Leseprobe
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Manfred Entrich Gott meint es gut mit uns Tröstungen Über das Buch – Bekannter Autor und viel gefragter Exerzitienprediger – Kurze Texte, die zur Besinnung einladen Es sind die scheinbar kleinen Begebenheiten, die überraschenden Begegnungen, die oft unbeachteten Dinge am Rand unseres Lebenswegs, die etwas von Gottes Wirklichkeit aufleuchten lassen. Manfred Entrich lässt uns teilhaben an dem, was er selbst Tag für Tag erfährt: Mitten ins tägliche Einerlei, in unsere eigene Kleinkariertheit und Unzulänglichkeit bricht Gottes tröstende Gegenwart herein. Der Autor lädt uns mit seinen kleinen, nachdenklichen und bisweilen heiteren Alltagsepisoden ein, zu dieser Wirklichkeit Vertrauen zu fassen. Über den Autor Manfred Entrich OP, Dr. theol., geb. 1943 in Berlin, bis 2010 L eiter des Bereichs Pastoral im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, ist ein viel gefragter Exerzitienprediger, engagierter Seelsorger und geistlicher Schriftsteller. Verlagsgemeinschaft topos plus Butzon & Bercker, Kevelaer Don Bosco, München Echter, Würzburg Lahn-Verlag, Kevelaer Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern Paulusverlag, Freiburg (Schweiz) Verlag Friedrich Pustet, Regensburg Tyrolia, Innsbruck Eine Initiative der Verlagsgruppe engagement www.topos-taschenbuecher.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8367-1053-4 E-Book (PDF): ISBN 978-3-8367-5059-2 E-Pub: ISBN 978-3-8367-6059-1 2016 Verlagsgemeinschaft topos plus, Kevelaer Das © und die inhaltliche Verantwortung liegen beim Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer. Umschlagabbildung: © ZoranKrstic / Shutterstock.com Einband- und Reihengestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart Satz: SATZstudio Josef Pieper, Bedburg-Hau Herstellung: Friedrich Pustet, Regensburg Printed in Germany Inhalt Vorwort 7 Vorwort zur Neuausgabe 8 Das Rätsel der Fußwaschung 11 Die Sache mit der Nächstenliebe 13 So Gott will! 15 Wegmarkierungen 17 Friedhofspredigt 19 Schock des Kreuzes 20 Letzte Dinge 22 Gebet 24 Entscheidung für einen Wert 26 Ein Kreuzweg 28 Brot zum Leben 30 Die Rede vom Weizenkorn 32 Zuerst einmal 35 Unser Lebensfaden 38 Christus an unserem Wegrand 41 Der ungläubige (gläubige) Thomas 45 Ein Kind gibt der Welt Rätsel auf 47 5 Uns schreckt nun nicht des Todes Macht 50 Es gibt jemanden, der uns nie vergisst 53 Gut angekommen 55 Unwiderruflich neues Leben 57 Der Rosenkranz 59 Standpunkte – Standorte 61 „Na, da sind Sie ja wieder!“ 63 Der Lebensatem des Geistes 65 Tod – und dann? 66 Politik 68 Spuren: Albertus Magnus 69 Wallfahrten sind Wegstrecken 71 Im Freundeskreis des Herrn: Andreas 73 Aufrichtig 75 Über Gott reden 77 Schuld 79 Gottes Treue in Christus 81 Ahnungslos 84 Das Konzert 86 Die Verpackung 88 Wasser 90 Ereignisse 92 Freundschaften 94 Der Papierkorb 95 6 Freundschaften Freundschaften kann man nicht einfach wollen, nicht planen, Freundschaften werden geschenkt. Wenn wir in die Gesichter der Menschen schauen, dann entdecken wir oft eine große Sehnsucht. Die Sehnsucht, einem anderen zu begegnen, sich ihm ganz anvertrauen zu können, ist wie ein großes Rufen in die Augen derer geschrieben, die unseren Weg kreuzen. Die Augen vieler suchen in all der Hast und erfahrenen Sinnlosigkeit des