XiuCaiNo47 - Xiù Cai [Sju Tsai]
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XiuCaiNo47 - Xiù Cai [Sju Tsai]
秀才 [xiù cai - sju tsai] 秀才遇到兵有理说不清 2004 年10月31日 (总第47期) Einblicke in die Welt der Chinesen für die Freunde des Ostasieninstituts der FH Ludwigshafen Entschlüsselt: Die Botschaft des Olympischen Logos 2008 ls sich die chinesischen Verantwortlichen im Juli 2002 daran machten, ein 标志 Logo für die besten Olympischen Spiele aller Zeiten festzulegen, gaben sie den Teilnehmern am Wetbewerb um das Bildchen ein paar feste Vorgaben. Laut People's Daily vom 2.7.2002 waren dies: A # The official emblem of the 2008 Beijing Olympics should help promote the image of a modern, bustling metropolis, # ... officials stressed the symbol should give a message about the city and the country as a whole, # The emblem should capture the special image and spirit of Beijing and China, (刘敬民 Liu Jingmin, 北京奥组委常务副主席 vice president of the Beijing organizing committee), # It should express how Beijing ... is entering the 21st century with a brand-new face (derselbe). Auf Basis dieser glasklaren und kompromißlosen Vorgaben legten sie am 3.8.2003, nach einem Jahr angestrengter Arbeit, ihr Ergebnis vor. Lange Zeit dachte die halbe Welt: Oh, ja! Sehr schön, und: Aber was soll das sein? Da waren Sinologen schnell zur Stelle und erläuterten den Unwissenden, es handele sich wahrscheinlich 3.8.03: Große Freude herrschte bei der um das Zeichen 京 Enthüllung des O-Logos 2008. djing, das berühmte Suffix, das eine Stadt als Hauptstadt ausweist wie in 北京 Bij§ng, 南京 Nánj§ng (Hauptstadt zu Beginn der 明 Ming-Dynastie) oder auch 东京 Tokio. U n d d a m i t es nicht so einfach zu erkennen ist, habe man, meinten fachkundige Alt-Sinologen, das Zeichen eben im Stil der 篆书 Dschuan-Schriftzeichen gestaltet, also des ersten wirklichen Ältestes Olympia-Logo der Welt, noch vor den Griechen: Schriftzeichen-Designs zhuàn shã j§ng, ca. 2500 Jahre. nach den 甲古文 Orakelknochen-Zeichen vor etwa 2.500 Jahren. Eine clevere Wahl, sagten die Experten, denn diese Form ist ja auch Millionen ausländischer China-Touristen und den Expats bekannt, weil sie auf ihren Namensstempeln zu finden ist, die sie sich immer in China schnitzen lassen. Soweit der Hinweis des Logos auf das klassische China und seine immerwährende Kontinuität bis zum Jahr 2008. Den Olympia-Bezug stellte das Logo natürlich dadurch her, daß 京 -erstmals in seiner Geschichte- zu laufen begann und aussah wie ein rennender Mann. Chinesische Witzbolde haben mittlerweile erkannt, daß dieses Logo nicht nur als Hinweis für die Olympischen Spiele Beijing 2008 taugt, sondern auch für andere O-Logo: WC-Einsatz-Variante für % & &. Orte L 2004 10 31 [xiù cai - sju tsai] Hallo, Hallo! Hörst Du? Hier ist Stau, ich komme etwas später. Ist eigentlich nichts passiert, hier, außer einem TMD verdammttragischen Unfall. Ein Typ, ist gerade direkt ins Krematorium gebracht worden ... der Blödmann hat sich zweimal in der Luft überschlagen ... ist über das Straßengitter gesegelt und dann sowas von auf die Straße geknallt, daß er total auseinanderflog ... Aber, hallo!, warte mal: Die Polizisten haben da ein interessantes Muster auf die Straße gezeichnet ... Ja, ... ich sag' Dir ... schick' mal jemanden rüber, mit 'ner Digitalkamera ... das Design .. wir haben es! Schnell! Was die meisten Beobachter freilich immer noch nicht verstanden haben, ist, in welcher Hinsicht dieses Logo eigentlich das beschworene image of a modern, bustling metropolis ist bzw. eine message about the city and the country as a whole enthält, also eben Auskunft darüber gibt, how Beijing ... is entering the 21st century with a brand-new face. Genau dies nun erschließt sich dem Betrachter, wenn er die Entstehungsgeschichte des Logos kennt. Und die ist jetzt im chinesischen Internet enthüllt worden, wie nebenstehend zu erkennen ist (wir danken 凯 für die Zusendung des Beweises) P.S. In den ersten drei Quartalen 2004 gab es in China 384.381 Verkehrsunfälle mit 77.664 Toten. Ergebnis 2003: > 100.000 Verkehrstote. 鲁 河南大平矿难 1A-PR-Desaster m 20. Oktober 2004 gab die chinesische Regierung über ihre 100%ige Tochter 新华 Xinhua (Neues China-Nachrichtenagentur) diese Meldung an die Weltöffentlichkeit, die bis dahin glaubte, in China steige die Zahl der verschütteten und elend krepierenden Bergarbeiter ununterbrochen (Tote Jan-Sep 2004: 4.153): A China says deaths in coal mines fell this year A government safety crackdown [!] helped cut the number of deaths in China's accident-plagued coal mines by 13 percent in the first nine months of this year, the government said Thursday ... (weiterverbreitet von AP) Aber schon ein paar Minuten nach dieser Meldung begann diese Nachrichtenserie: # Explosion in Chinese Coal Mine Kills 56 # Explosion in Chinese coal mine kills at least 56 people # 60 Die in Chinese Mine Blast; 88 Missing # 62 missing miners, the government said Monday # The death toll in a gas explosion in a Chinese coal mine rose to 64 on Friday and chances that 84 missing miners might still be alive were quite slim, the government said # China Mine Blast Death Toll Rises to 66 # Managers of second mine detained for hiding accident # Death toll in China mine blast reaches 77 # China mine blast confirmed death toll reaches 82, many still missing # Death Toll in China Mine Explosion at 86 (25.10.) ... Vermutlich weiß bis heute niemand genau, wieviele günstige, flexible Arbeiter 100 Meter unter der Erde in Dunkelheit und Dreck noch verschüttet und zugrundegegangen sind. Am Ende wird man sagen: ca. 150 Tote. Derweil beschäftigt sich die chinesische webBevölkerung auf ihre ganz China-traditionelle Weise mit dieser Katastrophe. Die Toten-Gedenk-website netor.com hat ihnen einen Bereich eingerichtet, wo Mitleidige cyber-献花 Blumen, 点烛 Kerzen, 点歌 Lieder, 上香 Weihrauch oder 祭酒 Wein opfern (wo- Seite 2 von 38 2004 10 31 [xiù cai - sju tsai] für sie zahlen, Abbuchung über Mobiltelefon-Rechnung) und kurze Kommentare eintragen können. Die sind nicht immer nur an die Toten oder deren Frauen und Kinder gerichtet. 纪念大平的矿工兄弟 Gedenken der Bergwerks-Brüder von Daping steht über der Abteilung. Wer sie anklickt findet zunächst diese Liste: Dem Gedenken der Brüder im Daping- Kohlenbergwerk. http://cn.netor.com/m/box200410/m42480.asp?BoardID=42480 # # # # # # # !"#$%&'() # 10 24 !"#$%&'()82 # 10 23 !"#$%&'()79 # 10 22 !"#$%&'()66 # 10 22 64 !"#$%&'() # 10 21 24:00 !"#$%&'()62 # 10 21 18:00 60 ,-./01234567 * + 10 20 22:00 47 895!:;<8=>?@ABCDEFGH?@ #QR OP :; I"JK3#LM N * #UVWXS%:S 400 N #Y200 OZ# ST 148 56 ;[\ . Genau listen die website-Betreiber die Entwicklung, beginnend mit der ersten Meldung vom 20.10 auf: 22:47 Uhr, in der Kohlengrube der 郑煤集团 Zheng Kohle-Gruppe in 大平 Daping, Stadt 新密 Xinmi, Provinz 河南 Henan, ereignet sich ein besonders schweres Gas-Unglück. Ersten Meldungen zufolge sind zu diesem Zeitpunkt ca. 400 Bergarbeiter untertage, von denen 200 die Flucht gelingt. 148 sitzen im Stollen fest, 56 hat man bereits tot geborgen. Ob die anderen noch leben oder schon tot sind, ist unklar. Auf derzeit 226 Seiten zu je ca. 15 Trauerbotschaften haben die 祭奠人 Opfernden u.a. dies eingetragen: # # ^ ]3^ Ihr von gestern, _ Ich denke an Euch cdefgh `a Im Dunklen, b Ist der Sozialismus eine gute Sache? [wie es in einem allseits j bekannten Parteilied heißt] # i Ruhet in Frieden [noH # klm Ich kann es nicht verstehen. Als ich am Abend des 22. die Nachricht gehört hatte, habe ich gleich begonnen, 4p im Internet, dort, wo es passiert war, auf der Zhengzhou website, zu rs./3tu' q suchen ... aber es gab nichts ... vM! wqrs!!!!!!!!! Warum gibt es auf der website der Provinz Henan nichts über das Bergwerksunglück! Warum!!!!!!!! ^xyz{f|}^xI~n'f Geht # Euren letzten Weg sicher, ich wünsche Euch schöne Tage im Himmel! ^x j^x3#[ cof3 i # Eine gute Nacht Euch, Eure Angehörigen müssen sich nicht sorgen, die Regierung wird alles gut erledigen "JI \ , Arbeit in der Hölle, und # doch schafft Ihr Licht |}^xI~c # " " Ich wünsche Euch, im Himmel arbeitslos zu sein hh Grs^x q # i ... Sicherheit? Effizienz? Wofür habt Ihr Euch geopfert rsM3tu'vM! 3 ... # q Warum gibt es im ganzen web kkeine Kommentare zu dem Unglück? 5I ¡¢£ ¡¢£ ¡¢£ # ... die kleinen Kohlegruben werden immer noch illegalerweise eröffnet, immer noch illegalerweise eröffnet, immer noch[¬3!d® illegalerweise eröffnet ... ¦§¨©ª q« Die # ¤¥ Machthaber und die herzlosen Reichen Grubenbesitzer sollen dafür mit ihrem Leben zahlen !¯°±!"²³x´ # Der Gruben-Chef sollte für Euch sterben, Brüder Letzteren Wunsch muß der wohl irgendwie mitbekommen haben, jedenfalls meldete er sich am 25.10. (86 Tote) über die russische Agentur Interfax zu Wort. Dies hatte er zu sagen: Shanghai. (Interfax-China) - The October 20 Daping Coalmine accident has had no obvious negative impact on the coal production and sales of Zhengzhou Coalmining Group, one of the major suppliers of lean and hard coal in China, an official from the Group told Interfax. Aus solchen Reden ist das Pulver gemacht, das die Basis der heutigen chinesischen Gesellschaft abgibt. Wir sind gespannt, wer es anstecken wird, die Folgen können wir uns schon jetzt gut vorstellen. 夫 Seite 3 von 38 2004 10 31 [xiù cai - sju tsai] Bühne frei! Rot-China ist tot: Es kann losgehen mit der 黄祸 Gelben Gefahr ir hatten es ja schon vor fast zwei Jahren geahnt (vgl, 秀才 No. 3). Daß freilich 明 镜周刊 Der Spiegel den Startschuß abgeben und seinen einstigen Ruf als Bild am Montag damit wiederbeleben würde, war eine Überraschung: Da kriechst also ein widerwärtiges, zähnefletschendes, tückisch äugendes Riesengewürm aus dem Inneren der Erde hervor, wo es bislang in der Gluthölle hauste und wie Alien überlebte. Seine rechte Krallenpranke bohrt es in den Atlantik und das Finanzzentrum London (finis), die linke in sibirischens RussenFleisch. Seine ekelhaft-glänzende SchuppenWampe streckt der Lindwurm uns herausfordernd entgegen. Die Botschaft? Blonder Der Spiegel, Heft 42/2004. S i eg f ri ed au s Hamburg, Germania, komm, stich mich ab! Und die Folge der Geburt? Die Erde zerplatzt, bricht auseinander, die Lava ergießt sich. Aber: China bleibt heil. Nur Rußland und Osteuropa sind zerbrochen, auseinandergerissen. Und natürlich hat es auf der anderen, nicht sichtbaren Seite der ErdkugelAmerika erwischt. Bush wahrscheinlich. Was die Weltmacht China mit dem terrestrischen Trümmerhaufen noch anfangen will bleibt unklar. Leute! Dr. Follath! Warum habt Ihr es so kompliziert gemacht und unlogisch? Warum habt Ihr nicht einfach Eure Vorlagen aus dem letzten Jahrhundert genommen? Das wäre billiger gewesen und deutlicher, mit einfachem Wiedererkennungswert für Eure Leser und jene die Deutschen seit langem warnenden Vorstandsvorsitzenden und Verbandsfunktionäre. Viel klarer ist zum Beispiel diese Zeichnung W aus dem 19. Jahrhundert: Lange hat die 秀才 Redaktionskonferenz an jenem Montag darüber gebrütet, warum Ihr soviel Angst vor den Chinesen habt. Dann fand Chefredakteur 约 die Ursache in dem Politbüro-Photo auf Seite 111 (s.u.). Ihr glaubt also, 江泽民 Spiegel-Vorlaufer im 19. Jiang Zemin sei wieder in Jahrhundert: China herrscht, den 政治局常委会 Stän- aber die Erde blieb wenigstens heil digen Ausschuß des KPPolitbüros zurückgekehrt! Und habt Angst! Aber beruhigt Euch, Leute, wir haben nochmal nachgeschaut: Der Mann ist wirklich raus aus dem Gremium - seit vollen zwei Jahren übrigens! Zum Zeitpunkt Eures Erscheinens war er sogar als Vorsit- Von der Spiegel-Redaktion neu besetzter Ständiger Ausschuß des Politbüros: ist wieder da! µ¶· z en d er d er 军 事 委 员 会 M i l i t ärk o m m i s s i o n zurückgetreten und somit ohne jegliches Parteiamt. P.S. Noch was: Ihr schreibt: ... Chinas Anteil an der Weltproduktion: DVD-Spieler 80%, Spielwaren 70%, Schuhe 50% ... Das ist natürlich Quatsch. Diese Sachen werden dort bloß produziert, aber: in von ausländischem Kapital finanzierten, von Expats organisierten und überwachten Fabriken, auf von Seite 4 von 38 2004 10 31 [xiù cai - sju tsai] ausländischen Ingenieuren konstruierten Maschinen, nach ausländischen Designs und Architekturen, mit ausländischem Vertriebs-know-how wieder außer Landes gebracht und im Ausland von Ausländern ver- und gekauft. Chinesisch sind daran nur die genügsamen, flexiblen und fleißigen Proletarier - und natürlich die scharfen Mandelaugen-models, die immer machen, was man ihnen sagt (zum Beispiel laptops aufklappen), weshalb die ausländischen Manager-Investoren weiterhin sehr gerne nach China kommen und Redakteure immer neue China-Geschichten publizieren, bei denen sie das Wichtigste vergessen. ¸¹ º» Geheimnisvolle Spiegel-Schöne des Ostens mit aufklappbarem notebook .. 鲁 Einer unserer Leser macht auf folgendes aufmerksam: China im internationalen Vergleich Zur Problematik der Wertbezogenen Indikatoren Im Zentrum der internationalen Vergleiche mit China steht der Wert des Bruttoinlandsprodukts. Abgesehen davon, ob das BIP richtig gemessen wird (da der Netto-Ressourcenverbrauch nicht erfaßt wird etc.) oder ob man der chinesischen Statistik trauen kann, macht es einen erheblichen Unterschied, ob man das BIP nach Wechselkursen in Dollar umrechnet oder die Kaufkraftparität berücksichtigt. Das ist gerade im Fall Chinas wichtig, da sich hier die beiden Werte um den Faktor 4 unterscheiden. Das macht sich ganz wesentlich bemerkbar bei den Aussagen zum BIP pro Kopf, das je nach Bezugsgrößen (real in 95ger Dollar) bei etwa 1000 USD (Wechselkurs) oder bei knapp 4000 USD (Kaufkraftparität) liegt. Das ändert nichts daran, daß die wirtschaftliche Lage eines großen Teils der Landbevölkerung bzw. der Wanderarbeiter wesentlich schlechter ist. UNDP, Weltbank und auch die seriösen chinesischen Institute weisen beide Werte aus. Auch die Internationale Energie Agentur verwendet seit langem beide Werte für die internationalen Vergleiche von Energie-und Treibhausgasintensität. Im Alltag der Medien, aber auch in Papieren, die Politik begründen sollen, stößt man auf Manipulationen: Wenn einer belegen will, wie verschwenderisch China z.B. im Vergleich zu EU, Japan oder den USA mit Rohstoffen und Energie umgeht oder wie groß das Einsparpotential ist, dividiert er den entsprechenden Verbrauch durch das BIP in Wechselkursparität. Das gleiche gilt für die Treibhauswirkungen auf das Klima, wofür er dann den CO2 Ausstoß auf das BIP bezieht. Wenn einer aber zeigen will, wie gut China schon ist, dann nimmt er das BIP in Kaufkraftparität. Dann kann man sogar zeigen, daß Chinas Energieverbrauch pro Einheit BIP niedriger ist als derjenige der USA. Als Grundregel gilt: Grenzüberschreitende Transaktionen, die nach Wechselkursen abgerechnet werden, sollten entsprechend in Leitwährungen verglichen werden. Vergleiche der internen Situation wie z.B. des verfügbaren Einkommen der Haushalt sollten in Kaufkraftparität erfolgen, jedenfalls solange diese hauptsächlich im Inland produzierte Güter einkaufen. Wenn die chinesische Führung vom bescheidenen Wohlstand spricht, macht sie es daher auch nicht an einem bestimmtem Wert pro Kopf fest, sondern an einer Vergleichsituation, entweder gegenüber heute (drei mal mehr) oder an anderen Ländern: z.B. Südkorea Mitte der neunziger Jahre. Der Economist hatte in seinem Oktober-Extra China und den USA eigens einen kleinen Block zur Erläuterung eingesetzt. Ein bißchen Rigorosität würde auch den vielen Specials und Extras und Serien anderer Publikationen gut anstehen. 苏 Seite 5 von 38 2004 10 31 [xiù cai - sju tsai] Chop Suey 杂碎 Weizen-Importe Vor nunmehr fast zehn Jahren veröffentlichte ein Lester Brown vom Worldwatch Institute seine Studie Who Will Feed China? Wake-Up Call For a Small Planet. Darin finden sich Berechnungen über chinesischen Getreidebedarf bei steigendem Einkommen und besserer Ernährung einiger hundert Millionen Chinesen. Wer einen Horror-Text lesen möchte, der greife zu dem Büchlein (150 Seiten, ISBN 0-393-31409-X). Brown hält es für ausgeschlossen, daß die Ernährung der Chinesen aus eigenen Ressourcen noch lange möglich ist. Der Ausweg: Importe. Und die natürlich China-like in gigantischen Mengen, jedenfalls so groß, daß die Weltmarkt-Preise davon nicht unberührt bleiben werden. Browns Weckruf alarmierte damals vor allem die chinesische Regierung: The American scholar's view not only sparked strong repercussions in China's political and academic circles, but also attracted worldwide attention concerning the safety of China's grain problem, schrieb einmal die Nachrichtenagentur Neues China (20.11.1998). Peking nahm sich den Weckruf wohl zu Herzen, befahl den Provinzen, Getreide-autark zu werden und manipulierte an den Weizenpreisen herum, bis sie für die Bauern so attraktiv waren, daß sie mehr produzierten. Höhepunkt war 1997 mit einer Ernte von 123 Millionen Tonnen. Dann aber stiegen auch die Lager-Kosten, und die Preise gingen zurück. Die Bauern pflanzten fortan Gewinnbringenderes und 2003 war die Weizenernte auf nur noch 86 Millionen Tonnen gefallen. Trotzdem hielten sich die Importe bislang in Grenzen, was Beobachter darauf zurückführen, daß die Regierung noch Vorräte auf den Markt bringen kann, um die Lücke zu schließen. Die Höhe der Vorräte wiederum ist Staatsgeheimnis. Mittlerweile dürfte es die Frage sein, ob eine Erhöhung der Weizenproduktion noch einmal möglich ist, ohne anderen Anbau zu reduzieren, denn allenthalben haben geschäftstüchtige Funktionäre landwirtschaftliche Nutzflächen einbetoniert, um darauf 开发区 development zones für die ausländischen Investoren zu errichten. Schon im Januar 2001 berichtete die Staatsagentur Neues China dies als Problem. Es geschah aber nichts, denn der warme Geldregen begeisterter ausländischer Manager mußte weitergehen, Chinas Wohl und Wehe hängt davon ab. Heute mehr denn je, weshalb die Betonierung sogar zunham und inzwischen in einem Bauernlegen großen Stils gemündet hat, gegen das sich die Enteigneten mittlerweile drastisch zur Wehr setzen (soweit sie nicht in Kohlegruben verschüttet sind oder als um ihren Lohn betrogene 民工 floating population auf städtischen Baustellen ihr Leben aushauchen). Im Frühjahr ordnete 温家宝 Wen Jiabao, der 人民的总理 Premier des Volkes, einen Stop der Land-Vernichtung an, was ihm natürlich den Unmut der städtischen Funktionärskaste einbrachte, insbesondere jener in Shanghai. Jetzt ist das Edikt wieder aufgehoben worden, es darf weiter betoniert werden. Passend dazu kauft China in diesem Jahr auch 700.000 Tonnen Weizen in Frankreich, einer der großen China-marchés, die Chirac in diesem Monat mit seiner Gegenwart adelte. Mit steigendem Einkommen steigt auch der Fleisch- etc. Konsum, was ein Steigen der Getreideproduktion erforderte, das nicht stattfindet: China D 1980 1990 1995 2002 +/% Rindfleisch, kg 0,4 1 2,9 4,6 1.050 12 Geflügel, kg 1,7 3,3 7,3 10,5 518 14 14,6 25,9 39,1 52,5 260 82 2,1 4,6 6,1 13,3 533 264 Schweinefleisch, kg 12,0 20,4 26,8 34,2 185 53 Bier / pro Kopf, Liter 1,1 6,5 13,3 18,9 1.618 116 Pro Kopf Verbrauch Fleisch, inges., kg Milch, kg Produktion 2003 Weizen (Mio. Tonnen) 55,2 98,2 102 90 86 Reis (Mio. Tonnen) 142 192 187 176 168 21 FAO Statistik Wetten, daß ... ... ist nun im Land der Glücksspieler angekommen, eine Meldung, die deutsche Blätter rauf und runter druckten. Was die natürlich nicht wußten, bringt 秀 才: Wie heißt Gottschalk auf chinesisch? Natürlich: 哥特沙尔克. Und seine Sendung? 