. Auch einzelne Bäume und Gesteinsformationen finden sich an genau gleicher Stelle wieder. Hier wie dort nimmt der Künstler die Szene im Schatten auf, der die Komposition von oben links nach unten rechts diagonal teilt. Größte Aufmerksamkeit widmet Reinermann der Beobachtung der Lichtstreuung, die der Waldpartie ihre besondere Stimmung verleiht. Reinermann ist ein Maler der Goethezeit, der die klassische Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts und die Werke von Philipp Hackert als vorbildhaft ansah. 1792-1802 lebte der Künstler in Basel, in Frankfurt wurde er 1812 zum Professor der bildenden Kunst. (AA) Grisebach 5/2014 27 125 Georg Heinrich Crola (d.i. Croll) Dresden 1804 – 1879 Ilsenburg Jagdgesellschaft an einem bayrischen See. 1838 Öl auf Leinwand. 78,5 x 109,5 cm (30 ⅞ x 43 ⅛ in.). Unten rechts signiert: CROLA 1838. Kleine Retuschen. [3305] Gerahmt. Provenienz: (wohl) Ehemals Hamburger Kunsthalle (1849 von der Patriotischen Gesellschaft erworben, seit 1869 in der neu erbauten Hamburger Kunsthalle, 1921 abgegeben) Literatur und Abbildung: (wohl) Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. 4 Bände. Dritter, unveränderter Nachdruck, Hofheim am Taunus, H. Schmidt & C. Günther, 1979 (zuerst Fr. v. Boetticher’s Verlag, Dresden 1891–1901), hier Erster Band (Erste Hälfte), S. 206, Nr. 11 (abweichende Maße: 76 x 162 cm) € 25.000 – 35.000 $ 34,200 – 47,900 Wir danken Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, und Hermann Zschoche, Storkow, für freundliche Hinweise. Carl Gustav Carus setzte dem Landschaftsmaler Georg Heinrich Crola im Nachtrag zu seinen vielbeachteten Briefen über Landschaftsmalerei bereits zu Lebzeiten ein einzigartiges Denkmal: angeregt durch Crolas Bayerische Landschaft mit Eichengruppe (1832; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München) erläuterte Carus an diesem aktuellen Beispiel seine Theorie vom „Erdlebenbild“ – jenem Ideal einer neuen Landschaftskunst, die die Natur analog zur Historienmalerei geschichtlich auffassen und geradezu wissenschaftlich genau beschreiben sollte, ohne ihr dabei die Poesie zu nehmen. Im Mai 1833 erschien Carus’ enthusiastische Bildbesprechung „Über eine Landschaft (Erdlebenbild) von Crola in München“ erstmals im deutschlandweit vertriebenen Kunstblatt. Crola nahm damit quasi über Nacht eine herausgehobene Stellung innerhalb der Landschaftsmalerei seiner Zeit ein. Georg Heinrich Crola (eigentlich Croll) war selbst gebürtiger Dresdener. Seine frühe künstlerische Ausbildung stand im Spannungsfeld zwischen dem Akademismus des von Goethe geschätzten Johan Christian Klengel, der Crola bereits mit Vierzehn im Zeichnen unterrichtete, und der symbolisch aufgeladenen Landschaftsmalerei von Caspar David Friedrich und Johan Christian Dahl. Die Dresdener Gemäldegalerie bot das Studium der Alten Meister. Eine Reise durch den Harz führte Crola 1830 bis nach München. Das lebendige Kunstleben in der Isarstadt und der vertraute Umgang mit aufstrebenden Landschaftsmalern wie Carl Rottmann oder Christian Morgenstern läuteten Crolas fruchtbarste Schaffenszeit ein. Im Juni 1838 verließ „der Alte vom Berge“, wie er sich selbstironisch nannte, die bayerische Hauptstadt in Richtung Norden. Crola besuchte u.a. Heidelberg, Frankfurt, Köln, Düsseldorf und ließ sich ab 1840 als Maler in Ilsenburg im Harz nieder. Unser großformatiges Gemälde, zweifellos ein Hauptwerk des Künstlers, zeigt „eine Waldlandschaft mit einer allerliebsten Jagdszene von Monten“ (Erinnerungen 2011, S. 104) aus Crolas besten Jahren. Ob sie noch in München entstand, wofür die aufwendige Staffage durch den ebenfalls dort ansässigen Historienmaler Dietrich Monten (1799-1843) spricht, oder ob Crola sie erst nach seiner Abreise im Juni 1838 malte, muß an dieser Stelle offenbleiben. Anlage und malerische Auffassung weisen große Ähnlichkeiten mit der Bayerischen Landschaft im Münchener Lenbachhaus als auch mit dem Gemälde Der Ammersee mit der Herrschinger Bucht (datiert um 1835) im Mu- 28 seum für bildende Künste Leipzig auf. Bereits um 1833 hatte Crola auf einer Wanderung „mehrere Motive um den Ammersee“ vor Ort festgehalten, die ihm als Vorlage auch für dieses Gemälde gedient haben könnten. Crola führt auch in der vorliegenden Landschaft eindrucksvoll seine Fähigkeit als Maler vor, die in der Natur empfundenen Eindrücke, die Farbklänge, die Atmosphäre, die Luft, den Duft, das Licht, Wolken und Witterung im Übergang vom Sommer zum Herbst genau zu beschreiben und zugleich mit dem Bewußtsein des schaffenden und ordnenden Künstlers zu beleben: etwa im Himmel, der die Landschaft wie eine Kuppel bekrönt, oder im sinnbildhaften Zusammenstehen einer alten neben einer jungen Eiche. Im Februar 1839 war Crolas Waldlandschaft mit Jagdgesellschaft auf der Kunstausstellung in Hannover zu sehen: „Zuvor zeigte der Kunsthändler Ramdohr das Bild dem Herzog von Braunschweig, der es nach seiner Versicherung gern gekauft hätte, wenn nicht die roten Jagdröcke der Kavaliere einen allzu bedientenartigen Schnitt zeigten. Das Bild wurde später vom Kunstverein in Stuttgart angekauft“, wie Crola in seinen Erinnerungen festhielt. Falls es sich bei unserem Gemälde um dasselbe Bild und nicht um eine gleichzeitige zweite Fassung handelt (Varianten von Hauptwerken hat Crola eigentlich nicht gemalt), dann müßten die Erinnerungen den Künstler etwas getrogen haben: Die Jagdröcke sind blau, und es war die Patriotische Gesellschaft in Hamburg, die das Gemälde als Vermächtnis von Hartwig Hesse erwarb. (AA) 29 126 Christian Tangermann Groß Quenstedt 1769 – 1830 Berlin Der Bankier Edmund Delmar und seine Frau Nanny, geb. Humbert (2 Bilder). Um 1815 bzw. 1816 Öl auf Leinwand bzw. Pastell auf Papier. 68,5 x 56 cm bzw. 65 x 52,8 cm (27 x 22 in. bzw. 25 ⅝ x 20 ¾ in.). Portrait Edmund Delmar: Auf dem Spannrahmen unten links ein alter Aufkleber mit den Lebensdaten des Dargestellten. Im Originalrahmen (Berlin, um 1810). Portrait Nanny Delmar: Am unteren Rand links ein alter Aufkleber, (vom Künstler?) mit Feder in Braun beschriftet: Gemalt von Tangermann 1816. Unten rechts ein alter Aufkleber mit den Lebensdaten der Dargestellten. Im Originalrahmen (Wien, um 1825) [3316] Gerahmt. € 6.000 – 8.000 $ 8,220 – 10,960 Wir danken Olaf Lemke, Berlin, für freundliche Hinweise zu den Schmuckrahmen. Es handelt sich bei diesen beiden Bildern um ein seltenes Doppelportrait aus Preußens glücklichster Zeit. Christian Tangermann war in den 1810/20er Jahren der große Portraitist der aufstrebenden Berliner Gesellschaft, zwei Jahre bevor Edmund (1793-1819) und Nanny Delmar (1798-1860) für Tangermann Modell saßen, hatte Nannys Onkel Jean Paul Humbert seinen Festsaal in der Brüderstraße von Schinkel ausstatten lassen. Nanny Delmar war die Tochter des preußischen Hofjuweliers Jean George Humbert, kam also aus einer bedeutenden Hugenottenfamilie. Der Bankier Edmund Delmar entstammte der jüdischen Oberschicht Berlins und war der Sohn von Wolff Levy, preußischer Heereslieferant und Stadtkämmerer von Charlottenburg. Zur engsten Verwandtschaft gehörten die Familien Itzig, Veit, Magnus und Duncker, zum gesellschaftlichen Umkreis Varnhagens, Mendelssohns usw. (Edmunds Cousin Baron Ferdinand Moritz Delmar war der erste Mann jüdischer Herkunft, der (1810) in Preußen geadelt wurde). Edmund Delmar trat 1816 als Teilhaber in das Bankhaus seines Vaters ein, das offenbar durch seine Risikofreude im Jahr 1819 seine Zahlungen einstellen mußte. Dorothea Hauser, Berlin 30 Grisebach 5/2014 127 C. T. Gregorovius tätig in Berlin um 1838/43 Blick vom Museum am Lustgarten zum Berliner Stadtschloß. 1838 [?] Aquarell und Bleistift auf Papier, auf Karton aufgezogen. 24,5 x 41,5 cm (9 ⅝ x 16 ⅜ in.). Unten rechts mit Bleistift signiert, bezeichnet und (in der ersten Ziffer schwer lesbar) datiert: C. T. Gregorovius skizziert 38 [?]. Kleine Farbverluste. [3102] € 1.000 – 1.500 $ 1,370 – 2,050 C. T. Gregorovius, vielleicht ein Sohn des aus Danzig stammenden Malers Michael Carl Gregorivius (1786–1850), schuf im Jahre 1843 ein fast identisches, etwas größeres Aquarell auf Papier (30,9 x 50,9 cm), das heute in der Graphischen Sammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in Potsdam aufbewahrt wird (Aquarell-Sammlung Nr. 1069). Beide Aquarelle zeigen die Aussicht aus dem Treppenhaus des von Karl Friedrich Schinkel entworfenen, 1830 eröffneten Museums über den Lustgarten hin zum Berliner Stadtschloß. Rechts erkennt man zwei weitere Bauwerke Schinkels, die Bauakademie und die Friedrichwerdersche Kirche (siehe Ausstellungskatalog: Karl Friedrich Schinkel 1781–1841. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin u.a., im Alten Museum, 1980/81, Kat.-Nr. 223, mit Abbildung). Carl Daniel Freydanck, ein Vedutenmaler der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin, schuf ein Gemälde nach dem Vorbild von Gregorovius (s. Ausstellungskatalog: Carl Daniel Freydanck 1811–1887. Berlin, Schloß Charlottenburg, 1987, Kat.-Nr. 4, mit Abbildung). Grisebach 5/2014 31 128 Christian Martin Tegner Helsingör 1810 – 1881 Kopenhagen Felsige Meeresküste mit Reiter. 1864 Öl auf Leinwand. 29,3 x 44,5 cm (11 ½ x 17 ½ in.). Unten links signiert und datiert: CMTegner. 1864. Kleine Retuschen. Etwas fleckig. [3410] Gerahmt. € 2.500 – 3.500 129 $ 3,420 – 4,790 Carl Scherres Königsberg 1833 – 1923 Berlin Weite Landschaft mit Bauernhaus. 1880/90er Jahre Öl auf Papier, auf Leinwand aufgezogen. 29,8 x 61,4 cm (11 ¾ x 24 ⅛ in.). Unten links signiert und (undeutlich) datiert: Carl Scherres 18[..]. [3188] Gerahmt. € 1.000 – 1.500 32 $ 1,370 – 2,050 Grisebach 5/2014 130 Niels Simonsen 1807 – Kopenhagen – 1885 Beduinenfamilie an der nordafrikanischen Küste. 1841 Öl auf Leinwand. 55 x 44,5 cm (21 ⅝ x 17 ½ in.). Unten rechts signiert und datiert: NSimonsen 1841. Kleine Retuschen. [3339] Gerahmt. € 5.000 – 7.000 $ 6,850 – 9,590 Grisebach 5/2014 33 (Abbildung in Originalgröße) 131 Caspar Scheuren Aachen 1810 – 1887 Düsseldorf Studie zu „Die Vätergruft“. (Vor) 1831 Öl auf Leinwand, auf Holz aufgezogen. 12,7 x 16,5 cm (5 x 6 ½ in.). Mit einem Gutachten (in Kopie) von Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, vom 22. Februar 2014. – [3508] Gerahmt. € 2.500 – 3.500 eines gepanzerten Ritters. Die Entwicklung der Bildidee von dieser ersten Ölskizze aus läßt sich laut Prof. Dr. Helmut BörschSupan über die nachweisbaren Aquarelle im Cincinatti Art Museum nachweisen, wo der auf sein Schwert gestützte, in Nachdenken versunkene Kreuzritter erstmals vorkommt. (siehe auch Los 132) $ 3,420 – 4,790 Wolfgang Vomm hat nachgewiesen, daß Caspar Scheuren zu seinem legendären Bild „Vätergruft“ (siehe die Vergleichsabbildung rechts, die Lithographie von Georg Osterwald nach dem verschollenen Gemälde) angeregt wurde durch einen Besuch des teilweise zerstörten Altenberger Doms. Auf einer Zeichnung mit der Westfassade des Doms hat Scheuren vermerkt: „Die Abtei Altenberg 6 Stunden von Düsseldorf/wo ich mit Schirmer hinwanderte, er die prachtvollsten Studien machte, und ich ganz von der umgestürzten Kirchenruine voll von Romantik war. Dort entstand die Vätergruft. 1830“. Unsere Studie, die offenbar auf dieser Reise entstanden ist, zeigt den ruinösen Innenraum einer hoch auf einem Berge gelegenen Kapelle, von der links durch einen großen Spitzbogen mit Maßwerk der Blick auf eine Ritterburg und abwärts in ein Tal geht. Der rötliche Abendhimmel wird rechts durch eine Öffnung in der Ruine fortgesetzt, wo man vor dunklerem Blau eine merkwürdigerweise schwarz gemalte Sichel mit abnehmendem Mond erblickt. Rechts vorn befindet sich eine Tumba mit der Liegefigur 34 Grisebach 5/2014 132 Caspar Scheuren Aachen 1810 – 1887 Düsseldorf Studie zu „Die Vätergruft“. (Vor) 1831 Öl auf Leinwand. 26 x 32 cm (10 ¼ x 12 ⅝ in.). Kleine Retuschen. [3398] Gerahmt. € 4.000 – 6.000 Schlösser und Fluß und Ebene. Nichts als wilde Heideberge, aus dem das Schloss herausragte, verfallen wie der Eingang zur Gruft, welche Särge, Grabmale und, von buntem Fensterglas beschienen, Schwert, Schild und Helme barg.“ Zudem konstatierte er selbst, daß das Bild Aufsehen erregte und sehr populär wurde. $ 5,480 – 8,220 1831 malte Caspar Scheuren eine erste – heute verschollene – großformatige Fassung des Gemäldes „Die Vätergruft“ (vermutlich 60 x 80 cm), das nach den Angaben von Boetticher (II, 2; S. 545, Nr. 8) vom Kunstverein Hannover angekauft wurde. Das Thema war als Übung an der Düsseldorfer Akademie aufgegeben worden und geht auf das gleichnamige Gedicht von Ludwig Uhland von 1805 zurück. Scheuren schreibt in seinen autobiographischen Schriften zum Januar 1831, daß J. W. Schirmer und C. F. Lessing beide sein Bild „Die Vätergruft“ während der Entstehung begutachtet haben, Lessing sei ihm auch bei der Drapierung des Ritters behilflich gewesen. Ferner schreibt er rückblickend: „Die ‚Vätergruft’ ist ganz aus dem Impuls des jugendlichsten, romantischsten Gefühls entstanden. Am Abend seines Lebens und der Natur saß ein zurückgekehrter Kreuzfahrer müde am Eingang der Ahnengruft. Die sehnsuchtsvolle Ferne zeigt in goldener Luft und Duft weithin Georg Osterwald publizierte 1835 eine Lithographie danach (46,5 x 59,0 cm, siehe die Vergleichsabbildung bei Los 131); Scheuren selbst führte um 1835 eine weitere Fassung in Aquarell aus (heute Cincinnati Art Museum, Ohio). Wie bei anderen beliebten Motiven, wiederholte er das Bild, der Stich – der sich nur geringfügig von dem Aquarell unterscheidet – wurde ebenfalls kopiert. Eine Vorzeichnung (ebenfalls Cincinnati Art Museum) weicht gegenüber der Lithographie in Kleinigkeiten ab und zeigt wahrscheinlich die erste Gemäldefassung. Das vorliegende Bild ist eng an die Lithographie angelegt, die Proportionen sind nur geringfügig verändert. Leider erlaubt es der Zustand des Bildes nicht, Details exakter zu bestimmen. Der Gesamteindruck, der in erster Linie von der Farbwahl und der Lichtführung bestimmt wird, legt eine Zuschreibung an Caspar Scheuren nahe. Irene Haberland, Bonn Grisebach 5/2014 35 133 Carl Hasenpflug Berlin 1802 – 1858 Halberstadt „Klostergang zu Walkenried“ (mit einem Selbstportrait des Künstlers). 1839 Öl auf Leinwand. 