(Familien-)Leben mit dem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS)

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(Familien-)Leben mit dem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS)
(Familien-) Leben mit dem Fetalen
Alkoholsyndrom (FAS)
Diagnose, Begleitung und weitere
Herausforderungen
Dr. med. Andrea Benjamins
Dipl.-Psych. Inga Petzold
15.07.2015
Einstieg
Kennen Sie ein Kind aus Ihrem (beruflichen) Alltag, auf das
folgende Beschreibung passt?
Schule:
zuhause:
oft zu spät, macht seine Hausaufgaben selten
vollständig, im Unterricht arbeitet es oft nicht
mit und ist unruhig, es gerät in
Auseinandersetzungen mit Mitschülern und
Lehrern
ist es oft ungehorsam und hält sich nicht an
Regeln, es erzählt Lügen oder nimmt es mit
der Wahrheit zumindest nicht all zu genau
Gliederung
• Einleitung
– Hintergrund, Definition, Beschreibung
• Ätiologie
• Diagnostik
– Medizinische Diagnostik
– Psychologische Diagnostik
• (Familien-) Leben mit FAS
– Therapien, Interventionen
– Sozialrechtliche Relevanz
• Zusammenfassung
• Schwierigkeiten in der Diagnostik und Begleitung
• Fallbeispiele
• Quellen
Einleitung
• Gin-Epidemie im 18. Jahrhundert:
Zusammenhang mütterlicher Alkoholkonsum
und schwächliche, unterentwickelte Kinder
(Bierstraße und Ginpfad, William Hogarth 1860)
• als Krankheitsbild durch Paul Lemoine
erstmals 1968 beschrieben
• 1865 - das erste „Bildnis“ eines Jungen mit
FAS. Wilhelm Busch schrieb die Geschichte
von „Max und Moritz“
(http://www.fetales-alkoholsyndrom.de/kunstgeschichte.html)
Das fetale Alkoholsyndrom (FAS) ist ein
Symptomkomplex aus:
•
•
•
•
Wachstumsauffälligkeiten
typischen facialen Auffälligkeiten
ZNS-Auffälligkeiten
bestätigter oder auch
nicht bestätigter
Alkoholexposition
in der Schwangerschaft
Das fetale Alkoholsyndrom (FAS)
• wird als die stärkste Ausprägung einer toxischen Schädigung des
Embryos, bzw. Fetus durch Alkoholexposition in der Schwangerschaft
bezeichnet
• entspricht einem polydystrophen Fehlbildungssyndrom beim Kind
• steht für das Vollbild eines Spektrums von Schädigungen
>>> Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD)
• diese löst als neue Begrifflichkeit verschiedene früher gebräuchliche
medizinische Diagnosen ab:
– Fetale Alkoholembryopathie
– Fetale Alkoholeffekte (FAE)
– Alkoholbedingte entwicklungsneurologische Störung (ARND)
– Alkoholbedingte Geburtsdefekte (ARBD)
Ätiologie
Pathophysiologischer Hintergrund: Alkohol
• ist plazentagängig
• unterbricht die neuronale Proliferation und Migration
• löst Zelltod aus
• verringert die Proteinsynthese und verändert Hormonlevel
• erhöht den oxidativen Stress des Embryos
• unterbricht die Signalkaskade der Wachstumsfaktoren
• potentiert die Wirkung von Drogen
Urban & Fischer, 2003, Roche Lexikon Medizin, 5. Aufl.
Ätiologie
Risikofaktoren für mütterlichen Alkoholkonsum in der
Schwangerschaft:
Alkoholkonsum/
binge-drinking
vor der Ss
Übergewicht
keinen Migrationshintergrund
Gefängnisinsassinnen
psychische und
psychiatrische
Störungen
vorheriger
Schwangerschaftsabbruch
unbeabsichtigte
Schwangerschaft
> 30 J.
Drogen- /
Nikotinkonsum
hoher
sozioökonomischer
Status
alleinstehende Frauen
Ätiologie
Mütterliche Risikofaktoren, die ein FAS beim Kind
begünstigen:
• Frauen älter als 30 LJ (geringere Abbaukapazität der Leber?)