想挑战吗? Aber was viel wichtiger ist: Was werden die Chinesen Seite 6 von 38 2004 10 31 [xiù cai - sju tsai] wetten? Und: dürfen die das überhaupt? Schließlich gehört Glücksspiel zum allergrößten, aber leider immer noch absolut geschlossenen Markt d e s L a n d e s d e r Mit blonden Locken kann in China nichts schiefgehen ... Zocker, weshalb die China-Investoren unter unseren Lesern schon lange wissen, wohin sie ihre chinesischen Geschäftspartner am besten einladen, wenn die hierzulande zu Besuch sind: in ein gepflegtes Casino (anschließend: Sauna ...). Aber zurück zum Thema: Um was wird gewettet? In der ersten Show zum Beispiel, daß man nur mit einem Gabelstapler der Firma 林德 Linde (厦门 Xiamen) ein am Boden liegendes Feuerzeug zünden kann. Das klappte dank deutscher Linde-Technik in Kombination mit dem dualen Ausbildungssystem für chinesische Mitarbeiter: gewonnen! ¼½ ... den Rest erledigt der gute Linde-Stapler. Aber wo ist das Linde-Logo geblieben? Wir haben jetzt diese Wette eingereicht: Der Titanic-Chefredakteur schafft es nicht, als Chinese verkleidet, in dieser Show, die Farbe von zehn LindeGabelstaplern/10 Siemens-Mobiltelefonen ... an ihrem Geschmack zu erkennen (die Augen des Kandidaten müssen diesmal aber wirklich blickdicht verbunden sein). Top! ... 埃提 Taiwan Ex-福建Fujian-Gouverneur 贾庆林 Jia Qinglin (heute: Vorsitzender der sogenannten Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes) besuchte Ende September gemeinsam mit 陈云林 Chen Yunlin, Direktor des 国务院台湾事务办公室 StaatsratBüros für Taiwan-Angelegenheiten Taiwaner Investoren in der Provinz Fujian. Wie die Hongkonger South China Morning Post meinte, um diese Leute zu beruhigen. Unser TaiwanExperte vermutet jedoch, daß genau das Gegenteil der Fall war: um sie zu beunruhigen. Zur Zeit läuft es nämlich aus Pekinger Sicht überhaupt nicht gut mit der Insel, die chinesische Herrscher vor 1683 gar nicht, danach, bis 1894, kaum und seither wieder gar nicht verwalten, seit 1949 jedoch trotzdem als ureigenes Territorium betrachten, das sie mal 解放 befreien, mal mit China 统一 wiedervereinigen, in letzter Zeit aber am liebsten militärisch 攻击 angreifen möchten. Taiwan-Präsident 陳水扁 Chen Shui-bian hingegen sieht immer weniger Zusammenhang zwischen seiner Insel und China und arbeitet deshalb unverdrossen an einer neuen Verfassung, weil die alte von 1946 (!), von Ex-Diktator 蒋介石 Tschiang Kaischek noch aus China mitgebracht, nicht mehr mit den Realitäten Taiwans übereinstimme, wie freilich nicht nur Chen meint. Der immer noch offizielle Name der Insel, 中華民國 Republik China, sollte dann gleich auch noch nicht mehr verwendet sowie eine Möglichkeit für Referenden (Horror-Frage: Bist Du für oder gegen ein unabhängiges Taiwan?) in die Verfassung eingebaut werden. Beim letzten Nationalfeiertag in Taipei (noch am 10.10., obwohl das ein eher China-bezogenes Datum ist -Sturz der letzten Dynastie, Republik-, weshalb auch hier etwas Neues gesucht wird) gab es schon einen Vorgeschmack: Erstmals verzichteten die Organisatoren darauf, zum Höhepunkt der Feierlichkeiten in die bislang heiligen 中华民国万 岁!万万岁 Lang lebe die Republik China! Hochrufe auszubrechen. Auch die Flagge dieses sogenannten Staates wurde nicht mehr gezeigt, stattdessen ein Taiwan-Wimpel auf grünem Grund. Die Schulgeschichtsbücher unterziehen Fachleute derzeit einer Remedur, wobei das Thema China weitgehend entfällt. Aber das Schlimmste und Aktuellste ist: Es stehen Taiwaner Waffenkäufe in Amerika für ca. 18 Milliarden Dollar an, die Präsident Bush schon seit Anfang 2000 gerne liefern und vor allem bezahlt sehen möchte. Auf Taiwaner Investoren in China, die dort zwischen 40 und 80 Milliarden Dollar angelegt haben, Seite 7 von 38 2004 10 31 [xiù cai - sju tsai] ü b e n ch i n es i s ch e Funktionäre daher schon länger Druck aus, damit sie ihn an ihren Präsidenten 阿 遍 Ah-bjän (Koseoder Spottname für Chen Shui-bian, je Von China nie geliebt, heute ein Auslaufmodell - Fahne der sog. nachdem, wer es wie Republik China. sagt) weitergeben, der sich den chinesischen Forderungen beugen soll. Zum Beispiel haben Taiwaner Firmen in China, deren Chefs es mit Chens Partei halten, seit einigen Monaten vermehrt mit Steuerfahndungen und ähnlichen unangenehmen Überprüfungen zu tun. Die verdienen hier Geld ohne Ende, meinen KP-Funktionäre, wir werden es nicht zulassen, daß sie mit ihren China-Profiten die Unabhängigkeit Taiwans unterstützen. Dabei sind die Anhänger des Chen Shui-bian vermutlich auch der Meinung, daß es nur ein China gibt - allerdings ohne ihre Insel. Gemäß dem alten Mao-Wort: Zuerst muß man eine öffentliche Meinung herstellen diskutieren chinesische Gewalt-Experten mittlerweile völlig ungeniert und öffentlich darüber, wie man die Insel am besten militärisch klein bekommt (秀才 No. 39). Etwas ist auch schon erreicht worden: Bundeskanzler Schröder und Franzosen-Präsident Chirac lassen kaum noch eine Gelegenheit aus, die anstehende Befreiung Taiwans mit chinesischen Charakteristika zu loben und kämpfen seit einem Jahr für die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China. Auch wenn sie dabei vielleicht eher an den größten Waffenmarkt der Welt denken und an europäische, deutsch-französische Champions wie EADS: Das Ganze kann nicht gut ausgehen. Kürzlich heizte die französische (Zufall?) Agentur AFP die Lage mit einer uralt-Meldung aus den 80er Jahren an: Es gebe Besorgnisse, daß Taiwan an nukes -DER Bombe- werkele. Oder ist da was dran? Sollte man dort inzwischen nach der alten chinesischen Devise 自力更生 auf die eigenen Kräfte vertrauen arbeiten? Und vor allem: 向北朝鲜学习 Von Nordkorea lernen? Gute News für VW Financial Services Die 中国人民银行 People=s Bank of China (Staatsbank) experimentiert jetzt mit einer neuen Datenbank, die die Schulden und sonstige relevanten Informationen kreditnehmender Chinesen erfassen soll. Seit Jahren boomt die Konsumenten-Kreditausgabe an Private zwar auch ohne eine solche Datenbank (Stand Juni 2004: 183 Milliarden Yuan = 18,3 Milliarden Euro, nur für Autos!), aber es geschieht sozusagen nur gegen Ehrenwort. Belastbare Informationen über die Schuldner (vor der Aushändigung des Geldes) gibt es bislang keine. Konsequenterweise hapert es natürlich allerorten mit der Rückzahlung, und die PKW-Kreditgeber sitzen entweder auf einem boomartig wachsenden Haufen 不良贷款 fauler Kredite oder eben den beschlagnahmten Sicherungen, den Autos, die damit gekauft wurden, aber meist in keiner besseren Verfassung sind als diese Schulden. Bei der Datenbank geht es um so eine Art 夏华 联合会 Schufa, woran die Regierung aber schon seit mindestens zwei Jahren arbeitet, ohne daß etwas dabei herausgekommen ist. Die inzwischen am Rande des Nervenzusammenbruchs stehenden ausländischen Auto-Investoren haben sich trotzdem in das sogenannte Autofinanzierungsgeschäft gestürzt (aus dem sich die Staatsbanken inzwischen lieber zurückgezogen haben wegen der ausstehenden 183 Milliarden Yuan vielleicht). Weitere Informationen? Dann: 秀才 No. 40: Daniela Haag, Autofinanzierung in China) 标致 Peugeot 1997 beendete Peugeot seine Auto-Fabrikation in 广州 Guangzhou. Fast 400 Millionen Dollar waren aber bereits in das Faß ohne Boden geflossen - Verluste, weg damit. Andere ausländische Autohersteller ließen sich davon freilich nicht beeindrucken und brachten zur gleichen Zeit Milliarden-Dollar-Investitionen nach China. Heute sind alle da, mit riesigen Kapazitäten, teil zu mehreren mit dem gleichen chinesischen Partner, und wenn alles wie geplant und aufgebaut läuft, werden schon 2010 jährlich 16 Millionen neue PKW auf den chinesischen Markt kommen und 2020 um die 120 Millionen auf dem größten Automarkt der Welt herumfahren. China wird dann zwar etwa ein Drittel der Welt-Ölproduktion benötigen, und der Preis pro Liter Benzin in Deutschland wahrscheinlich bei 10 Euro liegen, aber dann gibt es hierzulande wenigstens keine Staus mehr, und wer es sich noch leisten kann, hat endlich 通畅 freie Fahrt. Bei solch tollen Aussichten hat es sich Peugeot nun doch wieder anders überlegt und kommt reumütig zurück, obwohl die Firma als Citroen ja bereits Seite 8 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] seit Jahren mit 东风 Dongfeng kooperiert (vulgo: Kopiervorlagen liefert). Mit eben diesem Hersteller Dongfeng sollen ab 2007 nun zusätzliche, zunächst 150.000 am Ende aber 300.000 Autos jährlich gebaut werden. Dongfeng hat nun aber eine Bombe gezündet, an die offenbar noch gar keiner der großen Auto-Strategen gedacht hatte: Man halte, sagte der DongfengChef 苗圩 Miao Wei, für diese Produktion Exporte -auch nach Europa! Opel, aufgepaßt!- für eine sinnvollere Absatz-Strategie als den Verkauf in China (wo es ja ohnehin immer schwieriger wird). PeugeotChef-Stratege Jean-Martin 佛尔兹 Foltz bestätigte jetzt, in leicht panischer Diktion, daß im Kooperationsvertrag mit Dongfeng dieses Thema nicht geregelt sei: There's nothing in the plans that would stop them. Nothing in our agreement refers to exports. Das ist einer der vielen, wie es in der 秀才 -Wirtschaftsredaktion heißt- überraschenden Geschäftsverläufe in China. In diesem Falle aber würden die joint-venture-Partner nicht nur dort, wo es wegen der Mehrfach-Partnerschaften chinesischer Auto-Hersteller schon gang und gäbe ist, nämlich in China, sondern auch in Europa aufeinander losgehen. Die Exporte könnten jedoch auch in Partner-Harmonie und schon viel früher beginnen, denn nur einen Tag nach der Dongfeng-Ankündigung sagte Peugeot-Citroen chairman Monsieur Foltz der Presse: As you know the [China] market is slowing down now, and we probably won't be able to do the full target we had. Certainly our sales [in China] will be lower than expected. Tip: Monsieur Foltz erzähle seinen französischen Mitarbeitern einfach, was deutsche Leistungsträger den ihren schon lange sagen: Ihr seid zu teuer, zu unflexibel und arbeitet obendrein zu wenig, weshalb wir jetzt alles nach China auslagern. Das beinahe Ende der Stadt Neuss ... Ende Oktober letzten Jahres hatte das China-Fachblatt für die NRW-Stadt Neuss (die Neuss-Grevenbroicher Zeitung) gemeldet, eine chinesische Stadt möchte mit der deutschen gerne eine Städtepartnerschaft gründen. Als besonders attraktiv habe der anfragende Bürgermeister Yao Shung He (?) die Lage seines Ortes, 瑞安 Rui=an, in China hervorgehoben: nur 15km von der Stadt 温州 Wenzhou entfernt. Der Neusser Bürgermeister-Kollege Herbert Napp (秀才-Vorschlag: 纳普) blieb jedoch 好苦 cool: Das Angebot sei interessant. Aber: Man habe bereits vier Partnerschaften. Er werde den chinesischen Vorschlag deshalb in die politischen Gremien (?) zur Prüfung geben. Unzufrieden mit diesem Mangel an spontaner Begeisterung war nur Ratsherr 罗森 Rosen, vielleicht weil er nebenbei als ehrenamtlicher Berater zahlreicher chinesischer Investoren in Neuss tätig ist: China ist die kommende Weltwirtschaftsmacht Nummer 1, hielt er Napp vor, da solle man sich geehrt fühlen. In Neuss betreibt ein Chinese (Guy Lin) aus Rui=an seit einiger Zeit ein Textil-Handelszentrum in der Anton-Kux-Straße im Hammfeld. Das könnte dann Anlaufstelle für jene 50.000 Chinesen sein, die derzeit in Europa unterwegs sind, um Geschäfte zu machen, wie Bürgermeister Yao aus Rui=an auch geschrieben hatte. Da unsere Gewährsleute seither nichts mehr über diese Sache berichteten, hielten wir sie für erledigt. Zum Glück für Neuss! Denn kein anderer Menschenschlag -außer die Amerikaner vielleicht- ist in China so gefürchtet wie die Leute in und aus der Gegend um Wenzhou. Seit Monaten durchstreifen sie in Form privater Finanz-Gruppen chinesische Provinzen und Städte, um dort Immobilien en masse zusammenzukaufen und damit zu spekulieren. Selbst im abgehärteten Immobilien-Paradies Shanghai gehen mindestens zwei rote Lampen an, wenn die beiden Schriftzeichen 温州 Wenzhou auf Visitenkarten aufscheinen. ... und das jetzt sichere der Stadt Gießen Als wir Neuss so gerade für gerettet hielten, schlug am 20.10. diese Bombe in der Redaktion ein: Gießener Anzeiger: Partnerschaft mit Wenzhou Chance für die gesamte Region. Wir zitieren das Blatt: Mit großer Begeisterung berichtete Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann gestern in einer Pressekonferenz vom Besuch im chinesischen Wenzhou. Es ist wichtig zu wissen, wie die chinesische Wirtschaft funktioniert. Und es ist sehr hilfreich, mit diesem Besuch kompetente und offene Ansprechpartner gefunden zu haben, sah IHK-Präsident Dr. Wolfgang Maaß das Ergebnis dieser Reise eher pragmatisch. Wie bereits letzten Mittwoch berichtet, haben der Oberbürgermeister Seite 9 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] von Wenzhou und sein Gießener Kollege eine Vereinbarung über eine Kooperationspartnerschaft unterschrieben. Unterschrieben! Demnächst also 50.000 WenzhouLeute -die bereits in Europa Geschäfte machen!-, in Gießen? Die Stadt hat derzeit nur 73.000 Einwohner und dürfte das nicht verkraften ... Bundeskanzler Schröder ... ... könnte ab Dezember diesen Jahres der beste und älteste Freund Chinas aller Bundes- und Reichskanzler überhaupt sein, die Deutschland jemals hatte. Dann nämlich unternimmt er seine 6. Dienstreise dorthin. Bisher hatte er immer sehr schöne Geschenke und Aufmerksamkeiten dabei, was Freundschaft und Erfolge dort unterfütterte: # 1999, April, erste Reise: Entschuldigung dafür, daß NATO-Raketen (in Deutschland beliebter: amerikanische Raketen) gerade die chinesische Botschaft in Belgrad zertrümmert hatten (KosovoKrieg); # 1999, November, zweite Reise: deutsche Investitionen (BASF, Bayer, ThyssenKrupp ...) von 6 Milliarden DM, Produktionsbeginn des Passat bei VW in Shanghai, Rechtsstaatsdialog; # 2001, November, dritte Reise: 50 Airbusse 380 für 2,5 Milliarden Dollar angeboten, die die Chinesen dann aber doch nicht kauften, sowie (noch einmal?) die auf der letzten Reise genannten Investionen (BASF, Bayer, ThyssenKrupp ...) und: das Transrapid-Projekt; # 2002, Silvester, vierte Reise: Fahrgast bei der Jungfernfahrt mit dem Transrapid; # 2003, November, fünfte Reise: Ich komme jetzt jedes Jahr, das EU- Waffenembargo gegen China wird aufgehoben, Taiwan ist schuld an den Spannungen mit China, die Deutschen wüßten ja, was die Teilung eines Landes bedeute. Und: China bekommt die Plutonium-Fabrik aus Hanau, basta! Außerdem bekommt es ein Konsulat in Frankfurt (Deutschland eins in 成都 Chengdu) und außerdem einen neuen Botschafter in Peking. Soweit, so erfolgreich. Allerdings möchte der 秀才-Diplomatenberater hier anmerken, daß nur das erste Versprechen der 5. Reise des Kanzlers (ich komme jetzt jedes Jahr) bisher gehalten wurde: Hanau hingegen liegt immer noch auf das versandfertigste verpackt in Deutschland und das Waffenembargo besteht weiter. Anson- sten wissen die Westdeutschen inzwischen auch nicht mehr so recht, ob die Teilung 1.200 (Spiegel) oder gar 1.500 (FAZ) Milliarden Euro bedeutete. Für jeden 中国通 China-Kenner allerdings steht felsenfest, daß der Kanzler definitiv 丢面子 sein Gesicht verloren haben wird, wenn er bis zu seiner diesjährigen Abreise Ende November nicht noch ein, zwei, drei sehr dicke Kaninchen aus seinem Zylinder zieht. Sollte der neue Mann im Pekinger Haus der Deutschen, der gerade seinen deutschen gegen einen chinesischen Namen, 史丹泽, eintauschte, dies hinbekommen, nach nur drei Monaten als Botschafter im Amt, hat er sein Meisterstück vollbracht. Tip: Waffen für China könnten die Situation für den Kanzler sehr entspannen - und längerfristig auch die in der 台湾海峡 Taiwan-Straße ... Darauf freut sich der Kanzler schon ein ganzes Jahr. 温家宝 Wen Jiabao hat einen Sohn Vielleicht kann man sagen, daß chinesische KPFunktionäre -gemessen an westlichen Wahl-Demokratie-Kriterien- nicht so ganz lupenrein legitimiert sind. Richtiger jedoch bleibt, daß sie erfolgreich sind, was ja auch ein demokratisches Qualifikationsmerkmal ist. Und nicht nur sie, auch ihre Kinder, Söhne wie Töchter, sind stets erfolgreich (vgl. 秀才 No.3). Nun gibt es einen neuen Beweis für den kausalen Zusammenhang zwischen erfolgreichem Politikervater und erfolgreichem Sohn. Nicht so positiv wie wir sehen das freilich (dubiose) Taiwan/Hongkonger Blätter wie 臺週刊 Next Magazine und 开放 Open. Aber auch chinesische Magazine wie 新财富 New Fortune und 21世纪经 Seite 10 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] 济报道 21st Century Economic Report hatten bei ihrer Berichterstattung zu diesem Thema wohl Hintergedanken. Dies ist die Kulisse: Im Juli kursieren in Peking Gerüchte über eine Krankheit des Premiers Wen Jiabao. Er sei sogar länger im Hospital gewesen, heißt es. Er habe eine Art Depression. Und die Ursache sei sein Sohn 温云松 Wen Yunsong. Das sei so gekommen: Im Mai des Jahres bringt die Kantoner 新财富 New Fortune mal wieder eine der in China so beliebten Hitlisten der Reichsten Chinesen heraus. Auf Platz 3 findet sich der Name eines Mannes: 郑建源 Zheng Jianyuan. Seine Firma: 宝 华集团 Bao Hua Group, Versicherungsbranche, Kapital 6,3 Milliarden Yuan (630 Millionen Euro). Zu denken gibt vielen Kennern der Szene aber sofort, daß niemand diesen reichen Mann kennt, auch fehlte sein Photo auf der Liste, in der die anderen alle eins haben. Aber die Firma Bao Hua gibt es, und man weiß auch, daß sie ein Hauptaktionär der 平安 Ping An Versicherung des 马明哲 Ma Mingzhi ist, der die Reichen-Hitliste 2003 anführte. 