Interoperabilität in GIS - Institute of Geodesy and Photogrammetry
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Interoperabilität in GIS - Institute of Geodesy and Photogrammetry
Interoperabilität für die breite Nutzung von Geoinformation Weiterbildungstagung 17. und 18. März 2005 Herausgegeben von A. Carosio Veranstalter Institut für Geodäsie und Photogrammetrie, ETH Zürich ETHZ Laboratoire de Systèmes d'information géographique, ETH Lausanne EPFL Ecole d’ingénieurs du Canton de Vaud, Yverdon EIVD Fachhochschule beider Basel Nordwestschweiz FHBB Schweizerischer Verband für Geomatik und Landmanagement geosuisse Konferenz der Kantonalen Vermessungsämter KKVA Schweizerische Organisation für Geo-Information SOGI Bundesamt für Landestopographie swisstopo Koordination der Geoinformationen und der geographischen Informationssysteme beim Bund KOGIS Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA Bundesamt für Landwirtschaft BLW Deutsche Ausgabe : Weiterbildungstagung 17. und 18. März 2005 IGP Bericht Nr. 298 d ISBN 3-906467-51-1 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geoinformation Herausgegeben von A. Carosio Edition française : Journées d‘étude des 17 et 18 mars 2005 IGP Rapport Nr. 298 f ISBN 3-906467-52-X Interopérabilité pour l'utilisation généralisée de la Géoinformation Textes rassemblés par A. Carosio ©2005 Institut für Geodäsie und Photogrammetrie, ETH Zürich Alle Rechte vorbehalten 1 Vorwort Die Verwirklichung der NGDI (Nationale Geodaten-Infrastrukturen) in Europa und weltweit ist unlösbar mit der Problematik der Vernetzung der Geoinformationssysteme verbunden. Geodaten gemeinsam nutzen ist eine dringende Notwendigkeit. Dafür braucht man technische und organisatorische Lösungen. Das Zauberwort, das zum Ziel führen soll, heisst: Interoperabilität! In Fachgremien und in Gesprächen mit Fachleuten fällt aber oft auf, dass Fragen und Lösungsansätze nur zum Teil bekannt sind. Es schien daher angebracht, eine Weiterbildungstagung zu diesem Thema zu organisieren, um das verfügbare Wissen zu sammeln, darzustellen und zu präsentieren. Wir glauben, dass es durch die Beteiligung der Organisationen, die heute an der Entwicklung von interoperablen Systemen arbeiten, gelungen ist, ein vielseitiges Programm zusammenzustellen, das die unterschiedlichsten Probleme beleuchtet und beschreibt. Den Autoren, die sich freiwillig zur Verfügung stellten, den Mitarbeitern der ETHZ und EPFL, die bei der Redaktion der deutschen und französischen Versionen des Berichtes mitwirkten sowie allen anderen Beteiligten möchten wir unseren herzlichen Dank aussprechen. Alessandro Carosio Zürich, 3. März 2005 Organisationskomitee Alessandro Carosio, Prof. Dr. IGP-ETH Zürich (Vorsitz) Alain Buogo, dipl.Ing. KOGIS Thomas Glatthard, dipl.Ing. SOGI, geosuisse François Golay, Prof. Dr. LaSIG-ETH Lausanne Francis Grin, dipl.Ing. EIVD Yverdon Jens Ingensand, dipl.Ing. LaSIG-ETH Lausanne Peter Jordan, Dr. SIA Christian Just, dipl.Ing. swisstopo Jürg Kaufmann, dipl.Ing. geosuisse Andreas Morf, dipl.Ing. IGP-ETH Zürich Stephan Nebiker, Prof. Dr. FHBB Abt. Vermessung und Geoinformation, Muttenz Anton Stübi, dipl.Ing. BA Landwirtschaft Abt. Strukturverbesserung Pierre-Alain Trachsel, dipl.Ing. KKVA Inhaltsverzeichnis 1 Interoperabilität in GIS: Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze Prof. Dr. Alessandro Carosio, IGP-ETH Zürich Nationale und internationale Standards 2 Überblick Urs Flückiger, SOGI Fachgruppe GISTechnologie 3 Informatik-Standards (UML, XML, SOAP) Prof. Dr. Christine Giger, IGP ETH Zürich 4 Weltweite, europäische und schweizerische GeoNormen in Wechselwirkung Hans-Rudolf Gnägi, IGP-ETH Zürich, OSIG GT Normes 5 OpenGeospatial Consortium OGC (GML, WMS, WFS) Adrian Annen, FHBB Stand der Technik, Implementierungen I 6 OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Dr. Andreas Donaubauer, TUM, Prof. Dr. Matthäus Schilcher, Anette Huber, TUM 7 ISO-Standards für den Datentransfer: Stand der Realisierungen / Werkzeuge Claude Eisenhut, Eisenhut Informatik AG Stand der Technik, Implementierungen II Realisierungen im Rahmen der GDI 8 Interoperabilität von Geodaten: aktueller Stand und Zukunftsperspektiven im Kanton Waadt Marc Gilgen, DINF-VD 9 Die Komplexität der Interoperabilität: ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz Ueli Forrer, F+P Geoinfo AG 10 Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien Jean-Claude Jasselette, MET Belgien Nächste Schritte in der Interoperabilität 11 Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: aktuelles aus der Forschung Andreas Morf, IGP-ETH Zürich, Josef Dorfschmid, ADASYS AG Semantische Interoperabilität – aktuelle Projekte 12 Datenmigration UIC Dr. Théophil Engel, SBB 13 Integration der Daten der Landeskarte 1:25’000 (VECTOR25) ins Datenmodell der Amtlichen Vermessung (DM.01 AV CH) Robert Balanche, swisstopo Organisatorische Folgen der Interoperabilität I 14 Nationale Geodaten-Infrastruktur (NGDI): Organisatorische Aspekte der Interoperabilität beim Bund Rolf Buser, KOGIS 15 Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Rudolf Schneeberger, ITV Geomatik AG 16 Interoperabilität – nicht nur eine Frage der Technologie Willy Müller, Informatik Strategie Organ Bund 17 Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene Prof. Dr.François Golay, LaSIG-ETH Lausanne Organisatorische Folgen der Interoperabilität II 18 Interoperabilität in der Praxis: Erfahrungen aus Projekten im In- und Ausland Dr. Ivo Leiss, Ernst Basler + Partner AG 19 Perspektiven für die Geomatik-Berufe Christian Kaul, Kaul Beratungen GmbH 20 Tarifierung, Kostenfrage Jürg Kaufmann, Kaufmann Consulting Spezielle Aspekte der Interoperabilität in der Praxis 21 Georeferenzierung, Interoperabilität zwischen Vermessungsdaten und darauf aufbauender Rauminformation, Datenhierarchie und Nachführung der abhängigen Rauminformation Dr. Horst Düster, AGI Solothurn 22 Der Mobilitäts-Graph: ein geographisches Rahmenwerk für die Partner des Mobilitäts-Informationssystems der Region Genf Pascal Oehrli, SIT Genf 1 Interoperabilität in GIS Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze Alessandro Carosio, ETH Zürich Alessandro Carosio, Prof. Dr. Eidg. Technische Hochschule Zürich Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH Hönggerberg CH-8093 Zürich Tel : Fax : E-Mail : +41 1 633 30 52 +41 1 633 11 01 1 Interoperabilität und Datentransfer: Eine zentrale Funktion jedes GIS Das Entstehen und der erfolgreiche Einsatz von Geoinformationssystemen sind mit einer wirksamen Lösung des Problems der Interoperabilität und des Transfers der Geodaten untrennbar gekoppelt. Nur kleine Applikationen, die die Verarbeitung von kleinen Datenmengen während kurzer Zeit erfordern (z.B. GIS-Übungen in der Ausbildung), können ohne eine Lösung des Datentransferproblems auskommen. Wir verfügen heute über eine immer grösser werdende Menge geographischer Daten in digitaler Form und einer grossen Anzahl Organisationen, die mit Daten dieser Art arbeiten. Das Risiko, dass Doppelspurigkeiten und Widersprüche entstehen, ist gross. Oft existieren die benötigten Daten bereits. Sie werden aber wieder erfasst, weil: x x eine geeignete Dokumentation fehlt oder sie eine inkompatible Struktur aufweisen. Ein GIS ist nur erfolgreich, wenn es die Anforderungen möglichst vieler User erfüllt. Abb. 1 : Die Kommunikation zwischen Geoinformationssystemen Die Anforderungen und die Bedürfnisse sind allerdings sehr unterschiedlich. Dies ist der Grund, warum es bis jetzt relativ schwierig war, eine alles umfassende Standardlösung zu finden. Die wirtschaftlich entwickelten Länder realisieren zur Zeit geeignete nationale Geodateninfrastrukturen (NGDI), in welchen Private, Ämter, Lieferanten und Anwender integriert werden, damit sie gemeinsam Technologien und existierende Daten nutzen können. Voraussetzung für die Realisierung von Koordinationszentren (Clearinghouses), für den Informationsaustausch und für die interoperable Nutzung der Geodaten ist die Lösung der in Abbildung 2 beschriebenen organisatorischen und technischen Problemen. Alle aufgezeigten Punkte sind sehr wichtig. Der vorliegende Beitrag befasst sich jedoch nur mit der technischen Thematik der Interoperabilität und der Datenübertragung zwischen Systemen unterschiedlicher Hersteller. Die erforderlichen Lösungsansätze für diese beiden Aufgaben sind besonders aktuell, da man zurzeit sowohl auf nationaler Ebene als auch in internationalen Institutionen (Europa, Welt) an der Entwicklung von technischen Normen arbeitet, die die Realisierung von interoperablen Systemen ermöglichen sollen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 1.1 Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze Abb. 2 : Organisatorische und technische Voraussetzungen für eine NGDI 2 Bedürfnisse, Lösungsansätze GIS GIS Abb. 3 : Datenaustausch und Interoperabilität 2.1 Die Vielfalt der Anforderungen Die Komplexität der Frage der Datenübertragung ist die direkte Folge der Vielfalt der Anwendungen. Ausgetauscht oder angefragt werden zum Beispiel: x x x x x x Graphische Darstellungen (digitale Karten und Pläne) Beschreibungen der GIS-Inhalte (Metadaten) Resultate von Abfragen (Tabellen, Karten usw.) Strukturierte Datenbankinhalte (z.B. Tabellen, Attribute) ohne Änderung der Datenstrukturen Daten von einer Datenbank in eine andere Datenbank mit unterschiedlichen Datenstrukturen Vollständige Objekte in einer objektorientierten Umgebung (inkl. Operationen) Bereits diese kleine Auswahl von häufig auftretenden Datentransferwünschen gibt einen Eindruck über die Vielfalt der Bedürfnisse mit ihren sehr unterschiedlichen Komplexitäten. 1.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze 2.2 Die Vielfalt der Lösungen Interoperable GIS können auf unterschiedliche Arten realisiert werden: x x Datentransfer o Datenaustausch zwischen gleichen Systemen o Datenaustausch mit Standardformaten o Modellbasierte Datentransfermethoden Interoperabilität o Interoperabilität (nach OGC = Open Geospatial Consortium; früher Open GIS Consortium) 3 Der eigentliche Datentransfer 3.1 Proprietäre Transferformate: ein Grundbedürfnis Das Inbetriebsetzen einer GIS-Applikation, die Verkaufsvorführungen, die erste Schulung von neuen Anwendern und die Tests des Herstellers während der Softwareentwicklung erfordern die Übernahme von Demonstrationsdaten des gleichen GISHerstellers von einer Applikation zu einer anderen. So verfügen alle GIS über die Möglichkeit, die gespeicherten Daten in Standarddateien (in der Regel sequentielle Dateien) auszugeben und aus den gleichen Dateien wieder zu übernehmen. Die verwendeten Formate sind ausschliesslich geeignet für eine bestimmte GIS-Software (proprietäres Format) und erfordern beim Sender und beim Empfänger die identische Datenstruktur für die transferierten Daten. GIS GIS Abb. 4 : Datentransfer mit proprietären Formaten Andere proprietäre Formate, welche oft de facto Standard geworden sind, werden für die Ausgabe von graphischen Darstellungen (z.B. Plottfiles), die aus der raumbezogenen Information hergeleitet werden (Karten und Pläne), verwendet. Die GIS-Software beinhaltet normalerweise die Treiber für die erforderliche Steuerung und Generierung der Datenformate. 3.2 Standard-Formate Das Bedürfnis, Geoinformationen zwischen Systemen unterschiedlicher Hersteller auszutauschen war bereits in der Vergangenheit, besonders in grossen Organisationen (Telecom, Eisenbahngesellschaften, militärische Organisationen, usw.), stark spürbar. Bei solchen Anwendungen hat man mit Geoinformationssystemen zu tun, in welchen die zu verwaltenden Informationen für alle Systeme einheitlich festgelegt sind. Dies ist vor allem in stark hierarchischen Organisationen der Fall (NATO, Staatsbetriebe usw.). Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 1.3 Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze Wenn sowohl die geometrischen als auch die thematischen Inhalte feststehen, kann man ein passendes Format definieren, das die Information aufnehmen kann und es ist möglich in jedem System die entsprechende Schnittstelle für das Lesen und Schreiben der Transferdateien in das definierte Format einzubauen. So wurden zum Beispiel für die NATO das Austauschformat DIGEST (Digitial Geographic Information Exchange Standard) und für den Ordnance Suvey (OS) in Grossbritannien das Format NTF (National Transfer Format) definiert. GIS Abb. 5 : Datentransfer mit Standard-Formaten Ein weiteres Bedürfnis, das sehr verbreitet ist, ist die Abgabe von Geoinformationen an Partner, die sie nur graphisch auf ihren Computersystemen weiter verarbeiten werden. Auf diese Art verwenden oft Architekten und Bauingenieure die erhaltenen Geodaten. Sie werden in CAD-Systemen für die Projektierung eingesetzt. Der de facto Standard im CAD-Bereich ist zurzeit DXF, ein Format, in welchem die Information in thematische Ebenen (Layer) unterteilt wird. Die meisten GIS-Hersteller sehen vor, Daten in DXF auszugeben und auch zu lesen. Dabei ist zu beachten, dass nur eine Teilmenge der Information (hauptsächlich die Graphik) in DXF abgebildet werden kann (ńInformationsverlust). Sehr vorteilhaft sind bei dieser Form der Datenabgabe Vereinbarungen oder Normen, um die Layer-Zuordnung und Nummerierung einheitlich zu gestalten. Als das Projekt der Reform der Amtlichen Vermessung in der Schweiz realisiert wurde, stellte man mit Besorgnis fest, dass die Festlegung von einheitlichen Datenstrukturen für die Systeme der 26 Kantone unrealistisch war. Folglich war auch die Definition eines gemeinsamen Datentransferformats ein unmögliches Bestreben. Nicht anders geschah es ein paar Jahre später auf europäischer Ebene. Auf Anregung von Frankreich wurde das TC 287 der europäischen Normungsorganisation CEN gegründet, um unter anderem auch Normen für den Transfer geographischer Daten in Kraft zu setzen. Grossbritannien und Frankreich hatten sich vorgestellt, ihre Formate NTF und EDIGéO (Echange de Données Informatisées GéOgraphiques) für Europa zu erweitern (z.B. ETF). Die ersten Sitzungen zeigten aber, dass die Bedürfnisse und die Systeminhalte sehr unterschiedlich und vor allem die Anwendungen extrem vielfältig sind und daher die Festlegung von Standardformaten ein unmögliches Unterfangen ist. Man brauchte andere Lösungsansätze. Wenn unterschiedliche Datenstrukturen erwartet werden, sind modellbasierte Verfahren anstatt feste Formate der richtige Weg. 3.3 Modellbasierte Transferverfahren Geoinformationen der heutigen Zeit bieten den Anwendern neben einer festgelegten Datenstruktur für die geometrischen Daten die Möglichkeit, die thematischen Inhalte frei zu definieren. Das System bildet dann aufgrund der Datenstrukturbeschreibung 1.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze (Eingabe des DB-Schemas) die erforderlichen Entitätsklassen (in der Regel relationale DB-Tabellen). Somit passt sich die Datenverwaltung den Bedürfnissen an. GIS Abb. 6 : Modellbasierte Transferverfahren Man kann diese Idee auch brauchen, um den Datentransfer flexibel zu gestalten: Die Struktur der Daten, die man übertragen möchte, wird beschrieben und daraus kann ein Format für diese Daten hergeleitet werden. Dafür benötigt man zwei Komponenten: erstens eine standardisierte Datenbeschreibungssprache, um die Struktur der Daten, die man transferieren möchte, eindeutig und konsistent zu beschreiben, und zweitens ein genormtes Verfahren, um aus der Datenstruktur ein Format herzuleiten. FormatHerleitung Abb. 7 : Komponente des modellbasierten Transferverfahrens In der europäischen Normung wurde EXPRESS als Sprache festgelegt, da sie bereits eine gewisse Verbreitung hat (CAD, Automobilindustrie usw.). Applikationen im GeoBereich existieren allerdings noch nicht und ihre Komplexität ist für eine Implementierung nicht förderlich. In der Schweiz wurde für die Amtliche Vermessung vor mehr als 10 Jahren die Sprache INTERLIS definiert, welche die Beschreibung der Thematik in einem GIS nach einem relationalen Modell und der Geometrie aufgrund von festgelegten Geometrieelementen (Punkte, Geraden, Kreisbögen, Einzelflächen, Gebietseinteilungen) ermöglicht. Die Sprache passt sehr gut zu den heutigen GIS. Sie verfügte von Anfang an über einen Compiler für die automatische Herleitung der Transferformate und wird zunehmend eingesetzt. Zurzeit kann weltweit keine andere Lösung als operationell betrachtet werden. Im Technischen Komitee der ISO (TC 211) konnte nur INTERLIS als in GIS implementierter modellbasierter Transfermechanismus für Geodaten vorgeführt werden. ISO hat bisher folgendes beschlossen: x x Die modellbasierten Transferverfahren sind als Standard erklärt. UML wurde als graphischer Formalismus für die Beschreibung der Datenstrukturen festgelegt. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 1.5 Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze x Eine textuelle Sprache, die automatisch gelesen und interpretiert werden kann, ist vorgesehen, ihre Eigenschaften wurden beschrieben und festgelegt. Kein Entscheid wurde getroffen. Mögliche Lösung INTERLIS 2. Die Schweiz hat die neue INTERLIS Version (INTERLIS 2) entwickelt, um die volle Kompatibilität mit den ISO-Normen (Objektorientierung, Inkrementelle Nachführung, usw.) zu erfüllen. In diesem Rahmen wurde auch die Schnittstelle zwischen UML und INTERLIS realisiert, damit ein UML-Schema in INTERLIS automatisch übersetzt werden kann (und umgekehrt). Ebenfalls wurde das Transferformat im InformatikStandard XML definiert. Demnächst wird man auch ein Transferformat auf der Basis von GML erzeugen können. Die modellbasierten Technologien bieten auch für andere Bereiche Lösungsansätze. Moderne GIS ermöglichen heute die Implementierung des Modells direkt aus dem konzeptionellen Schema (in UML oder in INTERLIS): x x x ArcGIS (ESRI) kann die Datenstruktur aus Schemata in UML (erzeugt mit Microsoft Visio) implementieren GeosPro/GeoMedia (a/m/t, Intergraph) aus INTERLIS Topobase (C-Plan) aus INTERLIS oder aus UML 4 Interoperabilität Während die bisherigen Lösungen alle als Ziel haben, die Daten von einem System zu einem anderen zu transferieren, sind Kommunikationsmöglichkeiten denkbar, die ohne Verschiebung der Originalgeodaten auskommen. Diese Lösung ist besonders interessant, wenn nur einfache Auswertungen der Information benötigt werden (z.B. eine graphische Darstellung von einem Ausschnitt oder die Auflistung von bestimmten Objekten). In diesen Fällen ist es einfacher, die Auswertungsbefehle und -ergebnisse zu standardisieren und zu transferieren als die Grunddaten selbst. Die Interoperabilität bedeutet die Parallelnutzung von verschiedenen GIS, indem die Befehle (Anfragen) und die daraus entstehenden Ergebnisse (Antworten) ausgetauscht werden (siehe Abb.8). Die GIS-Industrie (Softwarehersteller) hat diesen Weg als für den Markt interessant angesehen und das Open Geospatial Consortium (OGC) gegründet, um diese Technik möglichst weit zu entwickeln. Dank der Beteiligung der führenden weltweit tätigen Firmen (ESRI, Intergraph, Siemens, Oracle, Microsoft usw.) und der Einbindung von Universitäten und Forschungsinstitutionen hat OGC grosse Resonanz erhalten und entsprechend grosse Erwartungen geweckt. 1.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze Abb. 8 : Interoperabilität Aus dem Konzept der Interoperabilität sieht man sofort die Vorteile: x x x das Datenverwaltungskonzept kann in den kommunizierenden Systemen sehr unterschiedlich sein. Das abfragende System muss nichts über die Datenorganisation des angefragten Systems wissen. Die Systeme geben nur Teile der Information weiter. Der volle Inhalt bleibt unter der eigenen Kontrolle (Urheberrecht). Ein Vorteil für die GIS-Hersteller: x die Kunden können nicht so leicht das System wechseln Ebenfalls sichtbar sind die Grenzen: die Vielfalt der standardisierten Abfragen und der Antwortformen darf nicht zu gross sein. Falls die gewünschten Interoperationen zu komplex, zu vielfältig und anzahlmässig zu gross werden, ist der Austausch der Daten einfacher und günstiger als die Standardisierung der Operationen. Selbstverständlich müssen die Systeme vergleichbare Informationen enthalten. Zurzeit hat OGC nur Lösungen vorgesehen für Abfragen, die in den Bezeichnungen angeglichen wurde (syntaktische Interoperabilität). Zusammenfassend kann man sagen, dass die Interoperabilität interessant ist, wenn: x x einfache Auswertungen der Geoinformationen benötigt werden (z.B. graphische Darstellungen, Listen von Objekten oder Attributen) die Systeme, die angefragt werden, gleichzeitig in Betrieb sind Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 1.7 Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze 5 Metadaten Die immer grössere Verbreitung der Geoinformationssysteme stellt uns vor neue Probleme: es fehlen oft Informationen über die verfügbaren Geoinformationssysteme und ihre Daten. Um diese wichtigen Informationen zugänglich zu machen, entstehen Metainformationssysteme, welche Metadaten (Daten über die Daten) verwalten. Diese Systeme sind ihrerseits Geoinformationssysteme, in welchen ein Teil der Metainformationen raumbezogen ist (wo und über welches Gebiet findet man Daten). Zu den Metadaten gehören Informationen über die Qualität, die Verfügbarkeit, die Nutzungsbeschränkungen, die Kosten usw. Die Beschreibung der Datenstruktur in einer genormten Sprache (EXPRESS, INTERLIS, UML usw.) kann ebenfalls dazu gehören. Ansätze für die Normung von Metadaten befinden sich im ISO-Normenwerk. In der Nationalen Geodaten-Infrastruktur (NGDI) wird man aus den internationalen Normen nationale Profile (Teilmengen) definieren, um eindeutige Interpretationen zu ermöglichen. Zurzeit werden Metadaten zur visuellen Konsultation zur Verfügung gestellt. In Zukunft werden sie automatisch von interoperierenden Systemen bei der Datensuche genutzt werden. 6 Die Wünsche und das Erreichbare 6.1 Wünschbares Die optimistischen Beschreibungen der unterschiedlichen Datentransfer-Konzepte könnten den Eindruck entstehen lassen, dass - mit etwas Geduld und finanziellen Mitteln - das Problem des automatischen Austausches von Geoinformationen zwischen beliebigen Systemen ohne weiteres lösbar sei. GIS GIS GIS Abb. 9 : Interoperabilität zwischen beliebigen Systemen mit beliebigen Datenstrukturen sind gewünscht. Dies entspricht selbstverständlich dem, was man sich wünscht. Man möchte die wertvollen Informationen, die an verschiedenen Orten erfasst und verwaltet werden, gemeinsam nutzen. 6.2 Technische Grenzen Eine voll automatische Datenübertragung oder die gemeinsame Nutzung der Daten in beliebig konfigurierten Geoinformationssystemen ist nicht möglich. Die unüberwindbare Grenze liegt in der nicht standardisierten Semantik der Datenstrukturbeschreibungen. 1.8 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze Die folgenden Beispiele illustrieren häufig vorkommende Fälle. Im Sendersystem wird eine thematische Klasse von Elementen mit dem Begriff „HÄUSER“ identifiziert, während der Empfänger dasselbe mit „GEBÄUDEN“ bezeichnet. Selbstverständlich können Fremdsprachen und Abkürzungen weitere Hindernisse zu einer automatischen Interpretation bieten. Es kommt auch die umgekehrte Situation vor. Gleiche Begriffe bedeuten in den zwei kommunizierenden Systemen andere Objekte. In einem System bedeutet der Begriff „WEGE“ die Menge aller Verkehrsverbindungen (Strassen, Eisenbahnen, schiffbare Kanäle usw.), im anderen sind „WEGE“ kleine Strassen in einer Ortschaft (Schlossweg, Alpenweg usw.). Noch häufiger sind die Fälle dazwischen, in welchen die thematischen Elemente andere Bezeichnungen und auch eine andere Unterteilung haben (Abb.10). Abb. 10 : Im allgemeinen Fall kann die Zuordnung der einzelnen Attribute nicht automatisch stattfinden. Die Semantik der Datenbeschreibung kann in einem freien Umfeld nicht standardisiert werden. Für die Zuordnung der Entitäten und der Attribute braucht man Zusatzinformationen. Es ist zu beachten, dass die Zuordnung von der Bedeutung der Objekte und der Attribute abhängig ist. Sie ist daher auch von den Betriebsanweisungen und von den Regeln der Datenakquisition beeinflusst. Weder Mensch noch Computer werden in der Lage sein, ohne Zusatzauskünfte die Zuordnung der Entitäten und der Attribute vorzunehmen. Man wird sich zuerst erkundigen müssen oder ausführliche Beschreibungen lesen, um aufgrund der eigenen Interpretationen und Zielsetzungen die Datenfelder in Beziehung zu bringen. Diese Zuordnung muss das erste Mal aufgrund von: x x x Einer Analyse eines Experten Anfragen bei den Verantwortlichen Konsultationen von Metadaten erfolgen Erst danach kann eine semantische Transformation automatisch ausgeführt werden. Für die modellbasierten Transferverfahren haben Software-Hersteller Module entwickelt, die zwei Datenstrukturen (z.B. aus ihrer Beschreibung in INTERLIS) darstellen Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 1.9 Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze und die Zuordnung der Entitätsklassen und Attribute auf Formatebene interaktiv am Bildschirm erlauben. Weitere Entwicklungen in dieser Richtung aber auf konzeptueller Ebene sind zu erwarten (semantische Transformationen, semantische Interoperabilität). Ontologie Agent Agent Abb. 11: Semantische Transformationen mit Hilfe von Ontologien Zwischen föderierten Systemen (unter gemeinsamen Regeln organisiert) wird es in spezifischen Bereichen möglich sein, Ontologien zu entwickeln, welche die Semantik von mehreren Systemen beschreiben und die Herstellung von automatischen Transformationsmodulen (Agenten) ermöglichen werden. Die Ontologien sind Gegenstand der heutigen Forschung. Man wird allerdings nur die Semantik in klar definierten und abgegrenzten Sektoren eindeutig beschreiben können. Eine Ontologie entspricht einer Standardisierung der Begriffe, die man für die Modellbildung und für die Bezeichnung der Elemente der Datenstruktur im GIS verwendet hat. 7 Entwicklungsstrategien Jeder der bisher geschilderten Lösungsansätze ist, trotz der erwähnten technischen Grenzen, eine optimale Antwort für einzelne Fälle mit ihren unterschiedlichen Anforderungen. Es ist daher nicht zu erwarten, dass sich ein einziger besonderer Lösungsansatz als Weltstandard für den Transfer von Geoinformationen durchsetzen wird: x x 1.10 Proprietäre Formate werden zu jeder GIS-Software gehören. Sie sind die optimale Lösung für die Systemadministration. Sie übertragen die Daten eines bestimmten Systems vollständig (inkl. Konfigurationsparameter). Sie können auch für den internen Datenaustausch in grossen Organisationen dienen, die mehrere identische Systeme betreiben. Standardformate sind einzusetzen, wenn die Inhalte der GIS zentral festgelegt werden. Zur beschlossenen Datenstruktur kann ein Format definiert werden, mit welchem die Daten sequentiell übertragen werden können. Standardformate sind ebenfalls die geeignete Lösung für die Abgabe von GIS-Daten an CADSysteme. DXF ist im CAD-Bereich am meisten verbreitet. Wünschenswert ist dabei die Normung der Layer. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze x Modellbasierte Transferverfahren sind die Lösung für den Datenaustausch zwischen Systemen, die eine eigene Datenstruktur besitzen. Die ankommenden Daten beinhalten die Datenstrukturbeschreibung in einem genormten Formalismus (Datenbeschreibungssprache). Zur Sprache gehört auch das Verfahren, um daraus die Formate herzuleiten. Wenn die Strukturen der erhaltenen Daten und der Daten des Empfänger-Systems nicht identisch sind, kann eine voll automatische Übernahme nicht stattfinden. Die Zuordnung der Entitätsklassen und der Attribute muss das erste Mal aufgrund menschlicher Interpretation geschehen. Um diese interaktive Arbeit zu erleichtern, haben Software-Hersteller Module entwickelt, die zwei Datenstrukturen vergleichen und am Bildschirm die Zuordnung der Tabellenfelder erlauben (z.B. INTERLIS-Studio von Leica). Abb. 12 : Bei der ersten Datenübertragung muss die Beziehung zwischen den Attributen definiert sein. x Interoperabilität ist die Alternative, mit welcher die Kommunikation zwischen den GIS ohne Austausch der Geodaten stattfinden kann. Genormt werden die Anfragen und die Formate für die Übermittlung der Antworten (Services Interfaces). Der tatsächliche Umfang der Möglichkeiten, die im Rahmen der OGCArbeiten entstehen werden, ist schwer vorherzusagen. Zurzeit sind einfache Anfragen (Visualisierungen, Selektionen) und der Zugriff auf einfache geographische Objekte spezifiziert. Sicher werden einfache Anfragen (Visualisierungen, Selektionen) zur Verfügung stehen. Ebenfalls spezifiziert ist bereits der Zugriff zu einer einfachen Koordinatengeometrie. Da in den Absichten des Open Geospatial Consortium (OGC) nicht nur die Kommunikation zwischen den Systemen im Vordergrund steht, sondern auch das Zusammensetzen von ganzen GIS aus selbstständigen Komponenten, werden die Schnittstellen zwischen den frei gewählten SoftwareModulen ebenfalls benötigt. Die erforderliche Zeit und die Erreichbarkeit der Ziele sind nicht leicht vorsehbar. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 1.11 Einführung in die Thematik Interoperabilität in GIS - Anforderungen, Strategien, Lösungsansätze 8 Schlussfolgerung Die Kommunikation zwischen Geoinformationssystemen ist eine vielseitige Aufgabe, für welche eine Vielfalt von Lösungsansätzen zur Verfügung steht. Die Probleme, die Anforderungen und die technischen Grenzen sind erst in neuster Zeit in ihrer ganzen Breite wahrgenommen worden. Die heute eingesetzten Datentransferverfahren und die Interoperabilität werden sich in den nächsten Jahren stark entwickeln. Mehrere Methoden werden sich als Standard durchsetzen. Die nächsten Schritte der Forschung sind im Bereich der semantischen Interoperabilität und der semantischen Transformationen zu erwarten. Diese Arbeiten sind die Voraussetzung, damit Geoinformationssysteme ihre wertvollen Daten ohne Verzögerung und Hindernisse der ganzen Gesellschaft zur Verfügung stellen können. 1.12 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 2 Überblick Urs Flückiger, SOGI Fachgruppe GIS Technologie Urs Flückiger ESRI Geoinformatik AG Beckenhofstr. 72 CH-8006 Zürich Tel : Fax : E-Mail : +41 1 360 24 60 +41 1 360 24 70 Dieser Beitrag soll dem Interessenten einen Überblick zum Thema nationale und internationale Standards im Gesamtkontext zu „Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten“ geben. Im Gegensatz zu den nachfolgenden Beiträgen kann dieser Einstieg ins Thema nicht in die Details gehen. An der Tagung behandelte Themen finden sich als Beispiele wieder. Was ist Interoperabilität? – Interoperabilität ist, wenn ein System mit anderen Systemen unterschiedlichen Ursprungs innerhalb vordefinierter Grenzen zusammenarbeiten kann und darf. Durch Spezifikationen und Normen entsteht Interoperabilität. Interoperabilität findet auf verschiedenen technologischen Ebenen statt. Leisten Normen einen Beitrag zur Interoperabilität? – Normen erleichtern das Leben in einer vernetzten Welt. In den wenigsten Fällen werden Daten nur für einen kurzfristigen Moment erfasst und nur in einem System gehalten. Deshalb ist die Schaffung und Durchsetzung von Normen eine bedeutende Aufgabe. Normen erleichtern die Vernetzung und bauen technologische Hindernisse zur Zusammenarbeit ab. Gibt es einen Markt für Normen? – Verschiedene Gruppierungen befassen sich damit. Der Nutzen ist unterschiedlich. Alle Beteiligten profitieren jedoch in irgendeiner Weise. 1 Normung 1.1 Definition von Normung Normung heisst die planmässige, durch interessierte Kreise durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Nutzen der Allgemeinheit (DIN). Das Ergebnis von Normung ist eine technische Vorschrift, die man Norm nennt (englisch: standard). Eine „de jure Norm“ (oder kurz Norm) ist eine solche technische Vorschrift, die von nationalen oder internationalen Normenverbänden festgelegt wird. Eine „de facto Norm“ ist eine allgemein anerkannte und mehrheitlich genutzte technische Vorschrift, die sich aus der weiten Verbreitung eines Produktes ergibt, durch die ausschliessliche Nutzung innerhalb eines Unternehmens (so genannter IndustrieStandard) oder durch nationale oder internationale Interessengemeinschaften oder Konsortien festgelegt wird. Sowohl Normen als auch de facto Normen sind nur dann verbindlich und müssen durch natürliche und juristische Personen angewendet werden, wenn durch gesetzliche oder vertragliche Regelungen deren Einhaltung gefordert wird. Typ Betriebssysteme Datenbanken Norm (Gremium) Unix, Linux (ANSI) SQL-92 (ISO) Datenformat XML (W3C), ITF (SNV) Programmiersprachen C++ (ANSI) Internet-Dienste HTTP (ISO), SOAP, UDDI GI-Standards Verbandsspezifisch ISO 19115 Metadaten (ISO) De facto Norm (Gremium) Windows 2000 (Microsoft) DXF (AutoCAD), Shapefile (ESRI) Java (Sun), Visual Basic (Microsoft) J2EE (SUN Microsystems), WSDL (W3C) WMS (OGC) SIA-Norm 405 (SIA) Tab. 1 : Beispiele von Normen und de facto Normen Normen, insbesondere für die Dokumentation (Metadaten), die Modellierung (einheitliche Beschreibungssprache) sowie den Datenaustausch (Bezugsmechanismus und Datenformat) erhöhen die Flexibilität, die Funktionalität und die Produktivität eines Informationssystems. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 2.1 Nationale und internationale Standards Überblick 1.2 Normierungsorganisationen 1.2.1 De jure Normierungsorganisationen Internationale Organisation für Standardisierung (ISO) ISO ist die Internationale Organisation für Standardisierung für Business, Behörden und Gesellschaft. Die Mitglieder-Organisationen können die Normen übernehmen. Beispiele für ISO-Normen: x ISO 19103 Geographic Information – Conceptual Schema Language x ISO 19115 Geographic Information – Metadata x ISO 19119 Geographic Information – Services x ISO 19136 Geographic Information – Geography Markup Language x ISO 19139 Geographic Information – Metadata – Implementation Specification TC211 ist das technische Komitee Nr. 211 der ISO, das sich mit Geografischen Informationen und Geomatik beschäftigt. Dieses Komitee bearbeitet die Normenserie ISO 19100, welche verschiedenste Geodaten-Standards (Metadata, Spatial Schema, Spatial Reference, Application Schema, Conceptual Schema Language, Quality, Encoding, Catalog ...) beinhaltet. Die ISO TC211 und das Open Geospatial Consortium (OGC) arbeiten zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Eine Spezifikation bei OGC entspricht einer Ebene der 19100-er Normenserie bei ISO. Die mit dem Abkommen verfolgten Ziele sind: x OGC-konforme Produkte werden (fast) konform mit dem Standard aus ISO TC211. x Verbesserung der Standards bei OGC und ISO TC211. x Schnellere Entwicklung und Austesten von Spezifikationen in Testumgebung und Pilotprojekten. x Beachtung von Marktkonditionen. Europäisches Komitee für Standardisierung (CEN) CEN ist das Europäische Komitee für Standardisierung. CEN wird voraussichtlich beschliessen die Normenserie ISO 19100 weitgehend zu übernehmen. Die Mitglieder von CEN haben sich verpflichtet die CEN-Normen zu ratifizieren. Schweizerische Normenvereinigung (SNV) Die SNV ist Mitglied von CEN und daher verpflichtet, die CEN-Normen und somit die ISO-Normen zu übernehmen, falls diese zu CEN-Normen werden. Dies bedeutet, dass allfällige Schweizer Normen, welche im Widerspruch mit CEN bzw. ISO-Normen stehen, voraussichtlich eliminiert werden müssten. Da die Schweizer Geonormen auf Grund von praktischen Bedürfnissen entwickelt, implementiert und getestet wurden, ist die Schweiz daran interessiert, dass auch die allfällig zu übernehmenden internationalen Normen im GI-Bereich den praktischen Bedürfnissen entsprechen und durch Implementierung auf ihre Brauchbarkeit geprüft werden. Dafür setzen sich die Schweizer Vertreter in den entsprechenden Gremien mit zunehmendem Erfolg ein. 2.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Überblick Andererseits bemüht man sich in der Schweiz ebenfalls erfolgreich, die existierenden und bewährten Normen den aktuellen Entwicklungen in der Informationstechnologie und im GI-Normenbereich schrittweise anzupassen. Beispiele für SNV-Normen: x SN 612 030 und SN 612 031: INTERLIS Modellierungssprache und Datentransfermethode x SN 612 040: Gebäudeadressen x SN 612 050: GM03 - Metadatenmodell 1.2.2 De facto Normierungsorganisationen Open Geospatial Consortium (OGC) Führende GIS-Hersteller, Datenproduzenten, Behörden, Organisationen und Forschungseinrichtungen haben sich 1994 im Open Geospatial Consortium (OGC) zusammengeschlossen. Ziel des Zusammenschlusses ist die Definition von herstellerübergreifenden, "offenen" Programmschnittstellen, die Standardisierung von GISTechniken sowie die Förderung der GIS-Technologie. Die angestrebten de facto Normen sollen erreichen, dass die Dienste von Anbietern einem grossen Kreis von Nutzern auf einfache Weise zugänglich gemacht werden können. Angestrebt werden ein breiter Einsatz interoperabler Software-Komponenten von der Stange (Components of the shelf), die vollständige Integration der Geodatenverarbeitung mit der normalen Informationstechnologie und der Schritt von Geodaten zu Geoinformationsdiensten. Die OGCSpezifikationen sind meist pragmatische Ansätze, welche die Funktionstüchtigkeit als Hauptziel haben. Beispiele für OGC Spezifikationen sind: x „OpenGIS Simple Feature Specification (SF, approved)“ x „OpenGIS Geography Markup Language (GML, approved)“ x „OpenGIS Web Map Server Specification (WMS, approved)“ x „OpenGIS Web Feature Server Specification (WFS, approved)“ x Service Discovery x Service Description W3C Das World Wide Web Consortium wurde gegründet, um alle Möglichkeiten des Webs zu erschließen. Dazu werden einheitliche Technologien (Spezifikationen, Richtlinien, Software und Tools) entwickelt, die den Fortschritt des Webs fördern und seine Interoperabilität sicherstellen. Hauptprodukte des W3C sind neue Empfehlungen, die als de facto Standards für Protokolle und Anwendungen von den Mitgliedern begutachtet und gebilligt werden müssen. Ziel dabei ist es, einen möglichst breiten Konsens zu finden, was dadurch erreicht wird, dass jede Spezifikation ein bestimmtes Verfahren zu durchlaufen hat (sog. Recommendation Process). Ziel des W3C ist es, das WWW zu seiner vollen Entfaltung zu führen: Als ein funktionierendes Computer zu Computer System, als ein wirkungsvolles Mensch zu Computer Interface und als ein effizientes Mensch zu Mensch Kommunikationsmedium. Um die- Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 2.3 Nationale und internationale Standards Überblick ses Ziel zu erreichen, arbeitet das W3C-Expertenteam zusammen mit seinen Mitgliedern in den folgenden fünf Bereichen: x Architecture Domain (DOM, Jigsaw, XML, XML Protocol, URI) x Document Formats Domain (HTML, Style Sheets, Math, Grafik, Internationalisierung, Amaya) x Interaction Domain (Device Independence, synchronisierte Multimediaanwendungen, Voice Browser) x Technology and Society Domain (Digitale Signaturen, Metadaten, elektronisches Geld, Datenschutz und Datensicherheit) x Web Accessibility Initiative 2 Interoperabilität Durch normierte Schnittstellen und Formate wird die systemunabhängige Kommunikation zwischen verschiedenen Informationssystemen ermöglicht, was als Interoperabilität bezeichnet wird. Interoperabilität erlaubt den einfachen Zugang zu verschiedenen (auch raumbezogenen) Daten- und Verarbeitungsressourcen innerhalb eines Arbeitsablaufs bzw. die einfache Verknüpfung unterschiedlicher Systeme. Durch dieses einfache Zusammenspiel von Systemen und Daten wird es möglich, viele verschiedene Daten an einem Ort zu nutzen und diese Information gegebenenfalls auch zu veröffentlichen. Durch Spezifikationen und Normen entsteht Interoperabilität. Interoperabilität ist die Grundlage von IT-Infrastrukturen, d.h. von verteilten Systemen für eine GesamtUnternehmungslösung. Interoperabilität findet auf verschiedenen Ebenen statt. Schicht Präsentation Services Applikationslogik Daten, Formate Plattform Charakteristik Unterstützung von thin clients und fat clients Begriffe J2ME Interoperation und Offenheit: Einsatz von Internet-, IT- und GIS- Standards HTTP, XML, SOAP, J2EE, UDDI; OGC: WMS, WFS Integration und IT-Konformität (API) Austausch und Investitionsschutz .net, COM, Java SOAP, GML/XML, C++, VB DXF, DGN, SHP, OGC SF, INTERLIS, GML, DBMS OS, PNG, JPG Plattformunabhängigkeit Unix (SUN, IBM, HP), DOS, Windows, Mac, Linux; DBMS (Oracle, SQL, DB2, Informix); WebServer (IIS, Websphere, Apache) 3 Marktbetrachtung Generell erleichtern Normen das Leben in einer vernetzen Welt. In den wenigsten Fällen werden Daten nur für einen kurzfristigen Moment erfasst und nur in einem System gehalten. Die Schaffung von Normen ist eine bedeutende Aufgabe. Wer befasst sich mit Normung? Ein Marktangebot soll sich an der Nachfrage orientieren. Denn nur diejenigen Normen werden sich durchsetzen, welche einen klaren Nutzen für den Anwender haben. Wem bringt Normung etwas? 2.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Überblick Die Antworten auf diese beiden Fragen sind nicht abschliessend: Verschiedene Organisationen bzw. Gremien befassen sich mit Normung. Die einschlägigen Normierungsorganisationen wie ISO, CEN und SNV aber auch OGC wurden bereits erwähnt. Neben den technischen Kommissionen (z.B. TC211 oder TK151) befassen sich auch weitere Gremien und Verbände (z.B. eCH, sia) mit Normung. Gerade Verbände sind gefordert, entstehende Normen für ihre Mitglieder auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen. EUROGI (European Umbrella Organisation for Geographic Information) will den Gebrauch von geographischen Informationen zugunsten der Bürger, der Regierungen und des Handels in Europa maximieren und die Sichtweise der GeographischenInformationen-Gemeinschaft darstellen. Dies wird erreicht durch Förderung, Anregung und Unterstützung der Entwicklung und des Gebrauchs geographischer Informationen und Technologien. Das Schweizer Kontaktnetz e-geo.ch wurde initiiert, um den Aufbau einer NGDI zu fördern wie auch die Partnerschaften zwischen der öffentlichen Hand, Organisationen und der Privatwirtschaft zu verbessern. Beide Initiativen benötigt für die Umsetzung die Interoperabilität. Für das Erreichen der Ziele sind praktikable und sinnvolle Normen von Vorteil. Hersteller sind angehalten, die vom Markt geforderten Normen zu implementieren. Davon profitiert der Kunde wie der Hersteller, weil weitere Aufgaben bewältigt und neue Marktsegmente erschlossen werden können. Datenproduzenten wollen ihre Daten einem möglichst grossen Publikum zugänglich machen. Die Bereitstellung in einem genormten Datenformat verringert den Aufwand erheblich. Die Daten müssen nicht in verschiedenen proprietären Formaten von GISSystemlieferanten aufbereitet werden. Verschiedene Studien belegen, dass gut zugängliche Geobasisdaten für Privatwirtschaft wie für Verwaltung hohen volkswirtschaftlichen Nutzen haben (vgl. NGDI des Bundes). Der Anwender wird sich nicht im Detail damit befassen. Er wird sich informieren, damit er als Auftraggeber notwendige Standards fordern bzw. als Auftragnehmer geforderte Standards umsetzen kann. Schliesslich sollen Investitionen nachhaltig sein. Die Schaffung und Durchsetzung von Normen ist eine bedeutende Aufgabe. Normen erleichtern die Vernetzung und bauen technologische Hindernisse zur Zusammenarbeit ab. Die SOGI FG GIS-Technologie hat den Nutzen der Ergebnisse der Arbeit von OGC, ISO und SN für den GIS-Anwender in der Schweiz untersucht: Beschreibung Produktivitätssteigerung von Unternehmen und Behörden durch die Nutzung genormter Programmschnittstellen. Produktivitätssteigerung von Unternehmen und Behörden durch die Nutzung genormter Austauschformate und Mechanismen. Nutzen durch Software spezifischer Technologien ab der Stange. Investitionsschutz (durch Plattformunabhängigkeit). CH ist nicht mehr eine Normeninsel. Bessere Kontrolle der Daten. Klar definierte Richtlinien für Ausschreibungen durch die zwingende Vorgabe des abzugebenden Datenformates, und damit Chancengleichheit für alle Anbieter. Im Bereich länderübergreifender Projekte, kommen proprietäre nationale Normen (d.h. ohne Bezug zu internationalen Normen) nicht zum Ein- Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten OGC ISO SN X - e e e X X ? X - e X e X X X X - - X e e e 2.5 Nationale und internationale Standards Überblick satz. Dort ebnen internationale Normen den Weg für einen geregelten Datenbezug bzw. Datenaustausch. Normung wird auf einer systemneutralen Daten- und Modellierungsebene geführt. Alle Beteiligten sprechen die gleiche „Sprache“. ? X X - ? X Legende: X Nutzen realisiert, e Nutzen zu erwarten/versprochen, ? Nutzen unklar, - kein Nutzen In einem Bericht der swisstopo wurde versucht, die konkreten Einsparungen beim sinnvollen Einsatz von Schweizer Normen zu schätzen (Bericht 17, www.swisstopo.ch). Es wird dort von einem Potential von einigen Millionen Schweizer Franken pro Jahr gerechnet. Ein anderer Bericht spricht von 3% Einsparung durch genormte Arbeitsabläufe und Werkzeuge (www.cgey.com/gcicase); dieser Prozentsatz dürfte im GIS-Bereich noch wesentlich höher liegen. Ebenso wichtig wie die Einsparungen ist jedoch der Zusatznutzen, der durch genormte Geoinformationsverarbeitung erzielt wird. Im Gegensatz zu üblichen Märkten ist Wettbewerb weniger gefragt. Organisationen sollen in jenen Bereichen, in denen sie sich thematisch überschneiden, zusammenarbeiten und ihre Normen angleichen. Dies passiert bereits. OGC-Standards wie WFS oder WMS werden von ISO als Norm übernommen oder in entsprechenden Normen angepasst. Dasselbe geschieht auch umgekehrt, indem z.B. OGC ISO-Normen als Standards übernimmt. Auch andere Organisationen wie FGDC arbeiten enger mit ISO und OGC zusammen. Dies bringt den Organisationen weniger Arbeit und mehr Durchsetzungskraft. Für Entwickler, Hersteller und Anwender wird es einfacher. 