verblüffend einfache Lösungen für Angriffe - 7. EU
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verblüffend einfache Lösungen für Angriffe - 7. EU
"... verblüffend einfache Lösungen für Angriffe" Von Wolfgang Stieler Professor Jürgen Beyerer ist Leiter des FraunhoferInstituts für Informations- und Datenverarbeitung in Karlsruhe (IITB), das innerhalb der FraunhoferGesellschaft als Schwerpunktinstitut für automatische Bildauswertung fungiert. Gleichzeitig ist Jürgen Beyerer auch der stellvertretende Sprecher des FraunhoferVerbundes Verteidigungs- und Sicherheitsforschung. Dieser Verbund umfasst sechs Institute – weitere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft arbeiten zusätzlich auf Gebieten mit Relevanz für Sicherheitslösungen. Für einen Teil dieser Forschung soll nun – so jedenfalls der Foto: IITB Vorschlag von Beyerer – künftig über eine Geheimhaltung nachgedacht werden. Technology Review sprach mit Professor Beyerer über Terrorgefahr, security by obscurity und die persönliche Verantwortung von Wissenschaftlern. TR: Professor Beyerer, Sie haben sich dafür ausgesprochen, das auf dem Gebiet der Sicherheitsforschung nicht alle Ergebnisse publiziert werden sollten, sondern Verschlusssachen bleiben. Wie kommen Sie dazu? Jürgen Beyerer: Es gibt bestimmte Aufgabenstellungen, vor denen wir als Forscher tatsächlich zurückschrecken. Weil wir sagen, wenn wir auf diesen Gebieten forschen, und das, was wir herausfinden tatsächlich veröffentlichen, dann laufen wir Gefahr, dass wir Angreifer schlau machen. Und dann müssen wir vielleicht sogar teilweise die Verantwortung dafür übernehmen, dass ein Angriff auf eine bestimmte Art und Weise passiert. Wenn sich ein paar Experten zusammensetzen und Szenarien überlegen, kommen da oft verblüffend einfache Lösungen für Angriffe heraus, die dann von Terroristen mit Sicherheit begierig aufgegriffen werden könnten. Deshalb meinen wir, solche Themen kann man wirklich nur dann in voller Breite bearbeiten, wenn man wesentliche Ergebnisse – also solche, die potenziellen Angreifern nützlich sein könnten – unter Verschluss hält. TR: Nun entspricht das ja eigentlich dem klassischen Klischee von Sicherheitsforschung. Alle Welt denkt, dass das sowieso passiert. Ist das nicht der Fall? Beyerer: Also Sicherheitsforschung im militärischen Bereich hat natürlich solche Geheimhaltungskomponenenten. Aber denken Sie beipielsweise an Sprengstoffdetektoren – etwa für Flughäfen. Wenn Sie publizieren, auf welche Ausdünstungen von Sprengstoffen die reagieren, dann können Sie Standardliteratur der Chemie in die Hand nehmen, und Gegenmaßnahmen ergreifen. Oder nehmen Sie Strukturen wie die Trinkwassernetze, die sehr viele leicht angreifbare Punkte haben. Da kann man sich Szenarien überlegen, die man so nicht veröffentlich könnte – und über die ich jetzt auch nicht sprechen möchte – weil das Aha-Effekte auslösen könnte, die sehr ungewollt sein können. TR: Das heißt, im Sicherheitsforschungsprogramm der Bundesregierung wird es Projekte geben, deren Ergebnisse teilweise unter Verschluss bleiben? Oder ist das bislang nur ein Diskussionsvorschlag? Beyerer: Es wird darüber diskutiert. Erst mal ist das eine Anregung von mir. Ich weiß aber, dass im Ministerium – und auch auf europäischer Ebene – zumindest darüber nachgedacht wird, wie man solche Fragestellungen adäquat behandeln kann. Das bedeutet natürlich auch, dass ein gesellschaftlich, politischer Diskurs geführt werden muss, um da die richtige Balance zu finden. TR: Nun gibt es ja insbesondere in der IT-Sicherheit schon relativ lange eine Diskussion um die Frage, wie weit kann man Sicherheit durch Geheimhaltung betreiben. Und es gibt da eine relativ starke Schule, die sagt, das ist Unfug. Security by obscurity funktioniert nicht. Was