2003 nun hatte Bao Hua Aktien von Ping An im Wert von 46 Millionen Yuan erworben. Und im Juni diesen Jahres begab sich Ping An mit einer Sondererlaubnis von Premier Wen an die Hongkonger Börse. Bingo! Der Aktienwert stieg, und der Anteil von Bao Hua betrug plötzlich -ohne, daß irgendjemand irgendwas im Kerngeschäft gemacht hätte7,3 Milliarden HK-Dollar. Eine glatte Verdoppelung! Inzwischen steht Herr 马 Ma (Ping An) wegen Unregelmäßigkeiten unter Beobachtung kompetenter chinesischer Behörden. Und nun kommts: Am 1. Juli enthüllt der 21st Century Report (广东 Guangdong), daß Herr Zheng Jianyuan (Bao Hua, die diesjährige No. 3 auf der Reichen-Hitliste), ein 傀儡 Strohmann sei. Der wahre Chef von Aktien-Gewinner Bao Hua sei jemand anders: ... ca. 30 Jahre alt, meist wohnhaft in Peking, in Amerika studiert, nach der Rückkehr in Peking Firma aufgemacht, IT-Bereich und dort im Geschäft mit Ping An sowie nationalen Handelsbanken und 证卷 security-Firmen. Und dieser Mann war ... Wen Yunsong, der Sohn des Premiers Wen Jiabao. (Für Kontaktaufnahmen: Seine Firma in Peking heißt 优创 Unihub, website: www.unihub.net). Für Premier Wen, der sich bereits als 人民的总理 Premier des Volkes sieht, unbestechlich und sauber, soll das ein schwerer Schlag gewesen sein, zumal auch seine Frau von dem undurchsichtigen Zheng Jianyun etwas bekommen haben soll. Erfahrene Beobachter brachten die Enthüllungskampagne natürlich umgehend mit dem erst später bekanntgewordenen Abtritt des 江泽民 Jiang Zemin als Vorsitzender der Militärkommission in Verbindung. Der sei nicht so ganz freiwillig erfolgt, sagen sie, es habe Fußhakeln unter dem Tisch gegeben. Wen Jiabao habe dabei nachgeholfen und Jiang die gewaltigen IT-Geschäfte seines Sohnes, 江棉恒 Jiang Mianheng, in Shanghai vorgehalten - mit dem Unterton, dort sei wohl nicht alles nach der reinen Betriebswirtschaftslehre vor sich gegangen ... Die Enthüllungen über Wen-Sohn Yunsong seien in diesem Zusammenhang als eine Retourkutsche Jiangs und seiner 上海帮 Shanghaier Freunde zu sehen, glauben viele. Inzwischen soll eine Untersuchung gegen 21st Century Economic Report laufen - ausgelöst von Premier Wen. Thema: Was ist der Hintergrund des Berichts vom 1. Juli? (Wir berichten weiter, sobald uns der Report vorliegt.) Unser society-Redakteur ... ... fand das alles eigentlich nicht der Rede wert ... bis er beim Suchen nach einem Bild des Wen Yunsong im chinesischen Internet auf die Seite der Immobilienfirma 搜房 stieß, die sich den (noch) passenden englischen Namen So Fun gab. Dort war 温云松 Wen Yunsong erwähnt, was seine Aufmerksamkeit erregte. Anklicken brachte unseren Mitarbeiter auf eine (für chinesische Verhältnisse) ziemlich explosive Seite, die unsere Eingangsthese (erfolgreicher Funktionär hat erfolgreiche Kinder) nachdrücklich belegt, weshalb wir die Genealogie hier auch komplett bringen, so wie sie dort stand: ÃÄÅÆÆÇÈUnihub ÉÊËÌ ÍÎÏÐÑÒÓ, Wen Yunsong, CEO der Pekinger Firma Unihub, Sohn des WenÍ Jiabao. ÔÕÖ PremiersÙÚ ÛÜÓÝÞßàáËâã Íäå ÆÆ×Ø æÑçÓ Zhu Yanlai, Bank of China (HK), Abteilungs-GM, Tochter des Ex-Premiers Zhu Rongji. ÔÄÖ ÆÆ×ØØèéêÉÊËÌëìí ÍäåæÑÒ, Zhu Yunlai, China Int=l Finance Corp. î Vorstand, Sohn des Ex-Premiers Zhu Rongji. Seite 11 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] òóôÆÆ×Øõö Øè÷ø ùÚìíúËâã ÉÊ ÍûüÑç ) Li Xiaolin, China Power In=l, CEO, Tochter des Ex-Premiers Li Peng . òóý è ìíetc.ëËâãú Ï ÆÆþÿØ ×ØØ õ ö Ëâã õ Í ûüÑÒÓ î ÉÊ 1959 î Li Xiaopeng, China Huaneng Group, General Manager, Sohn des Ex-Premiers etc. Li Peng Behindertenverbandes Chinas, Sohn des Deng Xiaoping. ËÌ Í ÒÓ ÆÆ , Deng Zhifang, CEO der Si Fang Group [Maschinenbau], Sohn des Deng ë ë è Xiaoping. CNE OP KLMQ CRÆÆ×ØØ STHUJJ ×VST WM XÝÞ*YJ@A ÍKLMÑçÓ, Deng Rong, Vize-Vorsitzende der China International Friendship Association, Vize-Vorsitzende der ChinesischRussischen Freundschaftsgesellschaft und des Komitees für Frieden und Entwicklung, Tochter des Deng Xiaoping. Ý Í ç ë Z[ÆÆ×Ø\] ^^ KLM _ K `Ña Ó, Zhang Hong, Leiter der Abteilung für Wissenschaft und Technik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Schwiegersohn des Deng Xiaoping. ìí ëËâã Ë bcÆÆ×Øde ÉÊ fg îÑ há ÍijÑÒîKLMç_ îKk a Ó, He Ping, Vize-Vorstandschef der Poli Group Ziemlich subversiv und am 28.10. auch in China noch nicht gesperrt:: Kronprinzenpartei. die ïðñ ÆÆË áááî Í1957 îî ÒÓ , Jiang Miankang, Chef der Organisationsabteilung des General Logistics Dep., Armee, Generalmajor, Sohn des Ex-Partei-, Staatsund Armeechefs Jiang Zemin. Í Ñ ÒÓ ÆÆ×Ø , Jiang Mianheng, Vize-Präsident der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Inhaber des Milliarden-Dollar-Joint Venture Grace Semiconductor in Shanghai (Partner ist der Sohn des Taiwaner Milliardärs und Formosa Plastics Eigentümer Wang Yung-ching, Winston Wang, Sohn des Ex-Partei-, Staats- und Armeechefs. Í ÆÆ×Ø î 1938.02 î Ñ Ó , Jiang Zehui, Präsidentin der Forstakademie, jüngere Schwester des Ex-Partei-, Staats- und Armeechefs Ë á Jiang Zemin. × ÆÆ î Í î2000 36ÒÓ 1951 î , Liu Yuan, General Logistics Dep. der Armee, Generalleutnant seit 2000, Vize-Gouverneur der Provinz Henan, jüngster Sohn des ExStaatspräsidenten Liu Shaoqi. ë ë ! " #$ %&' () * +,- /0122 3145678 . #9:ÆÆ;<=2*>* 2 2 ?@A 45î78BÒÓ, Liu Weiming, Í 1938 î ehem. Parteikomitee der Provinz Guangdong, VizeProvinz-Gouverneur, Vize-Vorsitzender der ProvinzKonsultativkonferenz, Sohn des ExStaatspräsidenten Liu Shaoqi. Í ÑÒÓ CDEÆÆ×ØFGHIJ@A KLM 45î78BÒÓDeng Pufang, Í 1938 î Vorsitzender des [sehr geschäftstüchtigen] [Militärkonzern], Ehemann der Deng Rong, Schwiegersohn des Deng Í Xiaoping. ÆÆØÏ î á ÑÒÓ 1938.09 î , Zeng Qinghong, VizeStaatspräsident, Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros, Sohn des ehemaligen Innenministers í Zeng Shan. í áá ë Í Ñ lmn @A st opq ;r lmuÆÆ' ' vw st ÒÓ Zeng Qingyang, Leiter der Abteilung für Militärgeschichte der Militärakademie, Generalmajor, Sohn des ehemaligen Innenministers Zeng Shan á á ë Í lm$ÆÆ%&'x'() stÑ ÒÓ , Zeng Qingyuan, Vize-Chef der Logistkabteilung der Luftwaffe, Generalmajor, Sohn des ehemaligen Innenministers ë Zeng Í Shan. ÑçÓ ÆÆ Ë É , Zeng Haisheng, Vize-Leiterin des Allgemeinen Büros [Armee] , Generalmajorin,Tochter des ehemaligen Innenministers ë× Zeng Shan. Í ÆÆ Ç 1945.04 ëî lyz f{ |@/ st }~ 3 2* ^*Y 6sØ6;* áÑÒ 6;ÇÈ6Ò ;ËãëØáÑçÓ, Yu Zhengsheng, Parteisekretär der Provinz Hubei, Mitglied des ZK, Enkel in 5. Generation des Zeng Guofan [Mitte des 19. Jahrhunderts Provinzgouverneur der letzten Dynastie, Sieger über den Taiping Aufstand], Sohn des ehemaligen Vize-Premiers und Ministers für Maschinenbau Huang Jing. ÆÆ ÇÈ Ø ØÍ î1986 ÑÒÓ , Yu Qiangsheng, ehem. Chef der Pekinger Staatssicherheit, 1986 nach Amerika geflohen, Sohn des ehemaligen Vize-Premiers und Ministers für Maschinenbau Huang Í Jing. ÆÆ î 1953.06 î M }¡ ; q^¢ +£¤¥ ¦§c 2* ¨o©M ª Seite 12 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] Ë㮯°ÑÒÓ, Xi Jinping, Parteisekretär der Provinz Zhejiang, Sohn des ehemaligen VizePremiers ÖÆÆ Xi Zhongxun. áá Í Ëã 1949 î ?Z î ÑÒÓ , Bo Xilai, Handelsminister, Sohn des ehemaligen Vize-Premiers Í Bo Yibo. ÆÆÇÈ î ç1948.07 Ó Ëã î , Wang Qishan, Bürgermeister von Peking, Schwiegersohn des ehemaligen Vize-Premiers Í Yao Yilin. ÆÆ Ø Ø 1942.05 î ÑÒÓî Ø î , Liao Hui, Vize-Vorsitzender der Nationalen Konsultativkonferenz, Chef des ÜberseechinesenBüros des Staatsrates, Sohn des ehemaligen VizeVorsitzenden des Nationalen Volkskongresses, Liao Chengzhi [ebenfalls für Überseechinesen und Taiwan zuständig]. á Í ÆÆ á î á á ë áá 1941.03 ç Óî , Dai Bingguo, Vizeminister des Außenministeriums, Schwiegersohn des ehemaligen VizeAußenministers und Ministers für Kultur, Huang Zhen. ±² toµ ª ¶· ³´ ¼½¾ to¿ ¸¹º » ; ÀÁ _ ÂÃ Ä ?@A <=ÅÆ Ç{@/ *YÈÉ ´ Ä ÎÏ ; ÊËÌ Í >´ Í Ð ¿ _ Konsultativkonferenz, Wang Shoudao. åæç ÆÆèéáá Í1943 î;êÖ ëÖ?J JëäìÑÒÓ, Wang Guangtao, Minister für Bauwesen, Sohn des ehemaligen Bürgermeisters von Shanghai und Leiters der Association for Across the Taiwan Straits, Wang Daohan. óRelations ÆÆ×Ø ÙÚÚ Í1948.01 î î áë áá ÑÒÓ , Zhou Xiaochuan, Chef der Bank of China, Sohn des ehem. Ministers für Maschinenbau-Industrie und Ministers für Bauwesen, Zhou ú á ë Jiannan. á í î ;ðñ! èé òè1 ï óôcÆÆÄ Øñ³H@A õö ÷ Í1942.11 î31ÓÆî;×Ëøùú ÒÓ , Hu Deping, Vize-Vorsitzender der All China Federation of Industry and Commerce [staatliche Organisation der Privatindustrie, chinesischer Industrie- und Handelskammertag] älterer Sohn des ehem. Vize-Staatspräsidenten WangÍ Zhen. ìíë Ëâã ÆÆþ î 1945 ÒÓ , Liu Hu, standing director der China Resources und Vize-General Manager, zweiter Sohn des ehemaligen Parteichefs Í Hu Yaobang. ÆÆ Ø î û Ñ1936.09 ÒÓ î Ø , Li Tieying, Vize-Vorsitzender des Nationalen Volkskongresses, älterer Sohn des ehem. Vize-Vorsitzenden des NVK, Li Weihan. ë Í #û Q ü >´ òýþ Ä *Y *Y ;Ä øùú 31ÿ :ÆÆ* * ªÄ Ø ? @AÑÒÓ, Teng Jiuming, Parteisekretär von Chongqing, Sekretär der DisziplinKontrollkommission [Partei], Sohn des ehem. Sekretärs der Disziplin-Kontrollkommission und Vize-Vorsitzenden der Konsultativkonferenz, Teng Daiyuan. Í ÆÆ Ø 1924.11 î ÑÒÓ î , Ye Xuanping, ehem. VizeVorsitzender der Nationalen Konsultativkonferenz, Sohn des ehem. Marschalls (und Verhafters der sog. Viererbande) Ye Jianying. c ;Ä ?>´@A «¬ Jiang Mianheng, Sohn des Ex-Partei-, Staats- und Armeechefs, schwingt nicht nur die Schere zwischen roten Frauen. Ein Studium in Amerika reichte für die Position des Vize-Präsidenten der Akademie der Wissenschaften. ¸ÑÆÆ×Ø×Ò ìí Í1941.04 î31ÓÆî ;ØÏ@AÔÑÒÓ, Wang Jun, Vorstandsvorsitzender der CITIC Group [Finanzorganisation, Quasi-Bank] ältester Sohn des ehemaligen Vize-Staatspräsidenten ìíWangÍZhen. ¸ÕÆÆ1Ö×ØÉÊÙ-ÚÉÊ Ô ÒÓ , Wang Bing, Vorstandsvorsitzender Nan Hai Öl- und Hubschrauber, jüngerer Sohn des ehemaligen Vize-Staatspräsidenten íWang Zhen. Ü ÷ø Í ÆÆ ÉÊ ÑÒÓ 1944 î î Ø , Wang Weiyan, Vorstandsvorsitzender der Shenzhen Yan Tian Port Holding, Sohn des ehemaligen Vize-Vorsitzenden der â J@A ¸9Û ÜÝÞß àá 31ÓÆ ;Ä ?@Aãä <= Das kommentierte der anonyme, fleißige Sammler mit dem Fluch: TMD B, den wir selbstverständlich nicht übersetzen. Schon deshalb, weil es nicht nötig ist: Ein Name nämlich fehlt in der langen Liste. Raten 秀才-Leser, wer es sein könnte? Falls Sie selbst einmal einen Blick in diese Liste werfen möchten, so können sie dies entweder über die Immobilienfirma So Fun versuchen: http://sofun.com oder direkt: http://cqbbs.soufun.com/post/1703_4255805_4255805.htm Es wäre nicht uninteressant zu wissen, wieviel Zeit nach dem Erscheinen dieser -Ausgabe vergeht, bis diese explosive, Staatsgeheimnisse verratende Aufstellung aus dem web genommen wird. Seite 13 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] Schon wieder Siemens Wer die China-Aktivitäten des deutschen Traditionskonzerns in den letzten Monaten verfolgte, müßte inzwischen davon überzeugt sein, daß der Ende des Jahres scheidende Vorstandsvorsitzende die endgültige Verlegung der Firma in sein Lieblingsland (þ ) vorbereitet. Erst macht er Siemens zum Vertriebspartner Europa der chinesischen Telefonfirma Ningbo Bird ( No. 41), dann läßt er sich durch den Verlust des Eisenbahngeschäfts ( No. 42) so unter Druck setzen, daß er beim nächsten derartigen deal entweder seine Ware oder ihr know-how (besser gleich beides) eigentlich als Geschenk anbieten muß, um zum China-Erfolg zu kommen, und jetzt macht er die (vorsichtig ausgedrückt) undurchsichtige, CiscoNetztechnik-kopierende Firma þ Huawei sogar zum Lieferanten für Siemens Netz-Produkte, die nicht nur in China verkauft werden. Vor diesem Hintergrund möchte mancher in der Redaktion schon glauben, daß die Transrapid-Technik demnächst für den berühmten Appel und=n Ei an Ë Commander 吴祥明 Wu Xianming übertragen wird. (Oder an einen der zahlreichen Hersteller chinesischer Magnetzüge.) Commander Wu könnte dann freilich im Gegenzug sein Büro, gleich neben dem ausgelagerten Vorstand im geplanten 200-Millionen-Dollar-Siemens Hauptquartier in Peking nehmen und dort dafür sorgen, daß die Strecke nach Shanghai doch noch magnetbahnmäßig ausgebaut wird. In diesem Fall: 摘下帽子 Hut ab! Da kann man fast nicht verstehen, warum China noch Jahre auf internationale Unterstützung angewiesen sein wird. Raumfahrer, Olympische Spiele, Weltausstellung, Transrapid und die oben genannten Gründe sprechen eigentlich dagegen, woraus die Japaner übrigens schon die Konsequenzen gezogen und ihre ODA genannte Entwicklungshilfe seit 2000 halbiert haben. Die KfW teilt auch mit, das chinesische ProKopfeinkommen habe sich auf 940 Dollar erhöht, vergißt jedoch hinzuzufügen, daß damit das Jahreseinkommen gemeint ist. Fahrlässig ist die Aussage, die Regierung in Peking spare eifrig. Das Gegenteil ist schließlich der Fall: Die Sparguthaben der Bevölkerung sind längst ausgegeben, das Land mit 220 Milliarden Dollar im Ausland verschuldet und im Inland dürfte der Schuldenberg sich auf viele hundert Milliarden Dollar belaufen. Transrapid Schwere Schützenhilfe erhielt die schnelle 磁悬浮 列车 Schwebebahn in der Ausgabe 3/04 der Chancen, ein Magazin der KfW Bankengruppe. Es ist ein Spezial: China - ein Land im Boom. Vorsichtshalber sind alle Beiträge nicht gezeichnet, vielleicht, weil man den Inhalt schon öfter an anderer Stelle gelesen hatte? Zum Beispiel: ... wächst und wächst ... Investoren stehen Schlange ... Chinas Wirtschaft war über Jahrtausende dem Westen auch technologisch haushoch überlegen ... u.s.w. Wurden die 200 Millionen DM Staatszuschuß für den Transrapid in Shanghai aus Mitteln des KfW-WohnraumModernisierungsprogramms finanziert? 4·· Nicht ganz verstanden haben wir den Zusammenhang zwischen der diesmaligen Preisrätselfrage: Bis wann müssen spätestens die zinsgünstigen Kredite der KfW Förderbank zur Wohnraummodernisierung beantragt sein? und der Belohnung für die richtige Antwort (31. 12.2004). 道 Ohne besondere Ankündigung für unsere Leser erschienen in den letzten Wochen: M 秀才 No. 44 - Das Ende der englischen Sprache, wie wir sie kennen? M 秀才 No. 45 - Nachdruck: Carl Crow, 400 Millionen Kunden M 秀才 No. 46 - Nachdruck: Carl Crow, The Chinese Are Like That Seite 14 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] Worte und Taten, Geschäft & Demokratie Wir verkaufen Euch den Strick, mit dem Ihr andere fesselt Das deutsch-chinesische Fachblatt Wirtschaftswoche berichtete neulich einmal über eine neue Große Mauer der Chinesen und diente seinen business-Lesern aus dem SoftwareBereich damit einen brandaktuellen großen chinesischen Markt an (den größten der Welt): den für firewalls. Mit denen nämlich möchte die Partei ihre Schutzbefohlenen im Land vor elektronisch pausenlos eindringenden 反华力量 antichinesischen Kräften und System-Veränderern abschirmen. Die dafür benötigte firewall-Technik muß natürlich jemand liefern, wofür er Geld bekommen kann. Ein großer Markt, in der Tat. Aber ein sehr platter Vergleich, WiWo, denn diese Mauer soll ja nicht Menschen draußenhalten wie die alte aus Stein oder die aus Leibern, die die Nationalhymne besingt. Die chinesische firewall soll auch nicht Hacker mit Feuer abschrecken, wie bei uns, sondern sie soll die Chinesen vor dem Feuer selbst schützen, was der einheimische Begriff 防火墙 Anti-Feuerwand auch genau zum Ausdruck bringt. (Nebenbei: 墙 tjiang heißt Wand, nicht Mauer, was 城 tschöng heißt, weshalb die Chinesen ihre Große Mauer 长城 und nicht 长墙 lange Wand nennen. Kann da beim WiWo-Fachblatt für China etwa keiner Chinesisch? Angebot: Die 秀才-consultants sind gerne bereit, gegen ein happiges Honorar hier auszuhelfen!) Aber was hat es eigentlich mit dem Markt für Anti-Feuerwände auf sich? Wir haben uns etwas in diesem naturgemäß nicht sehr öffentlichen Feld umgeschaut. in neuer Plan der chinesischen Partei-Regierung sieht vor, in den kommenden fünf Jahren ein sogenanntes Nationales Informationssystem aufzubauen. Um dabei möglichst rasch voranzukommen, würden die requirements for market access to information security products liberalisiert, ein Wort, das ausländische China-Lieferanten und Investoren stets sehr gerne hören. Ø Gu Jianguo, É áÉ Vize-Direktor im Polizeiministerium, Büro für die Überwachung der Sicherheit öffentlicher Informationsnetze, China's top information security authority, wie die Nachrichtenagentur Xinhua im April diesen Jahres humorvoll formulierte, sagte dazu: A new regulation on information security products manufactured at home and abroad will come out in the near future, further widening market access for software developers. Endlich mal ein offener Riesenmarkt! Freilich E ÒqÄ ^^è q Ò!UqÄâ" geht es beim Nationalen Informationssystem im wesentlichen um das glatte Gegenteil: um sichere Informationen, um solche, die nicht brennen und manche Leute womöglich heiß machen - im Kopf.. Der Aufruf des Herrn Gu traf den Nerv chinesischer IT-Firmen, die daraufhin schon in diesem Sommer die Initiative ergriffen und sich in puncto Information einen Pakt der Selbst-Disziplin gaben, den sie auch sogleich unterschrieben. Kernpunkt der Abmachung: to advance the healthy and orderly development of the Internet industry in China. Also schön gesund und ordnungsgemäß, wie das deutsche Bürokratenwort lautet. Auch ohne Pakt halfen aber befreundete ausländische Unternehmen gerne und schon lange den nicht grundlos besorgten Funktionären, die immer wieder ungesunde Dinge im Internet finden, wie zum Beispiel die oben dokumentierte Liste der erfolgreichen Kinder chinesischer Leistungsträger oder die gnadenlose Abrechnung eines Professors der Seite 15 von 38 ¾¿ 2004 À10 Á31  [xiù cai - sju tsai] # $ Peking Universität ( Ø Jiao Guobiao) mit dem Propagandaministerium zu Beginn des Jahres ( × á). Große Geschäfte auf diesem weiten Feld macht/ wittert zum Beispiel: Cisco Systems. Die Firma investiert deshalb gerade (neu) 32 Millionen Dollar in ein Forschungs- und Entwicklungslabor in Shanghai. Dies kündigte President and CEO John [Geld! in China einer der beliebtesten Nachnamen] Chambers