4 Literaturangaben x SOGI FG GIS-Technologie (2003): Worin liegt der praktische Nutzen von Interoperabilität und Normung für den GIS-Anwender in der Schweiz? x SOGI FG GIS-Technologie (2005): Geo-Webdienst URL CEN, European Committee for Standardisation (www.cenorm.be) INTERLIS (www.interlis.ch) ISO (www.iso.org) ISO TC/211 (www.isotc211.org) KOGIS (www.kogis.ch, www.e-geo.ch) OGC (www.opengis.org) Online Glossar (www.integis.ch) Schweizerischen Normen Vereinigung SNV (www.snv.ch) SOGI (www.sogi.ch) TC211 – OGC coordination group (www.opengis.org/iso) 2.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 3 Informatik-Standards Für die Interoperabilität von GIS relevante Standards Christine Giger, ETH Zürich Christine Giger, Prof. Dr. Eidg. Technische Hochschule Zürich Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH Hönggerberg CH-8093 Zürich Tel : Fax : E-Mail : +41 1 633 30 51 +41 1 633 11 01 1 Einleitung Die Entwicklung vernetzter, interoperabler Informationstechnologien vier Aufgaben: 1. 2. 3. 4. Systeme betrifft aus Sicht der Festlegung der Architekturen und technischen Standards Prozessmodellierung Datenmodellierung Entwicklung von Basiskomponenten Alle vier Aufgaben sind im hohen Masse voneinander abhängig und müssen aufeinander abgestimmt werden. In anderen Beiträgen dieser Tagung werden die verschiedenen Schritte unter verschiedenen Aspekten beleuchtet. Hier soll vor allem auf die erste Aufgabe eingegangen werden und dargestellt, welche allgemeinen, informationstechnischen Standards existieren, die als Grundlage für die in anderen Beiträgen behandelten Geoinformations- und Geomatik-Standards dienen. Dabei wird mit dem Begriff „Standard“ im folgenden Text sowohl ein de facto-Standard (z.B. Hersteller- oder Domänen-spezifische aber weit verbreitete Schnittstellen) als auch ein de jure-Standard (entspricht einer von einem offiziellen Gremium definierten Norm) bezeichnet. Die Anzahl und Breite der informationstechnischen Standards ist sehr gross und kann im Rahmen dieses Beitrags nicht umfassend und vollständig beschrieben werden. Um eine sinnvolle Eingrenzung des Themas vornehmen zu können, gehen wir zunächst von einer in Fachkreisen allgemein anerkannten Architektur für Geodateninfrastrukturen aus. Bild 1: Middleware-Architektur für Geodateninfrastrukturen gemäss INSPIRE [1] Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 3.1 Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards Die in Bild 1 gezeigte 3-Schichten Architektur wurde so vom Expertengremium der EUInitiative INSPIRE (Infrastructure for Spatial Information in Europe) [1] verabschiedet und basiert unter anderem auf den für den Geoinformationsbereich so bedeutsamen Gremien: x x ISO/TC 211 – Geoinformation - Geomatics [5] Open Geospatial Consortium (OGC) [8] Auf der untersten Ebene befinden sich Daten- und Metadatenquellen. Dort ist darauf zu achten, dass Daten und Metadaten maschinell gelesen, interpretiert und verarbeitet werden können. Schnittstellen zu Clients aber vor allem zu zugreifenden Diensten (darunter die wichtigen Katalog- und Suchdienste) müssen exakt spezifiziert und eingehalten werden. Nur so sind die vorhandenen Geodaten breit nutzbar. In der mittleren Schicht müssen Basis- und Mehrwertdienste angeboten werden. Diese müssen unabhängig von bestimmten Datenquellen funktionieren und austauschbar sowie miteinander koppelbar sein. D.h. es müssen letztlich Schnittstellen zu Datenquellen wie auch zu Clients und anderen Diensten (Middleware-Komponenten) spezifiziert und eingehalten werden. In der obersten Schicht befinden sich die Endnutzer-Anwendungen, zu denen auch Portale zählen. Weitere Beispiele sind einfache Web-Browser, spezialisierte Dienste (z.B. Routenplanung, Immobilienbewertung) aber auch traditionelle GIS. Hier sind ebenfalls vor allem die Schnittstellen zu den Diensten und Datenquellen aber auch zu Suchdiensten relevant. Fasst man nun die Software-Architektur in Bild 1 als zu erreichendes Ziel auf, bleibt zu überlegen, wie die einzelnen dort aufgeführten Komponenten über standardisierte Schnittstellen miteinander kommunizieren können. Idealerweise sollten zu diesem Zweck Standards gewählt werden, die x x x x x x leicht implementierbar sind, die Freiheit bei der Implementierung der Komponenten möglichst nicht oder nur schwach einschränken die Kommunikation zwischen den Komponenten sicherstellen, den Ersatz einzelner Komponenten durch andere/neue ermöglichen, die Erweiterbarkeit des Gesamtsystems ermöglichen, kompatibel zu allgemeinen IT-Standards sind. Im Bild 2 sind die korrespondierenden Standards der Reihe ISO 19100 des ISO/TC 211 und die Standards des OGC an den entsprechenden Schnittstellen oder für die entsprechenden Komponenten dargestellt. 3.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards Bild 2: Middleware-Architektur mit ISO/TC 211 und OGC Standards Auf die Beschreibung der Standards, die in diesen beiden Gremien entwickelt werden, wird in diesem Beitrag explizit verzichtet, da andere Beiträge sich diesen Themen widmen. Aus Sicht der Informatik sollte man die folgenden Normungsgremien betrachten, die auch einen Grossteil der Basis für ISO/TC 211 und OGC liefern: x x x x Object Management Group (OMG) [6] World Wide Web Consortium (W3C) [10] International Organization for Standardization (ISO) [4] International Electrotechnical Commision (IEC) [3] Es existieren natürlich noch weitere Gremien, deren Beschreibung jedoch den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Aus Platz-und Zeitgründen aber auch aus Gründen der unmittelbaren Relevanz behandeltdieser Beitrag vor allem die GIS-relevanten Standards von OMG und W3C Um diese in ihrer Funktion und in Relation zu anderen Standards einordnen zu können, illustriert das folgende Bild 3 die Aufgaben der einzelnen Standards im Zusammenhang mit den funktionalen Anforderungen der Interoperabilität. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 3.3 Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards Bild 3: Standards und ihre Aufgaben für die Realisierung von interoperablen Systemen Die Nennung der in der Spalte „Interoperabilitäts-Standards“ angegebenen Standards erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Im Rahmen dieses Beitrags wird auch nur auf einen geringen Teil der dort genannten Standards eingegangen. 2 Object Management Group (OMG) Die Object Management Group (OMG) wurde 1989 von 11 Firmen gegründet, darunter 3Com, American Airlines, Canon, Data General, HP, Philips, SUN und Unisys. Das Industrie-Konsortium zählt heute mehr als 800 Mitglieder. Es standardisiert offene, verteilte, objekt-orientierte Systeme auf Middleware-Basis. Unter den zahlreichen von der OMG entwickelten Standards haben die folgenden die grösste Bedeutung für interoperable GIS: x x x Common Object Request Broker Architecture (CORBA) Model Driven Architecture (MDA) Unified Modeling Language (UML) Die Standards werden in den folgenden Kapiteln etwas näher erklärt. 2.1 Common Object Request Broker Architecture (CORBA) CORBA basiert auf dem ISO/IEC 10746 Standard for Open Distributed Processing, einer allgemeinen Architektur offener, verteilter komponentenbasierter Systeme. Das OGC beruft sich mit seinen Entwicklungen ebenfalls auf dieses ISO/IEC Standard und auf die Entwicklungen der OMG. Eine 1. Version von CORBA wurde 1991 veröffentlicht. Seit 2000 ist CORBA ebenfalls als Standard der ISO (ISO/IEC 19500-2) erhältlich. CORBA definiert die Komponenten und Rollen der Komponenten von MiddlewareArchitekturen. 3.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards 2.2 Model Driven Architecture (MDA) Die MDA vereinheitlicht als modellbasierte Software-Architektur die Modellierungsund Middleware-Bereiche der OMG. Sie unterstützt Anwendungen über ihren gesamten Lebenszyklus von Analyse und Entwurf über Implementierung und Entwicklung bis hin zur Pflege und der Erweiterung von Softwaresystemen. Die MDA basiert auf UML Modellen. Die Beschreibungssprache UML wird im nächsten Kapitel noch etwas näher beschrieben. Das folgende Bild 4 illustriert die Funktion der MDA aus Sicht der OMG. Bild 4: Funktionen der Model Driven Architecture Die MDA integriert Anwendungen innerhalb eines Unternehmens und über das Unternehmen hinaus mit Anwendungen anderer Unternehmen. Sie wurde von den OMG-Mitgliedern als Basis für alle OMG-Spezifikationen im September 2001 verabschiedet. Weitere Infos finden sich unter [7]. 2.3 Unified Modeling Language (UML) UML standardisiert die Repräsentation von objekt-orientierter Analyse und Entwurf. Es handelt sich bei UML um eine graphische Sprache mit einem Dutzend Diagrammtypen (Anwendungs- und Aktivitätsdiagramme zur Anforderungserfassung, Klassen- und Objektdiagramme für den Systementwurf, Paket und Subsystemdiagramme für die Entwicklung, usw.). Software-Architekten und -Analysten können Anwendungen standardisiert visualisieren, spezifizieren, konstruieren und dokumentieren. Die OMG entwickelte UML also vor allem zum Entwurf von komplexen, verteilten Softwaresystemen. Im GIS-Bereich wird zur Zeit allerdings nur ein sehr kleiner Aspekt von UML genutzt: die Möglichkeit, mit UML Datenmodelle zu beschreiben. UML ist allerdings sehr verbreitet für die Nutzung und wird beispielsweise auch für die Spezifikation der ISO 19100 [5] Normenreihe intensiv gebraucht. Weitere Informationen zu UML, Beispiele sowie UML-Kurse finden sich unter [9]. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 3.5 Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards 3 World Wide Web Consortium (W3C) Das World Wide Web wurde 1989 von Tim Berners-Lee während seiner Tätigkeit am CERN in Genf erfunden. Berners-Lee und andere gründeten im Oktober 1994 das World Wide Web Consortium (W3C) als Industriekonsortium. Berners-Lee ist seit dem Direktor des W3C. Viele Informationen inklusive einer vollständigen Liste aller Standards finden sich unter [10]. Kurse zu den meisten Standards finden sich unter [11]. Ziel des W3C ist es, Industrie-weiten Konsens über Web-Technologien herbei zu führen. Das W3C hat die Aufgabe, das Wide World Web zur Nutzung seiner vollen Kapazität zu führen, indem die gemeinsamen Protokolle entwickelt werden, die seine Weiterentwicklung fördern und seine Interoperabilität gewährleisten. Eine der Aufgaben des W3C ist es, einen Beitrag zur Standardisierung der WebTechnologien zu leisten, indem “Recommendations” genannte Spezifikationen, welche die Grundlagen des Web beschreiben, produziert werden. Die Ziele des W3C können in den sieben folgenden Punkten zusammengefasst werden: Universal Access, Semantic Web, Trust, Interoperability, Evolvability, Decentralization und Cooler Multimedia. Um diese Ziele zu erreichen, wurden verschiedene Arbeitsgruppen gegründet, welche in fünf Bereiche aufgeteilt werden können: Architecture Domain: Sie entwickelt die Web-Technologien. Innerhalb dieser Domäne befinden sich Arbeitsgruppen zum Thema XML (XML Core Working Group, XML Linking Working Group, XML Query Working Group und XML Schema Working Group), WebServices (XML Protocol Working Group und WebServices Descriptor Working Group), Uniform Resource Identifiers, DOM und Jigsaw. Document Formats Domain: arbeitet an den Formaten und Sprachen für die Informationsdarstellung. Zum Beispiel an der Hypertext Markup Language (HTML), Style Sheets, Math, Graphics (z.B. Formate PNG, SVG, usw.), Interaction Domain: beschäftigt sich mit der Unterstützung des Benutzers in der Interaktion mit dem Web. Die Aktivitätsbereiche sind: Device Independence, Multimodal Interaction, Synchronized Multimedia (SMIL) und Voice Browser. Technology and Society Domain: berücksichtigt gesetzliche und sozialpolitische Aspekte in der Web-Entwicklung. Die Aktivitätsbereiche sind: Semantic Web (z. B. Resource Description Framework, RDF oder Web Ontology Language, OWL), Platform for Privacy Preferences (P3P), XML Signature (xmldsig), XML Encryption, XML Key Management, Patent Policy and Standards. Web Accessibility Initiative (WAI): führt die Arbeiten zur Förderung des Web-Zugriffs anhand von fünf Arbeitsbereichen fort: technology, guidelines, tools, education and outreach, und research and development. Das folgende Bild 5 illustriert die Funktionen der W3C Standards im Hinblick auf die Funktionen und die Weiterentwicklung des World Wide Web. 3.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards Bild 5: W3C-Standards und die Weiterentwicklung des World Wide Web [10] Für die GI-Normung sind dabei vor allem die folgenden Standards wichtig: x x x x x x x Uniform Resource Locators (URL), Uniform Resource Identifiers (URI), HyperText Transfer Protocol (HTTP), HyperText Markup Language (HTML) o Diese sind dem Leser (hoffentlich) bekannt und werden im folgenden nicht mehr näher erklärt Extensible Markup Language (XML) und XML Schema Scalable Vector Graphics (SVG) Resource Description Framework (RDF) Web Ontology Language (OWL) Simple Object Access Protocol (SOAP) Web Services Description Language (WSDL) 3.1 Extensible Markup Language (XML) Bei XML handelt es sich um ein Textformat, das als Derivat der Dokumentenbeschreibungssprache Standard Generalized Markup Language SGML (ISO 8879) entstand. XML nutzt zur Zeichenkodierung den ASCII-Standard. Es ist beschreibt sequentiell die Struktur von Dokumenten (z.B. Titel, 1. Kapitel, Absatz, Absatz, 2. Kapitel, usw.). XML war ursprünglich nur für die breite elektronische Publikation von Dokumenten gedacht. Heute wird es zunehmend für den Austausch beliebiger Daten in der Informatik und eben auch zum Austausch von Geodaten verwendet. Beispiel: <note> <to>Tove</to> <from>Jani</from> <heading>Reminder</heading> <body>Don't forget me this weekend!</body> </note> Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 3.7 Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards XML und XML-Derivate sind sehr gut für die Beschreibung von Daten geeignet, die automatisch von Rechnern weiterberabeitet werden sollen. Das Lesen von XML-Dateien durch Menschen ist natürlich möglich, aber extrem mühsam, da Menschen gewöhnlich eher objekt-orientiert als sequentiell denken, sofern es sich bei den Daten nicht um Dokumente handelt. XML und XML-Derivate zur Modellierung beliebiger Daten (nicht Dokumente) zu verwenden ist prinzipiell möglich aber ebenfalls unsinnig. UML zum Beispiel liegt viel näher an menschlichen Denkweisen. 3.2 XML Schema XML Schema beschreibt so genannte shared vocabularies und bietet damit Methoden zur Definition der Strukturen, Inhalte und Semantik von XML-Dokumenten. XML Schema erlaubt die Definition von Klassen von XML-Dokumenten. Eine deutsche Beschreibung zu XML-Schema findet sich z.B. unter [1]. XML Schema ist auch die Basis für den OGC Standard GML [8]. 3.3 Scalable Vector Graphics (SVG) SVG beschreibt 2D Graphiken. Es besteht aus 2 Teilen: XML-basiertes Dateiformat und Programmierschnittstele für graphische Anwendungen. Es enthält z.B. verschiedene Formen, Text, und Rastergraphik. SVG unterstützt Scripts und Animationen. Es nutzt JPEG und PNG als Bildformate. SVG wird für interaktive Anwendungen im Web, auf mobilen Systemen, etc. benutzt. Es handelt sich um einen systemunabhängigen, offenen Standard. Die Autoren kommen von: Adobe, Agfa, Apple, Canon, Corel, Ericsson, HP, IBM, Kodak, Macromedia, Microsoft, Nokia, Sharp und Sun Microsystems. SVG viewers gibt es für alle gängigen Web-Browser 3.4 Resource Description Framework (RDF) RDF bietet einen Rahmen zur Beschreibung und zum Austausch von Metadaten, die Informationen im Internet betreffen, gemäss den folgenden Regeln: 1. Eine Resource ist irgendetwas, dass einen URI haben kann; dies beinhaltet alle WWW-Seiten aber auch individuelle Teile eines XML-Dokuments. 2. Ein PropertyType ist eine Resource, die einen Namen hat und als Property genutzt werden kann, z.B. Autor oder Titel. In vielen Fällen kümmern wir uns dabei nur um den Namen; aber ein PropertyType muss eine Resource sein, damit er eigenen Properties (Eigenschaften) haben kann. 3. Eine Property ist die Kombination einer Resource, eines PropertyType und eines Werts. Beispiel: "The Author of http://www.textuality.com/RDF/Why.html is Tim Bray.“ Der Wert kann nur ein String sein, z.B. "Tim Bray" oder eine andere Resource, z.B. "The Home-Page of http://www.textuality.com/RDF/Why.html is http://www.textuality.com“ 4. Diese Eigenschaften können direkt im XML beschrieben werden 3.8 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards 3.5 Web Ontology Language (OWL) OWL basiert auf RDF und bietet zusätzlich mehr Vokabular für die Beschreibung von Eigenschaften und Klassen an, z.B.: x x x x x x untereinander Relationen zwischen Klassen Kardinalitäten Gleichheit Charakteristika von Eigenschaften (z.B. Symmetrien) Enumerationen RDF nutzt Description Logics zur Modellierung von Daten (z.B. Geoobjekten) und deren Eigenschaften. Bild 6 zeigt ein Beispiel für deskriptive Logik. Bild 6: Deskriptive Logik OWL ist (ähnlich wie Beschreibungssprache. zum Beispiel INTERLIS) auch eine konzeptionelle 3.6 Simple Object Access Protocol (SOAP) Um Anwedungsprogramme auf einem Rechner zu koppeln, würde man typischerweise auf die Nutzung so genannter Remote Procedure Calls (RPC) zurückgreifen. Bei der Kopplung von Anwendungen, die jedoch auf verschiedenen Rechnern laufen, die durch das Internet verbunden sind, ist dies nicht möglich. Firewalls würden RPCs sofort zurückweisen. Daher wurde SOAP entwickelt. SOAP ist ein Kommunikationsprotokoll, das die Kommunikation zwischen Applikationen, die auf verschiedenen Betriebssystemen mit verschiedenen Technologien und Programmiersprachen laufen, erlaubt. Es ist ein Format zum Senden von Nachrichten und wurde speziell für die Kommunikation via Internet entworfen. Es ist Plattform-unabhängig und basiert auf XML. Es ist einfach und erweiterbar und erlaubt die Umgehung von Firewalls. 3.7 Web Services Description Language (WSDL) WSDL ist ein spezielles XML-Format zur Beschreibung von Netzwerkdiensten als Menge von Endpunkten, die auf Nachrichten operieren, die entweder Dokumentorientierte oder Prozedur-orientierte Informationen enthalten. Operationen und Nachrichten werden abstrakt beschrieben und dann an ein konkretes Netzprotokoll und Nachrichtenformat gebunden, um einen Endpunkt zu definieren. In Beziehung Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 3.9 Nationale und internationale Standards Informatik-Standards: für die Interoperabilität von GIS relevante Standards stehende konkrete kombiniert. Endpunkte werden zu abstrakten Endpunkten (Diensten) WSDL ist unabhängig von Nachrichtenformaten und Protokollen. Üblich sind aber zur Zeit die Verwendung von SOAP 1.1, HTTP GET/POST, und MIME (Multipurpose Internet Mail Extensions) für WSDL. Insbesondere für Geodateninfrastrukturen, in denen man gerne Dienste suchen und finden und dann auch miteinander verketten möchte, gewinnt WSDL eine zunehmende Bedeutung. 4 Abschlussbemerkungen Die vorgestellte Liste der Informatik-Standards ist keineswegs vollständig und skizziert auch nur gewisse Aspekte der Standards und deren Bedeutung für die Nutzung von Geoinformationen. Alle Standards sind in „Bewegung“, d.h. sie sind zum Teil noch nicht als Standards verabschiedet und werden noch bearbeitet. GI-Standards, die auf diesen Informatik-Standards beruhen, sind allenfalls auch von diesem Aspekt der Instabilität betroffen. Dies gilt insbesondere auch für den OGC-Standard GML. Modellbasierte Ansätze beherrschen die Informatik-Standards für verteilte interoperable Systeme. Die schlägt sich allerdings auch in den Ansätzen von ISO/TC 211, CEN/TC 287, der EU-Initiative INSPIRE aber auch in der nationalen Normung einzelner Länder, darunter auch Deutschland (AAA Modell) und die Schweiz (INTERLIS!) nieder. Das Semantic Web hat grosse Zukunft und wird stark vorangetrieben (z.B. mit RDF und OWL). Referenzen [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] 3.10 http://www.edition-w3c.de/TR/2001/REC-xmlschema-0-20010502/ http://inspire.jrc.it/home.html http://www.iec.org/ http://www.iso.org/ http://www.isotc211.org/ http://www.omg.org/ http://www.omg.org/mda/ http://www.opengeospatial.org/ http://www.uml.org/ http://www.w3.org/ http://www.w3schools.com/ Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 4 Weltweite, europäische und schweizerische GeoNormen in Wechselwirkung Hans Rudolf Gnägi, ETH Zürich Hans Rudolf Gnägi Eidg. Technische Hochschule Zürich Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH Hönggerberg CH-8093 Zürich Tel : Fax : E-Mail : +41 1 633 30 60 +41 1 633 11 01 1 Einleitung Wer an Normen denkt, dem fallen spontan Stichworte ein wie „Schraubengewinde“, „DIN A4“ und „Spurweite der Eisenbahn“. Dabei geht es um stabile Dinge des täglichen Lebens, die schon mehr oder weniger lang existieren und sich bewährt haben und wo es nur noch darum geht, einige Details einheitlich festzulegen, um einer noch uneingeschränkteren Verwendung dieser Dinge letzte Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ganz anders ist die Situation im Geoinformationsbereich. Da ist sozusagen nichts stabil, Technisch jagen sich die inkompatiblen Versionen von Geoinformationssystemen und Geodiensten in einem atemraubenden Tempo, die Geodaten werden immer umfangreicher, waren schon immer und bleiben teuer in der Herstellung, die Vielfalt von Austauschformaten nimmt babylonische Ausmasse an. Und trotzdem sollten in dieser hoffnungslos dynamischen Situation mittels Normen stabile Pflöcke eingeschlagen werden. Schon immer war da der Bedarf, Geodaten auszutauschen über lokale, regionale und nationale Grenzen, auch über Systemgrenzen. Nationale, regionale und globale Geodateninfrastrukturen rufen heute nach vielseitiger Nutzung einmal erhobener Geodaten. Aber was und wie soll normiert werden? Wo sind die Schraubengewinde im Geobereich? Zur Dynamik der Technik gesellen sich zudem handfeste Interessenkonflikte. Während beispielsweise die Geodatennutzer an möglichst frei und vollständig austauschbaren sowie offen beschriebenen Geodaten interessiert sind, möchte ein GIS-Hersteller tendenziell eher seine Kunden an sein System binden durch möglichst hohe Hürden, die Daten wohldokumentiert und vollständig in ein Mitbewerber-System transferieren zu können. Im Folgenden soll kurz gezeigt werden, ob und wie erfolgreich das weltweite (ISO/ TC211), das europäische (CEN/TC287) und das nationale Normengremium (SNV/INB TK 151) den mehrdimensionalen Spagat zwischen Technikdynamik und Anforderungswidersprüchen meistern. 2 Normen, was ist das? Qualitätskriterien, Entstehung, Beeinflussung DIN normt auch den Begriff „Normung” und zwar mit folgender Definition: Normung ist planmässige, durch die interessierten Kreise durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Nutzen der Allgemeinheit (DIN 820 Teil 3). Eine „Norm” ist das Resultat solcher Normungstätigkeit. Das Interesse am „Nutzen für die Allgemeinheit“ von „Vereinheitlichungen“ im Geobereich meldete sich in der Schweiz, wie in den meisten Ländern, zunächst auf nationaler Ebene an. Bedeutung und Wert der umfangreichen Geodatensammlungen führten zu einer ersten Schweizer Norm „Sicherheit und Schutz von Geodaten“ (SN612010). Um den Datenaustausch zwischen amtlicher Vermessung einerseits und Architektur und Bau andererseits zu entwirren wurde die Norm „Datenreferenzmodell DXF Geobau“ (SN612020) erarbeitet. Die modellbasierte Methode, in Stürmen praktischer Anwendung gereift, wurde als Norm „INTERLIS Datenbeschreibungssprache und Transfermethode“ (SN612030) fixiert Es folgten „INTERLIS 2“ (SN612031), „Gebäudeadressen“ (SN612040), „Metadaten“ (SN612050), diese sind aber bereits beeinflusst von der weltweiten Geo-Normung, wo seit 1994 die wesentlichen Entwicklungen stattfinden. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 4.1 Nationale und internationale Standards Weltweite, europäische und schweizerische Geonormen in Wechselwirkung Die Erfahrungen mit der Entwicklung von Schweizer Normen zeigten, dass eine Norm nur dann „zum Nutzen der Allgemeinheit“ dient, wenn sie den folgenden Qualitätskriterien genügt. E Exakte knappe Formulierung mit präzisen klar definierten Begriffen aber auch mit anschaulichen Erläuterungen. M Minimum, das nötig ist wurde festzulegen: „Vollständig“ ist eine Norm, wenn sie alles enthält, was nötig ist für ein Vereinheitlichung, nicht alles, was existiert. P Praxiserprobung war erfolgreich B Breit abgestützte Einflussnahme auf die Erarbeitung „Planmässig“ bedeutet im Geobereich, dass organisatorisch primär auf weltweiter Ebene normiert wird (ISO/TC211), diese Normen in Europa nach Prüfung von Bedarf und Eignung als Euronormen (EN) anerkannt werden (von CEN/TC287), und dass diese Euronormen von den Mitgliedländern schliesslich ins nationale Normenwerk übernommen werden müssen (in der Schweiz durch die Schweizerisch Normenvereinigung SNV). „Planmässig“ verläuft auch der Lebenszyklus einer Norm: Dieser startet damit, dass eine Mitgliednation oder ein Liaison-Mitglied die Idee für eine neue Norm als „New work item proposal“ (NWIP) formuliert. Wird dieses vom TC angenommen, beginnt ein Projektteam (PT) „Committee Drafts“ (CD) auszuarbeiten, die von den Mitgliedernationen beurteilt werden können. Änderungswünsche werden durch „Editing Committee Meetings“ (ECM) eingearbeitet. Ist ein CD stabil, dann kommt er zur Abstimmung als „Draft International Standard“ (DIS) und schliesslich als „International Standard“ (IS). Analog entstehen bei ISO „Technical Reports“ (TR): Vom NWIP über den „Provisional Draft Technical Report“ (PDTR) zum DTR und zum TR. Soweit das Prozedere zur Schaffung von sogenannten „de jure“ Normen über die offiziellen Normengremien. Daneben haben sich im Geo-Bereich wie in der Informationstechnologie allgemein auch „de facto“ Normen durchgesetzt durch weitverbreiteten Gebrauch. Man denke etwa an das „Drawing eXchange File“ (DXF) zum Austausch von Vektorgrafik. Mit dem „Open Geospatial Consortium“ (OGC) hat sich ein Gremium konstituiert, mit dem Ziel, Interoperabilität von GIS zu realisieren, d.h. Funktionalität und Daten von GIS wechselseitig nutzbar zu machen, insbesondere, wenn nicht umfangreicher Datenaustausch gefordert ist. OGC umfasst als strategisch entscheidende „principle members“ vor allem die grossen GIS-Hersteller. Viele an GIS interessierte Administrationen, Universitäten und kleinere Firmen können zu bescheideneren Jahresbeiträgen und mit weniger Entscheidungsbefugnis ihre Ideen einbringen. Der grosse Vorteil der de facto Normen von OGC gegenüber den de jure Normen von ISO ist, dass meist erst auf Grund von Implementierungen für eine Idee der Normungsprozess gestartet wird, dass also das oben erwähnte Qualitätskriterium 3 der Praxiserprobung automatisch erfüllt ist. Entsprechend dem Ziel Interoperabilität liegt das Hauptinteresse der OGC-Normungsarbeit im Bereich Internet basierte Dienste. Einzigartig und ausserordentlich positiv für die Normung im Geo-Bereich ist, dass ein Zusammenarbeitsvertrag zustande kam zwischen OGC und ISO/TC211. Er ist zwar insofern einseitig, als damit nur OGC Normenvorschläge in den ISO-Prozess einbringen kann und nicht auch umgekehrt ISO/TC 211 bei OGC die Implementierung und damit praktische Überprüfung von durch ISO entwickelten Normen beantragen kann. Aber schon, dass OGC-Realisierungen auch den ISO-Prozess durchlaufen und so mit breiten kritischen Stellungnahmen und Verbesserungsideen konfrontiert werden, die mittels 4.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Weltweite, europäische und schweizerische Geonormen in Wechselwirkung ECMs berücksichtigt werden, hat wesentliche Qualitätsverbesserungen zur Folge (Qualitätskriterium 4!). Noch ein Blick auf die Normungsexperten von ISO/TC211: Deren Zusammensetzung ist nach wie vor von unglaublicher Heterogenität. Viele kennen GIS nur von ferne, theoretisch, viele sind fixiert auf das eine GIS, mit dem sie gelegentlich oder täglich arbeiten, Das Verständnis für die Bedeutung systemunabhängiger Lösungen und für die modellbasierte Methode ist zwar zunehmend aber immer noch sehr nahe bei Null. 3 Geo-Normen, Übersicht Gesamtübersicht und Stand der ISO Normenserie 19100 gibt Tabelle 1. Von den 47 insgesamt gestarteten Projektteams wurden 3 wieder gestrichen und die übrigen produzierten bis zum 16.2.2005 insgesamt 18 IS und TR, 11 DIS und DTR, 9 CD und PDTR und 6 NWIP sind noch nicht bis zum CD vorgedrungen. Die ganze Normenserie basiert auf der modellbasierten Methode. Das heisst, es wird grundsätzlich auf system-unabhängiger konzeptioneller Ebene normiert. Die konzeptionellen Schemata (Datenmodelle) der normierten Datenstrukturen bzw. Strukturelemente müssen für die Implementierung in GIS oder Datenbanken auf das logische Schema (Datenmodell) dieser Zielsysteme umgebaut werden, um von dort, meist automatisch, auf den physischen Level des Betriebssystems bzw. des Rechners übersetzt zu werden. Für den Datentransfer kann aus einem konzeptionellen Schema automatisch direkt die Beschreibung des Transferformats, also das physische oder Transferschema, hergeleitet werden. Als konzeptionelle Beschreibungssprache verwendet ISO19100 die Umified Modelling Language (UML). Als Transferformat wurde der XML-Dialekt GML gewählt, als physische Beschreibungssprache des Transferschemas zunächst XML-DTD und jetzt XMLSchema. Viele Leser aber auch Hersteller der Normen haben grosse Schwierigkeit, diese verschiedenen Beschreibungsstufen auseinander zu halten. Es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der Beschreibung der Datenstruktur auf konzeptioneller Ebene (bei ISO 19100 durch UML) und der Beschreibung des Transferformats (bei ISO 19100 durch XML-Schema). Wer ein physisches Transferschema als konzeptionelles Datenmodell betrachtet und bezeichnet bereitet sich selber vor allem unnötige Schwierigkeiten und stiftet in der Geowelt unnötig Verwirrung. Die Normen der Serie ISO 19100 können gegliedert werden in die beiden Hauptbereiche Grundlagen und Anwendungen. Bei den Grundlagen zeichnen sich vier Teilbereiche ab: Basis – Integrierbarkeit/Transferierbarkeit – Interoperabilität. Bei den Anwendungen kann zur Zeit unterschieden werden zwischen Qualität/Metadaten – Pixelbilder/Gitterdaten – LBS – Adressen – Bewegte Objekte. Details zu den beiden Hauptbereichen sowie der Versuch eines Zustandsvergleichs ISO-CEN-SNV für den Grundlagenbereich folgen im nächsten Abschnitt. Tabelle 1 enthält in der dritten Kolonne eine grobe Beurteilung aller Normen. Dabei fällt sehr unangenehm auf die grosse Zahl von Normen mit der Bemerkung „No“. Wegen der sehr beschränkten personellen und finanziellen Kapazität der Schweiz im GeoNormenbereich konnten alle diese Dokumente überhaupt nicht bewertet werden Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 4.3 Nationale und internationale Standards Weltweite, europäische und schweizerische Geonormen in Wechselwirkung Nr ISO Sta nd 6709 19101 19101-2 19102 19103 19104 19105 19106 19107 19108 19109 19110 19111 19112 19113 19114 19115 19115-2 19116 19117 19118 19119 19120 19120 A 19121 19122 19123 19124 19125-1 19125-2 19125-3 19126 19127 19128 19129 19130 19131 19132 19133 19134 19135 19136 19137 19138 19139 19140 19141 ¬ ¬ ± | ± | ± ¬ | ¬ ¬ | ¬ ¬ ¬ ¬ | | BeurTitel Dokument Nr teilung ? Std, representation of lat., long., alti. for pt. loc. N1733 j? GI – Reference Model N1197, ISO19101 GI – Reference Model – Part 2: Imagery N1455,N1489 GI – Overview j? TR GI – Conceptual Schema Language N1527 ? GI – Terminology Spread sheets N1485, DIS 19104 No GI – Conformance and Testing (2000) ISO 19105 No Gi – Profiles N1483, (2004) ISO 19106 (2003) ISO 19107 ! o GI – Spatial Schema (siehe 19137) ? GI – Temporal Schema FDIS N1225, ISO 19108 ? GI – Rules for Application Schema N1538, DIS 19109 ? GI – Feature Cataloguing Methodology N1567 (2005) IS j! GI – Spatial Referencing by Coordinates (2003) IS ! GI – Spatial Referencing by Geo Identifiers (2003) IS No GI – Quality Principles (2002) ISO 19113 No GI – Quality Evaluation Procedures (2003) ISO 19114 j? GI – Metadata (2003) ISO 19115 No GI – Metadata 2; Extensions for IGD N1396, N1425 No GI – Positioning Services N1547 (2004) ISO 19116 ? GI – Portrayal N1578 (2002) DIS 19117 ? GI – Encoding N1580 (2002) DIS 19118 No GI – Services N1540 (2002) DIS 19119 No TR GI – Functional standards (2001) ISO TR 19120 No TR GI – Functional standards amendmt 1 No TR GI – Imagery and gridded data IGD (2000) ISO TR j? TR GI – Qualif. and certif. of pers N1491 (2004) ISO TR No GI – Schema for coverage geom. & funct N1740 FDIS No TR GI – Imagery and gridded data components N1017 (2004) IS ! o GI – Simple feat. acc - P1 Comn arch N1563 (2004) IS ! o GI – Simple feat. acc - P2 SQL option N1565 GI – Simple feature access – P3: COM/OLE opt. N997 !o No GI – Profile – FACC data dictionary N1561 j? TR GI – Geodetic codes and parameters N1751 FDTR No GI – Web map server interface N1675, DIS No TR GI – Imagery, gridded & coverage data frwk. N1252 No GI – Sensor and data models for IGD N1772 j? GI – Data product specification N1688 No GI – Location based serv.- reference model N1599 No GI – Location based serv tracking and navig. N1762,DIS No GI – Multimodal LBS for routing and navigation N1768 No GI – Procedures for registration of GI-items N1605 DIS j? GI – GML N1576 j GI – Core profile of spatial schema N1670 DIS 19137 j GI – Data quality measures N1744, PDTS ?,! GI – Metadata – XML schema implem. N1663, PDTS j GI – Technical amendment of ISO19100 series N1346 No GI – Schema for moving features N1757 CH Norm SeiSN6120xx-y ten xx Nr.Teil ISO y Kap,Annex 31-2.9.4 48 31-1 Seiten CH 1 13 71 19 26 38 184 55 83 60 44 30 38 79 150 31-2 31-L 50 22 31-2.8.11/12 31-H Mod.Meth.G Mod.Meth.G 31-J 40 10 4 50 59 47 117 74 31-2.16, -K 31-3 Checker,... 13 15 12 63 39 48 72 124 31-2.8.11/12 31-2.8.11/12 31-2.8.11/12 s.o. s.o. s.o. 39 31-J s.o. 13 107 76 Mod.Meth.G 20 Tab. 1 : Stand der Geo-Normen-Serie 19100 von ISO/TC 211 (2005-02-16) 4.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Weltweite, europäische und schweizerische Geonormen in Wechselwirkung Legende zu Tabelle 1: Stand der Geo-Normen-Serie 19100 von ISO/TC 211 (2005-02-16) Legende Stand der Normen Legende Beurteilung Sicht CH = IS International Standard (or TR Technical Report) j = zweckmässiges Konzept = DIS Draft International Standard (or DTR Draft Technical Report) ? = Unklarheiten, Probleme ¬ = CD Committee Draft (or PDTR Provisional Draft Technical Report) ! = Widerspruch zu anderen Normen | = NWI New Work Item beschlossen o= Folgearbeiten notwendig u = aufgehoben No = keine Beurteilung Sicht CH Mod.Meth.G = Modellierungs Methode, INTERLIS Grundkurs 4 Für Integrierbarkeit und Interoperabilität wesentliche Normen Für Integrierbarkeit und Interoperabilität wesentlich sind ohne Ausnahme alle Normen des Grundlagenbereichs. Tabelle 2 bringt eine vergleichende Übersicht dieser Grundlagennormen in thematischer Ordnung gemäss den oben beschriebenen Teilbereichen. Für die ISO/CEN-Normen einerseits und für die entsprechenden SNV-Normen andererseits kommen die in Abschnitt 2 eingeführten Qualitätskriterien zur Anwendung. Nr ISO CEN Basis Name ISO CEN E N E M P B Nr SNV Name CH Norm E M P B . 19103 Conceptual schema language ï s 19104 Terminology principles ï G s G G 612031 19107 19123 19125 19137 19111 19127 Spatial schema Schema for coverage.. Simple features Minimal profile spa sch Referencing by coord Geodetic codes and par 9 ï ï ï 9 ï s ï s G s s u ï G G s s u ï G s s G 19108 Temporal schema 9 s u u s 19109 19110 Rules for applic schema Feature cataloguing met ï ï s s u u u s s 612031 G 19106 Profiles ï ï ï ï ï 612031 19119 Services ï ï ï ï ï 612031 Integrierbarkeit/Transferierbarkeit 19118 Encoding 19136 GML ï ï u u u s u s . G 612031 G 19117 ï u u u s ï ï ï ï ï ï ï ï ï ï ï ï Portrayal Interoperabilität 19128 WMS NWIP WFS s u s 612031 u ï 612031 s G G 612031 G 612031 612031 INTERLIS 2, Kapitel 2 Beschreibungssprache INTERLIS 2, Anhang L Glossar INTERLIS 2, Abschnitt 2.8.7 Koordinaten, 2.8.11 Linienzüge, 2.8.12 Flächen, Gebiete INTERLIS 2, Anhang J Koordinaten(ref)system INTERLIS 2 Anhang H Zeit-Definitionen INTERLIS 2, Kapitel 1, Grundprinzipien, UsHB INTERLIS 2, Abschnitt 2.4 Vererbung INTERLIS 2, Abschnitt 1.8 Dienste, Werkzeuge INTERLIS 2, Kapitel 3 sequentieller Transfer INTERLIS 2, Abschnitt 2.16 Darstellungsbeschr G s G G G G G G G G G G G G u G G s u G G G G G G G s G G u u G G G G G s s s G . ï ï ï ï ï ï ï ï ï ï Tab. 2 : Stand der Geo-Normen-Serie 19100 von ISO/TC 211 (2005-02-16) Legende: Kolonne EN: 9 = existiert als Euronorm, ï = existiert noch nicht als Euronorm. Bewertungskolonnen E = Exakte knappe Formulierung. M = Minimum festgelegt, P = Praxiserprobung war erfolgreich, B = Breit abgestützte Erarbeitung. Bewertung: G = gut, s = genügend (sufficient), u = ungenügend, ï = nicht bewertet Dass sich unter den Schweizer Normen bei INTERLIS 2 alle Themen der Basisnormen und der Normen zur Integrierbarkeit/Transferierbarkeit von ISO vorfinden beruht auf Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 4.5 Nationale und internationale Standards Weltweite, europäische und schweizerische Geonormen in Wechselwirkung der Wechselwirkung, die zwischen diesen beiden Normengremien stattfand. INTERLIS 1 wurde auch auf Grund der Anforderungen von ISO/TC211 an die für die Normenserie ISO 19100 auszuwählende konzeptionelle Beschreibungssprache entsprechend weiterentwickelt zu INTERLIS 2. Hauptforderung des Projektteams 3 von ISO/TC211 war volle Objektorientierung. Auch war XML als Transferformat verlangt. Die Wahl von ISO/TC211 erfolgte dann für die grafische Sprache UML. Als textuelle CSL sind alle diejenigen zugelassen, deren Sprachelemente sich eindeutig auf die in ISO 19103 festgelegten Sprachelemente von UML abbilden lassen. Das ist für INTERLIS 2 der Fall. 5 Nächste Schritte Die verschiedenen Lücken in Tabelle 2 zeigen deutlich den Verbesserungsbedarf vieler bereits verabschiedeter ISO-Normen. Dafür hat ISO/TC211 mit dem Projekt 41 den Amendment Prozess gestartet. Über diese Schiene sind begründete Verbesserungsanträge einzureichen. Gewisse Normen sind eigentlich eher technische Reports über den aktuellen Stand der Dinge. So etwa das ‚Spatial schema’ ISO 19107 und das ‚Temporal schema’ ISO 19108. Beide haben deshalb in der Kolonne M „Minimum festgelegt“ ein u für „ungenügend“. Damit zu diesen Themen eine minimale aber echte Integrierbarkeit / Interoperabilität unterstützt wird, muss für beide Normen eine konsistente Teilmenge als sogenanntes Profil definiert werden. Ein erster Schritt in dieser Richtung wurde bereits gemacht mit dem minimalen Profil des ‚Spatial schema’ durch ISO 19137. Eine Dauerfrage ist immer: Genügt eine graphische CSL auf konzeptioneller Ebene? Es ist klar, dass etwa im Bereich der Datentypen eine Präzisierung nötig ist, um Transferformate (und andere Dienste) eindeutig generieren zu können. Diese Präzisierung sollte nicht versteckt werden in XSLT-Skripts, sondern offengelegt werden mit einer normierten textueller konzeptionellen OO Beschreibungssprache. Die Lücke bei den Schweizer Normen im Bereich Web-Services bedeutet nicht, dass es keine INTERLIS basierten Web-Dienste gibt. Im Gegenteil. Es sind verschiedene grosse Geo-Portale in Betrieb mit Hilfe von INTERLIS. Hingegen soll darüber hinaus versucht werden, durch eine Kombination der modellbasierten Methode mit den OGC WebServices eine „best of“ Lösung des Typs Model Driven Web Feature Server (MDWFS) zu bauen. 6 Zusammenfassung Klar ist: Die modellbasierte Methode ist Basis der weltweiten und der europäischen Geo-Normung. Transferformate sollten eigentlich verschieden gewählt werden können entsprechend verschiedenen Bedürfnissen und Ansprüchen (Binär / ASCII / tagged). Der modellbasierte Ansatz, aus einem system- und formatunabhängigem Datenmodell automatisch verschiedene Formate herzuleiten gemäss definierten Regeln (und in Zukunft auch verschiedene Protokolle), ist auch in dieser Beziehung sehr viel versprechend. Bleibt zum Schluss noch die Frage, ob die Geo-Normung den mehrdimensionalen Spagat zwischen Technikdynamik und Anforderungswidersprüchen erfolgreich meistert. Wir müssen die Beantwortung der Zukunft überlassen. Aber mindestens ist mit dem Entscheid für die modellbasierte Methode eine sehr tragfähige Voraussetzung für einen Erfolg geschaffen. 4.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 5 Open Geospatial Consortium OGC GML, WMS und WFS Adrian Annen, Fachhochschule beider Basel (FHBB), Abt. Vermessung und Geoinformation Adrian Annen Fachhochschule beider Basel Abteilung Vermessung und Geoinformation Gründenstrasse 40 CH-4132 Muttenz Tel : Fax : E-Mail : +41 61 467 44 68 +41 61 467 44 60 1 Kurzfassung Mit dem Open Geospatial Consortium (OGC) existiert ein internationales Industriekonsortium mit dem Ziel, die Interoperabilität von Geodaten zu verbessern. Die Abkürzungen GML, WMS und WFS, welche im Zusammenhang mit dem OGC oft verwendet werden, sind Bezeichnungen für offene, systemunabhängige Mechanismen zum Austausch von Geodaten. Bei der Geography Markup Language (GML) handelt es sich um eine XML-basierte Applikation für die Modellierung und den Austausch von Daten mit Raumbezug. GML wird unter anderem für verschiedene Webdienste verwendet. Als Beispiel kann der Web Feature Service (WFS) genannt werden, welcher für den Austausch und die Manipulation von Daten über das Web verwendet wird. Demgegenüber bietet der Web Map Service (WMS) einen Webdienst für gerenderte Karten an. Die WMS-Spezifikation ist die bisher am erfolgreichsten umgesetzte Spezifikation des OGC. 2 Einleitung Im Zusammenhang mit dem Begriff der Interoperabilität im Geoinformationsbereich werden oft Abkürzungen wie OGC, GML, WMS und WFS verwendet. Seit den frühen neunziger Jahren hat sich in diesem Bereich eine breit abgestützte Organisation (Open Geospatial Consortium) gebildet, welche bestrebt ist, offene, systemneutrale Schnittstellen zu schaffen, und so die Verfügbarkeit von Daten mit Raumbezug weltweit zu erhöhen. Dabei wird auf bestehende Standards der Informatik-Welt aufgebaut. Zum Beispiel dient XML als Grundlage für praktisch alle Spezifikationen des OGC. Eine bereits erfolgreich umgesetzte Spezifikation des OGC ist der Web Map Service (WMS). Diese wurde von diversen kommerziellen Herstellern und von einigen OpenSource-Projekten erfolgreich implementiert. Den wohl wichtigsten Standard des OGC stellt die Geography Markup Language (GML) dar. GML stellt einen Mechanismus zur Modellierung und zum Austausch von primär vektor-orientierten Geodaten zur Verfügung. Verschiedene Webdienste wiederum bauen auf GML auf. Ein Beispiel für solche Webdienste ist die Web Feature Service (WFS)-Spezifikation. In den folgenden Abschnitten werden das OGC selbst, sowie die oben genannten Spezifikationen näher vorgestellt. Zu beachten ist, dass damit nur ein kleiner Ausschnitt der vielfältigen Arbeit des OGC beleuchtet werden kann. Für detailliertere Informationen sei an dieser Stelle auf die Webseite www.opengeospatial.org verwiesen. 3 Open Geospatial Consortium (OGC) 3.1 Wer ist das OGC? Das Open Geospatial Consortium (OGC) ist ein internationales Industriekonsortium, bestehend aus über 270 Firmen, Behörden und Hochschulen, welches sich zum Ziel gesetzt hat, öffentlich verfügbare Schnittstellen-Spezifikationen im Konsensverfahren zu entwickeln. OGC-Spezifikationen unterstützen interoperable Lösungen, welche das Web, mobile Anwendungen, Location Based Services (LBS) und allgemeine Informatiklösungen um einen Raumbezug erweitern. Mit den OGC-Spezifikationen soll es Entwicklern möglich sein, komplexe Geoinformationen und darauf basierende Dienste einem breiten Spektrum von Nutzern und Anwendungen zugänglich zu machen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 5.1 Nationale und internationale Standards Open Geospatial Consortium OGC (GML, WMS und WFS) Das OGC finanziert sich primär über die Beiträge seiner Mitglieder. Zurzeit existieren acht verschiedene Mitgliederkategorien. Diese unterscheiden sich im zu entrichtenden Jahresbeitrag (zwischen 300$ bis >50'000$ pro Jahr) aber auch in den Rechten und Pflichten. OpenGIS® ist eine geschützte Marke des Open Geospatial Consortium, Inc. und dient gleichzeitig als Produktname für die Spezifikationen und Dokumente, welche vom OGC erstellt und publiziert werden. 3.2 Geschichte Die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte des OGC können wie folgt zusammengefasst werden: Jahr 80er Jahre 1994 1999 2004 Meilenstein Diverse Aktivitäten rund um das Open Source Projekt GRASS (Geographic Resource and Analysis Support System) Gründung des Open GIS Consortium, Inc. Mitgliederzahl Ende 1994: 20 Publikation der OpenGIS Web Map Server Interface Specification und des Zusammenarbeitsvertrags zwischen ISO/TC 211 und OGC Mitgliederzahl Ende 1999: 182 Umbenennung in Open Geospatial Consortium, Inc. Mitgliederzahl Ende 2004: 272 Im Januar 2005 existierten 17 Abstract Specifications und 14 Implementation Specifications. Zusätzlich wurden unzählige Recommendation Papers und weitere Entwürfe öffentlich publiziert. 