sagen Sie dazu? Beyerer: Mag sein, dass da für manche Infrastrukturen was dran ist. Das ist keine einfache Fragestellung. Ich weiß nicht, ob man es sich bei all den kritischen Infrastrukturen, die wir haben und die stark miteinander vernetzt sind, irgendwann zu dem Punkt kommt, wo man sagen kann, wir können uns das leisten, alles zu veröffentlichen. Man könnte sich ja vorstellen, dass man dann so eine Art MinimaxStrategie verfolgt – der Gegner kann dann maximal auf diese Strategie eingehen, und ich habe auf diese Weise den Schaden minimiert. Ob man so weit jemals kommen kann, bei all den komplexen Systemen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, das wage ich zu bezweifeln. Also kurz- und mittelfristig braucht man tatsächlich auch Sicherheitsforschung als Verschlusssache. Wobei man sicherlich sehr genau abwägen muss, wo man das macht – und natürlich unbedingt den gesellschaftlichen Konsens darüber herstellen muss. Wobei ich auch meine, dass dies sehr leicht ist, wenn man sich solche Beispiele, wie eben angeführt, ansieht. Damit kann man jedem klarmachen, auch wenn es ein Laie ist, dass das notwendig ist. (wst[1]/Technology Review) URL dieses Artikels: http://www.heise.de/tr/artikel/87297 Millionenförderung für Sicherheitsforschung "Sicherheit und Freiheit bedingen einander": Mit diesen Worten eröffnete die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anette Schavan am heutigen Montagmorgen die Europäische Konferenz für Sicherheitsforschung im Maritim Hotel Berlin. Auf der zweitätigen Konferenz befassen sich im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft rund 1000 internationale Experten aus Forschung, Wissenschaft und Politik, Vertreter der sich mit Sicherheit befassenden Behörden sowie Netzbetreiber mit Ideen, Konzepten und Programmen zur zivilen Sicherheitsforschung der Europäischen Union. Moderne Industriegesellschaften sind dicht mit Infrastrukturnetzen überzogen, die Mobilität, Energie und Informationsflüsse bereitstellen, erklärte Schavan. Man sei auf deren reibungsloses Funktionieren angewiesen, denn "Naturkatastrophen, große technische Unfälle und Anschläge können in einer dicht vernetzten Welt große Folgeschäden auslösen, bis hin zur Destabilisierung der Gesellschaft". Dafür sei eine länderübergreifende Sicherheitsforschung notwendig, die unterstützt durch nationale Programme Sicherheitsforschung aus einem Guss ergebe. In der anschließenden Pressekonferenz stellte die Bundesministerin ein eigenes Sicherheitsforschungsprogramm vor: Ihr Ministerium stellt in den nächsten vier Jahren 123 Millionen Euro zur Verfügung. Im Mittelpunkt der Forschung sollen ausgewählte Gefahrenszenarien stehen – erstmals wird die technologische Forschung dabei von Anfang an durch Geisteswissenschaften begleitet werden – etwa um mögliche Akzeptanzprobleme bereits im Vorfeld zu erkennen. Der deutsche Vizepräsident der EU-Kommision Günter Verheugen kündigte unter anderem die Schaffung eines neuen Gremiums an: Fortan sollen im European Security and Innovation Forum Sicherheitspolitiker und Sicherheitsforscher Hand in Hand arbeiten. "Wir müssen reflektieren, was wir wollen, wie weit wir gehen können, wo die Grenzen sind", mahnte der EU-Kommissar die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit an und blickte dabei kritisch in Richtung Amerika. Verheugen warnte auch, dass der Markt für europäische Sicherheitslösungen zersplittere und nannte als Beispiel die Arbeiten zu Software Defined Radio. Es habe einfach keinen Sinn, Technologien doppelt zu entwickeln. Im Hinblick auf so genannte Lead Markets mache es für Europa nur Sinn "das zu entwickeln, was es anderswo auf Welt nicht gibt", erklärte Verheugen. Ziel sei es, dass Hersteller mit europäischen Produkten auf den Weltmarkt