Ende September öffentlich an. Es sei Cisco=s first R&D center in China, which has been designed to tailor its products to meet the changing demands of service providers in the market. The changing demands of service providers - das ist sehr schön formuliert! Im 3. Quartal 2005 gehe es dort los mit der Zuschneiderei auf die Bedürfnisse der lokalen Kunden. Mr. -Money-Chambers: The facility will hire 100 employees over the next 18 months, and investigate new voice technologies. What we are announcing today is the first of many steps we will take in research and development in China .... We believe in giving something back and truly becoming a Chinese company Cisco ist also bald eine wahre chinesische Firma. Man kooperiert derzeit mit Digital China (gehört zum größten PC-Hersteller Chinas, Legend, heute: Lenovo), Software- und Vetriebspartner für ausländische Firmen wie zum Beispiel auch Microsoft. Digital China ist Cisco-Distributionspartner, nachdem Toshiba die Firma als Vetriebspartner gefeuert hatte. Man muß bei solchen Kooperationen natürlich wissen, daß ausländische Software-Hersteller in China von der State Encryption Commission gehalten sind (und dieser Weisung auch gewissenhaft nachkommen), alle Verschlüsselungen ihrer Produkte (vom server über den PC, das Mobiltelefon bis hin zum DVD-Spieler) den Behörden zu offenbaren. Know-how-Transfer also inclusive - und zur Abwechslung mal ganz bewußt und freiwillig. Ciscos Top-Konkurrent vor Ort ist Huawei, eine rein-chinesische Unternehmung. Wie es kommt, daß diese rein-chinesische Firma mit der Cisco-WeltTop-Netztechnik mithalten kann? Vielleicht, weil Huawei sich sein know-how heimlich bei Cisco abgeholt hatte? Jedenfalls verklagte Cisco Huawei Anfang 2003 in den USA. Vorwurf: copyright-Klau bei einer IOS genannten Software, die in sogenannten ' %& ( ) *+ , -./0 12 3456789 :; Routern eingesetzt wird und dort als firewall feature set arbeitet, also den Fluß von Informationen erlaubt - oder eben auch nicht. Die Huawei-Chinesen hätten alles geklaut, jammerte das Cisco-Management damals: die Software selbst und gleich auch noch die Handbücher für deren Installation und Nutzung. Im Juni 2003 ließ Cisco sogar Razzien im Superboom Perlfluß-Delta durchführen (mit chinesischen Detektiven und in Kooperation mit der chinesischen Polizei), weil auch andere Produkte kopiert worden seien. Die Firma war zu diesem Zeitpunkt auf echtem Krawall-Kurs mit vielen einflußreichen Chinesen. Wie lange kann so etwas gutgehen in einem Land, wo Wirtschaft und Politik nicht nur eng beisammen liegen, sondern recht eigentlich identisch sind? Nicht lange. Im Oktober 2003 verkündeten die Cisco-Manager ganz überraschend, daß sie ihren Streit mit Huawei aussetzen würden. Vielleicht könne man sich auf anderem Wege einigen. Was war geschehen? Hatte Mr. Chambers Angst, das Verfahren könnte negativ auf die eigenen ChinaRooter-Geschäfte durchschlagen? So sieht es Cisco wohl inzwischen, macht Geschäfte und wäscht seine Hände in Unschuld, während andere mit den Produkten der sauberen Firma aufmüpfige Chinesen ans Kreuz nageln: If the government of China wants to monitor the internet, that's their business. We are politically neutral So einfach ist das mit den business ethics. Im August 2003, als Cisco noch rabiat gegen Kopierer Huawei vorging, teilte die deutsche Firma Siemens ungerührt mit, man werde nun, bei der Entwicklung eines chinesischen Mobilfunkstandards der sogenannten 3. Generation (3G) mit ... ja: ausgerechnet Huawei kooperieren, dem CiscoKopierer. Dafür sollen von den Partnern 100 Millionen Dollar für ein Gemeinschaftsunternehmen bereitgestellt werden (Siemens: 51 Prozent). Entwicklung, Produktion, Verkauf und Service der TD-SCDMA genannten Technik sollen dort stattfinden. Natürlich fehlt auch Ex-Siemens-Infineon nicht bei dieser Unternehmung: noch ein joint venture mit Huawei. Kopier-Klagen haben wir von Siemens bislang nicht gehört - arbeitet man harmonisch und produktiv zusammen? Aber woran? Bei Mobilfunk fallen einem natürlich sogleich die vielen Milliarden SMS ein, die die Chinesen durch die Netze jagen. Kann man denen trauen? Wer weiß, welche Schriftzeichen die da benutzen! Seite 16 von 38 <= >? @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Und tatsächlich nutzen zum Beispiel unzufriedene Taxifahrer gerne den SMS-Service, um Streiks und Demonstrationen gegen lokale Behörden zu organisieren. Und siehe da: Gerade in diesem Sommer, schossen sich die Staats-Kontrolleure auf die überhandnehmenden SMS ein - erneut in Form einer Self-Discipline Standards on Content in Mobile Short Messaging Services genannten Richtlinie für die sogenannten SMS service provider. Von denen gibt es derzeit fast 3.000. Freilich darf man der konfuziannischen Selbstdisziplin auch dieser Leute nicht allzusehr trauen, findet zum Beispiel die Pekinger Firma Venus Tech und schreibt auf ihrer website auch rührend offen warum: <=NOPQR ST UV WX [\]^_`abcdefgh;=ijk <=YZ cl`mnfop<=qrst c=iuvfwxy z{|}~}} =i cfh;9cl r6} ¡c<¢ip£¤¥ r. SMS sind eine feine Sache für die Nutzer, aber sie sind für die Informationssicherheit [vulgo: Partei] auch eine versteckte Gefahr. Denn mit Hilfe des neuen, aufblühenden Mittels der SMS werden auch Pornographie, Gewalt, politische Gerüchte, reaktionäre Reden, Betrügereien und illegale Werbung verbreitet. Und das hat bereits so Überhand genommen, daß es die Stabilität der Gesellschaft berührt. Deshalb muß es dichte, hoch-effiziente SMSFilter-Plattformen geben. Genau. Fehlt nur noch der Terrorismus als Argument. Aber, Gefahr erkannt, Gefahr gebannt: Nun werden also reichlich Filter im Mobilfunk-Netz eingesetzt (auch in das von Siemens entwickelte, wenn es tatsächlich einmal fertig wird und zum Zuge kommt? Und wer tüftelt das aus?). Wäre zum Beispiel das Wort SARS im Frühjahr 2003 schon in solche Filter (Filzer-?)-Programme eingegeben gewesen, hätte sich die Regierung wahrscheinlich so manchen Skandal erspart. Jetzt hilft also die Venus von Peking. Mit ihrem Himmelstransparenz Filtersystem für Informationen löst sie nach eigener Auskunft alle Probleme der himmlischen Regierung, weshalb das Produkt auch gerade vom Amt für Öffentliche Sicherheit die Lizenz erhalten hat. Mit Hilfe der römischen Liebesgöttin Venus kann das Ministerium für Liebe nun die SMS seiner geliebten Untertanen in real time überwachen. Die werden darüber begeistert p£¤¥ ¦§=ip£¨© ªj« B10 C31 D ¬ ¬ sein. Chefin der Firma Venus ist Dr. Jane Yan Wangjia [nomen est omen: = ausgezeichnet Ausschau halten], eine im Ausland ausgebildete und dann zurückgekehrte Expertin, die mittlerweile zu den Kandidatinnen der IT Stärksten IT-Frauen Chinas gehört. Kooperationspartner dieser lieblichen Venus sind zum Beispiel IBM, Microsoft und HP. Venus von Peking: Dr. (Motto: 'mer kenne uns, 'mer helfe Jane Yan Wangjia. uns, chinesisch auf der Venuswebsite: , , gemeinsam wachsen, das know-how gemeinsam das Wissen und die Erfolge genießen). Die Staats-Kontakte des Unternehmens (und seiner Partner?) sind natürlich auch gut, ja programmatisch, wie wir der website entnehmen. Schon am 24.1. 2000 war der damalige Parteiund Staats- und Armeechef Jiang Zemin aufmerksam geworden und bei Venus Hu zu Besuch gekommen. 24.1.03: Generalsekretär Jintao inspiziert die Venus. Sein Eindruck war offenbar hervorragend, denn anschließend gaben sich VIP-Kunden die Firmen-Klinken in die Hand: 2003 1 24 CEO ®3¯` °±²³´ h» µ dh¶ ·¸¹º ·¸ EFG ¼½¾ HIJ ¿ À¬ÎÏfÐ ÁfÂÃÄÅÆÇÈÉÊËÌ UVWX cÑÒPÓÌ c ªÍ ªÍ s ÔfÕÖÌ× cØ ¬Ùªj «}j k«} «} 34Ü =iÚÛ 6Ý}´¾Þßàá âã ... äÈåUVW XªÍæçèé Am 24.1.2003 empfing GeneralsekreAm gleichen Tag schaute auch tär Hu Jintao Vorsitzender [ Militärkommission] persönlich die Venus Jiang Zemin vorbei. Info Tech-CEO Dr. Yan Wanggui. Er stellte neue Anforderungen an und setzte noch größere Hoffnungen auf die Entwicklung der Firma. Führer der Ministerien für Öffentliche Sicherheit, für Staatssicherheit und für die Informationsindustrie, des Büros für Geheimhaltung, der Volksbefreiungsarmee und andere sind bereits persönlich bei Venus zu Inspektionen und Besichtigungen vorbeigekommen ... Seite 17 von 38 ÂÃê LM K @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Das SMS-Filzen findet in den sogenannten SMSCentern statt, wohin die Nachrichten vom (dort natürlich leicht zu indentifizierenden Inhaber des) Sendegerät zunächst gehen, bevor sie (vielleicht) an den Empfänger weitergeleitet werden. Als Ausstatter solcher SMS-Center in China sind da im Geschäft die Firmen: Nokia, Centigram, Logica, Sema, Ericsson, MXE, Comverse, NewNet. B10 C31 D administration committee, Mr. Yuan Xuyang, the vice director general of common information network security supervise bureau of police Dept., Mr. Gu Jianguo [den hatten wir oben schon], the vice director general of common information network security supervise bureau of police Dept., presided this open ceremony, Mr. Meng Hongwei, the minister assistant of Police Dept., made the opening words. Zurück zum Internet. Eine ausländische Firma, die sich über ihr China-Geschäft derzeit sehr freut, heißt Amaranten. Ihr Asia Representative Office hat sie gleich im Zentrum des Geschehens aufFuhua Mansion, ein gemacht, in ... Peking ( Gebäude im passenden stalinistischen Zuckerbäckerstil am östlichen 2. Ring). Eifrig bucht die Geschäftsführung Stände auf einschlägigen Messen in China und freut sich über die guten Ergebnisse. Zum Beispiel auf der 2004 2004 Beijing InfoSecurity Exhibition of Beijing Science & Technology Week im Mai diesen Jahres. Hauptsponsor: Volksregierung der Stadt Peking: Amaranten company ... demonstrated its high performance firewalls and VPN products, which attracted many eyes' attentions and made it stand out from others in the show. Microsoft liefert Software zum BlokAuch kieren unliebsamer websites und zum Ausfindigmachen aufmüpfiger Chinesen, die ihre unkonventionellen gesellschaftlichen Ansichten heutzutage gerne und immer wieder ins Internet stellen, jedenfalls hat dies schon vor längerem South China Morning Post herausgefunden. Nortel Networks (Kanada), steckt in den kommenden Jahren 200 Millionen Dollar in den Aufbau von Forschung und Entwicklung in China. Wieviel davon für technische Behörden-Helfer verwendet wird, die dazu dienen, mit dem surf-Verhalten der nur schwer zu kontrollierenden Chinesen auf dem laufenden zu bleiben, sagte das Management der Firma nicht, als es diese Strategie im Februar 2002 verkündete. Nortel wird auch gerne genannt, wenn Organisationen wie amnesty international oder jüngst die Harvard Law School im freien Westen gut lebende Manager für ihre unfreien China-Gechäfte geiseln. Websens liefert derweil Filter und Überwachungstechnik, hat schon eine kleine chinesische website, aber noch keinen Schriftzeichen-Namen. (Wie wär's mit wang djiän - Web-Zensur, klingt auch so ähnlich wie Websense?) þÿ :` =ijkÒù9 ëìíîïðñò Das Venus-Überwachungssystem ist ziemlich einfach: Alles hängt am Himmelstransparenz Filtersystem für Informationen (links unten). Kooperationspartner von Venus ist auch eine chinesische Unternehmung namens Victory-Idea, in , was man als Großartige Ideen Schriftzeichen: übertragen kann. Zu seinen ausländischen Partnern rechnet Victory derzeit einige koreanische Unternehmen (Pars Co., NES CNC) sowie die irische Infocell und die israelische Pelican. Auf der sogenannten Sicherheitsmesse InfoSecurity im Oktober 2002 kam der Polizeiminister-Assistent Meng Hongwei zu Besuch und ließ sich den Wavebreaker vorstellen, dessen Name wohl Programm ist. Weitere Top-Kunden listet die Firma in ihrem schönen, aber hier verständlichen Englisch auf, mit dem sie eigentlich in unsere große Sprachausgabe ( No. 44) gehört hätte: When the security exhibition opened in Oct. 20, many leads entered the open ceremony that include Mr. Meng Hongwei, the minister assistant of Police Dept., Mr. Li Runfeng, the director of science technology committee, Mr. Xu Zhanghe, the vice-director of national information center, Mr. Zhang Huisheng, the vice manager of the info advance Dept. of information industry Dept., Mrs. Cai Hong, the vice director general of national secrecy bureau, Mr. Wang Changxi, the office director of national commerce password óô ö÷ø=i¨©jkÒù9 ®33õ úûó üý Seite 18 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Als sich im September 2002 einige Leute darüber aufregten, daß neue Techniken der chinesischen Internet-Polizei plötzlich google so clever lahmlegten, daß Anfrager ungefragt auf chinesische Anbieter umgeleitet wurden, meldete sich der Sprecher dieses Filter-Software (vulgo: Zensur-Software)-Produzenten, ein gewisser Ted Ladd, mit der Erkenntnis: Es sehe so aus, als nutze Peking eine modified firewall: the system looks for banned content. Was er von den Modifikationen genau weiß, sagte er jedoch nicht. Websense website: Das ist die Reihenfolge: Porno, spyware ... Erstmals entdeckt haben sie alle den riesigen chinesischen Markt für Kontroll-Software so um das Jahr 2000 herum, als die chinesische Regierung mit u B10 C31 D ihrem Gold-Schild-Projekt anfing, das im großen Stil und mit neuester Technik schlechte ausländische Einflüsse auf ihr Volk abgeschirmen soll. Damals versammelten sie sich auf der 2. Pekinger InfoSecurity 2000 (organisiert von Reed Exhibition Companies, London). Star-Gäste: Vize-Präsident Hu Jintao (heute Partei- Staats- und Armee-Chef) und Polizei-Minister Jia Chunwang (heute: Chef der Generalstaatsanwaltschaft). Die ausstellenden Firmen zeigten ihre TopProdukte gegen Internet-Kriminalität. Was die chinesische Partei-Regierung darunter versteht, werden sie schon gewußt und ihre Exponate entsprechend ausgesucht haben. Mittlerweile hat auch der Champion der Informationsfreiheit, Google, verstanden. Die Firma, die im Herbst 2003 noch halblaut über Zensur klagte, hat sich inzwischen (ebenso wie Yahoo) angepaßt und sortiert gleich aus, was unerwünscht sein könnte. Der clou dabei: ungesunde Suchergebnisse werden dem surfer gar nicht erst angezeigt. Das war früher anders, da merkte man erst beim Klicken auf die noch angezeigten ungesunden links, daß sie blockiert waren. Jetzt merkt man nicht einmal mehr, was es noch zum Thema gibt. « ªj ´¾çç¶ Leider immer noch nicht geklärt: Was heißt eigentlich Dildo auf chinesisch? Vom 6. bis 8. August trafen sich die Shanghaier zur AdultExpo 2004. Da gab es interessante Sachen zu sehen und zu befühlen, weshalb die 秀才-Messeabteilung gleich die Ausschreibungsunterlagen anforderte, die aber erst jetzt eintrafen (wg. DHL?). Ausländer waren aufgefordert, unbedingt folgende Renner mitzubringen: $ Sex-related Medicines $Apparel & Lingerie $ Dildos $ Vibrators & Massagers $ Toys for men $ Love Dolls $ Gay Products $ Anal stimulators $ Bondage & Spanking $ Lubes & Lotions $ Condoms $ Miscellaneous Toys. Das klang ja alles ziemlich aufregend - leider war es zu spät für uns. So gaben wir die Unterlagen an unseren redaktionseigenen Chinesisch-Lehrer weiter, der schon lange wissen wollte, wie man diese Dinge übersetzt. Er verglich die obigen Beschreibungen sodann mit den Exponaten der einheimischen Aussteller, kann jedoch immer noch keinen Dildo oder Anal-Stimulator auf chinesisch bestellen. Sinologen, helft: 性保健品 Bleiben Sie schön gesund beim ... 补肾滋补产品 das müßte uns mal ein Experte traditioneller chinesischer Medizin erkären 性病防治产品 Verhütung peinlicher Krankheiten 改善性功能的产品 Potenzmittel 卫生消毒剂 Desinfektion 润滑剂 Gleitmittel 性辅助器具 Womit man vorher spielen kann 情趣内衣/服饰 anregende Dessous und Schmuck 安全套 Pariser 避孕药 daß-nichts-passiert-Medizin 宫内节育器 Verhütungsmittel im Palast ... na ja 用于干预生殖道感染的产品 übersetzen wir nicht, gefühlsabtötend 用于检查 Inspektionsmittel (?) 诊断 Diagnose (?) 报刊图书音像制品 Magazine ... (chinesische??) 生殖健康 gesunde Werkzeuge 音像制品 Musikinstrumente (??) 夫 Seite 19 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 B10 C31 D Lohnkostenvorteile in China: 深圳三千民工悲情抗争 3000 Verzweifelte kämpfen in Shenzhen Immer mehr Leistungsträger auch der deutschen Wirtschaft (vulgo: Vorstände, Strategen) sind immer begeisterter von den unerschöpflichen Vorräten Chinas an billiger Arbeitskraft. Nicht nur Arbeiterinnen und Arbeiter kann man hier noch weit unterm Discountpreis bekommen, auch Ingenieure und andere qualifizierte Tätigkeiten sind günstig zu haben. Daß nach der Investition in Gebäude, Anlagen, Maschinen etc. erhebliche Beträge in die Ausbildung der flexiblen Mitarbeiter zu stecken sind, fällt erst später auf. Betriebe, die auf Zulieferung aus China setzen und ihre bisherigen Partner in Europa gekündigt haben, plagen sich nicht selten mit dem endlosen Nacharbeiten der zugelieferten Teile, was ihre Kosten wieder auf das alte Niveau hebt. Besser machen es hier zum Beispiel Hongkonger Landsleute der Chinesen wie die Firma 金寶通國際 Computime International Ltd., die im südchinesischen 深圳 Shenzhen produziert. Neulich waren aber zur Abwechselung einmal die bislang so genügsamen Mitarbeiter nicht mehr so recht zufrieden. Nur selten haben Außenstehende die Möglichkeit, über diese Fälle etwas zu erfahren. Was in den Provinzen Chinas passiert, sehen die zahlreichen ausländischen Korrespondenten in Peking nicht oder nur über InternetBerichte chinesischer Quellen (wenn alles schon wieder vorbei ist), wie jüngst bei den Tumulten in 重庆 Chongqing, Provinz 四川 Sichuan, wo eine Nichtigkeit zum politischen Mini-Aufstand führte. Das kann auch anderswo schnell passieren. Im folgenden ein Bericht der 亚洲周刊 Asia Week (Hongong), deren Reporter im grenznahen 深圳 Shenzhen ausnahmsweise mal dabei war. m letzten Tag der 黄金周 Goldenen Woche um den Nationalfeiertag 1. Oktober herum, am 6.10., ließen mehrere tausend Arbeiter der Firma 美芝海燕电子厂 Meizhi Haiyan Electronics, die zur Hongkonger 金寶通國際 Computime International Ltd. gehört, die Arbeit liegen und gingen auf die Straße und blockierten erst einmal den Verkehr. Mit einem Schlag deckte die Aktion die unter der Oberfläche der chinesischen Gesellschaft verborgene Krise auf. Die Verkehrsblockade symbolisierte dabei die schwerwiegende Blockade sämtlicher Kommunikationswege in der chinesischen Gesellschaft, sobald es um Anliegen der Bevölkerung geht. Die 3.000 protestierenden Arbeiter von Meizhi Haiyan lehnten sich gegen ihre Auspressung auf, dagegen, daß ihr monatliches Grundgehalt exakt 230 Yuan beträgt [23 Euro, im Monat]. Das lag weit un- A ter dem offiziellen, von den Behörden festgelegten Mindestlohn von 610 Yuan [61 Euro] im Monat. Mit den 23 gezahlten Euro, so meinte das Fabrik-Management, seien die 12-stündigen Arbeitstage bezahlt, was einen Stundenlohn von etwa einem Yuan (10 Cent) entspricht. Die Arbeiter hatten sich schon oft beim Management und den lokalen Behörden darüber beklagt, aber eine Antwort war bislang immer ausgeblieben. So gingen sie nun auf die Straße. Ein Teilnehmer sagte dem Asia Week-Reporter, sie hätten keine andere Wahl mehr: Wir möchten das eigentlich nicht machen, aber ohne diese Aktion werden die Behörden weiterhin untätig bleiben. Um acht Uhr morgens waren die Arbeiter nach und nach auf die 梅花 Mej-hwa Straße gezogen, dort, wo die sich mit der 梅秀 Mej-sju Straße kreuzt, direkt vor dem Betriebsgebäude ihrer Firma. Um 8.30 Uhr war die Kreuzung blockiert. Seite 20 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Sie standen dort in ihrer blauen Arbeitskleidung, ruhig, ohne zu rufen und ohne daß jemand sie organisierte oder ihnen Anweisungen gab. Sehr geordnet zogen sie dann zum 北环大道 Nördlichen Ring, einer Verkehrsschlagader der Stadt, und blockierten den Weg vollständig. Etwa gegen 10 Uhr trafen einige Verkehrspolizisten ein und ihr Anführer begann mit den Arbeitern zu verhandeln. Sie müßten, sagte er, 以大局为重 die Gesamtlage im Auge haben und die Straße räumen. Um 11 Uhr kamen schließlich auch Leiter der Stadtverwaltung Shenzhen sowie des Bezirks 福田 Futjän und verhandelten eine halbe Stunde lang mit den Streikenden. 