4 Geography Markup Language (GML) 4.1 Was ist GML? Die Geography Markup Language (GML) ist eine XML-Applikation des Open Geospatial Consortiums (OGC) für die Modellierung, den Austausch und die Speicherung von Informationen mit Raumbezug. Die wichtigsten Ziele von GML sind: x x x x x x x x Unterstützung möglichst vieler Einsatzgebiete (auch nicht-räumliche Daten können abgebildet werden) GML als Grundlage für Internet-GIS Anwendungen Einfach zu verstehende Codierung räumlicher Daten und derer Beziehungen Effiziente Codierung von Geometriedaten Trennung der Daten von deren Präsentation Einfache Integration bereits in XML vorhandener, nicht-räumlicher Daten Möglichkeit der Verknüpfung verschiedener Datensätze Bereitstellung eines Basissatzes geometrischer Objekte Diese Ziele werden mit einer umfangreichen Spezifikation angepeilt. Die aktuelle Version (3.1) der GML-Spezifikation beinhaltet etwa 600 Seiten. 5.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Open Geospatial Consortium OGC (GML, WMS und WFS) 4.2 Einsatzspektrum Eines der wichtigsten Ziele ist die universelle Verwendbarkeit von GML als Datenformat für beliebige Anwendungen mit räumlichem Bezug. Die hauptsächlichen Einsatzgebiete von GML sind: x x x Austausch von Daten zwischen verschiedenen GIS-Systemen Basis für Internet-GIS Anwendungen (Bsp. Web Feature Service, WFS) Basis für Location Based Services (LBS) 4.3 Konzept Das Konzept von GML beruht auf dem Feature-Modell des OGC. Ein 'Feature' gemäss der OGC-Definition besteht aus einem Objekt mit einer Reihe von Eigenschaften ('Properties'). Jede dieser Eigenschaften ist charakterisiert durch ihren Namen, ihren Typ und ihren Wert. Wenn der Typ zumindest einer Eigenschaft eines Features geometrisch ist, spricht man von einem geographischen Feature. Mehrere Features können zu Feature Collections zusammengefasst werden. Eine Feature Collection repräsentiert allerdings wiederum ein Feature, so dass eine beliebig tiefe Schachtelung modelliert werden kann. Abb. 1 : GML-Grundkonzept GML 3 ist in ca. 30 XML-Schema-Dokumenten (Basisschemen) definiert. Für eine konkrete Anwendung von GML muss ein anwendungsspezifisches Schema abgeleitet werden, welches auf den in den Basisschemen definierten Klassen aufbaut. Im Applikationsschema können eigene Features mit anwendungsspezifischen Eigenschaften definiert werden. Dies kann über Erweiterung oder Einschränkung der vorhandenen Klassen erreicht werden. 4.4 Verbindung zu ISO Das OGC ist bemüht, seine Konzepte denjenigen der ISO (International Organization for Standardization) anzupassen. So ist vorgesehen, die OGC-Spezifikation GML (Version 3.x) mit der ISO Norm 19136 (Geography Markup Language GML) zu harmonisieren. Gegenwärtig ist die ISO Norm 19136 in der 'Commitee Stage' (Stand Januar 2005). Das bedeutet, dass sich das zuständige Technical Commitee (TC) der ISO mit der Spezifikation befasst. In diesem Fall ist das TC 211 der ISO zuständig. Für nähere Angaben wird auf die Website der ISO (www.iso.org) verwiesen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 5.3 Nationale und internationale Standards Open Geospatial Consortium OGC (GML, WMS und WFS) 5 OGC Web Services 5.1 Zielsetzung Vielerorts sind bereits grosse Mengen von Daten in proprietären Datenformaten vorhanden. Die Nutzung dieser Daten von fremden Systemen aus ist nur mühsam, oder gar nicht möglich. Eine Lösung dafür bieten Webdienste an. Dabei wird über das Internet auf verteilte Datenquellen zugegriffen. Neben den grossen GIS-Herstellern, die solche Lösungen anbieten, sind auch Open Source Projekte verfügbar, die diese Funktionalität zur Verfügung stellen. Weiterhin ungelöst bleibt die Verknüpfung von unterschiedlichen Diensten (Insellösungen). Dies ist der Ansatzpunkt der OGC Web Services. Sie definieren Methoden, eine Reihe von Parametern sowie Kommunikationsregeln, die einem beliebigen System den Zugriff auf verteilte Datenquellen ermöglichen, sofern beide Komponenten über die identische Schnittstelle verfügen. 5.2 Grundprinzip Die OGC definierte in der OWS (OGC Web Services) Common Implementation Specification die Gemeinsamkeiten ihrer verschiedenen Web Services. Der Ausdruck Web Service beschreibt die standardisierte Weise der Integration netzwerk-basierter Applikationen. Für die Definition und Beschreibung der Applikationen wird XML verwendet. Die Kommunikation erfolgt auf der Basis von Internet-Protokollen. Durch den Einsatz von XML sind Web Services nicht an ein bestimmtes Betriebssystem oder eine bestimmte Programmiersprache gebunden. Abb. 2 : Funktionsschema OGC Web Services Das in Abb. 2 dargestellte Funktionsschema stellt folgende Funktionen dar: 1. Client kontaktiert Server und fordert Capabilities-Dokument an 2. Server liefert XML-formatierte Capabilities (Beschreibung der Funktionalität) des gewünschten Services an den Client 3. Client fordert Daten vom Server an 4. Server liefert die angeforderten Daten im verlangten Format Diese vier Schritte bilden die Grundfunktionalität eines Services nach OGC-Spezifikation. Je nach Service sind weitere Interaktionen zwischen Client und Server möglich, beispielsweise das Abfragen weiterer Informationen über ein Feature, ein Kartenlayer etc. Web Services kommunizieren (gemäss ihrer Definition) mit Hilfe von beliebigen Internet-Protokollen miteinander. Die meisten OGC Web Services benutzen zurzeit das HTTP-Protokoll. Das Hyper Text Transfer Protocol (HTTP) verfügt über ein sehr einfaches Interaktionsschema zwischen Client und Server, welches aus einem von einem Client an einen Server gesendeten Request (Anfrage) und einer vom Server an den Client geschickten Response (Antwort) besteht. 5.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Open Geospatial Consortium OGC (GML, WMS und WFS) 5.3 Web Map Service (WMS) Die WMS-Spezifikation beschreibt eine Schnittstelle, über welche georeferenzierte Karten bereitgestellt werden können. Die Realisierung basiert auf drei Grundoperationen, für die jeweils ein Parametersatz definiert ist: x x x Beschreibung der verfügbaren Daten (GetCapabilities) Lieferung der angeforderten Daten (GetMap) Abfragen weiterer Informationen (GetFeatureInfo) Dabei sind die ersten beiden Operationen zwingend zu implementieren, die Funktion zur Abfrage von Feature-Informationen ist optional. Der Zugriff auf einen WMS kann mit Hilfe eines Standardbrowsers erfolgen, wobei die Parameter in der URL übermittelt werden (GET Methode). Komfortabler sind natürlich Programme mit einer graphischen Benutzeroberfläche (GUI), entweder als Browser- oder als Standalone-Applikation konzipiert. Mit der aktuellen WMS-Version (1.3) ist auch die Übermittlung der Anfragen mit der POST Methode festgelegt. Im Allgemeinen liefert ein WMS gerenderte Bilder in einem üblichen Bildformat wie PNG (Portable Network Graphics), JPEG (Joint Pictures Expert Group) oder GIF (Graphics Interchange Format). Denkbar ist aber auch die Erzeugung von Karten im SVGFormat (Scalable Vector Graphics). Abb. 3 : Schematische Darstellung verteilter WMS WMS-Karten können von beliebigen, verschiedenen WMS angefordert werden. Das heisst, die Spezifikation unterstützt den Aufbau eines Netzwerkes verteilter Map Server von denen ein Client Daten anfordern kann (siehe Abb. 3). Da jeder WMS unabhängig ist, muss jeder die Fähigkeit besitzen, seine Möglichkeiten und Ressourcen maschinenlesbar zu beschreiben. In Abb. 3 ist zudem das Konzept eines kaskadierenden Map Servers (Cascading Map Server) dargestellt. Dabei ist ein Map Server ein Client von anderen WMS und bildet gegen aussen einen neuen Web Map Service (Zusammenfassen mehrerer WMS in einen Service). Die Spezifikation WMS 1.3 des OGC wird zurzeit als ISO/DIS Norm 19128 (Web Map Server Interface) in die ISO-Normenserie integriert. 5.4 Web Feature Service (WFS) Während mit dem WMS in der Regel gerenderte (Raster-)Daten geliefert werden, steht bei der WFS-Spezifikation die Übertragung von geographischen Objekten im Vordergrund. Dabei stellt sich das Problem, dass Geodaten oft nicht nach einem einheitlichen Datenschema modelliert sind. Deshalb ist es wichtig, dass das Datenschema mit den Daten mitgeliefert wird. Ein entsprechender Client muss somit mit diesem Datenschema und den Daten umgehen können. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 5.5 Nationale und internationale Standards Open Geospatial Consortium OGC (GML, WMS und WFS) Als Grundlage für die WFS-Spezifikation dient der Datenaustauschmechanismus GML (Geography Markup Language) des OGC. Damit können Geodaten und ihr zugehöriges Schema in XML codiert und übertragen werden. Im Unterschied zum WMS ist es auch möglich, diese Daten zu manipulieren und zu verändern. Dazu wurden weiterführende Operationen wie 'Transaction' und 'LockFeature' definiert. Die folgenden Operationen sind in der WFS-Spezifikation definiert: x x x x x GetCapabilities: Ein WFS muss in der Lage sein, seine Funktionalität zu beschreiben. Im Speziellen muss er in der Lage sein, die unterstützen Feature-Typen und die darauf anwendbaren Operationen anzugeben. DescribeFeatureType: Auf Anfrage muss ein WFS in der Lage sein, die Struktur jedes unterstützten Feature-Typen zu liefern (Datenschema). Konkret wird hier ein GML-Applikationsschema übertragen. GetFeature: Ein WFS muss in der Lage sein, Instanzen (Objekte) von Feature-Typen zu liefern. Zusätzlich muss er erkennen, welche Eigenschaften (properties) er mitliefern soll, und er muss in der Lage sein, sowohl räumliche wie auch nichträumliche Selektionen zu unterstützen. Transaction: Ein WFS kann in der Lage sein, Operationen an Objekten auszuführen. Diese Operationen sind 'create', 'update' und 'delete' an geographischen Objekten. LockFeature: Ein WFS kann einen Lock-Request auf eine oder mehrere Instanzen während der Dauer einer Transaktion anwenden. Dementsprechend kann zwischen verschiedenen Typen von Web Feature Services unterschieden werden: x x Basic WFS: Ein Basis-WFS unterstützt die Operationen 'GetCapabilities', 'DescribeFeatureType' und 'GetFeature'. Dies entspricht einem 'Read-Only'-WFS. Transaction WFS: Dieser unterstützt sämtliche Operationen des Basis-WFS, und zusätzlich die Operationen 'Transaction' und 'LockFeature' (optional). Ein WFS liefert mit dem GetFeature-Aufruf ein GML-Instanzdokument. In der aktuell gültigen Version der WFS-Spezifikation (1.0) ist festgelegt, dass die GML-Version 2 verwendet werden soll. Gegenwärtig ist die WFS-Spezifikation in einer Überarbeitungsphase, in welcher unter anderem die Integration der Version 3 von GML diskutiert wird. Allerdings ist noch nicht klar, ob die vollständige GML 3 – Spezifikation unterstützt werden soll. Auf Grund der Komplexität der aktuellen GML-Version wird über eine Einschränkung mit einem Profil (Level 0) diskutiert. 6 Fazit Mit dem OGC hat sich im Geoinformationssektor ein sehr aktives, internationales Industriekonsortium mit internationalem Standardisierungsanspruch etabliert. Durch die Mitwirkung grosser Systemhersteller, nationaler und internationaler Behörden und vieler Hochschulen ist das Konsortium mittlerweile breit abgestützt. Mit seinen Aktivitäten hat das OGC zu einer deutlichen Verlagerung bzw. Erweiterung des Fokus von den vielen nationalen Normen und Standards auf die internationale Standardisierung beigetragen. Erfreulich ist, dass dabei die OGC seit einigen Jahren ihre Aktivitäten mit denjenigen der ISO harmonisiert, was mittel- und langfristig zu einer breiteren Akzeptanz und auch zu stabileren Standards führen dürfte. Mit WMS, WFS und GML hat das OGC drei sehr nützliche Spezifikationen geschaffen. Dabei hat sich am Beispiel des WMS gezeigt, dass sogar die Umsetzung eines relativ 5.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nationale und internationale Standards Open Geospatial Consortium OGC (GML, WMS und WFS) einfachen Standards auf internationaler Basis mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Es ist daher anzunehmen, dass die Definition von Minimalprofilen im Falle von GML und WFS eine erfolgreiche Umsetzung deutlich beschleunigen würde. Der für einen breiten Einsatz der Standards dringende Übergang von formatbasierten auf modellbasierte Mechanismen wurde von OGC mittlerweile erkannt und eingeleitet. Das damit verbundene Umdenken bei Systemherstellern und Anwendern sowie die konsequente Umsetzung dürften aber noch viel Arbeit und Zeit erfordern. 7 Literatur Nebiker S. und Annen A. , 2004 Vergleichsstudie INTERLIS 2 – GML 3 Verfügbar unter: http://www.kogis.ch/docs/Vergleichsstudie_ILI_GML_revidiert.pdf [Online 21. Jan. 05] Nebiker, S., et al., 2004 Skript zum GIS/SIT-Workshop 2004: 'WMS, WFS, Simple Features und Co.' [durchgeführt am 30. März 2004 in Bern] Open Geospatial Consortium Inc. (OGC), 2004 Geography Markup Language (GML) Recommendation Paper 3.1 Verfügbar unter: http://portal.opengeospatial.org/files/?artifact_id=4700 [Online 21. Jan. 05] Open Geospatial Consortium Inc. (OGC), 2004 Web Map Service (WMS) Implementation Specification 1.3 Verfügbar unter: http://portal.opengeospatial.org/files/?artifact_id=5316 [Online 21. Jan. 05] Open Geospatial Consortium Inc. (OGC), 2002 Web Feature Service (WFS) Implementation Specification 1.0 Verfügbar unter: https://portal.opengeospatial.org/files/?artifact_id=7176 [Online 21. Jan. 05] International Organization for Standardization (ISO). Informationen zu diversen Standards Verfügbar unter: http://www.iso.org [Online 21. Jan. 05] Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 5.7 6 OGC-Lösungen Möglichkeiten und Grenzen Andreas Donaubauer, Matthäus Schilcher, Anette Huber, TU München Andreas Donaubauer, Dr.-Ing. / Matthäus Schilcher, Univ.-Prof. Dr.-Ing. / Anette Huber Technische Universität München Fachgebiet Geoinformationssysteme Arcisstraße 21 D-80290 München Tel : Fax : E-Mail : +49 89 289 22973 +49 89 289 22878 Vorwort Der Beitrag gibt einen Überblick über den Stand der Technik zur Nutzung verteilter Geodaten auf der Basis der Standards des Open Geospatial Consortium (OGC). Anhand von Praxistests werden die Möglichkeiten und Grenzen von OGC-Standards diskutiert. Im Ausblick wird ein neues Forschungsprojekt zwischen ETH Zürich und TU München zum Aufbau einer grenzüberschreitenden Geodateninfrastruktur (GDI) vorgestellt, bei dem Synergien der beiden Lösungsansätze „modellbasierter Datentransfer“ und „OGC Web Services“ untersucht werden sollen. 1 Einführung und Begriffsbestimmung Seit nun gut 20 Jahren werden an verschiedensten Stellen in Verwaltung und Wirtschaft digitale Geodaten produziert. Dabei entstand im Laufe der Zeit eine große Anzahl an verteilten Geodatenbeständen, deren effiziente und nachhaltige Nutzung über organisatorische Grenzen hinweg jedoch meist durch die derzeit existierenden heterogenen GISLandschaften behindert wird. Die Probleme liegen vor allem in der Heterogenität der verschiedenen Systeme – deren proprietären Schnittstellen und Datenformaten – aber auch in der Verwendung verschiedener Datenmodelle sowohl auf konzeptioneller, logischer und physikalischer Ebene begründet. Zur Überwindung der derzeit bestehenden Probleme bei der kombinierten Nutzung verteilter, heterogener Geodaten werden in Wirtschaft und Forschung momentan zwei Lösungsansätze intensiv diskutiert und verfolgt, die auf internationalen Standards und Normen basieren. Zum einen der modellbasierte Datentransfer zur Überwindung der Heterogenität der Daten und deren zugrunde liegenden Modellen, wie er in der GeoNormenserie ISO19100 konzipiert ist und mit INTERLIS, einer Schweizer Norm ermöglicht wird, zum anderen die Verwendung von Geo Web Services des Open Geospatial Consortiums OGC zur Herstellung von Interoperabilität zwischen verschiedenen GISystemen in Bezug auf deren proprietäre Zugriffsschnittstellen und Datenformate. Dieser Beitrag beschreibt die Möglichkeiten und Grenzen des auf Interoperabilität mittels OGC Web Services1 basierenden Lösungsansatzes und gibt einen Ausblick auf eine zukünftige Kombination der beiden Lösungsansätze „Interoperabilität mittels OGC Web Services“ und „modellbasierter Datentransfer“ – im Folgenden mit „Kombinierter Ansatz“ bezeichnet. Tabelle 1 gibt einen Überblick über Methoden zur kombinierten Nutzung verteilter Geodaten und erlaubt eine Einordnung der genannten Lösungsansätze. Dieser Beitrag beschränkt sich auf das Web als Plattform für die Interoperabilität von GI-Systemen. Das OGC erarbeitet neben den Spezifikationen auf Basis der Web-Technologie (OGC Web Services) auch Standards für weitere Plattformen (z.B. SQL, CORBA, JAVA). Diese werden hier nicht betrachtet. 1 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 6.1 Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Beispiele für Standards und Normen Datentransfer auf Dateiebene grafik-orientiert „Datenintegration“ Interoperabilität (Internet als Kommunikationsplattform zw ischen den Softwarekomponenten) objektstrukturiert modellbasiert grafik-orientiert objektstrukturiert „W eb Services“ modellbasiert „kombinierter Ansatz“ Beispiele für herstellerspezifische / proprietäre Formate / Zugriffsschnittstellen TIFF (ISO 12639), DBR (SICAD) DXF SVG (W 3C) (CAD) G DF (ISO 14825) Shape (ESRI), SQ D INTERLIS ? OGC W M S W eb-ZugriffsSchnittstelle von Autodesk MapGuide OGC W FS Zugriffsschnittstelle eines ESRI ArcIMS Feature Service OGC+INTERLIS (noch nicht verfügbar) OGC W eb Services Tab. 1 : Methoden zur kombinierten Nutzung verteilter Geodaten Im Folgenden werden einige grundlegende Begriffe für den Lösungsansatz „Interoperabilität mittels OGC Web Services definiert. Verteilte (Geo-)Daten: (Geo-)Daten, die physikalisch oder logisch getrennt von einander vorgehalten werden. Interoperabilität: Fähigkeit zur Zusammenarbeit unabhängiger Systeme durch Anbieten bzw. Inanspruchnahme von Daten und Funktionalität über Softwareschnittstellen. Dienst / Service: Abgeschlossene Funktionalität, die von einer Softwarekomponente über eine Softwareschnittstelle angeboten wird. Komplexität und interne Strukturen der Softwarekomponente bleiben vor dem Nutzer eines Dienstes verborgen. Verkettung von Diensten / Service Chaining: Sequentieller oder paralleler Aufruf von Diensten, so dass die Antwort eines Dienstes als Eingabe für den Aufruf eines weiteren Dienstes in der Kette verwendet wird. Die Verkettung von Diensten ist grundlegend für die Erstellung von Dienstebündeln. Dienstebündel / Aggregate Service: Kombination einzelner Dienste zu einem höherwertigen Dienst. Ein Dienstebündel muss erstellt werden, wenn die Funktionalität oder das Datenangebot eines einzelnen Dienstes nicht ausreicht, um die Fragestellung eines Anwenders zu beantworten. Kern jedes Dienstebündels ist ein so genannter Aggregate Service, der die Benutzereingaben entgegennimmt, für die Verkettung der Dienste verantwortlich ist und das Endergebnis an den Benutzer ausliefert. Ein Aggregate Service tritt somit als Client für mehrere Dienste auf. Web Service: Funktionalität, die von einer Softwarekomponente über eine WebSchnittstelle angeboten wird. Über die Web Schnittstelle können auch die Fähigkeiten und weitere Informationen über den Web Service angefragt werden Geo Web Service: Web Service mit der Funktionalität zur Nutzung von Geodaten OGC Web Service: Geo Web Service mit einer vom Open Geospatial Consortium OGC spezifizierten Schnittstelle. 6.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen 2 Möglichkeiten von OGC Web Services Die Anwendung „Leitungsauskunft aus verteilten GIS“, ist in einem praxisorientierten Forschungsprojekt der Technischen Universität München und des Vereins Runder Tisch GIS e.V. entstanden. Sie soll im Folgenden beispielhaft die Möglichkeiten und Vorteile der einfachen Nutzung verteilter Geodaten mittels OGC Web Services aufzeigen. 2.1 Erfahrungen der TU München und des Vereins Runder Tisch GIS e.V. Das Fachgebiet Geoinformationssysteme der TU München und der Verein Runder Tisch GIS e.V. konnten seit dem Jahr 2000 in mehreren Forschungsprojekten umfangreiche Erfahrungen mit der Entwicklung, Nutzung und herstellerübergreifenden Kombination von OGC Web Services sammeln. 2.1.1 Forschungsschwerpunkte Schwerpunkte der Forschungsarbeiten der TU München und des Vereins Runder Tisch GIS e.V. im Bereich der Nutzung verteilter Geodaten sind: x x x x x x 2.1.2 Einfacherer Zugang und effizientere Nutzung vorhandener Geodaten, Nutzung verteilter Geodaten für eine neues Nutzerprofil (GIS-Laien), Verkettung von Geo Web Services, Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von OGC Web Services, Herstellerübergreifende Interoperabilität auf Basis der Standards des OGC Wirtschaftlichkeit und Geschäftsmodelle für die Nutzung verteilter Geodaten. OGC Testplattform des Vereins Runder Tisch GIS e.V. Im Rahmen der OGC-Testplattform, einer Testumgebung, in der Produkte aller führenden GIS-Hersteller sowie Open Source Software betrieben werden (siehe Abb. 1), wird vom Runden Tisch GIS e.V. GIS-herstellerübergreifend die Umsetzung von OGC Spezifikationen untersucht. Wesentliche Ziele sind es, zu zeigen: x x x x dass GIS unterschiedlicher Hersteller auf Basis der OGC Standards in gemeinsamen Anwendungen zusammenwirken können, dass durch den Zugriff auf verteilte Daten von Behörden und aus der Wirtschaft mittels OGC Web Services ein Nutzen für den Anwender generiert werden kann, dass Praxis-Anwendungen auf der Basis des Zugriffs auf existierende, verteilte Geodatenbestände mittels OGC Web Services entwickelt werden können, dass der Ansatz im deutschen Umfeld und länderübergreifend erfolgreich eingesetzt werden kann. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 6.3 Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Hersteller (Produkte) • • • • • • • • • AED-SICAD (Internet Suite 6.0) Autodesk (MapGuide 6.5) C-Plan (TB Internet) ESRI (ESRI ArcIMS 9.0 SP1 mit WMS- und WFSConnector) GE Energy (Smallworld SIAS 2.1) Intergraph (GeoMedia WebMap 5.1b mit WMS und WFS Adapter) M.O.S.S. (WEGA-MARS 4.2) Terradata University of Minnesota (UMN Map Server 4.3) Anwendungsbeispiele OGC-Spezifikationen • WMS (Web Map Service) • WFS (Web Feature Service) • WCTS (Web Coordinate Transformation Service) • Aggregate Services: implementieren mehrere Spezifikationen als Client • Herstellerübergreifender Interoperabilitätstest WMS • Immobilienbewertung (länderübergreifend) • Leitungsauskunft aus verteilten GIS Universitäten Testgebiete (Datenanbieter) • • • Baden-Württemberg, Stadt Horb am Neckar Bayern: Landkreis Fürstenfeldbruck, Stadt Bad Wörishofen, Stadt München, Stadt Nürnberg Brandenburg: Landkreis Barnim • Technische Universität München • Universität der Bundeswehr München GIS-Dienstleistungsunternehmen • Geo-IT • RIWA Abb. 1 : OGC-Testplattform des Vereins Runder Tisch GIS e.V. (Stand Januar 2005) Weitere Merkmale der OGC-Testplattform sind: x x x x x x x herstellerneutral, hersteller- und branchenübergreifend, grenzüberschreitend, Aufbau durch Zusammenarbeit zwischen Datenlieferanten, Systemherstellern, Universitäten und GIS-Dienstleistungsunternehmen Forschung anhand konkreter und praktisch verwertbarer Anwendungen, Beitrag zum Aufbau von Geodateninfrastrukturen (GDI), führend im Bereich der herstellerübergreifenden Nutzung von OGC Web Feature Services und im Bereich der Verkettung von OGC Web Services (Service Chaining). Auf der Fachmesse INTERGEO 2003 konnten mit dem hersteller- wie länderübergreifenden Anwendungsbeispiel „Immobilienbewertung“ demonstriert werden, dass die OGC-Web-Map-Service-Spezifikation (WMS) eine tragfähige Basis für interoperable Web-GIS-Auskunftslösungen ist. Im Vergleich zu früheren InteroperabilitätsUntersuchungen des Runden Tisch GIS e.V. konnte zudem gezeigt werden, dass die GISysteme der führenden Hersteller mittlerweile ausgereifte WMS-Schnittstellen besitzen. Auf der INTERGEO 2004 wurde das Anwendungsbeispiel „Leitungsauskunft aus verteilten GIS“ präsentiert, das erstmals einen herstellerübergreifenden Interoperabilitätsnachweis auf Basis der Web Feature Service Spezifikation (WFS) lieferte. 2.2 Anwendungsbeispiel „Leitungsauskunft aus vereilten GIS“ 2.2.1 Ausgangssituation Betreiber von Leitungsnetzen (Energieversorgungs- und Telekommunikationsunternehmen, Kommunen etc.) sind gesetzlich dazu verpflichtet, Dritten Auskunft darüber zu geben, ob ihre Leitungen von einer geplanten Baumaßnahme betroffen sind. Bei einem Energieversorger gehen je nach Größe des Unternehmens mehrere tausend solcher 6.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Anfragen pro Jahr ein. Jährlich entstehen durch die Beeinträchtigungen Dritter große Schadenssummen an den Leitungsnetzen. Daher ist es im Interesse jedes Leitungsbetreibers, der Auskunftspflicht genüge zu tun [KOPPERSCHMIDT 2004]. Aufgrund der Vielzahl an Trassen und Sparten sowie der großen Anzahl potenzieller Anwender birgt die Dienstleistung einer sparten- und unternehmensübergreifenden Leitungsauskunft ein großes Potenzial (siehe Abb. 2). Kundenpotenzial Leitungsbetreiber GIS A Gasversorger GIS B Stromversorger . . .C GIS Telekom Leitungsbetreiber ... Fernwärmeerzeuger ... ... Wasserversorger ... Kanalbetreiber ... ... Bürger Kommunen GIS Dienstleister Tiefbauämter Amtliche Geobasisdaten - Geocodierte Adressen - ALK, DFK, Orthophotos Grafik modifiziert nach: micus management consulting GmbH Abb. 2 : Leitungsauskunft aus verteilten GIS als Dienstleistung Um eine derartige Lösung anbieten zu können, muss ein GIS-Dienstleister Zugriff auf die Geodaten der Leitungsbetreiber sowie auf amtliche Geobasisdaten haben. Zwei Hindernisse stellen sich dem GIS-Dienstleister als potenziellem Betreiber einer derartigen unternehmensübergreifenden Lösung entgegen: Zum einen ist dies die Heterogenität und Verteiltheit der Geodatenbestände der Leitungsbetreiber, zum anderen sind letztere selten dazu bereit, ihre Geodaten an Dritte abzugeben. 2.2.2 Lösungsansätze Aus Sicht eines GIS-Dienstleisters gibt es prinzipiell zwei technische Lösungsansätze um die Verteiltheit und Heterogenität der Geodatenbestände der Leitungsbetreiber zu überwinden: x x Lösungsansatz A: Datenintegration (Aufbau eines GIS beim Dienstleister, das Kopien der Daten aller Leitungsbetreiber sowie amtlicher Geobasisdaten enthält), Lösungsansatz B: Stellen von Anfragen an verteilte GIS mittels OGC Web Services (Daten bleiben bei den Leitungsbetreibern, diese geben lediglich Auskunft über Web Services Schnittstellen nach den Spezifikationen des Open Geospatial Consortium OGC). Im Fall einer unternehmensübergreifenden Leitungsauskunft erweist sich der Lösungsansatz A jedoch aus folgenden Gründen als problematisch: x x Leitungsbetreiber müssen ihre vollständigen Leitungsdaten an den Dienstleister abgeben. Wegen der Heterogenität der Daten und Systeme der Leitungsbetreiber ist eine Datenintegration teuer und zeitaufwändig. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 6.5 Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen x Der Dienstleister ist für die Aktualität des integrierten Datenbestands verantwortlich, was einerseits auf Seiten des Dienstleisters weitere Kosten verursacht und andererseits auch zu Haftungsproblemen bei Fehlinformationen aufgrund veralterter Daten führen kann. Aufgrund dieser Überlegungen beschloss der Verein Runder Tisch GIS im Jahr 2004 auf Basis seiner OGC Testplattform eine Lösung nach dem Lösungsansatz B, dem Zugriff auf verteilte GIS mittels OGC Web Services zu entwickeln. Mit diesem Projekt wurden u.a. folgende Ziele verfolgt: x x 2.2.3 Hersteller- und länderübergreifende Nutzung von Auskunftsfunktionalität auf Basis der OGC Web Feature Service Spezifikation Aufzeigen des Potenzials von Geo Web Services mit standardisierten Schnittstellen am Beispiel einer innovativen Auskunftslösung. Einsatz von OGC Web Services für die Leitungsauskunft aus verteilten GIS Abbildung 3 zeigt die Systemarchitektur und insbesondere den Einsatz der OGC Schnittstellen Web Map Service (WMS) und Web Feature Service (WFS). Browser Aggregate Service OGC Web Map Service OGC Web Amtliche Geobasisdaten Feature Service - Geocodierte Adressen WFS Bridge - ALK, DFK, Orthophotos GIS A Gas GIS B Strom . GIS .. C Wasser GIS D Abwasser GIS E Beleuchtung Internet-Verbindung Abb. 3 : Systemarchitektur Während die OGC Web Services den lesenden Zugriff auf die verteilten und über das Internet vernetzten Systeme der Leitungsbetreiber und der Anbieter amtlicher Geobasisdaten dienen, erfüllt der anwendungsspezifische so genannte Aggregate Service folgende Aufgaben: x x x x x x x Benutzereingaben entgegennehmen und in Anfragen an OGC Web Services (OWS) umformen, Ergebnisse eines OGC Web Service in Anfragen an einen anderen OWS umformen, Ergebnisse mehrerer OWS kombinieren, abhängig vom Ergebnis eines OWS den Workflow regelbasiert verzweigen, auf den Ausfall und auf Fehlermeldungen von OWS sowie auf Inkonsistenzen in den Ergebnissen der beteiligten OWS reagieren, dem Anwender Zwischenergebnisse bzw. ein Endergebnis präsentieren, Verbergen der Komplexität des verteilten Systems vor dem Anwender. Die folgenden Abbildungen geben den Ablauf einer Anfrage an das System „Leitungsauskunft aus verteilten GIS“ wieder. 6.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Abb. 4 : Adresseingabe Der Anwender erhält eine Eingabemaske für die Adresseingabe vom Aggregate Service und gibt Strasse, Hausnummer, Postleitzahl, Ort der Schadensstelle bzw. der geplanten Baumaßnahme ein. Abb. 5 : Geokodierung Die vom Anwender ausgewählte Adresse wird vom Aggregate Service an einen so genannten Geocoding Service (hier ein Web Feature Service, der den Zugriff auf geocodierte Adressdaten erlaubt) gesendet. Der Geocoding Service wandelt die Adresse in Koordinaten um. Abb. 6 : Laden der Liegenschaftskarte Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 6.7 Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Für den geographischen Ausschnitt der Adresse wird durch einen WMS-Client ein entsprechender Ausschnitt aus der amtlichen Liegenschaftskarte geladen. Abb. 7 : Schadensstelle durch Polygon abgrenzen Der Anwender markiert die Schadensstelle bzw. den Ort einer geplanten Baumaßnahme durch Einzeichnen eines Polygons auf der Liegenschaftskarte Abb. 8 : Leitungsanfrage an einzelne Leitungsbetreiber Das Polygon wird vom Aggregate Service des GIS-Dienstleisters an die einzelnen Systeme (WFS-Bridges) der Leitungsbetreiber übermittelt. Die WFS-Bridges formulieren die Anfragen an die Web Feature Services der Leitungsbetreiber (Operation „GetFeature“, geometrischer Filter „Intersects“ mit Polygon als Argument des Filters), wandeln die Antworten der WFS (GML-Dokumente) in Antworten der Form „Leitungsnetz betroffen“/“Leitungsnetz nicht betroffen“ um und senden diese an den Aggregate Service des GIS-Dienstleisters zurück. Der Aggregate Service des GIS-Dienstleisters fasst die einzelnen Ergebnisse der Anfragen an die Systeme der Leitungsbetreiber zusammen und sendet das Gesamtergebnis in Form einer HTML-Seite an den Anwender zurück. 2.3 Zusammenfassung Das vorgestellte Anwendungsbeispiel „Leitungsauskunft aus verteilten GIS“ zeigt deutlich das Prinzip, die Vorteile und die technische Machbarkeit von Lösungen auf der Basis von OGC Web Services zur losen Verknüpfung verteilter Systemkomponenten. 6.8 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Das Prinzip: x x x Verteilte Datenhaltung: Die Daten bleiben verteilt auf die Systeme, mit denen sie erfasst und gepflegt werden. Dienstorientierte Architektur: Die Zusammenarbeit der Systeme funktioniert über den Aufruf entfernter Operationen, also über das Stellen von Anfragen. Vorrangiges Ziel der Anfragen ist es nicht, Geodaten zum Anwender zu transferieren, damit dieser sie analysieren und weiterverarbeiten kann. Vielmehr soll der Anwender eine Antwort auf seine raumbezogene Fragestellung erhalten (z.B. „Liegt das Flurstück X in einem Wasserschutzgebiet?“) Standardisierte Dienstschnittstellen: Sowohl die Anfragen als auch die Ergebnisse der Anfragen sind standardisiert. Dank der standardisierten Zugriffsschnittstellen sind die Anfragen an Systeme unterschiedlicher GIS-Hersteller identisch aufgebaut. Möglicherweise komplexe interne Strukturen der Systeme sowie das konzeptionelle Datenmodell bleiben vor dem Anwender dank der relativ einfach aufgebauten Dienstschnittstellen verborgen. Die Vorteile: x x x x Einfache Clients: Beim Endanwender müssen weder Geodaten noch GISFunktionalität vorgehalten werden. Die Einstiegshürde zur Nutzung der GISTechnologie ist gering. Neue Nutzergruppen für vorhandene GeoinformationsRessourcen können so erschlossen werden. Geringer Aufwand für Betreiber von Auskunftslösungen: Der Betreiber einer Auskunftslösung spart Zeit und Kosten durch den Entfall der Arbeitsschritte Datenbeschaffung, Datentransfer, Formatkonvertierung, Datenaufbereitung und Datenpflege. Datenaktualität: Der Web-Zugriff auf Geodaten des originären Datenanbieters hat eine Qualitätssteigerung durch die Nutzung aktueller Daten zur Folge. Wiederverwendbarkeit von Komponenten: Einmal im Web veröffentlichte Geo Web Services sind mehrfach verwendbar. Durch die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten von Geo Web Services können einmal eingerichtete Geo Web Services in einer Vielzahl an Lösungen verwendet werden. 3 Grenzen von OGC Web Services Die aktuellen Grenzen der Interoperabilität mittels OGC Web Services zur kombinierten Nutzung verteilter Geodaten werden im Folgenden dargestellt. 3.1 Grenzen in der Praktikabilität Bei der Lösung raumbezogener Fragestellungen aus der Praxis mittels verteilten Geodaten und OGC Web Services zeigten sich folgende, heute noch bestehende Mängel in der Praktikabilität des Lösungsansatzes: x Aufwand bei der Kombination von OGC Web Services unterschiedlicher Typen: Sollen OGC Web Services unterschiedlicher Service-Typen (z.B. Gazetteer Service und Map Service) in einer Service Kette miteinander verknüpft werden, so kommt es auf die Konsistenz der OGC Standards untereinander an. Hier sind noch einige Inkonsistenzen festzustellen, die bei der Kombination von OGC Web Services unterschiedlicher Typen zu einem Mehraufwand aufgrund syntaktischer Umformung bedeuten. Im oben beschriebenen Anwendungsbeispiel „Leitungs- Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 6.9 Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen x x x auskunft aus verteilten GIS“ werden diese Inkonsistenzen durch Programmieraufwand beim Aggregate Service kompensiert. Betrachtet man die Konsistenz zwischen den Standards für Web Services der Informatik und der Geoinformatik, so stellt man fest, dass die momentan gültigen Versionen der OGC Spezifikationen insbesondere den für Web Services gängigen SOAP-Standard noch nicht unterstützen, was eine Integration der OGC Web Services in die allgemeine IT-Landschaft behindern könnte. Übertragungsrate im Internet: Die Ergebnisse von Anfragen an OGC Web Services können ein großes Datenvolumen haben (z.B. hochaufgelöste Rasterbilder bei WMS, GML-Daten bei WFS), so dass bei den heute möglichen Übertragungsraten die verteilte Datenhaltung und verteilte Verarbeitung nicht immer praktikabel ist. Grenzen der Verteiltheit und Modularität: Untersuchungen der TU München [Donaubauer 2004a] haben gezeigt, dass zur Lösung einer raumbezogenen Fragestellung auf Basis verteilter Datenhaltung und OGC Web Services im Vergleich mit dem Zugriff auf einen integrierten Datenbestand unter Umständen ein Vielfaches an Anfragen gestellt werden müssen. 3.2 Grenzen in der Akzeptanz Die Akzeptanz des Lösungsansatzes in der Praxis, bei GIS-Herstellern wie bei den (potenziellen) Betreibern von OGC Web Services (z.B. Datenanbieter und Dienstleister) ist grundlegend dafür, dass ein Nutzen für Anwender entsteht. Erst wenn viele Hersteller ausgereifte OGC-Schnittstellen für ihre Systeme sowohl auf Server- als auch auf ClientSeite anbieten und erst wenn die Großkunden der GIS-Hersteller, z.B. die großen Datenproduzenten, diese Schnittstellen nachfragen und einsetzen, wird es interessant und wirtschaftlich sinnvoll, den Lösungsansatz für Praxisanwendungen einzusetzen. Ein Teil der Spezifikationen für OGC Web Services findet heute bereits eine breite Unterstützung in den Produkten der GIS-Hersteller. Herstellerübergreifende Interoperabilität wurde insbesondere für die am häufigsten implementierte, grafikorientierte Spezifikation WMS mehrfach getestet (vgl. z.B. KUNKEL/TEEGE 2003). Die Praxistauglichkeit WMS-basierter Lösungen konnte nachgewiesen werden (vgl. SCHILCHER et al. 2004 und WILLKOMM 2004). Die oben beschriebene OGC Testplattform des Runder Tisch GIS e.V. zeigt, dass zwar auch die WFS-Spezifikation heute bereits von vielen GIS-Herstellern unterstützt wird, jedoch nur sehr selten vollständig. Die Umsetzung der OGC Spezifikationen beschränkt sich heute meist auf Auskunft aus vorhandenen Geodatenbanken, also auf den lesenden Zugriff. Die Möglichkeit des schreibenden Zugriffs, die ein Transactional WFS bietet, wurde nur in sehr wenigen Fällen umgesetzt. Gründe hierfür sind einerseits in der Komplexität der Umsetzung eines standardisierten Schreibzugriffs (Transaktionsmanagement, Abbruch der Verbindung im Internet usw.) zu suchen, andererseits aber auch in der mangelnden Nachfrage dieser Funktionalität seitens der potenziellen Betreiber von OGC Web Services. Generell gibt es immer noch große Bedenken seitens der Datenanbieter als potenziellen Betreibern von OGC Web Services, einen Zugriff auf ihre Systeme über das Internet zuzulassen. Dies könnte auch daran liegen, dass die OGC Spezifikation in den Bereichen Sicherheit und Zugriffskontrolle (Digital Rights Management) noch Lücken aufweisen. Auch ein Standard für einen Web Service zur Abrechnung von Leistungen befindet sich noch in der Entwurfsphase. 6.10 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen 3.3 Grenzen in der Funktionalität Auch wenn die Realisierung von Auskunftslösungen auf Basis von OGC Web Services heute kein Problem mehr darstellt, so decken die heute verfügbaren OGC Spezifikationen doch noch nicht alle wichtigen Analysemethoden für Geodatenbanken ab. So fehlen metrische Anfragen (Fläche, Umfang etc. der geometrischen Eigenschaften von Geoobjekten) sowie Analysemethoden, bei denen aus vorhandenen Mengen von Geoobjekten neue Geoobjekte gebildet werden (z.B. analytische Flächenverschneidung2). Die vom OGC spezifizierte Sprache „Filter Encoding“ für die Selektion von Geoobjekten ist in Ihrer Ausdrucksmächtigkeit verglichen beispielsweise mit SQL beschränkt. Prinzip des Lösungsansatzes „Interoperabilität mittels OGC Web Services“ ist es, komplexe interne Strukturen von Systemen vor dem Anwender zu verbergen, indem ein Zugriff auf die Systeme mittels der relativ einfach gehaltenen standardisierten Zugriffsschnittstellen ermöglicht wird (vgl. 2.3). Dies ist einerseits ein Vorteil, da der Zugriff auf Geodaten vereinfacht wird. Andererseits verbergen OGC Web Services so auch das konzeptionelle Modell, das hinter den Geodaten steckt, obwohl diese Informationen in bestimmten Fällen nötig wäre, um Daten weiterverarbeiten zu können, die von einem OGC Web Service geliefert werden. So muss zum Beispiel für komplexere Analysen die Struktur der einzelnen Geoobjekte und deren Beziehungen untereinander ebenso bekannt sein, wie die Semantik der Daten – Informationen, die aus einer eindeutigen Beschreibung des konzeptionellen Modells abgeleitet werden könnten. 4 Fazit und Ausblick Als Folge der aktuellen Möglichkeiten und Grenzen von OGC Web Services ergeben sich folgende bevorzugte Einsatzbereiche: x x x x OGC Web Services eignen sich für das Erstellen von Auskunftslösungen im stationären und mobilen Internet, OGC Web Services sind immer dann zu bevorzugen, wenn Geodatenhaltung und GIS-Kenntnisse beim Anwender nicht vorhanden sind, Hohe Anforderungen an Datenaktualität gestellt werden, Ad hoc Datenkombination, d.h. schnelle Zusammenführung von Informationen aus unterschiedlichen Quellen, beispielsweise im Krisen- oder Katastrophenfall benötigt wird. Die beiden eingangs erwähnten Lösungsansatze zur Nutzung verteilter, heterogener Geodaten, OGC Web Services und Modellbasierter Datentransfer, sind Forschungsschwerpunkte in der Geoinformatik an der TU München (Interoperabilität mittels OGC Web Services) und an der ETH Zürich (Modellbasierter Datentransfer). Beide Hochschulen betreuen aktuell in Kooperation mit dem Bundesamt für Landestopographie, Swisstopo und dem Landesvermessungsamt Baden – Württemberg ein Projekt zum Thema: Aufbau eines grenzüberschreitenden GIS in der Bodenseeregion BadenWürttemberg – Schweiz auf der Basis internationaler Standards. Anhand des Anwendungsbeispiel grenzüberschreitende Regionalplanung wird deutlich, wie groß der Bedarf an der einfachen und schnellen Nutzung der Daten auch ‚jenseits der Grenze’ ist. 2 Die TU München hat einen „Web Spatial Analysis Service“ genannten Dienst in den Standardisierungsprozess des OGC eingebracht, der dazu beitragen soll, diese Lücke zu schließen (vgl. DONAUBAUER 2004a). Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 6.11 Stand der Technik, Implementierungen I OGC-Lösungen: Möglichkeiten und Grenzen Die beiden oben genannten Lösungsansätze sollen dabei auf Vorteile und Grenzen hin untersucht werden. Darüber hinaus soll geklärt werden, wie eine Kombination der beiden Ansätze funktionieren könnte. Durch eine Verknüpfung dieser beiden Technologien würde eine, in dieser Ausprägung wohl erstmalige, neue Art von Web Service entstehen, der die vorhandenen Einschränkungen bisheriger OGC Web Services in Bezug auf modellbasierten Datentransfer aufheben würde. Auf Seiten von INTERLIS läge der Mehrwert eines solchen Konzeptes in der Integration der OGC Web Service Technologie. Der Nutzen den man sich von einer Kombination der beiden Ansätze verspricht, ist zum einen eine umfassende Erweiterung an Funktionalitäten, die effizientere Arbeitsabläufe ermöglichen, zum anderen lassen sich (intelligente, erweiterte) Web Services gut in Portallösungen integrieren. Portallösungen wiederum bieten den Vorteil, dass damit leichter nach geeigneten Web Services gesucht werden kann und diese einfacher zugänglich gemacht werden. Die angedachte Kombination verspricht darüber hinaus einen relevanten Beitrag zu regionalen, nationalen und internationalen Geodateninfrastrukturen zu leisten. Die Nachfrage nach Geodaten kann somit schnell und auf einfache Weise bedient werden, neue Nutzergruppen für vorhandene Geodaten können so gewonnen werden. 5 Literatur x x x x x x x x x x 6.12 Annen, A.: Geostandards: OpenGeospatial Consortium OGC (GML, WFS, WMS). Vortrag im Rahmen von Interoperabilität für die breite Nutzung von Geoinformation, Zürich, 2005. Donaubauer, A.: Interoperable Nutzung verteilter Geodatenbanken mittels standardisierter Geo Web Services, Dissertation an der TU München, 2004, Internet: http://tumb1.biblio.tu-muenchen.de/publ/diss/bv/2004/donaubauer.html Donaubauer, A.; Fischer, F.; Huber, A.; Müller, S.; Plabst, S.; Straub, F.: Leitungsauskunft aus verteilten GIS. Projektbericht des Runder Tisch GIS e.V., München, 2004. Internet: http://www.rundertischgis.de Gnägi, H. R.; Plabst, S.: Modellbasierter Datenaustausch und Geo Web Services im Internet. In: Schilcher, M. (Hrsg.). Tagungsband zum 9. Münchner Fortbildungsseminar Geoinformationssysteme, München, 2004. Kopperschmidt, W.: Unternehmensprozesse optimieren durch Web-Services am Beispiel digitaler Planauskunft. In: Schilcher, M. (Hrsg.). Tagungsband zum 9. Münchner Fortbildungsseminar Geoinformationssysteme, München, 2004. Kunkel, T.; Teege, G.; Seuß, R.: Projektbericht zu den Stufen IA und IB des Projektes „Interoperabilität auf der Basis von OpenGIS Web Services – Länderübergreifende Datennutzung bei verteilten Geodatenbanken und unterschiedlichen Herstellersystemen für das Anwendungsbeispiel Real Estate“. Runder Tisch GIS e.V., München, 2003. Shi, W.: Zum modellbasierten Austausch von Geodaten auf Basis XML. Dissertation an der Universität der Bundeswehr München, München, 2004 Schilcher, M. et al.: OGC Web Services zur interoperablen Nutzung verteilter Geodatenbanken für die Immobilienwirtschaft. In: Bernard, L., Fitzke, J. und R. Wagner (Hrsg.): Geodateninfrastrukturen. Grundlagen und Anwendungen. Heidelberg, 2004. Schilcher, M.; Aumann, G. et al.: Abschlussbericht Forschungsprojekt GeoPortal. München, 2004. Willkomm, Ph: Interoperabilität auf der Basis von OpenGIS Web-Services Bericht aus Forschung und Praxis. In: Schilcher, M. (Hrsg.). Tagungsband zum 9. Münchner Fortbildungsseminar Geoinformationssysteme, München, 2004. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 7 ISO-Standards für den Datentransfer Stand der Realisierungen / Werkzeuge Claude Eisenhut, Eisenhut Informatik AG Claude Eisenhut Eisenhut Informatik AG Rosenweg 14 CH-3303 Jegenstorf Tel : Fax : E-Mail : +41 31 762 06 62 +41 31 762 06 64 1 Theorie 1.1 Was für eine Interoperabilität? Interoperabilität ist die Zusammenarbeit von Anwendungen in einem offenen System. Unabhängig von der verwendeten Hardware, den eingesetzten Betriebssystemen, der verwendeten Netzwerktechnologie und der Realisierung einer Anwendung kann eine Zusammenarbeit mit anderen Anwendungen erfolgen. Dazu ist in der Regel die Einhaltung gemeinsamer Standards notwendig, aber ohne dass dazu gesonderte Absprachen zwischen den Anwendungen notwendig sind. In einem Integrationsprojekt gibt es normalerweise einen Auftraggeber und (innerhalb des Projektes) eine definierte Anzahl Anwendungen die zusammenarbeiten sollen. Trifft man innerhalb des Projektes über den Standard hinausgehende Absprachen, hat das auf die Zusammenarbeit keine negativen Auswirkungen. Die durch die Absprache betroffenen Anwendungen sind bekannt und im Einflussbereich des Projektes. Beim Aufbau einer Daten-Infrastruktur sind die Anwendungen, die zusammenarbeiten sollen, nicht bekannt und/oder ändern sich laufend. Eine über den Standard hinausgehende Absprache ist darum unmöglich! Funktionierende, „ausführbare“ Standards, die keine zusätzlichen Absprachen erfordern, sind darum für Interoperabilität, wie sie eine Daten-Infrastruktur benötigt, eine zwingende Voraussetzung! Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 7.1 Stand der Technik, Implementierungen I ISO-Standards für den Datentransfer: Stand der Realisierungen / Werkzeuge 1.2 Welche ISO-Normen? Norm OMG UML Titel Unified Modeling Language ISO 19103 Conceptual schema language ISO 19109 Rules for applicationschema DIS ISO 19107 Spatial schema IS ISO 19108 ISO 19111 Temporal schema Spatial referencing by coordinates Spatial referencing by geographic identifiers Schema for coverage geometry and functions Metadata Encoding IS IS XML 1.0 (selten 1.1) XML-Schema 1.0 Beschreibungssprache für XMLDateien Geography Markup Language CD (GML 3.2) Gemeinsame Spezifikation von OGC und ISO für den Datentransfer. ISO 19112 ISO 19123 ISO 19115 ISO 19118 W3C XML W3C XMLSchema ISO 19136 Stand Diverse Versionen. 191xxx basiert auf UML 1.3 DTS IS DIS IS DIS Beschreibung Kästchendiagramme Einschränkung von UML + Basisdatentypen wie Text, Zahl, usw. Metamodell (=Modellierungssprache). Überflüssig, da UML+19103 die Modellierungssprache definiert! Geometrie-Datentypen (inkl. Topologie) Zeit-Datentypen (inkl. Topologie) Datenmodell für Koordinatenreferenzsysteme Datenmodell für geographische Namen Coverage-Datentypen Datenmodell für Metadaten Definiert, wie man Kodierungsregeln für den Datenaustausch definiert. Muss für Interoperabilität zuerst konkret definiert werden! Flexibles Textformat WD: Working draft ; CD: Committee draft; DIS/DTS: Draft International Standard/Draft ; Technical Specification ; FDIS: Final Draft International Standard ; IS: International Standard 7.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen I ISO-Standards für den Datentransfer: Stand der Realisierungen / Werkzeuge Modellierungs sprache (UML+19103 (19109)) Applikationsmodell in UML (z.B. Amtl. Vermessung) Vordefinierte Datentypen und Modelle (19107, 19108, 19111, 19112, 19115, 19123) Kodierung (19118) Kodierungsregeln (müssen definiert werden!) Konkretes Transferformat GML (19136, XML, XML-Schema) Zusammenhang zwischen den einzelnen ISO-Standards Anwendung der ISO-Standards ohne GML Man modelliert mit Hilfe von UML sein Datenmodell, berücksichtigt dabei die Einschränkungen von 19103 und verwendet die durch 19103, 19107 etc. definierten Basistypen. Zusätzlich definiert man allgemeine Kodierungsregeln, z.B. wie ein Objekt und dessen Attributwerte kodiert werden. Dann wendet man die selbst definierten Kodierungsregeln auf das eigene Datenmodell an, um so das konkrete Transferformat zu erhalten. Ohne ISO 19136 (GML) müssen für ein konkretes Transferformat zusätzliche Absprachen gemacht werden! Anwendung der ISO-Standards mit GML Man modelliert mit Hilfe von UML sein Datenmodell, berücksichtigt dabei die Einschränkungen von GML (beinhaltet auch diejenigen von 19103), und verwendet die durch GML (beinhaltet 19103, 19107, etc.) definierten Basistypen. Dann wendet man die durch GML definierten Kodierungsregeln auf das eigene Datenmodell an, um so das konkrete Transferformat zu erhalten. Das Resultat ist ein XML-Schema das den Regeln von GML entspricht. Für ein konkretes Transferformat sind keine zusätzlichen Absprachen erforderlich. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 7.3 Stand der Technik, Implementierungen I ISO-Standards für den Datentransfer: Stand der Realisierungen / Werkzeuge 1.3 Verschiedene Modellierungsansätze Mit dem Aufkommen von GML treffen die folgenden zwei Ansichten aufeinander: x x UML-Modell als Visualisierungsmittel; GML-Schema als Norm UML-Modell als Norm; GML-Schema als Transferformat UML-Modell als Visualisierungsmittel; GML-Schema als Norm Gemäss diesem Ansatz, ist das GML-Schema massgebend und das UML-Modell dient nur zur Visualisierung der Datenstruktur und evtl. zur Entwicklung des GML-Schemas. Vorteile dieses Ansatzes: x Es ist keine Übersetzung des UML-Modells erforderlich, das Schema beschreibt direkt das Transferformat. Der Software-Entwickler muss vor allem das Transferformat während der Realisierung in Gedanken präsent haben. Nachteile: x x x Die Inhaltsstruktur lässt sich nicht von Formattricks unterscheiden. Ein anderes Transferformat (für dieselben Daten) lässt sich nicht ohne weiteres herleiten. Die in 19136 (Anhang F) definierten Abbildungsregeln von GML nach UML decken nicht alle möglichen GML-Schemas ab. UML-Modell als Norm; GML-Schema als Transferformat Gemäss diesem Ansatz ist das UML-Modell massgebend, und das automatisch hergeleitete GML-Schema dient nur zum Datentransfer. Vorteil dieses Ansatzes: x x Es lassen sich auch andere Transferformate herleiten. Das UML-Modell beschreibt nur die Inhaltsstruktur, Formattricks fliessen durch die Kodierungsregeln ein. Nachteile: x x Bestimmte Möglichkeiten von GML lassen sich nicht ausnützen, da die entsprechenden Abbildungsregeln von UML nach GML in 19136 (Anhang E) fehlen. Für das konkrete Transferformat ist eine Übersetzung des UML-Modells notwendig. Für den Anwender ist das nur ein Knopfdruck, der Software-Entwickler muss aber das UML-Modell, das Transferformat und die Übersetzungsregeln während der Realisierung in Gedanken präsent haben. 1.4 Beurteilungskriterien Bei der Auswahl eines Datentransferstandards, sind die folgenden Kriterien zu berücksichtigen. Je nach Kontext wird man den einen oder anderen Faktor höher gewichten. x x x x x 7.4 Wie sichert man die Daten gegen Verlust wegen heute noch unbekannten technischen Entwicklungen? Wie sichert man die Daten gegen Verlust wegen Personalwechsel? Welche Auswirkungen haben Modelländerungen? Genügt ein einziges Transferformat oder werden für dieselben Daten verschiedene Transferformate benötigt? Wie prüft der Nutzer, dass er erhalten hat, was er bestellt hat? Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen I ISO-Standards für den Datentransfer: Stand der Realisierungen / Werkzeuge x x x x x x x x x x x x x Wie beweist der Produzent, dass er geliefert hat, was er versprochen hat? Wie wird die Handhabung der Daten beim Nutzer vereinfacht? Wie wird die Handhabung der Daten beim Produzenten vereinfacht? Wie wird die Handhabung der Daten beim Daten-Pool/Portal vereinfacht? Wie wird das Auslagern von Dienstleistungen rund um die Daten vereinfacht? Wie einfach ist die Software-Entwicklung? Funktionieren diese Standards mit grossen Datenmengen? Wie wird Mehrsprachigkeit unterstützt? Wie werden föderale Organisationsstrukturen unterstützt? Sind diese Standards beeinflussbar? Welche Anwender und Datennutzer brauchen diese Standards sonst noch? Gibt es hier genügend Spezialisten? Wie ist die Unterstützung durch Standard-Software? 2 Praxis/SW-Demo x x x x x x x Modellieren mit diversen Werkzeugen Formatbeschreibung Wie sehen die Daten aus? Datenprüfung Konvertierungswerkzeuge Sind die Modellierungskonzepte in den GIS vorhanden? Werkzeuge für die Softwareentwicklung 3 Beurteilung Die ISO-Normen sind lesbar. Es ist aber aufwendig, einerseits wegen dem Umfang der einzelnen Normen, andererseits weil sich die relevanten Konzepte über mehrere Normen verteilen. Mit entsprechendem Aufwand sind die ISO-Normen realisierbar. Der Aufwand ergibt sich dadurch, dass das jeweilige Thema, z.B. geometrische Datentypen, sehr umfassend definiert wird. Für Interoperabilität sind die ISO-Normen nur beschränkt tauglich. Es gibt zu viele Widersprüche zwischen den einzelnen Normen und zu oft werden abstrakte Ideen definiert, die sich nicht direkt realisieren lassen. Im Bereich des Datentransfers ist die Norm 19136 (GML) ein erster nützlicher Schritt. Verbesserungsvorschlag Statt seit drei Jahren im Projekt 19139 ein Transferformat für Metadaten zu entwickeln, sollte das TC211 die Kodierungsregeln von 19136 (GML) auf das Metadatenmodell (19115) anwenden. So hätte man direkt innerhalb des TC211 eine Rückmeldung zur Realisierbarkeit. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 7.5 Stand der Technik, Implementierungen I ISO-Standards für den Datentransfer: Stand der Realisierungen / Werkzeuge 4 Ausblick Der Kosten/Leistungsdruck bleibt auch in Zukunft bestehen! Innovative Unternehmen suchen darum nach neuen Einteilungen der Prozessketten. Interoperabilität reduziert die Schnittstellenkosten und ermöglich somit neue Einteilungen. Datentransfer ist out! Die Zukunft gehört den (Web-)Diensten! (Web-)Dienste sind nicht für menschliche Benutzer gedacht sondern für Anwendungen, die automatisiert Daten austauschen und/oder Funktionen auf entfernten Rechnern aufrufen. Ohne funktionierenden Datentransfer geht bei Diensten aber gar nichts. Jeder Funktionsaufruf selbst ist implizit ein Datentransfer. Der Funktionsname und die aktuellen Funktionsargumente müssen von einem Rechner zum anderen transferiert werden und das Resultat muss wieder zurück. Braucht es noch INTERLIS? Das INTERLIS-Transferformat bietet einige Möglichkeiten (inkrementellen Transfer, mehrsprachige Tags), die GML nicht bietet. Benötigt man diese nicht, kann man ohne weiteres GML für den Transfer einsetzen. Das Basis-Schema des INTERLISTransferformats ist jedoch wesentlich kleiner, und darum einfacher zu realisieren. Die Möglichkeiten zur automatischen Datenprüfung sind mit UML/GML (gem. 19136) verglichen mit INTERLIS armselig. Die Datenbeschreibungsmöglichkeiten sind mit INTERLIS substanziell besser, auf INTERLIS als Beschreibungssprache zu verzichten, wäre darum ein Rückschritt. 7.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 8 Interoperabilität von Geodaten Aktueller Stand und Zukunftsperspektiven im Kanton Waadt Marc Gilgen, État de Vaud Service de l’information sur le territoire In Zusammenarbeit mit Sandrine Durler, État de Vaud Lucien Imhof, État de Vaud Bruno Magoni, ASIT-VD Marc Gilgen État de Vaud Département des infrastructures Service de l’information sur le territoire Av. de l’Université 3 CH-1014 Lausanne http://www.dinf.vd.ch/sit Tel : Fax : E-Mail : +41 21 316 34 83 +41 21 316 24 84 1 Einleitung Seit mehr als 10 Jahren hat der Kanton Waadt an der Interoperabilität im Bereich der Geodaten gearbeitet. Die Vereinigung für das Landinformationssystem des Kantons Waadt (ASIT-VD1), mit ihrem Auftrag einer Plattform für den Datenaustausch, hat frühzeitig eine Metadatenbank mit einem Katalogisierungsdienst (dem so genannten Géocatalogue) und einem Online-Bestelldienst aufgebaut. Gleichzeitig hat die kantonale Verwaltung, wichtiges Mitglied der ASIT-VD, die notwendigen Mittel für ein Geoinformationssystem innerhalb der kantonalen Verwaltung2 aufgebracht. Diese Infrastruktur und Organisation haben den Datenaustausch gefördert und weiterentwickelt. Gleichzeitig sind auch Interoperabilitäten zwischen Informatik-Applikationen entstanden. Dank des Geoportals der ASIT-VD ist der Kanton Waadt zur Zeit der Hauptlieferant raumbezogener Daten. Er profitiert von den Diensten der ASIT-VD im Bereich der Katalogisierung und der Bestellung und er nutzt sie häufig. Eine Voraussetzung dazu ist eine zweckmässige technische und organisatorische Infrastruktur innerhalb der kantonalen Verwaltung. Aus dem technischen Standpunkt funktioniert das Informationssystem des Kantons hauptsächlich durch das Prinzip des Datenpools (Datawarehouse), bestehend aus den spezifischen Datenbanken der verschiedenen Abteilungen. Dieser zentrale Datenpool ermöglicht es, viele GIS-Applikationen innerhalb des Kantons anzubieten und Interoperabilitäten im Bereich der Geodaten zu entwickeln. 2 Aktueller Stand der Realisierungen 2.1 Interoperabilitäten im Bereich der Geodaten Die von der kantonalen Verwaltung und von der ASIT-VD bearbeiteten Interoperabilitäten im Bereich der Geodaten können einfach aus einem URL-Link aber auch aus viel komplexeren Realisierungen bestehen. Untenstehend kommen wir auf die folgenden Interoperabilitäten einzeln zu sprechen : Abfrage von Geodaten in administrativen Applikationen x Abfrage von geographischen Ebenen für Baubewilligungen x Kartendienst für Internet-Applikationen x Online-Bestellung von Geodaten (geographische Objekte auswählen und extrahieren) Abfrage von administrativen Daten in GIS-Applikationen 1 2 x Abfrage von entfernten Datenbanken x Zugang zu den Metadaten x Verbindung mit dem Geographischen Datenkatalog der Schweiz http://www.asit.vd.ch http://www.dinf.vd.ch/sit Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 8.1 Stand der Technik, Implementierungen II Interoperabilität von Geodaten : aktueller Stand und Zukunftsperspektiven im Kanton Waadt 2.2 Abfrage von geographischen Ebenen für Baubewilligungen Die kantonale Abteilung, die die Baubewilligungen erteilt (Baubewilligungzentrale3) verfügt über eine Internet-Applikation, die es ermöglicht, verschiedene geographische Ebenen in der zentralen Datenbank abzufragen. Die Baubewilligung wird unter Berücksichtigung mehrerer Kriterien erteilt. Die geometrische Dimension in Verbindung mit der geographischen Lage des zukünftigen Baus spielt in vielen von diesen Kriterien eine wichtige Rolle. Zudem wird die vom Bau beeinflusste Ausdehnung in der Webapplikation erfasst, um das Ausmass des zukünftigen Baus möglichst gut zu berücksichtigen. Die räumliche Abfrage wird auf der Grundlage eines geometrischen Schnitts zwischen dem zum Ausmass des zukünftigen Baus proportionalen Kreis und den geographischen Ebenen durchgeführt. Die Resultate werden dann der Internet-Applikation zurückgeschickt. Diese Interoperabilität ermöglicht verschiedene Verifikationen, die ohne einen solchen automatischen Prozess sehr mühevoll wären. Eine der Verifikationen betrifft den Namen der Gemeinde. Dieser wird nämlich wie die geographischen Koordinaten des Baugesuchs manuell eingegeben. Dank der räumlichen Abfrage wird geprüft, ob die geographische Lage des Baugesuches innerhalb des Umkreises der Gemeinde liegt. Die Mehrheit der abgefragten Ebenen werden im Datawarehouse gespeichert. Einige sind in Dateien gespeichert. Durch diesen Mechanismus können wir die Verträglichkeit des Baus mit verschiedenen rechtskräftigen mit der Raumplanung verbundenen Einschränkungen prüfen, insbesondere mit der Bodennutzung, dem Grundwasserschutz, den Kantons- und Bundesinventaren, den Schutzmassnahmen für die Gebäude (für ein schon bestehendes Gebäude). Bei einem Interessenskonflikt zwischen einem Baugesuch und einer Zone eines Inventars beispielsweise, wird der Mechanismus die Abteilungen erwähnen, die befragt werden müssen, um eine Baubewilligung zu erteilen. Dieser automatisierte Prozess ermöglicht einer « nicht-geographischen » Applikation einen geographischen Server abzufragen. 2.3 Interoperabilitäten des kartografischen Internet-Schalters Dank des kartografischen Internet-Schalters des Kantons Waadt (GéoPlaNet4) können die von der kantonalen Verwaltung hergestellten und benutzten Geodaten auf dem Internet veröffentlicht werden. Dieser Internet-Schalter profitiert auch von der Integration der Geodaten in einem einzigen Datenpool. Es gibt ausserdem viele Schnittstellen (unioder bidirektional) mit anderen Applikationen. Zum Beispiel können wir folgende erwähnen : Schnittstellen mit dem Grundbuch5 (Grundbuchauszüge), mit der Baubewilligungszentrale6 (Visualisierung der Akten), oder auch mit der wirtschaftlichen Förderung7 (Suche nach verfügbarem Gelände). Die wichtigsten Interoperabilitäten, die mit dem kartografischen Internet-Schalter verbunden sind, werden nachfolgend beschrieben. Diese Interoperabilitäten zeigen schon das Prinzip, das Interesse und das Potential eines universellen Portals, das die Dienstleistungen des Kantons durch ein einziges Portal anbietet. 3 http://www.camac.vd.ch http://www.geoplanet.vd.ch 5 http://www.rf.vd.ch 6 http://www.camac.vd.ch 7 http://www.terrains.vd.ch 4 8.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Interoperabilität von Geodaten : aktueller Stand und Zukunftsperspektiven im Kanton Waadt 2.3.1 Kartendienst für Internet-Applikationen Für die administrativen Applikationen des Kantons ist die Interoperabilität hauptsächlich beim Kartendienst von Interesse. Dieser von GéoPlaNet geleistete Dienst ermöglicht Karten in eine andere Applikation dynamisch zu integrieren (einfacher Kartendienst) oder zur Benutzungsoberfläche des kartografischen Internet-Schalters zu kommen (Browserkartendienst). Die Lokalisierung wird mit Hilfe von Koordinaten oder mit Hilfe eines räumlichen Objekts (z.B. eine Parzelle in einer Gemeinde) gemacht. Die Parameter der Lokalisierung, des Massstabes und des Grösse der Karte, sowohl die Auswahl der Datenebenen werden über die URL-Adresse übermittelt. Die Applikationen des Grundbuchs, der Baubewilligungszentrale und der Wirtschaftsförderung benutzen diese Kartendienste. 2.3.2 Abfrage von entfernten Datenbanken Umgekehrt ermöglicht der kartografische Internet-Schalter Informationen in entfernten Datenbanken zu finden. Zum Beispiel derjenigen des Grundbuchs: mit GéoPlaNet kann der Name des Besitzers einer Liegenschaft angezeigt werden. Diese Information wird bald mit anderen Informationen aus dem Grundbuchauszug ergänzt werden (Beschreibung des Grundstückes, Eigentum, Grunddienstbarkeiten, usw.). Das zeigt den Vorteil und die Rolle des kartografischen Internetschalters, um nicht-geografische Informationen zu erwerben. Dieser Zugang zur Information durch die geografische Dimension und durch einen einzigen Eingangspunkt ist ein grosser Gewinn für den Benutzer. 2.3.3 Zugang zu den Metadaten Was die Metadaten betrifft, bietet der kartografische Internet-Schalter einen direkten Zugang zum Géocatalogue der ASIT-VD8 an, in dem alle Geodaten beschrieben werden. Es handelt sich hier darum, dass die Koppelung der Daten mit den Metadaten innerhalb des Visualisierungsdienstes für Geodaten (GéoPlaNet) gewährleistet wird. 2.4 Online-Bestellung von Geodaten Dank des Portals Géocommande der ASIT-VD9 können Geodaten auf dem Gebiet des Kantons Waadt online bestellt werden. Der Benutzer kann seine Daten via Géocatalogue auswählen und ein Suchgebiet für die Extraktion (Text- oder räumliche Suche) definieren. Zusätzlich zum Visualisierungsdienst, der benutzt wird, um die Basiskarten darzustellen, bietet die geografische Auswahl eigentlich einen Auswahldienst durch ein Objekt an. Die geografischen Objekte, die ausgewählt werden können, sind die Bezirke, die Gemeinden, die Umkreise der Katasterpläne und die Parzellen. Der Kartenserver ist derselbe wie derjenige des kartografischen Schalters (MapServer). Diese Auswahl durch ein Objekt wird durch eine Datenbank PostGIS gemacht. Sobald das Bestellungsformular ausgefüllt ist, wird es den betroffenen Lieferanten geschickt. Für die Geodaten des Kantons Waadt wird die Abfrage automatisch verarbeitet: die Geodaten werden vom Datawarehouse aus dem ausgewählten Umkreis herausgezogen, dann zum Benutzer durch FTP übermittelt. Die Rechnung wird auch automatisch gemacht. 8 9 http://www.asit.vd.ch/geoportal/geocatalog/public.asp http://www.asit.vd.ch/geoportal/geodata/public.asp Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 8.3 Stand der Technik, Implementierungen II Interoperabilität von Geodaten : aktueller Stand und Zukunftsperspektiven im Kanton Waadt Die Verarbeitungskette einer Online-Bestellung besteht aus vielen Interoperabilitäten zwischen mehreren Applikationen: um den Bestellungsumkreis zu definieren (Auswahl von geografischen Objekten) und um die Abfrage zu übermitteln und zu verarbeiten (Herausziehen von geografischen Objekten). 2.5 Verbindung mit dem Geographischen Datenkatalog der Schweiz Mit dem neuen Geographischen Datenkatalog der Schweiz10 arbeitet die ASIT-VD wie ein Partner vom Typus C (der Partner vom Typus A gibt seine Metadaten direkt in die zentrale Datenbank von geocat ein ; der Partner vom Typus B verfügt über seine eigene Datenbank aber kopiert seine Metadaten in die zentrale Datenbank ; der Partner vom Typus C erlaubt einen Zugang zu seiner Datenbank durch geocat ohne Duplizierung). Die ASIT-VD verfügt nämlich über seine eigene Metadatenbank, die geocat abfragen kann. Zu diesem Zweck wurde ein Abfrageprotokoll (Catalog Gateway Protocol) auf Bundesebene entwickelt und in die Applikation von der ASIT-VD eingebaut. Auf dieser Weise kann die ASIT-VD die Abfragen von geocat bekommen und verarbeiten, und dann eine Antwort zurückschicken, die der Struktur und dem Format von geocat entspricht. Diese Interoperabilität ist die erste konkrete Realisierung in die Richtung eines Schweizer Suchportals für Geodaten mit einem dezentralisierten Katalog. Die Interoperabilität zwischen geocat und dem Géocatalogue der ASIT-VD zeigt die Notwendigkeit, über gemeinsame Datenmodelle zu verfügen. Das Metadatenmodell GM03Core muss mindestens in jedem Metadatensystem implementiert werden. Auf der Basis von GM03Core werden die minimalen Metadaten ausgetauscht. Die ASIT-VD hat deswegen den Géocatalogue angepasst, um mit dem Schweizer Metadatenmodell GM03Core in Übereinstimmung zu sein. Alle obligatorische Metadaten von GM03Core können im Géocatalogue gefunden und dank geocat visualisiert werden. Die technischen Entwicklungen, die die Interoperabilität fördern, müssen von Bemühungen in anderen Bereichen begleitet werden. Hier müssen die Bemühungen erwähnt werden, um standardisierte Datenmodelle und Vorgehen für Geodatenaustausch zwischen den Partnern anzunehmen oder auszuarbeiten. Zu diesem Zweck arbeiten die kantonale Verwaltung und die ASIT-VD zusammen. Erste Schritte im Bereich der generellen Entwässerungspläne (GEP11) sind erfolgreich gewesen. Jetzt wird etwas im Bereich der Raumplanung unternommen, um den Austausch der Daten für die Bodennutzung zu vereinheitlichen. 3 Perspektive 3.1 Webdienst über Raumgliederungen Demnächst wird der Kanton einen Webdienst über die Raumgliederungen aufstellen. Zuerst werden der Kanton, die Bezirke, die Gemeinden, die Katasterpläne und die Parzellen betroffen sein. Dieser Dienst gibt die Möglichkeit, Informationen über die Einheiten der vorher genannten Raumgliederungen (z.B. Bundesnummer und Name der Gemeinden) und über die Zusammensetzung und die Zugehörigkeit der Einheiten einer Raumgliederung in Beziehung mit den anderen Raumgliederungen (z.B. Nummer aller 10 11 http://www.geocat.ch http://www.dse.vd.ch/eaux/assainissement/eaux/pgee.htm und http://www.asit.vd.ch/documentation/command.asp 8.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Interoperabilität von Geodaten : aktueller Stand und Zukunftsperspektiven im Kanton Waadt Parzellen und aller Katasterpläne, die einer Gemeinde gehören) in einer Standardform und im Format XML zu übermitteln. Dieser Dienst wird vor allem beim Bestellungs- und Vertriebsvorgehen der Geodaten benutzt. Dieser Webdienst ist unabhängig von jeder Applikation und er wird dennoch später für andere Bereiche benutzt werden können. Die Vorteile eines solchen Dienstes sind klar: die Aktualisierung der Datenbanken ist automatisch bei Veränderungen, wie z.B. bei den Fusionen von Gemeinden oder bei der Einführung von neuen Vermessungslosen. Im Vergleich brauchen die traditionellen Methoden der Aktualisierung viel Zeit, in Anbetracht der vielen Applikationen, die diese Informationen benutzen. Mit diesem Dienst wird auch die Aktualisierung der Postleitzahlen (PLZ) und der Orte in jeder betroffenen Applikationen vorgesehen. Die PLZ wechseln regelmässig und werden mehrmals im Jahr aktualisiert12. 3.2 Geschützter Kartendienst Die ASIT-VD und der Kanton entwickeln und testen jetzt einen geschützten Kartendienst, der sich auf die OpenGIS Spezifikationen13 beruht. Im ersten Schritt wird die Spezifikation Web Map Service (WMS) implementiert, damit die Karten in Bildform geliefert werden. Der Zugang wird mit einem Benutzernamen und einem Passwort geschützt. Es gibt zwei Hauptziele: x Den Datenvertrieb mit einem direkten Zugang auf Daten durch den Standard WMS ergänzen. Die Benutzung von WMS gibt jeder Applikation, die als WMSKlient funktioniert, die Möglichkeit, Abfragen zu schicken und die zurückgeschickten Karten direkt in die Benutzungsoberfläche des Klienten zu integrieren. Die hier betroffenen Applikationen sind besonders die GIS- und die WebApplikationen. Folglich sind die betroffenen Benutzer Fachleute der Vermessung, der Umwelt, der Raumplanung (usw.) aber auch zum Beispiel die Gemeinden. Im Bereich vom GIS bieten immer mehr Softwareprodukte – sowohl kommerzielle Produkte (z.B. MapInfo, ArcGIS) sowie "free" Programme (z.B. JUMP) – WMS-Klientfunktionalitäten. Die Zugangskontrolle ermöglicht es, die Identität des Benutzers zu erkennen und auch ein Rechnungssystem für diesen Direktzugangdienst zu definieren. x Einen zentralen kartografischen Schalterdienst (waadtländisches Portal) anbieten. Er wird vor allem den öffentlichen Verwaltungen angeboten unter der Bedingung, dass der Geodatenlieferant über einen Server verfügt, der WMSAbfragen beantworten und Bilder, die diesem Standard entsprechen, liefern kann. Der einzige kartografische Schalter, der von der ASIT-VD beherbergt und unterhalten wird, wird als WMS-Klient funktionieren und wird die Visualisierung von Geodaten von mehreren Lieferanten ermöglichen. Wir haben als Ziel, dass die Daten der kantonalen Verwaltung und die von den Gemeinden gegebenen Daten zusammen gelegt sind. Dieser geschützte Dienst wird zuerst die Interoperabilität nur im Bereich der Geodaten ermöglichen. Dann wollen wir die Entwicklungen in Richtung Interoperabilität der 12 13 http://www.poste.ch/yellowbox http://www.opengeospatial.org Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 8.5 Stand der Technik, Implementierungen II Interoperabilität von Geodaten : aktueller Stand und Zukunftsperspektiven im Kanton Waadt Funktionalitäten orientieren. Das heisst, dass der Zugang zu Funktionalitäten der Applikation des Lieferanten durch den zentralen Schalter und auch von irgendwelchen Klienten möglich sein wird. Es ist klar, dass die Aufstellung einer solchen Interoperabilität nur möglich ist, wenn Funktionalitäten in Form von Webdiensten entwickelt werden. Für die kantonale Verwaltung sind diese Perspektive nicht nur technische Ziele und Herausforderungen, sondern auch strategische. Die Aufstellung von solchen Interoperabilitäten wird nämlich den Geodatenvertrieb, ihre Tarifgestaltung, ihre Verwaltung und ihre Aktualisierung (verteilte Kosten, gemeinsame Infrastrukturen) beeinflussen. 4 Schlussfolgerungen Die Interoperabilität im Bereich der Geodaten spielt eine wichtige Rolle. Im Kanton Waadt können wir nach den realisierten Entwicklungen in diesem Bereich Folgendes bemerken: 8.6 x Die Interoperabilität bietet technische Lösungen für organisatorische Probleme an (z.B. den Abfragedienst der geografischen Ebenen). x Dank der Interoperabilität wird Zeit und Geld gewonnen durch die Rationalisierung der Aufgaben, die mit der Erwerbung, der Verwaltung, der Aktualisierung, der Veröffentlichung und dem Vertrieb der Geodaten verbunden sind (z.B. dank eines Online-Bestellungsdienstes der Geodaten). x Die Interoperabilität unterstützt die Förderung und die Benutzung der Geodaten in Bereichen, die an Geomatik wenig oder nicht gewohnt sind (z.B. dank des Kartendienstes, der durch einen kartografischen Schalter verfügbar ist). x Die Interoperabilität erhöht die Zuverlässigkeit der Daten : wir vermeiden mehrfache Kopien, die Aktualisierung wird schneller gemacht, das Speichersystem wird nicht mehr so viel belastet und die Bemühungen für die Verwaltung der Geodaten sind nicht mehr so gross (z.B. dank des Informationsdienstes über die Raumgliederungen). Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 9 Die Komplexität der Interoperabilität Ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz Ueli Forrer, F+P GEOINFO AG Ueli Forrer F+P GEOINFO AG Geoinformatik und Vermessung Kasernenstrasse 69 CH-9100 Herisau http://www.geoinfo.ch Tel : Fax : E-Mail : +41 71 353 53 53 +41 71 353 53 50 1 Einleitung Interoperabilität ist für uns als GIS-Dienstleistungsunternehmen ein sehr aktuelles Thema und langfristig betrachtet, wird Interoperabilität zu einer Überlebensfrage solcher Unternehmen werden. Wenn wir uns mit Definitionen von Interoperabilität auseinander setzen, geraten wir direkt zur Frage der Systemabgrenzung. In unserem System, einer regionalen Geodateninfrastruktur, können wir zur Zeit Interoperabilität in diversen Teilsystemen finden. 1.1 Definitionen zur Interoperabilität Interoperabilität wird in der Literatur unterschiedlich definiert. Wir beschränken uns in der Folge auf zwei unterschiedliche, jedoch sinngleiche Definitionen1: 1. Als Interoperabilität bezeichnet man die Fähigkeit zur Zusammenarbeit von verschiedenen Systemen, Techniken oder Organisationen. Dazu ist in der Regel die Einhaltung gemeinsamer Standards notwendig. Wenn zwei Systeme miteinander vereinbar sind, nennt man sie auch kompatibel. 2. Interoperabilität ist die Fähigkeit unabhängiger, heterogener Systeme möglichst nahtlos zusammen zu arbeiten, um Informationen auf effiziente und verwertbare Art und Weise auszutauschen bzw. dem Benutzer zur Verfügung zu stellen, ohne dass dazu gesonderte Absprachen zwischen den Systemen notwendig sind. 1.2 Systemabgrenzung Wenn aus der ersten Definition Interoperabilität als die Fähigkeit zur Zusammenarbeit von verschiedenen Systemen, Techniken oder Organisationen bezeichnet wird, dann lässt sich daraus logischerweise ableiten, dass die Interoperabilität vor allem auch eine Frage der Systemabgrenzung ist, egal ob es sich dabei um eine technische oder organisatorische Abgrenzung des Systems handelt. 2 Interoperabilität am Beispiel der IG GIS AG In der Ostschweiz haben sich die Kantone Appenzell A.Rh., Appenzell I.Rh. und St. Gallen und sowie ca. 60 Gemeinden (Bezirke im Kanton AI) zu einer Interessengemeinschaft GIS, der IG GIS AG zusammengeschlossen. Das eigentliche Betreiben des GIS ist in diesen Kantonen und Gemeinden teilweise bereits seit 1997 aus der Verwaltung ausgelagert und einem privaten Betreiber, der F+P GEOINFO AG übertragen worden. Die IG GIS AG hat einen rein koordinativen Charakter und bündelt die Interessen der Aktionäre (Gemeinden, Bezirke und Kantone) gegenüber dem GIS-Betreiber. Die Geschäftsführung (50% Stelle) der IG GIS AG ist dem Dienst für Informatikplanung des Kantons St. Gallen angegliedert. 2.1 Gesamtsystem Wenn wir den heutigen Stand der Architektur des Gesamtsystems betrachten, dann wird es relativ schwierig über Interoperabilität des Gesamtsystems zu berichten, weil das System sehr gross ist. Das Rechenzentrum der IG GIS AG ist zudem einerseits in das Rechenzentrum des Kantons St. Gallen (Abraxas Informatik AG) und andererseits 1 Quelle: http://de.wikipedia.org Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 9.1 Stand der Technik, Implementierungen II Die Komplexität der Interoperabilität: ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz komplett in die Informatikstrukturen der anderen Kantone und Gemeinden eingebettet. Abbildung 1 zeigt die stark vereinfachte Architektur des RZ der IG GIS AG als Gesamtsystem: Abbildung 1 Auf Grund der Grösse der IG GIS AG - drei Kantone und rund sechzig Gemeinden – können wir von einer regionalen Geodateninfrastruktur (RGDI) sprechen. Suchen wir in dieser Organisation Interoperabilität, dann finden wir diese in vielen, einzelnen Teilsystemen. Betrachten wir die „Aussenbeziehungen“ dieser Organisation, nämlich die vielen Datenlieferanten, andere RGDI’s, die künftige NGDI (Nationale Geodateninfrastruktur) oder gar eine europäische Organisation, welche eine Geodateninfrastruktur betreibt, dann denke ich ganz intuitiv an den Turmbau zu Babel. Gemäss der oben erwähnten Definition von Interoperabilität müssen nun nämlich alle diese Organisationen „Informationen auf effiziente und verwertbare Art und Weise austauschen bzw. dem Benutzer zur Verfügung stellen, ohne dass dazu gesonderte Absprachen zwischen den Systemen notwendig sind.“ Dazu müssten diese nicht nur hunderte von technischen Standards und Normen einhalten, sie müssten auch in ihren betriebswirtschaftlichen Abläufen und Organisationsformen interoperabel oder kompatibel werden. Davon sind wir noch weit entfernt. Und wie beim Turmbau von Babel sind es die verschiedenen Sprachen die uns manchmal zur Verzweiflung bringen: So spricht der Ingenieur, welcher Fachdaten für eine Gemeinde Abbildung 2 9.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Die Komplexität der Interoperabilität: ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz erfasst, eine andere Sprache als der Informatiker, der eine regionale Geodateninfrastruktur betreibt. Dieses Grundprinzip „der verschiedenen Sprachen“ in Bezug auf Interoperabilität lässt sich sehr einfach nachprüfen: Sucht man im Internet nach dem Wort „Interoperabilität“, zeigen viele Links auf Hilfsorganisationen. Auch dort treffen verschiedenste Organisationen, Sprachen, Techniken und Kulturen aufeinander. Im Folgenden ziehe ich die Systemgrenzen enger und fokussiere auf das Gesamtsystem IG GIS. Zwecks besserer Übersicht teile ich das Gesamtsystem in drei Teile auf: x Daten x Applikationslogik x Präsentation der Daten Weitere Teilsysteme wären noch: x x x x Systemplattformen Betriebssysteme Netzwerke Weitere Organisationsprozesse 2.2 Teilsystem „Daten“ 2.2.1 Stand Heute Betrachten wir das Teilsystem „Daten“, dann stechen in dieser Lösung die heterogenen Strukturen der Ostschweiz sofort ins Auge. Kleinere Gemeinden (mit bis ca. 4500 Einwohner) mit bis zu 17 verschiedenen, eigenständigen Korporationen sind keine Seltenheit. Dabei ist natürlich jede Korporation ihr eigener Datenherr und bestimmt autonom, wer auf ihre Abbildung 3 Daten Zugriff hat. Heute liefern 64 verschiedene Datenlieferanten, 178 Datenthemen (ein Thema ist z.B. die amtliche Vermessung (AV), der Leitungskataster Abwasser, usw.), in 609 Arten von Datensätzen (eine Datensatzart ist dabei z.B. die Ebene Liegenschaften in der AV), und 15 verschiedenen Datenformaten an. Davon sind gerade einmal 9 Datensätze in INTERLIS I beschrieben und durch die Kantone2, den SIA3 oder andere Fachverbände normiert. Nur die Daten welche in INTERLIS I angeliefert werden, sind interoperabel. Wenn wir die 609 Arten von Datensätzen auf die geografischen Gebiete, also z.B. die einzelnen Gemeinden (AV-Liegenschaften der Gemeinde X, AV-Liegenschaften der Gemeinde Y, usw.) aufteilen, dann sind es 10'606 einzelne Datensätze. Wir betreiben und organisieren also eine ganze Menge Schnittstellen und wenden viel Zeit für Qualitätskontrollen auf. Und - es funktioniert sehr gut! 2 Im Kanton SG die Geodatenkonferenz und im Kanton AR der GIS-Ausschuss AR Ingenieur- und Architektenverein 3 Schweizerischer Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 9.3 Stand der Technik, Implementierungen II Die Komplexität der Interoperabilität: ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz Im RZ der IG GIS halten wir sehr viele Daten auf einem RDMS4. Das sind Benutzerdaten, Benutzerrechte, Sichtendefinitionen usw. welche allerdings eher der Applikationslogik zugehören, ein klarer Trennungsstrich ist hier nicht möglich. Die grafischen Daten liegen immer noch in einem proprietären Format. Dies ist bei unseren grossen Datenmengen – leider – immer noch eine Frage der Systemperformance. Innerhalb des RZ des Kantons St. Gallen und über das Intranet der Kantone AR und AI, haben wir unterschiedliche Direktzugriffe in die Datenbestände anderer RDBMS realisiert. Gesamthaft sind heute 22 weitere Datenbanken (Fremddatenbanken) direkt an die Daten der IG GIS angebunden. Das heisst, dass der Nutzer direkt über sein GIS auf diese Datenbanken zugreift. Diese Einbettung in die vorhandenen IT-Strukturen zeugt wiederum von Interoperabilität. Zu dieser Auslegeordnung im Teilsystem Daten gehören zudem weitere, sehr wesentliche Aspekte: Die Darstellung der Daten, die dazu gehörenden Legenden, die rechtlichen Hinweise und der Aktualitätsstand spielen bei den Nutzern eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wir führen über alle Datenbestände umfassende Metadaten, welche auf dem RDBMS abgelegt und bereits heute in einer Form vorhanden sind, die einen interoperablen Austausch mit Fremdsystemen zulässt. 2.2.2 Aussichten In der Datennormierung warten wir auf Standards der verschiedensten internationalen, nationalen und regionalen Gremien. Im Teilsystem Daten sehen wir für die Zukunft eine zentrale Datenverwaltung auf der Basis eines Geodatenservers mit einer RDBMS. Unsere Versuche, mit verschiedenen Applikationen auf einen Geodatenserver zuzugreifen, zeigen, dass bereits die Interpretationen simpler geometrischer Datentypen Fragen aufwerfen. Erschwerend kommt die produkteabhängige Darstellung der Daten dazu. Beim Datenaustausch und der Darstellung der Daten setzen wir auf INTERLIS II, wobei die Marktakzeptanz bei unseren Datenlieferanten aus heutiger Sicht teilweise doch sehr fraglich ist. In Frage kommt hier auch der internationale Standard, nämlich GML3. 4 Relationales Datenbank Managementsystem 9.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Die Komplexität der Interoperabilität: ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz 2.3 Teilsystem „Applikationslogik“ 2.3.1 Stand Heute Wir betreiben einerseits verwaltungsintern Applikationen auf der Basis eines DesktopGIS und verschiedene Web-Applikationen im Intranet, andererseits öffentlich im Internet verschiedene Produkte wie z.B. das www.geoportal.ch. Der umfassende Teil unserer Applikationslogik liegt immer noch in den einzelnen Applikationen, ein kleiner Teil auf dem RDBMS. In diesem Punkt ist Interoperabilität nicht gegeben. Abbildung 4 Wie im Teilsystem Daten bereits erwähnt, sehen wir im Bereich der Applikationslogik folgende wesentlichen und erwähnenswerten Punkte: x Wir betreiben eine sehr umfassende Benutzerverwaltung mit entsprechenden Vertragsregelungen und Zugriffsrechten. 907 registrierte Benutzer in 128 Benutzergruppen greifen verwaltungsintern geordnet auf unsere Datenbestände. x Wir legen unsere umfassende Datenbestände in Strukturen ab, dabei wenden wir folgende Ordnung an: x Kategorien x Bereiche x Themen x Datensätze x Um den Nutzern die Arbeit zu erleichtern, stellen wir ihnen Daten in den gewohnten Karten zur Verfügung. Karten sind dabei vordefinierte Kombinationen von Datensätzen oder definierte Sichten. x Wir haben zunehmend Datensätze, welche auch über ein Regelwerk definiert sind (z.B. Gewässernetze inkl. Kilometrierungen und Routenbildungen, Flächentopologien usw.). 2.3.2 Aussichten In Bezug auf Interoperabilität innerhalb der Applikationslogik ist die Entwicklung aus der Informatik bereits vorgezeichnet: .net, COM, GML/XML usw. werden die künftigen Applikationen interoperabler gestalten. In Bezug auf die Daten-Zugriffsrechte ist eine echte Interoperabilität vermutlich sehr fraglich und nicht sinnvoll. Datenstrukturen (in der Form der oben erwähnten Gliederungen), vordefinierte DatenSichten usw. sind heute bereits in einem RDBMS abgelegt und sind im technischen Sinne bereits interoperabel. Mit INTERLIS II können wir künftig die Definition von Regeln zu den Daten interoperabel beschreiben. Die Regelwerke selber sind möglichst mit den Daten in einem RDBMS abzulegen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 9.5 Stand der Technik, Implementierungen II Die Komplexität der Interoperabilität: ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz 2.4 Teilsystem „Präsentation“ 2.4.1 Stand Heute Im Teilsystem Präsentation sind verschiedenste Standards und Normierungen schon vorhanden. Z.B. verteilen wir verwaltungsintern in den Geoportalen für Betrachter (6000 bis 7500 Arbeitssitzungen pro Monat) und öffentlich im Internet (10’000 bis 14’000 Arbeitssitzungen pro Monat) über http schon heute Daten auf verschiedenste Betriebssysteme. Ebenso leben wir beim Betrieb der Geoportale für Anwender (230 registrierte Benutzer) über die Metaframe/Citrix-Umgebung eine spezielle Art von Interoperabilität über die Betriebsystemgrenzen hinweg. Abbildung 5 Mit der heute verfügbaren Technik, insbesondere von WMS5 und WFS6, wäre eine weitere Interoperabilität (auch aus den proprietären Daten heraus) bereits möglich, wird aber wegen der Zugriffsrechte noch nicht angewendet. Die Anwendung von WMS ist deshalb zur Zeit nur für die öffentlichen Daten im Internet sinnvoll. 2.4.2 Aussichten In diesem Teilsystem sehen wir die künftige Anwendung von diversen Web Servicen als sinnvolle Möglichkeit für die frei verfügbaren Daten im Internet: x x x x x x WMS (Web Map Service) WFS (Web Feature Service) WCS (Web Coverage Service) WCAS (Web Catalog Service) WCTS (Web Coordinate Transformation Service) Weitere Web Services Zur Zeit steht für unsere Anwendungen sicherlich der WMS (Web Map Service) im Vordergrund, da „fremde“ Institutionen Daten betrachten und drucken aber nicht in Vektorform beziehen können. Jedenfalls wäre das im Sinne vieler Datenherren, die insbesondere im Verwaltungsumfeld die Daten zum Betrachten und Drucken freigeben. 5 6 Web Map Service Web Feature Service 9.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Die Komplexität der Interoperabilität: ein einfacher Praxisbericht aus der Ostschweiz 3 Fazit In einer Organisationsstruktur für regionale Geodaten, wie derjenigen der IG GIS AG sind in verschiedensten Teilbereichen Ansätze zu einer Interoperabilität vorhanden. Diese Ansätze sind heute noch sehr technisch, vielschichtig und betreffen sehr verschiedene, spezielle Fachbereiche aus der Informatik und der Geoinformationsbranche. Von einer echten Interoperabilität, also einer Interoperabilität von Organisationen von regionalen und nationalen Geodatenstrukturen sind wir unseres Erachtens noch weit entfernt. Je grösser wir die Systemabgrenzung ziehen, desto komplexer wird die Interoperabilität und umso mehr verlagert sich diese weg von Systemen und der Technik auf die Organisationen und deren Prozesse. 4 Literatur INSPIRE. 2003. Spatial Data Infrastructure in Europe. Spatial Application Division K.U. Leuven, Research & Development Ott, Mathias. Datenaustausch und Interoperabilität, Dienste für eine offene Geodatenstruktur, www.ikg.uni-bonn.de/Lehre/Geoinfo/is_iv_SS_04/Vorträge%5C04_05_27_Ott.ppt Open GIS Consortium. OpenGIS Service Architecture SOGI. 2003. Worin liegt der praktische Nutzen von Interoperabilität und Normung für den GIS-Anwender in der Schweiz?” Schweizerische Organisation für Geoinformation, Bericht der Fachgruppe GIS Technik Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 9.7 10 Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien Jean-Claude Jasselette, MET Belgien Jean-Claude Jasselette MET (D.432) Topographie et Cartographie CAMET - Boulevard du Nord, 8 B-5000 Namur Tel : Fax : E-Mail : +32 817 733 51 +32 817 738 88 1 Einführung 1.1 Vorwort Jean-Claude Jasselette ist Adjunkt der Topographie- und Kartographieabteilung des Bau- und Verkehrsministeriums der Region Wallonien in Belgien. Er ist im Projekt InfraSIG involviert und hat sich insbesondere an den Arbeiten der Modellierung der topographischen Referenzdaten mit Hilfe von INTERLIS beteiligt. Das Hauptziel des Referates besteht darin, die Arbeiten vorzustellen, die im Rahmen der Einführung einer Infrastruktur für geographische Informationen in der Region Wallonien durchgeführt wurden. Im Referat wird versucht, die zugrunde liegenden Leitlinien und ihre Auswirkungen im Kontext der Interoperabilität für räumliche Daten aufzeigen. 1.2 Übersicht Nach einer kurzen Beschreibung der Situation der belgischen Kartographie wird die Problematik in ihren wallonischen regionalen Zusammenhang gestellt. Schritt für Schritt werden die verfolgten Zielsetzungen, die eingesetzten Mittel und schließlich der Stand der Arbeiten durchgegangen. Die Schlussfolgerungen werden sich auf die Vorteile des gewählten Vorgehens, auf die aufgetretenen Probleme sowie auf das daraus Gelernte beziehen. 2 Kontext und Problematik 2.1 Belgien, ein junger Bundesstaat FLANDERN 13 522 km2 BRÜSSEL 162 km2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten WALLONIEN 16 844 km2 10.1 Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien Bekanntlich setzt sich Belgien seit mehr als 20 Jahren für einen Regionalisierungsprozess ein. Für Themen wie die Kartographie ist die öffentliche Hand einerseits unterteilt in eine föderale Ebene und andererseits ein regionales Niveau, das die Region Wallonien (16.844 km2), die Region Flandern (13.522 km2) und die Region der Hauptstadt Brüssel (162 km2) umfasst. 