• ethnische Zugehörigkeit
• geringer sozioökonomischer Status
• Unterernährung, Mangel an Zink und Folsäure
• Stress
• alkoholinduzierte endokrinologische Funktionen der Mutter und
vorherige Geburt eines Kindes mit FAS
• geburtshilfliche Komplikationen
• Vulnerabilität hinsichtlich Genpolymorphismen für die
Alkoholdehydrogenese ADH1B (Protektion bei ADH1B2 und ADH1B3?)
Ätiologie
weitere Risiken für die Entwicklung eines FAS:
• Hirnentwicklung im 1.+ 2. Trimenon besonders
empfindlich!
• Art der Schädigung erfolgt in Abhängigkeit des Zeitpunktes
und der Menge sowie der Dauer des Alkoholkonsums
• Es gibt keine bisher festgestellte Schwellendosis, die
unbedenklich ist für das Ungeborene.
• Höhe des Alkoholkonsums pro Trinkanlass
ausschlaggebend:
– Anzahl der Getränke pro Anlass als sensitivster Faktor für
Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsdefizite nachgewiesen
– d.h. einmaliges binge drinking kann ggf. größere Schäden
verursachen, als dauerhafter Konsum
Ätiologie
Prävalenz
• 0,2 – 8,2 :1000 Geburten (FAS)
• zum Vergleich:
– Down-Syndrom
– CP
1-2 : 1000
2-3 : 1000
• Vollbild besteht nur bei ca. 10% aller pränatalen
Alkoholfolgeschäden
• Alkoholkonsum in der Schwangerschaft in D 19,8%
moderat, 7,8% riskant, Rauschtrinken 12,1% <1x/Monat,
3,8% jeden Monat, 0,1% jede Woche (GEDA)
• Binge drinking 1,2 - 3,5% der Schwangeren
 hohe Dunkelziffer zu vermuten
Medizinische Diagnostik
Medizinische Diagnostik
1. Wachstumsauffälligkeiten
mind. 1 Kriterium muss erfüllt sein:
• Geburts- oder Körpergewicht ≤ 10. Perzentile
• Geburts- oder Körperlänge
≤ 10. Perzentile
• Body Mass Index
≤ 10. Perzentile
adaptiert an Gestationsalter, Alter und Geschlecht
Medizinische Diagnostik
1. Wachstumsauffälligkeiten
Differentialdiagnosen – pränatal
• bei ungestörter intrauteriner Versorgung
 endogen (Fehlbildungen, genetische Syndrome (Turner-Syndrom,
Silver-Russel-Syndrom), Stoffwechselstörungen)
 Exogen (intrauterine Infektionen (z.B. Röteln, CMV, Toxoplasmose,
Herpes simplex, HIV, EBV, Parvovirus B19), Strahlenexposition)
• bei gestörter intrauteriner Versorgung
 Präplazentar (Maternale Erkrankungen (Präeklampsie, Hypotonie,
Anämie, zyanotische Vitien, Kollagenosen, chron.