张礼铜 Zhang Litong, der Bezirksbürgermeister, versprach ihnen, er werde alles daransetzen, daß die Minimal-Rechte der Arbeiter garantiert würden. Gleichzeitig aber verwarnte der Leiter des bezirklichen Arbeitsbüros die Streikenden: Ihr glaubt, Eure legalen Rechte würden verletzt werden, und ihr müßtet sie selber schützen. Aber ihr dürft keine illegalen Mittel einsetzen. Eure Verkehrsblockade ist ein ernster Gesetzesverstoß. Der Verantwortliche der Stadtregierung drohte schließlich: Was ihr da macht, ist illegal. Ich hoffe, ihr zieht von selbst ab, ansonsten werden wir den Platz räumen lassen. Blockade in :Den chinesischen Arbeitern wird doppelte Gewalt angetan, schreibt die Asia Week No. 43 ... Den Arbeitern waren diese Drohungen der Behördenvertreter freilich egal. Sie hielten vielmehr deren bisherige Untätigkeit für ungesetzlich. Einer, der seinen Namen nicht nennen wollte, sagte dem B10 C31 D Reporter: Wenn die Regierung unsere berechtigten Forderungen beachtet und rechtzeitig gehandelt hätte, dann gäbe es den heutigen Zwischenfall gar nicht. Unsere Gegenblockade kommt doch nur, weil der offizielle Weg ewig versperrt ist, weil dort nichts geschieht. Was wir hier machen ist nur 以毒攻毒 ein Gegen-Feuer. Die Behörden und die Medien bestätigten im übrigen, daß die Arbeiter ihre Lohn- und Überstundenprobleme schon of berichtet hatten, sowohl dem Shenzhen-Arbeitsbüro wie auch dem bezirklichen, der Gewerkschaft und anderen Stellen. Aber ohne Ergebnis. Die Behörden kommen uns gleich mit Beschuldigungen, wir würden das Recht verletzen, anstatt sich selbst einmal zu prüfen. Hier 官逼民反 wird das Volk von der Obrigkeit zur Revolte gezwungen. Wir haben keine andere Wahl. Alle Beteiligten, Behörde und Management, geben zu, daß der bislang gezahlte Lohn 230 Yuan beträgt und damit weit unter dem Mindeststandard liegt. Fabrik-Leiterin 燕海瓊 Yan Haiqiong räumt selbst ein, daß der Betrag dem Stand von vor zehn Jahren entspricht und die Fabrikleitung den Betrag seither nicht angehoben hat. Sie bestätigt auch, daß ihr Unternehmen stark ausgelastet sei und viele Überstunden anfielen: 2,1 Yuan [21 Cent] pro Überstunde sind wirklich zu wenig, sagt sie nun und versichert, dies werde geändert, man werde sich in Zukunft nach den gesetzlichen Vorgaben richten. Nach längeren Verhandlungen gab die Kapitalseite inzwischen tatsächlich nach und räumte auch ihren jahrelangen Verstoß gegen das Arbeitsgesetz ein. Rückwirkend ab September sollen nun 610 Yuan [61 Euro] Grundlohn im Monat gezahlt und der Überstundenlohn auf 5,40 Yuan angehoben werden. Eine Verdreifachung! So sieht also der Erfolg der Arbeiter nach nur kurzem Kampf jetzt aus. Allerding finden die, daß eine verspätete Gerechtigkeit keine mehr ist. Man wird auch sehen, welchen Preis sie nun für ihren Streik zahlen müssen. Denn beide, Management und Behörden, reden bereits davon, daß die Leute von jemandem dirigiert und aufgestachelt worden sind. Die Behörden drohen auch schon, daß die bösartigen Provokateure von den Sicherheitskräften noch aufgespürt und abgeurteilt werden würden. Tatsächlich hatte die Stadtregierung schon am Tag des Protests, als einige ihrer Vertreter mit den Arbei- Seite 21 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 tern sprachen, eine gewaltsame Unterdrückung vorbereitet. Die 福田 Fu-tjän [Bezirk] Polizeistation und die Abteilung der Verkehrspolizei, das Arbeitsbüro und bezirkliche Sicherheitsdienste waren erschienen, um die Ordnung zu bewahren. 李锋 Li Feng, Mitglied des Parteikomitees und der Chef des Sicherheitsamtes waren auch anwesend und hatten die Blockade als illegale Aktion bezeichnet, die ernsthaft kritisiert werden müsse. Die Drohungen hatten Erfolg. Ab Mittag verließen einige der blockierenden Arbeiter den Nördlichen Ring. Etwa 2.000 jedoch blieben beiderseits der Strqße stehen, unbeeindruckt vom Reden des Li Feng und der anderen Mitglieder der Stadtregierung. Die ordneten nun die Räumung an. Ca. 1.000 Sicherheitsund Einsatzpolizisten rückten an und drängten die Demonstranten von der Straße. Gegen 12.30 Uhr war der Nördliche Ring wieder frei. Unsere Recherchen [亚洲周刊 Asia Week] ergaben, daß die bestreikte Firma Meizhi Haiyan zur Hongkonger 金寶通國際 Computime International gehört, die sie mit zwei chinesischen Firmen aus 广东 Guangdong als joint venture betreibt. Im Auftrag amerikanischer, europäischer und japanischer Unternehmen verarbeitet sie elektronische Komponenten weiter. Die Hongkonger Mutter wurde 1974 gegründet und begann Mitte der 80er Jahre mit der Produktion in Shenzhen. Auf ihrer website salbadern sie mit Sprüchen wie 客户的价值 Wert der Kunden und 客户至上 der Kunde steht an erster Stelle ... Ein ehemaliger Management-Mitarbeiter der Firma in Shenzhen berichtete uns, daß es auch schon früher zu Streiks der Arbeiter gekommen sei. Anlaß sei gewesen, daß das Management den NachtschichtArbeitern den Essenszuschuß gestrichen hatte. Damals sei ein Tag gestreikt worden, dann gab es das Geld wieder. Auslöser für die jetzige Aktion waren die kürzlichen Preiserhöhungen für landwirtschaftli- B10 C31 D che Produkte gewesen. Hier gibt es auch bei anderen Arbeitern große Unzufriedenheit. Die 3.000 Arbeiter bei Meizhi Haiyan waren seit langem wie die Schlacht-Lämmer, ohne gewerkschaftlichen Schutz und ohne Unterstützung der Regierung. Die Kapitalseite drückte ihre Löhne unter das Minimum, nötigte sie zu Überstundenarbeit und unterließ es überdies, sie zu versichern. Auch dies führte bereits zu Auseinandersetzungen, sagte dieser ehemalige Mitarbeiter. ... und meint damit fremde Manager und einheimische Behörden. 秀才 Sju Tsai möchte hier noch ergänzen: 歐陽伯康 Bernard Auyang, der Chef von 金寶通國際 Computime, der Hongkonger Muttterfirma, erhielt 1999 den Hong Kong Young Industrialist Award als Anerkennung für seine Leistungen. Die Hong Kong Electronic Industries Association ehrt ihn deshalb auf ihrer website als Leitbild-Manager für die lokalen young industrialists. Ob damit auch seine Erfolge beim Kampf um das 23-Euro-im-Monat-Lohnniveau in Shenzhen eine Rolle gespielt haben, bleibt dabei jedoch offen. Wir 道 vermuten: ja. Jene Leser der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die auch den Dienstag-Teil Natur und Wissenschaft mal ansehen, wissen jetzt genau, was die 1.000 Milliarden Dollar ausländischer Direktinvestitionen in China der Welt bislang gebracht haben ... ... nämlich die Erkenntnis, warum bei uns die Luft so sauber ist (rot = Dreck). Seite 22 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 B10 C31 D Karl August Wittfogel und die Orientalische Despotie in China Totaler Staat, schwaches Eigentum? Vortrag zum Symposium anlässlich des 90. Gründungstages der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M. 14.07.04 Thomas Heberer In meinem Beitrag geht es nicht um die Biographie Wittfogels (1896-1988), der von 1925 bis 1933 an der Universität Frankfurt (Institut für Sozialforschung) tätig war. Eine solche Biografie wurde bereits im Jahre 1978 von G.L. Ulmen vorgelegt. Ich werde auch keine Würdigung seines Gesamtwerks vornehmen. Es geht mir vielmehr um eine neuerliche Betrachtung seines Werkes Die Orientalische Despotie. Eine vergleichende Untersuchung totaler Macht. Ich möchte der Frage nachgehen, ob uns (und wenn ja inwiefern) dieses Werk heute noch einen Beitrag zum Verständnis der gegenwartsbezogenen Chinaforschung und Banalyse zu leisten vermag. Vor allem aber möchte ich den raschen sozio-ökonomischen Wandlungsprozess Chinas in jüngerer Zeit mit Wittfogels Vorstellungen von der Erstarrung Chinas kontrastieren. en dichotomischen Charakter dieses Werkes hat Ulmen mit den Worten umrissen:Oriental Despotism speaks to the present, but analyses the past. It is about Asia, but looks to the West. It condemns Communism, but thanks Marx. Was war Wittfogel, von der Disziplin her gesehen? Einige sehen in ihm einen Sinologen, obgleich die Sinologie selbst ihm bislang keinen Platz in ihrer Geschichte einräumt. Aber immerhin hat er unter A. Conrady und Eduard Erkes in Leipzig Sinologie studiert und sprach und las Chinesisch. Mit Richard Wilhelm stand er in engem Kontakt. Wilhelm war einer der Betreuer seiner Dissertation mit dem Thema Die ökonomische Bedeutung der agrikolen und industriellen Produktivkräfte in China, später der erste Teil seines 1931 erschienenen Buches Wirtschaft und Gesellschaft Chinas. In einer Buchbesprechung in der Zeitschrift Sinica bezeichnete Wilhelm dieses Werk als die erste wirklich bedeutende Analyse der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur Chinas seit Max Weber. Und in der Tat stellte sich Wittfogel bereits mit dem Titel des Werkes in die Tradition Webers, D denn eines von dessen Hauptwerken hieß ja gerade Wirtschaft und Gesellschaft. Wilhelm schien Wittfogels Arbeit geschätzt zu haben, denn auch über das klassenkämpferische Buch Das erwachende China (1926) schrieb er in der Frankfurter Zeitung, es sei das erste Werk auf dem Weg einer Neuschreibung der chinesischen Geschichte von einem neuen historischen Standpunkt aus. Andererseits hat Wittfogel erwähnt, dass die Übersetzungen Wilhelms von großer Bedeutung für sein Verständnis Chinas waren. Andere sehen in ihm einen Soziologen, Sozialanthropologen oder Historiker. Die unterschiedlichen Zuweisungen deuten darauf hin, dass er sich im Grunde nicht nur einer Disziplin zuordnen lässt. Er war Sozialwissenschaftler im weiteren Sinne, Sozialwissenschaftler in der Tradition von Marx und Weber. Wie bei diesen bildete auch bei ihm die Kritik am Kapitalismus und an der bürgerlichen Gesellschaft den Ausgangspunkt seiner frühen Schriften; aber anders als Marx und Weber konzentrierte er sich in seinen Studien auf Asien, schließlich auf China und dessen historische Entwicklung. Seite 23 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Dies hing sicherlich mit seiner frühen Begeisterung für die Oktoberrevolution und die Klassenkämpfe in China zusammen. Die Kritik an der Erstarrung und totalitären Herrschaft der Stalinzeit und schließlich auch der Mao-Ära in China stärkte in ihm den Gedan k en an ei n e Ko ntinuität der asiatischen Despotie, als Ergebnis der von Marx konzipierten und später von Stalin verworfenen These von der asiatischen Produktionsweise. Nun, um was geht es in der Orientalischen Despotie? In Anlehnung an Marx argumentiert Wittfogel, dass sich u.a. in Russland und China eine ganz spezifische Produktionsweise entwickelte, die Marx asiatische Produktionsweise genannt habe. In Gesellschaften in ariden, aber latent fruchtbaren Zonen komme dem Wasserbau und dessen Organisation eine entscheidende Rolle zu. Große Wassermengen könnten nur durch den massenhaften Einsatz von Arbeitskräften reguliert werden. Die Organisation solcher Einsätze sei aber nur über Zwangsrekrutierung, d.h. Zwangsarbeit möglich. Der zentrale Staat unterwerfe alles seinem managerialen Interesse und verwalte Mensch wie Natur gleichermaßen. Von daher hätten sich in solchen Gesellschaften (Wittfogel nennt sie hydraulische Gesellschaften) keinerlei unabhängige soziale Institutionen entfalten können. Dörfer und Städte hätten keine Autonomie entwickeln können, sondern seien Anhängsel des Staates geblieben. Der hydraulische Staat habe auch die Herausbildung einer unabhängigen religiösen Macht verhindert. Im Unterschied zu Europa habe sich in solchen Gesellschaften ein einzigartiges System totaler Macht entwickelt. Terror habe als Instrument zur Durchsetzung des zweckrationalen Optimums der Herrscher gedient. Totale Unterwerfung habe der Staat verlangt, wobei (in China) Prostration (der 叩头 Kotau) sichtbarer Ausdruck dieser totalen Unterwerfung gewesen sei. Totale Einsamkeit (der Herrscher), permanente Unsicherheit der Beamten und Furcht der Individuen seien Kennzeichen dieser Machtverhältnisse. Der Staat habe so stets die Gesellschaft dominiert, sei stärker als die Gesellschaft gewesen. In solchen Gesellschaften komme dem Staat eine ganz besondere Rolle zu, einmal aufgrund der Kontrolle über das Bewässerungssystem, zum anderen auf Grund des staatlichen Monopols des Eigentums an Boden. Beides sei verbunden mit einer politischen und militärischen Übermacht des Staates, B10 C31 D ja, mit politischer Sklaverei. Das gemeinschaftliche Eigentum an Boden habe die verschiedenen Dörfer voneinander isoliert, so dass sie relativ leicht staatlicher Dominanz und Despotie hätten unterworfen werden können. Wittfogel hat diese These aufgegriffen und versucht nachz u weisen, dass die totalitäre Herrschaft in der Karl August Wittfogel. Sowjetunion und in der VR China notwendige Folge und Kontinuum der absolutistischen Herrschaft im Rahmen der asiatischen Produktionsweise sei. Er bezeichnete die orientalische Despotie als die umfassendste Form totaler Macht (S. 5) und die kommunistischen S ys t e m e i n d i e s e n Lä n d e r n a l s a s i a t i s c h e Restauration (S. XV). Unter Berufung auf Lenin argumentierte er, dass unter solchen Bedingungen selbst eine äußerlich erfolgreiche Revolution entarten müsse (S. VII). Während die feudalen Gesellschaften aufgrund einer gewissen Offenheit ein Entwicklungspotenzial besessen hätten, sei die hydraulische Gesellschaft durch Stagnation gekennzeichnet. Gegen Wittfogels Thesen ist in vieler Hinsicht und mit Recht argumentiert worden: # Etwa in Bezug auf die Reduzierung der Staatsfunktion auf hydraulische Prozesse; # dass er übersehen habe, dass der Lößboden im Norden, einem zentralen Ausgangspunkt agrarischer Kultur, semiarid gewesen sei, was den Anbau ohne ausgeklügeltes Bewässerungssystem gestattet habe; # das Herrschaftssystem in China sei keineswegs immer rein despotischer Natur gewesen; # Wittfogels Sichtweise sei eine staatszentrierte; # er habe die Entwicklung in unterschiedlichen Weltregionen simplifiziert, indem er die Existenz einer einheitlichen Produktionsweise unterstellt habe; # schließlich wurde die Reduzierung despotischer Verhältnisse auf einen einzigen Faktor, die Organisation von Wasserbauten, kritisiert. Andere stellten das Gegenmodell der GentryGesellschaft auf: die Existenz einer grundbesitzenden Seite 24 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Klasse, die gleichzeitig die Beamtenschaft gebildet habe, habe die staatlichen Organisationen zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen benutzt. Nicht der zentralistische Staat, sondern partikularistische, familienorientierte Interessen seien primäres Kennzeichen des traditionalen Staatswesens gewesen. Gleichwohl hat Wittfogel mit seinem Bezug auf Marx und Weber der Sinologie eine neue, sozialwissenschaftlich orientierte Richtung gewiesen, und dies bleibt sein unbestreitbares Verdienst. Im Folgenden geht es mir nicht um die Widerlegung einzelner Thesen Wittfogels aufgrund historischer Argumentation. Vielmehr bewegt mich die Frage, was an seiner Argumentation für eine gegenwartsbezogene Analyse nutzbar gemacht werden kann bzw. weshalb sich bestimmte, scheinbar statische gesellschaftliche Verhältnisse dynamisiert haben. Dabei möchte ich B chinabezogen - auf folgende Fragefelder eingehen: # auf das Verhältnis von Staat und Gesellschaft; # auf die Ursachen raschen und radikalen Wandels im Zuge des Reformprozesses seit den 1980er Jahren; # die Frage des Privatunternehmertums; # die Bodenfrage; # das Gesetz des abnehmenden administrativen Mehrertrags und # die Frage der asiatischen Produktionsweise im Hinblick auf das lineare Bild chinesischer historischer Entwicklung. 