2.2 Kartographie im Bundesstaat und in den Regionen Wie die meisten europäische Staaten verfügt Belgien über ein eigenes nationales geographisches Institut (IGN). Diese föderale öffentliche Verwaltung wird mit allen Kartographie-, Geodäsie- und Fernerkundungsaufgaben beauftragt, die sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Das belgische IGN ist Hersteller von qualitativ sehr hochstehenden Karten und topo-geographischen Daten in den Massstäben zwischen 1/300’000 und 1/10’000. Abgesehen davon ist auf der föderalen Ebene das Katasteramt Hersteller von Grundstücksplänen mit sehr grossem Massstab. Momentan haben diese Pläne ausschliesslich steuerpolitische Ziele und haben meistens keine Vermessungsqualität. Ein ehrgeiziges Projekt zur Modernisierung des belgischen Katasteramtes ist in Vorbereitung. Infolge der Regionalisierung im Bereich der umweltrelevanten Kompetenzen der Raumordnung, der öffentlichen Arbeiten und erst kürzlich der Landwirtschaft hat die regionale öffentliche Hand verschiedene kartographische Projekte geschaffen. Was die Referenzdaten betrifft, hat jede der drei Regionen ein digitales topographisches Kartographieprojekt in sehr grossem Massstab eingeführt. Es handelt sich um die Projekte Urbis in der Region der Hauptstadt Brüssel, PICC in der Region Wallonien und GRB in der Region Flandern. Diese drei Projekte entsprechen ungefähr denselben Genauigkeitskriterien und sind vergleichbar mit einer Karte des Typs "öffentliche Arbeiten" im Maßstab von 1/1’000 oder besser. Sie werden im Allgemeinen durch numerische Orthophotoplan-Layer vervollständigt. Mangels einer Koordinationsstelle auf föderalem oder interregionalem Niveau haben die durch die drei Regionen eingeleiteten Projekte trotz allem deutlich verschiedene technische Eigenschaften. 2.3 Kartographie in der Region Wallonien 2.3.1 Verschiedene Ansätze und Referenzen Auch innerhalb einer Region ist die Homogenität nicht immer die Regel. Auf diese Art haben in Wallonien verschiedene Hersteller von analogen und numerischen kartographischen Daten verschiedene Methoden und Referenzen verwendet oder verwenden sie immer noch. Zum Beispiel ist es mangels gemeinsamer Referenz nicht selten so, dass Geometer, die für verschiedene Verwaltungen der Region Wallonien arbeiten, die gesammelten Vermessungsdaten nicht austauschen können. 2.3.2 Die Vielfalt numerischer Daten Seit einigen Jahren wird der Gehalt der numerischen geographischen Daten, die durch die Verwaltungen der Region Wallonien produziert wurden, allerdings anerkannt. Daher bilden die Plans Photographiques Numériques Communaux (PPNC) einen numerischen Orthophotoplan in Farbe mit Meter-Auflösung flächendeckend für die ganze Region. Das Projet Informatique de Cartographie Continue (PICC) bietet eine numerische Kartographie im Massstab 1/1’000 über eine Fläche von mehr als 8’000 km2 an, die unter ande- 10.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien rem in einer geographischen Datenbank mehr als 55% der 1'500’000 Gebäude, die die wallonische Region umfasst, enthält. Angesichts der Qualität der bestehenden Daten und der Kosten, die ihre Produktion dargestellt hat, begreift man, dass ihre Aufwertung ein wichtiger Einsatz ist, und dass nicht zu beabsichtigen ist, ein neues Projekt derselben Spannweite anzusetzen. 2.3.3 Der Zukunftsvertrag und das Vorgehen eGov Im Zeitalter der Computerisierung und Vernetzung der Datenbanken ist die Notwendigkeit, die Aktivitäten der verschiedenen für die Erstellung von räumlichen Daten verantwortlichen öffentlichen Hoheitsträgern zu koordinieren, ein entscheidender Einsatz geworden. Die Regierung der Region Wallonien ist sich dieses Einsatzes bewusst. In einer der vorrangigen Massnahmen ihres Contrat d’Avenir pour la Wallonie (CAW), Absichtserklärung der Regionalpolitik, wird festgelegt, dass die Regierung "allen Beteiligten via Internet die Gesamtheit der kartographischen Daten der Region Wallonien zur Verfügung stellt" und das, indem sie "die verschiedenen Kartographieprojekte in ein offenes, zusammenhängendes und koordiniertes System integrieren werden, das den Informationsaustausch erlaubt und das sowohl Redundanz als auch Inkompatibilität verhindert." Seit 2002 präzisiert das aktualisierte CAW, dass die "regionalen kartographischen Projekte der Öffentlichkeit im Rahmen des Projekts vom wallonischen e-Gouvernement übers Internet zur Verfügung gestellt werden." Man sieht also, dass der Zugang zu zusammenhängenden geographischen Daten und die Qualität durch die wallonische öffentliche Hand für prioritär eingeschätzt werden. 2.3.4 Das CTC und das Projekt InfraSIG In diesem Rahmen ist das Comité Technique Cartographique (CTC) der Region Wallonien im November 2000 ins Leben gerufen worden. Das CTC setzt sich aus Vertretern des mit der Kartographie beauftragten Ministeriums und aus den verschiedenen Generaldirektionen der wallonischen Ministerien zusammen. Sein Hauptziel besteht darin, die Kohärenz zwischen den verschiedenen Kartographiediensten der Region Wallonien zu gewährleisten und damit den Zielsetzungen des aktualisierten CAW zu entsprechen. Um der Regierung die Elemente einer Verwaltungs- und Verbreitungspolitik der öffentlichen geographischen Daten im Rahmen einer internetbasierten Infrastruktur vorschlagen zu können, hat das CTC im Jahre 2002 ein Projekt mit der Bezeichnung InfraSIG lanciert. Dieses Projekt zielt darauf ab, eine Infrastruktur für die Verwaltung und die Verbreitung der geographischen Daten der Region Wallonien zu definieren und zu verwirklichen, um den Anforderungen und den Bedürfnissen aller Benutzer zu entsprechen. Um dieses Projekt zu verwirklichen, profitiert das CTC von der technischen Hilfe eines Konsortiums, das durch die Gesellschaft GFI gesteuert wird. Das InfraSIG-Projekt entwickelt sich in vier Richtungen: 1. Eine organisatorische Achse, um das Projekt zu koordinieren, die Rolle und die Verantwortung der Beteiligten zu definieren, die Benutzer zu sensibilisieren und auszubilden und einen Führer der guten Praktiken aufzustellen. 2. Eine technische Achse, die zum Ziel hat, die Problematik zur Sprache zu bringen x von der Infrastruktur der Verbreitung der Daten, x der Metadaten, Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 10.3 Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien vom Setzen in Kohärenz der Referenzdaten und der thematischen Daten durch den Modellbau, x mit diesen Angaben assoziierte Dienste, x Aktualisierungsverfahren. 3. Eine Rechtsachse, die anvisiert, x einerseits ein vereinheitlichtes Lizenzmodell für die Zurverfügungstellung geographischer Informationen durch die Region aufzustellen; x andererseits die Auswirkung der Gesetzgebungen über den Zugang zur Information zu untersuchen. 4. Eine sozioökonomische Achse, die zum Ziel hat, die Kosten, den Markt und die Anwendungen zu analysieren, um der wallonischen Regierung die Bestandteile einer Politik für die Verbreitung der geographischen Daten vorzuschlagen. x Jede dieser Achsen entspricht einer oder mehreren Arbeitsgruppen. Minister M. DAERDEN (Kartographische Angelegenheiten) Ministerialkanzlei – “Carto” versch. DG Technisches Komitee Kartographie Technische Projektassistenz Projektleitung INFRASIG GT Organisation Koordination Basisdaten GT Technik Thematische Daten Metadaten Infrastruktur Verteilung GT Recht GT Preis Permanenter Auftrag Organisation Technik Recht Preis Punktuelle Aufträge 10.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien Schliesslich ist das CTC beauftragt, "die Zusammenarbeiten und die Kooperationsabkommen mit anderen regionalen und gemeinschaftlichen (OC Gis-Vlaanderen, CIRB...), nationalen (IGN, Katasteramt...) und europäisch Instanzen (grenzüberschreitende Projekte, Initiative LEITEN...) zu koordinieren." 3 Verfolgte Ziele Die wichtigsten Leitlinien, die bei der Einführung von der Infrastruktur der Verbreitung der wallonischen geographischen Informationen verfolgt werden, können wie folgt zusammengefasst werden. 3.1 Datenverwendung Zunächst muss die Infrastruktur die Weiterverwendung der Daten vereinfachen und die Aufrechterhaltung des Qualitätsniveaus dieser Daten garantieren, was ihre Aktualisierung voraussetzt. Um zu garantieren, dass geographische Informationen, die im Rahmen eines Einzelvorhabens produziert wurden, an anderen Zielen wieder verwendet werden und dass sie durch die öffentliche Hand befragt oder in Mehrwertdienste durch die Privatwirtschaft noch integriert werden, muss man ihnen zunächst eine bessere Sichtweite und eine adäquate Dokumentation gewährleisten. Man muss auch im Rahmen des Möglichen die Faktoren identifizieren und reduzieren, die den Zugang zu den geographischen Daten beschränken, wie die Trägheit, die mit der Verwaltung oder mit der Gesetzgebung zusammenhängt, die zu hohen Preise sowie eine Reihe von technischen Problemen. 3.2 Begriff der authentischen Quellen Daher muss die Kohärenz verstärkt werden. Diese Zielsetzung deutet zum Beispiel an, dass eine gemeinsame Referenz identifiziert oder dargestellt wird, und dass man eine Verbreitung von Mehrfachkopien der Referenzdaten vermeidet. Diese letzte Sache lässt in der Tat gewaltige Probleme bei der Aktualisierung dieser Daten entstehen. Ein Ziel auf lange Sicht ist also die Konsolidierung des Begriffes der authentischen Quellen welche eine eindeutige und gut verfügbare Referenz erlaubt. Im Gegensatz dazu werden heute die PICC-Daten in der Zwischenversion des wallonischen Geoportals vierfach kopiert! 3.3 Interoperabilität auf dem Datenniveau Die Online-Verbreitung der geographischen Daten setzt auch die Interoperabilität bei den Daten voraus. 3.4 Berücksichtigung von Normen und internationalen Standards Die Realisierung dieser Infrastruktur wird im Sinne der Integration und der Koordination mit der europäischen Initiative INSPIRE (Infrastructure for Spatial Information in Europe) sowie unter Berücksichtigung der bestehenden Normen und internationalen Standards, die bereits bestehen oder erst in Vorbereitung sind (ISO, CEN, NBN, OGC, W3C...), geführt Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 10.5 Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien 3.5 Unabhängigkeit von Systemherstellern Schliesslich sucht die wallonische Region eine grösstmögliche Unabhängigkeit gegenüber den Softwareherstellern. Bei gleicher Leistung werden die „Open Source“Lösungen gegenüber den proprietären Lösungen bevorzugt. 4 Mitteleinsatz 4.1 Projekt InfraSIG, öffentlich-private Interaktion Das InfraSIG-Projekt funktioniert auf der Basis einer Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Verwaltungen und den privaten und universitären Partnern. Seit 2004 ist die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich ebenfalls im Projekt involviert. 4.2 Methode INTERLIS 2 Diese Partnerschaft ist vor allem dadurch begründet – wie wir noch detaillierter sehen werden – weil die modellbasierte Methode mit INTERLIS im Zusammenhang mit dem Projekt InfraSIG übernommen wurde. 5 Fortschritt der Implementierung 5.1 Abgeschlossene Realisierungen Die erste Phase des Projektes InfraSIG wird auf vier Jahre verteilt (Februar 2002-2006). Die folgenden Teilziele wurden bis jetzt erreicht: x x x x x Die Realisierung eines kartographischen Zwischenportals, das ins eGouvernement-Projekt der Region Wallonien integriert wurde. Die Realisierung eines Metadaten-Verwaltungssystems gemäss den ISO-Normen 19115 und 19139 Die Realisierung von Applikationen für den sicheren Zugriff auf prioritäre Referenzdaten, sowohl für die Visualisierungen als auch für das Laden der Daten über das Internet. Die Redaktion von Berichten über die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte. Das Modell der topographischen Referenzdaten Walloniens wurde mit INTERLIS 2 beschrieben und die entsprechenden technischen Anforderungen wurden in einem Pflichtenheft verfasst. 5.2 Das vorläufige Portal 5.2.1 Stand der Arbeit Das kartographische Portal entspricht einem einzigen interaktiven Schalter für die Verbreitung der geographischen Information der Region Wallonien für alle Anwender wie Verwaltungen, Unternehmen und Bürger. Das heutige Portal ist eine Zwischenlösung, welche realisiert wurde, um schnell die Ziele der Abgabe der Referenzdaten erreichen zu können. Das Portal dient als einziger Zugang, um: x 10.6 allen Interessenten den Zugriff auf die geographischen Daten aufgrund der vorhandenen Metadaten und der standardisierten Lizenzverträge zu gewähren und so die Geodaten zu verbreiten. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien x x x x 5.2.2 die Visualisierung und das sichere Herunterladen der prioritären Referenzgeodaten zu erlauben. Allen via Internet-Verbindungen den Zugang zu den anderen heute verfügbaren geographischen Ressourcen (geologische Karte, Atlanten, statistische Karten, dynamische Karten wie Trafiroute usw.) zu gewähren die auf den verschiedenen Homepages der kartographischen Dienste der Region Wallonien verfügbar sind. die Realisierung von Standards zu fördern, um den Austausch und die Dokumentation der Qualitätsdaten durch die Bekanntgabe der Resultate des Projektes InfraSIG über den Führer der guten Praktiken und über Empfehlungen zu garantieren. die Sensibilisierung der Benutzer zu gewährleisten, indem es die Grundkonzepte der geographischen Information definiert und die Daten der Kolloquien, Konferenzen oder Fachmessen und der Web-Links, die sich auf die geographische Information beziehen, bekannt gibt. Zukünftige Aktivitäten Definitives Portal – angestrebte technische Architektur Benutzer Sicherheit / Authentifizierung Register Daten Services Zugriffsverwaltung / Authentifizierung Services Datenkatalog Servicekatalog Web Services OGC & W3C Kartographische Werkzeuge INTERLISServices FTP Datenbank Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 10.7 Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien Oracle spatial 10g Alle Daten sind in einem einzigen Datenbankverwaltungssystem gespeichert. Für die geographischen Daten hat die wallonische Region Oracle Spatial gewählt. Die Daten vom PICC zum Beispiel werden vom proprietären Format des Herkunft-GIS zu Oracle Spacial 10g übertragen. 5.3 MétaWal und die ISO-Normen 5.3.1 Stand der Arbeit Die Fachleute sind sich einig, dass die Metadaten ein unentbehrliches Element der ganzen Raumdateninfrastruktur sind. Im Rahmen des Projektes InfraSIG wurden die Metadaten von allen öffentlichen Datensammlungen Walloniens gemäss den Normen ISO 19115 beschrieben. Die erste Phase dieser Arbeit bestand in der Auswahl und Übersetzung der Attribute, welche für die Beschreibung der wallonischen Daten nötig waren. Diese Attribute wurden anhand der Anwenderbedürfnisse mit wallonischen Erweiterungen ergänzt. Nach der Festlegung des Metadatenkatalogs wurde das konzeptuelle UML-Modell der ISO-Norm und der wallonischen Ergänzungen generiert. Das UMLModell der Metadaten wurde danach im Datenbankverwaltungssystem von Oracle implementiert. Danach wurden Datenerfassungsschnittstellen Intranet – Extranet entwickelt, um die Kodierung der Metadaten durch den Datenverwalter zu ermöglichen, welcher sowohl für die Daten als auch für die Metadaten verantwortlich ist. Die Zutrittskontrollen an diesen Schnittstellen werden mittels eines extern akquirierten elektronischen Systems LDAP realisiert. Ein Import-/Export-XML-Werkzeug für Metadaten wurde entwickelt, welches die Vornorm ISO 19139 Version 6 vollständig erfüllt. Es ermöglicht sowohl die Integration von Metadaten aus anderen Quellen als auch den Austausch von Metadaten mit allen Partnern ausserhalb der Region Wallonien. Zurzeit ist das auf den Namen MétaWal getaufte System operationell und die Grundlagen der Metadaten wurden erfasst. Eine grosse Vielfalt von flexiblen Suchprozeduren wurde entwickelt um die Abfragen von verschiedenen Anwendern zu ermöglichen. Die Verbindung mit dem Suchwerkzeug Mugire ermöglicht mehrsprachige Suchprozesse. 5.4 Die abgegebenen Daten – die dazugehörigen Dienste 5.4.1 Stand der Arbeiten Die Daten, auf welche durch das provisorische Portal zuerst Zugang verschafft wird, sind die Referenzdaten (PICC, PPNC, Strassenatlas, MNT Verlauf der Hauptgewässer). Bis heute erlauben die auf diesen Daten entwickelten Dienste einerseits ihre Visualisierung mittels zweier mit der OGC-Norm WMS kompatiblen Schnittstellen und andererseits das Herunterladen der Datenfiles in zwei proprietären Formaten der GIS-Software. Es ist zu beachten, dass diese Daten laufend mit anderen thematischen Daten nach und nach (gem. Validierung) vervollständigt werden. 5.4.2 Zukünftige Aktivitäten Das provisorische Portal verwaltet Dienste nach den Normen von OGC oder W3C. Diese Dienste verwenden kartographische Werkzeuge, welche Algorithmen und technische 10.8 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien Funktionen aktivieren, die in den dem Besucher zugänglichen Web-Services enthalten sind. Neben den Applikationsdiensten und den Visualisierung- und Datenzugriffdiensten wird man weitere generische Dienste schrittweise den Anwendern und Entwicklern zur Verfügung stellen. Darunter wird man Lokalisierungsdienste (verbunden mit einem Gazetteer), Dienste für das Herunterladen und die INTERLIS-Dienste (Checker, semantische Transformation der Daten, Werkzeuge für die Formatumwandlung, Verwaltung von eindeutigen Identifikatoren) finden. Diese Werkzeuge werden ermöglichen die Interoperabilität der Daten zu gewährleisten, die Anfragen der Anwender, welche mit verschiedener GIS-Software arbeiten, zu beantworten und die Daten in den erforderlichen Formaten herunterzuladen. Die Entwicklung des Dienstleistungsumfeldes sieht vor, Dienste zu integrieren, die elementareren Funktionen entsprechen. Es ist die Kombination solcher „atomaren“ Dienstleistungen, die erlauben wird, Applikationen auf einem den Bedürfnissen der Anwender entsprechenden Niveau zu realisieren. Ausserdem muss die Verbreitungsinfrastruktur einen Katalog von Diensten enthalten, welche wahrscheinlich der Norm OGC entsprechen. Mehrere auf dem Markt erhältliche Kataloge werden zurzeit im Rahmen des Projektes InfraSIG evaluiert. Ein Bewertungskriterium ist ihr Niveau der Erfüllung der Norm ebXML 5.5 Rechtliche Aspekte 5.5.1 Stand des Fortschrittes Für jede Anwenderkategorie wurde ein einheitliches Lizenzmodell verfasst und auf dem kartographische Portal platziert, das für alle Daten, die durch die regionale Verwaltung verbreitet wurden, standardisiert ist. Das Herunterladen von Daten ist nur möglich, wenn der Anwender den Lizenzvertrag angenommen hat. Bei der Visualisierung der Daten erscheint ein rechtlicher Hinweis auf dem Bildschirm. Das hat die Prüfung der Gesetzgebungen zum geistigen Eigentum, über das Verwaltungsrecht, über die Daten von persönlichem Charakter und zur Respektierung des privaten Lebens, über den Verbraucherschutz, über die Verantwortung des Erzeugers und des Benutzers und über die elektronische Unterschrift erfordert. 5.5.2 Zukünftige Aktivitäten Zurzeit wird die Frage diskutiert, inwieweit das Geoportal zur Visualisierung von Geobasisdaten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Es fehlt allerdings eine hinreichende Rechtssprechung und es ist schwierig zu garantieren, dass die Veröffentlichung solcher Basisdaten nicht einer Verletzung der Bestimmungen über den Schutz der Privatsphäre bedeutet. Besonders stellt sich diese Frage für die Veröffentlichung von sehr detaillierten Orthophotoplänen, welche eine Visualisierung vom Innern privater Liegenschaften erlauben. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 10.9 Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien 5.6 Sozio-ökonomische Aspekte 5.6.1 Stand der Arbeit Um die Regeln für die Abgaben der geographischen Daten definitiv festzulegen ist es notwendig eine Preispolitik zu definieren. Für die Redaktion eines Vorschlages für die wallonische Regierung wurden drei Aspekte verfolgt: x x x Einerseits wurde eine Studie über die Anwendungen der geographischen Daten unternommen. Zu diesem Zweck wurde eine breite semantische Studie über eine grosse Menge Dokumente unternommen Andererseits wurde eine Studie verfasst über die allgemeinen Kriterien der Preisfestlegung und über die heutige Situation im Bereich der geographischen Daten in Europa Schliesslich wurde der Vorschlag gemacht, mit welchem eine Preispolitik beschrieben wird, die tiefe Preise bezweckt und in welcher man die Randkosten für die Abgaben berücksichtigt. Dieser Vorschlag entspricht den allgemeinen Zielen der Region Wallonien, welche eine breite Verbreitung der geographischen Daten bezweckt und globale Einsparungen sowie eine regionale Förderung ermöglicht. Der Vorschlag fusst auf den Charakteristika des Marktes geographischer Daten und liefert eine Matrix, welche es erlaubt, die Preise in Abhängigkeit von Dateneigenschaften, Benutzertypus und vorgesehener Verwendung zu bilden. So ist es zum Beispiel denkbar, dass ein Unternehmer freien Zugang zu gewissen als essentiell beurteilten Daten erhält, um für andere – zur kommerziellen Nutzung vorgesehene – Daten bezahlen muss. 5.6.2 Zukünftige Aktivitäten Wenn die wallonische Regierung die Vorschläge annimmt wird ein Abgabesystem entstehen in welchen die Geodaten für die öffentlichen Dienste und die Ausbildungsinstitutionen kostenlos im Rahmen ihres Auftrages abgegeben werden. Für die anderen Berufskreise wird man die Abgabe der Geodaten auf der Basis von Abonnements- oder Partnerschaftsverträgen regeln. Ein Detailverkauf in besonderen Fällen soll ebenfalls möglich sein. 5.7 Die Modellierung der topographischen Referenzobjekte 5.7.1 Stand der Arbeiten Die Modellierung der Referenzdaten ist Bestandteil der existierenden Daten und insbesondere vom PICC. Daher wird der Objektkatalog stark von letztgenannten Daten beeinflusst. Ein indirekter Effekt der Modellierungsprozesse war die Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Daten von PICC. Ebenfalls verbreitete sich die Diskussion über die Referenzdaten auch auf andere Berufskreise und blieb nicht nur beschränkt auf den Kreis der Geodaten-Produzenten. Diese Entwicklungen haben die Bedeutung des PICC aufgewertet. Dadurch wird es möglich, das PICC von einer rein numerischtopographischen Planform hin zu einer echten Datenbasis zu entwickeln. Das Konzept der Vererbung, typisch für die objektorientierten Technologien wurde eingesetzt um drei gekapselte Geodatenmodelle zu definieren. Das detaillierteste – innerste – Modell, das Geometermodell, enthält alle im Gelände nach dem System Walcors aufgenommenen Objekte (wallonisches GPS-RTK-Permanentnetz mit 23 Stationen); das 10.10 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien mittlere Niveau ist das Modell PICC, welches ein Teil der Objekte des Geometermodells übernimmt. Schliesslich das Modell der Region Wallonien, welches nur die topographischen Objekte beinhaltet die für eine grosse Anzahl Applikationen benötigt werden. In der gleichen Art könnte ein Referenzmodell für das ganze Land oder für Europa aufgebaut werden. Um die sehr unterschiedlichen Detaillierungsstufen zu harmonisieren und zu konzipieren, ist die modellbasierte Methode mit INTERLIS 2 angewendet worden. Die Modellierung erlaubte einerseits die Datenstrukturen der Thematik unter Berücksichtigung der verschiedenen potenziellen Anwendungen zu verbessern. Andererseits schien es sinnvoll bei der Modellierung die Ergänzung der bestehenden Daten mit neuen Konzepten wie derjenigen der Strassenplattformen. 5.7.2 Zukünftige Aktivitäten Die Einführung der neuen Konzepte und der Einsatz der INTERLIS-Werkzeuge (insbesonders dem Checker) machte eine Menge Inkonsistenzen in den Daten sichtbar. Man konnte feststellen, dass es nötig sein wird, ein Re-Engineering der Daten vorzunehmen. In der Folge wird man die Prozesse für die Nachführung der Daten unter der Verwendung der Methoden und Werkzeuge von INTERLIS gestalten. Zu diesem Zweck wird man eine immer stärkere Koordination der Anstrengungen anstreben. So sollte zum Beispiel nur eine einzige Feldaufnahme für die Nachführung der verschiedenen Datenebenen verwendet werden. Die Möglichkeit von INTERLIS 2 im Bereich der inkrementellen Nachführung ist vertieft zu analysieren. Es wird notwendig sein, ein Verwaltungssystem für eindeutige Objektidentifikatoren einzuführen. 5.8 Gemeinsames Pflichtenheft für die topographischen Aufnahmen 5.8.1 Stand der Arbeit Die technischen Spezifikationen wurden in einem gemeinsamen Pflichtenheft aufgrund der konzeptuellen Datenmodellierung formuliert. Dieses Pflichtenheft könnte nach der definitiven Validierung als verbindlich für diejenigen Geometer erklärt werden, welche die Arbeiten für die wallonische öffentliche Hand ausführen. In dieser Art werden die Ergebnisse ihrer Arbeiten kompatibel zueinander und man wird sie verwenden, um die Daten des PICC sowie topografische Referenzobjekte auf einfache Weise zu aktualisieren. 5.8.2 Zukünftige Aktivitäten Das Pflichtenheft muss noch in einer operationellen Umgebung getestet werden. Im Übrigen wird demnächst ein Pilotprojekt gestartet, um den Informationsaustausch zwischen den Feldequipen und der Verwaltung zu erleichtern. Dieser Pilot hat zum Ziel, im Rahmen des kartographischen Portals einen Web-Dienst für den Datenaustausch mit Hilfe von INTERLIS 2-Werkzeugen zu implementieren. Dieses System wird es den für die wallonische Verwaltung tätigen Geometern erlauben, nötige Dokumente aus dem Internet zu beziehen: das Pflichtenheft, seine Dokumentation, die Datenmodelle usw. die Daten der Geländeaufnahmen der Verwaltung unter Verwendung der INTERLIS 2-Werkzeuge zu übergeben um die eigenen Daten nach Bedarf zu trans- Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 10.11 Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien formieren und um ihre Kompatibilität mit den entsprechenden Modellen mit dem INTERLIS-Checker zu überprüfen. eine Validierung der eigenen Arbeit sobald die Verwaltung die Daten überprüft hat. Die organisatorischen und personellen Aspekte sind eine zentrale Frage des Projektes. Das Projekt kann nur erfolgreich sein wenn gemeinsame Interessen erkannt werden und wenn die Veränderungen breite Unterstützung finden. 5.9 Weitere zukünftige Vorhaben 5.9.1 Integration weiterer Partner Das Vorhaben der Region Wallonien, eine gemeinsame Geodaten-Infrastruktur – basierend auf einem Objektkatalog – zu erstellen, welche mit weiteren thematischen Informationen erweitert werden kann, lässt bereits heute erkennen, dass ein Koordinationsbedarf mit anderen Fachleuten der Regionen Wallonien, Flandern und Brüssel sowie Bundesstellen (IGN und Kataster) unerlässlich ist. Diese Koordination ist unter anderem notwendig, um die Anforderungen der europäischen Initiative INSPIRE zu erfüllen. 6 Überlegungen 6.1.1 Vorteile von INTERLIS INTERLIS 2 bietet einerseits die Vorteile der Objektorientierung wie Vererbung und Polymorphismus. Andererseits können die Daten mit einem so genannten Checker auf Modellkompatibilität überprüft werden. Ebenfalls sehr geschätzt ist in Belgien und insbesondere in der Region Wallonien die Mehrsprachigkeit der Lösung. Als Ergänzung erleichtert INTERLIS die Nachführung, da sie sich mit inkrementellen Verfahren organisieren lässt. Schliesslich ist die Unabhängigkeit der Methode von jeglichem Informatiksystem der entscheidende Vorteil. Er gewährt die Interoperabilität, sobald man die konzeptionellen Modelle mit INTERLIS beschrieben hat. 6.1.2 Aufgetretene Schwierigkeiten Einige der erwähnten Vorteile gelten für die Version 2 von INTERLIS. Die Region Wallonien hat von Anfang an entschieden, diese Version zu implementieren, ohne die Version 1 einzusetzen. Dieser Entscheid stellt die wallonische Verwaltung in die Position des Pioniers von INTERLIS 2, hat aber bereits einigen Zeitverlust verursacht und beinhaltet Risiken, die nicht so leicht abgeschätzt werden können. Man musste zum Beispiel die Modellierungsarbeit „blind“ vornehmen, da während dieser Zeit die Werkzeuge nur für INTERLIS 1 existierten. Wir sind weiterhin mit dem Problem konfrontiert, dass zu wenige Werkzeuge für die Modellierung der graphischen Darstellung zur Verfügung stehen. Werden wir eine direkte Beziehung mit SLD von OGC erleben? Es gibt noch weitere offene technische Fragen: die Implementierung der OID und ihres Transfers zu anderen Formaten mittels Transformationen, die naturgemäss nie neutral sein können. Wie kann man die Arbeit standardisieren, um allen Datenproduzenten zu ermöglichen, mit dem gleichen Konfigurationsskript für die Transformationswerkzeuge zu operieren? Wie weit kann die inkrementelle Nachführung eingesetzt werden? Usw. 10.12 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Stand der Technik, Implementierungen II Modellbasierte und interoperable Bearbeitung der Basisdaten in Wallonien Aufgrund der bisherigen Erfahrungen plädieren wir für eine Vervollständigung der Norm INTERLIS 2 mit Implementierungsregeln, um die erwähnten Probleme zu vermeiden. Neben den technischen Schwierigkeiten zeigten sich ebenfalls organisatorische und menschliche Probleme. Es ist zum Beispiel nicht leicht, alle Betroffenen in das Vorhaben zu integrieren. Die Beteiligung der Datenanwender war wesentlich kleiner als diejenige der Datenproduzenten, die bereits sensibilisiert sind auf die Bedürfnisse einer Datenmodellierung. Man stellte ebenfalls fest, dass eine Vielfalt von Arbeitsmethoden, insbesondere für die Feldaufnahmen, existiert. Dies ergibt sich aus der fehlenden Standardisierungstradition im Kreis der wallonischen Datenproduzenten. Die Konsequenz daraus ist ein Bedarf nach tief greifenden Änderungen, um garantieren zu können, dass die Daten modellkonform erfasst werden. Man kann erwarten, dass Widerstände entstehen, die durch einen zwingenden rechtlichen Rahmen beseitigt werden können. Terminologische Probleme sind ebenfalls aufgetaucht. 7 Schlussfolgerungen Die bisherigen Erfahrungen in der Region Wallonien sind global betrachtet positiv. Die INTERLIS-Lösungsansätze ermöglichten, ein konsistentes Vorgehen zu gestalten und diesem zu folgen. Eine vertiefte Diskussion über die topographischen Referenzdaten und über ihre langfristige Entwicklung wurde ebenfalls ausgelöst. Die Wahl von INTERLIS 2 bedeutete trotzdem ein nicht zu vernachlässigendes Risiko. Mehrere wichtige Fragen blieben bis jetzt unbeantwortet. Die realisierten Lösungen stehen zurzeit noch am Anfang der Entwicklung. Die nächsten Schritte der Evolution betreffen die Beziehungen zwischen Referenz- und thematischen Daten. Diese Zielsetzung wird den Einbezug einer grösseren Anzahl Partner erfordern. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 10.13 11 Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität Aktuelles aus der Forschung Andreas Morf, ETH Zürich Josef Dorfschmid, ADASYS AG Andreas Morf Eidg. Technische Hochschule Zürich Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH Hönggerberg CH-8093 Zürich Sepp Dorfschmid ADASYS AG Dörflistrasse 67 Postfach 5019 CH-8050 Zürich Tel : E-Mail : +41 1 633 32 56 (Morf) +41 1 363 19 39 (Dorfschmid) 1 Problemstellung / Zielsetzung Immer wieder kommt es vor, dass Daten neu erfasst werden, obwohl sie an sich vorhanden wären. Sie liegen aber nicht in der gewünschten Form vor. Zum Teil müssten anspruchsvolle Umformungen durchgeführt, zum Teil sogar verschiedene Datenbestände in geeigneter aber nicht offensichtlicher Art zusammengeführt werden. Bislang wurde versucht, die Problematik durch möglichst abschliessende Standardisierung der Datenmodelle bzw. der Datenformate zu entschärfen. Wenn die Definition der Bedürfnisse und Ansprüche an die entsprechenden Daten möglich ist und der zugehörige Anwenderkreis an den 'runden Tisch' gebracht werden kann ist ein solches Vorgehen durchaus Erfolg versprechend. In vielen Fällen ist jedoch eine umfassende Festlegung und abschliessende Standardisierung der Modelle nicht möglich oder mit unverhältnismässig grossem Aufwand verbunden: 1.1 Möglichkeiten und Grenzen der Modell-Standardisierung Mit der modellbasierten Methode (ISO/UML/INTERLIS) steht ein Werkzeug zur Verfügung, welches eine sehr flexible Datenmodellierung ermöglicht. Die Anwendung dieses Verfahren ist weitgehend etabliert und wurde in diversen Informationsgemeinschaften zur Definition ihrer Datenmodelle in der Form von Standards verwendet (SIA 405, AVS, VSA-DSS). Mit den objektorientierten Konzepten, wie sie zum Beispiel in INTERLIS 2 zur Verfügung stehen, ist es nun auch möglich, Basismodelle zu spezifizieren und dann mittels Vererbung Modellerweiterungen für spezielle Bedürfnisse vorzunehmen (vergleichbar mit den heute praktizierten kantonalen Erweiterungen zum Bundesmodell der amtlichen Vermessung). Ist es nun aus administrativen oder rechtlichen Gründen nicht möglich, ein umfassendes und abschliessendes Datenmodell festzulegen ergeben sich offensichtlich zwei grundsätzliche Probleme: x Verschiedene Teil-Informationsgemeinschaften (z.B. Kantone) erweitern ein Basismodell um Elemente, wobei die Erweiterungen wohl oftmals denselben Inhalt beschreiben, diesen jedoch vielleicht auf verschiedene Arten modellieren (Namen der Klassen/Tabellen/Attribute) x Übergeordnete und 'verwandte' Informationsgemeinschaften (Staat, EU-Raum) streben die Nutzung der Daten an und wollen zu diesem Zweck Standardmodelle erstellen. Die Koordination aller Bedürfnisse der Beteiligten verursacht einen sehr grossen Aufwand und führt entweder zu Modellen, welche dem kleinsten gemeinsamen Nenner entsprechen und damit den wenigsten gerecht werden - oder aber alle Eventualitäten werden berücksichtigt und es entstehen Modelle mit einer Komplexität, welche in der Praxis kaum mehr handhabbar sind. Der Einsatz von spezialisierten Softwaresystemen im Geoinformationsbereich im Zusammenhang mit normierten Standard-Datenmodellen ist oftmals mit einigen Hürden verbunden und häufig werden auch an sich geeignete Software-Pakete zur Erfassung, Bearbeitung und Auswertung von Daten nicht eingesetzt, weil sie die gewünschten Datenmodelle nicht unterstützen oder diese Unterstützung mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 11.1 Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung 1.2 Anforderungen an ein Lösungskonzept Wo die Einführung von Standard-Datenmodellen aufgrund administrativer, politischer, rechtlicher und allenfalls auch technischer Randbedingungen nicht oder nur mit sehr grossem Aufwand möglich ist, sind Ansätze gefragt, welche die Interoperabilität auch in den Fällen sicherstellen, bei welchen die Datenmodelle der Beteiligten und deren jeweiligen Systemen nicht (genau) dieselben sind: x Diese semantische Interoperabilität wird mittels einer Transformation sichergestellt. Die Formulierung der Transformationsregeln für konkrete Datenmodelle ist ein Schritt, welcher nicht oder nur sehr beschränkt automatisierbar ist x Die Abbildungsfunktionen zwischen verschiedenen Modellen (welche jedoch einen ähnlichen oder gleichen Sachverhalt der Realwelt beschreiben) soll wie die Datenmodelle selbst mit einem systemunabhängigen Formalismus beschrieben werden (im Gegensatz zu einer Formatumwandlung, welche normalerweise mit einer Programmier-/Skriptsprache realisiert wird) x Die Anwendung eines solchen Formalismus soll für den Anwender und Modellierer möglichst intuitiv sein, wobei eine Unterstützung durch grafische Hilfsmittel (analog zur Datenmodellierung mit UML) anzustreben ist x Anbindung von Modellierverfahren und Datenformaten, welche verbreiteten Industriestandards entsprechen, muss möglich sein und spezifiziert werden (insbesondere ISO/OGC Interoperabilitäts-Standards) Mit einem solchen Werkzeug zur Modellierung von semantischen Transformationen sind folgende Vorteile und Beispielanwendungen denkbar: x Formale Spezifikation und Visualisierung von Zusammenhängen zwischen Modellen für beteilige und verantwortliche Personen x Automatische Ableitung der für die Datentransformation notwendigen Programme, Skripte und Instruktionen. Denkbar sind XSLT, SQL-3, iG-Skript und weitere x Datenportale, welche es dem Kunden ermöglichen eigene Zielmodelle und Transformationen zu deklarieren und somit die Portalmodelle/-daten automatisch entsprechend umwandeln und ausliefern Es wäre also wünschenswert, wenn es Softwaremittel gäbe, dank denen anspruchsvolle Umformungen von Daten auf einfache Art definiert und entsprechend zuverlässig ausgeführt werden könnten. 11.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung Bildlich wünscht man sich folgende Situation: Modelle der Inputdaten Modell der semant. Transformation Min-2 Min-1 Maut Mtrf Din-2 Din-1 TransformationsEngine Inputdaten Modellierung Transformationsdef. Modell der veredelten Daten Dout Veredelte Daten Steuerung Datenfluss Man könnte auch formulieren: Mout = f(Min-1, .., Min-i) Die Struktur der Inputdaten Din-1 bis Din-i ist durch die Datenmodelle Min-1 bis Min-i beschrieben. Diejenige der Outputdaten Dout durch das Datenmodell Mout. Die Beschreibung erfolgt mittels INTERLIS 2 oder einem anderen äquivalenten Beschreibungsmittel. Wie aber beschreibt man die Funktion f? 2 Grundsätzliche Möglichkeiten zur Definition der Abbildungsfunktion 2.1 Imperative Definition In vielen Fällen werden solche Datentransformationen mittels Programmiersprachen definiert. In einfachen Fällen kommen Skriptsprachen (z.B. PERL) zur Anwendung. Vielfach kommen aber auch eigentliche Programmiersprachen zum Einsatz. Man schreibt ein Programm welches die Aufgabe löst. 2.2 Deskriptive Definition Oftmals möchte man die Erstellung eines Programms lieber vermeiden. Beschreibungen wären angenehmer, weil man sich bei ihrer Erstellung nicht um all die Aspekte der Implementierung kümmern muss. Einen interessanten Ansatz in diese Richtung bilden die Sichten (Views), wie sie auch in INTERLIS 2 vorgesehen sind. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 11.3 Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung Gegenstand eines aktuellen Forschungsprojektes IGP/ETHZ ist die Abklärung der Eignung eines Formalismus zur Beschreibung der Abbildungsfunktion unter Zuhilfenahme der Modellierungssprache UML (Unified Modeling Language). UML bietet neben Klassendiagrammen zur Modellierung von Geodaten auch Diagrammtypen zur Beschreibung von (dynamischen) Prozessen. Damit lassen sich die Instruktionen, welche für die Abbildung von einer Datenstruktur auf eine andere notwendig sind, in grafischer und für den Benutzer einfach verständlicher Form beschreiben. 2.3 Beispiele dazu 2.3.1 Grunddaten In einer Gegend gibt es – wie überall – Menschen, also entweder Frauen oder Männer. Das – etwas vereinfachte - Datenmodell dazu: MODEL Menschen = TOPIC Menschen = CLASS Mensch (ABSTRACT) = Vorname: TEXT*30; Name: TEXT*100; Geburtsjahr: 1900..3000; WohnPos: CHKoord; END Mensch; CLASS Frau EXTENDS Mensch = END Frau; CLASS Mann EXTENDS Mensch = END Mann; END Menschen; END Menschen. Nun sollen mögliche Paare gebildet und diese als Daten ausgewiesen werden. Für die Paare ergibt sich folgendes Modell: MODEL Paare = TOPIC Paare = CLASS Paar = VornameMann: TEXT*30; NameMann: TEXT*100; GeburtsjahrMann: 1900..3000; VornameFrau: TEXT*30; NameFrau: TEXT*100; GeburtsjahrFrau: 1900..3000; END Paar; END Paare; END Paare. 11.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung 2.3.2 Full-Join (kartesisches Produkt) Ist man an allen möglichen Paaren interessiert, müsste man folgende Transformation definieren: TRANSFORMATION MODEL AllePaare = IMPORTS Menschen, Paare; VIEW Paar JOIN OF M ~ Menschen.Menschen.Mann, F ~ Menschen.Menschen.Frau; = VornameMann: TEXT*30 := M->Vorname; … VornameFrau: TEXT*30 := F->Vorname; END Paar; MAP Paar TO Paare.Paare.Paar; END AllePaare. Eine vergleichbare imperative Definition hätte etwa folgendes Aussehen: loop M := alle Menschen.Menschen.Mann loop alle F := Menschen.Menschen.Frau VornameMann := M->Vorname; VornameFrau := F->Vorname; Paare.Paare.Paar kreieren Attribute darauf kopieren end end Der Unterschied ist offensichtlich relativ klein. 2.3.3 Equi-Join Ist man an allen Paaren interessiert, bei denen beide Partner im gleichen Jahr geboren sind, müsste man die Transformation leicht ergänzen: TRANSFORMATION MODEL GleichaltrigePaare = IMPORTS Menschen, Paare; VIEW Paar JOIN OF M ~ Menschen.Menschen.Mann, F ~ Menschen.Menschen.Frau; WHERE M->Geburtsjahr == F->Geburtsjahr; = VornameMann: TEXT*30 := M->Vorname; … VornameFrau: TEXT*30 := F->Vorname; END Paar; MAP Paar TO Paare.Paare.Paar; END GleichaltrigePaare. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 11.5 Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung Analog könnte man in der imperativen Definition schreiben: loop M := alle Menschen.Menschen.Mann loop alle F := Menschen.Menschen.Frau if M->Geburtsjahr == M->Geburtsjahr then VornameMann := M->Vorname; VornameFrau := F->Vorname; Paare.Paare.Paar kreieren Attribute darauf kopieren end end end Es ist aber offensichtlich, dass dies bei sehr grossen Datenmengen zu erheblichem Aufwand führt, auch wenn die Ergebnismenge (also die gefundenen Paare) relativ klein ist, da nur die gleichaltrigen Menschen als Partner in Frage kommen. Bei jedem Mann werden alle Frauen angeschaut und dann auf Gleichaltrigkeit geprüft. Dies führt zu M * F Vergleichsoperationen. Würde man eine Hilfsstruktur aufbauen, dank der alle Frauen mit einem bestimmten Geburtsjahr effizient gefunden werden können, könnte das Programm ungefähr so aussehen: HF := ErzeugeHilfsstruktur (Menschen.Menschen.Frau, Geburtsjahr) loop M := alle Menschen.Menschen.Mann loop alle F := HilfsstrukturAuswahl(HF, M->Geburtsjahr) VornameMann := M->Vorname; VornameFrau := F->Vorname; Paare.Paare.Paar kreieren Attribute darauf kopieren end end Der Laufzeitaufwand würde damit im Prinzip auf M * log(F) sinken und damit auch die Bearbeitung grosser Datenmengen erlauben. Eigentlich möchte man sich im Rahmen der Definition einer semantischen Datentransformation aber nicht um solche Aspekte der Implementierung kümmern. Die deskriptive Form ist darum vorteilhafter. Allerdings hat sie den Nachteil, dass man dem Transformationsverfahren einiges aufbürdet, wenn es auf Grund der WHERE-Bedingung erkennen muss, dass es Optimierungsmöglichkeiten gibt. Das folgende Beispiel macht dies noch deutlicher. 11.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung 2.3.4 'Near' - Join Es besteht ein Interesse an allen Paaren, bei denen die Partner nicht weiter als einen Kilometer entfernt wohnen. TRANSFORMATION MODEL UmkreisPaare = IMPORTS Menschen, Paare; FUNCTION Distanz(P1: CHKoord; P2: CHKoord): NUMERIC; VIEW Paar JOIN OF M ~ Menschen.Menschen.Mann, F ~ Menschen.Menschen.Frau; WHERE Distanz(M->WohnPos, F->WohnPos) < 1000.0; = VornameMann: TEXT*30 := M->Vorname; … VornameFrau: TEXT*30 := F->Vorname; END Paar; MAP Paar TO Paare.Paare.Paar; END UmkreisPaare. Wie soll das Transformationsprogramm hier eine Optimierungsmöglichkeit erkennen? Würde man jedoch spezielle Definitionen einführen, bei welchen der Bezug zu den Grundmengen erkennbar ist und die im Rahmen einer WHERE-Bedingung eingesetzt werden können, wäre dies wieder einfach: TRANSFORMATION MODEL UmkreisPaare = IMPORTS Menschen, Paare; FUNCTION InnerhalbDistanz (Basis1: CLASS; P1Attr: ATRIBUTE; Basis2: CLASS; P2Attr: ATTRIBUTE; MaxDistanz: NUMERIC): BOOLEAN; VIEW Paar JOIN OF M ~ Menschen.Menschen.Mann, F ~ Menschen.Menschen.Frau; WHERE InnerhalbDistanz(M, WohnPos, F, WohnPos, 1000.0); = VornameMann: TEXT*30 := M->Vorname; … VornameFrau: TEXT*30 := F->Vorname; END Paar; MAP Paar TO Paare.Paare.Paar; END UmkreisPaare. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 11.7 Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung 2.3.5 'Nearest' - Join Ist man noch restriktiver bei der Paarbildung und bildet Paare nur zwischen der Frau, die am nächsten bei einem Mann wohnt oder umgekehrt, bleibt die Transformationsbeschreibung sehr ähnlich. TRANSFORMATION MODEL NachbarPaare = IMPORTS Menschen, Paare; FUNCTION KuerzesteDistanz (Basis1: CLASS; P1Attr: ATRIBUTE; Basis2: CLASS; P2Attr: ATTRIBUTE): BOOLEAN; VIEW Paar JOIN OF M ~ Menschen.Menschen.Mann, F ~ Menschen.Menschen.Frau; WHERE KuerzesteDistanz(M, WohnPos, F, WohnPos); = VornameMann: TEXT*30 := M->Vorname; … VornameFrau: TEXT*30 := F->Vorname; END Paar; MAP Paar TO Paare.Paare.Paar; END NachbarPaare. Will man die Transformation imperativ beschreiben, ist es offensichtlich, dass die Lösung recht anspruchsvoll ist, wenn sie auch bei grossen Mengen zu vernünftigen Laufzeiten führen soll. 2.4 Forschungsprojekt 'Neue Ansätze zur konzeptionellen Beschreibung semantischer Transformationen' 2.4.1 Ausgangslage Vorgängig wurden die Grundlagen für den Einsatz von Views, welche die Abbildung von einer Ausgangsdatenstruktur auf eine Zieldatenstruktur leistet, ausführlich eingeführt. Für einen Anwender, welchem dieses Verfahren nicht aus der Datenbank-Welt vertraut ist, sind solche Abbildungsdefinitionen nicht ganz einfach zu verstehen und nachzuvollziehen. Darüber hinaus ist eine intuitive grafische Darstellung, welche den gleichen Sachverhalt der Transformation wiedergibt, schwierig zu erreichen. 2.4.2 Zielsetzung: grafische Notation und daran angelehnter Formalismus Neben dem Diagrammtyp 'Klassendiagramm' stellt die grafische Modellierungssprache UML auch weitere Diagrammtypen zur Verfügung, welche die Erstellung von Modellen für Prozesse ermöglicht. Da jedoch mit diesen Mitteln die Transformation von Modellen nicht vollständig ausgedrückt werden kann, muss das Repertoire von UML zu diesem Zweck erweitert werden. Bei der OMG (Object Management Group), welche für die Weiterentwicklung von UML zuständig ist, wurde bereits ein Vorschlag für entsprechende Modellierungselemente eingereicht (MOF Query/Views/Transformations; UMLX) 11.8 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung Für die Darstellung der semantischen Transformation von Geodaten müssen die geeigneten Diagrammelemente evaluiert und um notwendige Erweiterungen ergänzt werden. Die Anpassung der UML-Symbolik für eine Anwendungsdomäne (Geoinformatik) nennt man auch UML-Profil. Eine Modelltransformation könnte dann wie folgt dargestellt werden: Da grafische Darstellungen wie UML nicht direkt maschinell verarbeitbar sind, muss in Ergänzung dazu ein textueller Formalismus geschaffen werden. Die Realisierung kann zum Beispiel als Erweiterung von INTERLIS 2 erfolgen. Für Transformationen, bei welchen der mengenorientierte Zugriff ausreicht, können die Abbildungsvorschriften auch mittels Views repräsentiert werden. 