gehen und sich durchsetzen können. Franco Frattini, ebenfalls Vize-Präsident der Europäischen Kommission sekundierte: "Europa war bisher der Konsument von Sicherheitstechnologie, nun sollte es zum Produzenten werden." Beide EU-Kommissare betonten, dass Hochtechnologie auch die Privatsphäre des einzelnen Bürgers schützen solle, nannten jedoch keine konkreten Vorschläge. Siehe dazu das Interview mit Professor Jürgen Beyerer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Informations- und Datenverarbeitung, bei Technology Review online: • "... verblüffend einfache Lösungen für Angriffe"[1] (Gordon Bolduan) / (wst[2]/Technology Review) (wst/Technology Review) URL dieses Artikels: http://www.heise.de/newsticker/meldung/87387 Meldung versenden Druckversion PDF-Version Pressemappe als RSS Meldungen per E-Mail PHOENIX Sendeplan für Montag, 26. März 2007 anschl. Europäische Sicherheitsforschungskonferenz unter dem Motto "Sicherheitsforschung im Dienst für Bürger, Staat und Unternehmen". U.a. mit Reden von Annette Schavan (Bundesforschungsministerin) und Günter Verheugen (Vizepräsident der EU-Kommission), Berlin. (VPS 14.45) 28.03.2007 EU will "Forschung gegen Terror" forcieren zurück Die EU will den gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus enger verzahnen und dazu auch die zivile Sicherheitsforschung in Europa vorantreiben. Das kündigten die Vize-Kommissionspräsidenten Günther Verheugen und Franco Frattini heute auf einer internationalen Konferenz mit rund 1.000 Experten in Berlin an. 1,4 Mrd. Kosten bis 2013 Ziel ist ein besserer Schutz von Strom-, Verkehrs- und Kommunikationsnetzen etwa vor Terroranschlägen. "Wir brauchen Sicherheitsforschung auf europäischer Ebene", sagte Verheugen und forderte die EU-Staaten zur Kooperation in einem "Europäischen Sicherheits- und Innovationsforum" auf. Für die Zeit bis 2013 hat die EU für die Sicherheitsforschung 1,4 Mrd. Euro eingeplant. Balance zwischen Technik und Privatsphäre Verheugen betonte, ein Zusammenleben ohne Risiken sei in einer offenen Gesellschaft nicht möglich. "Es geht um eine präventive Antwort auf die Frage, wie man den freiheitlichen und demokratischen Charakter unserer Gesellschaften in einer Welt voller Gefahren bewahren kann." Dabei müsse man die "notwendige Balance" zwischen dem technisch Möglichen und dem gesellschaftlich Vertretbaren halten. Schließen Aktuell Politik Drucken Ausland Afghanistan Der geheimnisvolle „amerikanische Mohn“ Von Christian Schwägerl Woher kommt das Saatgut? Mohnanbau in Afghanistan 23. März 2007 Westliche Politiker rätseln noch, wie es passieren konnte, dass 2006 aus dem von der Nato besetzten Afghanistan neunzig Prozent der Weltopiumproduktion kamen. Und Sicherheitsfachleute sorgt, dass der Opiumhandel des vergangenen Jahres die Kriegskassen von Taliban und des Terrornetzes Al Qaida gefüllt haben könnte. Doch in Afghanistan selbst hat bereits die neue Drogensaison begonnen: „Die Samen sind im Boden, und im Osten des Landes sind die ersten Keimlinge des Schlafmohns schon fünf Zentimeter groß“, sagt der Ethnologe und Arzt Michael Pohly von der Freien Universität Berlin (FU). Reiche Niederschläge versprächen ein gutes Erntejahr. Auf 200.000 Hektar - fünfunddreißigtausend mehr als 2006 - werde die diesjährige Anbaufläche in Afghanistan geschätzt. Neue Generation von Hochleistungsmohn Gefährliche Romantik: Hochleistungssorten machen den Experten Sorgen Pohly war schon häufig in Afghanistan unterwegs und kennt viele der mächtigen Stammesfürsten des Landes persönlich. Die Mission, von der er soeben zurückgekehrt ist, war indes von besonderer Brisanz. Der FUWissenschaftler hat Mohnanbaugebiete bereist, um einem ungeheuerlichen Verdacht nachzugehen: Auf afghanischen Äckern könnte eine völlig neue, hochgezüchtete