42 x 37 cm (16 ½ x 14 ⅝ in.). Unten links signiert und datiert: C. Hasenpflug 1839. Auf dem Keilrahmen unten mit Pinsel in Schwarz bezeichnet, signiert und datiert: Kloster Gang zu Walkenried. Gemalt von C Hasenpflug 1839. Nicht bei Ziehr. – Kleine Retuschen. [3174] Gerahmt. Provenienz: Ehemals Privatsammlung, Rheinland € 20.000 – 30.000$ 27,400 – 41,100 Wir danken Dr. Antje Ziehr, Michendorf, für die Bestätigung der Authentizität des Gemäldes. Carl Hasenpflug zählt neben Eduard Gaertner (1801-1877) und Johann Erdmann Hummel (1769-1852) zu den bedeutendsten Berliner Architekturmalern der Mitte des 19. Jahrhunderts. Lange Zeit vergessen, wurde er 2002 mit einer großen Ausstellung in seiner Wahlheimat Halberstadt geehrt. Hasenpflug kam ab 1832 durch ein Stipendium seines Förderers König Friedrich Wilhelm III. nach Köln, wo er die Fertigstellung des damals noch unvollendeten Doms mit einem visionären Gemälde antizipieren sollte (Idealansicht des Kölner Domes von Südwesten, 1834-36, Kölnisches Stadtmuseum). Seine Leidenschaft für das von Karl Friedrich Schinkel herrührende Architektursujet pflegte Hasenpflug auch später, wenn er sich für Reisen in die Umgebung Halberstadts aufmachte. Zeit seines Lebens sollte ihn die Faszination für halbverfallene mittelalterliche Gebäude nicht mehr loslassen. So besuchte Hasenpflug im Winter 1837/38 den Harz und besichtigte das ehemalige Zisterzienserkloster zu Walkenried. Die im 13. Jahrhundert vollendete Anlage wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts von seinen Zeitgenossen als ein Meisterwerk bezeichnet, „welches die gothische Baukunst in Deutschland zurückgelassen hat“ (Wilhelm Lotz, Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst, H. 2, 1858, S. 193). Das nach der Reformation aufgelöste Konvent wurde ab Mitte des 17. Jahrhunderts als Steinbruch gebraucht. Erst 1817 wurde ein Abrißverbot erlassen, und zeitgleich mit Hasenpflugs Besuch fanden die ersten denkmalpflegerischen Maßnahmen statt. Auch Hasenpflug hat sich von der sentimentalen Begeisterung für das Kloster und seine lange Geschichte inspirieren lassen. Zahlreiche Gemälde aus dem Werk Hasenpflugs gehen nämlich auf besagte Harz-Reise von 1837/38 zurück. Sie zeigen zumeist die mächtigen Ruinen der Abtei in einer winterlichen Landschaft, oft geht der Blick des Betrachters vom Gebäudeinneren durch eine Tür- oder Fensteröffnung nach außen (sog. „Bogenmotiv“). 36 Deutlich spürt man bei den Walkenried-Gemälden die starke Vorbildwirkung Caspar David Friedrichs, auch wenn dem eine Generation jüngeren Hasenpflug im Gegensatz zum Romantiker Friedrich die tiefsinnige, atmosphärische Religiosität der winterlichen Kirchenruinen etwas abgeht (Birte Frenssen, 2000). Hasenpflug zeigt hingegen, so auch auf unserem Gemälde von 1839, in realistischer Manier den Zustand des zweischiffigen Kreuzgangs von Walkenried vor der Instandsetzung von 1876. Eine detailgenaue Wiedergabe der Architektur mit ihren weitgespannten Kreuzrippengewölben über schlanken Pfeilern verrät das geschulte Auge des ausgebildeten Dekorationsmalers, minutiös ist die Schilderung der Kreuzgrate und Säulenkapitelle mit Blattwerk ausgeführt. Die große Genauigkeit ist auf den Einsatz eines sehr feinen Pinsels zurückzuführen, der alle Formen ungemein plastisch erscheinen läßt; die Lasur trägt zudem zur Klarheit der Erscheinung bei. Zwar bilden die Walkenried-Darstellungen innerhalb des Oeuvres von Hasenpflug eine geschlossene Motivgruppe, doch markiert unser Bild eine interessante Ausnahme auf mehreren Ebenen. Nicht nur, daß es zu den frühesten Darstellungen des Klosters bei Hasenpflug überhaupt zählt (das erste wird auf 1838 datiert). Hier wird der Betrachter mit einem Blick ins Innere des Kreuzgangs von Walkenried konfrontiert, ohne den sonst obligatorischen Ausblick auf den winterlichen Klosterhof. Die pittoresken Details der Ruinen, „die Poesie des leeren Raumes“ (Antje Ziehr 2002), welche ansonsten zur genrehaften Erzählung der Bilder beitragen, sind in unserem Werk auf ein Minimum, etwa den Steinabbruch an der linken Wand, reduziert. Vor allem aber ist es die Darstellung von zwei Personen, darunter der sich selbst portraitierende Maler am Zeichenblock, welche dieses Bild von den anderen Versionen unterscheidet. Waren auf Ruinendarstellungen Hasenpflugs Mönche als Staffagefiguren eingefügt, ansonsten aber die winterliche Stille der verlassenen Sakralgebäude dominierend, so erhält unser Werk durch das Selbstbildnis eine realistische Komponente. Es ist gerade nicht die idyllische Verklärung der Vergangenheit in wehmutsvoller Nostalgie, sondern der neugierige Forscherblick des Architekturmalers Hasenpflug, der sich in der künstlerischen Anschauung gotischer Architektur übt und der damit nicht ohne eine gewisse Ironie mit der romantischen Inszenierung seiner anderen Ruinenbilder bricht. Hasenpflug weist mit seinem Klostergang bereits über die biedermeierliche Genremalerei seiner Zeit auf die realistischen Architekturschilderungen der zweiten Jahrhunderthälfte hinaus. Vor allem aber repräsentiert dieses Bild ein Zeugnis für die zunehmende Begeisterung in Deutschland für die Überreste mittelalterlicher Baukunst und ihrer (künstlerischen) Erforschung. (OS) Grisebach 5/2014 Bitte unbedingt komplettes Bild abbilden!! Grisebach 5/2014 37 134N Monogrammist C P Frau in Tracht vor einer Küste. Öl auf Leinwand. 22 x 17 cm (8 ⅝ x 6 ¾ in.). Unten rechts monogrammiert: C P. [3281] Gerahmt. € 2.500 – 3.000 $ 3,420 – 4,110 Dieses anmutige kleine Bild konnte bislang noch nicht eindeutig einem Künstler zugewiesen werden. Vom Stil her lassen sich Verbindungen zu Christian Johann Georg Perlberg (1806-1884) ziehen, denn Perlberg hat mit einer gewissen Vorliebe für schöne Modelle in einem feinmalerischen Stil Figuren an mediterranen Küsten gemalt, doch das Monogramm CP ist für ihn bislang nicht nachweisbar. Die mit CP monogrammierenden Künstler hingegen passen zu dem souveränen frühbiedermeierlichen Stil dieser Arbeit nicht, so etwa der Dresdner Carl Peschel (1798-1879), dessen von inniger Religiosität getragene Figuren sich kaum mit jener keck blickenden Südländerin verbinden lassen. Eindeutig klären läßt sich allerdings die Topographie: Der Leuchtturm, vor dem die Frau musiziert, steht am Hafen von Genua, zu dem auch die Berge im Hintergrund passen. Wir danken Dr. Matthias Lehmann, Konz, und Dr. Stephan Seeliger, München, für freundliche Hinweise. 135 Friedrich Nerly Erfurt 1807 – 1878 Venedig An einer Hauswand hockender Einsiedler. Pinsel in Braun über Bleistift auf Bütten. 46,3 x 32,1 cm (18 ¼ x 12 ⅝ in.). Unten links mit Feder in Braun signiert: Nerly. f. [3086] Gerahmt. Provenienz: Galerie Siegfried Billesberger, Moosinning € 800 – 1.200 $ 1,096 – 1,640 Wir danken Dr. Wolfram Morath-Vogel, Erfurt, für die freundliche Bestätigung der Authentizität der Zeichnung. 38 Grisebach 5/2014 136 Franz Ludwig Catel Berlin 1778 – 1856 Rom Blick auf Rom. Um 1813/1818 Öl auf Bütten, auf Karton aufgezogen. 19,8 x 27,6 cm (7 ¾ x 10 ⅞ in.). An der Balustrade oberhalb der beiden Vasen signiert: CATEL. Das Bild wird aufgenommen in das Werkverzeichnis der Gemälde Franz Ludwig Catels von Dr. Andreas Stolzenburg, Hamburg (in Vorbereitung). – [3174] Gerahmt. € 30.000 – 40.000 $ 41,100 – 54,800 Der Berliner Maler Franz Ludwig Catel erreichte nach seinem längeren Aufenthalt in Paris, wo er seit 1806 lebte, im Dezember des Jahres 1811 Rom, wo er bis zum Ende seines Lebens lebte und arbeitete. Schon im April 1812 reiste er nach Neapel und bestieg dort den Vesuv, ab Mai 1812 begleitete er den berühmten französischen Archäologen Louis-Aubin Millin (1759-1818) auf einer dreimonatigen Reise durch Kalabrien. Es entstanden neben intensiven Studien zu den landestypischen Trachten Süditaliens zahlreiche Landschaftszeichnungen, die das künstlerische Werk Catels stark prägten. Zurück in Rom widmete er sich verstärkt der gelungenen Kombination von Landschaften und Veduten mit in die Komposition eingeschriebenen folkloristischen Genredarstellungen. Das vorliegende Bild ist wahrscheinlich eines der sehr frühen Beispiele der Ölmalerei Catels in Rom und zeigt den Blick vom Ponte Palatino auf die Tiberinsel, links im Mittelgrund der Ponte Cestio (dazu rechts als Pendant der Ponte Fabricio), rechts der Mittelachse auf der Insel das Ospedale der Fatenbenefratelli mit der durch den hohen Turm geprägten Kirche San Bartolomeo all`Isola. Weit hinten am Horizont erkennt man die Kuppel des Petersdoms oberhalb des Ponte Cestio. Die Anlage der Brücke erweckt eher den Anschein eines großen Balkons und wird durch ein mit Balustern geschmücktes Steingeländer zum Tiber begrenzt. Links vorn plazierte der Künstler einen Brunnen, den es auf der Brücke (!) wohl eher nicht gegeben haben wird. Die gesamte Bildkomposition ist dabei zweistufig aufgebaut, so daß der Vordergrund den Charakter einer Bühne erhält und der Blick auf die Stadt den eines Bühnenbildes. Der vordere Bildraum bietet nun Platz für die um den Brunnen versammelten beiden jungen Waschfrauen in leuchtend rot-blau-weißen Trachten, die von einer neben ihnen stehenden alten Frau beobachtet werden. Vor dem Brunnen hat sich ein brauner Hund niedergelassen, der zu schlafen scheint. Der linke Bildrand wird von einer hohen Gebäudemauer gerahmt, die die beiden horizontalen Bildstreifen miteinander optisch verbindet. Die rechte Seite der vorderen Bühne, die auch deshalb eher an einen Balkon als an die real dort existierende Brücke erinnert, wird von einer Reihe von Pflanzen in Kübeln belebt. Rechts befinden sich zwei auf dem Kopf stehende, beinahe skulptural wirkende Terrakottatöpfe, die den Blick zunächst auf sich und dann direkt auf die oberhalb an der Balustrade angebrachte, nur noch fragmentarisch erhaltene Signatur lenken. Sowohl aufgrund der zweistufigen Komposition als auch der noch summarisch gestalteten Physiognomien der Waschfrauen scheint das Bild relativ früh in den Jahren von Catels römischem Aufenthalt, also wohl zwischen 1813/14 und 1818 entstanden sein. Doch zeigt sich bereits in diesem frühen Beispiel seiner durch französische Vorbilder (wie François-Marius Granet) geprägten Gemälde, die meisterhafte Beherrschung des Lichtes und der hellen Farben. Andreas Stolzenburg, Hamburg Grisebach 5/2014 39 137 August Kopisch Breslau 1799 – 1853 Berlin Ein Schiff auf dem Meere von Delphinen umschwärmt. Um 1826/28 Öl auf Leinwand. 20,5 x 34 cm (8 ⅛ x 13 ⅜ in.). Unten rechts signiert: A. Kopisch fec. Auf dem Keilrahmen oben Etiketten des Kunstsalons Abels, Köln, und der Sammlung Georg Schäfer, Schweinfurt. [3391] Gerahmt. Provenienz: Kunstsalon Abels, Köln / Georg Schäfer, Schweinfurt / Nachlaß Jens Christian Jensen, Hamburg Ausstellung: XXVIII. Kunstausstellung. Berlin, Königliche Akademie der Künste, 1838, Kat.-Nr. 405 Literatur und Abbildung: Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. 4 Bände. Dritter, unveränderter Nachdruck, Hofheim am Taunus, H. Schmidt & C. Günther, 1979 (zuerst Fr. v. Boetticher’s Verlag, Dresden 1891–1901), hier Erster Band (Zweite Hälfte), S. 774, Nr. 9 („Ein Schiff auf dem Meere von Delphinen umschwärmt. Im Hintergrunde die Insel Stromboli. Bei Sonnenaufgang“) € 8.000 – 12.000 $ 10,960 – 16,400 Vielleicht ist August Kopisch die exzentrische Figur, die die deutsche Kunst des ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hervorgebracht hat. Der 1799 in Breslau geborene, breitschultrige Kopisch war unter seinen Zeitgenossen eine lebende Legende, weil es ihm im Jahre 1826 tauchend gelungen war, die in Vergessenheit geratene Blaue Grotte vor Capri wiederzuentdecken. Das blaue Licht der Grotte wurde nicht nur zum bevorzugten Farbton seiner Malerei - sondern schlug sich auch in seiner Lyrik und in seinen musikalischen Kompositionen nieder. In Neapel, wo er sich ab Mitte der zwanziger Jahre aufhielt, lernte er August von Platen kennen, in dessen Kreis er ebenso verkehrte wie in dem der deutschen Künstler um Ernst Fries in Rom. In Neapel wurde der exzentrische Maler, Musiker und Taucher als „Don Augusto Prussiano“ zu einer Kultfigur, auch der kunstbeseelte preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. bediente sich seiner als Impresario: So wurde auf dem Krater des Vesuv, organisiert von Kopisch, eine rauschende Geburtstagsfeier für die preußische Kronprinzessin gefeiert. 1828 dann kehrte der Künstler nach Preußen zurück, lebte erst in Breslau, dann in Berlin und schließlich in Potsdam, Friedrich Wilhelm IV verlieh ihm 1844 den Professorentitel. Seinen größten und nachhaltigsten Ruhm erlangte Kopisch, der schon mit 18 Jahren Mitglied der legendären Unsinnsgesellschaft wurde und ein Patent für Berliner Schnellöfen hielt, allerdings durch „Die Ballade von den Kölner Heinzelmännchen“. Unser Werk ist der bildgewordene Komplementärkontrast zu Kopischs Liebe zum Blau. Es wird beherrscht von einem unerhörten Rot, das man auf den ersten Blick überhaupt nicht mit der Malerei um 1825 in Verbindung bringen kann. Es bietet Gelegenheit, Kopischs herausragende Fertigkeiten als Maler zu würdigen. Bötticher nennt noch 23 eigenhändige Werke von Kopisch, heute sind nur noch eine Handvoll von ihm bekannt. „Der Krater des Vesuv mit der Eruption von 1828“ sorgte im Rahmen der Frankfur- 40 ter Ausstellung „Die schwarze Romantik“ 2013 für Aufsehen. „Die Pontischen Sümpfe“ von 1848 haben ihren würdigen Platz in der Alten Nationalgalerie in Berlin gefunden. Und „Ein Schiff auf dem Meere von Delphinen umschwärmt“ (schon der Titel ist ein Gedicht) war bislang nur dem Namen nach, aber nicht als Abbildung bekannt. Schon die Zeitgenossen rühmten Kopischs Fähigkeit zur effektvollen Beleuchtung und seinen ausgeprägten Farbensinn. In unserem Bild entlädt sich beides zu einer romantischen Farborgie. Nur ein Lyriker kann ein solch aberwitziges Bildmotiv erfinden Delphine, die wie Tänzerinnen ein Schiff umspringen, das Meer und der Himmel in ein ungeheures Rotgelb getaucht. Das kleine Gemälde strahlt eine Modernität und eine künstlerische Unabhängigkeit aus, die frappierend sind. Nicht nur von der Faszination Italiens erzählt dieses Bild, von Kopischs an Platen geschulter Fähigkeit zur Ode, sondern auch von seinen eigenwilligen Humor, der sich im von den Delphinen umkränzten Boot auslebt. Nicht zu unterschätzen ist aber auch die kühne, eigenwillige Komposition des kleinen Bildes: Zuerst erblickt man das Segelschiff, eine Reminiszenz an die Segler Caspar David Friedrichs, das parallel zum Horizont fährt, erst in einem zweiten Schritt fallen die Delphine ins Auge und erst am Schluß sieht man hinten links den Vesuv, entrückt wie ein Traumbild, die Szenerie verorten. (FI) 41 138 Franz Ludwig Catel Berlin 1778 – 1856 Rom Blick auf Sorrent. Um 1812 Pinsel in Sepia auf Papier. 16,3 x 23 cm (6 ⅜ x 9 in.). Unten links signiert: L. Catel. Die Zeichnung wird aufgenommen in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis Franz Ludwig Catels von Dr. Andreas Stolzenburg, Hamburg, aufgenommen. – [3398] Gerahmt. € 3.500 – 4.500 139 Diese Pinselzeichnung mit Blick auf Sorrent steht laut Dr. Andreas Stolzenburg vermutlich im Zusammenhang mit Catels italienischer Reise von 1812, da er nur in jenem Frühwerk mit „FL.(ligiert) Catel“ signierte. Auch zeigt das Blatt stilistische Ähnlichkeiten mit anderen frühen Blättern in der Bibliothèque nationale de France in Paris. $ 4,790 – 6,160 Eduard Agricola Stuttgart 1800 – 1872 München (?) „Amalfi“. Um 1835 (?) Bleistift auf zwei aneindandergefügten Bögen Büttenpapier. 53 x 77,5 cm (20 ⅞ x 30 ½ in.). Unten rechts monogrammiert: EAg. Oben rechts (vom Künstler?) bezeichnet: Amalfi. Wohl Vorzeichnung zum Gemälde „Ansicht von Amalfi“ (Boetticher Nr. 21). Leicht fleckig. Kleine Randmängel. [3393] Provenienz: Ehemals Dr. Georg Ernst, Dresden € 1.000 – 1.500 42 $ 1,370 – 2,050 Grisebach 5/2014 140N Deutsch, um 1840 Das Kloster Sant’Onofrio in Rom. Öl auf Papier, auf Pappe aufgezogen. 