2.4.3 Implementierung der Transformationsmodelle Mit der Formulierung von Modellen und Transformationen auf konzeptioneller Ebene erhalten wir den 'Werkzeugkasten', mit welchem wir die semantische Interoperabilität erreichen können. Wir sind damit nicht an ein konkretes GIS-System bzw. Transformationssoftware mit eigener Programmier-/Skriptsprache gebunden. Ebenso wie wir mit INTERLIS unabhängig vom Transferformat sind (XML, GML, ITF), lassen sich die Transformationsvorschriften in eine konkrete Transformations- bzw. Programmiersprache, welche für eine bestimmte Anwendung ideal geeignet ist, umsetzen. Denkbar wären z.B. SQL, XSLT, XQuery, iG-Skript, FME usw. Ähnlich wie die Kommunikation der am Daten-Modellierungsprozess beteiligten Experten durch konzeptionelle und grafische Mittel wie UML stark verbessert wird, macht es Sinn, die Zusammenhänge und Transformationen zwischen verschiedenen Datenmodellen (ähnlicher oder gleicher Themenbereiche) explizit zu formulieren. Dies kann mit einer Programmiersprache allein nicht sinnvoll geleistet werden. 2.5 Folgerungen Die deskriptive Definition einer semantischen Transformation hat zweifellos Vorteile, denn sie trennt zwischen Definition und Implementierung. Um die Ansprüche an die Transformationsprogramme nicht a priori hoch zu schrauben oder das Risiko einzugehen, dass Optimierungsmöglichkeiten kaum genutzt werden, macht es Sinn, die Formulierung spezieller Bedingungen durch spezielle Operationen zu unterstützen. Für solche Operationen ist in den Transformationsprogrammen explizit entsprechender Code vorzusehen. Es ist aber den Transformationsprogrammen überlassen, inwiefern sie die Optimierungen auch realisieren. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 11.9 Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung 3 Ein Blick auf INTERLIS 2 Wer INTERLIS 2 präsent hat, hat festgestellt, dass die Sichten 'AllePaare' und 'GleichaltrigePaare' mit den heutigen INTERLIS 2 – Mitteln formulierbar sind. Für die Sichten in den Modellen 'UmkreisPaare' und 'NachbarPaare' sowie für eine durch den Transformator leicht erkennbare 'GleichaltrigePaare'-Sicht ist es nötig INTERLIS 2 um View-Operatoren zu ergänzen. Es kann dazu ein ähnlicher Ansatz verwendet werden wie bei den bereits vorhandenen INTERLIS-Funktionen. Mit einem Zusatz muss dafür gesorgt werden können, dass aus einer Sicht Objekte gemäss einer Klasse eines Modells erzeugt werden können. x Mit einem bescheidenen Ausbau von INTERLIS 2 kann die semantische Datentransformation mittels INTERLIS 2 beschrieben werden. Die genaue Definition ist noch Gegenstand eines gemeinsamen Projektes. 4 Hauptvorteile 4.1 Kommunikation zwischen Menschen Mit INTERLIS wurde nebst dem eigentlichen Datentransfer eine gemeinsame Sprache geschaffen, damit sich Menschen möglichst präzis über die Struktur von Daten unterhalten können. Ähnlich könnte mit einem solchen Ansatz auch ein generelles Verständnis aufgebaut werden, wie man Transformationen von Daten beschreibt. Wie bei den Datenmodellen dürfte es auch bei den Datentransformationen teilweise anspruchsvoll sein, die besten geeignete Definition zu finden. Eine gemeinsame Sprache leistet dabei aber wichtige Dienste. 4.2 Nutzen für Prozessoren Andere Tools UML-Editor I2Modelle Andere Quellen der Definition von Modellen und Transformationen I2-Compiler Modelle in XML Inputdaten 11.10 Transformator Outputdaten Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Modellstandardisierung vs. semantische Interoperabilität: Aktuelles aus der Forschung Der Transformator ist abstrakt gehalten und hat folgende grundlegenden Fähigkeiten: x Ist in der Lage Daten zu verarbeiten, die INTERLIS 2 – Datenmodellen entsprechen und kann somit recht anspruchsvolle Datenmodelle unterstützen. x Ist in der Lage auf eingelesenen Daten mit INTERLIS 2 definierte Sichten aufzubauen und modellbasierte Datentransformationen auszuführen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass einfache Datentransformationen direkt mit einer leicht erweiterten INTERLIS 2 – Beschreibungen definiert und ausgeführt werden können. Ähnlich zu den in INTERLIS 2 vorgesehenen Funktionen, wird man jedoch für anspruchsvollere Abbildungen spezifische Operatoren zur Bildung von Sichten definieren und entsprechend im Transformator codieren. Die INTERLIS 2 – Modelle (inkl. Transformation) können mit dem UML-Editor oder anderen Werkzeugen erstellt werden und mit dem INTERLIS 2 – Compiler in ein noch definitiv festzulegendes Format (z.B. in INTERLIS 2 oder XMI) gebracht werden. Alternativ ist es auch möglich, solche Modell- und Transformationsbeschreibungsdaten mit anderen Werkzeugen (unabhängig von INTERLIS) direkt zu erzeugen. Diese Modellund Transformationsdefinitionen werden durch den Transformator gelesen. Damit ist dem Transformator bekannt, wie die Inputdaten zu Outputdaten veredelt werden müssen. Durch diese klare Trennung der einzelnen Komponenten besteht eine hohe Anpassungsfähigkeit an verschiedene Bedürfnisse, die sich aus konkreten Systemsituationen ergeben. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 11.11 12 Datenmigration UIC Théophil Engel, UIC / SBB Théo Engel, Dr. SBB-Infrastruktur-Asset Management, Programmanager Fahrstrom Schanzenstrasse 5 CH-3000 Bern 65 Tel : Fax : E-Mail : +41 51 220 21 80 +41 51 220 39 19 1 Umfeld 1.1 Übersicht 1.1.1 Einstieg Der Gleisbau stützt sich schon lange auf Koordinatentrassen. Seit den 90er Jahren sind diese auch als Grundlage des systematischen Gleisunterhalts im Einsatz und bringen dort bedeutende finanzielle, technische, allgemein anerkannte Vorteile. Numerische Gleiskoordinaten sind auch die Basis einer erhöhten Interoperabilität aller Infrastrukturanlagen, sowie dank der, von der europäischen Union postulierte Harmonisierung der Koordinatenreferenzen, landesgrenzenüberschreitend, eine Grundvoraussetzung ist für erfolgreiche, neue Anwendungsfelder wie z.B. die satellitenbasierte Navigation der Züge. 1.1.2 Vierzehn Kernsätze 1 Koordinatenbasierte, absolute Gleisedefinition (CNTD) als Grundlage des modernen Gleisbaus und Gleisunterhaltes //2 UIC-Projekt GEORAIL: Ein weiterer Konsolidationsschritt auf dem Weg der Einführung absoluter Koordinaten bei der Eisenbahn //3 Definition Bahngeodäsie, CNTD //4 Die wichtigsten Grundsätze im Umgang mit diesen Kerndaten der Infrastrukturanlagen //5 Wirtschaftliche und technischen Vorteile absoluter Koordinatentrassen //6 Bedeutung des Optimierungspotentials dank absoluten Trassenkoordinaten auf der Prozessebene //7 Umfassende Lösung bedingt grenzüberschreitende Sicht //8 Fundierte Vertiefung zu Fragen der Koordinatenreferenz, Datenstandardisierung sowie Datenschnittstelle //9 Ansprechpartner von Georail Phase 2: Gleisbaufirmen, Eurogeographics (Europäische Landesvermessungsämter), Forschung, Gleisbauliteratur //10 UIC interne Absprache mit Projekt Track Machine Guidance //11 Dialog UIC ņ Eurogeographics. Ansprechsstelle Eisenbahn für die Eurogeographics? //12 Folgearbeit auf Steuerebene: UIC-Merkblatt mit Leitbildcharakter //13 Folgearbeit Technik: Nationale Bahnreglemente und dritte Auflage des Buches „Eisenbahnbau – Wichmann Verlag, 2006-7 //14 Weiterführung des Georail Gedankengutes durch UIC-Track-Expertengruppe? 1.1.3 Ziel von GEORAIL und Inhalt des Berichtes Klärung der Grundsatzfragen zum Einsatz von absoluten Koordinaten für die Eisenbahn. Skizzierung erster Überlegungen, die im Umgang mit Koordinaten der Förderung der Interoperabilität aller Objekte der Infrastruktur dienen. Das erste Kapitel gibt Einblick in die Thematik Koordinaten bei der Eisenbahn mit Schwergewicht Gleisanwendungen. Das zweite Kapitel reflektiert die wichtigsten Resultate, welche im Rahmen des UIC-Projektes bezüglich der Frage der semantischen Transformation. Das dritte Kapitel zeichnet die weiterführende Stossrichtung auf. 1.2 Historische Entwicklung Die koordinatenbasiert, kontinuierlich-numerische Trassendefinition, CNTD (engl., continuous numeric track definition) hat sich in den 90er Jahren als Basis der Gleisarbeiten durchgesetzt. Grosse Bahnnetze planen deren Einführung oder haben sie bereits hinter sich. Die Gleismaschinenindustrie steuern damit Gleisbaumaschinen. Die Schlüsselwörter wirtschaftlicher Gleisarbeiten sind: Einfache Nutzung, (bahn-) netzweite Einheitlichkeit, operative Präzision und Zuverlässigkeit, keine Spezialtricks bei der Anwendung. Daraus ergeben sich zwei geodätische Herausforderungen: Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 12.1 Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC - Die Harmonisierung der heute europaweit heterogenen, geodätischen Grundlagen. Die Abbildung des (globalen) räumlichen Gleisverlaufs auf die ebenen Pläne. In der UIC (Union internationales des chemins de fer) sind Gleisarbeiten das Kerngeschäften des „Track Expert Group“. Klassisch kennen sie keine Koordinaten. Erste Beiträge für den Einsatz von Koordinaten in den Gleisarbeiten kommen von der Gruppe 6.4 „Track and utility lines“ der FIG (Fédération Internationale des Géomètres). FIG 6.4 postuliert den Kontakt zu den Bahnspezialisten: Die Führung gehört langfristig nicht zur FIG, sondern zur UIC. Der Übergang erfolgt schrittweise: 1990 – Entscheid der FIG zum Einstieg in die Thematik Bahngeodäsie. 1996 – Die Präsidenten der FIG und der UIC erstellen einen ersten Kontakt. 2000 – Die „Track Expert Group“ der UIC übernimmt die Leitung des Koordinatenprojektes zur Steuerung der Gleisbaumaschinen unter der Führung der schwedischen Bahnen (BV). 2002 – Beginn des UIC Projektes Georail. Abschluss des FIG Engagements. 2004 – Erste „Open Rail Session“ unter dem Patronat der UIC. Nebst den Bahnprojektpartnern sind folgende Bereiche in Georail involviert: - - ExG-G (expertgroup geodesy, Arbeitsgruppe Geodäsie) von Eurogeographics als Vertreter der europäischen Landesvermessungsverwaltungen. In Abstimmung mit der EU-Kommission, legen sie in den 90er Jahren ETRS89 als europäische Koordinatenbasis fest. ISO/TC211 und CEN/TC287 im Bereich der Datenstandardisierung. Die Vertreter der Gleisbaumaschinenindustrie Plasser-Theurer und Müller AG. Die Forschung, vertreten durch das Institut für Geodäsie der ETH Zürich Die Eisenbahnbauliteratur durch die Hauptverfasser des Buches „Eisenbahnbau“ (G. Müller, Wichmann Verlag, 2000) der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden 1.3 Einige Grundbegriffe CNTD oder Continuous, Numeric Track Definition ist der englische Begriff für absolute Gleistrassierung auf der Basis von Koordinaten. CNTD beschreibt die 3-dimensionale Gleisgeometrie mit mathematisch exakt definierten Elementen, die nahtlos aneinandergeknüpft, die Gleise an jedem beliebigen Punkt in Lage, Höhe und Überhöhung beschreiben. Nebst CNTD bilden folgende Elemente die Basis der Bahngeodäsie: - - - 12.2 Die Ordnungsdaten als Schlüssel für die Datenabfrage und – Strukturierung, in Form von eineindeutigen numerischen Streckentrassen. Netzweit gruppiert, bilden diese, „KM-Achsen“ genannten Trassen, die Streckennetze der Eisenbahngesellschaften. Die geodätischen Referenzpunkte. Über diese Punkte sind die Bahndaten am absoluten Koordinatensystem angebunden. Diese Punkte beinhalten auch die Funktionalität der Gleisvermarkung, was zu den, im folgenden Abschnitt beschrieben, Vorteilen führt. Die Trassenpunkte und die kritischen Punkte des Lichtraums, welche der Trassenrechnung zugrunde liegen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC Bahngeodäsie ist ein Teilfachgebiet der Ingenieurvermessung, das alle Geoinformationen für die topologische Datenstrukturierung, Verwaltung und interdisziplinäre Nutzung numerischer Gleistrassen liefert und die damit zusammenhängenden Verfahren beinhaltet. Die KM-Achsen bilden den Kern der hierarchisch strukturierten, koordinatengebundenen Daten der Infrastruktur (Abb. 1.1). Das zweite Niveau um den Kern, beinhaltet die Gleisdaten. Sie werden von allen Fachdiensten benötigt. Die dritte Schicht umfasst die wichtigsten Daten der Fachdienste welche auch von den anderen Bereichen benutzt werden und das letzte Niveau beinhaltet die Daten, deren Interessen auf den Fachdienst beschränkt sind. Diese Strukturierungsart erlaubt es, den Datenzugriff mittels zwei Koordinatenwerten durch eine eindimensionale Abfrage über einen KM-Wert zu ersetzen, was einer beträchtlichen Vereinfachung bezüglich der Organisation der Abfragealgorithmen gleichkommt. Koordinatenreferenzierte Infrastrukturobjekte, aufgebaut nach dem Schalenmodell: Kern: Das Streckennetz mit Knoten (die Betriebspunkte) und Kanten (die Strecken) Erste Schale: Das Gleisnetz Zweite Schale: Die Kern-Fachdienstdaten. Dritte Schale: Fachdienstdaten mit limitiertem Interesse CNTD: Geodätische Referenzpunkte sowie die Daten von Kern und erster Schale des Schalenmodells Abb. 1.1 : Hierarchisches Schichtenmodell der koordinatenbasierten Daten der Infrastruktur 1.4 Technische Entwicklung Die Entwicklung von CNTD ist das Resultat der engen Zusammenarbeit von Fachleuten aus Vermessung, Bahndienst und Informatik. Die CNTD Entwicklung begann im operativen Tagesgeschäft der Eisenbahn nach dem „vom Benutzer für den Benutzer“ - Modus. Drei Jahrzehnte charakterisieren die Entwicklung wie folgt: - 80er Jahre: Verschiedene Einzelentwicklungen im Bottom-up Verfahren. 90er Jahre: Verschiedene Konsolidierungsphasen bei den Bahnen, aber ohne grenzüberschreitende Koordination. Ab 2000: Operative Reife der Systeme mit Erhöhung der Wirtschaftlichkeit im Gleisbereich. Erste internationale Abstimmungsbestrebungen. Die Optimierung auf Prozess- und Organisationsebene ist der nächste, wichtige Entwicklungsschritt. CNTD setzt den Methoden der bisherigen, relativen Gleistrassierung ein Ende. Diese alten Methoden beruhen alle auf dem Pfeilhöhenprinzip. Mit einer gespannten Schnur zwischen zwei Bezugspunkten, misst man die Pfeilhöhe eines Kurvenabschnittes und vergleicht ihn mit einem theoretischen Wert. Ab 1940, beginnen die Bahnen, die Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 12.3 Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC Kurven ihres Netzes auf diese Art zu unterhalten. Senkrecht, einen Meter neben den Gleisen, alle 20m eingeschlagene Gleisstücke, sind die Bezugspunkte der Gleistrassierung, nachfolgenden Vermarkungspunkte genannt. Die zwischen den Kurven liegenden Geraden werden in der Regel nicht vermarkt. Erste Impulse für den Wechsel kommen: - Von der Gleisbaumaschinenindustrie, welche im Bereich der Automatisierung der Maschinensteuerung entscheidende Fortschritte macht. Von den Bahnen welche beginnen, koordinatenbasierte, numerische Gleistrassen zu rechnen. Der Durchbruch erfolgt, durch das Zusammenlegen der Funktionalitäten „Vermarkungspunkt“ und „geodätischer Fixpunkt“. Die Gleismaschinen können, dank den Fortschritten der automatischen Gleisbaumaschinensteuerung und den koordinatenmässig definierten Vermarkungspunkten, für jeden Gleispunkt in Echtzeit die IST-Lage des Gleises bestimmen, sowie die Differenz zwischen der effektiven Gleislage und der theoretischen Soll-Lage. Das Resultat dient als Steuerwert der Gleismaschinen, dessen Ermittlung automatisch aus folgenden Grunddaten ermittelt wird: - Die koordinatenmässig definierten Vermarkungspunkte, Die kontinuierlich gerechneten, theoretischen Koordinatentrassen, Die netzweit homogenen, eineindeutigen Koordinatenreferenz, Die automatisiert ermittelte IST-Lage der Gleise. Die einführend aufgeführten Grundbedingungen für den automatisierten Einsatz der Gleismaschinen für den systematischen Unterhalt sind somit vollständig erfüllt: Einfache Nutzung, bahnnetzweite Einheitlichkeit, operative Präzision und Zuverlässigkeit, Keine Spezialtricks bei der Anwendung Dieser Automatisierungsprozess funktioniert heute in der Praxis des Gleisunterhaltes unterschiedlich. - - Für Vermarkungspunkte die als geodätische Messpunkte materialisiert, auf den Fahrleitungsmasten fixiert sind, ist die Methodik voll operativ und ausgereift. Die Variante, wo nur noch mit Satellitenpositionierung gearbeitet wird, ist heute erst im Aufbau. Anstelle einer Vermarkung entlang des Gleises gibt es nur noch alle 2 km einen, mit GPS bestimmten, geodätischen Referenzpunkt in Gleisnähe. Heute noch nicht gelöste Probleme sind: ¾ Keine GPS-Signale in den Schattenzonen (z.B. in Tunnels, bei abgedeckten Bereichen der Bahnhöfe, ...). ¾ Unzureichende Präzision für kritische Netzteile, z.B.: Komplexe Weichenverbindungen – häufig die Ein- und Ausfahrten grösserer Bahnhöfe – feste Fahrbahn und vor allem alle Strecken wo Hochgeschwindigkeit gefahren wird. Dort müssen repetitiv Absteckgenauigkeiten im mmBereich sichergestellt werden können, währenddem Werte in der Regel ±5mm betragen, um die Vorteile der absoluten Koordinatentrassen voll nutzen zu können. Die treibende Kraft zur Harmonisierung der Koordinatenreferenz kommt im Gleisbereich von den Bedürfnissen der Satellitenpositionierung, wo höchste Genauigkeiten nur über völlig spannungsfreie Netze erreicht werden können. 12.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC 1.5 Gewinnfaktoren Erhöhung der Qualität der Gleislage Erhöhung der Wirtschaftlichkeit Datenhierarchie Funktionale Optimierungen: Prozesssupport Zusammenfassend: Katalysierender Effekt und Synergien dank Koordinaten 2 Semantische Transformation Die im zweiten Kapitel beschriebenen Arbeiten, wurde von der ETH Zürich im Rahmen der UIC-Projektes Georail erbracht. 2.1 Modellierung der Ordnungsdaten Grundlage für die Modellierung der Ordnungsdaten bilden die Streckenübersichtsdaten aus der Datenbank der festen Anlagen (DfA) sowie ergänzende Betriebspunktdaten. Aus diesem relevanten Realitätsausschnitt wird mit der textuellen CSL INTERLIS ein konzeptionelles Schema erstellt. 2.2 Standardisierung der Ordnungsdaten-Schnittstelle Mit dem „Compiler“ wird das textuelle Schema geprüft. Sobald diese Konsistenzprüfung fehlerfrei abläuft, wird daraus die Beschreibung des Transferformats (physisches Schema) erstellt. Im vorliegenden Beispiel wird das INTERLIS-Transferformat ITF verwendet. Analog kann jedoch auch das XTF- oder GML-Transferformat erzeugt werden. Das physische Schema enthält die Information, welches wie die Transferdatei strukturiert sein muss. Entsprechend diesem Standardformat werden die Ausgangsdaten nun umstrukturiert. In den meisten Fällen genügt dazu eine einfache Programmier- oder Skriptsprache, zum Beispiel awk. Awk ist eine einfache Skriptsprache auf Basis der Mustererkennung, mit deren Hilfe ASCII-Dateien systematisch auf das Standardformat umgebaut werden können. 2.3 Visualisierung der Strecken- und Stationsdaten mit Geo-Shop Die SBB-Streckendaten liegen nun im systemunabhängigen INTERLIS-Transferformat (ITF) vor. Sie können mit einer Software, welche INTERLIS unterstützt, visualisiert werden. Im Folgenden wird dafür „GeoShop“ verwendet, eine Software, welche auf systemneutralen Standards basiert (https, Java, INTERLIS). Sie ermöglicht die Bearbeitung von Geodaten unterschiedlicher Struktur (insbesondere die Visualisierung, die Verbreitung sowie der Verkauf dieser Daten) über das Intra- oder Internet. Geoshop besteht aus 3 Modulen: - - Geoshop Server: Dieser zentrale Teil des Programms verwaltet die Geodaten sowie die Benutzerinformationen Geoshop Client Tools: Sie ermöglichen die Visualisierung und Verbreitung der Daten, wobei vom Kunden einzig ein Java-fähiger Webbrowser benötigt wird. Geoshop Administrator Tools: Sie steuern die Konfiguration des Servers, den Status von Benutzern und Bestellungen sowie die Darstellung der Geodaten. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 12.5 Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC 2.4 Modellierung der Fachdienst-Daten: FahrleitungAE In einem nächsten Schritt geht es darum, den Inhalt von nicht verknüpften Datenbanktabellen mit Hilfe der modellbasierten Methode gemeinsam nutzbar zu machen, vorausgesetzt beide Tabellen enthalten mindestens ein gemeinsames Attribut. Als Beispiel wird für die Fahrleitungsinformationen der SBB, welche zu den Fachdienst-Daten gehören, aus den Streckenübersichtsdaten die Geometrie hergeleitet. Die Informationen zu den Fahrleitungen sind in einer Excel-Tabelle enthalten, wobei jede Zeile einem Fahrleitungsabschnitt entspricht. Die Tabelle enthält für jeden Fahrleitungsabschnitt Attribute, beispielsweise das Erstelektrifizierungsjahr. Obwohl die Fahrleitungen einen eindeutigen Raumbezug aufweisen, sind in der Tabelle keine Koordinaten enthalten. Einzige räumliche Attribute bilden die Kilometrierungswerte (km von, km bis), welche jeweils Anfang und Ende eines Fahrleitungsabschnittes repräsentieren. Die Kilometer-Achsen der Streckenübersichtsdaten sind meist in mehrere Fahrleitungsabschnitte unterteilt, welche jeweils aus einer Vielzahl von minimalen Streckenabschnitten bestehen. Baujahr Fahrleitung BPK von Linie von Fil von LinieKorr km von Lausanne 100 100 West Lausanne 0.0000 St-Maurice 100 100 West St-Maurice 51564.9400 Sion 100 100 West St-Maurice 92432.0600 Brig 100 100 West Brig 145548.5000 Brig Tunnel 109 109 West Brig 147149.9000 Vevey Ouest (bif) 111 111 West Lausanne 762.5000 BPK bis Linie bis LinieKorr km bis Jahr 1. El. St-Maurice 100 100 St-Maurice 51564.9400 1924 Sion 100 100 St-Maurice 92432.0600 1923 Brig 100 100 Brig 145548.5000 1919 Iselle di Trasquera 100 100 Brig 167478.3100 1906 Iselle portail tunnel 109 109 Brig 166973.4000 1922 Puidoux-Chexbres 111 111 Lausanne 7829.0000 1940 Abb. 2.1 : Auszug aus der Exceldatei der Fahrleitungsdaten Die Herleitung von Fahrleitungsdaten und ihrem Verlauf aus Fahrleitungsdaten, die nur Anfangs- und End-Kilometrierungswerte enthalten, und aus Ordnungsdaten mit geometrischem Verlauf, ist ein typisches Beispiel für eine semantische Transformation. Zunächst ist die Ausgangsklasse der Fahrleitungsdaten mit UML und INTERLIS zu beschreiben. Das gibt eine UML-Klasse „FahrleitungAE“ und eine INTERLIS-Klasse „Fahrleitung“. 12.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC 2.4.1 Standardisierung der Fachdienst-Schnittstelle: FahrleitungAE Aus dem INTERLIS-Modell kann automatisch die Formatbeschreibung für die Klasse „FahrleitungAE“ bestimmt werden. Mit einem 1:1 Prozessor werden die Daten der Excel-Tabelle umgebaut auf das Standardformat ITF. 2.4.2 Modellierung der Fachdienst-Daten: Fahrleitung (mit Verlauf) Als Zieldatei der semantischen Umformung wollen wir die einfache Klasse „Fahrleitung“ mit nur zwei Attributen definieren: Das Attribut „Erstelektrifizierung“, das aus der Klasse „Fahrleitung “ übernommen wird, und das Attribut „Verlauf“ vom Typ POLYLINE, das neu berechnet wird aus den Attributen „km_von“ und „km_bis“ der Klasse „Fahrleitung“ und aus dem Attribut „Verlauf“ der Klasse „Achse“. Das UMLDiagramm dieser neuen Klasse „FahrleitungAE“ finden wir in Abb. 2.2, ihr INTERLISDatenmodell in Abb. 2.3. Fahrleitung Erstelektrifizierung Abb. 2.2 : Graphisches Datenmodell neue Klasse „Fahrleitung“ (UML-Diagramm) TABLE Fahrleitung = Erstelektrifizierung: [1900 .. 2500]; Verlauf: POLYLINE WITH (STRAIGHTS, ARCS) VERTEX Koord2 WITHOUT OVERLAPS > 0.50000; NO IDENT END Fahrleitung; Abb. 2.3 : Neue Klasse „Fahrleitung“ (mit Verlauf), INTERLIS-Modell 2.4.3 Semantische Transformation Jetzt stehen zur Verfügung: Die Datenmodelle in INTERLIS der Ausgangsdateien „Achse“ (aus 2.4.1) und „FahrleitungAE“ (aus 2.4.2) sowie diejenigen der Zieldatei „Fahrleitung“ (aus 2.4.3) und ferner die Daten von „Achse“ und „Fahrleitung“ im Standardformat ITF von INTERLIS. Es gibt Software-Werkzeuge, wie das INTERLIS-Conversion-System ICS, die es erlauben, auf konzeptioneller Ebene den Umbau von zwei (oder mehr) gegebenen Klassen in eine neue Klasse (oder mehrere) zu definieren mit Hilfe der beteiligten Datenmodelle und mit geeigneten Umbaufunktionen. Die Umbaufunktion die wir brauchen heisst: Aus den Linien von Klasse „Achse“ Stücke ausschneiden vom Anfangspunkt „km_von“ bis zum Endpunkt „km_bis“ eines Objektes aus der Klasse „FahrleitungAE“, und diesen Linienausschnitt zusammen mit dem Wert des Attributes „Jahr_erste_Elektrifizierung“ aus der Klasse „FahrleitungAE“ abspeichern als neues Objekt der Klasse „Fahrleitung“. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 12.7 Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC [……] TABL Fahrleitung OBJE 0.0000.0100 1924 STPT 537875.40604 152041.99120 LIPT 537984.59908 152018.12626 ARCP 538041.11107 151980.47901 [..] ARCP 566299.34338 118421.92351 LIPT 566299.35779 118418.30702 ELIN [.....] OBJE 1763.3040.7744 1925 STPT 681720.79964 248756.00813 LIPT 681721.16279 248758.52014 ARCP 681761.91402 248844.22701 [..] LIPT 683823.44151 247149.25542 LIPT 683786.02309 247064.53648 0.000 -263.000 ELIN ETAB [……] Abb. 2.4 : Auszug aus der ITF-Datei der neuen Klasse „Fahrleitung“ (mit Verlauf) 2.4.4 Visualisierung der Fahrleitungsdaten (mit Verlauf) im Geo-Shop Diese ITF-Datei der neuen Klasse „Fahrleitung“ (mit Verlauf) kann als Input für den „GeoShop“ verwenden. Bei der Visualisierung im „GeoShop“ werden die einzelnen Altersklassen der Fahrleitungsdaten unterschiedlich eingefärbt (Abb. 2.5). 12.8 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC Abb. 2.5 : Visualisierung der Fahrleitungen im Geoshop (mit Legende) 3 Zukunft 3.1 Wie weiter? Leitgedanken 3.1.1 Datenrichtigkeit Voll nutzbar sind koordinatenbasierte Daten nur dann, wenn in allen Bereichen alles stimmt: Koordinatenreferenz, Datenstruktur, Datenvollständigkeit, Datenrichtigkeit, Datenkonsistenz, Datentopologie, Netzsicht 100%. 3.1.2 Harmonisierung der Datenstrukturen generell Harmonisierung von Datenstrukturen als Grundelement des Zusammenpassens von Daten ist das Fundament der Interoperabilität. Die Umsetzung dieser Aufgabe europa- Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 12.9 Nächste Schritte in der Interoperabilität Datenmigration UIC weit sicherzustellen ist eine Kernaufgabe der UIC. Ausgegangen muss immer von den heutigen, EDV-mässig bereist im Einsatz stehende Datenstrukturen der einzelnen Bahngesellschaften. Langfristziel ist, eine, von der UIC verabschiedete und von den Bahnen getragene, europaweite, harmonisierte Datenstruktur. Der Einsatz einer einheitlichen Software ist ein erster konkreter Harmonisierungsschritt. 3.1.3 Harmonisierung der Datenstrukturen in angrenzenden, nicht abgestimmten Zonen In Grenzgebieten, wo unterschiedliche Netze zusammenkommen und die Bahnen nicht über die nötigen Ressourcen verfügen, um eine Abstimmungen vorzunehmen, respektive die technischen Anpassungen zu gross wären, können die Datensätze unverändert so stehen gelassen werden wie sie sind. Aus den Arbeiten zur Datenmodellierung geht hervor, dass Daten später immer zusammengebracht werden können. Trotzdem wird empfohlen, die Strukturen auf ihre Konsistenz hin zu prüfen und Unstimmigkeiten möglichst früh zu bereinigen. 3.1.4 Übergang zwischen verschiedenen Koordinatensystemen Damit die Daten in den angrenzenden, nicht harmonisierten Koordinaten zusammengebracht werden können, müssen entlang der Streckenabschnitte in den Übergangszonen, Fixpunkte in beiden Systemen gerechnet werden. Aus den zwei Koordinatenpaaren der identischen Punkte können die Transformationsparameter für den Übergang vom einem ins andere Systeme gerechnet werden. Der Massstabsfaktor der Transformation muss immer 1 sein um vor allem bei Konstruktionsteilen wie Weichen, die Massangaben nicht zu verändern. 3.1.5 Abstimmung mit den Referenznetzen der amtlichen Vermessung Die Abstimmung bedingt hier zwingend den Dialog zwischen Eisenbahn und amtlicher Vermessung, um Doppelinvestionen bei der Festlegung des Fixpunktnetzes zu vermeiden. Es macht Sinn, wenn in den Übgangszonen, nebst den Koordinaten der beiden benachbarten Systeme als dritte Koordinatenangabe die ETRF89 Werte angebunden werden und daraus die Transformationswerte errechnet werden. 3.2 Wie weiter? Konkret Klarheit und Einheitlichkeit bei der Einführung von CNTD, aufbauend auf den bahngeodätischen Grundlagen dieses Berichtes, soll von Anfang den europäischen Partnerbahnen der UIC ermöglichen, mit der neuen Koordinatentechnologie die bestmöglichen Resultate zu erzielen. Ein Merkblatt soll zuerst für die Bereiche Gleisbau und dann für alle zukünftigen, darauf aufbauenden Nutzungen, die Stossrichtung vorgeben. Dank An alle Mitarbeiter der ETH, der UIC der DB, der SNCF, der SBB welche am Fortschritt der Themen die in diesem Text erläutert sind gearbeitet haben. 12.10 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13 Integration der Daten der Landeskarte 1:25’000 (VECTOR25) ins Datenmodell der Amtlichen Vermessung (DM.01-AV-CH) Robert Balanche, Eidgenössische Vermessungsdirektion/swisstopo Robert Balanche Seftigenstrasse 164 CH-3084 Wabern Tel : Fax : E-Mail : +41 31 963 21 11 +41 31 963 22 97 1 Einleitung Die Daten der Amtlichen Vermessung (AV) sind insbesondere seit Beginn der Umsetzung des Projektes Reform der Amtlichen Vermessung (RAV) immer populärer geworden. Dies beruht nicht zuletzt auf der seinerseits gewählten Strategie des modellbasierten Konzeptes für die Verwaltung der numerischen Daten. Es handelte sich damals noch um eine visionäre Lösung, von welcher wir heute die Früchte « Nutzen und Ertrag » ernten können. Aufgrund unseres föderalistischen Systems und der dezentralen Organisationsstruktur der Amtlichen Vermessung der Schweiz ist der Arbeitsfortschritt bei der Erstellung der Daten der AV von Kanton zu Kanton und von Region zu Region verschieden. Auch heute noch sind die Daten der AV nicht flächendeckend über die ganze Schweiz vorhanden. Diese Tatsache führt dazu, dass eine ansehnliche Anzahl von Kunden diese sehr genauen und zuverlässigen Daten der AV nicht verwendet. Um dieser fehlenden Flächendeckung begegnen zu können, hat das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) in der Strategie der Amtlichen Vermessung für die Jahre 2004-2007 mit einer Vision für die Folgejahre 1 im Kontext und im Zusammenhang mit der Nationalen Geodaten-Infrastruktur (NGDI) folgendes festgelegt: Die Referenzdaten der NGDI und damit auch die Daten der AV müssen folgende Voraussetzungen erfüllen: a. b. c. d. e. f. ein Datenmodell ist vorhanden, sie liegen flächendeckend vor, es besteht ein öffentliches Interesse, sie entsprechen einer definierten Qualität, die Nachführung ist gesichert und die Finanzierung ist gesichert. Damit die Voraussetzung b. der Flächendeckung kurzfristig erreicht werden kann, ist es nötig, einfache provisorische Ersatzprodukte (PEP) zu erstellen. Provisorische Ersatzprodukte (PEP) sind digitale Vektordaten, welche im Datenmodell der AV beschrieben und über die Amtliche Vermessungsschnittstelle (AVS) austauschbar sind. Deren Aktualität, Genauigkeit und Informationsgehalt erfüllen die Anforderungen der AV nicht. Sie dienen ausschliesslich für die Verwendung der AV als Referenzdaten für Landinformationssysteme und nicht für die Bedürfnisse des Grundbuchs. Die PEP ergänzen die AV in Gebieten, in welchen noch keine AV-Daten oder nur graphische Grundbuchpläne existieren. Sie können auch die bestehenden Bestandteile der digitalen AV-Daten mit fehlenden Informationsebenen oder Themen ergänzen. Es ist vorgesehen, die PEP für die Informationsebenen „Bodenbedeckung“, „Einzelobjekte“ und „Nomenklatur“ aus bestehenden digitalen Produkten (z.B. VECTOR25 und SwissNames von swisstopo) abzuleiten. Die vorliegenden Ausführungen sind der Schnittstelle für die Überführung der Vektordaten der Landeskarte 1 : 25'000 (VECTOR25) ins Datenmodell der Amtlichen Vermessung (DM.01-AV-CH, Version 24) gewidmet. 1 http://www.swisstopo.ch/data/vd/Documents/Strategie_AV_04_07.pdf Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.1 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 2 Vergleich der VECTOR25-Daten mit denjenigen der AV 2.1 Die VECTOR25-Daten VECTOR25 ist das digitale Landschaftsmodell der Schweiz, welches inhaltlich und geometrisch auf der Landeskarte 1 : 25’000 basiert. VECTOR25 gibt die natürlichen und künstlichen Objekte der Landschaft im flexiblen Vektorformat wieder und eignet sich speziell für den Einsatz in geografischen Informationssystemen (GIS). VECTOR25 beschreibt rund 8.5 Millionen Objekte mit Lage, Form und ihren Nachbarschaftsbeziehungen (Topologie) sowie der Objektart und weiteren Sachattributen. Sein Perimeter umfasst die ganze Schweiz und das angrenzende Ausland entsprechend dem Perimeter der Landeskarte 1 : 25‘000. Die Daten von VECTOR25 werden blattschnittfrei verwaltet. Um die Handhabbarkeit der Daten zu gewährleisten, werden extra grosse Objekte (z.B. ausgedehnte Waldgebiete) an geeigneten Stellen künstlich aufgetrennt. 2.1.1 Struktur von VECTOR25 VECTOR25 besteht aus 9 thematischen Ebenen: Thematische Ebene Strassennetz Eisenbahnnetz Übriger Verkehr Gewässernetz Primärflächen Gebäude Hecken und Bäume Anlagen Einzelobjekte Beschreibung Strassen- und Wegnetz Eisenbahnnetz Fähren, Seilbahnen usw. Gewässerachsen und Uferlinien Primäre Bodenbedeckung (Wald, See usw.) Diverse Gebäudearten Diverse Objektarten der Vegetation Künstliche Areale und Anlagen Diverse künstliche Objekte Jede Ebene umfasst Topologietypen (z.B. Linien der Primärflächen). Pro Ebene und Topologietyp ist ein Attributsatz definiert, der mindestens aus den Standardattributen (ObjectID, ObjectOrigin, ObjectVal bzw. Objektart, YearOfChange) besteht. VECTOR25 umfasst insgesamt rund 150 unterschiedliche Objektarten (z.B. 2-Klass-Strasse, Bach). 2.1.2 Qualität der VECTOR25-Daten VECTOR25 zeichnet sich durch folgende Qualitätsmerkmale aus: x x x x x x x x 13.2 flächendeckend in homogener Qualität und Form blattschnittfrei über den gesamten Perimeter Lagegenauigkeit: 3-8m (entsprechend der Kartengenauigkeit) Topologie ermöglicht Analysen und Simulationen Objekte haben geometrische Minimal- und Maximaldimensionen (ń erleichterte Handhabung)G Koordinaten können ohne Topologieverlust auf Meter oder Dezimeter gerundet werden eindeutige und stabile Objektidentifikation (ń Voraussetzung für inkrementelle Nachlieferungen) Einfache Struktur (ń Transfer / Einsatz auf anderen GIS und CAD-Systemen problemlos möglich). Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 2.2 Das Datenmodell der Amtlichen Vermessung Aus dem Projekt « Reform der Amtlichen Vermessung (RAV) » zu Beginn der 90-erJahre ist das erste Datenmodell der Amtlichen Vermessung entstanden, das DM93. Dieses Datenmodell als Bestandteil der Technischen Verordnung über die Amtliche Vermessung (TVAV)2 legte die Minimalanforderungen fest, welche die Kantone bei der Datenerhebung bezüglich Inhalt und Organisation der Daten einzuhalten hatten. Die meisten Kantone haben dieses Modell mit kantonalen Anforderungen erweitert; daher basieren alle Vermessungen ab 1993 auf diesem Modell. Heute erkennt man die grossen Vorteile, welche schweizweit einheitlich organisierte und strukturierte Daten in einem gemeinsamen Datenmodell mit sich bringen Ende der 90-er-Jahre zeigte es sich, dass das Datenmodell der AV überarbeitet und die Kinderkrankheiten korrigiert werden mussten, damit es den neuen Anforderungen gerecht werden konnte. So wurde am 18. Dezember 2001 das neue Datenmodell der AV, das DM.01-AV-CH publiziert. Unglücklicherweise enthielt dieses neue Datenmodell noch das provisorisch ausformulierte Thema « Gebäudeadressen », da die entsprechende Schweizer Norm SN 612040 zum Zeitpunkt der Modellerstellung noch nicht vollständig vorlag. Im Juni 2003 endlich wurde die Schweizer Norm « Gebäudeadressen » publiziert und zwei Wochen später wurde das Datenmodell DM.01-AV-CH, Version 24, welches die Vorgaben aus der Norm übernommen hatte, amtlich herausgegeben. 2.2.1 Struktur von DM.01-AV-CH Die Amtliche Vermessung umfasst die nachstehenden 8 Informationsebenen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Fixpunkte Bodenbedeckung Einzelobjekte Höhen Liegenschaften Rohrleitungen Administrative Einteilungen Das Datenmodell der Amtlichen Vermessung gliedert sich in die nachstehenden 20 Themen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 2 FixpunkteKategorie1 FixpunkteKategorie2 FixpunkteKategorie3 Bodenbedeckung Einzelobjekte Höhen Nomenklatur Liegenschaften Rohrleitungen Nummerierungsbereiche Gemeindegrenzen Bezirksgrenzen Kantonsgrenzen Landesgrenzen http://www.admin.ch/ch/f/rs/c211_432_21.html Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.3 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 15. 16. 17. 18. 19. 20. 2.2.2 Planeinteilungen TS-Einteilung Rutschgebiete PLZ, Ortschaft Gebäudeadressen Planrahmen Qualität der Daten der AV Die Qualitätsanforderungen der Daten der AV sind sehr hoch und werden festgelegt mit den Informationen über die Genauigkeit und die Zuverlässigkeit. Die Qualitätsanforderungen richten sich nach der Einteilung in die 5 Toleranzstufen, welche in der TVAV, Art. 3 wie folgt definiert wurden: x x x x x TS1: Stadtgebiete TS2: Überbaute Gebiete und Bauzonen TS3: Intensiv genutzte Landwirtschafts- und Forstwirtschaftsgebiete TS4: Extensiv genutzte Landwirtschafts- und Forstwirtschaftsgebiete TS5: Das Sömmerungsgebiet und unproduktive Gebiete Die TVAV definiert in den Art. 28 ff die Genauigkeitsanforderungen je nach Informationsebene und Toleranzstufe. Man findet dort beispielsweise für die Ebenen « Liegenschaften » und « Rohrleitungen » die nachstehenden Genauigkeitsanforderungen: Lagegenauigkeit (Standardabweichung in cm) für einen im Gelände exakt definierten Punkt: TS2 3.5 TS3 7 TS4 15 TS5 35 N.B. die TS1 (Stadtgebiete) müssen mindestens die Anforderungen der TS2 erfüllen. Was die Zuverlässigkeit anbelangt, findet man in Art. 33 der TVAV: "Die Zuverlässigkeit ist für alle Punkte der Informationsebenen « Fixpunkte », « Liegenschaften » und für die Hoheitsgrenzen der Informationsebene « Administrative Einteilungen » sowie für spezielle Einzelpunkte nachzuweisen… 3 Datentransfer von VECTOR25 ins DM.01-AV-CH 3.1 Unterschiede in den beiden Datensätzen Gemäss der Beschreibung der Datenstruktur von VECTOR25 und den Daten im Datenmodell der AV gemäss Kapitel 2 erkennt man sofort, dass nicht nur die Objekte verschieden strukturiert sind, sondern dass auch die Definition der Informationen unterschiedlich ist. In der Tat, wenn man die Bodenbedeckung etwas genauer unter die Lupe nimmt, erkennt man, dass die Modellierung derselben Realität unterschiedlich vorgenommen worden ist. Von Seiten VECTOR25 erhält man z.B. folgende Beschreibung: Die Ebene „Primärflächen“ beschreibt die primäre topografische Bodenbedeckung. Die Flächenarten dieser Ebene schliessen sich gegenseitig aus (See und Wald) und bilden ein redundanzfreies, lückenloses Flächennetz. Im Gegensatz zur Landeskarte sind in den Primärflächen interpretierte Siedlungsgebiete enthalten. Einzelgebäude sind in der Ebene Gebäude verwaltet. 13.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV Die Informationsebene « Bodenbedeckung » ist in Art. 7, Ziff. b der TVAV wie folgt beschrieben: 1. Gebäude; 2. befestigte Flächen unterteilt in: Strasse/Weg, Trottoir, Verkehrsinsel, Bahn, Flugplatz, Wasserbecken sowie übrige befestigte Flächen; 3. humusierte Flächen unterteilt in: Acker/Wiese/Weide, Intensivkulturen (weiter unterteilt in Reben und übrige Intensivkulturen), Gartenanlage, Hoch/Flachmoor sowie übrige humusierte Flächen; 4. Gewässer unterteilt in: stehendes Gewässer, fliessendes Gewässer sowie Schilfgürtel; 5. bestockte Flächen unterteilt in: geschlossener Wald sowie übrige bestockte Flächen; 6. vegetationslose Flächen unterteilt in: Fels, Gletscher/Firn, Geröll/Sand, Abbau/Deponie sowie übrige vegetationslose Flächen. Zwischen den Informationsebenen der beiden Datensätze erkennt man zwei grosse Unterschiede: Die Bodenbedeckung gemäss Datensatz von VECTOR25 enthält weder die Gebäude noch die Strassen. Dies bedeutet, dass diesem Umstand beim Transfer der Daten von VECTOR25 ins Datenmodell der AV Rechnung getragen werden muss. Diese Elemente müssen anders zusammengefasst und als Gebietseinteilung definiert werden. Nachstehend ein Beispiel, für welches beim Transfer der Daten eine Lösung gefunden werden muss. VECTOR25 DM.01-AV-CH Bodenbedeckung (Gebietseinteilung) Primärflächen (Gebietseinteilung) Gebäude Strassen (Polyline) (Flächen) Figur 1 : Unterschiede zwischen der Bodenbedeckung von VECTOR25 und dem DM.01-AV-CH 3.2 Übereinstimmung der Objekte Bei der Vorbereitung eines derartigen Datenaustausches muss als einer der ersten Schritte eine eindeutige Korrespondenztabelle für die Zielobjekte definiert werden. Dies ist eine relativ schwierige Aufgabe, welche mit dem Kunden klar abgesprochen werden muss Es kommt dabei vor, dass gewisse Objekte lediglich in einem Datensatz existieren. Was kehrt man vor, wenn ein Objekt lediglich in den Ausgangsdaten existiert; Soll man es ignorieren oder dennoch transferieren, um die Information nicht zu verlieren? Die nachstehenden Tabellen zeigen für jedes Objekt jeder VECTOR25Informationsebene das zugeordnete Objekt im Datenmodell DM.01-AV-CH. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.5 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 3.2.1 Strassennetz Vector25.ObjectVal Beschreibung Target->DM01-AV-CH Autobahn Autob_Ri Autostr Autobahn Autobahn richtungsgetrennt Autostrasse Ein-/Ausfahrt (Autobahn / Strasse) Autobahnzufahrt 1. Klass Strasse 2. Klass Strasse 3. Klass Strasse 4. Klass Strasse 5. Klass Strasse 6. Klass Strasse Quartierstrasse Historischer Weg / Strasse Panzerpiste Parkweg Alleinstehende Brücke Alleinstehende Brücke gedeckt Alleinstehender Steg Strasse_Weg Strasse_Weg Strasse_Weg Ein_Ausf A_Zufahrt 1_Klass 2_Klass 3_Klass 4_Klass 5_Klass 6_Klass Q_Klass HistWeg PzPiste Parkweg BrueckLe GedBruLe StegLe 3.2.2 Strasse_Weg Strasse_Weg Strasse_Weg Strasse_Weg Strasse_Weg Strasse_Weg schmaler_Weg schmaler_Weg Strasse_Weg schmaler_Weg schmaler_Weg schmaler_Weg Tunnel_Unterfuehrung_Galerie Tunnel_Unterfuehrung_Galerie Tunnel_Unterfuehrung_Galerie Eisenbahnnetz Vector25.ObjectVal Beschreibung Target->DM01-AV-CH Gt_Bahn I_Geleis MS_Bahn NS_Bahn1 Güterbahn Industriegeleise Museumsbahn Normalspurbahn eingleisig Normalspurbahn mehrgleisig Schmalspurbahn eingleisig Schmalspurbahn mehrgleisig Strassenbahn Streckenverknüpfung innerhalb des Bahnhofareals Bahngeleise Bahngeleise Bahngeleise Bahngeleise NS_Bahn2 SS_Bahn1 SS_Bahn2 Str_Bahn Str_Bhof 3.2.3 Bahngeleise Bahngeleise Bahngeleise Bahngeleise Bahngeleise Übriger Verkehr Vector25.ObjectVal Beschreibung Target->DM01-AV-CH A_Faehre LS_Bahn Mat_Bahn P_Faehre Skilift Autofähre Luftseilbahn Materialbahn Personenfähre Skilift Faehre Luftseilbahn Luftseilbahn Faehre Skilift 13.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 3.2.4 Gewässernetz Vector25.ObjectVal Beschreibung Target->DM01-AV-CH Bach Bachachs Bach_U Bisse Druckl_1 Druckl_2 Drucksto Fluss Fluss_U Bach Bachachse Bachverlauf unterirdisch Bisse Druckleitung einfach Druckleitung mehrfach Druckstollen Flussachse Flussverlauf unterirdisch Bach ohne erkennbare / eindeutige Fliessrichtung Seeachse Seeinsel Seeufer Rinnsal eingedoltes_oeffentliches_Gewaesser Rinnsal Druckleitung Druckleitung Druckleitung eingedoltes_oeffentliches_Gewaesser Vector25.ObjectVal Beschreibung Target->DM01-AV-CH Z_BaumS Z_Fels Z_Fluss Z_Gebue Z_GerGeb Z_GerGle Z_Geroel Z_GerWa Z_GerWaO Z_Glet Z_GsPist Z_HaPist Z_KiGrub Z_LeGrub Z_ObstAn Z_Reben Z_See Z_Siedl Z_StauDa Z_StauMa Z_SteBru Z_SumGeb Z_Sumpf Z_SumWa Z_SumWaO Z_Uebrig Z_Wald Z_WaldOf Baumschule Fels Fluss Gebüsch Geröll mit Gebüsch Geröll auf Gletscher Geröll Geröll in Wald Geröll in offenem Wald Gletscher Graspiste Piste mit Hartbelag Kiesgrube Lehmgrube Obstanlage Reben See Siedlung Staudamm* Staumauer* Steinbruch Sumpf und Gebüsch Sumpf Sumpf in Wald Sumpf in offenem Wald Übriges Gebiet Wald Wald offen geschlossener_Wald Fels fliessendes uebrige_bestockte Geroell_Sand Geroell_Sand Geroell_Sand Geroell_Sand uebrige_bestockte Gletscher_Firn Strasse_Weg Strasse_Weg Abbau_Deponie uebrige_vegetationslose uebrige_humusierte Reben stehendes uebrige_vegetationslose uebrige_vegetationslose Fels Abbau_Deponie uebrige_humusierte uebrige_humusierte uebrige_bestockte uebrige_humusierte Acker_Wiese_Weide geschlossener_Wald uebrige_bestockte Kanal Seeachse Seeinsel See 3.2.5 Rinnsal - Primärflächen Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.7 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 3.2.6 Gebäude Vector25.ObjectVal Beschreibung Target->DM01-AV-CH Z_Gebaeude Z_Innenhof Z_Gasthof Z_Huette Z_Kirche Z_Kuehlturm Z_Lagertank Z_Perron Z_Schiessstand Z_Schloss Z_Station Z_Treibhaus Gebäude / Einzelhaus Innenhof Abgelegener Gasthof Hütte Kirche Kühlturm Lagertank Perrondach Schiessstand, Schützenhaus Schloss, Burg Station / ÖV Haltestelle Treibhaus Wasserbecken (Schwimmbäder, ARA) Gebaeude uebrige_befestigte Gebaeude Gebaeude Gebaeude Silo_Turm_Gasometer (EO) Gebaeude Bahnsteig (EO) Gebaeude Gebaeude Unterstand Unterstand Z_WBecken 3.2.7 Wasserbecken Hecken und Bäume Vector25.ObjectVal Beschreibung Target->DM01-AV-CH BauReihe Hecke OBReihe EinBaum ObstBaum Baumreihe Hecke Obstbaumreihe Einzelbaum Obstbaum schmale_bestockte_Flaeche schmale_bestockte_Flaeche schmale_bestockte_Flaeche wichtiger_Einzelbaum wichtiger_Einzelbaum 3.2.8 Anlagen Die Ebene Anlagen umfasst die Objektarten Bahnhofareal, Flughafenareal und Flughafenbahnhof-areal. Da für diese Objekte keine entsprechenden Elemente im Datenmodell DM.01-AV-CH existieren, werden sie nicht erfasst. 