1. Der Staat ist stärker als die Gesellschaft, er ist total Ein Staat, der stärker ist als die Gesellschaft nennt Wittfogel sein Kapitel über den Staat. Er kennzeichnet den Staat als hydraulischen Staat, der manageriale Aufgaben erfüllt (Managerstaat) und es den nichtstaatlichen Kräften der Gesellschaft unmöglich [macht] , sich zu unabhängigen Körperschaften zusammenschließen, die dem politischen Apparat das Gegengewicht halten können (S. 79). Die Städte waren Anhängsel des Staates und auch der ländliche Raum brachte keine Gegenbewegung gegen den Staat hervor, argumentiert er (123f.). Der Staat bildete vielmehr ein einziges System totaler Macht (S. 141). B10 C31 D Wittfogel hat den Staat gleichsam als monolithischen Block begriffen, der die Gesellschaft total beherrscht. Dass eine solche Auffassung in Widerspruch zu den kontinuierlichen Bauernrevolten und Dynastiestürzen steht, hat er wohl bemerkt, denn er relativiert im Verlaufe seiner Untersuchung die Frage der Totalität: Einerseits sieht er im ländlichen Raum keine Gegenkräfte gegen das hydraulische Regime totaler Macht (S. 123ff.), andererseits argumentiert er, viele Dörfer seien von einer totalen Regelung ihrer Angelegenheiten verschont geblieben (S. 150), was auf eine gewisse gesellschaftliche Unabhängigkeit hinweist. Schließlich erklärt er, es sei nicht gelungen, die Dorfgemeinschaften trotz aller Überwachungsmaßnahmen totaler Kontrolle zu unterwerfen, auch wenn er die Freiheiten dieser Gemeinschaften als belanglos ansieht (S. 176f.). Zugleich war die Politik des Staates personalisiert und von daher nicht einheitlich. Es gab harte und weiche Formen kaiserlicher Herrschaft, staatszentriertere und staatsfernere Herrschafts- und Machtstrukturen. Solange ein Herrscher lebt wird seine Politik ausgeführt, stirbt er, dann endet auch seine Politik. Wittfogels Thesen verraten den Einfluss der Totalitarismusthese auf seine Analyse. Am Schluss seines Buches vertritt er die Auffassung von der asiatischen Restauration, d.h. der Wiederherstellung orientalisch-despotischer Verhältnisse durch die Sowjetunion. Ähnlich argumentiert er in Bezug auf die Volksrepublik China. Das Dilemma des hydraulischen Staates mit seiner totalen Macht findet gleichsam seine Kontinuität in den sozialistischen Systemen. Und in der Tat, unter dem Einfluss der Totalitarismustheorie wurden die sozialistischen Systeme nicht unter dem Aspekt des Wandels, sondern unter dem Aspekt der Stagnation untersucht. Diese wissenschaftliche Sackgasse führte allerdings zu einseitigen und wenig differenzierten Schlussfolgerungen. Nehmen wir etwa die von Friedrich und Brzezinski aufgelisteten Kriterien für totalitäre Staaten, nämlich: # eine Ideologie, # eine Partei, # terroristische Geheimpolizei, # Nachrichtenmonopol, # Waffenmonopol und # zentralisierte Wirtschaft, Seite 25 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 dann scheinen sie auf die VR China der 50er Jahre weitgehend ebenso zuzutreffen wie auf das China der Kulturrevolution und das gegenwärtige China. Ein totalitäres System scheint ohne prinzipielle systemische Transformation nicht wandelbar zu sein. In sozialistischen Ländern, speziell in der VR China, schien ein starker Staat einer schwachen Gesellschaft gegenüberzustehen, wobei das System die Menschen vereinzelte und gegenüber dem Staat machtlos werden ließ. Entsprechend dominierten in den Analysen Eliten, die Bürokratie und deren Verhalten, zentrale Institutionen und makroökonomische Prozesse. Der gesellschaftliche Alltag, die Rolle der Clanorganisationen und ihrer Verflechtungen, die Rolle der Märkte als Kommunikationszentren, der Landsmannschaften und Geheimgesellschaften als informelle Organisationsnetzwerke und der Volksreligion als Stimulus für die Bildung von Sekten und Widerstandsbewegungen, d.h. die Selbstorganisation der Gesellschaft hat Wittfogel unterschätzt bzw. übersehen. Auch informelle Protestströmungen in der Bevölkerung, im Falle Chinas speziell der Bauernschaft, blieben weitgehend ausgespart. Seine moderne Fortsetzung fand dieser Zentrismus in der berühmten Kremlogie, dem Starren auf das Politbüro, das den Blick auf Protest- und Widerstandsverhalten sowie Veränderungsprozesse von unten her versperrte. Joel Migdal hat diese unkritische Konzentrierung auf die Machtspitze und den Staat einmal verglichen mit dem Starren auf eine Mausefalle, ohne geringstes Verständnis von der Maus. Die gesellschaftlichen Kräfte, etwa die Landbevölkerung, spielen in Wittfogels Untersuchung keine Rolle. Mit dieser einseitigen Sichtweise eines staatszentrierten Politikbegriffs, der die Selbstorganisation der Gesellschaft übersieht, steht er nicht alleine. In politischen Analysen von Entwicklungsländern spielte und spielt z.B. die Bauernschaft eine eher marginale Rolle. Bauern gelten als schwach, zerstreut, unorganisiert, rückständig, konservativ; sie scheinen nur wenig Einfluß auf politische Entscheidungsprozesse auszuüben und wurden daher als eine zu vernachlässigende Komponente angesehen. Dies gilt auch für die Diskussion über Modernisierungs- und Demokratisierungsprozesse, wo, wie in der Transitionstheorie, nur Eliten oder städtische Schichten eine Rolle in Demokratisierungsprozessen B10 C31 D zu spielen scheinen oder wo die Bauernschaft per se als Moment zur Aufrechterhaltung autoritärer Momente begriffen wird (Autoritätskultur). Von sich reden machte sie nur in revolutionären Prozessen, in Form von Guerrilaarmeen, wobei die Bauern aber weitgehend als eine von intellektuellen Führern gelenkte Masse beschrieben wurden. Stellvertretend für viele andere Wissenschaftler sprach Carl Schmitt vom tellurischen Charakter der Bauernguerilla als transportables und auswechselbares Werkzeug einer mächtigen, Weltpolitik treibenden Zentrale, die je nach Sachlage willkürlich hin- und hergeschoben würde. Gering bewertet wurden die spezifischen Formen bäuerlichen Protestverhaltens, die in bäuerlichen Gesellschaften nicht ohne Wirkung bleiben und damit Politik beeinflussen, wie falsche Angaben über Erträge, Anbauflächen und Einkommen, Abgabe minderwertiger Ernteerträge an den Staat, Verweigerungshaltung gegenüber staatlichen Anordnungen, Steuerhinterziehung, Schlendrian, Diebstahl, Zerstörung öffentlichen Eigentums usw. Zwar hat Wittfogel die Existenz solch informeller Protestformen durchaus festgestellt (vgl. S. 413ff.). Er hat allerdings übersehen, dass auch derartiger Alltagswiderstand aufgrund der hohen sozialen und ökonomischen Kosten auf Dauer politische Veränderungen erzwingen kann. In Gesellschaften, in denen andere Formen der Artikulation von Unzufriedenheit nicht möglich sind, manifestiert sich in solchem Verhalten der Widerstand der Bauern. Protestverhalten dieser Art mag sich in Zeiten politischer Repression subtiler gestalten, wird in Zeiten wirtschaftlicher und politischer Liberalisierung dagegen offener und massiver. Vaclav Havel hat in diesem Sinne einmal von einem unabhängigen Leben der Gesellschaft, das auch in Zeiten politischer Repression nie ganz verschwunden sei, gesprochen. Ein solch unabhängiges Leben, stimuliert durch die Armut und existentielle Not der Bauernschaft, hat den chinesischen Reformprozess letztlich in Gang gesetzt. Es war die Bauernschaft in Armutsgebieten, die das, was später von der Parteiführung als Reform bezeichnet wurde, in ihrer Not spontan zu praktizieren begann: die Aufteilung des Bodens unter die Familien und die Rückkehr zu familiärer Bewirtschaftung. Die allzu einseitige Analyse von Makrozuammenhängen hat u.a. dazu geführt, dass der Zusammenbruch der sozialistischen Systeme in Osteuropa und Seite 26 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 in der ehemaligen Sowjetunion von den Sozialwissenschaften nicht einmal ansatzweise prognostiziert wurde. Überdies muss die Vorstellung von Staat als einheitlichem und homogenem Phänomen und Akteur grundsätzlich hinterfragt werden. Nicht nur Wittfogel, auch die Theorie des ostasiatischen Entwicklungsstaates oder Modelle staatsgeleiteter Wachstums- und Wandlungsprozesse stellten den Zentralstaat, seine Politik und sein Durchsetzungsvermögen in den Mittelpunkt der Betrachtung, im Sinne eines starken Staates. Neuere Ansätze haben den Begriff des Staates dekonstruiert und stärker auf das Interaktionsgefüge Staat/Gesellschaft fokussiert. So geht etwa der akteurzentrierte Institutionalismus davon aus, dass soziale Phänomene als das Produkt von Interaktionen zwischen intentional handelnden, individuellen, kollektiven oder korporatistischen Akteuren begriffen werden müssen. Das Verhältnis Staat/Gesellschaft ist keineswegs nur eine Beziehung zwischen Zentralstaat und Gesamtgesellschaft, weil beide sich in verschiedene vertikale und horizontale Ebenen und Organisationen gliedern. Der Staat steht nicht einfach der Gesellschaft gegenüber, sondern stellt analytisch gesehen einen Satz von Regeln und Institutionen dar, die eng mit der Gesellschaft verwoben sind und diese mit gestalten. Staat begreife ich dabei weniger im Sinne von Strukturen als im Sinne eines Prozesses. Denn die vertikal-regionalen Untergliederungen des Staates und die horizontale Differenzierung aufgrund zunehmender Arbeitsteilung, der Institutionenwandel sowie das sich ver鋘 dernde Interaktionsverh鋖tnis Staat/Gesellschaft in dem Prozess rasch fortschreitenden Wandels l鰏 en die Vorstellung von stabilen Staatsstrukturen, einheitlichem Handeln und klarer Abgrenzung zunehmend auf. Diese Hypothese ist wichtig, um den Ver鋘 derungsprozess im Beziehungsgef黦 e Staat/Gesellschaft pr鋑nanter erfassen zu k鰊nen. In Entwicklungsprozessen ist nicht der totale Staat gefragt, sondern ein Staat, der Staatskapazität besitzt. Von der Perspektive eines Zentralstaates her bedeutet dies zunächst, dass ein Staat über das Potenzial verfügt, politische Entscheidungen durchzusetzen. Theda Scocpol hat Staatskapazität definiert als to implement official goals, especially over the B10 C31 D actual or potential opposition of powerful social groups or in the face of recalcitrant socioeconomic circumstances. Von daher bezieht sich Staatskapazität nicht nur auf die abstrakte Fähigkeit eines Staates ökonomisches Wachstum, Recht und Ordnung, den Ausgleich von Disparitäten oder äußere Sicherheit durchzusetzen bzw. herzustellen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen ökonomischer und gesellschaftlicher Liberalisierung Chinas, die verbunden ist mit der Herausbildung neuer sozialer Gruppen und differenzierterer Interessen, verlangt Staatskapazität im Sinne der Gestaltung eines Staatswesens zwei weitere Momente, die gesellschaftliche Akteure vom Staat erwarten: Lernfähigkeit und Verhandlungskompetenz. Staatskapazität ist inzwischen nicht mehr nur bloße Durchsetzungsmacht, sondern umfasst auch das Moment der Verhandlungskapazität und der Verhandlungskompetenz. Bezogen auf die gegenwärtigen Staatsfunktionen muss die o.g. Viererkategorie in diesem Sinne erweitert werden. Bedeutet doch Staatskapazität heute in stärkerem Maße auch das Vermögen, neue soziale Gruppen, Verbände und Organisationen in Verhandlungsprozesse einzubeziehen und einen Ausgleich zwischen partikularistischen Interessen zu finden. Teil dieser Kompetenz ist das Moment des Staatslernens, d.h., dass der Staat aus vergangenen Fehlern und Mißerfolgen (politischen Erbschaften) Schlußfolgerungen zieht, die zu einer anderen oder korrigierten Politik führen. Es handelt sich von daher um einen Anpassungsprozess an veränderte Sachund Problemlagen. Lernen bedeutet dabei auch die Suche nach neuen, von staatlichen Akteuren akzeptierten Problemlösungen, wobei nicht der Staat in toto Lernender ist, sondern bestimmte staatliche Segmente (Organisationen, Institutionen, Regionen). Dies beinhaltet verschiedene Stufen von Lernen und verschiedene Dimensionen von Lernprozessen. In diesem Sinne impliziert Staatskapazität (hier primär bezogen auf innerpolitische Prozesse) die folgenden Momente: # Legitimität im Sinne der von den Bürgern akzeptierten Rechtmäßigkeit des politischen Systems; # Steuerungs- und Kontrollkapazität im Sinne sozialer Kontrolle und Lenkung; # Durchsetzungsressourcen (Finanz- und Zwangsmittel sowie personelle Ressourcen); Seite 27 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 # Verhandlungskapazität, d.h. das Vermögen, neue soziale Gruppen, Verbände und Organisationen in Verhandlungsprozesse einzubeziehen und einen Ausgleich zwischen partikularistischen Interessen zu finden; # Lernkapazität, d.h. die Fähigkeit, aus Fehlern und Mißerfolgen zu lernen. Der Reform- und Modernisierungsprozess seit den 1980er Jahren hat gezeigt, dass der chinesische Staat zwar Kompetenzen abgegeben und nach unten hin verlagert hat. Er hat dadurch sein Kapazitätsvermögen jedoch nicht geschwächt, sondern durch die genannten fünf Kapazitätsmuster im Gegenteil entscheidend gestärkt. 2. Wie verträgt sich Wittfogels These von der Unveränderlichkeit der orientalischen Despotie mit dem radikalen Wandel Chinas nach der modernen Despotie der Kulturrevolution? Weshalb, so ist zu fragen, konnte sich China vom vermeintlich stationären, unveränderlichen Beharrungsvermögen der hydraulischen Gesellschaft befreien und sich vom Hort der Stagnation zu einem der weltweit dynamischsten Gesellschaften entwikkeln? Zunächst, mit Beharrungsvermögen ist nicht Unveränderlichkeit gemeint. Es gab durchaus Wandel und Wandlungsprozesse im dynastischen China, aber die grundlegenden Institutionen haben sich eher langsam verändert. Überdies hat China bis Anfang des 20. Jahrhunderts keine Revolutionen hervorgebracht, sondern, wie Barrington Moore mit Recht argumentiert, nur Rebellionen, d.h., die Grundstrukturen der Gesellschaft wurden nicht verändert. Einschneidende Veränderungen brachte das Trauma des Opiumkrieges, mit dem Großbritannien die Aufhebung des Opiumverbots durch den Kaiserhof und die weitere ungehinderte Einfuhr des Rauschgiftes nach China durchsetzen wollte. Militärische Niederlagen gegen europäische Mächte und deren militärtechnische und ökonomische Überlegenheit ließen innerhalb Chinas die Frage nach einer Modernisierung aufkommen. Der Sturz der letzten Dynastie, der 清 Qing-Herrschaft, im Jahre 1912, die Vierte Mai-Bewegung, gewisse zivil- B10 C31 D gesellschaftliche Entwicklungen während der Republik China vor 1949 haben das Beharrungsvermögen unterminiert. Vor allem aber der Reformprozess seit den frühen 80er Jahren hat eine fast unglaubliche Dynamik in Gang gesetzt. Was waren die Gründe für diesen einsetzenden Dynamikprozess? Meines Erachtens ist das folgende Faktorenbündel dafür verantwortlich: # Das kollektive Trauma der gewaltsamen Öffnung durch ausländische Mächte im 19. Jhdt. (Opiumkrieg) und der in der zweiten Hälfte jenes Jahrhunderts als Folge dieses Traumas einsetzende Modernisierungsimpetus unter den Intellektuellen und politischen Eliten. # Der nationalistische Charakter der chinesischen Revolution und der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Dieser Charakter bewirkte nicht nur, dass ein eigener, unabhängiger Weg der Entwicklung gesucht wurde, sondern auch, dass eine nationalistisch gesinnte Entwicklungselite zur Verfügung stand, die China modernisieren und mächtig werden lassen wollte. # Kein Revolutionsexport durch die sowjetischen Streitkräfte, sondern hausgemachte Machtergreifung durch die KPCh, gepaart mit einem entsprechenden politischen Selbstbewusstsein. # Die Suche nach einem national definierten chinesischen Entwicklungsweg als Alternative zu fremdbestimmten (das politische und wirtschaftliche Konzept Maos, der Bruch mit der Sowjetunion ab Ende der 50er Jahre, der Große Sprung nach vorn oder die Kulturrevolution müssen als Teil dieses Nationalisierungsprozesses begriffen werden). Anders als die osteuropäischen Länder war China in seinen Entscheidungen daher relativ unabhängig und musste keinem fremdbestimmten Modell folgen. # Anders als in der Sowjetunion war es der KPCh nicht gelungen, die Macht der Bauernschaft zu brechen. Alle Kollektivierungsbemühungen mündeten stets wieder in Entkollektivierungsversuchen von unten (1957, 1961/62, 1975-78). Dieses permanente Spannungs- und Konfliktfeld zwischen der sozialistischen Stadt und den Bauern endete mit dem Sieg der Bauernschaft Ende der 1970er Jahre (Landwirtschaftsreform und Rückkehr zur Familienbewirtschaftung). # Das Trauma der Kulturrevolution wirkte als Negativerfahrung für Eliten und Bevölkerung und Seite 28 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 mündete in einen Reform- und Öffnungsprozess. Die permanenten politischen Kampagnen der Mao-Ära, vornehmlich die Kulturrevolution, hatten in der davon betroffenen Führungselite die Überzeugung gestärkt, dass das wirtschaftliche und das institutionelle System von Partei und Staat einer grundsätzlichen Reformierung bedurften. So etwas wie die Kulturrevolution sollte sich nicht mehr wiederholen. # Schwächung der revolutionsorientierten Elite durch die Kulturrevolution und damit Schwächung des antireformerischen Potenzials. Die reformunwillige Elite wurde in zwei Schüben (große Viererbande 1976, kleine Viererbande Ende 1978) von der Macht entfernt. # Sozio-kulturelle Dispositionen (wie die Existenz einer reformorientierten Elite sowie eine spezifische Wirtschaftspsychologie und Unternehmenskultur). Diese Faktoren erleichterten oder ermöglichten China einen anderen Entwicklungsweg als den der Sowjetunion oder der sozialistischen Länder Osteuropas, begünstigten die Einleitung wirtschaftlicher Reformen unter der Herrschaft einer kommunistischen Partei ohne ökonomischen und politischen Verfall und erzeugten eine gewaltige Dynamik ökonomischen und gesellschaftlichen Wandels, gekennzeichnet durch # die Herausbildung marktwirtschaftlicher Strukturen, # eine Diversifizierung des Eigentumsystems mit dem Schwerpunkt Privatwirtschaft, # die Entstehung neuer Schichten und Eliten, # die Ökonomisierung von Politik, # einen Werte- und Einstellungswandel, # neue Formen gesellschaftlicher Organisation, # Wanderungsbewegungen der ländlichen Bevölkerung (Migration) und schließlich den # Wandel der KPCh von einer Klassen- zu einer Volkspartei. Wittfogel konnte eine solche Entwicklung nicht vorhersehen. Er war der Auffassung, die agrarische Monopolbürokratie verhindere die Ausbildung einer pluralen Gesellschaft aus dem Innern heraus, so dass es des Einwirkens äußerer Kräfte bedürfe, um grundlegenden Wandel herbeizuführen. Die Entwicklung Chinas hat aber gezeigt, dass die Dynamik des Wandels primär inneren Faktoren entsprungen ist. Das System totaler Macht ist einem autoritären System gewichen, das sich zunehmender, B10 C31 D gradueller Pluralisierung der Gesellschaft nicht entzieht, sondern sich als fragmentierter Autoritarismus darstellt: mit unterschiedlichen Interessengruppen, verschiedenen, scheinbar miteinander unvereinbaren Entwicklungsmodellen und einer Partei, die die wachsende Interessenvielfalt innerhalb des Landes nicht mehr zu repräsentieren vermag. 