27 x 35,1 cm (10 ⅝ x 13 ⅞ in.). Rückseitig oben links mit Bleistift beschriftet: Kloster St. Onofrio in Rom / Tasso‘s letzter Aufenthalt. Unten links älterer Besitzervermerk. Kleine Retuschen. [3281] Gerahmt. € 4.000 – 6.000 $ 5,480 – 8,220 Atmosphärisch dichte Ölstudie, die durch ihre subtilen Lichteffekte beeindruckt. Die im Gegenlicht aufleuchtende Korkeiche links vom Klosterhof leuchtet rot im Schein der untergehenden Sonne auf, was eine Lehrzeit des Malers bei Carl Rottmann in München nahelegt. Man kennt diese Art der effektvollen Beleuchtung in Kombination mit einer sehr warmen Behandlung von Gestein und Erde zum Beispiel aus den italienischen Studien August Wilhelm Schirmers. Grisebach 5/2014 43 141 Thomas Fearnley Fredrikshald 1802 – 1842 München Arco naturale, Capri. Um 1833 Öl auf Papier auf Pappe, auf Holz aufgezogen. 60 x 44,8 cm (23 ⅝ x 17 ⅝ in.). Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Ulrich Schulte-Wülwer, Flensburg, vom 12. Februar 2014. – [3060] Gerahmt. € 10.000 – 15.000 $ 13,700 – 20,500 Obwohl Thomas Fearnley von seinen Zeitgenossen hoch geschätzt wurde, gehört er heute zu den bekanntesten Unbekannten in der Kunst des 19. Jahrhunderts. 1802 als Nachfahre eines englischen Einwanderers in Norwegen geboren und an der Königlichen Zeichenschule in Oslo sowie an der Akademie in Kopenhagen ausgebildet, zog es ihn 1829 nach Dresden, wo er anderthalb Jahre als Schüler von Johan Christian Dahl wirkte und auch Caspar David Friedrich kennenlernte. Ab Herbst 1832 hielt er sich für insgesamt drei Jahre in Italien auf, gehörte in Rom zum Kreis des gefeierten dänischen Bildhauers Bertel Thorvaldsen und war Mitglied der legendären Künstlergemeinschaft Ponte Molle, die sich im Caffè Greco nahe der Spanischen Treppe traf. Auf Ausflügen in das römische Umland sowie nach Sizilien, Neapel, an die Amalfiküste und auf die Inseln im neapolitanischen Golf schuf er in situ zahlreiche Ölstudien, die ohne weiteres als autonome Bilderfindungen Bestand haben, zum Teil aber auch für große Atelierkompositionen weiterverwendet wurden. Der Arco naturale geht mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine eigenhändige Studie im Besitz der Familie Fearnley zurück, die so große Übereinstimmungen mit unserem Gemälde aufweist, daß die Urheberschaft Thomas Fearnleys für Ulrich Schulte-Wülwer außer Zweifel steht. Was wir sehen, ist eine der bis heute populärsten Sehenswürdigkeiten der Insel Capri, die der Künstler im August 1833 und im Juni 1834 besucht hatte: ein gewaltiger Bogen aus Kalkstein, der sich an der Ostküste über das Meer erhebt und derart beeindruckend auf Fearnley wirkte, daß er ihn in mindestens einem weiteren Bild festhielt (Felsentor auf Capri, 1833, Privatbesitz). Faszinierend ist vor allem die aberwitzig nach oben 44 gebogene Form des Arco, aber auch seine schiere Größe, die das touristisch gekleidete Personal am unteren linken Bildrand geradezu nichtig klein erscheinen läßt. Fearnley gibt hier deutlich zu verstehen, daß er die Theorie über die Erhabenheit der Natur kannte, welche seit geraumer Zeit durch die europäische Debatte geisterte. Vor diesem Hintergrund wurde Capris schroffe Felsenlandschaft zum Inbegriff eines Kunstwerkes der Natur. Und zwar nicht nur für Fearnley, sondern auch für Jakob Philipp Hackert, Karl Friedrich Schinkel, Carl Gustav Carus und Carl Blechen – sie alle hielten die überwältigende Schönheit des Eilands in Bildern oder schwärmerischen Reiseberichten fest. Freilich fühlte sich der ein oder andere Künstler von der landschaftlichen Anmut auch zu Kreationen verleitet, die nicht über den Status einer klischeehaften Postkartenansicht hinauskamen. Fearnleys Arco naturale hingegen zeugt von einem empirischen Interesse an der Physiognomie der Natur und den spezifischen Eigenheiten des Gesteins und steht damit in der Tradition von Carus’ Idee einer Verbindung von Kunst und Naturwissenschaft. Daß Capri das geeignete Szenario bot, um ebendieser Idee Ausdruck zu verleihen, belegen Ernst Fries’ Darstellungen der Südküste samt ihrer geologischen Struktur genauso wie Johann Heinrich Schilbachs Skizzen der Felsen rund um die Marina Piccola und nicht zuletzt Fearnleys restliche Capri-Studien, die ausnahmslos Ansichten von Küste und Steinen zeigen. Interessanterweise tut die wissenschaftliche Erkenntnislust der malerischen Qualität von Fearnleys Kompositionen keinen Abbruch. Unser Bild überzeugt auch durch den atmosphärischen Kolorismus, in dem sich die warmen Erdfarben des Gesteins am kühlen Blau von Himmel und Berghintergrund brechen. Der Aufenthalt im Süden nahm Fearnleys Palette die nordische Dunkelheit und tauschte das Studium der alten Meister endgültig gegen die direkte Naturanschauung ein. Ebenso wie für seinen Lehrer Dahl, der von 1820 bis 1821 in Italien gearbeitet hatte, wurde die Reise für Fearnley zum Wendepunkt seines noch jungen Œuvres. Beide übertrugen die Frische, den Charme und die Wahrhaftigkeit der Plein-air-Malerei in das ausgeführte Studiobild und dürfen damit mit Fug und Recht zu den Wegbereitern des Naturalismus gezählt werden. (FMG) Grisebach 5/2014 Grisebach 5/2014 45 142 Deutsch, um 1840 Brunnen an einem italienischen See. Öl auf Papier. 12 x 21,5 cm (4 ¾ x 8 ½ in.). [3278] Gerahmt. € 1.200 – 1.500 143 $ 1,640 – 2,050 Bonaventura Genelli Berlin 1798 – 1868 Weimar Gewandstudie. (Nach) 1856 Bleistift auf dünnem Velin (Wasserzeichen: Whatman 1856), auf leichten Karton aufgezogen. 26 x 18 cm (10 ¼ x 7 ⅛ in.). Rückseitig die Sammlerstempel Lugt 3549 und 3551. [3186] Gerahmt. € 900 – 1.200 $ 1,233 – 1,640 Studie zu der links am Brunnen sitzenden Frau in der Zeichnung „Moses vertreibt die Hirten“; vgl. Hans Ebert: Bonaventura Genelli. Leben und Werk. Weimar, Hermann Böhlaus Nachfolger, 1971, S. 124 f., Abb. 110. 46 Grisebach 5/2014 144 Friedrich Nerly Erfurt 1807 – 1878 Venedig San Lorenzo im Trentino. Aquarell über Feder in Schwarz auf Bütten. 18 x 25,4 cm (7 ⅛ x 10 in.). Unten rechts bezeichnet, datiert und signiert: Trento San Lorenzo, Oct. F. Nerly f. Gebräunt, die Ecken ergänzt. [3086] Gerahmt. Provenienz: Galerie Siegfried Billesberger, Moosinning € 2.500 – 3.500 $ 3,420 – 4,790 Wir danken Dr. Wolfram Morath-Vogel, Erfurt, für die freundliche Bestätigung der Authentizität der Zeichnung. Trotz der beeindruckenden Venedig-Veduten Friedrich Nerlys, der sich in der Lagunenstadt verheiratet und hier auch seinen Lebensabend verbracht hat, sind es daneben auch die zahlreichen Ölskizzen, Zeichnungen und Aquarelle seiner frühen italienischen Studienzeit, die ihn künstlerisch auszeichnen. Besonders die kleinen, nicht selten bildmäßig angelegten Aquarelle zeigen eine genaue Beobachtung der Natur ebenso wie eine rasche und treffsichere Bezeichnung der Motive. Dies gilt auch für unser Landschaftsaquarell, das den Blick auf das malerisch vor der Kulisse der Dolomiten liegende Bergdörfchen San Lorenzo im Trentino zeigt. Mit zarten Federstrichen wird die Silhouette des Stadtkerns, insbesondere des Campanile, mit den Konturen des Bergmassivs in Kontrast gesetzt. Die zarten Hellgrün- und Braun- bzw. Ockerfarben finden sich häufig in den Arbeiten der frühen 1830er Jahre, von denen eine größere Anzahl in Bremen und in Nerlys Geburtsstadt Erfurt aufbewahrt wird. (SW) Grisebach 5/2014 47 145 Dresden, um 1850 Landschaft mit pappelbestandenden Gebäuden. Öl auf Papier, auf Holz aufgezogen. 19,4 x 29 cm (7 ⅝ x 11 ⅜ in.). Rückseitig ein Wiener Zollstempel. Retuschen. [3111] € 2.500 – 3.500 146 $ 3,420 – 4,790 Diese Ölstudie legt in Ihrer eigenwilligen Gestaltung der Pappeln eine Schulung des Schöpfers bei dem Dresdner Johann Christian Dahl nahe. Die dargestellte Gegend und die Gebäude im Mittelgrund ähneln verschiedenen zeitgleichen Darstellungen der Landschaft rund um das böhmische Teplitz. Carl von Blaas Nauders/Tirol 1815 – 1894 Wien Zwei Männer an einer Felsenküste. 1838 Öl auf Pappe. 17,5 x 22,4 cm (6 ⅞ x 8 ⅞ in.). Unten in der Mitte signiert und datiert: C. Blaas. 1838. [3101] Gerahmt. € 1.500 – 2.000 48 $ 2,050 – 2,740 Grisebach 5/2014 147 Gustaf Wilhelm Palm Bei Kristianstad 1810 – 1890 Stockholm Mondschein über der Bucht von Neapel. 1842 Öl auf Holz. 28,7 x 41,6 cm (11 ¼ x 16 ⅜ in.). Unten rechts auf dem Segel signiert, bezeichnet und datiert: G [Signet: Palme] W Roma 1842. [3339] Gerahmt. Ausstellung: Wien, Österreichische Kunstakademie, 1844, Kat.-Nr. 157 („Der Vesuv bei Mondbeleuchtung“) Literatur und Abbildung: Gustaf Lindgren: Landskapsmålaren Gustaf Wilhelm Palm, 1810–1890. Stockholm, Norstedt, 1933 (= Uppsala, Univ., Diss., 1933), S. 132, S. 246, Anm. 21, und S. 279, Kat.-Nr. 106 (unter „1844“) € 7.000 – 9.000 Im Jahre 1840 war der schwedische Maler Palm in Rom eingetroffen und arbeitete dann über zehn Jahre in Italien. Er ist berühmt geworden durch seine mit einer Palme verzierte Signatur, die auch unser Bild ziert. Der rauchende Vesuv hatte in der Zeit ab 1830 für die Künstler und Bewohner Süditaliens seinen Schrecken eingebüßt und er fungierte wie auch auf diesem Gemälde nur mehr als topographische Pointe. Statt brodelnde Naturgewalt vorzuführen, wirkt die Rauchsäule eher wie ein behaglicher schmauchender Kamin, und auch die italienischen Fischer am Strand strahlen eine große Seelenruhe aus. Das Bild wurde schon von den Zeitgenossen sehr geschätzt und 1844 in Wien auf der Akademieausstellung gezeigt. $ 9,590 – 12,330 Grisebach 5/2014 49 148 August Becker Ballenstedt/Harz – tätig in Dresden, Düsseldorf u. Dessau (1855) Der Priesterstuhl bei Berchtesgaden. 1831 Öl auf Leinwand. 43,5 x 57 cm (17 ⅛ x 22 ½ in.). Rückseitig mit Pinsel in Schwarz (vom Künstler?) betitelt, bezeichnet, signiert und datiert: Der Priesterstuhl bey Berchtesgaden gem: v. A. Becker 1831. Mit einem Gutachten (in Kopie) von Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, vom 19. Februar 2014. – Retuschen. [3182] Gerahmt. € 3.000 – 4.000 50 $ 4,110 – 5,480 Unser Werk verrät die Schulung an den Bildern der großen Dresdner Romantiker Friedrich und Dahl. Und in der Tat ist über den Maler August Becker wenig bekannt, nur daß er als Schüler Dahls 1827 auf der Dresdner Akademieausstellung drei Bilder ausstellte. Unser Gemälde paßt genau in diese frühe Zeit, ab 1833 verändert Becker seinen Stil und wird in Publikationen als ein Künstler der Düsseldorfer Malerschule geführt. Die Mondszenerie, das ins Violett neigende Kolorit und die Komposition machen dieses Bild zu einem klassischen Bild der Dresdner Romantik um 1830, auch wenn die Szenerie in Berchtesgaden und am Königssee zu finden ist. Vermutlich ein Stich nach dem vorliegenden Bild ist Katalognummer 545 der am 31. Juli 1831 eröffneten Ausstellung „Umgebung des Bartholomei- oder Königssee’s im Herzogthum Berchtesgaden. Gez. vom Major Becker und gestochen von J.P.Hajeck“. Grisebach 5/2014 ZWEI ZEICHNUNGEN von CASPAR DAVID FRIEDRICH Die Zeichnungen Caspar David Friedrichs sind der Inbegriff dessen, was wir als „Deutsche Romantik“ und „Deutsche Innerlichkeit“ verstehen. Wir freuen uns, zwei Zeichnungen Friedrichs anbieten zu können, die beide als verschollen galten und von denen die eine bislang nur durch Beschreibungen, nicht aber als Abbildung bekannt war. Das eine Blatt zeigt die Ostsee, das andere die Sächsische Schweiz – jene zwei Landschaften also, die durch Friedrich in Kernlande der deutschen Romantik verwandelt wurden. (Losnummern 149 und 150) Grisebach 5/2014 51 149 Caspar David Friedrich Greifswald 1774 – 1840 Dresden „Rügische Küste bei Göhren“. Juli 1806 Bleistift, quadriert, auf cremefarbenem Papier. 19 x 26 cm (7 ½ x 10 ¼ in.). Am unteren Rand von fremder Hand beschriftet: Gören auf Mönchgut (Göhren). Grummt 513. – Mit einem zusätzlichen Gutachten von Dr. Christina Grummt, Bülach, vom 14. April 2014. – [3361] Ausstellung: Caspar David Friedrich, der Graphiker. Handzeichnungen und Radierungen. Dresden, Kunstausstellung Kühl, 1928, Kat.-Nr. 81 Literatur und Abbildung: Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung der Zeichnungen und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde. 2 Bände (Typoskript). Greifswald, Uni., Diss., 1966, Kat.-Nr. 420 / Werner Sumowski: Caspar David Friedrich Studien. Wiesbaden, Steiner, 1970 (zugleich Stuttgart, Univ., Habil.-Schr., 1967), S. 191, Nr. 67, S. 216, Nr. 211-243, Abb. 410 / Marianne Bernhard (Hg.): Caspar David Friedrich. Das gesamte graphische Werk. München, Rogner & Bernhard, 1974, S. 858 (o. Abb.) € 60.000 – 80.000 $ 82,200 – 109,600 Das ästhetische Zentrum des Blattes findet sich im Küstenstreifen links. Hier dominieren die mit einem weichen Bleistift (niedriger Härtegrad) gezeichneten Linien. Sie heben sich allein durch ihren hohen Dunkelwert (Kähne, Netze, Bäume) von den übrigen Lineaturen des Blattes hervor (Laubwald, Küstenlandschaft, Quadrierungslinien). Wobei die Übergänge von Hell zu Dunkel in der Lineatur insgesamt fließend gestaltet sind. So finden sich links zunächst einzelne nur angedeutete Baumdarstellungen mit flott ausgeführten Konturen. An diese schließt sich eine kleine Gruppe von Bäumen an, deren Darstellung sich aus Konturen und flüchtig gezeichneten Binnenstrukturlinien (Parallelschraffuren) zusammensetzt. Es folgt eine Baumgruppe, deren Lineatur von den Dunkelwerten ähnlich hoch ist wie die Linien, mit denen etwa die Holzkähne, Netze und Steine gezeichnet wurden. Diese Bäume lassen neben ihren Konturen zudem aufwendig gezeichnete Binnenstrukturlinien (Parallelschraffuren, Astwerklinien) erkennen. Von diesem ästhetischen Zentrum unterscheiden sich 52 die übrigen Darstellungen des Blattes. Der im Mittelgrund des Blattes dargestellte Laubwald weist eine ungleich hellere Lineatur (Konturen, flüchtig gezeichnete Parallelschraffuren) auf. Schließlich ist auch der Hintergrund mit einem harten Bleistift (hoher Härtegrad) gezeichnet. So erfolgt die Ansicht des Tiefenraumes (Küstenstreifen, Wasseroberfläche, Küstenlandschaft) sowohl über die Größe der dargestellten Gegenstände (Bäume, Steine im Wasser) als auch über die Hell-Dunkel-Verteilung des Linienbildes. Die Lineatur des Blattes ist in entscheidendem Maße durch ein für 1806 typisches, nämlich feines und zudem kräftig schwarzes Erscheinungsbild geprägt. Hier sei beispielsweise auf das Osloer Blatt Bauernhaus mit Schilfdach (Grummt 423), das Schweinfurter Blatt Bauernhof mit Ziehbrunnen (Grummt 480) oder das Osloer Blatt Opferstein bei Quoltitz (Grummt 502) verwiesen. Biographisch läßt sich das Blatt in Friedrichs Reise in die Heimat und auf die Insel Rügen im Frühjahr und Sommer 1806 einordnen. Über den Beginn der Reise und Friedrichs Ankunft in Pommern sind wir durch den Brief vom 26. April 1806 von Friedrich August von Klinkowström aus Dresden an Philipp Otto Runge nach Hamburg genau informiert. Dort heißt es: „Friedrich wird ziemlich zugleich mit dir [Runge, C. G.] in Pommern eintreffen, da er vorgestern [= 24. April 1806] von hier [Dresden] abgegangen ist.