3.2.9 Einzelobjekte Vector25.ObjectVal Antenne ARA AusTurm BiStock Brunnen Denkmal Doline Drehsch ElWerk Hoehle Kamin Kapelle KiTurm Quelle Reserv Schiffst SendeAnl 13.8 Beschreibung Target->DM01-AV-CH Antenne Mast_Antenne Abwasserreinigungsanlage weitere Aussichtsturm Aussichtsturm Bildstock_Kruzifix Bildstock /Wegkreuz Brunnen Brunnen Denkmal Denkmal weitere Doline Aussichtsturm Drehscheibe weitere Elektrizitätswerk Grotte_Hoehleneingang Höhle / Grotte Hochkamin Hochkamin Bildstock_Kruzifix Kapelle uebriger_Gebaeudeteil Kirchturm Quelle Quelle Reservoir Reservoir Landungssteg Schiffstation Mast_Antenne Sendeanlage Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV Turm W_Turm WaFall ZistOff HSP_Ltg Ruine Sender Turm Wasserturm Wasserfall Zisterne offen Hochspannungsleitung Ruine Radiosender Aussichtsturm Aussichtsturm weitere Reservoir Hochspannungsfreileitung Ruine_archaeologisches_Objekt Mast_Antenne 3.3 Datentransfer Wenn die Korrespondenztabellen ausgearbeitet worden sind, « genügt es », das Interface für den Transfer all dieser Objekte von VECTOR25 nach MD.01-AV-CH zu schreiben. Dazu benötigt man ein Werkzeug, mit welchem die Parameter so gesetzt werden können, dass jedes Element aus VECTOR25 in die richtige Ebene von MD.01-AV-CH transferiert wird. Die Erarbeitung eines solchen Interfaces kann nicht über StandardKonversions-Werkzeuge erfolgen. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als sich mit dem Quellcode auseinanderzusetzen und dieses Interface teilweise selbst zu programmieren. Nachstehend ein Auszug des notwendigen Skripts für die Erstellung eines solchen Interfaces mittels des Werkzeuges « ilitools ». Für dieses Interface, welches für die Modellierung in den Sprachen Französisch, Deutsch und Italienisch vorgesehen ist, war es notwendig, eine « Namens- und AttributTabelle » zu erstellen, so dass das Skript lediglich einmal beschrieben werden musste. Am Anfang des Programmes wird ein Konfigurationsfile gelesen, welches die Zuordnung des gewünschten Modells definiert. Auszug aus der deutschsprachigen Namenstabelle der Primärflächen von VECTOR25 : MAP PRI LANG => D TOPIC => Bodenbedeckung TABLE => ProjBoFlaeche TABLE_NACH => BBNachfuehrung TABLE_SURFACE => ProjBoFlaeche_Geometrie OTHER => PEP Z_GERGEB_VAL => vegetationslos.Geroell_Sand Z_GERGEB => Z_GerGeb_X-Z_GerGle_X-Z_Geroel_X-Z_GerWa_X Z_FELS_VAL => vegetationslos.Fels Z_FELS => Z_Fels_X-Z_StauMa_X Z_FLUSS_VAL => Gewaesser.fliessendes Z_FLUSS => Z_Fluss_X Z_GEBUE_VAL => bestockt.uebrige_bestockte Z_GEBUE => Z_Gebue_X-Z_GerWaO_X-Z_SumWa_X-Z_WaldOf_X Z_GLET_VAL => vegetationslos.Gletscher_Firn Z_GLET => Z_Glet_X Z_KIGRUB_VAL => vegetationslos.Abbau_Deponie Z_KIGRUB => Z_KiGrub_X-Z_SteBru_X Z_SEE_VAL => Gewaesser.stehendes Z_SEE => Z_See_X Z_SUMPF_VAL => humusiert.uebrige_humusierte Z_SUMPF => Z_Sumpf_X-Z_ObstAn_X-Z_SumGeb_X-Z_SumWaO_X Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.9 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV Z_WALD_VAL => bestockt.geschlossener_Wald Z_WALD => Z_Wald_X-Z_BaumS_X Z_SOLD_VAL => vegetationslos.uebrige_vegetationslose Z_SOLD => Z_Siedl_X-Z_LeGrub_X-Z_StauDa_X Z_UEBRIG_VAL => humusiert.Acker_Wiese_Weide Z_UEBRIG => Z_Uebrig_X Z_BEFESTIGT_VAL => befestigt.Strasse_Weg Z_BEFESTIGT => Z_GsPist_X-Z_HaPist_X Z_REBEN_VAL => humusiert.Intensivkultur.Reben Z_REBEN => Z_Reben_X TMP => 1.0 END_MAP !PRI Auszug aus dem Skript: Kategorienwahl: ! Here the Category who are inserted into Geroell_Sand (BB) IF PRI.Z_GERGEB SHPIN_REC.objectval LOC IS_NOT_NULL THEN PRI.Z_GERGEB_VAL => VAR.ART PRI_SURFACE END_IF … PROCEDURE PRI_SURFACE !*********************************************************** ! Write the Object and the geometry for the category PRI !*********************************************************** IF PRI.LANG = 'F' THEN VAR.ART => OUT.Genre ELSE VAR.ART => OUT.Art END_IF NEXT_OBJID => OUT.OBJID ILOUT_WRITE_OBJECT PRI.TABLE_SURFACE ILOUT_WRITE_SURFACE END_PROCEDURE !PRI_SURFACE 13.10 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 3.4 Festgestellte Probleme 3.4.1 Topologische Unterschiede Bevor die Daten gemäss den obigen Tabellenzuordnungen transferiert werden können, sind die topologischen Unterschiede zu untersuchen. In der Tat, wie bereits im Kapitel 3.1. angesprochen, unterscheiden sich die Primärflächen des Produktes VECTOR25 und die Informationsebene Bodenbedeckung der AV. Eine der Schwierigkeiten betrifft die Informationen des Strassennetzes von VECTOR25. Diese sind in VECTOR25 als lineare Strassenachsen definiert, während die Strassen in der AV als flächenartige Information im DM.01-AV-CH ausgeschieden werden. Die Strassenbreiten sind a priori, ausgehend von der Information Strassenachse, nicht bekannt; man ist vielmehr gezwungen, diese Informationen der Zeichenerklärung zur Landeskarte 1 : 25'000 von swisstopo zu entnehmen, wo für jede Strassenklassierung eine bestimmte Mindestbreite vorgegeben wird. Durch diese zusätzliche attributive Information von VECTOR25 kann jedem Strassenelement eine bestimmte Breite zugeordnet werden und daraus können flächenhafte Objekte gebildet werden. Gemäss Flyer « Zeichenerklärung » zu den Landeskarten sind die Strassenklassierungen wie folgt definiert: x x x x x x x 1- Kl.-Strasse, (mind. 6m breit) 2- Kl.-Strasse, (mind. 4m breit) Quartierstrasse, (mind. 4m breit) 3-Kl.-Strasse, (mind. 2,8m breit) 4- Kl. Fahrweg (mind. 1,8m breit) 5-Kl. Feld-, Wald-, Veloweg 6- Kl.., Fussweg Die 5-Kl. und 6-Kl.-Objekte werden als Wege mit linearer Geometrie in die Informationsebene « Einzelobjekte » transferiert Die Strassenverbreiterungen, ausgehend von den linearen Objekten, und die Erstellung von gebietseinteilenden Flächenobjekten erfolgt mit konventionellen GIS-StandardWerkzeugen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.11 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 0 25 50 75 100 1 2 5 M e te r Figur 2 : Transformation des linearen Strassennetzes in « gebietseinteilende » Flächenelemente 3.4.2 Generalisierung der Daten Die VECTOR25-Daten stammen aus der Digitalisierung der Landeskarten 1 : 25'000, einem kartographischen Produkt mit generalisierten Informationen. Es ist nicht möglich, ausgehend von diesen generalisierten Informationen, die Bedürfnisse der AV oder der provisorischen Ersatzprodukte (PEP) abdecken zu können. Es ist vielmehr nötig, dazu auf weitere Grundlagedaten zurückzugreifen, z.B. durch die Verwendung der Informationen für das Strassennetz, welche mittels des Programmes ATOMI von swisstopo aus den digitalen Orthofotos gewonnen werden. ATOMI ist ein Programm für die automatische Extraktion dreidimensionaler Strassenachsen aus Orthofotos, dem digitalen Geländemodell sowie dem bereits vorhandenen vektoriellen Strassennetz aus VECTOR25. Die nachstehende Figur 3 zeigt die Überlagerung der Informationen von VECTOR25 und ATOMI: 13.12 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 0 25 50 75 100 1 2 5 M e te r Figur 3 : Überlagerung der VECTOR25-Daten mit denjenigen aus ATOMI Diese Lösung verbessert die Qualität des Strassennetzes ganz erheblich, bringt jedoch weitere Probleme. Dadurch, dass die Strassen nun « geometrisch richtig » erfasst sind, stellt man fest wie die Gebäude diese Strassen zum Teil überlappen. Zur Lösung dieses Konfliktes sind mehrere Varianten möglich: x x x Man belässt die Originaldaten aus VECTOR25 ohne Verwendung der StrassenInformationen aus ATOMI, Man verwendet die Strassenauswertungen aus ATOMI und belässt die aus VECTOR25 erfassten Gebäudeinformationen, auch wenn diese die Strassen überlappen, Man verwendet die Strassenauswertungen aus ATOMI und korrigiert die aus VECTOR25 erfassten Gebäude so, dass man einen kohärenten und realistischen Datensatz erhält. Der dafür notwendige Aufwand ist jedoch nicht zu vernachlässigen. Man kann feststellen, dass die Verbesserung von Datensätzen unweigerlich andere Probleme oder Diskrepanzen aufwerfen. Dabei wird man jedoch auch mit der KostenNutzen-Frage konfrontiert und man wird gezwungen, eine entsprechende Wahl zu treffen! Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.13 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV Der ganze Prozess kann wie folgt zusammengefasst werden: VECTOR25 ATOMI Vorbereitung Vorbereitung der Daten der Daten Interface Behandlung nein nein Resultat manuell Behandlung manuell ja DM.01 Figur 4 : Integrationsprozess von verschiedenen Datenquellen 3.5 Schlusskontrollen Nachdem man die Vorgehenswahl getroffen hat und die Daten transferiert worden sind, ist die Integrität der daraus resultierenden Daten zu überprüfen. Die AV verlangt eine hohe Qualität der Daten und exakt einzuhaltende Anforderungen, die mit entsprechenden Werkzeugen geprüft werden. Daher kann nach erfolgreich durchgeführtem Datentransfer ein INTERLIS-file im Datenmodell DM.01-AV-CH generiert werden, welches mit einem entsprechenden Checker geprüft wird. Dabei stellt man fest, dass im so neu erzeugten Datensatz noch viele Fehler und Ungereimtheiten existieren. Nachstehend einige Beispiele mit den von uns festgestellten Fehlern: Figur 5 : Ein einziges Zentroïd für 2 verschiedene Flächen 13.14 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV Figur 6 : Resultierende Fläche sehr klein Figur 7 : Fehlende Punkte: noch zu erzeugen Figur 8 : No area found for centroid Figur 9 : Area with unknown centroid Figur 10 : Area with "n" centroids Figur 11 : duplicate line Figur 12 : Intersection Figur 13 : partial line overlap Figur 14 : full line overlap Für die Elimination obiger Fehler sind entweder weitere Routinen zu programmieren, welche diese Unzulänglichkeiten erkennen und beheben, oder es bedarf manueller Korrektureingriffe zur Erstellung eines kohärenten Datensatzes, welcher die Anforderungen der AV erfüllt. Auch nach der Vornahme dieser weiteren Verbesserungen gilt es abzuwägen, inwieweit das entstandene Endprodukt den Bedürfnissen des provisorischen Ersatzproduktes gerecht wird. Können die geringere Qualität und die noch verbleibenden « Ungereimtheiten » akzeptiert werden? Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 13.15 Nächste Schritte in der Interoperabilität Integration Vector25 / AV 4 Schlussfolgerungen Der Datentransfer von VECTOR25 ins Datenmodell DM.01-AV-CH zeigt, wie wichtig, ja unerlässlich eine Datenbeschreibung ist. Wenn ein Datensatz weder über ein Datenmodell noch über eine klare Datenbeschreibung verfügt, ist es praktisch unmöglich, diese Informationen für verschiedene andere Zwecke verwenden zu können. Sie sind nicht mehr „interoperabel“! Eine gute Datenbeschreibung reicht für die Interoperabilität jedoch noch nicht aus. Für die Interoperabilität der Daten bedarf es auch einer exakten Analyse, nicht nur des Datenmodells aber auch der Semantik. Man kann feststellen, dass die technische Interoperabilität weniger Probleme aufwirft als die semantische Interoperabilität. In der Tat muss man festhalten, dass der ursprünglich erfasste Datensatz für ein bestimmtes, festgelegtes Bedürfnis angelegt worden ist. Wenn man ihn nachher für andere als die ursprünglich vorgesehenen Zwecke verwendet will, riskiert man, dass die Anforderungen des ursprünglichen Datensatzes nicht mehr denjenigen des zweiten entsprechen. Die semantische Interoperabilität umfasst auch die sprachlichen Probleme. Wenn beispielsweise die beiden Datensätze in verschiedenen Sprachen festgelegt worden sind, muss auch die Korrespondenz von Ausdrücken und Definitionen festgelegt werden. Ein technisches Wörterbuch ist bei der Festlegung des Datensatzes in einer Fremdsprache eine grosse Hilfe. Die Interoperabilität von Daten ist eine Notwendigkeit und ein unerlässliches Werkzeug für eine effiziente Nutzung von Informationen, insbesondere von geographischen Informationen. Literatur x Strategie der Amtlichen Vermessung für die Jahre 2004 bis 2007 mit Vision für die Folgejahre, Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, Bundesamt für Landestopografie, Eidgenössische Vermessungsdirektion. x VECTOR25. Das digitale Landschaftsmodell der Schweiz, Bundesamt für Landestopografie. x Transfert des données de VECTOR25 dans le MD.01, Semesterarbeit, A. WILDBOLZ, EIVD 2004. x «Interlis Tools», Dokumentation der Firma Infogrips GmbH. 13.16 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 14 Nationale Geodaten-Infrastruktur (NGDI) Organisatorische Aspekte der Interoperabilität beim Bund Rolf Buser, Stv. Leiter KOGIS Koordinationsstelle GI & GIS des Bundes KOGIS Rolf Buser, Dipl. Ing. ETH Koordinationsstelle GI & GIS (KOGIS) c/o Bundesamt für Landestopografie / swisstopo Seftigenstrasse 264 CH-3084 Wabern Tel : Fax : E-Mail : +41 31 963 24 03 +41 31 963 23 25 Unter der Nationalen Geodaten-Infrastruktur (NGDI) wird gemäss der Strategie1 und dem Umsetzungskonzept2 zur Strategie für Geoinformation beim Bund “… ein von allen für die Bereitstellung von Geobasisdaten Verantwortlichen gemeinsam entwickeltes, genutztes und fortgeführtes System von politischen, institutionellen und technologischen Massnahmen verstanden. Dieses System stellt sicher, dass Verfahren, Daten, Technologien, Standards, rechtliche Grundlagen, finanzielle und personelle Ressourcen zur Gewinnung und Nutzung von Geoinformationen ziel- und bedarfsorientiert den beteiligten Verwaltungen, Organisationen und Bürgern auf allen Entscheidungsebenen (lokal, regional und national) zur Verfügung gestellt werden können.“ Diese Umschreibung der NGDI zeigt auf, dass hier eine Infrastruktur entwickelt werden soll, welche hochgradig interoperabel sein muss. Interoperabel einerseits auf der politischen, organisatorischen und institutionellen Ebene, andererseits auf der technischen, also der Daten- und Systemebene. Die technische Ebene bringt durch die schnelle Entwicklung der Internettechnologien immer bessere Lösungen. Auf dieser Ebene liegt jedoch auch beim Bund weniger das Problem. Technisch lässt sich schon vieles realisieren und es stehen schon gute Lösungen bereit. Auf der politischen, organisatorischen und institutionellen Ebene stehen wir hingegen bezüglich Interoperabilität im Geoinformationsbereich am Anfang. Nachfolgend werden einige organisatorische Aspekte beim Bund im Bereich der NGDI bezüglich Interoperabilität kurz dargelegt. Kontaktnetz Auf dem Weg zu einer NGDI muss die politische, organisatorische und institutionelle Interoperabilität der technischen vorausgehen. Eine gemeinsame Strategie, verbindliche Verfahren, eindeutige Begriffe, sowie genau abgestimmte Forderungen und Erwartungen der beteiligten Partner und Institutionen sind nötig. Eine umfassende und stetige „interpersonale“ Kommunikation und der Einbezug von Informationsgemeinschaften sind unabdingbar. Mit der konstituierenden Sitzung für das Kontaktnetz e-geo.ch im Januar 2005 ist ein erster Schritt in Richtung politischer, organisatorischer und institutioneller Interoperabilität getan. Das Kontaktnetz soll unter Berücksichtung oder gar Stärkung föderaler Strukturen und heterogener Systeme umgesetzt werden und wird durch ein Steuerorgan geleitet, in welchem sowohl alle Verwaltungsebenen als auch Institutionen und die Privatwirtschaft vertreten sind. Die neu gebildete Geschäftsstelle des Kontaktnetzes, welche vorerst vom Bund finanziert wird, bildet das Sekretariat des Steuerungsorgans und betreut in erster Linie die Aufgaben, welche ihr vom Steuerungsorgan anvertraut werden. Geobasisdaten und Geobasisdienste Mit höchster Priorität muss festgelegt werden, „WAS“ die Inhalte der NGDI Schweiz sind. d.h. welche Daten und Dienste die NGDI bereitstellen muss. Hier werden die oben erwähnten Informationsgemeinschaften eine entscheidende Rolle spielen. Innerhalb von eindeutig definierten Tätigkeitsbereichen (z.B. Raumplanung) müssen gemeinsame Vorstellungen über Modelle von Geobasisdaten- und Geobasisdiensten entwickelt werden. Nur dadurch kann die Interoperabilität auf der Datenebene und später bei angebotenen 1 2 Strategie für Geoinformation beim Bund, GKG-KOGIS 2001, www.kogis.ch Umsetzungskonzept zur Strategie für Geoinformation beim Bund, GKG-KOGIS 2003, www.kogis.ch Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 14.1 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Geodaten-Infrastruktur (NGDI): Organisatorische Aspekte der Interoperabilität beim Bund Diensten erfolgreich sein. Mit der Erstellung des Geobasisdaten-Katalogs des Bundes ist ein erster Schritt getan. Auf der Basis dieses Katalogs kann die Diskussion über Informationsgemeinschaften geführt werden. Beim Bund geht es auf organisatorischer Ebene primär darum, vorhandene Informationsgemeinschaften für diese neuen Aufgaben zu motivieren oder den Aufbau von neuen Informationsgemeinschaften zu unterstützen. Weiter müssen die Entscheidungsträger für diese Bereiche sensibilisiert werden. Der Bund will grundlegende Geodienste bereitstellen und vernetzen. KOGIS koordiniert die Umsetzung der bundesweiten Plattform, welche auf „produktiven“ Normen basiert, wie jene, die aus den Arbeiten von SNV (Schweizerische Normen-Vereinigung) und OGC (Open Geospatial Consortium) hervorgegangen sind. Auf der organisatorischen Seite muss diskutiert werden, wie ein Register der Geobasisdienste aufgebaut werden kann, in welchem die Anbieter und deren Geobasisdienste strukturiert beschrieben und kategorisiert sind. Weiter müssen die Geobasisdienste exakt beschrieben werden, und es wird festgelegt, wie darauf zugegriffen werden kann und wie sie kommunizieren. Standards / Normung Der modellbasierte Ansatz ist entscheidend für die Interoperabilität und soll beim Bund in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Folgende Richtlinien und Standards werden auf Bundesebene festgelegt: die Metadatenbeschreibung erfolgt über das auf der Basis von ISO 19115 entwickelte CH-Profil (im Minimum über das von ISO definierte Core-Profil), die Geodatenmodellierung erfolgt mit der Modellierungssprache UML (Unified Modeling Language) und INTERLIS auf der Basis eines Objektkatalogs, der systemneutrale Austausch von Geobasisdaten und Metadaten erfolgt mindestens auf der Basis der Modellbeschreibung INTERLIS/XML unter Berücksichtigung der Kompatibilität mit internationalen Standards (z.B. mit GML). die Vernetzung von grundlegenden Geodiensten erfolgt mindestens unter Berücksichtigung der Kompatibilität mit den internationalen Standards (wie W3C (World Wide Web Consortium)) Die Bestrebungen im Sinne einer nationalen Plattform Geonormen (NGN) sollen weiter gefördert und auch finanziell unterstützt werden. Die Entwicklung und Anwendung von Geo-Normen und Datenmodellen forciert und koordiniert werden. Datenmodelle und Normen sollen allen interessierten Nutzern zur Verfügung stehen und weiterentwickelt werden. Dazu sind in einem ersten Schritt vorhandene effiziente aber unkoordinierte und ad hoc finanzierte Initiativen und Aktivitäten zu koordinieren und auf eine stabile finanzielle Basis zu stellen. Ziel ist die rasche Verbreitung des Wissens über Nutzen und Anwendung der Datenmodelle und Normen sowie deren konsequente Anwendung. Die Aufgabenbereiche Ausbildung, Technik, Datenmodelle, Support, Normen und Marketing bilden dabei die Haupttätigkeiten. 14.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 15 Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Rudolf Schneeberger, ITV Geomatik AG Rudolf Schneeberger Dorfstrasse 53 CH-8105 Regensdorf Tel : Fax : E-Mail : +41 44 871 21 90 +41 44 871 21 99 1 Einleitung 1.1 Definition von Metadaten Metadaten sind für viele Leute schwammig, undefinierbar und zu technisch, scheinen unwichtig, da die Daten vorhanden sind, werden oft vernachlässigt behandelt, existieren nur auf Notizzetteln. Aus diesen Gründen werden Metadaten selten freiwillig erfasst und nachgeführt. Denn es ist heute dem Benutzer oft nicht ganz klar, wozu sie eigentlich dienen. Laut Definition handelt es sich bei Metadaten um „Daten über Daten“, das heisst es sind beschreibende Daten der effektiven Daten. Zwei weitere Definitionen werden noch etwas klarer: x Unter Metadaten versteht man strukturierte Daten, mit deren Hilfe eine Informationsressource beschrieben und dadurch besser auffindbar gemacht wird. x Metadaten sind maschinenlesbare Informationen über elektronische Ressourcen oder andere Dinge. Sehen wir uns einmal um, so stellen wir fest, dass wir jeden Tag Metadaten begegnen. Man stelle sich ein Schokoladengestell in einem Einkaufsladen vor, in dem jede Schokolade weiss eingepackt ist und „Schokolade“ drauf steht. Welche kaufen Sie? Wahrscheinlich keine, weil nicht bekannt ist, um was für eine Schokolade es sich handelt. Der Käufer will wissen, ob es eine Schokolade ist mit Nüssen oder ohne, wer sie hergestellt hat, wie sie heisst, wie teuer sie ist, usw. Erst mit diesen Angaben werden die unterschiedlichen Schokoladen vergleichbar und er kann entscheiden, welches die Richtige ist und bei welcher das Preis/Leistungs-Verhältnis stimmt. Genau gleich verhält es sich mit Metadaten für Geodaten. Sie geben eine genaue Beschreibung des Geodatenbestandes. Erst wenn man den genauen Inhalt, die Genauigkeit, den Preis, das Modell, das Format und vieles mehr eines Geodatenbestandes kennt, kann man entscheiden, ob er den Ansprüchen genügt. Die wichtigsten Fragen, welche mit Metadaten beantwortet werden sind bei Geodaten: Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 15.1 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten WER WAS bietet und - Institutionen - Ansprechpartner - Ersteller / Verteiler - Zuständigkeit - Anschrift - Datenarten - Inhalte - Erfassungsdatum - Name und Beschreibung - Massstab - Art - Datenmenge - Flächendeckung WIEVIEL - Status - Objektarten - räumlicher Bezug - zeitlicher Bezug - Thesaurus - Fachgebiet - Format - Schnittstelle - Analog / Digital - Datenbank - Zugangsberechtigung - Zugangsadresse WELCHEM Zusammenhang und zu - fachliche Bedeutung - Aufgabenbeschreibung - Eignungshinweis - Nutzungsrestriktionen WELCHEN Konditionen - Preis - Zugriffsrechte - Nutzungsrechte - Rechtsinhaber - Vervielfältigungen WORÜBER WIE in 1.2 Metainformation als Teil einer NGDI Das Hauptziel einer Nationalen Geodaten-Infrastruktur (NGDI) besteht darin, über einen leichten Zugang ein optimales Angebot und eine breitere Nutzung von Geoinformation zu bewirken. In dieser NGDI sind Metainformationen ein wesentlicher Bestandteil. 15.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten 2 ISO Normen 2.1 Inhalt von ISO von 19115:2003 - Metadata Struktur für die Beschreibung von digitalen geographischen Daten in Form eines abstrakten Modells (konzeptionelles Metadatenmodell): x Einführung mit Abmachungen und Definitionen x Klassendiagramme als UML-Diagramme x Objektkatalog (Datadictionary) x weitere Anhänge Die Norm sagt nichts über die Form der Umsetzung in einem GIS oder einer Datenbank aus und ist kein "Kochrezept" für eine Implementierung. 2.2 Profile und Erweiterungen von ISO 19115:2003 - Metadata Die ISO Norm 19115 geht vom Ansatz einer möglichst universellen Anwendung der Norm aus, jedoch mit der Möglichkeit den Gesamtumfang mit Profilen wiederum einzuschränken. Die ISO Norm definiert mehr als 300 Metadatenelemente (Klassen, Attribute, Beziehungen), wobei die meisten davon optional verwendet werden können. Profile Profile erlauben es, Abbildungen aus dem umfassenden ISO-Metadatenmodell für spezifische Anwendungen zu erstellen. In jedem Profil muss das minimale ISOMetadatenmodell vollumfänglich integriert sein. Zudem kann das Bedürfnis bestehen, ein Profil zu erweitern. Erweiterungen Ein Profil kann mit eigenen Metadatenelementen oder sonstigen Änderungen erweitert werden. Die ISO Norm 19115 schreibt im Annex C genau vor, wie die vorgegebenen Strukturen zu erweitern sind und welche Erweiterungen erlaubt sind. Umfassendes ISO Metadatenmodell (ISO Comprehensive Metadata Profile) Minimales ISO Metadatenmodell (ISO Core Metadata components) Erweiterung Profil XY Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 15.3 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Regeln für die Erstellung von Profilen 1. Vorhandene Elemente dürfen in eigenen Profilen nicht abgeändert werden. 2. Werden in einer neuen Entitätsmenge bereits bestehende Attribute verwendet, dürfen deren Attribute nicht abgeändert werden. 3. In Erweiterungen ist es erlaubt, ... ... strengere Verbindungstypen festzulegen, 4. ... den Entitäten und Attributen Wertebereiche zu zuweisen, 5. ... bereits vorgegebene Wertebereiche zu kürzen, 6. ... oder zu erweitern. 7. Erweiterungen dürfen aber nicht erlauben, was der Standard verbietet. 3 Schweizer Norm für Metadaten 3.1 Warum braucht es eine Schweizer Norm? Bestehende Metadateninventare sind entweder nur regional (Kantone), fachlich beschränkt (CDS, GeoMeta, Geostat) oder nicht Internet-tauglich betreffend Suche und Erfassung von Metadaten. Bisherige Metadatenbanken sind nicht kompatibel untereinander und sind auch nicht kompatibel zu der ISO Norm 19115:2003. KOGIS ist für die Geodatenkoordination in der Bundesverwaltung verantwortlich und hatte darum auch bei Metadaten Handlungsbedarf. Da KOGIS nicht ein eigenes "Bundesmodell" entwickeln wollte, wurde in Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe aus Kantonen, Hochschulen und Firmen ein Metadatenmodell definiert, das die minimalen Anforderungen aller Beteiligten befriedigt, ISO kompatibel ist und welches vom SNV als Schweizer Norm veröffentlicht wird. 3.2 Von der ISO-Norm zur Schweizer Norm ISO 19115:2003 Pflichtenheft geocat.ch SIK - GIS CDS Stellungnahmen zum Entwurf Arbeitsgruppe SNV - TK 151 SNV Vernehmlassung 15.4 Schweizer Norm SN 612050 Pilot geocat.ch GM03 Metadatenmodelle Catalog Gateway geocat.ch INTERLIS Beschreibung Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Um die Anliegen der Beteiligten in der Schweiz zu berücksichtigen, wurden die bestehenden Metadatenbanken der Schweizerischen Informatik Konferenz GIS (SIK-GIS) und des Bundesamtes für Wald und Landschaft (CDS) mit der ISO-Norm verglichen. Daraus entstand ein erster Entwurf eines Schweizer Metadatenprofils, in dem bereits Teile der ISO-Norm weggelassen wurden. Andere Teile wurden als Erweiterung neu modelliert. Man war sich bewusst, dass mit dem Vergleich lediglich zweier bestehender Metadatenbanken noch nicht alle Bedürfnisse abgedeckt sein würden. Stellungnahmen von Bundesämtern, Kantonen und weiteren interessierten Stellen ergaben zusätzliche Bedürfnisse. Das überarbeitete Metadatenmodell war Grundlage für den Schweizer Normentwurf, der Ende 2003 in eine offizielle Vernehmlassung geschickt wurde. Die Resultate dieser Vernehmlassung wurden in einer Arbeitsgruppe (SNV/TK151) besprochen. Diese Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern aller interessierten Stellen, entschied in jedem Fall darüber, ob eine Eingabe berücksichtigt wurde oder nicht. Daraus wurde ein definitives Modell erarbeitet, welches Grundlage für die Schweizer Norm ist. Parallel zur Erarbeitung der Schweizer Norm wurde das Portal und der Metadatenserver geocat.ch spezifiziert und entwickelt (siehe Kapitel 4). 3.3 Weshalb ISO als Grundlage? x ISO ist die internationale Organisation für weltweite Standards. x CEN ist das Europäische Pendant zu ISO und wird ISO 19115:2003 übernehmen. x Die Schweiz ist Mitglied von CEN und deshalb verpflichtet, deren Normen zu übernehmen, also auch ISO 19115:2003. x Nur auf der Basis des internationalen Standards ISO 19915:2003 wird ein Datenaustausch mit anderen Ländern möglich. 3.4 Unterschiede ISO Norm - CH Norm Die Modell-Beschreibung in UML in der Norm ISO 19115:2003 ist zu allgemein gehalten für eine konkrete Umsetzung. Aus diesem Grund wurde in der Schweiz das Modell detaillierter in INTERLIS 2, dem Schweizer Standard für Datenmodellierung und Datenaustausch, modelliert und mit UML-Notation dokumentiert. Dadurch wird der Konkretisierungsgrad erhöht und ein Datenaustausch ermöglicht. INTERLIS 2 beinhaltet Codierungsregeln zur automatisierten Generierung einer XML-Schema-Beschreibung, welche maschinenlesbar und zum Aufbau einer Datenbankstruktur und einer Applikation verwendet werden kann. Mit diesen Regeln entfällt der Aufwand, neben einer UMLBeschreibung eine XML-Beschreibung in Handarbeit zu erstellen, wie es ISO mit der Norm 19139 zurzeit macht. Wie das Metadatenmodell der ISO kennt auch das Schweizer Metadatenmodell zwei Profile, GM03Core und GM03Comprehensive, welche beide die ISO-Core Metadatenelemente enthalten. Es wurde jedoch ein anderer Ansatz der Modellierung gewählt (siehe Abbildung): ISO definiert ein möglichst umfassendes Metadatenmodell (Profil ISOComprehensive), schreibt vor, welche Elemente in jedem Profil enthalten sein müssen (ISO-Core) und überlässt es dann jeder Anwendergruppe, daraus ein eigenes Profil zu definieren. In der Schweiz dagegen, wird in die andere Richtung modelliert. Als minimaler Kern wird GM03Core definiert und durch Vererbung zu GM03Comprehensive erweitert. Die Vorteile des Vorgehens in der Schweiz gegenüber der ISO ist die bei allen Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 15.5 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Profilen identische Grundlage, GM03Core, und somit ein garantierter gemeinsamer Nenner für den Austausch. GM03Core Metadatenmodell Comprehensive Metadatenmodell Lokales Metadatenmodell Core Metadatenmodell Lokales Metadatenmodell GM03Comprehensive Metadatenmodell Lokales Metadatenmodell Lokales Metadatenmodell Lokales Metadatenmodell 3.5 Grundsätze bei der Ausarbeitung der Schweizer Norm Als Grundlage wurde ISO 19115:2003 Metadata gewählt: x Alle Metadatenelemente aus ISO-Core werden auch in GM03Core übernommen. x Es werden alle Metadatenelemente oder Klassen übernommen, die aus den Bedingungen und Vorgaben der Norm obligatorisch sind. x Es werden die Metadatenelemente definiert, welche notwendig sind, um die bestehenden Schweizer Datenkataloge abzudecken. Die Kompatibilität zu ISO 19115:2003 wird soweit sinnvoll sichergestellt: x Erweiterungen sind nach den Regeln in Anhang C der ISO-Norm modelliert (z.B. gesetzliche Informationen „Legislation Information“). x Die für die Schweiz notwendige Mehrsprachigkeit ist nach Anhang J der ISONorm umgesetzt. In einzelnen Fällen musste von der ISO-Norm abgewichen werden, damit eine brauchbare Lösung gefunden werden konnte: x verantwortliche Stelle („Responsible Party“) autorisierte Stelle („Authority“) und Identikator („Identifier“) x Wiederverwendung von Daten in mehreren Instanzen (z.B. „Responsible Party“, Koordinatensystem, etc.) bedingt Abweichung bei der Modellierung der Beziehungen 3.6 GM03 Metadatenmodell Um eine minimale Beschreibung von Geodaten zu garantieren, wird das minimale Metadatenmodell GM03Core definiert. Zu GM03Core gehören die Metadatenelemente, mit welchen mindestens folgende Fragen beantwortet werden können: 15.6 x Existiert ein Datenbestand zu einem bestimmten Thema? (WAS) x Gibt es den Datenbestand zu einem bestimmten Ort? (WO) x Bei wem erhalte ich diese Daten? (WER) x In welcher Form kann ich die Daten beziehen? (WIE) x Wann oder in welcher Periode wurde der Datenbestand erstellt oder zuletzt nachgeführt? (WANN) Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Das Modell GM03Core umfasst nur die wichtigsten Elemente und deckt nicht alle Anforderungen ab. Deshalb wurde ein umfassenderes Modell GM03Comprehensive ausgearbeitet, das alle Elemente von ISO enthält und weitere Bedürfnisse der Beteiligten abdeckt. 3.7 Anwendungsbereich der Schweizer Norm SN612050 Die Norm befasst sich mit Metadaten für Geodaten und gilt für Betriebe, die für die Erfassung, Verarbeitung, Verwaltung und Abgabe von Metadaten verantwortlich sind. Die Norm bezieht sich zwar auf Geodaten, kann aber sinngemäss auch für andere Anwendungsbereiche eingesetzt werden. Die Norm regelt, wie Metadaten konzeptionell strukturiert werden. Sie ermöglicht damit ein einheitliches Verständnis aller an Metadaten interessierten Personen und Stellen. Sie regelt aber nicht, wie konkrete Einrichtungen (z.B. Datenbanken) aufgebaut sein sollen. Die Norm entwickelt selbst keine Technik zur präzisen Beschreibung der Festlegungen. Sie bedient sich dafür existierenden Techniken. Für die Beschreibung des Datenmodells wird die Unified Modelling Language (UML) und die Datenbeschreibungssprache INTERLIS 2 verwendet. Die Norm legt den Datenaustausch fest. Als gemeinsames Transferprotokoll wird XML (Regeln nach INTERLIS 2) verwendet. 4 geocat.ch 4.1 Metadatenportal geocat.ch und Geodatenkatalog Die Anforderungen an einen Geodatenkatalog lassen sich auf zwei wesentliche Punkte reduzieren: x Der Geodatenkatalog muss über eine Such-Applikation verfügen, damit erfasste Metadaten gesichtet werden können. Über ein heterogenes und dezentral organisiertes Metadatenportal wird dieser Geodatenkatalog abgefragt und die gewünschten Daten werden dem Benutzer zur Verfügung gestellt. x Der Geodatenkatalog muss über eine Administrations-Applikation verfügen, damit die Daten erfasst, verwaltet und aktuell gehalten werden können. Das Metadatenportal geocat.ch erfüllt genau diese genannten Anforderungen an einen Geodatenkatalog. 4.2 Konkrete Umsetzung Das Hauptziel besteht darin, auf nationaler Ebene ein Portal für die Gesamtheit aller geographischen Metadaten zu verwirklichen. Es wird die Einführung einer dezentralisierten Infrastruktur beabsichtigt, welche die dezentralisierte Verwaltung und den Zugang auf alle angeschlossenen Metadatenkataloge erlaubt. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 15.7 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Portal für die Suche Gateway Metadatenkatalog mit seinen Administrationsund Verwaltungstools user Benutzer (Oberfläche) user Discov e ry Service 1 Catalog Management Discovery Service Partner Catalog Gate way 2 A gateway manager Partner Metadatenbank Gatew ay and Client of Metadatabas es Se arch Server Komponenten der Infrastruktur Metadata Beziehung zwischen eine Benutzer und einer Komponente Informationsfluss Database and Tool Adm inistration Metadata Managem e nt Catalog Managem ent Im port / Export Search Se rve r 3 Catalog Server Metadata Metadatabase MetaCH general administrator KOGIS metadata contributor Partner and producer of Geodata catalog administrat or A catalog administrat or metadata contributor Partner and producer of Geodata Metadata catalog administrat or metadata contributor B Partner and producer of Geoda ta C Es sind zwei Typen von Datenbanken verbunden: x Die zentrale geocat.ch-Datenbank, welche erreichbar ist über die Suchapplikation geocat.ch. x Verteilte Datenbanken, die mittels Catalog Gateway mit der Suchapplikation geocat.ch verbunden sind. Für Datenproduzenten von Metadaten sind drei Partnertypen möglich: x Datenmanagement direkt in der zentralen Datenbank. x Datenmanagement in eigener Datenbank. Mittels eines Import/Export-Tools werden diese Daten in der zentralen Datenbank für die Suchapplikation verfügbar gemacht. x Datenmanagement in eigener Datenbank, welche durch die Suchapplikation über den Catalog Gateway abgefragt werden kann. 4.3 Suchportal Das Suchportal gibt dem Nutzer von Geodaten einen umfassenden und einheitlich strukturierten Überblick und schnellen Zugriff zu notwendigen Informationen über Geodaten, ganz gleich, welche Institution die Geodaten anbietet. Dieser Suchdienst wird nicht zu einer zentralisierten Lösung für die Verwaltung und Verbreitung von geographischen Metadaten verwendet. Im Allgemeinen ist vorgesehen, dass die Metadaten direkt bei den Geodaten produzierenden Partnern mit Hilfe der innerhalb ihrer Institution verfügbaren Infrastruktur verwaltet werden (Partner C). 15.8 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Nationale Profile der internationalen Standards am Beispiel Metadaten Die Applikation unterstützt zwei Arten der Suche: die einfache Textsuche und die ausführliche Suche, bei der nach jedem Element gesucht werden kann. Beiden Such-Arten gemeinsam ist die geographische Suche nach einer Gebietsbezeichnung (z.B. Kanton Bern), innerhalb eines umhüllenden Rechtecks oder innerhalb eines frei definierbaren Polygons. Der Suchdienst muss deshalb einen koordinierten und transparenten Zugriff auf verschiedenartige Metadatenbanken ermöglichen. Die Funktionstüchtigkeit einer solchen Lösung bedingt die Verwendung eines gemeinsamen Protokolls für Abfrage und Ergebnis. Dieses Protokoll, in SOAP (Simple Object Access Protocol) beschrieben, ist relativ kostengünstig implementierbar, sowohl für relationale Datenbanken als auch für XML basierte Lösungen. geocat.ch Discovery Client Geocat.ch Portal Gateway Protokoll Gateway Server(s) Anfrage (HTML) Anfrage(n) Resultat(e) in XML Konsolidierung der Resultate Präsentation der Resultate Detaillierte Anfrage (HTML) GM03 Anfrage(n) GM03 Resultat(e) in XML Präsentation der Resultate aus GM03 (HTML) Quellenangaben x Vermessung und Geoinformation - GM03 - Metadatenmodell, Ein Schweizer Metadatenmodell für Geodaten, SN 612050, Working Draft Version 1.4 x ISO Norm 19115:2003, Geographic Information - Metadata x Aufbau eines Nationalen Metadaten-Portals als Teil einer Nationalen GeodatenInfrastruktur in der Schweiz, Referat von D. Angst (ITV Geomatik AG) und A. Schneider (KOGIS), AGIT 2004 in Salzburg x Pflichtenheft geocat.ch Metadatenkatalog für Geodaten, August 2002 x Catalog Gateway Protocol, Mai 2004, KOGIS, Version 0.99 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 15.9 16 Interoperabilität Nicht nur eine Frage der Technologie Willy Müller, Informatikstrategieorgan Bund Willy Müller Informatikstrategieorgan Bund Friedheimweg 14 CH-3003 Bern Tel : Fax : E-Mail : +41 31 325 90 35 +41 31 322 45 66 Interoperabilität im Geoinformationsbereich ist das Thema dieser Tagung. Aber was ist Interoperabilität? Nach der Definition in [IEEE 90] ist es, die Fähigkeit von zwei oder mehreren Systemen oder Komponenten, Informationen auszutauschen und die Information, welche ausgetauscht wurde, zu nutzen. In unserem Kontext geht es primär um die Möglichkeit, geografische Daten auszutauschen. Bis zu einem gewissen Grad ist Interoperabilität auf irgendeine Weise fast immer gegeben. So kann z.B. ein Vermessungsbüro einen Plan erstellen, ihn auf Papier ausdrucken und per Post an ein anderes Büro versenden, das ihn manuell in sein System überträgt. Wenn wir damit zufrieden wären, wären wir wohl nicht hier. Wir streben eine bessere Interoperabilität an. Das heisst, Interoperabilität kann besser oder schlechter sein. Die Güte der Interoperabilität hat dabei zwei Dimensionen: die eine korreliert negativ mit dem Aufwand und den Kosten, die nötig sind, um Daten elektronisch auszutauschen und weiter zu verwerten. Die andere korreliert positiv mit der Menge der Systeme oder Komponenten, welche untereinander Informationen austauschen und weiterverwenden können. Lassen sie uns daher für unseren Kontext die Definition von [IEEE 90] präzisieren: Interoperabilität ist die Fähigkeit möglichst vieler Systeme oder Komponenten, Daten elektronisch auszutauschen und sie mit möglichst wenig Aufwand, insbesondere ohne manuelle Bearbeitung, weiter zu verwenden. 1 Der Bundesrates will eine reibungslose elektronische Zusammenarbeit Was hat der Staat zur Interoperabilität – insb. im Bereich der Geoinformationen - zu sagen? Soll er sich dazu überhaupt äussern, oder soll er besser die Finger davon lassen? Der Schweizer Staat - und das gilt für Bund, Kantone und Gemeinden gleichermassen sieht sich in mehrerlei Hinsicht mit der auf den ersten Blick eher technischen Fragestellung konfrontiert: 1. Er hat die Aufgabe, für Einwohnerinnen und Einwohner wie auch die Wirtschaft förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. 2. Als Produzent und wichtiger Konsument von Geoinformationen ist er direkt betroffen. 3. Er muss sich mit den Folgen verbesserter Interoperabilität auseinandersetzen. Der Bundesrat erachtet die Förderung der Informationsgesellschaft in der Schweiz als prioritär. Darüber hinaus will er seine Regierungs- und Verwaltungstätigkeit effizient, flexibel und transparent gestalten. In seiner eGovernment-Strategie hat er dazu drei Stossrichtungen definiert: 1. Voraussetzungen schaffen: Die organisatorischen, technologischen und sicherheitsspezifischen Voraussetzungen für eine reibungslose Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung sollen geschaffen werden. 2. Service excellence: Der Zugang zu den staatlichen Dienstleistungen – und dazu gehört auch die Bereitstellung einer ganzen Menge von Geoinformationen - soll für Privatwirtschaft, Bürgerinnen und Bürger leichter und transparenter werden. 3. Vernetzung: Angestrebt wird die ‚elektronische Integration’ zwischen den Verwaltungsstellen der verschiedenen Staatsebenen (Bund, Kantone und Gemeinden) sowie zwischen dem Staat und seinen Partnern (öffentliche Hand, Wirtschaft und Gesellschaft). Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 16.1 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität: nicht nur eine Frage der Technologie Die Arbeiten zur Förderung der elektronischen Zusammenarbeit im Bereich der Geoinformationen sind also zu sehen als Teil einer übergeordneten Strategie. Zu diesem Zweck wurde u.a. KOGIS, die Koordinationsstelle für geografische Information und geografische Informationssysteme, ins Leben gerufen (vgl. www.kogis.ch). Die Stossrichtungen ‚Voraussetzungen schaffen’ und ‚Vernetzung’ haben eine verbesserte Interoperabilität zum Ziel. Um die Interoperabilität zu steigern, sind dabei Massnahmen auf unterschiedlichen Ebenen notwendig. In Anlehnung an das Modell, welches wir im Rahmen der EGovernment-Architektur der Schweiz entwickelt haben [eGovCH], sind insbesondere zu unterscheiden: Politische, rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen Daten-Services Infrastruktur-Services Technische Basis Directory Services Fach-Services Abb. 1 : Bereiche, in denen zur Erreichung einer realen Interoperabilität, auf einander abgestimmte Massnahmen nötig sind. x x x x x x Technologische Infrastruktur: Rechner, Speicher und Netzwerke für die elektronische Verarbeitung und den Datenaustausch, Infrastruktur-Services: Nicht fachspezifische Anwendungen, welche den sicheren und zuverlässigen Datenaustausch ermöglichen, Directory-Services: Elektronische, bei Bedarf maschinenlesbare Verzeichnisse über Kommunikationspartner und elektronisch zugängliche Dienstleistungen Daten-Services: Definition der Syntax und Semantik, welche gewährleistet, dass Partner ausgetauschte Daten ohne grössere Probleme weiterverwenden können, Fach-Services: Fachanwendungen, welche so geschrieben sind, dass sie mit anderen Fachanwendungen zusammenarbeiten können, Organisation, Prozesse und Recht: Organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen, welche Interoperabilität zulassen und die Spielregeln für die elektronische Zusammenarbeit festlegen. Erst wenn auf allen Ebenen die geeigneten Voraussetzungen geschaffen sind, ist ein reibungsloses Zusammenspiel möglich. Nachfolgend wird exemplarisch auf einige kritische Themenkreise eingegangen. Zur Illustration wird in der Regel auf Beispiele im Geoinformationsbereich Bezug genommen. 16.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität: nicht nur eine Frage der Technologie 2 Erste Stossrichtung: Voraussetzungen schaffen Damit Systeme ohne menschliche Intervention Daten austauschen können, müssen sie sich verstehen. Das ist nur möglich, wenn sie die gleiche Sprache sprechen. Wir beginnen zu verstehen, wie derartige Sprachen optimalerweise aussehen sollten und wie sie zu dokumentieren sind. Entsprechende Spezifikationen im Geoinformationsbereich sind vorhanden und haben - zumindest teilweise - erste Praxistests bestanden (z.B. INTERLIS, GML). Darauf im Detail einzugehen, ist nicht die Aufgabe dieses Beitrags. Bei der Auseinandersetzung mit der Spezifikation von Klassen, Konsistenzregeln und Tags vergisst man jedoch gerne, dass es letztlich um mehr geht, als die präzise Spezifikation. Auf drei Aspekte soll im Folgenden speziell hingewiesen werden: x x x der Kampf um die richtige Sprache die Vergabe von Namen und Identifikatoren Verknüpfungen von Daten unterschiedlicher Domänen. 2.1 Der Kampf um die richtige Sprache Unglücklicherweise gibt es keine Naturgesetze, welche sicherstellen, dass es nur eine einzige Sprache gibt. Üblicherweise bilden sich daher mehr oder weniger unabhängig voneinander verschiedene Sprachgemeinschaften mit je eigenen Konventionen. Das ist bei den Geoinformationen nicht anders: Neben nationalen und internationalen Standardisierungsgremien setzen Softwareanbieter ihre eigenen Datenaustauschformate fest. Solange Mitglieder einer Sprachgemeinschaft lediglich unter sich Daten austauschen möchten, ist dies nicht weiter problematisch. Andernfalls stellen unterschiedliche Sprachen jedoch ein ernsthaftes Interoperabilitätsproblem dar. Sprachen dienen leider nicht nur der Kommunikation, sondern genauso der Ausgrenzung. Der Entscheidung, wer an der Sprachgemeinschaft teilhaben soll, kommt daher strategische Bedeutung zu. Der Bundesrat spricht sich explizit für eine Vernetzung innerhalb der Schweiz und darüber hinaus aus. Gelingt dies, wird sich dadurch allerdings der Wettbewerb zwischen den betroffenen Software- und Datenanbietern verschärfen. Nischen, die sich der eine oder andere geschaffen hat, gehen verloren. 