Nierenerkrankungen); toxische Einflüsse, Nikotin- und Drogenabusus;
erhöhte psychosoziale Belastungen)
 Plazentar (Plazenta prävia; gestörte Plazentation z.B. bei
Uterusfehlbildungen oder Myomen; auf die Plazenta beschränkte
Chromosomenstörung)
Medizinische Diagnostik
1. Wachstumsauffälligkeiten
Differentialdiagnosen – postnatal
• Fam. Kleinwuchs
• Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung
• Skelettdysplasien
• Metabolische Störungen
• Hormonelle Störungen
• Genetische Syndrome
• Chron. Erkrankungen
• Malabsorption oder Mangelernährung
• Psychosozialer Kleinwuchs
Medizinische Diagnostik
2. faciale Auffälligkeiten
Ein hypoplastisches Mittelgesicht mit
Verstrichenem Philtrum und schmaler
Oberlippe sind pathognomisch für das
fetale Alkoholsyndrom
- unabhängig von Rasse und Geschlecht
- Sensitivität 100%
- Spezifität 89,4%
(Astley und Clarren, 1995 und 2002)
Medizinische Diagnostik
2. faciale Auffälligkeiten
Alle 3 facialen Kriterien müssen vorhanden sein:
1. Kurze Lidspalte (≤ 3. Percentile)
Messung der Lidspalte
Medizinische Diagnostik
2. faciale Auffälligkeiten
2. Verstrichenes Philtrum
(Rang 4 oder 5 auf dem Lip-PhiltrumGuide von Astley et al., 2004)
3. Schmale Oberlippe
(Rang 4 oder 5 auf dem Lip-PhiltrumGuide von Astley et al., 2004)
Medizinische Diagnostik
2. faciale Auffälligkeiten
Differentialdiagnosen
• Toxische Effekte z.B. durch Antikonvulsiva, Toluol
(Lösungsmittel) oder maternale Phenylketonurie
• Genetische Syndrome:
z. B. Aaskog Syndrom, Cornelia de Lange Syndrom, Dubowitz Syndrom,
Noonan-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom, Di-George-Syndrom,
Blepharophimose-syndrom, Hallermann-Steif-Syndrom, 3-M-Syndrom, SmithLemli-Opitz-Syndrom, SHORT-Syndrom, Feingold-Syndrom, Kabuki-Syndrom,
Peters-Plus-Syndrom, Rubinstein-Taybi-Syndrom, Geleophysic dysplasia
Medizinische Diagnostik
3. strukturelle ZNS-Auffälligkeiten
Mikrocephalie (≤ 10. Percentile/ ≤ 3. Percentile)
Adaptiert an Gestationsalter, Alter und Geschlecht
Differentialdiagnosen:
• Familiäre Mikrocephalie
• Genetische Syndrome
• Pränatale Mangelversorgung, toxische Schädigung, Infektion
• Hypoxisch-ischämische Hirnschädigung
• Maternale Erkrankungen
• Postnatale Mangelernährung
• Stoffwechselstörungen
• Chron. Erkrankungen
Psychologische Diagnostik
psychologische Diagnostik
3. funktionelle ZNS-Auffälligkeiten
mind. 1 Kriterium muss erfüllt sein:
• globale Intelligenzminderung (2 STD unterhalb der Norm)
oder
signifikante kombinierte Entwicklungsverzögerung
(bei Kindern unter 2 Jahren)
• Leistungen 2 STD unterhalb der Norm entweder in
3 Teilleistungsbereichen
oder in
mind. 2 Bereichen + Epilepsie
(Leistungen nicht adäquat für Alter, nicht durch familiären oder sozialen
Hintergrund erklärbar)
psychologische Diagnostik
3. funktionelle ZNS-Auffälligkeiten
Teilleistungsbereiche
Sprache
Feinmotorik
in früher Kindheit SES, später expressive
Sprache oft besser als Verständnis
oft aber besonders gute grobmotorische
Fähigkeiten  Überschätzung
weniger ausschlaggebend
räumlich-konstruktive
Fähigkeiten
Lern- und Merkfähigkeit z.B. Abstraktionsfähigkeit red.
Handlungsplanung und -kontrolle; häufig
Exekutivfunktionen
häufigstes Beispiel für schulische
Rechenfertigkeiten
Aufmerksamkeit
soziale Fertigkeiten
oder Verhalten
Teilleistungsstörungen
steht häufig im Vordergrund; insb.