“ (zit. nach: Börsch-Supan/Jähnig 1973, S. 131). Am 14. Mai 1806 ist Friedrich in Breesen nachweisbar, wo er seine Schwester Catharina Dorothea besuchte. Anschließend reiste er über Neubrandenburg und Greifswald auf die Insel Rügen, wo er am 29. Juni 1806 nachweisbar ist. Offenbar hielt er sich zunächst in Nadelitz und Vilmnitz bei Putbus im Süden der Insel Rügen auf. Dann setzte Friedrich allem Anschein nach seine Reise im Südosten der Insel Rügen fort; denn am 1. Juli 1806 ist er in Neu Reddevitz nachweisbar, wie dem Osloer Blatt Blick über die Having mit dem Gobbiner Haken zu entnehmen ist. Ein solcher Reiseverlauf würde mit der Bezeichnung „Göhren auf Mönchgut“ korrespondieren. So kann die von Kurt Wilhelm-Kästner, 1942 Professor am Caspar David Friedrich Institut für Kunstwissenschaft an der Universität Greifswald, dem Blatt beigelegte Notiz zur Datierung von „Juni oder Juli 1806“ grundsätzlich bestätigt und präzisiert werden. Die Entstehungszeit für das vorliegende Blatt Rügische Küste bei Göhren liegt folglich zwischen dem 1. und 16. Juli 1806. Am 16. Juli 1806 ist Friedrich bei Dwasieden auf der Rügener Halbinsel Jasmund nachzuweisen. Daran anschließend wanderte Friedrich am 17. Juli 1806 nach Quoltitz, um seine Rügen-Reise über Bobbin bis nach Kap Arkona fortzusetzen, das er am 19. Juli 1806 erreicht. Christina Grummt, Bülach 53 150 Caspar David Friedrich Greifswald 1774 – 1840 Dresden „Blick über den Wolfsgraben“. 1813 Bleistift auf Papier. 11,7 x 18 cm (4 ⅝ x 7 ⅛ in.). Oben rechts datiert: den 9t Juni 1813. Grummt 684 (o. Abb.). – Mit einem zusätzlichen Gutachten von Dr. Christina Grummt, Bülach, vom 14. April 2014. – [3361] Provenienz: Ehemals Sammlung Eugen Roth, München Literatur und Abbildung: Th(eodor) Schäfer (Bearb.): Meinholds Führer durch Schandau und Umgebung. Dresden, C. C. Meinhold & Söhne, o. J. (1911?), S. 22 / Heinz Klemm: Die Entdeckung der Sächsischen Schweiz. Dresden, Sachsenverlag, 3. Aufl. 1956, S. 124 / Karl-Ludwig Hoch: Caspar David Friedrich in der Sächsischen Schweiz. Skizzen, Motive, Bilder. Dresden u.a., Verlag der Kunst, 1995, S. 64 € 40.000 – 60.000 $ 54,800 – 82,200 Die hier dargestellte Berglandschaft wurde zuerst von Karl-Ludwig Hoch topographisch bestimmt. Ihm zufolge zeichnete Friedrich hier eine Ansicht der Sächsischen Schweiz, und zwar „den Rückblick über den Wolfsgraben in Richtung Krippen“. Links ist der Steilabhang des Kleinen Zschirnsteins zu erkennen, rechts der Kohlbornstein, zur Bildmitte zwei der Lasensteine (Hoch 1995, S. 64, Anm. 147). Diese Zuordnung entspricht noch immer dem neuesten Forschungsstand (Mit Dank an Frank Richter, auf für den nachfolgenden Hinweis). Eine vergleichbare Darstellung des Landschaftsausschnittes findet sich in dem von Adrian Ludwig Richter 1823 herausgegebenen Bändchen 30 An- und Aussichten zum VergissmeinnichtTaschenbuch für den Besuch der Sächsischen Schweiz, und zwar auf der rechten Hälfte der Radierung Nr. 9 „Aussicht von der Ostrauer Scheibe“. Als ein markanter Punkt innerhalb des Blattes Blick über den Wolfsgraben erhebt sich aus dem dichten Baumbestand der Talsohle der Turm einer kleinen Kirche. Exponiert dargestellt ist auch die kleine menschliche Figur in der rechten unteren Ecke des Blattes. Für das auf Fernsicht angelegte Blatt Blick über den Wolfsgraben bevorzugt der Zeichner eine konturierende Darstellungsweise, die sich vor allem aus verschieden großen Bogenliniensegmenten zusammensetzt. Dabei nimmt die Größe der Bogenliniensegmente vom Vordergrund über den Mittelgrund bis hin zum Hintergrund kontinuierlich ab. Ergänzend hierzu unterstreichen die in den einzelnen Gründen verschieden groß dargestellten Bäume die Tiefenwirkung des Blattes. So sind die Tannenbäume im Vordergrund links relativ groß gehalten, während die Laubbäume am Weidenzaun im Mittelgrund rechts bereits sehr viel kleiner gezeichnet worden sind. Schließlich werden die Baumkronen im Hintergrund nur noch angedeutet. Auch der sparsame Gebrauch der Binnenstrukturlinien unterstreicht die auf Fernsicht angelegte Landschaftsdarstellung. So finden sich an den Bodenwellen im Vordergrund links und an den verschatteten Bergflächen im Hintergrund links nur wenige Parallelschraffuren. Die künstlerisch ästhetische Auffassung des Gegenstandes, der Charakter des Linienbildes und nicht zuletzt die eigenhändige Datierung der Zeichnung Blick über den Wolfsgraben 54 zeichnen dieses Blatt als ein Werk von Caspar David Friedrich aus. Ebenfalls am 9. Juni 1813 hat Friedrich die Osloer Blätter Fels- und Baumstudien (Grummt 2011, Nr. 682) und Felsstudie (Grummt 2011, Nr. 683) gefertigt. Beide Blätter gehören in den ursprünglichen Kontext des Krippener Skizzenbuches. Dieses Skizzenbuch wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt aufgelöst und ist daher heute nicht mehr als Ganzes erhalten. Die einzelnen Skizzenbuchseiten werden in verschiedenen öffentlichen Kunstsammlungen (Essen, Dresden, Oslo, Wien) und in Privatsammlungen aufbewahrt. Zum derzeitigen Stand der Forschung sind etwa zwei Dutzend Seiten dieses Skizzenbuches bekannt (siehe hierzu ausführlich: Grummt 2011, Nr. 679). Wie die Untersuchung des Papierbefundes (Papiersorte, Wasserzeichenstatus, Ecken- und Kantengestaltung) ergab, gehörte offenbar auch das Blatt Blick über den Wolfsgraben ursprünglich zum Verbund des Krippener Skizzenbuches. Wie die linke und die untere Blattkante erkennen lassen, wurde das Blatt zu einem unbekannten Zeitpunkt beschnitten. Die Seiten des Krippener Skizzenbuches besitzen ein Format von ca. 192 x 122 mm. Dies wird auch die ursprüngliche Größe für das vorliegende Blatt gewesen sein. Biographisch läßt sich die Zeichnung Blick über den Wolfsgraben in die Zeit von Friedrichs Krippener Aufenthalt im Frühjahr/Sommer 1813 einordnen. Der Künstler entschloß sich, Dresden zumindest vorübergehend zu verlassen, nachdem sich die ohnehin angespannte Situation während der Befreiungskriege in der Stadt immer mehr zuspitzte. Insbesondere auf die Gründe seines Aufbruchs eingehend, schreibt Friedrich in seinem Brief vom 30. Mai 1813 an den dänischen Philosophen Frederik Christian Sibbern: „Ich lebe seit 14 Tage auf dem Lande, Schandau gegen über an der Elbe. Warum ich Dresden verlassen, können Sie sich leicht denken. Der Mangel an Lebensmittel war so groß, daß wirklich Menschen sollen verhungert seyn [sic!]. Jetzt ist die Noth nicht mehr so groß, aber ich finde noch immer Ursache genug nicht wieder zurück zu kehren; vielleicht sind auch meine Zimmer mit Verwundete [sic!] angefüllt“. Den Zuständen in Dresden suchte sich Friedrich in Krippen zu entziehen. Unterkunft hatte der Künstler bei der Familie seines Freundes Friedrich Gotthelf Kummer gefunden (siehe hierzu: Friedrichs Brief vom 14. Juli 1813 an Frederek Christian Sibbern, Briefe 2005, S. 84, Brief Nr. 37). Wie stark die historischen Ereignisse Friedrich zugesetzt haben, spiegeln nicht zu letzt auch die Notizen auf den Zeichnungen des Frühsommers 1813 wider, wo sich der Zeichner so ungewöhnliche Worte wie: „nach langer Zeit das erste gezeichnete“, „krank“ oder „Rüstet Euch / Leute zum neuen Kampf Teutsche Männer / Heil Euren Waffen !“ neben seine Naturstudien notiert hat. Friedrich zeigt sich bei seinem Krippener Aufenthalt von 1813 keineswegs unbeteiligt gegenüber dem Zeitgeschehen. Vielmehr gehörte Friedrich zum Kreis um Theodor Körner oder Friedrich Georg Kersting, die sich dem Lützowschen Freikorps angeschlossen haben, um gegen die napoleonischen Truppen zu kämpfen. Die Entstehung des Blattes Blick über den Wolfsgraben ist auch vor diesem Hintergrund zu sehen. Christina Grummt, Bülach Grisebach 5/2014 (Abbildung in Originalgröße) Grisebach 5/2014 55 153 Adolph Kaiser Geisa 1804 – 1861 Weimar Das Valle dell’Inferno in Italien. 1829 Feder in Schwarz auf Papier. 27 x 37,5 cm (10 ⅝ x 14 ¾ in.). Unten rechts (fehlerhaft) bezeichnet und datiert: Roma di 10 Janajo 29 Valle del inferno. Rückseitig unten rechts mit Bleistift (vom Künstler?) signiert: Ad. Kaiser. [3188] € 800 – 1.000 154 $ 1,096 – 1,370 Gustav Jäger 1808 – Leipzig – 1871 Das Tal der Egeria. 1836 Bleistift auf Velin. 16,3 x 31,5 cm (6 ⅜ x 12 ⅜ in.). Unten rechts monogrammiert, bezeichnet und datiert: GJ. Thal der Eugeria [!] d. 5. Juni 1836. Leicht fleckig. [3310] € 400 – 600 155 $ 548 – 822 Gustav Jäger 1808 – Leipzig – 1871 Ausblick von der Villa Mattei. 1836 Bleistift auf Papier. 22,5 x 31,5 cm (8 ⅞ x 12 ⅜ in.). Unten links monogrammiert, bezeichnet und datiert: GJ: Villa Mattei Maggio 1836. Schwacher Fleck. [3310] € 400 – 600 56 Grisebach 5/2014 $ 548 – 822 156 Gustav Jäger 1808 – Leipzig – 1871 Blick aufs Volskergebirge. 1836 Öl auf Papier auf Pappe. 27 x 42,4 cm (10 ⅝ x 16 ¾ in.). Rückseitig auf einem Aufkleber alt mit Feder in Schwarz beschriftet (Übertrag von der ehemaligen Rückseite?): Volskergebirge nahe bei Veletri bez. G. J 11/8 1836 [Gustav Jäger] Volskergebirge v. Genazzano gesehen. [3402] Gerahmt. € 6.000 – 8.000 $ 8,220 – 10,960 Diese Ölstudie ist eine Entdeckung, denn Gustav Jäger arbeitete vor allem als Historienmaler. 1871, anläßlich seines Todes, würdigte ihn Max Jordan, der gerade Musemsdirektor in Leipzig geworden war, in einer langen Rede im Rahmen einer Sonderausstellung seiner hinterlassenen Werke. Ausführlich skizziert er darin Jägers Lebensstationen: die erste Ausbildung in Leipzig, dann an der Dresdner Kunstakademie, die Mitarbeit an den monumentalen Historiendarstellungen für die Münchner Residenz König Ludwigs I. unter Leitung von Julius Schnorr von Carlosfeld, die Ausmalung des Herder-Zimmers im Weimarer Schloß und die Illustrierung der Cottaschen Bibel. Jägers Aufenthalt in Italien im Jahr 1836/37 erwähnt Jordan nur mit einem Wort als wichtige Studienzeit. Künstlerische Zeugnisse dieser Italienreise sind – abgesehen von einer in der älteren Literatur aufgeführten kleinen römischen Ansicht im Museum der Bildenden Künste in Leipzig – bislang un- bekannt. Mit dieser Ölskizze nun, die den Blick von dem nahe bei Velletri gelegenen Städtchen Genazzano auf die Lepinischen Berge, früher Volsker Berge genannt, zeigt, können wir Gustav Jäger als Landschafter kennenlernen. Von einem erhöhten Standpunkt aus zeigt er den Blick über eine weite Ebene zu der in luftiges Blau getauchten Gebirgskette im Bildhintergrund. Mit sommerlich warmen Grün- und Brauntönen wird der hügelige Vordergrund mit raschen, gleichwohl die verschiedenen Pflanzenformen präzise bezeichnenden Pinselstrichen ausgeführt. Staffage ist bei dieser auf atmosphärische Wiedergabe der Landschaft betonenden Arbeit unwichtig – im Mittelgrund, vielleicht bei einem Heufeuer, sind Menschen nur zu erahnen. Zwei Bleistiftzeichnungen zeigen weitere Eindrücke der italienischen Reise Gustav Jägers, die ihn bis nach Neapel und Capri führte. Eine gibt den Ausblick von der Villa Mattei, einer auf dem Hügel Celio gelegen Parkanlage, in die Weite der Campagna Romana. Sorgfältig ausgeführt und graphisch effektvoll inszeniert wurde vor allem der Vordergrund mit architektonischen Versatzstücken und großen knorrigen Bäumen. Die andere Bleistiftzeichnung zeigt den Blick in das südlich von Rom gelegene Tal der Egeria, das seinen Namen nach der dort befindlichen Grotte der Nymphe Egeria hat. Stilistisch erinnert die Skizze an Landschaftsstudien seines Lehrers Julius Schnorr von Carolsfeld, dessen berühmtes „Landschaftsbuch“ in München unter seinen Schülern von Hand zu Hand ging und stilprägend war. (SW) Grisebach 5/2014 57 157 Ferdinand Bellermann Erfurt 1814 – 1889 Berlin „Lago d’Anniano“. 1854 Bleistift und Rötel, hellbraun laviert, auf 2 Bögen aneinandergefügtes Papier. 28,2 x 95,2 cm (11 ⅛ x 37 ½ in.). Unten rechts signiert: Ferd: Bellermann. Dort auch bezeichnet und datiert: Lago d’Aniano 1854. Unten links bezeichnet und datiert: Lago d’Anniano d. 15ten März 1854. [3438] Gerahmt. € 1.500 – 2.000 158 Für die Zeichnung liegt eine Leihanfrage vor für die Ausstellung: „Beobachtung und Ideal. Ferdinand Bellermann – ein Maler aus dem Kreis um Humboldt“, Angermuseum, Erfurt, 12. Oktober 2014 bis 18. Januar 2015. Am 16. März 1854 schrieb Bellermann an seine Frau: „Gestern war ich mit meinen Freunden am Lago d’Anniano wo wir zeichneten von hier fuhren wir über Puzoli nach Bajae wo wieder etwas gezeichnet wurde, die Küste von Neapel bis Bajae ist wunderschön, besonders der Blick nach den Inseln Procida u. Iscia.“ Wir danken Dr. Thomas von Taschitzki, Angermuseum Erfurt, für freundliche Hinweise. $ 2,050 – 2,740 Carl Hummel 1821 – Weimar – 1907 Waldrand mit Ausblick auf eine hügelige Landschaft. Um 1860/65 Aquarell auf Papier, auf Karton aufgezogen. 30,3 x 21,8 cm (11 ⅞ x 8 ⅝ in.). Mit einem Gutachten (in Kopie) von Dr. Thomas Föhl, Weimar, vom 4. Januar 2010. – Minimale Farbverluste. [3197] Gerahmt. € 1.800 – 2.400 $ 2,470 – 3,290 In dem Gutachten verweist Thomas Föhl, der 1993/94 den Nachlaß Carl Hummels in den Kunstsammlungen Weimar bearbeitete, auf zwei ähnliche Gemälde Carl Hummels, „Uralte Eiche vor lichtem Wald bei Sababurg“ von 1861 und „Alte Eiche“ von 1864 (vgl. den Ausstellungskatalog: Carl Hummel 1821–1907. Paderborn, Städtische Galerie in der Reithalle Paderborn– Schloß Neuhaus, 2005, Kat.-Nr. 29 und 31, Abb. S. 74/75). 58 Grisebach 5/2014 159 Carl Hummel 1821 – Weimar – 1907 An der italienischen Küste. 1869 Aquarell auf Papier, auf Papier aufgezogen. 24,1 x 37,3 cm (9 ½ x 14 ⅝ in.). Unten links signiert und datiert: C Hummel 1869. Zwei durch das Kaschieren geschlossene Einrisse. [3304] Gerahmt. € 1.800 – 2.400 $ 2,470 – 3,290 Das 19. Jahrhundert war ja eigentlich ein Zeitalter der großen Zerrissenheit: die Moderne brach sich Bahn, die Industrialisierung nahm mit großem Tempo Fahrt auf, zugleich etablierte sich die Romantik und erfand sich ferne Märchenwelten. Die Stile und Ismen lösten einander ab, gerade in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts – doch zwischen alldem steht das Werk Hummels wie ein Fels in der Brandung. Ein großer Frieden geht von seinen Studien und Gemälden aus. Sie sind geprägt von drei Dimensionen: der Musikalität, der Wohltemperiertheit und Freiheit. Natürlich kommt es Hummel, der seinen melodiösen Pinselstrich seinem Lehrer Preller zu verdanken hat, zugute, daß er ein so hervorragender Techniker war, vor allem auch als Aquarellist und als Zeichner. Auch in diesen Techniken geht es ihm eigentlich wie in seinen bravourösen Ölstudien immer darum, das Licht in Kunst umzusetzen, jenen Fleck zu finden, auf den die Sonne scheint. Um ihm dann den verschatteten Waldboden gegenüberzusetzen. Aus Licht und Schatten entsteht in seinen Werken eine faszinierende Dymanik, die die Mechanismen des „infinito“ seiner Ölstudien auch auf das Medium der Zeichnung und des Aquarells überträgt. Sie verleiht allen Studien Hummels eine Freiheit und Frische, deren besondere Qualität noch lange nicht angemessen gewürdigt wird. Grisebach 5/2014 59 160 Carl Christian Vogel von Vogelstein Wildenfels 1788 – 1868 München Friedrich Wilhelm III., König von Preussen. 1832 Öl auf Karton. 