Generation von Hochleistungsmohn wachsen. Dem Schlafmohn, aus dessen morphiumhaltigem Milchsaft Opium die Droge Heroin hergestellt wird, will Pohly zusammen mit Wissenschaftlern des Botanischen Gartens Berlin und des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben mit hochtechnologischen Mitteln zu Leibe zu rücken. Das Knowhow wird importiert Der Markt erfuhr einen Boom nach der NatoInvasion Der Wissenschaftler hält es für möglich, dass irgendwo auf der Welt Pflanzenzüchter im Dienst von Drogenkartellen daran arbeiten, den Opiumgehalt der Pflanzen zu steigern. „Es spricht viel dafür, dass neuartige, leistungsfähigere Sorten der Mohnpflanzen gezielt gezüchtet werden, um die Erträge zu erhöhen“, sagt er. Das Knowhow für die Zucht existiere in Afghanistan selbst wahrscheinlich nicht. „Es muss wohl einen Import von Schlafmohn-Saatgut nach Afghanistan hinein geben“, sagt er. Drogenfahnder haben sich bisher weitgehend auf die Handelswege von den Schlafmohnäckern über Heroinlaboratorien zu den Konsumenten konzentriert. Ein Fehler, glaubt Pohly: „Neuartiges Saatgut für leistungsfähigere Pflanzen könnte ein wichtiger Faktor für den Opiumboom in Afghanistan sein.“ Schon länger hat er aus Afghanistan Gerüchte über neuartige Schlafmohnsorten gehört, aber es fehlten ihm die Mittel, dem nachzugehen. Interdisziplinäre Sicherheitsforschung Doch inzwischen ist der Schutz der Gesellschaft vor Terrorismus und organisierter Kriminalität zu einem neuen Schwerpunkt der deutschen und europäischen Forschungsförderung geworden, die Bundesregierung investiert bis 2011 rund 123 Millionen Euro und die EU bis 2013 mehr als eine Milliarde Euro. Als der Präsident der FU, Dieter Lenzen, frühzeitig die Chance erkannte und um interdisziplinäre Projekte auf dem Feld der Sicherheitsforschung bat, sah Pohly eine Chance, etwas anderes einzubringen als neue Überwachungskameras und Sprengstoffdetektoren: „Mit am Tisch saßen die Kollegen vom Botanischen Garten, und ich fragte sie: ,Was wisst ihr eigentlich über Schlafmohn?'“ Mit afghanischen Schafmohnsorten hatten sich die Berliner Botaniker noch nicht befasst, dafür aber mit neuesten Techniken, Pflanzen anhand kleinster genetischer und molekularer Unterschiede zu erkennen und ihre Abstammung zu durchleuchten. Aus kleinsten Samen und Pflanzenteilen können das Erbgut sowie charakteristische Moleküle isoliert werden. Zudem wussten die Botaniker von einer der weltweit wichtigsten Sammlungen von Kulturpflanzen, drei Autostunden von Berlin entfernt im sachsen-anhaltischen Gatersleben, wo kultivierter Schlafmohn lagert. Und schon war das Projekt geboren, das Pohly nun mit seiner Afghanistan-Reise begonnen hat: „Biologische Fingerabdrücke“ für möglichst viele Schlafmohnsorten sollen entwickelt werden. Das soll es erlauben, die Herkunft speziell gezüchteter Hochleistungssorten zu rekonstruieren und nach Heroinfunden die Drogen bis zu den Ursprungsprovinzen zurückzuverfolgen, also die Handelswege der Drogenkartelle offenzulegen. Opium-Boom nach Nato-Invasion Das Berliner Außenministerium zeigt großes Interesse an dem Vorhaben. Denn wird der Aufschwung der Opiumwirtschaft auch noch durch neue Hochleistungssorten befeuert, könnte dies die Lage in Afghanistan, wo deutsche Soldaten und Diplomaten eigentlich an einer Zukunft in Freiheit mitbauen sollen, weiter destabilisieren. Sowohl die Taliban als auch das Terrornetzwerk Al Qaida finanzieren sich maßgeblich aus der Opiumwirtschaft. Neuesten Zahlen der Vereinten Nationen zufolge werden 165.000 Hektar Ackerland so genutzt; jeder achte Afghane bestreitet sein Einkommen damit. Die Invasion von Nato-Truppen vor sechs Jahren hat dem Land bisher nicht den erhofften Aufschwung mit legaler Wirtschaft beschert, sondern einen unvergleichlichen Boom des Opiumanbaus eingeläutet. Im vorletzten Jahr der Taliban-Herrschaft, 1999, kamen 4500 Tonnen Opium aus Afghanistan auf den Weltmarkt, was 77 Prozent des Markts entsprach. 