Lebens mit brennendem Blick einen Freund. In manch kurzen Gesprächen mit solchen Menschen wird der Wunsch wach: Könnten wir doch diesem, der uns hier gegenübersteht, ein bleibender Freund werden! Es ist immer wieder dieses Bitten und Betteln in den Augen, in den Gesten und in der Sprache: Bleib bei mir! Nun wissen wir, dass wir das einfachhin nicht können, dass wir nicht jedes Menschen Freund sein können, weil die Kräfte dazu gar nicht reichen. Und dennoch: Lassen wir uns auf diesen Blick und die Bitte um Freundschaft ein, werden uns die Treue-Kräfte geschenkt, die uns zu einem verlässlichen Freund werden lassen. Vielleicht ist das auch eine Möglichkeit, Menschen Freundschaft zu schenken, wenn der Augenblick der Begegnung nicht belastet wird mit dem Gestern oder Morgen, sondern die Gegenwart allein zählt. Der Augenblick, in dem wir dem anderen gegenübertreten, gehört ausschließlich ihm. Freundschaft ist das Geschenk der Gegenwart, in der wir dem anderen ganz gehören, sein Leben unsere Sorge und Freude wird. Das Wissen darum trägt auch über lange Zeiten. Treue ist etwas, das uns beieinander hält, auch wenn wir räumlich und zeitlich weit von einander entfernt sind. 94 Der Papierkorb In den Papierkorb kommt, was nicht interessiert. Manches von der täglichen Post wird sofort in den Papierkorb geworfen; manches bleibt liegen und erledigt sich von selbst und wandert dann in den Papierkorb. Selbst die meisten der Briefe, die uns bewegt haben, deren Inhalt uns wertvoll war, wandern irgendwann in den Papierkorb. Seine Aufgabe ist es, alles aufzunehmen, was dann endgültig vernichtet werden soll. Was in den Papierkorb gewandert ist, soll und wird bald vergessen sein. Manchmal will es scheinen, dass es in unseren Zeiten an Menschen mangelt, die gleich einem Papierkorb bereit sind aufzunehmen, was andere gerne vergessen möchten. Da quält sich jemand mit alter Schuld, da wird jemand mit seiner Lebenssituation nicht fertig, da hat er Angst vor seiner eigenen Zukunft. Er fragt die Menschen, er sucht das Gespräch mit Freunden, er hilft sich durch Verdrängen seiner Not. Was er aber bräuchte, wäre ein Mensch, der neben ihm steht, offen, unscheinbar, bereit, alles aufzunehmen, was der andere ab- und wegwerfen will. Gemeint sind all die Dinge, bei denen nicht praktisch geholfen werden kann, sondern wo Zuhören das einzig Hilfreiche ist, aber ein solches Zuhören, dass die Not des anderen voll aufgenommen wird. Wie alles Papier, das in den Papierkorb gewandert ist, zur Verbrennung kommt, so braucht es Menschen, die all die Sorgen und Nöte, die in ihre Aufnahmebereitschaft hineingeworfen wurden, im Feuer des eigenen Gebetes vor Gott verbrennen. Es kann ein spiritueller Dienst der Freundschaft sein, bescheiden und aufnahmefähig als Papierkorb zu dienen, um den vermeintlichen Abfall aufzunehmen. So entlasten wir die Menschen, die 95 mit uns sind. Wie der Papierkorb immer wieder geleert wird, so wird auch Gott uns leeren von all dem Ballast, der uns anvertraut wurde, und alles zum Guten wenden. Dann werden wir im tiefsten Innern ahnen, dass Gott eine Freiheit schenkt, die uns die eigene Vergangenheit mit allem Dunklen gelassen in seine guten Hände legen lässt. Und wir werden mit einem sehnsuchtsvollen Blick in die Zukunft schauen in der tröstlichen Gewissheit: Gott meint es gut!