19,5 x 13,8 cm (7 ⅝ x 5 ⅜ in.). Rückseitig mit Feder in Schwarz betitelt, bezeichnet, signiert und datiert: F. W. König v Preussen. Teplitz. C. Vogel. 1832. Auf der Rückpappe oben mit Feder in Schwarz beschriftet: Geschenk von C. Vogel. Dresden d. 28t. Aug. 1833. Mit einem Gutachten von Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, vom 28. Juli 2013. – [3118] Gerahmt. € 5.000 – 7.000 60 Das kleine Bildnis entstand 1832 im böhmischen Teplitz, wo Friedrich Wilhem III. von Preußen wiederholt zur Kur weilte. Auch Carl Christian Vogel von Vogelstein hielt sich in jenem Jahr dort auf, wie seine Portraitzeichnung des Naturforschers Alexander von Humboldt vom 10. Oktober 1832 beweist; siehe den Ausstellungskatalog: Carl Christian Vogel von Vogelstein, 1788–1868. Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, 1988, Kat.-Nr. 72, m. Abbildung. $ 6,850 – 9,590 Grisebach 5/2014 ÖlsTUDIEN AUS DEM NACHLASS VON GÜNTER BUSCH Günter Busch (1917-2009) hat als Direktor die Bremer Kunsthalle von 1945 bis 1984 geleitet. In dieser Zeit entwickelte er das Haus zu einem Zentrum der „malerischen Malerei“, in dem er sich stark für das französische und deutsche 19. Jahrhundert einsetzte und Paula Modersohn-Beckers Sonderstellung in der Kunst der Moderne etablierte. Seine persönliche Liebe galt der Zeichnung und der Ölstudie, der er in der Bremer Kunsthalle als erster den ihr gebührenden Rang als eigenständiges Medium einräumte. Aus seinem Nachlaß können wir sieben Ölstudien anbieten, die von seiner großen Kennerschaft künden, die nicht nur auf große Namen blickte, sondern auf besondere Qualität (Losnummern 161-167). Grisebach 5/2014 61 161 DEUTSCH, um 1830/35 Terracina. Öl über Kreide auf Papier. 43,4 x 57,6 cm (17 ⅛ x 22 ⅝ in.). Unten rechts mit Kreide bezeichnet sowie mit blauer Kreide beschriftet: Terracina 249. Leicht fleckig, minimale Farbverluste. Randmängel. [3138] Gerahmt. Provenienz: Nachlaß Günter Busch, Bremen € 9.000 – 12.000 $ 12,330 – 16,400 Bislang ist es noch nicht gelungen, den Schöpfer dieser herausragenden Ölstudie eindeutig zu bestimmen. Herausragend ist die künstlerische Umsetzung des Gegenlichts, eine hohe Kunst, die nur von sehr wenigen Künstlern beherrscht wurde. Das Blatt hing für Jahrzehnte im Büro des Direktors der Bremer Kunsthalle Günter Busch und wurde so Zeuge, wie das dortige Museum durch eine kluge Ankaufspolitik zu einem der wichtigsten Orte für die Kunst dieses Genres in Deutschland wurde. Eindeutig ist die Topographie: es ist der Blick auf Terracina mit der Palme im Vordergrund, wie er von zahlreichen deutschen Italienreisenden, etwa Carl Rottmann und Carl Blechen, bekannt ist. Dank der Palme und der beiden in Bleistift vorgezeichneten Schößlinge läßt sich auch relativ zuverlässig die Entstehung der Studie datieren – auf die Zeit um 1835, in der die beiden Schößlinge in den Werken verschiedener Künstler in derselben Größe zu finden sind (etwa bei Ernst Fries). Die auffällige, frei gelassene Fläche im Vordergrund erinnert zunächst an vergleichbare Werke Heinrich Reinholds und Friedrich Nerlys aus ihren frühen italienischen Reisen. Werner Busch hat in seinem Aufsatz über die Entstehung der Ölstudien gezeigt, daß der Maler zwar Mittelgrund und Hintergrund vor der Natur auf einen Blick wahrnehmen konnte, für den Vordergrund aber der Blickwinkel verändert werden mußte und der Anschluß an den Mittelgrund nicht problemlos möglich war. Darum hatten dann zahlreiche Ölstudienkünstler, die vor der Natur arbeiteten, im Atelier den Vordergrund mit Staffagefiguren komplettiert. Motivisch hat unser Werk eine große Ähnlichkeit zu den Frühwerken von der ersten italienischen Reise Carl Morgensterns, der auch immer wieder Motive im Gegenlicht in Italien in Ölstudien bannte und von dem eine Terracina-Arbeit mit der Palme und den Schößlingen und demselben abgeknickten Palmenblatt bekannt ist. Aber es kommen in der Zeit um und nach 1830 natürlich noch eine Reihe anderer herausragender deutscher Künstler wie etwa der Kreis um Franz Ludwig Catel, Schilbach oder auch noch Ernst Willers als Schöpfer in Frage. Der Maler unserer Studie besticht durch die exakte atmosphärische Wiedergabe eines italienischen Sommermorgens in einer rigiden Lichtregie. Dadurch wird die gesamte Szenerie gleichmäßig ausgeleuchtet, was die Farbigkeit eher reduziert und nicht nur im Himmel eine Tendenz zur flächenhaften Abstraktion entwickelt. Die Inventarnummer 249 unten rechts, die auf ein Nachlaßverzeichnis hinweist, könnte den entscheidenden Hinweis auf den Schöpfer geben. Wir danken Dr. Matthias Lehmann, Konz, Dr. Claudia Nordhoff, Rom, Dr. Peter Prange, München, und Dr. Hinrich Sieveking, München, für freundliche Hinweise. 62 63 162 Ernst Kaiser Rain a. d. Ach 1803 – 1865 München Oberbayerische Landschaft mit Regenwolke. 1838 Öl auf Papier, auf Pappe aufgezogen. 19,7 x 30,5 cm (7 ¾ x 12 in.). Unten links datiert: 9/38. Retuschen. [3138] Gerahmt. Provenienz: Nachlaß Günter Busch, Bremen € 2.500 – 3.000 163 $ 3,420 – 4,110 Ernst Kaiser Rain a.d. Ach 1803 – 1865 München Chiemseelandschaft. 1839 (?) Öl auf Papier, auf Hartfaser aufgezogen. 19,9 x 30,6 cm (7 ⅞ x 12 in.). Unten links wohl mit dem Rest einer Datierung, bezeichnet: ...9. Retuschen. [3138] Gerahmt. Provenienz: Nachlaß Günter Busch, Bremen € 1.800 – 2.400 64 $ 2,470 – 3,290 Grisebach 5/2014 164 Dänisch, um 1830 Frau am Fuße eines Hügels. Öl auf Papier auf Leinwand. 32,5 x 23,7 cm (12 ¾ x 9 ⅜ in.). [3138] Gerahmt. Provenienz: Nachlaß Günter Busch, Bremen € 6.000 – 8.000 $ 8,220 – 10,960 Faszinierendes kleines Landschaftsbild, das auf kleinem Raum die beiden großen Leistungen der dänischen Kunst in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts bündelt. Ein neugieriger, liebevoller Blick auf die Natur verbindet sich mit Menschendarstellungen, die alle eine große Ernsthaftigkeit und ein meditatives Bei-sichSein auszeichnet. Die von unten aufsteigende Frauengestalt erinnert kompositorisch an Bilderfindungen des großen Kobke, die Landschaftsdarstellung mehr noch an Wllhelm Kyhn oder P.C. Skovgaard. Grisebach 5/2014 65 165 Gustave (Gustave-Claude-Etienne) Courtois Pusey/Haute Saône 1852 – 1923 Paris Abendhimmel über Paris. Um 1900 Öl auf Leinwand, auf Pappe aufgezogen. 12,3 x 32,4 cm (4 ⅞ x 12 ¾ in.). Unten links signiert: G Courtois. [3138] Gerahmt. Provenienz: Nachlaß Günter Busch, Bremen € 1.000 – 1.500 166 $ 1,370 – 2,050 Diese Ölstudie fängt jenen „Esprit Montmartre“ ein, der gegen– wärtig der Titel einer Ausstellung in der Frankfurter Schirn ist. Courtois war im Paris um 1900 ein gefeierter Salonkünstler und es mag Günter Busch neben der Qualität der kleinen Studie zudem die Tatsache angesprochen haben, daß er in der dortigen Académie Colarossi der Lehrer von Paula Modersohn-Becker war. Adolphe Felix Cals Paris 1810 – 1880 Honfleur Landschaftsstudie. Öl auf Papier auf Leinwand. 11,4 x 25,2 cm (4 ½ x 9 ⅞ in.). Rückseitig ein Stempel von Brisson Frères (...), Rentoileurs des Musées Nationaux, im Maison Chapuis, Paris. Kleine Retusche. [3138] Gerahmt. Provenienz: Nachlaß Günter Busch, Bremen € 1.000 – 1.500 66 $ 1,370 – 2,050 Grisebach 5/2014 167 Rudolf Schick 1840 – Berlin – 1887 „Blick über die Campagna“. 1871 Öl auf Leinwand auf Pappe. 26,5 x 39,7 cm (10 ⅜ x 15 ⅝ in.). Rückseitig unten rechts mit Feder in Braun signiert: Rud. Schick. Oben links mit Feder in Braun datiert und bezeichnet: Rom 1871 Blick über die Campagna nach dem Soracte von Sedia del Diavolo aus. (Scirocco-Wetter.). [3138] Gerahmt. Provenienz: Nachlaß Günter Busch, Bremen € 2.000 – 3.000 $ 2,740 – 4,110 Rudolf Schick ist neben Johann Georg Meyer, Karl Friedrich Hausmann und August Behrendsen einer der vier Künstler, deren Werke im Jahr 1887, dem Todesjahr Schicks, im Rahmen der 25. Sonderausstellung der Königlichen Nationalgalerie Berlin geehrt wurden. Die Menge der Werke des bislang kaum erforschten Künstlers, die in der begleitenden Publikation aufgeführt werden, überrascht: Sie zählt insgesamt 249 Arbeiten, darunter Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen sowie Studien und Skizzen in Öl, davon sind allein 83 Arbeiten Landschaftsölskizzen. Rudolf Schick war Schüler von Wilhelm Schirmer an der Berliner Kunstakademie. 1864 ermöglichte ihm eine Auszeichnung im Historienfach eine erste Reise nach Italien, weitere sollten folgen. Unsere kleine Ölskizze zeigt den „Blick über die Campagna nach dem Monte Soracte von Sedia del Diavolo aus“ gesehen, wie die rückseitige Bezeichnung des Künstlers angibt. Interessant ist die Zusatzbemerkung „Scirocco-Wetter“. Denn genau dies hält Schick in seiner Ölskizze, die besser als jede andere Technik dazu geeignet ist, Flüchtiges, atmosphärisch Flimmerndes im Bild wiederzugeben, fest. Die Wolken werfen vom Scirocco gejagt breite Schatten, die den halben Vordergrund überziehen. Die Natur flimmert vom Wind aufgewühlt in den verschiedensten Erdfarben und zarten Grüntönen. Die Campagna ist eine eher karge Landschaft, deren Darstellung lange nicht zum Kanon der in Italien tätigen Künstler gehörte. Für die deutschen Künstler war sie in der Mitte der 1820er Jahre von Carl Blechen bildwürdig gemacht worden. Schick, wie Blechen Berliner, dürfte entsprechende Ölskizzen Blechens zur Kenntnis genommen haben. (SW) Grisebach 5/2014 67 168 Emil Lugo Stockach 1840 – 1902 München „Schluchsee“. 1890 Öl auf Leinwand. 52 x 80,5 cm (20 ½ x 31 ¾ in.). Unten links signiert (das „E“ gespiegelt) und datiert: ELugo. 1890. Nicht bei Djabbarpour (vgl. die Fassung von 1896, Djabbarpour 310). – [3187] Gerahmt. Literatur und Abbildung: Josef August Beringer: Emil Lugo. Geschichte seines Lebens und Schaffens. Mannheim, Verlag des Verfassers, 1912, Abb. nach S. 56 € 6.000 – 8.000 169 Blick über den Schluchsee nach Osten auf den gleichnamigen Ort im Schwarzwald. Das Gemälde, das ein Hauptwerk des Künstlers darstellt, und die Wiederholung von 1896 gehen zurück auf eine Zeichnung von 1889, die sich im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe befindet; siehe Rudolf Teilmann und Edith Ammann (Bearb.): Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Kupferstichkabinett. Die deutschen Zeichnungen des 19. Jahrhunderts. 2 Bände. Karlsruhe 1978, Kat.-Nr. 2506, Textband S. 394 und Abbildungsband S. 388. – Wir danken Mona Djabbarpour für die freundliche Bestätigung der Authentizität des Gemäldes und für freundliche Auskunft. $ 8,220 – 10,960 Hans am Ende Trier 1864 – 1918 Stettin Landbewohner bei der Rast. 1884 Aquarell und Feder in Braun auf genarbtem Papier. 18 x 20,5 cm (7 ⅛ x 8 ⅛ in.). Unten rechts signiert (ligiert) und datiert: HEnde 5. Jan 84. Auf dem Unterlagekarton unten links der Sammlerstempel Lugt 142a. In den Ecken fest auf leichten Karton montiert. [3188] Provenienz: Ehemals Arthur Louis Sellier, München und Berlin € 400 – 600 68 $ 548 – 822 Grisebach 5/2014 170 Carl Spitzweg 1808 – München – 1885 „Auf dem Pirschgang“. Um 1875 Öl auf Holz. 17,8 x 23 cm (7 x 9 in.). Unten links monogrammiert: S [im Rhombus]. Rückseitig zweimal, davon einmal auf einem Etikett, der ovale Stempel: Hugo Toelle Barmen. Wichmann 1481 / Roennefahrt 394. – Retuschen. [3207] Gerahmt. Provenienz: Friedrich Voltz, München (bis 1886) / Nachlaß Friedrich Friedrich Voltz (1895) / Hugo Toelle, (Wuppertal-) Barmen (1908) / Galerie Abels, Köln (1950) / Privatsammlung, Magdeburg / G. Steiner, Hannover (1958) / Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen Ausstellung: Gedächtnis-Ausstellung Carl Spitzweg 1808 bis 1885. München, Kunstverein, 1908, Kat.-Nr. 61 Literatur und Abbildung: Versteigerungskatalog: Oelgemälde aus dem Nachlasse des Prof. Friedr. Voltz in München. München, E. A. Fleischmann, 30.11.1895, Kat.-Nr. 43, Abb. S. 18 („Jäger mit seinem Schatz am Waldessaum“) / Fritz von Ostini: Aus Carl Spitzweg’s Welt. 100 seiner schönsten Bilder. Barmen, 1924, Farbabb. S. 98 / Max von Boehn: Carl Spitzweg. Bielefeld-Leipzig, 1937, S. 51 / Siegfried Wichmann: Carl Spitzweg, Jäger mit Mädchen im Wald, 1984 (München, Bayerische Staatsbibliothek, Inv.-Nr. Ana 656 SW 19) € 40.000 – 60.000 $ 54,800 – 82,200 Um die Mitte des 19. Jahrhunderts konnte man in München von einer Spitzweg-Zeit sprechen. Der der Monumentalität des Historismus entgegengesetzte „Blick nach Innen“ (Otto von Simson) kennzeichnet den Geist einer Epoche, die mit dem Begriff „Biedermeier“ nur unzureichend umschrieben ist. Die außergewöhnliche Popularität von Carl Spitzwegs Malerei verdankte sich vor allem den humoristisch überspitzten und dennoch liebevoll verstehenden Schilderungen des kleinbürgerlichen Milieus und seiner verschrobenen Helden. Wie kein anderer wußte Spitzweg den Witz einer Situation in virtuosen malerischen Vortrag zu kleiden. Das, was man auch die „intime Groteske“ genannt hat, macht jedoch nur einen Teil seines Werkes aus. Spitzweg widmete sich nicht nur der groß in den Bildraum gerückten Figur und den verwinkelten Schauplätzen süddeutscher Kleinstädte, er war auch einer der bedeutenden Landschaftsmaler, ja Künstler seiner Zeit. Auf der Pirsch breitet sich kein weitläufiges Panorama vor uns aus, auch nicht die erhabene oder symbolisch gesehene Inszenierung romantischer Prägung. Wir blicken über einen Wasserlauf hinweg in einen Hohlweg hinein, der sich alsbald wieder im Dunkel des Waldes verliert. Die vom Licht bewegte üppige Vegetation ist zu dem Liebespaar in Beziehung gesetzt und vermittelt die Geborgenheit eines stimmungsvollen Interieurs. Die hohe malerische Qualität des Werkes liegt unter anderem in der Vielfalt der fein abgestimmten Tonwerte, mit denen Spitzweg jenen atmosphärischen Reiz erreicht, der die Münchner Malschule über weite Strecken beeinflußte, und die ihn doch nicht erreicht hat. Das schräg von oben einfallende Sonnenlicht läßt die Farben im Gewand des Mädchens in juwelenartigem Glanz erstrahlen und in der Umgebung immer wieder aufschimmern. Spitzweg führt Regie wie auf einer Bühne. (sch) Grisebach 5/2014 69 171 Ferdinand Bellermann Erfurt 1814 – 1889 Berlin Der Wasserfall von Terni. 1853 Öl auf Papier auf Leinwand. 