2001 waren es nur 150 Tonnen, weil die Taliban kurzzeitig gegen den Anbau vorgegangen waren, bevor die Nato nach den Terroranschlägen vom 11. September in dem Land einmarschierte. Ausgerechnet unter den Augen der westlichen Besatzer hat der Mohnanbau stark zugenommen: 2005 wurden 4100 Tonnen Rohopium aus afghanischem Mohn gewonnen, 2006 dann 6100 Tonnen, neunzig Prozent der Welternte - ein Rekord, der auch daher rührt, dass der Anbau im Goldenen Dreieck von Burma, Laos und Thailand stark zurückgegangen ist. „Watani Soorgulai“ und „Bahrami Baragai“ Bisher gibt es keine Beweise dafür, dass neuartige Hochleistungssorten die Produktion zusätzlich erhöhen, doch Drogenbekämpfer der Vereinten Nationen in Kabul haben Beobachtungen gemacht, die Pohlys Verdacht erhärten: „Bis 2005 brauchte man für ein Kilogramm Heroin zehn Kilogramm Opium, inzwischen nur noch sieben Kilogramm“, sagt Hakan Demirbuken, der für die UN von Kabul aus den Mohnanbau beobachtet. „Es ist durchaus möglich, dass neue Sorten auf dem Markt sind“, sagt er. Fünfzehn Mohnsorten dominieren nach Angaben der Vereinten Nationen den Anbau in Afghanistan, zwei von ihnen, „Watani Soorgulai“ und „Bahrami Baragai“, werden auf knapp der Hälfte der Felder gefunden. Die Sorten unterscheiden sich in der Blütenfarbe, in ihren Bodenansprüchen, ihrer Toleranz gegenüber Dürre - und im Opiumgehalt der Kapseln. Trockenheit in Zentralafghanistan und im Westen des Landes hat 2006 dazu geführt, dass die Hektarerträge im Landesdurchschnitt im Vergleich zum Vorjahr von 39,3 Kilogramm Opium auf 37 Kilogramm gesunken sind. Doch zugleich tauchten im Rekordjahr 2006 erstmals bei offiziellen Untersuchungen Mohnsorten mit einem extrem stark erhöhten Morphiumgehalt auf, die den Fachleuten der Vereinten Nationen Rätsel aufgeben. „Wenn wir das Geld bekommen, werden wir der Sache auf den Grund gehen“, sagt Demirbuken. CIA importierte Saatgut in den Achtzigern Michael Pohly will aber nicht warten, bis die UN Geld zur Verfügung stellen. Er weiß bereits über sein weitverzweigtes Kontaktnetz in Afghanistan, dass Bauern für eine neuartige Sorte den Namen „Amerikanischer Mohn“ benutzen. Sie zeichnet sich durch auffällig helle Fransen am Ende der Blütenblätter aus. „Diese Sorte ist erstmals nach der westlichen Invasion 2001 in Afghanistan aufgetaucht und heißt vielleicht nur deswegen so“, sagt Pohly. Über ihren Ursprung existieren nur Mutmaßungen. Einen Import von Saatgut nach Afghanistan habe es aber schon einmal gegeben: „Wir wissen, dass die CIA das in den achtziger Jahren gemacht hat, um dem Widerstand gegen die sowjetischen Besatzer zu schnellem Geld für Waffenkäufe zu verhelfen“, sagt er. Pohly kann sich viele Quellen für neuartige Mohnsorten vorstellen, bei weitem nicht nur eigene Pflanzenzuchtprogramme von Drogenkartellen oder Geheimprojekte von Regierungen. Zugang zu Schlafmohn und das nötige Hintergrundwissen haben etwa auch Mitarbeiter von Gartenzuchtbetrieben, die morphiumfreien Mohn als Zierpflanze entwickeln, und Mitarbeiter von Pharmafirmen, die morphiumreichen Schlafmohn legal als Schmerzmedikament anbauen. Deren Sicherheitsvorkehrungen lassen sich womöglich umgehen. Dem „amerikanischen Mohn“ auf der Spur Im Rahmen des Berliner Forschungsprojekts sollen nun Schlafmohnproben aus aller Welt gesammelt und molekularbiologisch charakterisiert werden. Gartenbaubetriebe, Pharmafirmen, Pflanzensamenbanken und botanische Gärten werden gebeten, alles Schlafmohnmaterial zur genetischen und molekularbiologischen Untersuchung zur Verfügung zu stellen. „Wir können dann etwa den ,amerikanischen Mohn' mit der