3. Die Frage des privaten Eigentums und Unternehmertums Die Eigentumsfrage nimmt bei Wittfogel einen zentralen Stellenwert ein. Er konstatiert die Dominanz von Staatseigentum auch im industriellen Bereich, das diesen monopolistisch beherrscht habe, auch wenn individuelles Eigentum weit verbreitet sei. In der nachgeordneten Rolle individueller Eigentumsrechte sieht er einen Kernfaktor der hydraulischen Gesellschaft. Die Erbteilung (Aufteilung des Bodens unter alle Söhne) habe allerdings die Herausbildung größerer Latifundien verhindert. Wie schon Montesquieu, Hegel und Marx sieht Wittfogel in dieser Dominanz und der Schwäche des Privateigentums eine der Ursachen für den orientalischen Despotismus. Wittfogel unterscheidet zwischen starkem und schwachem Eigentum, wobei er Eigentum hier stärker als politische Institution begreift. Starkes Eigentum entwickelt sich in einer gesellschaftlichen Ordnung, die so ausgewogen ist, daß die Eigentumsinhaber über _ihre= Sachen mit einem Höchstmaß an Freiheit verfügen können (S. 292f.), während schwaches Eigentum sich in einer gesellschaftlichen Ordnung ohne solche Freiheit darstelle. Unter Bedingungen starken Eigentums waren die Eigentümer oder Unternehmer in der Lage, der staatlichen Macht Grenzen zu setzen. Im Falle schwachen Eigentums schränkte der Staat die Entwicklung des Privateigentums durch politische, steuerliche oder gesetzliche Momente ein. Die hydraulische Gesellschaft sorgte für einen ungewöhnlich starken Staat und außerordentlich schwaches Eigentum. Zwar gab es im traditionalen China Privateigentum, aber es überwog das, was Wittfogel als Bettlerbesitz (S. 373f.) klassifizierte: wirtschaftlich zerstückelter und politisch machtloser Seite 29 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Besitz von Handwerkern und Bauern. Kleinbesitz überwog absolut, schaffte auch ökonomische Antriebe, aber keine politische Macht. Selbst das Eigentum der größeren Kaufleute blieb im kaiserlichen China ohne Gewicht. Diese These ist insofern interessant, als sie zum Verständnis der Frage beiträgt, weshalb sich in der Kaiserzeit, aber auch danach, weder die Städte noch ihre Bürger Emanzipationspotenzial entwickeln konnten. Die Schwäche des einheimischen Bürgertums erleichterte die Machtübernahme durch die bäuerlichen Armeen, die tatsächlich nichts zu verlieren hatten. Die kleinbäuerliche Wirtschaft und ihre technologische Rückständigkeit machten einen Zusammenschluss der Gesellschaft ökonomisch unmöglich, weil ein solcher Zusammenschluss weder über den Warenaustausch noch über die Vegesellschaftung der Arbeit möglich war. Und dies war ein wichtiger Grund dafür, weshalb die KPCh in der Mao-Ära einen Zusammenschluss im politischen Bereich, nämlich im Primat der Politik suchte. Die von Wittfogel konstatierte Tendenz, Privateigentum schwach, den Staat hingegen stark zu machen, ging mit der politischen und ideologischen Diskriminierung von Unternehmertum einher. Er verweist hierbei auf einen Diskurs in der 汉 Han-Zeit (206 v.- 220 nach Chr.), der sich u.a. gegen Privatbetriebe mit mehr als tausend Beschäftigten wandte, da eine solche Anhäufung von Menschen Gelegenheit zu verräterischer Tätigkeiten bieten könne (S. 410). Harro v. Senger spricht in diesem Sinne von einer anti-kapitalistischen Tradition, die bis in das erste vorchristliche Jahrhundert zurückreiche, als nämlich beschlossen worden sei, die beiden wichtigsten Produktionsmittel jener Zeit (Salz und Eisen) nicht in Privateigentum zu belassen, sondern in Staatsmonopol zu überführen. Vorurteile gegenüber Privateigentum und Unternehmertum, die sich - historisch gesehen - auf Kaufleute und Handwerker beziehen, besitzen in China also Tradition. Bereits in vorchristlicher Zeit unterlag der Handel staatlichen Eingriffen, wurde er diskriminiert oder durch wirtschaftspolitische Maßnahmen beschnitten. Im Gegensatz zum Agrarsektor, der die unmittelbare Versorgung sicherstellte, wurde der Handel als unproduktive, nur nach Gewinn strebende Tätigkeit angesehen, der Gewinne nur auf Kosten anderer B10 C31 D zu machen schien. 儒家 Konfuzianer, 道家 Daoisten und 法家 Legalisten sahen im Streben nach Luxus und Geld gleichermaßen einen Mangel an Moral und Tugend. Von daher galten Kaufleute als zersetzende Kraft und Gefahr für die soziale Ordnung, gerade weil Erwerb von Reichtum Unterdrückung und Ausbeutung impliziere. Der Gelderwerbstrieb wurde zudem als Grundlage einer alternativen Prestigeleiter und damit als politischer Risikofaktor angesehen. In der Dichotomie 公 öffentlich - 私 privat wurde das Erstere stets positiv im Sinne von gemeinsam oder gemeinschaftlich bewertet, das Letztere als selbstsüchtig oder egoistisch. Diesem Verständnis zufolge ist altruistisch, wer im Interesse des Allgemeinwohls tätig ist, egoistisch, wer für sich selbst wirkt. Über massive Steuerabschöpfungen und administrative Hindernisse suchte die Bürokratie die Entwicklung von Handel und Handwerk zu beschränken. Die Folge war, dass Handel und Handwerk sich aufgrund der Stigmatisierung von Kaufleuten und Unternehmertum kaum entwickeln konnten. Erworbener Reichtum wurde zur Erhöhung des Sozialprestiges oder für die Ausbildung der Kinder verwendet, aber nur selten reinvestiert. Dies hing auch mit der niedrigen sozialen Stellung der Händler und Handwerker zusammen, die auf den untersten Stufen der Sozialhierarchie angesiedelt waren, nach den Beamten-Literaten und den Bauern. Mit der Etablierung eines sozialistischen Systems ging die traditionelle Stigmatisierung eine Synthese mit der sozialistischen ein. Privatwirtschaftliche Tätigkeiten wurden neuerlich eingegrenzt und verboten. Gängige Vorurteile, die - über die Kaufleute hinaus - die Selbständigen als geldgierig, protokriminell, unmoralisch und unsozial kennzeichnen, sind bis in die Gegenwart hinein weit verbreitet. Galt in der konfuzianischen Geistesgeschichte das Streben nach Geld und Reichtum als eher unmoralisches Verhalten, so perpetuierte die chinesische Interpretation der marxistisch-leninistischen Ideologie schließlich diese Sichtweise. Nicht zuletzt der Reformprozess und die damit verbundene Herausbildung marktwirtschaftlicher Strukturen führten allerdings zu einem graduellen Einstellungswandel. Das Streben nach monetären Zielen und Reichtum wird heute nicht mehr so negativ bewertet wie vor Reformbeginn. Vor allem Seite 30 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 unter der Jugend gilt die Erzielung hoher Einkommen als wichtiges Lebensziel. Unternehmer wiederum bilden eine soziale Gruppe, deren Tätigkeit zwangsläufig gewinnorientiert sein muss. Inzwischen wird akzeptiert, dass anders als Kaufleute, die Güter kaufen und verkaufen, Unternehmer einen Produktionsprozess organisieren. Sie schaffen in größerem Umfang Arbeitsplätze, zahlen Steuern und Abgaben, tragen zur Verbesserung der lokalen Infrastruktur bei und erhöhen - soweit es sich um größere Unternehmen handelt - das Prestige des Ortes, in dem sie angesiedelt sind, sowie seiner Funktionäre. In der Regel wird von ihnen auch eine öffentliche Verantwortlichkeit verlangt, d.h., dass sie die lokale Gemeinschaft an den Vorteilen ihrer Unternehmertätigkeit partizipieren lassen (etwa durch Schaffung von Arbeitsplätzen, Investitionen in die lokale Infrastruktur, Wohltätigkeitsspenden). Von daher üben sie durchaus eine öffentliche Funktion aus, sind also - informelle - gesellschaftliche Funktionsträger. Informell deshalb, weil der lokalen Bürokratie häufig nicht klar ist, dass es sich bei den größeren Privatunternehmern realiter um Funktionsträger handelt, die über wirtschaftliche Aufgaben hinaus zugleich wichtige gesellschaftliche Aufgaben wahrnehmen. Allerdings ist die Geringschätzung von Handel und Kaufleuten keinswegs nur ein chinesisches oder konfuzianisches Moment. Sowohl in der europäis ch en Ges ch i ch t e wi e au ch i n den meisten Entwicklungsländern wurden sie als negative Tätigkeitsfelder begriffen. Wie Shils gezeigt hat, erwarteten die politischen Eliten von den Kaufleuten und Unternehmern keinen substanziellen Beitrag zur ökonomischen Entwicklung. Größere Unternehmen, so Shils, gerieten unter die Vorurteile, die die Intellektuellen und Intellektuellenpolitiker gegenüber privaten Unternehmen hegten. Seit den 90er Jahren hat sich die Bewertung von Unternehmertum in China grundsätzlich gewandelt. Dabei ist die Diskussion über den Unternehmer vergleichsweise neu, da es den Unternehmer nicht mehr gab bzw. nicht mehr geben durfte. Die Bezeichnung als Kapitalist oder Bourgeois wies ihnen in den 50er Jahren einen antisozialistischen Charakter zu und stellte sie außerhalb der Gesellschaft. Nachdem nach der Sozialisierung der Privatunternehmen als Unternehmensführung nur noch das Duo Betriebsdirektor/-parteisekretär B10 C31 D existiert hatte, traten mit den Wirtschaftsreformen in den 80er J ahren wieder kleine Selbständige (`IndividualwirtschaftendeA) und schließlich Privatunternehmer auf: Abb. 1: Vom Kapitalisten zum Unternehmer Schaubild: Heberer. Die Rehabilitierung des Unternehmers wurde mit einer Debatte über seine Funktion verknüpft. Chinesische Unternehmer mussten einfach anders sein als westliche Kapitalisten. Sie waren entweder sozialistische Unternehmer, weil sie im Interesse des Sozialismus B so die Argumentation B wirkten, oder chinesische Unternehmer, die zum Aufbau der Nation beitrugen. Von daher unterschieden sie sich grundsätzlich von reinen Ausbeutern und wurden akzeptabel. Traditionelle, konfuzianische Vorstellungen von Unternehmern, die - kontrolliert - im Interesse von Staat und Gesellschaft wirken und sich korporatistisch in bestehende Strukturen einbinden lassen, wirken hier nach. Der chinesische Unternehmer soll Patriot sein, d.h., sich mit dem politischen System und seinen Werten identifizieren. Er soll zugleich moralisch hochstehend sein, eine gute Ideologie und einen guten Arbeitsstil besitzen und sich entsprechend selbst vervollkommnen. Dieser Pragmatismus, der die politische und Wirtschaftskultur Chinas so nachhaltig geprägt hat, schlägt sich nicht zuletzt in dem Beschluss des XVI. Parteitags von 2002 nieder, den Unternehmern den lange verwehrten Parteieintritt zu gestatten, da sie ebenso wie Arbeiter, Bauern und Intellektuelle Teil Seite 31 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 des Volkes seien und sich für die Modernisierung Chinas einsetzten. Eine wichtige Eigenschaft von Chinesen besteht in einem ausgeprägten Pragmatismus. Weltanschauliche, religiöse oder politische Auffassungen wurden immer wieder über Bord geworfen, wenn sie den aktuellen Bedingungen oder der sich verändernden Lage nicht mehr entsprachen. Nicht nur die obige Unternehmerdiskussion und Bbewertung, sondern auch das Statut der Kommunistischen Partei bietet dafür ein Beispiel. Der jeweilige Wandlungsprozess der KPCh und der ideologische Paradigmenwandel manifestieren sich exemplarisch im Wandel von Formulierungen im Parteistatut: Aussagen im Parteistatut der KPCh (1956-2002) 1956: Der Marxismus-Leninismus ist die Richtschnur des Handelns der KP Chinas. 1982: Der Marxismus-Leninismus und die Maozedong-Ideen sind die Richtschnur des Handelns der KP Chinas. 1997: Der Marxismus-Leninismus, die MaozedongIdeen und die Deng-Xiaoping-Theorie sind die Richtschnur des Handelns der KP Chinas. 2002: Der Marxismus-Leninismus, die MaozedongIdeen, die Deng-Xiaoping-Theorie und das wichtige Gedankengebäude der _Drei Vertretungen= sind die Richtschnur des Handelns der KP Chinas. Der Übernahme des sowjetischen Weges (Kennzeichen: Marxismus-Leninismus) Anfang der 1950er Jahre folgte die politische Sinisierung durch die Maozedong-IdeenA Anfang der 80er Jahre und schließlich die Ökonomisierung durch Einbau der Deng-Xiaoping-Theorie in den 90er Jahren, eine Theorie, die im Prinzip wirtschaftliche Entwicklung plus Kontrolle durch die Partei impliziert. Bilden doch die Ideen Dengs kein zusammenhängendes Theoriegebäude, sondern lediglich einen Leitfaden mit pragmatischen Anleitungen. Dengs Katz-MausTheorie (Egal ob schwarze oder weiße Katze, Hauptsache, sie fängt Mäuse) war Ausgangspunkt für die Konzentrierung der Makropolitik auf die Wirtschaft und damit auch Ausgangspunkt für die Ökonomisierung. Die sozio-ökonomische Entwicklung schlägt sich zugleich also in einer Veränderung der Grundprin- B10 C31 D zipien der Partei nieder. So wurde die sozialistische Marktwirtschaft zum Ziel der Parteipolitik und die Ausbildung zu dieser Marktwirtschaft zum Grundkanon der Parteihochschulen erklärt. Die Erhebung der 邓小平理论 Deng-XiaopingTheorie zur Leitideologie der Partei durch den XV. Parteitag (1997) sowie die vom damaligen Parteichef 江泽民 Jiang Zemin vorgetragenen 三个代表 Drei Repräsentationen, d.h. dass die KP sich der dreifachen Aufgabe gegenübersehe, (a) die Wirtschaft auf eine moderne Grundlage zu stellen und den Lebensstandard der Bevölkerung zu heben; (b) eine Gesellschaft mit hohem moralischem und Bildungsstandard zu schaffen und (c) die Interessen aller Teile der Bevölkerung zu berücksichtigen, stehen ebenfalls für das Zurücktreten ideologischer gegenüber pragmatischen Momenten. Letztlich schlägt sich hierin der Wandels von einer Klassen- zu einer Volkspartei (Partei des ganzen Volkes) nieder. China befindet sich heute in einem Transitionsprozess, um in Wittfogels Diktion zu sprechen, in einem Übergang von schwachem zu starkem Eigentum. Der Privatsektor ist Motor des Wachstums und Ursprung der hohen Wachstumsraten. An anderer Stelle habe ich gezeigt, dass und in welcher Form die Unternehmer auf die Gestaltung von Politik- und Wirtschaftsprozessen einwirken und damit politischen output beeinflussen. Belegen ließe sich diese Transition ferner durch das Faktum, dass im März 2004 der Schutz privaten Eigentums bzw. privaten Vermögens ausdrücklich in der Verfassung verankert wurde, ein weiterer Schritt im Hinblick auf die Stärkung privaten Eigentums und der privaten Unternehmerschaft. Wenn Wittfogels Argument, dass der Bestand der hydraulischen Gesellschaft von der Aufrechterhaltung ihrer Eigentumsverhältnisse durch den Staat abhängig sei (S. 370ff.), stimmt und wenn es stimmt, dass Privateigentum ein entscheidendes Mittel zur Überwindung der vom Staat überwucherten asiatischen Gesellschaft (S. 549) ist, dann belegt die jüngere Entwicklung Chinas in der Tat, dass die Rückkehr der Privatwirtschaft und der damit verbundene Aufstieg des Unternehmertums die sozio-ökonomischen Strukturen Chinas verändert haben. Doch auch dieser Anstoß kam nicht von außen, sondern war Ergebnis ökonomischer Notwendigkei- Seite 32 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 ten, um den Zusammenbruch der Wirtschaft Ende der 70er Jahre zu verhindern. 4. Die Frage des Bodeneigentums In der hydraulischen Gesellschaft war der Boden staatlich reguliert. Auch wenn das Bodeneigentum B historisch gesehen - formal einer fiktiven Dorfgemeinde gehörte, so konnte der Staat gleichwohl den Ankauf von Ländereien verhindern oder Boden zuweisen und verkaufen. Immer wieder griff er in die Gestaltung des Bodeneigentums regulierend ein und verteilte den Grund und Boden, um einer Bodenkonzentration und damit sozialen Konflikten entgegen zu wirken. Ein spezifisches Bodenausgleichssystem in Form umschichtiger Landzuteilung sollte das Entstehen großer Güter verhindern. Zwar billigte der Staat jahrhundertelang das Überwiegen von Privateigentum an Boden, schränkte die Nutzung durch Vorschriften über Anbau und ein zerstückelndes Erbrecht allerdings immer wieder ein und erhob beträchtliche Steuern auf Bodeneigentum. Von daher war das Bodeneigentum zweifellos schwaches Eigentum im Sinne Wittfogels. Es blieb auch in der Geschichte der Volksrepublik schwaches Eigentum. Zwar verteilte die Partei den Boden durch die Landreform unter die Bauernschaft, um die unmittelbare Unterstützung der Landbevölkerung zu erhalten, der Boden wurde aber schon nach wenigen Jahren schrittweise kollektiviert. Rechtlich ist er heute Eigentum der Dorfgemeinschaften, realiter wird er (vom Staat) aber wie Staatseigentum behandelt. Die Konflikte um das Bodeneigentum haben sich in den letzten Jahren zugespitzt. Häufig requirieren lokale Funktionäre im Namen der Urbanisierung oder Industrialisierung Boden und verkaufen diesen an Unternehmen oder Immobilienspekulanten, wobei sie die dadurch erwirtschafteten Einnahmen in die eigene Tasche stecken. Ich selbst erlebte im August 2003 eine Demonstration von Bauern aus der nordwestchinesischen Provinz 山西 Shanxi vor dem Ministerium für Bodenverwaltung. Eine Gruppe von ca. 40 Bauern und Bäuerinnen hatte sich dort niedergelassen, um gegen den Verkauf ihres Bodens durch korrupte Dorffunktionäre zu protestieren. Wiederholt hatten sie in ihrer Kreisstadt, der Provinzhauptstadt und in Peking gegen B10 C31 D diese illegalen Machenschaften protestiert. Ohne Erfolg. In einer eigens zusammengestellten Dokumentation legten sie diese Machenschaften offen. Durch die Requirierung des Bodens war ihnen die Möglichkeit zu landwirtschaftlicher Betätigung und damit zu jeglichem Einkommen genommen worden. Sie hungerten, teilweise mussten sie ihre Kinder verkaufen, um überleben zu können. Mitarbeiter des Ministeriums, die ich darauf ansprach, wiesen darauf hin, dass die Zahl derartiger Fälle im Land so groß sei, dass sie sich nicht um jeden Einzelfall kümmern könnten. Selbst der Minister für Bodenverwaltung wurde im Oktober 2003 wegen der Verwicklung in illegale Grundstücks- und Immobiliengeschäfte entlassen. In der Tat werden die Bauern häufig gar nicht oder nur unzureichend entschädigt. Das 2004年社 会蓝皮书 Blaubuch der chinesischen Gesellschaftsentwicklung für das Jahr 2004 konstatiert, dass Bodenkonflikte einer der zentralen Konfliktfaktoren im ländlichen Raum darstellten. Vielfach steckten die Dorfkader einen Teil der Entschädigungssumme oder den gesamten Betrag in die eigene Tasche. Allerdings gibt es unterschiedliche Formen des Widerstandes bzw. der Behandlung der Bodenfrage. Vor allem in ärmeren Gebieten, in denen der Boden im Interesse vorgeblicher Wirtschaftsentwicklung enteignet wird, wird der Widerstand der Landbevölkerung häufig mit Brachialgewalt gebrochen, wobei die Netzwerke lokaler Kader und die Ferne der Medien Widerstand kaum publik werden lassen. Den Betroffenen bleibt dann kaum mehr übrig, als als Bittsteller in die Provinzhauptstadt oder nach Peking zu fahren, in der Hoffnung, dass sich irgendeine Institution dieses Falles annimmt. In entwickelteren Gebieten gibt es andere Protestformen. So weigerten sich z.B. noch im Jahre 2004 die Bewohner eines Fischerdorfes in der ostchinesischen Hafenstadt 青岛 Qingdao, die ihrer Meinung nach für die Requirierung ihres Bodens eine zu geringe Entschädigung erhalten hatten, seit einigen Jahren ihr Dorf zu verlassen. Bis nach Peking hatten sie ihren Protest getragen. Sie hatten damit Erfolg gehabt und eine wesentlich größere Entschädigung erzielt. Die Stadtregierung von Qingdao wagte nicht, mit Gewalt gegen die Fischer vorzugehen. Das Bodenproblem hat auch mit dem Faktor zu tun, dass die Bauern nicht Eigentümer, sondern quasi nur Pächter des Bodens sind. Die ungeregelte Eigentumsfrage, d.h. dass der Boden nominell kollektives Seite 33 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Eigentum der Dorfbewohner ist, in der Realität aber von den Behörden als Staatseigentum begriffen wird, führt zu signifikanter Ineffizienz der Bodennutzung, zu Bodenspekulation von Funktionären und zum Verlust dringend benötigter Anbaufläche. Unter der Hand verkaufen oder verpachten Landbewohner überdies ihren Boden an Dritte. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird im Grunde kein Unterschied zwischen dem Verkauf von Boden und dem Verkauf von Bodenrechten für einen bestimmten Zeitraum gemacht, was darauf hinweist, dass vornehmlich der Landbevölkerung die Frage des gegenwärtigen Bodeneigentums nicht verständlich ist. Einen außergewöhnlichen Fall stellt schließlich das Nachbarschaftsviertel in der südchinesischen Wirtschaftssonderzone 深圳 Shenzhen dar. Das frühere Fischerdorf mit rund 1.300 Einwohnern, die überwiegend dem 黄 Huang-Clan angehören, wurde 1992 in ein 社区 städtisches Wohnviertel überführt. Die Bodenrechte wurden schrittweise an die Stadt Shenzhen verkauft, die eine städtische Gesellschaft Hochhäuser mit Eigentumswohnungen errichten ließ. Wurde der Boden zunächst billig an die Stadt verkauft und überdies Boden gegen Arbeitsplätze in nichtagrarischen Sektoren abgegeben, so lernte die Dorfgemeinschaft rasch dazu, forderte preisgerechtes Engelt für den abgegebenen Boden und verteilte die Einnahmen nicht einfach an die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft. Vielmehr wurden alle Einnahmen der ehemaligen armen Dorfgemeinschaft gemeinsam in eine Aktiengesellschaft eingelegt, und alle 1.300 Bewohner wurden gemeinschaftlich Anteilseigner. Überdies wurde in Produktions- und Dienstleistungsbetriebe investiert, um das Vermögen zu mehren. Die Aktienanteile wurden pro Kopf verteilt und dürfen nicht übertragen oder verkauft werden. Selbst die Frau des Parteisekretärs, die aus Sichuan stammt, erhielt keine Anteile, allerdings die Kinder der beiden. Über die Ausschüttung von Dividenden entscheidet der Vorstand, der sich jeweils am Jahresende gegenüber der Gemeinschaft für seine Tätigkeit rechtfertigen muss. Ausgeschlossen davon bleiben die 50.000 von auswärts zugezogenen bzw. temporären Bewohner, die im Jahre 2004 in diesem Wohnquartier lebten. Den Einheimischen allein obliegt auch die Verwaltung des Gebietes (das Einwohnerkomitee wird von den 1.300 Bewohnern in direkter und geheimer Wahl B10 C31 D gewählt), die Verwaltung der Wohnungen und die öffentliche Sicherheit (über 100 Milizionäre). Teilweise wurden von der Gemeinschaft auch Wohnungen angekauft und vermietet. Auch hier fand, ökonomisch und politisch, ein Wandel von schwachem Eigentum (gekennzeichnet durch uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Staates über den Boden) hin zu starkem Eigentum statt. Bei Wittfogel findet sich ein interessanter Vorschlag im Hinblick auf das staatlich regulierte Land, Boden, den die Besitzer nicht beliebig veräußern dürfen. Er verweist auf ein historisches Beispiel: In Byzanz wurde im 10. Jhdt. ein Gesetz erlassen, das es den Bauern gestattete, Boden zu veräußern, wobei fünf Kategorien in einer vorgegebenen Reihenfolge Vorkaufsrecht genießen sollten: mitbesitzende Verwandte; sonstige Mitbesitzer; Besitzer von Grundstücken, die mit dem entsprechenden Bodeneigentum verschachtelt sind; Anrainer, die gemeinsame Abgaben errichten und sonstige Anrainer. Erst wenn diese Gruppen mit Vorkaufsrecht den Kauf ablehnten, sollte der Boden an Außenstehende verkauft werden können. Auf diese Weise sollte es Großgrundbesitzern erschwert werden, durch Käufe Boden zu konzentrieren (S. 346). Ein ähnlich gearteteter Maßnahmenkatalog könnte in Zukunft die m.E. notwendige Reprivatisierung des Bodens in China erleichtern helfen. Was einen möglichen Bodenkauf durch lokale Funktionäre anbelangt, so findet sich bei Wittfogel ebenfalls ein historischer Bezug: Im China der späten Kaiserzeit war es staatlichen Funktionsträgern untersagt, in demjenigen Verwaltungsgebiet, in dem sie tätig waren, Boden zu erwerben (S. 351). 5. Das Gesetz des abnehmenden administrativen Mehrertrags Wittfogel argumentiert, dass durch Ausdehnung des hydraulischen Systems bei gleichzeitig geringen administrativen Kosten der administrative Mehrertrag zunehme. Hielten sich administrativer Aufwand und administrativer Ertrag die Waage, so gebe es ein Gleichgewicht administrativen Mehraufwands. Übersteige der administrative Aufwand indessen den administrativen Ertrag, dann setze das Gesetz des abnehmenden Mehrertrags ein (S. 150ff.) Seite 34 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 Übertragen auf die Entwicklung der VR China ließe sich argumentieren, dass durch Ausdehnung (nicht des hydraulischen, sondern des) sozialistischen Systems und der damit verbundenen Massenmobilisierung und Massenkampagnen versucht worden ist, in den 50er, 60er und 70er Jahren ohne großen administrativen Mehraufwand ökonomische Entwicklungsprozesse zu initiieren. So wurde während des 大跃进 Großen Sprungs nach Vorn versucht, mittels einer Massenbewegung zur Errichtung bäuerlicher Hinterhofhochöfen Großbritannien in der Stahlerzeugung ein- und zu überholen. Der Mensch in seiner Masse sollte das chinesische Substitut für Technologieimporte sein. Millionen von Menschen, vornehmlich die Landbevölkerung, sollten in Großkollektiven Probleme der agrarischen Ertragsstagnation und infrastrukturelle Probleme (u.a. durch Bewässerungs- und Dammbauten) lösen. Diese Idee fand ihren neuerlichen Ausdruck dann in der Kulturrevolution. Mao glaubte an die Umerziehbarkeit des Menschen durch permanente Revolutionen und in Massenbewegungen und daran, durch politische Bewegungen dieser Art einen neuen Menschen schaffen zu können. Wirtschaftliche Entwicklung und Modernisierung verlangten seiner Meinung nach eine allumfassende Mobilisierung der Massen. Nach erfolgreicher Revolution, schrieb er, die Mechanisierung weiter voranzutreiben, ist nicht sonderlich problematisch. Das Hauptproblem liegt in der Umerziehung der Menschen. Mit relativ geringen zusätzlichen Kosten und ohne Rücksicht auf die Interessen der Bevölkerung sollten die Pläne der politischen Führung durch kostenlose Masseneinsätze umgesetzt werden. Kurzzeitige reale oder vermeintliche Produktionserfolge ermutigten zu einem immer größeren Ausmaß an politischer Mobilisierung. Der Rückgang der wichtigsten wirtschaftlichen Kennziffern in den 70er Jahren und die Stagnation der Agrarerträge verdeutlichten, dass das Mao=sche Entwicklungsmodell nicht zum Erfolg führte, der administrative Mehraufwand und seine Kosten zunehmend die administrativen Erträge überstiegen. Das Mißverhältnis erreicht seinen tiefsten Punkt B so Wittfogel B wenn der zusätzliche Aufwand überhaupt keinen zusätzlichen Ertrag mehr produziert (S. 152). Dieser administrative Nullpunkt war 1976 er- B10 C31 D reicht! Der Versuch totalitärer Kontrolle über die Gesellschaft und jeden Einzelnen verlangte ein immer größer werdendes Heer an Funktionären. Dieses verschlang nicht nur einen Großteil der Staatseinnnahmen, sondern erbrachte auch keine administrativen Mehreinnahmen. Die Aufrechterhaltung einer solchen Kontrolle musste den Staat auf Dauer finanziell ruinieren. Tab. 2: Relation Kader Einwohner Anfang der 50er Jahre, Kader : Einwohner Jahr 2000: 1:600 1: 30 Beispiel Kreis Yanyuan/Sichuan: Jahr 1937: 70 : 80.000 Relation: 1 : 1.143 Jahr 2000: 7.000 : 312.000 Relation: 1: 44,5 Quelle: Eigene Untersuchung. Mit dem Gesetz des abnehmenden administrativen Mehrertrags ließe sich so erklären, weshalb die Mao=sche Entwicklungspolitik gescheitert und es ab Ende der 70er Jahre zur Einleitung von Wirtschaftsreformen gekommen ist. Zwang doch die ungeheure Armut auf dem Lande zur Abkehr von kollektivierten Bewirtschaftungsformen. Was Bauern zunächst in Armutsgebieten spontan praktiziert hatten und sich wirtschaftlich als Erfolg erwies, wurde Ende des Jahres 1978 von der Parteiführung zum Programm erhoben und ab 1979 umgesetzt. Eine entscheidende Maßnahme war die Auflösung der ländlichen Kollektive und die Rückkehr zu kleinbäuerlicher Wirtschaft. Seitdem wird der Boden per Vertrag an die Familien vergeben, die Steuern und Abgaben entrichten und die Überschüsse auf dem Markt (freier Markt) verkaufen können. Obwohl der Boden rechtlich nicht Privateigentum ist, d.h. nicht ge- oder verkauft werden darf, wirtschaften die Bauern heute wieder eigenständig. Der Staat zog sich von der Beteiligung an der Agrarproduktion zurück, da diese, so Wittfogel, vom Standpunkt des administrativen Ertrags betrachtet, besser durch viele kleine bäuerliche Privatunternehmen betrieben werden kannA (S. 153). Das Gesetz abnehmenden administrativen Mehrertrags hat zugleich eine politische Dimension. Die entmutigende Diskrepanz zwischen zunehmendem Aufwand und abnehmendem Seite 35 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 politischen Gewinn macht die Regierung abgeneigt, ihren Apparat weit über jenen Punkt hinaus zu gebrauchen (S. 154). Der Staat zog sich aus der Gesellschaft ein stückweit zurück. Der Wittfogel=sche Ansatz liefert damit einen Erklärungshintergrund für das Interesse der politischen Elite an einer Änderung des Entwicklungsmodells, auch wenn er nicht das Interaktionsverhältnis zwischen kollektiven Aktionsformen vor allem der bäuerlichen Bevölkerung und der politischen Elite zu sehen vermag. 6. Asiatische Produktionsweise und unilineares Geschichtsbild Ein Kernfaktor der Auseinandersetzung über die Asiatische Produktionsweise (APW) bestand in der Frage, inwieweit die Menschheit sich nach einem unilinearen Geschichtsbild entwickle. Es ist zweifellos ein Verdienst Wittfogels, dass er früh hierauf hingewiesen hat. Sozialgeschichte, so schreibt er, verlaufe eben nicht unilinear, sondern stelle einen komplizierten und multidimensionalen Prozess dar (S. 31). Galt die Einteilung der Gesellschaften aller Völker der Welt gemäß der Stalinschen Formationenlehre (Ur-, Sklavenhalter-, feudalistische, kapitalistische, sozialistische Gesellschaft), die ihren Ursprung in der europäischen Geistesgeschichte hat (etwa bei Turgot) weltweit oder gab es verschiedene, regional oder von der Entwicklung der Produktivkräfte abhängige spezifische Bedingungen, die ein solches Schema grundsätzlich in Frage stellten? Bezogen auf China konstatiert Wittfogel die Existenz der APW, deren Existenz von Mao später jedoch geleugnet worden sei. Anders als für Lenin, der sich der asiatisch-restaurativen Kräfte im neuen Sowjetsystem bewusst geworden sei, hätten für Mao solche Überlegungen keinerlei Rolle gespielt, weil es in Maos Bewusstsein keine sozialistischen Erwägungen gegeben habe: Mao verriet keine alten sozialistischen Grundsätze, denen er offiziell anhing, weil für ihn diese Grundsätze nie etwas bedeuteten (S. 546). Das historisch-materialistische Schema der historischen Stufenabfolge und Herarchisierung barg Erklärungsmuster in sich, die der Verbindung traditionaler chinesischer mit sozialistischen Vorstel- B10 C31 D lungen entgegen kamen. Diese traditionalen Vorstellungen vertragen sich gleichsam mit dem historisch-materialistischen Weltbild wie es von Stalin in den 30er Jahren entworfen worden war, kam doch die o.g. Einteilung der Gesellschaften dem traditionellen chinesischen Hierarchsierungsdenken entgegen. Dies gilt in besonderem Maße für die chinesische Nationalitätenpolitik. Wies sie doch jeder der 55 nationalen Minderheiten ihren Platz in der Nationalitätenhierarchie und in ihren Beziehungen zum fortgeschrittensten Volk, den 汉 Han, zu. In Anlehnung an die traditionelle Bestimmung von der Han-Kultur als höchster Kultur und an die Aufgabe der Zivilisierung bzw. Sinisierung der Barbaren blieben die sozialistischen Han in ihrer Rolle gegenüber den Minderheiten, die sich auch der marxistisch-leninistischen Theorie zufolge auf einer niedrigeren Gesellschaftsstufe befanden. Avantgarde, Träger und Bewahrer dieser Kultur und Zivilisierung bildeten nun nicht mehr der Kaiserhof, seine Beamtenschaft und sein Prüfungssystem, sondern die Kommunistische Partei mit ihren Funktionären und ihrem Bildungssystem. Die Aufgabe jeder Nationalität bestand darin, die Han möglichst schnell einzuholen und Wirtschaft und Gesellschaft denen der Han anzugleichen. Der patriarchalische sozialistische Staat erhielt die Aufgabe, entsprechende Schritte einzuleiten. Er legte fest, was für die Minderheiten nützlich ist und welche Sitten und Bräuche gesund (oder fortschrittlich) und damit reformierbar und welche ungesund (oder rückständig) sind und abgeschafft oder reformiert werden müssen. Das APW-Konzept hätte zu einer Relativierung oder sogar Verwerfung des Hierarchisierungsgedankens geführt und damit die Legitimierung der Führungsrolle der Han und ihrer Partei über die ethnischen Minderheiten zumindest relativiert. Das entscheidende Moment dieses Konzeptes ist aber das der Hierarchisierung, eben weil es Ungleichheit und Abhängigkeit legitimiert und damit perpetuiert. Der amerikanische Philosoph Michael Walzer hat entsprechend konstatiert, eine Hierarchisierung stelle stets eine Bedrohung für die Menschen dar, deren Kultur abgewertet werde. Rangordnungen, so Walzer, seien niemals unschuldig, weil sie zu einer Politik der Diskriminierung neigten. Wittfogel hat mit seinem Insistieren auf der Seite 36 von 38 @A [xiù cai - sju tsai] 2004 asiatischen Produktionsweise letztlich dazu beigetragen, dass das Denken in eschatologischen und hierarchischen Kategorien, die sich quasi gesetzmäßig in einem utopischen Paradieszustand (Kommunismus) auflösen, erodierte. Die Romantisierung der Weltgeschichte (Rortry) endete mit dieser Erosion. 7. Fazit Von chinesischer Warte aus stellen neuere Untersuchungen Wittfogels Erkenntnisse grundsätzlich in Frage. Ich will das hier nur an einem Beispiel verdeutlichen. Wei Pan, Professor für Politikwissenschaft an der Peking-Universität, argumentiert total konträr zu Wittfogel. China besitze eine starke Tradition a) ökonomischer Freizügigkeit (Kauf und Verkauf von Boden als Naturprinzip); b) politischer Gleichheit (in Form gleichberechtigten Zugangs zu den Beamtenprüfungen); c) von governance, die (unter den Bedingungen verstreuter und autonomer Dörfer sowie geringer sozialer Differenzierung) auf Überzeugung und Konsens statt auf Machtpolitik aufgebaut und weniger konfrontativ gewesen sei und d) von Autorität und Legitimität die auf moralischen Prinzipien statt auf Gesetzen oder religiösen Regeln gegründet gewesen seien. Obgleich Wei die Verhältnisse im kaiserlichen China idealisiert, weil es tatsächlich nicht ökonomische Freizügkeit im Sinne eines westlichen Liberalismus gegeben hat, Wittfogels Vorstellungen von schwachem Eigentum durchaus ihre Berechtigung haben; auch die politische Gleichheit und der gleichberechtigte Zugang zu den Beamtenprüfungen, die Autonomie der Dörfer und die geringe soziale Schichtung und die Wirkung moralischer Prinzipien rekurieren auf schriftlich formulierte konfuzianische Idealbilder. Die Realität sah in der Tat anders aus. Gleichwohl wird hier von chinesischer Seite aus dem Determinismus der orientalischen Despotie widersprochen und auf ideengeschichtliche Momente libertärer, egalitärer und harmonischer politischer Konzepte und Vorstellungen verwiesen. Diese idealtypischen Vorstellungen, die zu einer gewissen Elastizität der chinesischen Gesellschaft in B10 C31 D Geschichte und Gegenwart beigetragen haben, hat Wittfogel zweifellos übersehen. So sehr Wittfogels Skizze der chinesischen Gesellschaft von Einseitigkeit und (ideologisch bedingtem) Determinismus geprägt ist. Er hat gleichwohl einige Hinweise und Analyseinstrumente an die Hand gegeben, über die es sich auch heute noch nachzudenken lohnt. Doch vielleicht war es gerade das Beunruhigende und Aufschreckende seiner Untersuchung, das uns warnte, uns allzu schnell idealisierenden Vorstellungen hinzugeben. Wittfogel rief dazu auf, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen unter dem Gesichtspunkt der Pfadabhängigkeit zu sehen. Hüten müssen wir uns vor einer deterministischen Verabsolutierung konstruierter Pfadabhängigkeit. Literatur: Breuer, Stefan (1987), Imperien der Alten Welt, Stuttgart et al. Buck, John Lossing (1986), Land Utilization in China, Taipei (Reprint). Chao, Kang (1986), Man and Land in Chinese History. An Economic Analysis, Stanford. Chen Guidi/Chun Tiao (2004), Zhongguo nongmin diaocha (Untersuchung über Chinas Bauern), Beijing. Coulborn, R. 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Seite 38 von 38 [xiù cai - sju tsai] 秀才 pdf 秀才遇到兵有理说不清 Einblicke in die Welt der Chinesen für die Freunde des Ostasieninstituts der FH Ludwigshafen Einmal pro Monat, manchmal öfter hier: http://xiucai.oai.de Jetzt im 3. Jahrgang: # Der nützliche China-Dienst in deutscher Sprache ... # mit heißen Themen, die sonst keiner behandelt, # mit Bildern und natürlich ... # 汉字 Schriftzeichen. # Schauen Sie mit Sju Tsai hinter die Kulissen der chinesischen Welt in Wirtschaft, Politik Kultur und Gesellschaft. # 秀才 Sju Tsai hilft beim Zurechtfinden dort, wo außer den Naturgesetzen nichts so ist wie hier. # Monatlich (und öfter) als pdf-Datei. Sju Tsai entfesselt den Unterhaltungswert Chinas! Ausgabe 44: Großangriff auf die englische Sprache.