38,6 x 26,5 cm (15 ¼ x 10 ⅜ in.). Unten links signiert: Ferd. Bellermann. Auf dem Schmuckrahmen unten ein Etikett der Rahmenfabrik H. W. Röhlich, Berlin. Kleine Farbverluste. Etwas fleckig. [3434] Gerahmt. € 2.000 – 3.000 Diese signierte Ölstudie von Bellermann war der Forschung bislang unbekannt und ist ein fehlendes Mosaikstück, um ein bedeutendes Bellermann-Gemälde der Alten Nationalgalerie in Berlin aus dem Jahre 1854 topografisch neu zuzuorden. Bislang wird es dort als „Wasserfall in den Anden von Venezuela“ geführt. Während das Gemälde von einem sehr ungewöhnlichen hohen Standpunkt aus den Blick auf den Wasserfall von Terni zeigt, entspricht die Perspektive der Studie der „klassischen“, sehr häufig bei den Malern des 18. und 19. Jahrhunderts anzutreffenden Untersicht, wie man es etwa von Hackert oder Vernet kennt. Beim direkten Vergleich der Ölstudie mit dem Gemälde in der Nationalgalerie fällt aber auf, daß viele Details ziemlich genau übereinstimmen: Der Wasserfall selbst, die Felsformen, die Schattenverläufe und die von Sonne beschienene Wasserpartie im Vordergrund sind der Studie so ähnlich, dass hier ein direkter Bezug nachvollziehbar ist. Bei den Farbtönen von Felsen und Wasser und dem Grün der Vegetation gibt es ebenfalls eine große Übereinstimmung. Man kann sich vorstellen, dass Bellermann diese Studie beim Malen des großen Bildes genutzt hat, vielleicht zusammen mit einer weiteren Studie, die von dem höher gelegenen Standpunkt aus den Blick über diese Hochebene festgehalten hat. Für die Ölstudie liegt eine Leihanfrage vor für die Ausstellung: „Beobachtung und Ideal. Ferdinand Bellermann – ein Maler aus dem Kreis um Humboldt“, Angermuseum Erfurt, 12. Oktober 2014 bis 18. Januar 2015. Die Ölstudie dürfte während Bellermanns Aufenthalt in Terni im August 1853 entstanden sein. Er hat einen langen Brief von dort an seine Frau Friederike in Berlin geschrieben, der jetzt erstmals der Forschung zur Verfügung steht. Darin schreibt er: „(…) Es ist hier zu herlich und schön, als daß man bei guten Wetter etwas anderes thun könnte, als drausen Studien zu machen. Ja Italien ist doch schön, sehr schön. Am 13ten früh 5 Uhr setzten wir uns in Bewegung, um den berühmten Wasserfall des Avelino, 1 1/2 Stunde von hier, zu besuchen. Nach ¼ Stunde kamen wir an das malerisch gelegene Dorf Papigno vorüber und 1 Stunde später oben beim pompösen Wasserfall des Velino an. Seit der Guachero Hohle habe ich nichts so herliches und schönes gesehen. Der Velino stürtzt 1.000 Fuß herunter in das Thal der Vera [sic; des Nera muss es heißen], und ist außerordentlich schön und malerisch. Die Wasserstaub Wolken erheben sich wieder bis zum Gipfel des Berges, und die sich darin brechenden Sonnenstrahlen ließen uns einen herrlichen Regenbogen darin sehen. Kurz, es war wie in einem Feen Märchen. Und wir beschlossen sogleich, hier einen längeren Aufenthalt zu nehmen. Vom oberen Theil des Wasserfalles stiegen wir hinab ins Thal der Vera [sic] und erfreuten uns der verschiedenen Ansichten des Naturwunders, suchten zugleich einen Standpunkt für unsere Arbeiten.“ Der Standpunkt, den Bellermann und sein Malerfreund dann fanden, dürfte jener wie ein Plateau vorragende Felsen sein, der auf dem Gemälde unten rechts zu sehen ist. Dieses 76,5 x 101,5 cm große Gemälde von Ferdinand Bellermann aus der Alten Nationalgalerie Berlin galt bislang als „Wasserfall in den Anden von Venezuela“. Unsere Studie legt nahe, daß es der Wasserfall von Terni ist. 70 $ 2,740 – 4,110 Thomas von Taschitzki, Erfurt Grisebach 5/2014 172 Fritz Bamberger Würzburg 1814 – 1873 Neuenhain/Taunus „Blick auf Toledo am Tajo“. 1856 Öl auf Leinwand. Doubliert. 44 x 55 cm (17 ⅜ x 21 ⅝ in.). Unten rechts signiert und datiert: Fritz Bamberger 1856. Plötz 41 (datiert „1859“). – Retuschen. [3174] Gerahmt. Literatur und Abbildung: Anja Gebauer: Spanien. Reiseland deutscher Maler 1830-1870. Petersberg, Imhof, 2000 (= Studien zur internationalen Architekturund Kunstgeschichte, Bd. 7), Abb. 115, S. 127 € 12.000 – 15.000 $ 16,400 – 20,500 Spanien war zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch kein Ziel der klassischen Bildungsreise, vielmehr galten die Länder jenseits der Pyrenäen als beschwerlich für Reisende und wegen der dort herrschenden politischen Verhältnisse als unsicher. Dies änderte sich mit der Spanienbegeisterung der Romantiker in der Mitte des Jahrhunderts. Die imposant auf einem Bergplateau gelegene Stadt Toledo gehörte zum Standardprogramm der Spanienreisenden und war deshalb ein beliebtes Motiv für die Landschaftskünstler, die den Wunsch der Touristen nach einem Erinnerungsbild bedienten. Fritz Bamberger hat Toledo bereits auf seiner ersten Spanienreise 1849/50 besucht und dort eine Vielzahl von Skizzen angefertigt. Eine überzeugende Gesamtkomposition des Motivs für eine Übertragung ins Gemälde bereitete ihm jedoch Schwierigkeiten, wie er selbst mehrmals seinem Auftraggeber, Graf Tascher de la Pagerie, gegenüber geäußert hat. Eine Serie von Bildern mit der Ansicht von Toledo aus verschiedenen Blickwinkeln entstand in den Jahren 1857/1859 (Plötz 2009, S. 141). Dieses 1856 datierte Gemälde stellt möglicherweise eine der frühesten Darstellungen des Motivs dar. Und offenbar überwand er für diese souveräne Komoposition seine Schwierigkeiten. Bamberger wählte wie bei den meisten seiner Spanien-Ansichten eine Übersichtslandschaft. Exzellente Lichtführung und subtile Farbauswahl sowie starke HellDunkel-Kontraste kennzeichnen die durch das Tajo-Tal gleichsam zerschnittene Gebirgslandlandschaft, die eindeutig im Vordergrund des Interesses steht. In der Wahl der kargen und zugleich erhaben erscheinenden Landschaft als Motiv und vor allem in der Auswahl des Kolorits wird die Anlehnung Bambergers an die Kunst Carl Rottmanns deutlich. (SW) Grisebach 5/2014 71 173 Eduard Friedrich Pape 1817 – Berlin – 1905 Felsige Meeresbucht mit Booten. Öl auf Holz. 13,7 x 23,7 cm (5 ⅜ x 9 ⅜ in.). Unten rechts signiert: E. Pape. Kleine Retuschen. [3128] Gerahmt. € 2.000 – 3.000 $ 2,740 – 4,110 Wir danken Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, für die Bestätigung der Authentizität des Gemäldes. 174 Vilhelm Petersen 1812 – Kopenhagen – 1880 Der Rhein bei Linz mit Blick auf Remagen. 1848 Öl auf Holz. 16,8 x 24,6 cm (6 ⅝ x 9 ⅝ in.). Unten links monogrammiert(?) und datiert: v 1.4/48. [3339] Gerahmt. € 3.500 – 4.500 72 $ 4,790 – 6,160 Grisebach 5/2014 175 Vilhelm Kyhn 1819 – Kopenhagen – 1903 Dänische Küstenlandschaft. Öl auf Leinwand. Doubliert. 23,5 x 35 cm (9 ¼ x 13 ¾ in.). Retuschen. [3339] Gerahmt. € 3.500 – 4.500 $ 4,790 – 6,160 Neben dem Studium der Perspektive gehörten Witterungs- und Wolkenlehre zu den fortschrittlichen Lehrinhalten von Wilhelm Eckersberg an der Kopenhagener Akademie, die Khyn von 1836 bis 1845 besuchte. Die dänische Küstenlandschaft bot den Schülern mannigfache Motive für die direkte Anschauung in der Natur. Khyn hatte 1844 den Kurs von Eckersberg belegt. Als Stipendiat in Paris und Rom studierte er die dänische Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts sowie die Werke von Claude Lorrain. Ab 1851 war er zurück in Dänemark, wo er weiterhin Freilichtstudien anfertigte. Seine Malerei blieb dem Geist des auslaufenden Goldenen Zeitalters dänischer Landschaftskunst dabei weitgehend verpflichtet. Die genaue Naturbeobachtung und das Interesse für das spezielle Licht des Nordens verbinden sich bei Kyhn mit Harmonie und Ordnung. Grisebach 5/2014 73 176R Rudolf Hirth du Frênes Gräfentonna 1846 – 1916 Miltenberg Küste mit Leuchtturm und Booten. 1867 Öl auf Leinwand. 35,5 x 39 cm (14 x 15 ⅜ in.). Unten rechts (schwer lesbar) signiert: R. Hirth du Frênes. Rückseitig oben rechts mit Pinsel in Schwarz datiert: 1867. Auf dem Keilrahmen oben von fremder Hand mit Bleistift beschriftet R. Hirth du Frêne[!]. [3452] Gerahmt. € 1.800 – 2.400 177 $ 2,470 – 3,290 Friedrich Geselschap Wesel 1835 – 1898 Rom Kreuzigung (Entwurf für die Friedenskirche zu Potsdam). 1897 Feder in Schwarz über Bleistift, laviert, auf Bütten. 30,6 x 40,7 cm (12 x 16 in.). Unten links mit Bleistift monogrammiert: G. [3393] Provenienz: Ehemals Nachlaß des Künstlers € 400 – 600 178 $ 548 – 822 Friedrich Geselschap Wesel 1835 – 1898 Rom Die Einbringung des Seeräubers Störtebeker, 1401 (Entwurf für den Rathaussaal in Hamburg). Um 1890 Aquarell, Deckweiß und Bleistift auf Papier, auf Karton aufgezogen. 29,5 x 39,8 cm (11 ⅝ x 15 ⅝ in.). Unten links mit dem Signaturstempel in Violett: F. Geselschap. Und dem Stempel in Violett: Nachlass 1898. [3393] Provenienz: Ehemals Nachlaß des Künstlers € 600 – 800 74 Grisebach 5/2014 $ 822 – 1,096 179 Oswald Achenbach 1827 – Düsseldorf – 1905 Italienische Küste bei Nacht. 1886 Öl auf Leinwand. 28 x 34 cm (11 x 13 ⅜ in.). Unten rechts signiert: Osw. Achenbach. [3170] Gerahmt. € 4.000 – 6.000 $ 5,480 – 8,220 Erst mit Oswald Achenbach wird die deutsche Vesuv-Malerei in eine neue Dimension gehoben. Prägte in der Zeit von 1800 bis 1850, also bis zu den Landschaftsidyllen von Götzloff und Catel noch immer die Strategie Goethes die Wahrnehmung, wonach es darum ging, aus dem Naturereignis ein „Bild“ zu machen, so verändert sich die Bildbedeutung des Vulkans in Achenbachs zahlreichen Werken in der zweiten Jahrhunderthälfte radikal. Der Vesuv erhält sein ganzes Bedeutungsspektrum zwischen Faszination und Grauen, zwischen atmosphärischem Siedepunkt und dunkel grollendem Symbol zurück. Und je länger das Jahrhundert dauert, um so bedrohlicher wird der Vulkan bei Achenbach – in unserer furiosen Ölstudie etwa verweben sich die Nacht, die fliehenden Wolken am Himmel und die Rußwolken des Vesuv zu einem spätromantischen, frühsymbolistischen Capriccio. Grisebach 5/2014 75 180 Adrian Ludwig Richter 1803 – Dresden – 1884 Der Knabe vom Berge. (Vor) 1846 Pinsel in Braun über Bleistift auf leichtem Karton. 9,7 x 5,6 cm (3 ⅞ x 2 ¼ in.). Vgl. Hoff/Budde H 1261. – Vorlage für den von Krüger ausgeführten Holzschnitt aus L. Richter und A. E. Marschner (Hg.): Alte und Neue Volkslieder. Leipzig, Gustav Mayer, 1846 (vgl. die Abbildung in: Das Ludwig Richter Album. Sämtliche Holzschnitte. 2 Bde. München, Rogner & Bernhard, 3. Aufl. 1974, hier Bd. 1, S. 686). [3310] Gerahmt. Provenienz: Ehemals Hermann Müller, Dresden € 800 – 1.200 $ 1,096 – 1,640 Wir danken Prof. Dr. Hans Joachim Neidhardt, Dresden, für die Bestätigung der Authentizität der Zeichnung. (Abbildung in Originalgröße) 181 Moritz von Schwind Wien 1804 – 1871 München Die Waldnymphe Krokowka. Um 1830/31 Feder in Grau auf China, auf Papier aufgezogen. 24,5 x 22,7 cm (9 ⅝ x 8 ⅞ in.). Rückseitig ein Stempel von Frant[išek] Sembdner, Prag. Etwas gebräunt. [3411] Provenienz: Privatsammlung, Tschechien € 1.200 – 1.500 $ 1,640 – 2,050 Jene im Wald dicht an einer Eiche stehende, unbekleidete Frauengestalt, mag mit ihrem dichten, fast wilden Haarwuchs eine Baumnymphe, eine Dryade darstellen. Schwind beschäftigte sich um 1830/1831 mit der böhmischen (tschechischen) Eichennymphe Krokowka, und in dem gewaltigen Werkverzeichnis des Malers von Otto Weigmann (1906) findet sich auf S. 68 rechts die Zeichnung einer Waldnymphe, die spärlich bekleidet vom Rücken gesehen ist, den Kopf wendet und eine ähnliche Handhaltung besitzt; auch ihre Haartracht ähnelt jener unserer Zeichnung. Noch ähnlicher wirkt die Haartracht einer sitzenden bekleideten Krokowka (um 1830, bei Weigmann S. 75 links). Unsere Zeichnung erscheint mir als eine frühe Studie des Krokowka-Themas auch wegen der großen Lockerheit, Skizzenhaftigkeit der Strichführung. Der Wald bietet vollkommen den Charakter einer Erfindung Schwinds, worauf auch die dunkle Partien andeutenden Parallelschraffuren hinweisen. Den Stoff entnahm Schwind dem Werk „Volksmährchen der Deutschen“ von Johann August Musäus (1782-1786, 5 Bände), das 1805/1806 in Wien neu herauskam, herausgegeben von Christoph Martin Wieland. 76 Im dritten Band erzählt der Dichter gleich anfangs die Sage von Libussa, der Gründerin Prags. Libussa ist die dritte Tochter der Waldnymphe Krokowka und des späteren böhmischen Königs Krokus, – Unsere sehr qualitätvolle Zeichnung Schwinds war bisher unbekannt. Friedrich Gross, Lüneburg Grisebach 5/2014 182 Adolf Gottlob Zimmermann Lodenau (Oberlausitz) 1799 – 1859 Breslau Carl Peschel in Rom. Um 1829 Bleistift auf Bütten. 12,8 x 10,5 cm (5 x 4 ⅛ in.). Unten rechts monogrammiert (ligiert) und bezeichnet: AZ Roma. Unten links bezeichnet: Peschel. Rückseitig mit Bleistift mit Angaben zum Künstler beschriftet. Etwas fleckig, Fehlstelle in der Ecke unten rechts. [3393] Provenienz: Ehemals Dr. Georg Ernst, Dresden € 300 – 400 $ 411 – 548 183 Ermenegildo Antonio Donadini Spalato/Dalmatien 1847 – 1936 Radebeul „Mio Atelier“ (Piloty-Schule). 1877 Bleistift auf Papier. 45,1 x 35,4 cm (17 ¾ x 13 ⅞ in.). Unten rechts bezeichnet, datiert, signiert und betitelt: Monaco li 12/1 1877 EDonadini mio Atelier. Dort auch später (vom Künstler?) bezeichnet: Piloty-Schule. Am Rand fest auf braunes Papier montiert. Horizontale Falte, leicht fleckig. [3393] Provenienz: Ehemals Nachlaß des Künstlers € 600 – 800 Grisebach 5/2014 $ 822 – 1,096 77 184 Deutsch, um 1830 Einzug in die Arche Noah. Kreide auf braunem Papier. 30,3 x 42,8 cm (11 ⅞ x 16 ⅞ in.). Unten links (undeutlich) signiert, bezeichnet und (in der dritten Ziffer undeutlich) datiert: [...] inv. Roma 1828 [1838?]. [3148] € 2.000 – 3.000 $ 2,740 – 4,110 Wir danken Prof. Dr. Michael Thimann, Göttingen, und Dr. Stephan Seeliger, München, für freundliche Hinweise. 185 Qualitativ hochwertige Zeichnung in einem eigenwilligen spätklassizistischen Stil, die offenbar als Vorlage für einen Stich dienen sollte. Auffällig sind die weichen Gesichtszüge der von Noah auf seine Arche gebetenen Menschen. Unten links findet sich eine Signatur, die bislang nicht eindeutig entziffert werden konnte, sowie eine Datierung, die als 1828 oder 1838 zu lesen ist. Unterhalb der Darstellung bezeichnet: „DIXITQUE DOMINUS AD EUM, INGREDERE TU ET OMNIS DOMUS TUA IN ARCAM: TE ENIM VIDI JUS: TUM CORAM ME IN GENERATIONE HAC. CAP. VII. V. I.“ Leopold Venus Dresden 1843 – 1886 Sonnenstein bei Pirna Die heilige Elisabeth, Almosen verteilend. (Vor) 1866 Feder in Braun auf Papier. 12,2 x 18,5 cm (4 ¾ x 7 ¼ in.). Links unten in der Darstellung ein Prägestempel. Studie für das gleichnamige, etwas veränderte Gemälde (88,5 x 160 cm) von 1866, das sich seit 1879 in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister, befindet. Rückseitig eine Bleistiftskizze zu diesem Motiv. [3101] Gerahmt. € 300 – 400 78 $ 411 – 548 Grisebach 5/2014 186 Bernhard von Neher Biberach a.d. Riß 1806 – 1886 Stuttgart Noahs Dankopfer. 1861 Öl auf Leinwand. Doubliert. 52 x 75,5 cm (20 ½ x 29 ¾ in.). Unten links signiert und datiert: B. Neher. 1861. [3128] Gerahmt. Provenienz: Ehemals Frau Hofrat v. Jobst, Stuttgart (als Auftragsbild für sie gemalt) Literatur und Abbildung: Friedrich Pecht: Kunst und Kunstindustrie auf der Weltausstellung von 1867. Pariser Briefe. Leipzig, Brockhaus, 1867, S. 112-113 / Adolf Rosenberg: Geschichte der modernen Kunst. Zweiter Band: Die deutsche Kunst. Erster Abschnitt: 1795-1848. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow, 1889, S. 287 / Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. 4 Bände. Dritter, unveränderter Nachdruck. Hofheim am Taunus, H. Schmidt & C. Günther, 1979 (zuerst Fr. v. Boetticher’s Verlag, Dresden 1891-1901), hier Zweiter Band, Erste Hälfte, S. 130, Nr. 9 € 12.000 – 15.000 Neher, der bei Dannecker, Cornelius und Overbeck gelernt hatte, entwickelte einen eigenen monumentalen Spätnazarenismus, der sich direkt an die großen Vorbilder der italienischen Hochrenaissance anlehnte. Ab 1838 gestaltete er in Weimar im großherzoglichen Schloß Wandbilder nach den Dichtungen Goethes und Schillers, dann wurde er Professor an den Akademien von Leipzig und schließlich in Stuttgart, wo unser Bild entstand. Die eigenwillige Interpretation des Noah-Themas war 1867 auf der Weltausstellung in Paris ausgestellt. $ 16,400 – 20,500 Grisebach 5/2014 79 187 Carl Robert Kummer 1810 – Dresden – 1889 Zwei Fischer in felsiger Küstenlandschaft (Dalmatien/Montenegro). Um 1860/70 Öl auf Holz. 23,8 x 37,4 cm (9 ⅜ x 14 ¾ in.). Unten rechts signiert: R. Kummer. Nicht bei Nüdling. – Retuschen. [3299] Gerahmt. € 3.000 – 4.000 $ 4,110 – 5,480 Wir danken Dr. Elisabeth Nüdling, Fulda, für die Bestätigung des Gemäldes und für freundliche Hinweise. 