Datenbank abgleichen und ermitteln, wo er gezüchtet wurde oder welche Elternpflanzen für ihn gekreuzt wurden“, sagt Pohly. Am Ende des Projekts soll ein kleines Gerät stehen, in das Fahnder nur Heroinspuren oder Blattstücke stecken müssten, um die regionale Herkunft der Drogen zu bestimmen und um schnell neuartige Zuchtformen von Schlafmohn zu erkennen. Doch damit es so weit kommen kann, steht noch gefährliche Arbeit bevor - die Sammlung von Mohnproben in ganz Afghanistan. Text: F.A.Z. Bildmaterial: REUTERS Freiheit durch Sicherheit? Peter Nowak 27.03.2007 Im Windschatten von Terrorangst und Klimakatastrophen boomt die Sicherheitsforschung An die tausend zeilnehmende Forscher, Politiker und Ökonomen aus den EU-Ländern beraten bis heute in Berlin über die Schwerpunkte der künftigen europäischen Sicherheitsforschung (1). Ein Forschungszweig, den zur Zeit keine Geldsorgen plagen müssen. Schließlich soll die Europäische Sicherheitskonferenz der Startschuss für das ambitionierte "Europäische Sicherheitsforschungsprogramm" sein. Gleich zur Eröffnung erklärte (2) Bildungsministerin Annette Schavan, dass die EU für die Sicherheitsforschung im Zeitraum von 2007 bis 2013 insgesamt 1,4 Milliarden Euro eingeplant hat. Von solchen Beträgen können andere Forschungszweige in Zeiten der leeren Kassen nur träumen. Schavan skizzierte in ihrer Eröffnungsrede den politischen Kontext für diese großzügigen Geldspritzen. "Wir müssen uns vor den Gefahren durch Terrorismus, Kriminalität und Naturkatastrophen schützen und gleichzeitig unsere Freiheit und Rechtstaatlichkeit stärken", so die Ministerin. Noch deutlicher heißt es auf der Konferenzhomepage (3): "Terrorismus, organisierte Kriminalität, Naturkatastrophen und Unfälle besonderen Ausmaßes machen an den Grenzen Europas nicht Halt. Daher verstärkt die Europäische Union ihre Aktivitäten im Bereich Sicherheitsforschung." Zu den Fragen, die die illustre Runde im Berliner Maritim Hotel diskutiert, gehören der Schutz der Bürger vor Terrorismus und Naturkatastrophen. Ausdrücklich wird die Verletzlichkeit von Infrastrukturen und Grenzen genannt. Eine weitere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Frage, wie die Erkenntnisse über die Ursachen von Bedrohungen mithilfe von modernen Technologien zu mehr Sicherheit führen können. Auch der Wirtschaftsstandort EU wird nicht vergessen, schließlich boomt die Sicherheitstechnik, in die die US-Regierung nach dem 11.9. viele Milliarden Dollar investiert hat. Ein eigenes Panel widmet sich der Frage, wie die Sicherheitsforschung zur Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit beitragen kann. Die Fragestellungen sind nicht neu. Auch ein Großteil der Konferenzteilnehmer dürfte sich von ähnlichen Veranstaltungen kennen. So gibt es kaum Unterschiede zwischen der Berliner Konferenz und der Future Security (4), die Anfang Juli 2006 in Karlsruhe stattgefunden hat. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit Die Treffen werden auch in der kritischen Öffentlichkeit wenig wahrgenommen. So wurde von den Organisatoren (www.anti-eu.info/ - ) der EU-kritischen Demonstration, die am vergangenen Sonntag in Berlin stattgefunden hat, die Sicherheitskonferenz gar nicht erwähnt. Nur einige Datenschützer und Überwachungsgegner (5) äußern schon länger Kritik. Sie verweisen darauf, dass das Feld der Sicherheitsforschung ein völlig unklarer Bereich ist, der von der Kameraüberwachung über elektronische Reisepässe und Grenzsicherheitsmaßnahmen bis zur Akzeptanzforschung reichen kann. Kennzeichnend ist der Versuch einer technokratischen Lösung von Problemen. Nicht gesellschaftliche Ursachen und ihre Veränderung stehen im Mittelpunkt, sondern die Entwicklung von Techniken und Verfahren, um scheinbar allen Risiken der modernen Gesellschaft