Ablenkbarkeit
für die betreuenden Personen am
belastensten
psychologische Diagnostik
3. funktionelle ZNS-Auffälligkeiten
• spezifisches neuropsychologisches Leistungsprofil existiert
nicht¹
– da bisher keine repräsentativen Studien vorliegen
– Schädigung global oder multifokal erfolgt und nicht auf einen
abgegrenzten Bereich des Gehirns beschränkt ist
• häufig als Kernproblematik beschrieben:
– Beeinträchtigungen der Exekutivfunktionen²
– Aufmerksamkeitsprobleme
• 5,9% der FASD-geschädigten Personen weisen eine
Epilepsie auf, Prävalenz in der Normalbevölkerung nur
0,6%³
¹ Astley et al. (2009); ² Wagner (2013); ³ Bell et al (2010)
psychologische Diagnostik
3. funktionelle ZNS-Auffälligkeiten
Schwierigkeiten der Diagnostik:
• die meisten Testverfahren für Teilleistungsbereiche erst ab
dem Alter von 6 Jahren einsetzbar
• Erfassung der Exekutivfunktionen
– EF beinhalten viele verschiedene Funktionen  Auswahl der
richtigen, für den individuellen Patienten relevanten Tests
entscheidend
– Testergebnisse oft besser als Alltagsfertigkeiten (strukturierte
Testsituation maskiert Probleme)¹
• hoher Zeitaufwand
¹ Wagner (2013)
psychologische Diagnostik
3. funktionelle ZNS-Auffälligkeiten
Differentialdiagnosen/Komorbiditäten?:
• Komb. umschrieb.
Entwicklungsstörung
• Umschriebene Entwicklungsstörung
d. Sprache, Motorik, schulischer
Fertigkeiten
• Intelligenzminderung
• Einfache Aktivitäts- und
Aufmerksamkeitsstörung
• Hyperkinetische Störung des
Sozialverhaltens
• Störung des Sozialverhaltens mit
oppositionell und aufsässigem
Verhalten
• Komb. Störung des Sozialverhaltens
und der Emotionen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Stereotypien
Aggressivität
Delinquenz
Suchterkrankungen
Reaktive Bindungsstörung /
Posttraumatische
Belastungsstörung
Sex. Verhaltensabweichung
Schlafstörung
Angst- und Panikstörung
Affektive Störung
Depressive Störung
Epilepsien anderer Genese
psychologische Diagnostik
3. funktionelle ZNS-Auffälligkeiten
Abgrenzung von Bindungsstörungen:
distanzlos
wenig beweglich
Unruhe
Regeln
Nach Härter (2014)
Bindungsstörung
Fetales
Alkoholsyndrom
wird in stabiler
Bindung oft besser
kontrollierend
(rückläufig)
rückläufig, wenn
emotional stabil
nicht befolgen (mehr
bei Angst)
kann bei intensivem
Üben besser werden
Anpassung an Veränderungen erschwert
zunehmend bei
Reizüberflutung
vergessen/nicht
erfassen von Regeln
Folgen für die Betroffenen
• intraindividuelle Leistungsdifferenzen häufig:
– bei tatsächlichem Alter von 18 Jahren:
• Sprechbegabung: ca. 20 Jahre
• Sprachverständnis: ca. 6 Jahre
• soziale Fertigkeiten: ca. 7 Jahre
• seelische Reife: ca. 6 Jahre
– auf vermittelte Inhalte kann nicht zuverlässig zugegriffen werden
– gedankliche Übertragung von einer auf eine andere Situation,
Erkennen von Ursache – Wirkung erschwert
– vermindertes Abstraktions- und Symbolisationsvermögen (Zeit, Geld)
– kein Lernen aus Erfahrungen (immer gleiche Tathergänge)
– Kinder sind naiv, leicht beeinflussbar (Viktimisierung; Delinquenz)
Folgen für die Betroffenen
• Temperatur- und Schmerzunempfindlichkeit
• Hunger- und Sättigungsgefühl fehlen oft
• Schlafprobleme
Erinnern Sie sich an Ihr Kind vom Anfang!?
Welche Konsequenzen und
therapeutische Maßnahmen
ergeben sich aus der Diagnose?
 (Familien-) Leben mit FAS
(Familien-) Leben mit FAS
Therapien
• bisher keine spezifische Therapie vorhanden (lebenslang
anhaltende Schädigung, die jedoch entwicklungsmoduliert
veränderbare Symptome zeigt)
• Symptomorientierte Förderung und Therapie
(Heilpädagogik, Logopädie, Ergotherapie...)