188 Deutsch, um 1840 Bergsee mit Wasserfall. Öl auf Papier, auf Pappe aufgezogen. 17 x 23 cm (6 ¾ x 9 in.). Kleine Retuschen. [3299] € 800 – 1.200 80 $ 1,096 – 1,640 Grisebach 5/2014 189 Carl Robert Kummer 1810 – Dresden – 1889 „Insel Cies bei Vigo“. 1859 Öl auf leichtem Karton (mit abgerundeten Ecken), auf eine Pappe mit goldgeprägtem Rahmen aufgezogen. 25,6 x 39 cm (41,5 x 52,7 cm) (10 ⅛ x 15 ⅜ in. (16 ⅜ x 20 ¾ in.)). Im geprägtem Rahmen beschriftet, oben: ROBERT KUMMER. Unten: INSEL CIES BEI VIGO IN SPANIEN. Nüdling 397. – [3111] Gerahmt. € 6.000 – 8.000 $ 8,220 – 10,960 Unsere Arbeit gehört zu den ungewöhnlichsten Werkgruppen im großen Œuvre des Dresdner Künstlers Carl Robert Kummer. Kummer unternahm nicht nur die für Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts obligatorische Italienreise, sondern er besuchte auch zu der Zeit gerade erst aufkommende Reiseziele, nämlich Schottland und Portugal. Anlaß seines Aufenthaltes in Portugal im Jahr 1859 war die Vermählung von Prinz Georg, dem späteren König Georg I. von Sachsen, mit Prinzessin Maria Anna von Portugal. Als Erinnerung an ihre Heimat sollte Kummer, der gemeinsam mit Prinz Georg von Dresden nach Lissabon gereist war, vor Ort die schönsten Ansichten Portugals für die zukünftige sächsische Königin festhalten. Zurück in Dresden, schuf der Künstler anhand seiner Reiseskizzen ein ursprünglich vierundzwanzig Ansichten umfassendes Album. Es besteht aus Ölskizzen auf Pappe, Aquarellen und Zeichnungen. Heute ist neben unserer Ölskizze nur noch die Existenz einer weiteren Arbeit aus dem Album bekannt. Das Motiv unseres Werkes, dessen vergoldete Umrandung die Herkunft aus dem königlichen Album dokumentiert, stellt die Inselgruppe Cies dar, die unweit der spanisch-portugiesischen Grenze bei Vigo im Atlantik liegt. Wie durch ein Bullauge gesehen, ragen die schroffen Felswände der unbewohnten Inseln – von den Römern die „Inseln der Götter genannt“ – aus dem offenen Meer, ein kleines Segelboot trotzt einsam dem aufkommenden Gewitter. Möglicherweise hat Kummer diesen Blick auf die Inselgruppe auf seiner Heimreise festgehalten, die ihn an der portugiesisch-spanischen Küste entlang durch den Golf von Biskaya nach Southampton führte. (SW) Grisebach 5/2014 81 190N Gustave Eugène Castan Genf 1823 – 1892 Crozant Der Gemmipaß bei Schwarenbach im Wallis. Öl auf Bütten auf Karton, auf Holz aufgezogen. 37,8 x 58,8 cm (14 ⅞ x 23 ⅛ in.). Unten rechts signiert: G CASTAN. Rückseitig unten rechts mit Bleistift (vom Künstler?) bezeichnet: Schwarenbach (Gemmi). Kleine Retuschen. [3281] Gerahmt. € 2.000 – 3.000 191 $ 2,740 – 4,110 Carl Hummel 1821 – Weimar – 1907 Brienzersee. 1865 Öl auf leichtem, braunem Karton. 30,8 x 52 cm (12 ⅛ x 20 ½ in.). Unten links signiert, datiert und bezeichnet: C. Hummel 1865. Brienzersee. Hinterlegte Einrisse und kleine Fehlstellen am Rand im etwas brüchigen Karton. [3311] € 3.000 – 4.000 82 $ 4,110 – 5,480 Grisebach 5/2014 192 Andreas Achenbach Kassel 1815 – 1910 Düsseldorf Norwegische Fjordlandschaft mit Regenbogen. Öl auf Papier, auf Leinwand aufgezogen. 44,3 x 60,2 cm (17 ½ x 23 ¾ in.). Auf dem Schmuckrahmen oben ein alter, mit Feder in Braun beschrifteter Aufkleber: [K]leine norwegische Landschaft Balestrand von Andreas Achenbach in Düsseldorf Preis 258 Gulden C. M. Retuschen im Himmel. [3063] Gerahmt. € 6.000 – 8.000 $ 8,220 – 10,960 Ein Frühwerk von Andreas Achenbach, das die Faszination der Düsseldorfer Malerschule für die Naturphänomene Norwegens dokumentiert. Ein nach rechts fortziehendes Gewitter läßt am Horizont einen Regenbogen entstehen, den der Künstler in eine reiche Palette aus Grautönen einbettet. Seit dieser Skandinavienreise im Jahre 1835 entwickelte Achenbach eine lebenslange Passion für die Darstellung dramatischer Naturereignisse und des Menschen, der den Elementen ausgeliefert ist. Grisebach 5/2014 83 193 Wilhelm Schreuer Wesel 1866 – 1933 Düsseldorf Früher Abend in Venedig. Öl auf Papier, auf Leinwand aufgezogen. 40,5 x 61,5 cm (16 x 24 ¼ in.). Unten rechts in der nassen Farbe monogrammiert (ligiert): WS. Sorgfältig restaurierter Einriß. [3111] Gerahmt. € 2.000 – 3.000 84 $ 2,740 – 4,110 Selten findet man die Atmosphäre einer Erzählung so unmittelbar in der Kunst erfaßt wie hier. Die Morbidität, die fahle, verstörende Farblosigkeit, das unendliche Faszinosum der untergehenden Stadt hat Thomas Mann kurz nach der Jahrhundertwende im „Tod in Venedig“ beschrieben. Wilhelm Schreuer, von dem wir sonst eher galante Szenerien aus dem Rheinland kennen, hat mit dieser außergewöhnlichen Ölstudie jene suggestive, in die Tiefe ziehende Kraft Venedigs in eine ungewöhnliche Komposition gefaßt. Die untere Hälfte des Bildes besteht nur aus dem langsam im Dämmerlicht versinkenden stehenden Wasser, es ist kein Venedig, wie man es von den Postkarten kennt, sondern eher eine Sequenz aus einem schweren Traum. Grisebach 5/2014 194N Oswald Achenbach 1827 – Düsseldorf – 1905 Fontana di Trevi. 1876 Öl auf Leinwand. Doubliert. 128 x 109,5 cm (50 ⅜ x 43 ⅛ in.). Unten rechts signiert und datiert. Osw. Achenbach 1876. [3365] Gerahmt. Provenienz: Privatsammlung, USA Literatur und Abbildung: Mechthild Potthoff: Oswald Achenbach. Sein künstlerisches Wirken zur Hochzeit des Bürgertums. Studien zu Leben und Werk. Köln, P. Hanstein Verlag, 1995, S. 220, Brief 45 (an Rudolf Lepke, Düsseldorf, 30.7.1876) € 14.000 – 18.000 Unser Gemälde ist ein nur aus einem Brief des Künstlers, aber bislang als Abbildung unbekanntes Hauptwerk aus dem Jahre 1876, das nach über sechzig Jahren in Amerika nun nach Deutschland zurückgekehrt ist. Achenbach führt in dem Gemälde die ganze Palette seines souveränen Könnens als einer der großen Bildregisseure der zweiten Jahrhunderthälfte vor: die Lichtführung, die bewußt Teile der Darstellung in Dunkel und Halbdunkel taucht, der erhöhte Standpunkt des Malers, aus dessen Perspektive das Bildgeschehen geordnet wird in beruhigende Architektur und belebende Staffage im Vordergrund, sowie schließlich das malerische Erfassen der stehenden Wärme eines italienischen Sommertages am frühen Abend. Durch diese Komponenten gelingen Achenbach immer wieder Gemälde von einer verdichteten Atmosphäre, die zu seiner Zeit unübertroffen sind. $ 19,200 – 24,700 Grisebach 5/2014 85 195 Viktor Paul Mohn Meißen 1842 – 1911 Berlin Landschaft bei Olevano. 1866 Aquarell und Feder in Schwarz auf Papier, auf Karton aufgezogen. 31,8 x 47,5 cm (12 ½ x 18 ¾ in.). Unten rechts mit Feder in Braun bezeichnet, datiert und signiert: Olevano d. 22. Sept. 66 V. P. Mohn. Am oberen Rand etwas angestaubt. [3188] Provenienz: Privatsammlung, Berlin € 3.000 – 4.000 $ 4,110 – 5,480 Viktor Paul Mohn war im Jahr 1866 zusammen mit seinen Studienfreunden von der Dresdner Kunstakademie Albert Venus und Carl Wilhelm Müller zu seiner ersten Italienreise aufgebrochen. Ihr Weg führte sie in das Bergstädtchen Olevano südöstlich vor Rom, das sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zur Pilgerstätte deutscher Landschaftsmaler entwickelt hatte. Hier zeichneten und malten Johann Christian Reinhart, Joseph Anton Koch und sein Schüler Franz Horny, Carl Rottmann, Peter Cornelius und Julius Schnorr von Carolsfeld. Auf der Flucht vor der aria cattiva Roms, der fiebrigen Hitze während der Sommermonate, hatte auch Ludwig Richter in den 1820er Jahren mehrfach in Olevano geweilt und seinen Schülern Mohn, Venus und Müller zweifellos von der überwältigenden Schönheit des Ortes berichtet. Mit dem einzigartigen Wechsel von dramatischer Berglandschaft und weiten Kornfeldern, Flußtälern, Olivenhainen und sanft ansteigenden Weinterrassen erschien das Olevaner Szenario der ausländischen Künstlerschaft wie die irdische Manifestation des arkadischen Traums. Unser großformatiges Aquarell zeigt vermutlich den unmittelbar an den Ort grenzenden Eichenwald der Serpentara, von dem Ludwig Richter in seinen Lebenserinnerungen schreibt, er sei mit seinen knorrigen Bäumen, wilden Rosen, Wacholder- und Ginsterbüschen, Klippen und zerstreuten Steinklötzen „freilich ein Stück Erde, wie für den Maler besonders hergerichtet“. Für Mohn – einen der glühendsten Verehrer Richters – gehörte ein Porträt dieser legendären Landschaft gewissermaßen zum künstlerischen Pflichtprogramm. Er verarbeitete sie unter anderem im Aquarell „Serpentara im Gegenlicht“ der Bremer Kunsthalle sowie in einer Ansicht im Besitz der Washingtoner National Gallery of Art, die aus der zweiten Italienreise 1869 datiert. Eine im Motiv identische Variante des vorliegenden Blattes gelangte im Mai 2013 in unserem Haus zur Versteigerung. Mit dynamischer, sicherer Hand zeichnet Mohn die 86 Umrisse von Vegetation und felsigem Grund des seitlich ansteigenden Hanges und laviert die Flächen in der sandgelben, hellbraunen, grün changierenden Palette eines italienischen Septembernachmittags. Der von rechts durch das Bild schreitende Zug von Hirten, Vieh und Lastenträgern komplettiert die ursprüngliche Erscheinung der Landschaft und die absolute Harmonie des Augenblicks. Neben der Faszination für das südliche Kolorit und Lichtspiel, scheint es vor allem diese Lust an der Momentaufnahme gewesen zu sein, die für Mohn leitend war. Unsere Serpentara-Landschaft ist ein frühes Beispiel dafür, wie er die Vergänglichkeit des Augenblicks und das flüchtige Sehen mithilfe von Unschärfen akzentuiert: In Analogie zum menschlichen Auge, das unmöglich Nähe und Ferne gleichzeitig erfassen kann, bleibt Mohns Vordergrund eine leere Fläche und sein Himmel ein geradezu abstrakt anmutendes blau-weißes Band. Unsere ganze Aufmerksamkeit gilt dem detailreich ausgeführten Mittelgrund, auf den wir wie durch den Zoom einer Kamera schauen. Bei allem Streben zum klassisch-harmonischen Bildausdruck erweist sich Mohn mit diesem geschickten Handgriff vollkommen als Kind der Moderne. Mit seiner naturnahen, hellen Farbgebung löst er sich zugleich von seinem Mentor Richter, dessen Italienzeichnungen den Fokus auf die klare, schwingende Linie legen. (FMG) 87 196 Albert Venus 1842 – Dresden – 1871 Der Hain der Egeria bei Rom. Um 1866/67 Aquarell und Feder in Braun über Bleistift auf Papier. 30,5 x 48,5 cm (12 x 19 ⅛ in.). Rückseitig unten links der Sammlerstempel Lugt 2841a. [3438] Gerahmt. Provenienz: Ehemals Carl Heumann, Chemnitz € 2.000 – 3.000 197 $ 2,740 – 4,110 Im Jahre 1866 reisten drei Schüler Ludwig Richters auf den Spuren ihres Lehrers nach Italien: Albert Venus, Carl Müller und Viktor Paul Mohn. Sie entwickelten auf dieser Reise eine besondere, den Bildraum verdichtende Aquarelltechnik, die zu den schönsten Besonderheiten der deutschen Spätromantik gehört (siehe auch Losnummer 221). Die Künstler arbeiteten Schulter an Schulter, wie das Aquarell „Das Tal der Egeria“ von Mohn beweist, das den gleichen Blick auf das berühmte Tal in Italien zeigt (Los 117, Villa Grisebach Auktion 193, 2011). Das Valle di Egeria liegt nahe der Via Appia südöstlich von Rom. Der Name geht auf ein antikes Monument in der Villa des Herodes Atticus zurück. Es gehörte zu den beliebtesten Zielen der in Rom tätigen Künstler. Deurer, von Dillis, Schirmer, Catel und Preller haben Ansichten dieses Ortes überliefert. Rudolf Müller 1816 – Reichenberg/Böhmen – 1904 Blick in die Campagna. 1838 Aquarell auf Papier. 19,6 x 29,4 cm (7 ¾ x 11 ⅝ in.). Unten rechts mit Feder in Braun signiert: R. Müller. [3197] Gerahmt. € 1.000 – 1.500 88 $ 1,370 – 2,050 Grisebach 5/2014 198 Friedrich Salathé Binningen bei Basel 1793 – 1858 Paris Wolken über Ariccia. 1815/21 Aquarell über Bleistift auf Papier. 19,6 x 27,9 cm (7 ¾ x 11 in.). Rückseitig, um 180° gedreht, drei Studien eines Ochsen. Bleistift und Kreide. Geglätteter Mittelfalz. [3438] Gerahmt. Provenienz: Ehemals Kunsthandel Le Claire, Hamburg € 2.000 – 3.000 $ 2,740 – 4,110 Im Jahre 1815 brach Salathé gemeinsam mit Samuel Birmann (1793-1847) nach Italien auf, wo er bis 1821 blieb. Er schloß sich dort dem Kreis der in Rom lebenden Schweizer Künstler an und knüpfte enge Kontakte zur deutschen Künstlerkolonie um Joseph Anton Koch, Johann Christian Reinhart und Martin von Rohden. In Italien bildete Salathé seinen besonderen zeichnerischen Duktus heraus: Die mit großer Geschwindigkeit und Sicherheit erfaßten Landschaftsskizzen in Bleistift und Tusche, die immer wieder farblich gehöht werden. An unserem Blatt läßt sich Salathés spezifische Zeichentechnik gut ablesen: In schnellen Bleistiftstrichen ist die gesamte Komposition festgelegt, ein Blick auf Arricia in der untergehenden Sonne. Bemerkenswert ist der sparsame, aber stets äußerst wirkungsvolle Einsatz der Farbe, durch den mit sparsamsten und wirkungsvollsten Mitteln der Eindruck eines italienischen Sommerabends erzeugt wird. Grisebach 5/2014 89 199 Albert Venus 1842 – Dresden – 1871 Blick zum Castel Gandolfo. 1866/69 Öl auf Leinwand. Doubliert. 35,5 x 51,5 cm (14 x 20 ¼ in.). Rückseitig mit einer Bestätigung von Wolfgang Müller, Dresden, vom 25. Juli 1927 (Sohn von Carl Wilhelm Müller, der gemeinsam mit Venus durch Italien reiste). Kleine Retuschen. [3312] Gerahmt. € 18.000 – 24.000 $ 24,700 – 32,900 Es handelt sich bei diesem Bild um ein Hauptwerk von Albert Venus. Der früh verstorbene Künstler ist eine der interessantesten Figuren der deutschen Spätromantik. Sein schmales Œuvre, das seine Höhepunkte vor allem in Ölstudien und Aquarellen findet und das nur wenige, durchweg konventionelle Ateliergemälde enthält, ist von einer großen, suchenden und immer auch eigenständigen Energie durchdrungen. 