zu beherrschen. Klimaveränderungen und Sicherheitspolitik Interessant ist die auf der Konferenz-Homepage erfolgte Verknüpfung von terroristischen Bedrohungen und der Klimaänderungen mit den Erfordernissen einer verstärken Sicherheitsforschung. Die Verbindung von Umweltthematik und Sicherheitspolitik muss zunächst überraschen. Wären die finanziellen Mittel nicht sinnvoller für die Erforschung umweltfreundlicher Technologien aufgehoben? Doch diese Diskussionen unter dem Vorzeichen der Sicherheitspolitik machen auch deutlich, dass im Windschatten der gegenwärtigen Debatte über die Klimaveränderung vielleicht auch der Akzeptanz für mehr Überwachung und einer neuen Verbotspolitik der Boden bereitet werden kann. Die Frage, unter welchen Umständen in großen Teilen der Bevölkerung die Akzeptanz für Verbote und Restriktionen, die durchaus auch persönliche Einschränkungen implizieren, wächst, dürfte auch ein Feld der Sicherheitsforschung sein. Geht es darum, bei der Mehrheit der Bevölkerung die Zustimmung zu Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen, so soll gegen Minderheiten, die als Risiko für die öffentliche Sicherheit und vielleicht bald auch das Weltklima eingestuft werden, das technologische Know-how zur Anwendung kommen. So kann man sich unter dem Stichwort der Verletzlichkeit von modernen städtischen Infrastrukturen allerlei Maßnahmen zum Umgang mit potentiell Verdächtigen überlegen. Die Kunst der wissenschaftlichen Sicherheitspolitik ist denn neben der technologischen Entwicklung die Verbindung dieser beiden Elemente. Die Mehrheit nimmt Einschränkungen besser in Kauf, wenn sie zur Überwachung und Fernhaltung potentieller Störer beitragen werden. Für diese Erkenntnis braucht man allerdings nicht unbedingt teure Sicherheitskonferenzen. Eine Künstlergruppe hat in Berlin mit dem Projekt European Borderwatch (6) gezeigt, wie gut es klappt. Sie suchte Freiwillige für die individuelle Überwachung der EU-Außengrenzen nach texanischem Vorbild (7) ganz bequem vom eigenen PC. Neben empörter Ablehnung gab es auch Zustimmung für diese unkonventionelle Feldforschung im Sicherheitsbereich. Links (1) http://www.bmbf.de/de/7280.php (2) http://www.eu2007.de/de/News/Press_Releases/March/0326BMBFSicherheitsforschung.html). (3) http://www.src07.de/ (4) http://www.vvs.fraunhofer.de/de/downloads/future-security/Ewert.pdf (5) http://kein1984.blogspot.com/2006/07/deutschland-frdert-zivile.html (6) http://www.europeanborderwatch.org/de_index.html (7) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24909/1.html Telepolis Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24946/1.html URL: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1103289 Europäische Union 1,4 Milliarden Euro für Sicherheitsforschung Berlin - Die Europäische Union (EU) will den Kampf gegen den internationalen Terrorismus enger verzahnen und dazu auch die zivile Sicherheitsforschung in Europa vorantreiben. Das kündigten die Vize-Kommissionspräsidenten Günther Verheugen und Franco Frattini am Montag auf einer internationalen Konferenz mit rund 1000 Experten in Berlin an. Ziel ist ein besserer Schutz von Strom-, Verkehrs- und Kommunikationsnetzen etwa vor Terroranschlägen. "Wir brauchen Sicherheitsforschung auf europäischer Ebene", sagte Verheugen und forderte die EU-Staaten zur Kooperation in einem "Europäischen Sicherheits- und Innovationsforum" auf. Für die Zeit bis 2013 hat die EU für die Sicherheitsforschung 1,4 Milliarden Euro eingeplant, Deutschland will bis 2010 etwa 123 Millionen Euro ausgeben. "Naturkatastrophen, große technische Unfälle und Anschläge können in einer derart vernetzten Welt große Folgeschäden auslösen, bis hin zur Destabilisierung von Gesellschaften", sagte Forschungsministerin Annette Schavan (CDU). dpa