• veränderte Neurotransmitterfunktion: abweichende
Medikamentenwirksamkeit (Gehrmann)
– z.B. Stimulanzien bei FAS weniger wirksam hinsichtlich der
Aufmerksamkeitsleistung, aber hilfreich hinsichtlich Verhalten und
Umtriebigkeit
(Familien-) Leben mit FAS
Welche Umgebungsfaktoren können
eine positive Entwicklung unterstützen?
• frühzeitige Diagnosestellung (vor Schulbeginn)
 jedoch nur bedingt möglich
• Aufklärung der (Pflege-, Adoptiv-) Eltern!!!!!
 Wissen um die Ursache der Verhaltensproblematik
• kindzentrierte Erwartungshaltung (statt zielorientiert)
• Eltern / Pflegeeltern brauchen selbst ein stabiles soziales
Netzwerk
– „FAS macht einsam“
– Eltern von FAS-Kindern signifikant stärker belastet als Eltern anderer
behinderter Kinder (Sarimski)
(Familien-) Leben mit FAS
Welche Umgebungsfaktoren können
eine positive Entwicklung unterstützen?
• feinfühlige, konstante Bindung ausschlaggebend
– „Jemand der den Alltag jeden Tag neu erfindet!“
• sorgsame Beaufsichtigung (24/7)
• „Normalisierung“ nicht möglich; Stabilität schaffen!!
• Regelmäßigkeit, Routinen, Reizarmut, Struktur
• Suchtgefährung bedenken  keinen alkoholhaltigen
Hustensaft; Umgang mit Alkohol und Drogen vorleben
(Familien-) Leben mit FAS
Welche Umgebungsfaktoren können
eine positive Entwicklung unterstützen?
wichtige Faktoren für Vermittlung
• früh Notwendigkeit der Fremdunterbringung klären (auch
perspektivisch)
• PF suchen, die Herausforderungen gewachsen ist,
Strukturelle Voraussetzungen erfüllt und aufgeklärt ist
• Kind ggf, möglichst früh in PF eingliedern
• Bereitschaftspflege vermeiden  zu viele Wechsel
• PE eng begleiten und Entlastungen ermöglichen
Kita, Schule
Kindergarten
• FAS-Kinder stoßen in Regeleinrichtungen an ihre Grenzen
 Gruppengröße und geringe individuelle Betreuung wird
ihnen nicht gerecht
 Heilpädagogischer Kindergarten sinnvoll, oder i-Platz
Schule
• langsames Arbeitstempo; vermehrte Zeit für
Automatisierung erforderlich; Problem der
Arbeitsorganisation
 Kleinklasse nötig oder Schulbegleiter
Sozialrechtliche Relevanz
• Die Diagnose fetales Alkoholsyndrom beinhaltet die
Anerkennung einer lebenslangen organisch verursachten
Symptomatik im Sinne einer körperlichen und
möglicherweise auch geistigen Behinderung über das 18.
Lebensjahr hinaus und findet daher Berücksichtigung in
§53 Absatz 2 SGB XII und §2 Absatz 1 SGB IX.
• Aufgrund einer sich möglicherweise daraus ergebenden
seelischen Behinderung besteht ggf. außerdem ein
Anspruch auf Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII.
• Die Zuständigkeitsvorschrift des §14 SGB IX erleichtert
Hilfen trotz unklarer Zuständigkeiten (Sozialhilfe vs.
Jugendhilfe) zu erhalten.
Zusammenfassung
• Das fetale Alkoholsyndrom, bzw. die fetale
Alkoholsektrumsstörung, beruht auf eine toxische
Schädigung des Kindes im Mutterleib, die lebenslang
bleibende Schäden verursacht.
• Für die Diagnosestellung fetales Alkoholsyndrom, bzw. fetale
Alkoholspektrumsstörung, ist ein interdisziplinäres Team
notwendig.
• Die aktuellen Leitlinien beziehen sich bisher nur auf das
Vollbild FAS.
• Trotz aktueller Leitlinien bleibt die Diagnosestellung im
Einzelfall schwierig.