1866/67 und 1869 reist Venus nach Italien – eigentlich auf den Spuren seines Lehrers Ludwig Richter. Doch während Venus auf seiner ersten Italienreise zunächst noch Aquarelle ganz im Stile der Dresdner Spätromantik entwirft, irritiert er auf der zweiten Reise seinen mitreisenden, orthodoxeren Künstlerfreund Viktor Paul Mohn, weil er in den Bann der Italienmalerei Oswald Achenbachs geriet. „Der Teufel reitet ihn, sein zweites Wort ist - Achenbach“, schrieb Mohn während der zweiten gemeinsamen Reise 1869 in sein Tagebuch. Es war dessen unvergleichliche Fähigkeit der atmosphärischen Verdichtung, die ihn in seinem feurigen Temperament offenkundig mehr ansprach als die klassizistische Kühle der frühen Italienbilder Ludwig Richters. Unser Werk jedoch zeigt zwar die Schulung an Richter wie an Achenbach – und doch zugleich auch das Spezifische an der Kunst von Venus selbst. Nämlich die Emanzipation des Pinselstrichs, der als eigenständiges bildgestaltendes Element eine trommelnde Dynamik entwickelt: man spürt, mit welchem Furor hier im Vordergrund die verschiedenen Grün- und Brauntöne eines italienischen Frühherbstnachmittags aufs Bild gebannt werden. Je weiter sich die Blicke in den Hintergrund verlieren, desto mehr verändert sich die Melodie, desto detailgenauer wird die Malerei und desto kleiner der Pinselgrad. Doch es geht eben nicht mehr um die detailgenaue Erfassung des Castel Gandolfo und die Erfassung der ziehenden Wolken – im Gegenteil. Diese Bildpartien wirken wie die Folie von Könnerschaft und Bewußtsein über die Italienmalerei der letzten zwei Generationen, vor der sich im Vordergrund dann eine präimpressionistische Lichtmalerei Bahn brechen kann. Unserem Bild kommt auch insofern eine besondere Stellung in der Ölstudienkunst deutscher Italienreisender zu, weil sich darin ein Perspektivwechsel dokumentiert. Werner Busch hat am Beispiel der Studien von Nerly gezeigt, daß vor Ort mit dem Auge nur Mittelgrund und Hintergrund aufgenommen werden können, für den Vordergrund aber der Blick gewendet werden müßte. Darum wird bei Nerly und anderen der Vordergrund meist im Atelier vollendet und kann noch Staffagefiguren aufnehmen – und wird dann so zum – nach den damaligen Maßstäben – vollgültigen Gemälde. Der Vordergrund ist „die Kunst an der Kunst“ (Busch). Bei Venus eine Generation später ist dieses Verhältnis genau umgekehrt: der Vordergund ist „Kunst“, aber in einem neuen Sinne, nicht mehr als Leerraum oder, später, den Konventionen gehorchende Kompositon, sondern als pure Malerei. Venus greift bei dieser Abtönung des Vordergrundes auf einen internationalen Traditionsstrang zurück, der über Desportes und Constable zu Corot führt, deren Werke ihm aber kaum bekannt gewesen sein dürften. 90 Die Italienreisen der Richter-Schüler in den Jahren 1866 und 1869 dürfen als der Endpunkt der deutschen Romantik angesehen werden. Ein letztes Mal gelang es hier, den alten Geist, der im italienischen Licht in den 1820er Jahren zu voller Blüte gelangt war, mit neuen künstlerischen Errungenschaften in der Aquarelltechnik und der Kunst der Ölstudie zu verbinden. Während Mohn in Öl eher konventionell arbeitete und in den Aquarellen aus Italien seine maßgeblichen Werke schuf (siehe unsere Losnummer 195), verhält es sich bei Venus genau umgekehrt. Seine Aquarelle scheinen stark an den Arbeiten Mohns (und Richters) orientiert. Die Ölstudien aber, in ihrer oft faszinierend horizontalen Anordnung und Pinselführung, gewinnen einen ganz neuen, frischen Blick auf die italienischen Landschaften, die bei ihm nicht wirken, als wären sie schon von zwei Generationen Italienreisender leergesehen worden. So ist das Castel Gandolfo eines der häufigsten Motive der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts, aber mit der kleinen Perspektivverschiebung und der Konzentration auf den struppig wehenden Pinselstrich des Vordergrundes wird das Thema sofort unwichtig. Es geht nur noch um die Erfassung von Licht und Luft und Grüntönen an einem bestimmten Spätsommertag. Albert Venus ist mehr als eine Fußnote der deutschen Kunstgeschichte. Ludwig Richter hat ihn nach seinem Tod als seinen liebsten und talentvollsten Schüler bezeichnet, obwohl – oder weil? – er sah, daß der Schüler das prägende Erbe seiner Landschaftsauffassung mit seiner zweiten Italienreise vollkommen hinter sich gelassen hatte. In den letzten Jahren beginnt sich durch einige wiederaufgetauchte Zeichnungen und Ölstudien allmählich ein besseres Bild von seinem Œuvre zusammenzusetzen. (FI) 91 200 Bernhard Fries Heidelberg 1820 – 1879 München Tiberlandschaft bei Rom. Öl auf Papier, auf Karton aufgezogen. 34,8 x 53 cm (13 ¾ x 20 ⅞ in.). Retuschen. [3212] Gerahmt. Ausstellung: Włoskie pejzaże w twórczości niemieckich malarzy XIX wieku (Italienische Landschaften in Bildern deutscher Maler des XIX. Jahrhunderts). Gorzów Wielkopolski (Landsberg a.d. Warthe), Muzeum Lubuskie, 2013, S. 50, Farbabb. S. 51 („Tiberlandschaft nahe Acqua Acetosa nördlich von Rom“) € 4.000 – 6.000 201 $ 5,480 – 8,220 Johan Ulrik Bredsdorff Vester Skerninge 1845 – 1928 Usserød Landschaft bei Raunsholt in Vendsyssel (Nord-Jütland). 1878 Öl auf Leinwand auf Pappe. 15 x 21,5 cm (5 ⅞ x 8 ½ in.). Unten rechts mit dem Pinselstiel in der nassen Farbe monogrammiert und datiert: J. U. B. 78. Rückseitig mit Feder in Braun signiert und bezeichnet: Bredsdorff: Ved Raunsholt i Vendsyssel. [3188] Gerahmt. € 600 – 800 202 $ 822 – 1,096 Wilhelm Klein Düsseldorf 1821 – 1897 Remagen Landschaftsstudie. Öl auf Papier auf Pappe. 26,5 x 41 cm (10 ⅜ x 16 ⅛ in.). Unten rechts signiert: W. Klein. Rückseitig ein alter Aufkleber, mit Schreibmaschine beschriftet: W. Klein, Düsseldorf. Aus dem Nachlasse des Malers. Retuschen. [3176] Gerahmt. € 2.000 – 3.000 92 Grisebach 5/2014 $ 2,740 – 4,110 203 Carl Morgenstern 1811 – Frankfurt a.M. – 1893 Italienische Landschaft. Um 1860 Öl auf Leinwand. 24,7 x 37,6 cm (9 ¾ x 14 ¾ in.). [3111] Gerahmt. € 6.000 – 8.000 $ 8,220 – 10,960 Wir danken Dr. Christian Ring, Neukirchen, für die Bestätigung der Authentizität des Gemäldes und für freundliche Hinweise. Grisebach 5/2014 93 204 Josef Selleny (Wien-) Meidling 1824 – 1875 (Wien-) Inzersdorf Pflanzenstudie. Öl auf Karton. 19,8 x 26,9 cm (7 ¾ x 10 ⅝ in.). Rückseitig oben links mit Feder in Schwarz signiert: Jos Selleny. [3111] Gerahmt. € 3.500 – 4.500 $ 4,790 – 6,160 Selleny lernte sein Handwerk bei dem großen Aquarellisten Thomas Ender und durfte nach Studienreisen nach Italien in den Jahren 1857 den österreichischen Erzherzog Ferdinand Maximilian auf seiner zweijährigen Weltreise begleiten. Er schuf auf dieser Reise zahllose Zeichnungen und Ölstudien, die sein künstlerisches Hauptwerk darstellen, und neben dem dokumentarischen Wert heute eine frappierende Modernität in der künstlerischen Auffassung entfalten. Unsere exotisch wuchernden Pflanzen, gemalt wie mit dem Teleobjektiv, dürften auf dieser Reise entstanden sein. 205 August Blunck Altona 1858 – 1946 Berlin In den Bergen. Aquarell über Bleistift auf Papier. 33 x 24,7 cm (13 x 9 ¾ in.). Unten links mit Feder in Schwarz signiert. A. Blunck. Unten rechts in Bleistift mit Farbangaben bezeichnet. [3174] Gerahmt. € 400 – 600 94 $ 548 – 822 Grisebach 5/2014 206 Valentin Ruths 1825 – Hamburg – 1905 „Waldschlucht“. Um 1874/77 Öl auf Karton, auf Holz aufgezogen. 37 x 53 cm (14 ⅝ x 20 ⅞ in.). Unten rechts signiert: V. Ruths. Rückseitig auf einem Aufkleber mit Feder in Schwarz betitelt und signiert: Waldschlucht. Valentin Ruths. [3128] Gerahmt. Ausstellung: Ruths-Ausstellung. Hamburg, Kunstverein, in der Kunsthalle, 1896, II. Aufl., Kat.-Nr. 67 oder 74 Literatur und Abbildung: Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. 4 Bände. Dritter, unveränderter Nachdruck, Hofheim am Taunus, H. Schmidt & C. Günther, 1979 (zuerst Fr. v. Boetticher's Verlag, Dresden 1891–1901), hier Zweiter Band, Erste Hälfte, S. 501, Nr. 99, oder S. 502, Nr. 113 € 4.000 – 6.000 $ 5,480 – 8,220 Für den Hamburger Kunsthallen-Direktor Alfred Lichtwark war Valentin Ruths der „bedeutendste hamburgische Landschaftsmaler“ (Rudolf Leppien (Hg.): Kunst ins Leben. Alfred Lichtwark Wirken für die Kunsthalle und Hamburg von 1886 bis 1914, Ausstellungskat. Hamburg 1987, S. 68). Lichtwark kaufte eine ganze Reihe von Ruths Arbeiten für das Museum an. Seit der feierlichen Wiedereröffnung des Gebäudes im Dezember 1886 zieren Ruths Wandgemälde mit den Jahres- und Tageszeiten das große Treppenhaus der Hamburger Kunsthalle. Der „Augenmensch“ Fontane rühmte Ruths als „Stimmungs-Landschafter“ (Theodor Fontane: Berliner Kunstausstellung, in: Neue Preußische Kreuz-Zeitung, Nr. 149, 1864, Beilage). Für den Dichter und Sozialdemokraten Johannes Wedde war Ruths, der „auch die romantische Art der Waldbehandlung vorzüglich“ verstehe, hingegen vor allem der „berühmte Laubvirtuose“, in dessen gemalten Wäldern man weniger an Kobolde als an Forstwirtschaft denke (J. Wedde: Ausstellung von Zeichnungen und Gemälden in Hamburger Privatbesitz, in: Zeitschrift für bildende Kunst, Bd. 14, 1879, S. 345). Das Gemälde zeigt eine Waldschlucht aus einer ungewöhnlichen Perspektive. Von unten blickt der Betrachter hinauf in den gräulichen Himmel, der durch den dichten Waldbewuchs nur in einem kleinen, diagonal verlaufenden Streifen im oberen Bilddrittel erscheint. Vorher jedoch verharrt das Augenmerk auf jener felsigen Schlucht, die das Bett für einen aus dem Bild herauslaufenden Bach bereitet. Die steinige, moosbewachsene Erdmasse scheint mit der Richtung des Wasserlaufs und damit dem Betrachter entgegenzurutschen. Baumwurzeln liegen teilweise frei. In extremer Nahsicht beschreibt Ruth detailgenau die Physiognomie des Ortes. Dabei verzichtet der Künstler weitgehend auf witterungs- und lichtbedingte, malerische Effekte des Naturschauspiels. Der gewählte Landschaftsausschnitt erinnert vielmehr an den Blick durch eine Fotokamera, wobei die gegenläufigen Bewegungsrichtungen des aufblickenden Betrachter und der hangabwärts orientierten Erdund Wasserelemente dem Bild Kraft und Lebendigkeit verleihen. Der Hamburger Kaufmannssohn Valentin Ruths hatte zuerst in München und ab 1850 bei Wilhelm Schirmer an der Akademie in Düsseldorf studiert. 1855 ging er für zwei Jahre nach Italien und ließ sich anschließend in seiner Heimatstadt Hamburg nieder. Seine bevorzugten Sujets waren Elbgegenden, aber auch italienische und schweizerische Motive, deren plastische Zeichnung und nuancierte Farbgebung bereits die Zeitgenossen begeisterte. (AA) Grisebach 5/2014 95 207 Gotthardt Kuehl Lübeck 1850 – 1915 Dresden In der Stube. Gouache auf Pappe. 32,8 x 41,6 cm (12 ⅞ x 16 ⅜ in.). Unten rechts signiert: G. Kuehl. [3174] Gerahmt. € 4.000 – 6.000 208 $ 5,480 – 8,220 Gotthardt Kuehl Lübeck 1850 – 1915 Dresden Interieur. 1892 Aquarell und Gouache auf einem Doppelbogen hellbraunen Velin (mit einer Autobiographie). 28,5 x 21,8 cm (11 ¼ x 8 ⅝ in.). In der Darstellung unten rechts signiert: G. Kuehl. Unterhalb der Darstellung und auf den Seiten 3 und 4 vom Künstler mit Feder in Braun mit autobiographischen Angaben bezeichnet. [3063] € 600 – 800 96 $ 822 – 1,096 Grisebach 5/2014 209 Gotthardt Kuehl Lübeck 1850 – 1915 Dresden „Paar am Teetisch“. Ende 1880er Jahre Öl auf Leinwand. 64,5 x 46 cm (25 ⅜ x 18 ⅛ in.). Unten links signiert: G. Kuehl. Neidhardt 204. – [3443] Gerahmt. Provenienz: Privatsammlung, Bayern € 10.000 – 15.000 $ 13,700 – 20,500 In diesem Interieur beweist der große deutsche Impressionist Gotthardt Kuehl seine besonderen koloristischen Fähigkeiten, die sich aus einer tiefen Kenntnis der Kunst Vermeers und Chardins speisen: Wie er das unerhörte Türkis der Wand in den Teetassen wieder aufnimmt und die Farbe dann durch das komplementäre Gelb in den Osterglocken auf dem Tisch und am Fenster aufleuchten läßt, ist von einer solch französischen, malerischen Delikatesse, die um 1900 in Deutschland singulär ist. Grisebach 5/2014 97 210 Franz Skarbina 1849 – Berlin – 1910 sondern auch das hier vorgestellte Aquarell entstand, betonte der angesehene Künstler und Kunstpolitiker Anton von Werner in einer vielbeachteten Rede gegen die „moderne Richtung“ einmal erneut den „Cultus des Schönen“ und die „Pflege des Nationalen“ als traditionelle akademische Tugenden Wilhelminischen Kunstverständnisses. Subjektivität, Virtuosität, Originalität bewiesen für ihn nur die Prinzipienlosigkeit der modernen Kunst. Der einsame Wanderer. 1899 Aquarell auf Velin. 36,2 x 48,5 cm (14 ¼ x 19 ⅛ in.). Unten rechts signiert und datiert: F. Skarbina. 1899. Auf der beigegebenen, alten Rückpappe Etiketten der Gesellschaft Deutscher Aquarellisten, des Leipziger Kunstvereins und des Vereins Berliner Künstler. [3119] Gerahmt. Ausstellung: Zweite große Aquarell-Ausstellung. Düsseldorf, Hof-Kunst- u. Gemälde-Handlung Bismeyer & Kraus, im Kunstgewerbe-Museum, 1900/01, Kat.-Nr. 237 (?) € 3.000 – 4.000 $ 4,110 – 5,480 Wohl bei einem Aufenthalt des Künstlers im Dachauer Moos entstanden. – Wir danken Dr. Miriam-Esther Owesle, Berlin, für die freundliche Bestätigung der Authentizität des Aquarells und für freundliche Hinweise. „Kennen Sie Skarbina?“, fragt Melusine die Baronin Berchtesgaden in Fontanes spätem Meisterwerk Der Stechlin (24. Kapitel, S. 238f.). Mit ihrer angeregten Unterhaltung über den Berliner Maler stattete der Autor die beiden Damen mit einem überaus modernen Kunstgeschmack aus und setzte Skarbina zugleich ein „kleines literarisches Denkmal“ (Margrit Bröhan (Hg.): Franz Skarbina, Ausstellungskat. Bröhan-Museum, Berlin 1995, S. 23). Fontane kannte Franz Skarbina persönlich. Und er kannte wohl auch die Konflikte des Malers mit der offiziellen Kunstpolitik. Im Jahr 1899, in dem nicht nur Fontanes Stechlin als Buch erschien, 98 Franz Skarbina hatte 1865-69 selbst an der Berliner Kunstakademie studiert. Nach langen Studienreisen wurde er 1888 zum ordentlichen Professor an die Berliner Akademie berufen. Infolge der sogenannten „Munch-Affaire“ – jener ersten skandalumwobenen Werkschau des norwegischen Malers in Berlin im Jahr 1892 – kam es zu Differenzen mit Anton von Werner und Skarbina legte sein Lehramt nieder. Noch im selben Jahr gründete er zusammen mit Malern wie Max Liebermann und Walter Leistikow die Vereiniging der Elf, die erste oppositionelle Künstlergruppe in Berlin. 1898 war er Mitbegründer der Berliner Sezession. Das Aquarell in Grün-, Blau- und Violetttönen zeigt einen Spaziergänger am See. Offenbar ist es in der Nähe von Dachau entstanden. Die Rückenfigur kämpft gegen den Wind, der Wasser, Bäume und Himmel bewegt. Ausweis und Spezifikum des individuellen Malstils von Skarbina sind die raffinierten Lichteffekte, aber auch seine künstlerische Ausdruckskraft, innere Empfindungen mit der Umgebung zu einem Gesamteindruck zu verbinden. Bei der zeitlichen Übereinstimmung mit Fontanes Stechlin-Veröffentlichung möchte man zudem nur allzu gerne an den Großen Stechlin-See denken, an dem der Wanderer hier entlangläuft. Die Melancholie in dem Spätwerk des großen Literaten, der dem stimmungsvoll in die märkische Landschaft eingebetteten See aber auch dem Künstler Skarbina ein „kleines Denkmal“ setzte, ist gleichsam in dem Aquarell des Künstlers spürbar. (AA) Grisebach 5/2014 211 Franz Skarbina 1849 – Berlin – 1910 An der Spree in Berlin. Pastell auf Papier, auf Karton aufgezogen. 44 x 28,5 cm (17 ⅜ x 11 ¼ in.). Unten rechts signiert: F. Skarbina. Fest unter Passepartout montiert. Die Signatur etwas berieben. [3183] Gerahmt. € 9.000 – 12.000 $ 12,330 – 16,400 Wir danken Dr. Miriam-Esther Owesle, Berlin, für die freundliche Bestätigung der Authentizität des Pastells. Grisebach 5/2014 99 212 Anton Edvard Kjeldrup Hadersleben 1826 – 1869 Kopenhagen Waldstudie. 1857 Öl auf Leinwand. 41 x 33,5 cm (16 ⅛ x 13 ¼ in.). Unten links monogrammiert (ligiert) und datiert: AEK 57. [3339] Gerahmt. € 3.500 – 4.500 213 Adolf Friedrich 1824 – Dresden – 1889 Auf dem Bauernhof. 1869 Aquarell auf Papier. 37,6 x 48,6 cm (14 ¾ x 19 ⅛ in.). Unten rechts mit Feder in Schwarz signiert, datiert und bezeichnet: Adolph Friedrich. 1869. Dr[esden?]. Sorgfältig restaurierte Randmängel. [3174] Gerahmt.