Zusammenfassung
• Patienten mit fetalem Alkoholsyndrom benötigen ein
ausgewogenes Therapiekonzept
(nicht zu wenig - aber auch nicht zu viel).
• Aufgrund der bleibenden Schädigung bestehen im
Allgemeinen Ansprüche auf eine sozialrechtliche
Unterstützung.
• Besonders wichtig ist aber auch eine konstante und
liebevolle Erziehung in der Familie, damit zusätzliche
Traumatisierungen vermieden werden.
– Sensibilisierung der Jugendämter
– enge Begleitung der Familien, z.B. durch eine Elterngruppe!?
ABER...
... der klinische Alltag
birgt ganz andere
Herausforderungen...
Schwierigkeiten in Diagnostik
und Begleitung
• „Eine frühe adäquate Diagnose des FAS ist die
Voraussetzung für eine frühe Förderung und Schaffung
eines protektiven Umfeldes und kann zur Vermeidung
problematischer Lebensläufe beitragen.“ (Landgraf, et al.
2013)
• es besteht ein Großteil an Kindern, die nicht die Kriterien für
das Vollbild FAS erfüllen, dennoch erhebliche
Verhaltensschwierigkeiten haben (FASD?)
• Auffälligkeiten verändern sich im Verlauf des Alters
Faciale – und Wachstumsauffälligkeiten sind im Jugendalter
weniger prominent, die funktionellen ZNS-Auffälligkeiten
hingegen werden mit zunehmendem Alter deutlicher
Schwierigkeiten in Diagnostik
und Begleitung
Fallbeispiele
• Otto, 10,5 Jahre
• Jonas, 7,5 Jahre
• Janine, 2 Jahre
Und wie geht‘s weiter??
Mit der Diskussion!!!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Quellen
• AWMF-S3-Leitlinie : Diagnostik des fetalen Alkoholsyndroms mit Addendum,
Register-Nr.:022-025
• Becker, G., Hantelmann, D., Fetales Alkoholsyndrom. oft fehldiagnostiziert und
falsch betreut. Deutsches Ärzteblatt Jg. 110, Heft 42, S. 1683-1684, 2013.
• Landgraf, M. N., Nothacker, M., Kopp, I.B., Heinen, F. Clinical practice
guideline: The diagnosis of fetal alcohol sydrome. Deutsches Ärzteblatt Jg.110,
Heft 42, S. 703-710, 2013.
• Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2013: Die fetale
Alkoholspektrum-Störung
• Lebel, C., Roussotte, F., Sowell, E.R. Imaging the impact of prenatal alkohol
exposure on the structure of the developing brain.
Neuropsychol.Rev.2011june;21(2): 102-118
• Mattson SN, Cocker N, Nguyen TT. Fetal spectrum disorders:
Neuropsychilogical and Behavoiral Features. Neuropsychol Rev 2011, 21:81101
Quellen
• Lebel, C. et al. A longitudinal Study of the long-term consequences of drinking
during pregnancy: heavy in utero exposure disrupts the normal processes of
brain development. J Neurosci.2012 Oktober 31; 32(44):15234-15251
• FAS Diagnostic and Prevention Network, University of Washington, Seattle
Washington: Diagnostic guide for fetal alkohol spectrum disorders, Third
Edition 2004
• Vorträge der 15. Fachtagung „Wenn Liebe allein nicht reicht“ in Ludwigshafen
27.-28.9.2013 (u.a. Härter, H.; Fetales Alkoholsyndrom/
Alkoholspektrumsstörung (FASD) – Diagnostik und Grundlagen)
• Feldmann, R., Michalowski, G., Lepke, K. & FASD Deutschland e.V. (Hrsg.)
(2013) Perspektiven für Menschen mit Fetalen Alkoholspektrumstörungen
(FASD), 14. Fachtagung in Erfurt 28.-29.9.2012. Das Gesundheitsforum. SchulzKirchner Verlag
• http://www.fetales-alkoholsyndrom.de/definition_einteilung.html
[13.11.2013; 20:51]
• GEDA (Gesundheit in Deutschland aktuell) 2009-20012, Rober-Koch-Institut,
Factsheets