2.2 Verknüpfungen Die Abgrenzung, was als Geoinformation zu betrachten ist, fällt schwerer, als auf den ersten Blick zu erwarten wäre. Im weiteren Sinn fällt darunter alles mit einem geografischen Bezug, d.h. alles, was in Beziehung zu einer Koordinate oder einem Areal stand, steht oder stehen wird. Bei genauerem Hinsehen sind das potentiell alle Objekte, welche eine räumliche Ausdehnung besitzen. Denn was eine räumliche Ausdehnung hat, befindet sich zwangsweise zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort: Golfclubs, Webcams, Mobilfunkantennen, Raucher, Rinder, Gletscherhahnenfüsse, Gasleitungen, Niederschläge. Aber damit nicht genug! Selbst alles was mit einem solchen Objekt in Beziehung steht, kann zum Teil von Geoinformationen werden: Windgeschwindigkeiten, Kindersterblichkeit, Sexpraktiken oder Vorlieben für Rotwein. Was bleibt noch übrig? – Nicht viel! Da liegt es nahe, einen zusätzlichen Begriff einzuführen: die Referenzdaten. Referenzdaten sind Geoinformationen, welche herangezogen werden können, um weitere Informationen darauf zu projizieren. Die Idee ist einleuchtend, den Begriff präzise zu fassen, jedoch schwierig. Er wurde in den Entwurf des neuen Geoinformationsgesetzes aufgenommen, und hat in den vorberatenden Gremien zu entsprechend heftigen Diskussionen geführt. Bei genauerem Hinsehen enthalten selbst Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 16.3 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität: nicht nur eine Frage der Technologie einfachste Geoinformationen Angaben zu 'Fremdobjekten', beispielsweise Länder, Kantone oder Gemeinden, Nationalstrassen, Hauptstrassen und Nebenstrassen, Haus- und Parzellennummern. Und mit Sachinformationen kombinierte Geoinformationen - z.B. eine mit geologischen Informationen angereicherte Karte - kann von anderen als Grundlage für weitere Arbeiten genutzt werden - beispielsweise die Planung von AtomEndlagern. Wir möchten ein - möglichst weltumspannendes Interoperabilitätsnetz für Geoinformationen schaffen. Dazu sind Normen zur Abbildung von räumlichen Informationen notwendig, jedoch, wie diese Beispiele verdeutlichen, nicht hinreichend. Zusätzlich brauchen wir auch Normen zur Abbildung der Angaben, welche mit ihnen verknüpft werden sollen. Interoperabilität im Bereich der Geoinformationen kann und darf daher nicht bei den Geoinformationen im engeren Sinn stehen bleiben, sonst ist sie nur von begrenztem Nutzen. 2.3 Vergabe von Namen und Identifikatoren Was wären Landeskarten ohne Ortsbezeichnungen oder Stadtpläne ohne Strassennamen? Im Gegensatz zur allgemeinen Syntax und Semantik ist es oft nicht, oder nur bedingt möglich, derartige Namen oder Identifikatoren in Normen oder Standards festzuhalten, dennoch sind sie für die Interoperabilität unabdingbar. Nur wenn zwei Kommunikationspartner demselben Objekt gleich sagen, wissen sie, dass sie vom Gleichen sprechen. Neben Standardisierungsgremien, welche die notwendigen Normen erarbeiten, herausgeben und pflegen, brauchen wir Institutionen, welche Objekte, zu denen wir Informationen austauschen möchten, identifizieren und die Listen der vergebenen Identifikatoren aktuell und für alle Betroffenen elektronisch zugänglich publizieren. Idealerweise ist überschneidungsfrei definiert, wer für welche Namensräume zuständig ist. Diese aus technischer Sicht einfach aufzustellende Forderung enthält jedoch im Einzelfall einigen Zündstoff. So ist sich die Staatengemeinschaft nicht einig, ob Taiwan ein eigenständiger Staat ist oder lediglich eine – abtrünnige - Provinz Chinas. Die Anerkennung eines Staates ist ein politischer Akt, der im schlimmsten Fall zum Krieg führen kann. Vor dem Zeitalter der Vernetzung hat jede Anwendung notgedrungen die von ihr benötigten Daten selbst verwaltet und identifiziert. Möchte man sie austauschen, bringt das Probleme. In unterschiedlichsten Fachgebieten sind Arbeiten im Gang, diese anzugehen. Ein Beispiel sind die Bemühungen zur Einführung von Identifikatoren für juristische und natürliche Personen. Noch ist für viele Objekte nicht verbindlich geregelt, wer ihre Namen vergibt. Die Festlegung, wer wofür Namen vergibt, und das Akzeptieren dieser Definitionsgewalt durch die Kommunikationsgemeinschaft sind primär organisatorische und politische Entscheide, und diese laufen selten ohne Auseinandersetzungen und Machtkämpfe ab. Hier liegt noch einige Arbeit vor uns. 3 Zweite Stossrichtung: Service excellence Interoperabilität ist kein Selbstzweck. Wir arbeiten daran, weil wir uns davon Vorteile versprechen. Diese Vorteile nutzen wir jedoch erst, wenn die Systeme in Realität zusammenarbeiten. Der Bundesrat hat zum Ziel, dass die Behörden die Möglichkeiten der Informationstechnologien nutzen, um der Privatwirtschaft, Bürgerinnen und Bürgern 16.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität: nicht nur eine Frage der Technologie den Zugang zu ihren Dienstleistungen erleichtern. Dabei ist sowohl die eingehende wie die ausgehende Kommunikation betroffen: Dazu müssen: x x x x die Datenproduzenten die Daten elektronisch erstellen (was, z.B. in der amtlichen Vermessung noch nicht überall der Fall ist) die Daten in geeigneten Formaten und zu realistischen Konditionen elektronisch zur Verfügung gestellt werden eine geeignete Infrastruktur für den Datenaustausch bereitstehen die Datenempfänger über die geeignete Infrastruktur verfügen, um die Daten einzulesen und zu verarbeiten. Die aufgeführten Bedingungen mögen banal erscheinen. In der Praxis soweit zu kommen, dass z.B. die Pläne aller Grundstücke in der Schweiz tatsächlich elektronische erfasst sind und die Programme, welche sie verwalten, dazu in der Lage sind, sie elektronisch auszutauschen, ist alles andere als trivial. Dazu sind ist Überzeugungsarbeit bei Amtlichen Vermessern, Gemeindepräsidenten und Politikern notwendig und sind teilweise grössere Investitionen unumgänglich. Selbstverständlich arbeitet auch der Bund daran, seine Geoinformationsdaten einfach elektronisch zugänglich zu machen. 4 Dritte Stossrichtung: Vernetzung Wir streben nach einer dichteren Vernetzung und besseren Interoperabilität. Systemtheoretisch betrachtet, modifizieren wir damit die Interaktionsregeln innerhalb eines dynamischen Systems. Dies muss unweigerlich Auswirkungen auf das Gesamtsystem haben: Es wird sich verändern. Ob wir wollen oder nicht, wir werden nicht darum herum kommen, auf die Veränderungen zu reagieren. Wer strategisch denkt, wird sich nicht damit zufrieden geben. Er wird die möglichen Veränderungen vorwegnehmen und, so gut es geht, gestaltend darauf einwirken wollen. Einige der Felder, in denen Veränderungen bevorstehen, sind die folgenden: x x x x Tarifierung und Finanzierung Authentizität und Urheberrecht Datenschutz Verantwortung der Datenanbieter 4.1 Die Tarifierungs- und Finanzierungsmodelle sind zu überarbeiten. Noch vor nicht allzu langer Zeit hatten Geoinformationen die Form von Karten oder Plänen und konnten daher wie klassische Güter gehandelt werden. Werden sie in Form von digitalen Datensätzen weitergegeben, ist das nur noch bedingt möglich. Denn digitale Informationen können in Sekundenbruchteilen kopiert, transportiert, neu zusammengestellt, verändert oder mit neuen Informationen verknüpft werden. Die elektronische Weitergabe schafft jedoch ein neues Potential: Für Partner, Behörden und auch Unternehmen, wird es leichter, Daten einzukaufen und sie zu neuen Produkten zu verarbeiten, welche sie dann ihrerseits weiterverkaufen. So gesehen wird der Staat gewissermassen zum Rohstofflieferanten für die weiterverarbeitende Industrie. Für die nachgelagerten Informationsverarbeiter wird die Nutzung der Rohdaten umso interessanter, je kostengünstiger er sie erwerben kann. Ist ihr Preis zu hoch, werden seine eigenen Produkte zu teuer und dadurch weniger attraktiv. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 16.5 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität: nicht nur eine Frage der Technologie Der Bundesrat verfolgt die Strategie, seine Geodaten den Nutzern zu möglichst günstigen Preisen zur Verfügung zu stellen und so für die Wirtschaft förderliche Bedingungen zu schaffen. Er ist bemüht, die Kantone zu einer ähnlichen Strategie zu bewegen. Die gleichzeitig verfolgten Sparanstrengungen auf Seiten des Staates erschweren allerdings eine konsequente Umsetzung. 4.2 Urheberrecht und Authentizität Daten, welche elektronisch weitergegeben werden, sieht man ohne spezielle Massnahmen den Urheber nicht mehr an, und sie können ohne sein Wissen und seine Zustimmung weiterbearbeitet, ja gar weiterverkauft werden. Ich kann ohne grössere Probleme Video-Dateien vom Internet herunterladen, mit einfachen Programmen bearbeiten, zusammenkopieren und das Resultat unter meinem Namen weiterverbreiten. Dies ist bei Geoinformationen nicht anders. Die einfache Kopierbarkeit stellt ganze Geschäftsbereiche vor bisher ungelöste Probleme. Eingespielte Verrechnungsmechanismen werden ausgehöhlt. Die Durchsetzung des Urheberrechts in der E-Welt ist ein noch nicht gelöstes Problem. Was tun wir z.B. wenn das Kartenwerk der Landestopographie plötzlich in die Hände einer Gruppe gerät, welche es auf einem Server in Übersee ins Internet stellt? Die einfache Kopierbarkeit und Modifizierbarkeit produziert noch ein weiteres Problem: Woher weiss ich, ob ich eine autorisierte Version der Daten in den Händen habe? Wie kann ich z.B. sicher sein, ob es sich beim Vermessungsplan, den ich am Bildschirm sehe, um eine autorisierte Kopie handelt? Zwar gibt es erste technologische Ansätze, die hier Abhilfe schaffen wollen wie z.B. die des Digital Rights Management (DRM), doch diese eignen sich für den uns interessierenden Kontext nur bedingt, da sie für Objekte konzipiert sind, welche als Einheit auf einem bestimmten Gerät abgespielt werden. Die gesetzlichen Grundlagen in diesem Bereich sind erst rudimentär vorhanden, die nötigen technischen Lösungen noch ungenügend. 4.3 Datenschutz Die einfache Zugänglichkeit und Verknüpfbarkeit von Geoinformationen bringt auch neue Probleme mit sich. Eines besteht darin, dass es schwieriger wird, Informationen geheim zu halten. Angaben über dasselbe Gebiet aus verschiedenen Quellen können mit relativ geringem Aufwand verglichen und Unterschiede ausgewertet werden. So ist es möglich, Satellitenaufnahmen mit von den lokalen Behörden herausgegebenen Karten abzugleichen. Dabei können gerade Informationen, welche bewusst weggelassen wurden, Geheimdiensten interessante Aufschlüsse geben... Oder Personendaten können mit Geoinformationen verknüpft werden. Bringt man Angaben im Telefonbuch, Gebäudeadressen und Kartenmaterial zusammen, kann auf Knopfdruck sichtbar gemacht werden, wer wo wohnt. Trägt eine Person ein eingeschaltetes Handy bei sich, ist ihr Aufenthaltsort bekannt. Ohne grössere Probleme könnte auf einer Web-Seite eine Karte aufgeschaltet werden, welche anzeigt, wo wer sich gerade befindet. Derartige Informationen können in Katastrophensituationen helfen, Personen aufzufinden. Die Polizei kann sie nutzen, um Verbrecher zu fassen. Sie sind jedoch genauso interessant für Privatdetektive, Geheimdienste und Terroristen. Wenn wir die Interoperabilität verbessern, dürfen wir Massnahmen nicht vernachlässigen, welche sicherstellen, dass mit den Informationen kein Missbrauch getrieben wird. 16.6 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität: nicht nur eine Frage der Technologie Gegenwärtig tun sich Staat und Politik schwer bei der Festlegung, wie mit elektronischen Daten umgegangen werden, was erlaubt und was verboten sein soll. Manche gehen beispielsweise soweit, die elektronische Version der Schweizerkarte zu schützenswerten Personendaten zu erklären, da sie potentiell mit Personendaten verknüpft werden können. 4.4 Verantwortung der Datenanbieter Interoperabilität ist kein abstrakter Wunsch. Geodaten sind mehr und mehr elektronisch zugänglich, und der Markt beginnt die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zu nutzen. Es ist absehbar, dass sich nach und nach ganze Wertschöpfungsketten aufbauen werden. Ob gewollt oder ungewollt werden die Abnehmer von Daten sich mit steigenden Kundenwünschen konfrontiert sehen. Diese betreffen einerseits die Stabilität des Angebots: Wer Daten eines anderen nutzt, um daraus eigene Produkte zu generieren, zählt darauf, dass diese auch in Zukunft verfügbar sein werden. Der volkswirtschaftliche Nutzen wird dann am grössten sein, wenn die Datenanbieter ihre Produkte präzise definieren und ihren Kunden garantieren können, dass ihr Angebot über längere Zeit zur Verfügung stehen wird. Andererseits wird nicht zu vermeiden sein, dass die Kunden auf den Geschmack kommen und neue Wünsche vorbringen werden, welche die Anbieter unter Druck setzen. So ist beispielsweise vorhersehbar, dass die Forderungen nach höherer Aktualität der Daten steigen werden. 5 Schlusswort Ist Interoperabilität im Geoinformationsbereich Realität, entsteht logisch gesehen ein riesiger Datenpool, zu dem unterschiedliche Parteien ihren Beitrag leisten. Die Beteiligten, dazu gehört der Staat genauso wie betroffene private Unternehmen, müssen sich darauf einigen, wer welchen Beitrag zu diesem Datenpool leistet und wie damit umgegangen werden soll. Der Datenpool an sich stellt ein volkswirtschaftlich nicht zu unterschätzendes Kapital dar, dessen Wert mit der Menge der darin integrierten Informationen steigt. Wie dieses Kapital bewirtschaftet – oder nicht bewirtschaftet – wird, entscheidet darüber, wie gross die Wertschöpfung sein wird. [eGovS 99] Regieren in der Informationsgesellschaft. Die eGovernment-Strategie des Bundes. 13. Februar 2002. http://www.isb.admin.ch/imperia/md/content/egoverment/egov_stra tegie/de/egov_strat_bv_dt.pdf [IEEE 90] Institute of Electrical and Electronics Engineers. IEEE Standard Computer Dictionary: A Compilation of IEEE Standard Computer Glossaries. New York, NY: 1990. [IGES 98] Strategie des Bundesrates für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz vom 18. Februar 1998. http://www.infosociety.ch/site/propos/references/details.asp?id_fiche =2867# [eGovCH 05] eGovCH - eGovernment Architektur Schweiz. Informatikstrategieorgan Bund (in Vorbereitung). Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 16.7 17 Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene François Golay, ETH Lausanne François Golay, Prof. Dr. Laboratoire de Systèmes d'information géographique Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne CH-1015 Lausanne Tel : Fax : E-Mail : +41 21 693 57 81 +41 21 693 57 90 1 Einleitung Man kann die Interoperabilität vor allem als eine technologische Antwort auf das Bedürfnis, Geoinformationssysteme zu öffnen, betrachten. Die OGIS spielt weltweit eine zentrale Rolle für die normierte technologische Entwicklung und die damit verbundenen Systemarchitekturen. Programmmodule, Webservices, etc – erlauben es, eine effiziente Implementierung zu gewährleisten. Schliesslich erlauben die innerhalb der ISO besonders unternommenen Normungsarbeiten, diese Konzepte dauerhaft zu verankern. Die vorangegangenen Präsentationen dieses Seminars haben bewiesen, dass das Datensharing nicht nur eine Übereinkunft über den Behälter – die Architekturen – aber auch über den Inhalt des Datenaustausches erfordert. Welche Daten sind bei einem Austausch beteiligt? Worauf gründen sich Information über gemeinsame Prozesse? Diese Fragen wurden von Morf und Dorfschmid in der Präsentation „Modellstandardisierung oder semantische Interoperabilität“ [Morf 2005] behandelt. Die Erarbeitung und Normalisierung von gemeinsamen Modellen stellen eine Antwort auf diese Fragen dar, genauso wie die Identifikation und die Definition von Referenzen, die interoperable Systeme verknüpfen. Die vorhergehenden Redner haben schliesslich betont, dass die Vielfalt der beteiligten Personen und Institutionen, die im Sharing von Informationen [Buser 2005] und Diensten einbezogen wurden, eine adäquate Organisation erfordert, die die institutionelle Verantwortung jedes einzelnen Beteiligten respektiert. Wir stellen in diesem Beitrag fest, dass es kein wirksames Datensharing ohne Anerkennung und Berücksichtigung der Aufgaben und Strategien von jeder der beteiligten Institutionen, insbesondere von Gemeinden, Kantonen und dem Bund, geben wird. Wir postulieren, dass die technische und semantische Interoperabilität nur im Rahmen einer guten, strategischen und administrativen Interoperabilität der beteiligten Institutionen verwirklicht werden kann. 2 Föderalistische Organisation der Schweiz und Aufgaben der beteiligten Institutionen Im Rahmen der Vorstudie zum Projekt e-geo.ch: Organisatorische und technische Aspekte [Moreni & al. 2003] wurde eine Verschachtelung der Entscheidungsebenen auf dem Staatsgebiet am Beispiel der Schweiz vorgeschlagen (Figur 1). Man kann unterschiedliche Positionierungen der verschiedenen staatlichen, kantonalen und kommunalen Beteiligten feststellen. Die Arbeitsbereiche der Akteure der verschiedenen Entscheidungsebenen können sich jedoch, ihren Verantwortlichkeiten im Bodennutzungsmanagement entsprechend, erheblich unterscheiden. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 17.1 Kanton Stadt Gem. Kanton Gem. Kanton Stadt Gem. Privatgesellschaften Etat Bund Einrichtungen öffentlichen Rechtes, z. B. Elektrizitätswerke usw.) LOKAL REGIONAL NATIONAL Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene Figur 1 : Verschachtelungen der Entscheidungsebenen auf dem Staatsgebiet Somit: 17.2 x Sind auf lokaler (kommunaler) Ebene die Grund- und Bodenangelegenheiten vorherrschend. Es handelt sich zuallererst darum, die rechtliche und technische Grund- und Bodenverordnung verlässlich zu dokumentieren und als Bezugseinheit ist die Parzelle ausschlaggebend. Die Lokalisierung von technischen Infrastrukturen, die Verwaltung des bebauten Kulturgutes, usw., sind typische Beispiele für diese Ebene. x Auf regionaler (kantonaler) Ebene ist die räumliche Information vor allem ein Werkzeug für die Raumplanung. Die Erwartungen bestehen hauptsächlich im Erhalt von korrekt aktualisierten, und zusammenhängenden Informationen zur Bodennutzung und der Umwelt. Öffentliche Gelände, verseuchte Gebiete, Bodennutzungsstatistiken, Räume, die durch natürliche Gefahren bedroht werden, sind einige Beispiele für Informationen auf diesem Niveau. x Auf nationaler (eidgenössischer) Ebene geht es vor allem darum, die Konzeption und Planung von kohärenten Strategien durch zuständige Organisationen und Einrichtungen möglich zu machen. Ein globaler und homogener Zugang zu den Informationen, ohne „Grenzen zwischen den Regionen, stellt eine nötige Vorbedingung dar. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene 3 Datenintegration zwischen verschiedenen Entscheidungsebenen Die Primärdaten, die für die Erfüllung der Aufgaben dieser verschiedenen strategischen Niveaus notwendig sind, sind jedoch teilweise dieselben: Indikatoren, welche die Landschaftsnutzung im Kantonsmassstab angeben, können von den kommunalen Rahmennutzungsplänen abgeleitet werden. Bodennutzungsstatistiken auf nationaler Ebene können anhand lokaler Bodennutzungsangaben erstellt werden, usw. Aus Effizienzgründen sollen die entsprechenden Daten nur ein einziges Mal erstellt und verwaltet werden, und zwar auf der am besten geeigneten Ebene (Dieses Prinzip wird im [INSPIRE 2002]Bericht für geographische Infrastrukturen und Daten beschrieben) Die oben aufgeführten, speziellen Bedürfnisse jeder Entscheidungsebene müssen unabhängig von der Einrichtung, die mit deren Realisierung beauftragt ist, bei der Datenerfassung und Verteilung berücksichtigt werden. Einige kürzlich aufgetretene Schwierigkeiten zeugen von den Schwierigkeiten, die auf diese Wechselbeziehung der Bedürfnisse zurückzuführen sind x Gemeinden, welche Katasterdaten besitzen, geben sich aus Furcht vor einer übermässigen Zentralisierung zurückhaltend, diese Daten der kantonalen Stelle zu übergeben. Wie sollen kantonale Stellen eine umfassende Verwaltung des Kantonsgebiets verwirklichen? x Hingegen haben Kantone, welche Daten in grossem Massstab besitzen, kein Interesse daran eine klar dokumentierte, systematische Qualität ihrer Daten zu fördern. Diese Daten sind folglich nicht brauchbar für Verwaltungsaufgaben auf lokaler Ebene. x Einige Kantone widersetzen sich der Harmonisierung von Datenstrukturen, welche vom Bund verlangt wird, um einen nahtlosen Datenzugang für die ganze Schweiz zu ermöglichen. Solche Probleme existieren auch zwischen öffentlichen Einrichtungen und Privaten Unternehmen. Wieso war es z.B. notwendig, das Strassennetz für die Bedürfnisse der automobilen Navigation nochmals zu erfassen? 4 Die Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene – eine entwicklungsbedürftige Ressource ! Die Wiederverwendung von Daten zwischen verschiedenen strategischen Ebenen setzt jedoch voraus, dass jeder Beteiligte einer Entscheidungsebene die Bedürfnisse der anderen Entscheidungsebenen kennt (und anerkennt!), und dass er bereit ist, die Datenerfassung, für die er zuständig ist, gemäss der Bedürfnisse sämtlicher anderer Partner durchzuführen. Dieser Anspruch betrifft nicht die technischen und organisatorischen Dimensionen der Interoperabilität, sondern eine Art der Anerkennungsteilung und der Teilung von Zielsetzungen und Aufgaben. Es ist schwieriger die Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene durchzuführen, als auf der technischen Ebene, jedoch stellt die Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene eine Anforderung an die technische, semantische und organisatorische Ebene. Diese Anforderung wird im [INSPIRE 2002] – Bericht beschrieben: administrative interoperability should precede geospatial interoperability. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 17.3 Organisatorische Folgen der Interoperabilität I Interoperabilität auf strategischer und administrativer Ebene Die Berücksichtigung des Grundsatzes der strategischen und administrativen Interoperabilität müsste auch die Annahme und die Umsetzung durch alle Beteiligten erleichtern und eine gute Handhabung der Interoperabilität ermöglichen: x Man sollte versuchen, die Datenerfassung und -verwaltung von gemeinsamen Interesse zu an eine einzige Instanz zu delegieren. x Um eine adäquate Qualität dieser Aufgaben zu garantieren, die den wesentlichen Bedürfnissen sämtlicher Partner entspricht, müssen die Normen auf dem höchsten Entscheidungsniveau definiert werden (SNV/ASN – Normen für die gesamte Schweiz). Bibliographie Buser, R., 2005, Conséquences organisationnelles de l’interopérabilité, Actes de la journée d’étude « Interopérabilité pour l’utilisation généralisée de la géoinformation », mars 2005, A. Carosio éd., ETH Zürich. INSPIRE, 2002, INSPIRE Architecture and Standards Position Paper, JRC-Institute for Environment and Sustainability, Ispra. Moreni, C. & al., 2003, Etude préliminaire au projet e-geo.ch: aspects organisationnels et techniques, Rapport sur mandat de la COSIG, EPFL-LASIG et ETHZ-Geoinformation. Morf, A. & Dorfschmied, J., 2005, Modèles standardizes ou interopérabilité sémantique, Actes de la journée d’étude « Interopérabilité pour l’utilisation généralisée de la géoinformation », mars 2005, A. Carosio éd., ETH Zürich. 17.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 18 Interoperabilität in der Praxis Erfahrungen aus Projekten im In- und Ausland Ivo A. Leiss, Ernst Basler + Partner AG Ivo A. Leiss, Dr. Zollikerstr. 65 CH-8702 Zollikon Tel : Fax : E-Mail : +41 44 395 12 80 +41 44 395 12 34 1 Einleitung Die Interoperabilität bei der Nutzung von Geoinformation ist bei GIS-Projekten im Planungs- und Umweltbereich ein allgegenwärtiges Thema. In der Praxis trifft man auf verschiedene Aspekte der Interoperabilität: x x x beim Austausch von Geodaten (z.B. mit Auftraggebern oder Partnerfirmen) beim Austausch von Applikationen und Systemen (z.B. Businessapplikationen ohne geografischen Bezug) beim Austausch von Prozessen (z.B. Service zur Geocodierung von Adressen) Der vorliegende Beitrag soll die Interoperabilität von Geoinformation am Beispiel von ausgewählten Projekten der Firma Ernst Basler + Partner AG im In- und Ausland beleuchten. Typische Interoperabilitätsprobleme und deren Lösungsansätze werden aufgezeigt. Die Bedeutung der Interoperabilität für die Zukunft wird bewertet. 2 Beispielprojekte 2.1 Nationale Projekte: Drei kantonale Beispiele Die Interoperabilität bei der Nutzung von Geoinformation in den Kantonen soll anhand drei verschiedener GIS-Projekte beleuchtet werden (Tab. 1). Projektname (Laufzeit) Strassenlärm Zürich (2000 – 2005) Auftraggeber Aufgaben Projektpartner Baudirektion des Kantons Zürich, Fachstelle Lärmschutz Portierung des Strassenlärmkatasters (Emissionen), GISAnalyse lärmbetroffener Gebäude (Immissionen) Erstellen einer Gefahrenhinweiskarte für den Naturgefahrenprozess Hochwasser im Kanton Luzern, Erstellen eines Ereigniskatasters Darstellung von archäologischen Informationen (SPATZ) in einem Intranet-Kartendienst, Interaktion zwischen dem Archäologischen Informationssystem und dem Kartendienst (z.B. Editieren von Punkten) Norsonic Brechbühl AG F. Preisig AG GIS-Zentrum Kt. Zürich Gefahrenhinweiskarte Hochwasser Luzern (2003 – 2005) Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartemen t des Kantons Luzern, Dienststelle Verkehr und Infrastruktur SPATZ Mapserver Graubünden (2004 – 2005) Archäologischer Dienst, Kanton Graubünden Kost+Partner AG ITECO Geoinformation und Vermessung Kt. Luzern GIS Kompetenzzentrum Kt. Graubünden GWZ Informatik Tab. 1 : Übersicht über drei kantonale Projekte. Sie dienen als Grundlage für die nachfolgenden Überlegungen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 18.1 Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Interoperabilität in der Praxis: Erfahrungen aus Projekten im In- und Ausland 2.2 Internationale Projekte: Transnationales Internet KartenInformationssystem für Überschwemmungen (TIMIS flood) Das Projekt TIMIS flood hat zum Ziel, für das internationale Einzugsgebiet der Mosel und der Nahe ein transnationales Informationssystem für Überschwemmungen aufzubauen. Dabei kommen innovative GIS und IT-Technologien zum Einsatz. TIMIS flood soll folgende Informationen bereitstellen: x x x harmonisierte und qualitativ hochstehende räumliche Daten, Informationen über Gefahr und Risiko sowie Informationen zur Vorhersage und Warnung. Sämtliche resultierenden Informationsdienste sollen schliesslich unter einer Plattform namens TIMIS flood Service kombiniert werden. Dieser Service wird den verschiedenen Benutzern (Behörden, Wissenschaftler und Öffentlichkeit) im Jahr 2008 zugänglich sein. Auftraggeber sind sieben verschiedene Behörden aus Luxemburg, Deutschland und Frankreich. Die Firma Ernst Basler + Partner AG ist als Generalunternehmer für die Koordination des Projekts und die Realisierung des Informationssystems verantwortlich. Sie wird unterstützt durch die Firma Hydrotec aus Aachen (Deutschland) sowie durch zahlreiche Subunternehmer im Bereich der Datenerfassung. Weitere Informationen sind unter http://www.timisflood.net erhältlich. 3 Aspekte der Interoperabilität 3.1 Austausch von Geodaten Der Austausch der Geodaten bildet im Rahmen der Beispielprojekte die weitaus grösste Herausforderung im Bereich der Interoperabilität. Zwischen folgenden Beteiligten müssen Daten ausgetauscht werden (Abbildung 1): x x x x Ernst Basler + Partner als Auftragnehmer Auftraggeber Projektpartner (Partnerfirmen, Subunternehmer, andere Beteiligte) Externe Geodatenlieferanten (z.B. Swisstopo, Vermessungsbüros) Abb. 1 : Beteiligte beim Austausch von Geodaten. Standardisierte Austauschformate werden zum heutigen Zeitpunkt kaum verwendet. In der Regel wird im Vorfeld eines Datenaustauschs ein geeignetes Transferformat – in Abhängigkeit der Möglichkeiten von Quell- und Zielsystem – festgelegt (Tabelle 2). 18.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Interoperabilität in der Praxis: Erfahrungen aus Projekten im In- und Ausland Austauschformate für Vektordaten ESRI (Shape, Coverage, Personal Geodatabase, Exportdatei) CAD (DXF, DGN) Datenbanken und Tabellen (MS Access, MS Excel, dbf) XML sAndere (INTERLIS, ASCII) Austauschformate für Rasterdaten Tiff (World, Geo) ESRI (Grid) ASCII Andere Anteil (geschätzt) 60% 10% 10% 10% 10% Anteil (geschätzt) 50% 20% 20% 10% Tab. 2 : Verwendete Formate für den Austausch von Geodaten. Der Anteil bezieht sich auf die Anzahl zu transferierenden Informationen in den Beispielprojekten und ist geschätzt. Der hohe Anteil an ESRI-Formaten lässt sich damit begründen, dass die Firma Ernst Basler + Partner AG auf ESRI spezialisiert ist und damit häufig Auftraggeber und Projektpartner hat, welche ebenfalls mit ESRI arbeiten. Nur rund 20% aller Daten, welche uns von den Auftraggebern zur Verfügung gestellt werden, beinhalten nutzbare Metainformationen. Aber auch hier hat sich noch kein interkantonaler, geschweige denn ein internationaler Standard durchgesetzt. 3.2 Austausch von Applikationen und Systemen Die gemeinsame Nutzung von Applikationen hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Grund dafür ist die generell zunehmende Vernetzung von Systemen. In den Beispielprojekten kommt dieser Aspekt in den webbasierten Projekten "SPATZ Mapserver" und "TIMIS flood" zum Tragen. Beim archäologischen Informationssystem SPATZ handelt es sich um eine OracleDatenbank mit Benutzerschnittstelle für die Datenbewirtschaftung. Der lesende Zugriff auf SPATZ erfolgt via OGR Virtual Format, einem Open Source Treiber, welcher einfache Geoobjekte aus einer ODBC-Datenbank anhand einer XML-Konfigurationsdatei liest. Der schreibende Zugriff auf die Oracle-Datenbank wird durch eine Schnittstelle der Firma GWZ Informatik (Vertreiber von SPATZ) sichergestellt. Die Parameter werden dabei mittels ASCII-Datei übergeben. Da es sich beim SPATZ Mapserver um eine Intranet-Anwendung handelt, kommen zur Zeit keine OGC-kompatiblen Austauschformate (WFS, WMS) zum Einsatz. Im Projekt TIMIS flood werden die geografischen Informationsdienste zur Zeit basierend auf WFS und WMS konzipiert. Für das Internet-Portal (auf Basis von ESRI ArcIMS) ist dies mittlerweile eine Standardfunktionalität. Zum heutigen Zeitpunkt ist jedoch noch nicht sichergestellt, dass alle nationalen Server diese OGC-Formate unterstützen. Wir gehen aber davon aus, dass sich diese OGC-Formate in den kommenden Jahren durchsetzen werden. 3.3 Austausch von Prozessen Die Interoperabilität von Prozessen ist zum heutigen Zeitpunkt noch am wenigsten fortgeschritten. Im Zusammenhang mit Web-Services (z.B. für die Geocodierung von Adressen) wird dieser Aspekt in Zukunft aber immer wichtiger. Der Austausch von Prozessen ist unter den Beispielprojekten einzig im Projekt TIMIS flood vorgesehen. Ab 2008 soll es möglich sein, die Hochwasservorhersage für einen Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 18.3 Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Interoperabilität in der Praxis: Erfahrungen aus Projekten im In- und Ausland Standort an der deutschen Mosel (Rheinland-Pfalz) aus der Kombination verschiedener Prozesse zu generieren: aus der Wettervorhersage des deutschen Wetterdienstes, aus den aktuellen Pegelmessungen im Einzugsgebiet (Frankreich, Luxemburg und Deutschland), aus einer Abflussvorhersage aus Baden-Württemberg und aus einer hydraulischen Modellierung für den entsprechenden Standort in Rheinland-Pfalz. Als Resultat erhält der Benutzer die Hochwasservorhersage in Karten- und Textform (ähnlich wie bei der Wettervorhersage). Die gleichen Prozesse können auch für beliebige Orte in Luxemburg beansprucht werden. Noch sind nicht alle Fragen gelöst. Die grössten Hürden liegen jedoch weniger in der technischen Realisierbarkeit, sondern viel eher in der Akzeptanz der verschiedenen (ausländischen) Prozesse und Verfahren. Für eine erfolgreiche Umsetzung sind hier weniger Standards, sondern eher eine gute Kommunikation innerhalb und ausserhalb des Projekts notwendig. 3.4 Interoperabilität und Projektplanung Die oben erwähnten Aspekte kommen zum Tragen, wenn ein Projekt ausgelöst ist. Erfahrungen in der Praxis haben aber gezeigt, dass der Kosten-, Kommunikations- und Zeitaufwand für die Interoperabilität im Allgemeinen unterschätzt wird. Bei der Planung eines Projekts sind folgende Informationen häufig nicht oder nur unzureichend vorhanden: x Qualität der Geodaten oder der Systeme Neben der grundsätzlich zu prüfenden Qualität der Datengrundlage kann es alleine aufgrund der genutzten Formate zu Qualitätsproblemen kommen: Ein CAD-Format setzt andere Integritätsregeln auf einen geometrischen Datensatz als ein GIS-Format. Selbst innerhalb verschiedener GIS-Formate bestehen unterschiedlich strenge Anforderungen an den Aufbau und die Konsistenz der Daten. x Erstellung oder Anpassung notwendiger Schnittstellen Während der Bearbeitung eines Projektes kann es passieren, dass aus rein technischen Gründen neue Schnittstellen notwendig werden oder geplante Schnittstellen angepasst werden müssen. x Vollständige Dokumentationen Bei der Planung werden Eigenschaften der zu nutzenden Daten oder Systeme implizit angenommen, die nicht oder nur unzureichend dokumentiert oder in Metadaten vorhanden sind. Der Vollständigkeit halber soll auch erwähnt sein, dass Projektideen immer wieder durch zu hohe Tarife für Geodaten wieder begraben werden. 4 Fazit Aus den oben dargestellten Projekten lassen sich bezüglich Interoperabilität bei der Nutzung von Geodaten folgende Folgerungen ableiten: x x 18.4 Bei GIS-Projekten im Planungs- und Umweltbereicht steht heute bezüglich Interoperabilität vor allem der Austausch von Daten im Vordergrund. Beim Datenaustausch gelangen kaum Standards zum Einsatz. Am häufigsten werden die Formate ESRI Shape und Tiff verwendet. Dies hängt aber in erster Linie von den Möglichkeiten (der GIS-Software) der Parteien ab. INTERLIS wird zur Zeit (zu) wenig eingesetzt. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Interoperabilität in der Praxis: Erfahrungen aus Projekten im In- und Ausland x x XML als Austauschformat ist im Vormarsch, doch wird die Interoperabilität durch die unzähligen Variationen (WFS, GML, ESRI XML, INTERLIS 2, etc.) reduziert. Die OGC-Formate WFS und WMS werden sich etablieren und zumindest bei internationalen Projekten zum Standard werden. Andere Formate werden vom Markt verschwinden oder ein Nischendasein führen. Insgesamt ist festzuhalten: Die Anzahl Projekte, bei denen Daten oder Systeme zusammengeführt werden müssen, steigt stetig. Aus diesem Grund wird die Interoperabilität von Applikationen und Prozessen in den kommenden Jahren zunehmen. Ob sich in Zukunft Standards einstellen oder nicht: wir als Dienstleister im Bereich der Geoinformatik müssen uns ohnehin anpassen; an die Bedürfnisse der Auftraggeber und Projektpartner oder an die vorgegebenen Standards. Abkürzungen und Begriffe Abkürzung/Begriff ASCII CAD DXF DGN GIS GML Grid INTERLIS ODBC OGC OGR Oracle Shape Tiff TIMIS SPATZ WFS WMS XML Definition American Standard Code for Information Interchange; Codierung von insgesamt 128 Zeichen (Buchstaben, Zahlen und Satz- und Sonderzeichen) Computer Aided Design Vektorbasiertes Dateiformat der Firma Autodesk, speziell für CAD-Lösungen entwickelt. Vektorbasiertes Dateiformat der Firma Intergraph Geographische Informationssysteme Geography Markup Language; XML-basiertes Format für den Austausch von GIS-Daten Rasterbasiertes Dateiformat der Firma ESRI Datenbeschreibungs- und –modellierungssprache, basiert in der Version 2 auf XML Open Data Base Connectivity, Datenbanktreiber für anwendungsunabhängige Datenbankzugriffe Open Geospatial Consortium Softwarebibliothek für den Zugriff auf verschiedene GIS Vektorformate Softwareanbieter für Datenbanken Dateiformat für Vektordaten, entwickelt von der Firma ESRI Dateiformat zur Speicherung von Rasterdaten Transnational Internet Map Information System Synergie Projekt Archäologie Thurgau und Zürich Web Feature Service; Internet-Protokoll zum Lesen und Schreiben von GIS-Daten im Vektorformat, basiert auf GML Web Map Service, Internet-Protokoll zum Lesen und Schreiben von digitalen Karten Extensible Markup Language; Format zur Erstellung strukturierter Dokumente Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 18.5 19 Perspektiven für die Geomatik-Berufe Christian Kaul, Kaul Beratungen GmbH Kaul Beratungen GmbH Christian Kaul Flaachtalstrasse 8 CH-8412 Hünikon Tel : Fax : E-Mail : +41 52 343 79 01 +41 52 343 79 02 Perspektiven für die Geomatik-Berufe … … oder was es braucht, damit das zarte Pflänzchen „Interoperabilität“ zum Blühen kommt. 1 Einleitung Die zentrale Aussage gleich vorweg: Die neuen technischen Möglichkeiten der Interoperabilität alleine sichern der Geomatik-Branche noch keine neuen Märkte! Interoperabilität ist auch kein technisches Projekt, das nach Abschluss eine Firma interoperabel macht. Interoperabilität muss viel mehr zu einer grundlegenden Denkhaltung in allen Geomatik-Berufen werden. Damit können auch die rasanten Entwicklungen der Zukunft in diesem Bereich proaktiv genutzt werden. Damit die Chancen und Möglichkeiten der Interoperabilität neue Perspektiven für die Geomatik-Berufe eröffnen werden, ist das Zusammenspiel von verschiedenen Ebenen und Facetten notwendig. Die technischen Herausforderungen sind dabei nur ein Blatt einer weitgefächerten Blüte. Technische Fähigkeiten Systemtechnisches Visionär Arbeit in denken kooperativ Multidisziund Generalist plinären handeln Projekten Permanente berufliche Weiterentwicklung Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 19.1 Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Perspektiven für die Geomatik-Berufe 2 In Zentrum - der Unternehmer Im Zentrum steht die unternehmerische Persönlichkeit in Privatwirtschaft und Verwaltung. Das Thema Interoperabilität kann nicht passiv-reaktiv angegangen werden. Es braucht den visionären Geist, der eine - vielleicht nur vage - Vorstellung davon hat, wohin die Reise gehen könnten. Ohne Visionen ist jede Organisation in dieser schnelllebigen Zeit früher oder später dem Untergang geweiht. Inter-operability braucht Inter-working. Die Fähigkeit und der Wille zur Kooperation mit anderen Organisationen muss von den Chefs vorgelebt und gefördert werden. Dabei darf ruhig anerkannt werden, dass andere auch etwas können – denn das ist die Basis der gemeinsamen künftigen Erfolge. Mit der Interoperabilität der Geo-Daten geht eine massive Ausweitung der DatenInhalte einher, mit der eine Organisation konfrontiert wird. Damit rückt die alte Fähigkeit des Generalisten wieder mehr ins Zentrum des Interesses. Nach Prof. Dr. Hans Ulrich ist ein Generalist: "... jemand, der auch in seinem eigenen Wirkungsbereich lange nicht alles weiss, der aber das Ganze versteht." Als integrierende Ergänzung der Spezialisten in den Unternehmen muss sich der Unternehmer stärker der Übersicht, dem Ganzen widmen. 3 Die Blütenblätter – das Unternehmen Für die Mitarbeiter eines Unternehmens sind folgende vier Bereiche im Hinblick auf interoperables Arbeiten von Bedeutung: Technische Fähigkeiten Das Unternehmen muss die notwendigen Techniken für interoperables Arbeiten beherrschen. Dabei wird sich das Schwergewicht noch mehr auf die Informatik verlagern. Eine Firma muss in der Lage sein, die sich immer schneller ändernden Bedürfnisse der Kunden zufrieden zu stellen und gleichzeitig die rasante technische Entwicklung aktiv zu nutzen. Inhaltlich werden die Web-Technologien sehr stark ins Zentrum des Interesses rücken. Die datentechnischen Fähigkeiten müssen aber parallel dazu noch weiter ausgebaut werden. Arbeiten in multidisziplinären Projekten Die Interoperabilität bietet die Chance in themenübergreifenden Projekten effizient zusammenzuarbeiten. Dies erfordert eine offene und interessierte Haltung aller Beteiligter bezüglich anderer Themen und anderen Teams und ein Bewusstsein, dass dies nicht von selber erfolgreich geschieht, sondern gelernt und geübt werden kann und muss. Systemtechnisches Denken und Handeln Die Anforderungen an die Produkte der Geomatik-Branche werden auch weiterhin stetig steigen. Die einfachen, klaren Antworten werden immer seltener werden. In einem solchen Umfeld haben sich seit Jahren die Grundsätze und Methoden der Systemtechnik bewährt. Diese Art des Denkens und Handelns kann nicht einigen Spezialisten überlassen werden, denn sie bildet die Grundlage für ein erfolgreiches interoperables Arbeiten aller Geomatik-Berufe. Permanente berufliche Weiterentwicklung Die oben beschriebenen Anforderungen an die Mitarbeiter können nicht einfach neben dem Alltagsgeschehen entwickelt werden. Es braucht eine aktive, gezielte und vor allem 19.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Perspektiven für die Geomatik-Berufe permanente Weiterentwicklung aller Mitarbeiter. Mit kurzfristigen Feuerwehrübungen können die notwendigen Fähigkeiten in einer Firma nicht nachhaltig erarbeitet und aufrechterhalten werden. 4 Die Kelchblätter – eine nachhaltige Basis Die UNO definiert nachhaltige Entwicklung als: "... eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können." Diese Definition ist weitherum anerkannt und bildet die Basis der so genannten "Agenda21" der UNO. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung werden oft die drei Zieldimensionen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt beleuchtet. Gesellschaft Durch ihren Hauptauftraggeber, die Öffentliche Hand, haben die Dienstleistungen der Geomatik-Branche traditionell einen grossen Bezug zur Gesellschaft. Aktivitäten im Bereich der Interoperabilität sind zum Teil sehr stark vom Rahmen der Gesellschaft geprägt. Eine sehr grosse Bedeutung muss in diesem Zusammenhang dem Rechtssystem beigemessen werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind immer höher einzustufen als die technischen. Deshalb bilden gute rechtliche Kenntnisse und eine sorgfältige Analyse dieser Sachverhalte die Grundlage erfolgreicher Projekte und Produkte. Einen weiteren massgebenden Faktor bildet die Normierung. Wie an dieser Tagung aufgezeigt, sind zur Zeit sehr grosse Bestrebungen auf Stufe ISO und CEN im Gange. Hier gilt es, aktiv die langjährige praktische Erfahrung der Schweiz in diese Normierungsarbeiten einzubringen. Wirtschaft Das heisst nichts anderes, als dass sich auch die Aktivitäten im Bereich der Interoperabilität schlussendlich positiv aufrechnen lassen. Das wird nur gelingen, wenn den Aufwändungen auch ein entsprechend nachgefragter Nutzen gegenübersteht. Demzufolge definiert der Nutzer und Endkunde die Rahmenbedingungen für die Wirtschaftlichkeit und nicht die eigenen Vorstellungen der Branchen-Insider. Das bedingt jedoch viel bessere und ehrlichere Kenntnis der echten Bedürfnisse der Kunden. Diese Überlegungen gelten auch für die staatlich finanzierten Aktivitäten. Ein GeoDienst könnte vom Staat, durch Steuergelder finanziert, für den Nutzer unentgeltlich angeboten werden. Doch auch hier muss dem Aufwand an Steuergeldern ein entsprechender Nutzen gegenüberstehen. Umwelt Diese Zieldimension beinhaltet den Umgang mit Ressourcen in einem umfassenden Sinne, also die Aufforderung, die Aktivitäten im Bereich der Interoperabilität mit einem Minimum an Aufwand von Energie, Material, Arbeit und Geld umzusetzen. Im Bereich der Interoperabilität kann dies in erster Linie mit einer exzellenten Nachführbarkeit der Lösungen und einem systemneutralen Investitionsschutz für die Daten erreicht werden. Auch die genialste technische Lösung wird nie nachhaltig sein, wenn sie alle zwei Jahre neu aufgesetzt werden muss. Der gesicherte Investitionsschutz und die konsequente Nachführung der Daten sind eine grosse Verantwortung der Branche gegenüber kommenden Generationen. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 19.3 Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Perspektiven für die Geomatik-Berufe 5 Neue Perspektiven dank Interoperabilität Auf der Basis der bisherigen Überlegungen kann gesagt werden: x es wird einfacher, grossflächige regionale oder überregionale Projekte zu bearbeiten x die Zusammenarbeit verschiedener interner und externer Teams wird effizienter x es können gemeinsam Produkte entwickelt und lanciert werden, die für eine einzelne Firma nicht denkbar sind. Z.B. Portallösungen für Geodaten-Nutzung x die bewährte Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft (Public-Private-Partnership PPP) kann vertieft werden x durch die vermehrte Zusammenarbeit und das bessere gegenseitige Verständnis werden sich neue Tätigkeitsfelder eröffnen x die gemeinsame Nutzung von Technologien, Know-how, Kapazitäten (von Mitarbeitern, HW, SW, etc.) , Datenleitungen, etc. wird attraktiver x bereits vorhandene Fähigkeiten können unter dem Titel "Interoperabilität" besser kommuniziert werden Weiterführende Informationen: - Buch Systems Engineering, Methodik und Praxis, Hrsg: Daenzer / Huber, Verlag Industrielle Organisation, Zürich, ISBN 3-85743-998-X - Zur Agenda 21: http://www.are.admin.ch/are/de/na 19.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 20 Tarifierung, Kostenfragen Jürg Kaufmann, KAUFMANN Consulting / FIG Jürg Kaufmann, dipl. Ing. ETH KAUFMANN CONSULTING/FIG Hauffeld 109 CH-8455 Rüdlingen Tel : Fax : E-Mail : +41 1 867 14 36 +41 1 867 34 89 1 Einleitung Die folgenden Überlegungen sollen aufzeigen, wie sich die Interoperabilität auf die Kostengestaltung und die Festlegung von Tarifen auswirken. Um diese Fragen zu klären seien zunächst einmal einige Begriffe definiert: Interoperabilität: Zusammenarbeit in einem offenen System (gemäß dem Client/Server--Modell). Unabhängig von der verwendeten Hardware, den eingesetzten Betriebssystemen, der verwendeten Netzwerktechnologie und der Realisierung einer Anwendung kann eine Zusammenarbeit zwischen diesen Anwendungen erfolgen. Tarif: 1. verbindliches Verzeichnis der Preis- bzw. Gebührensätze für bestimmte Lieferungen, Leistungen, Steuern u. a. 2. durch Vertrag od. Verordnung festgelegte Höhe von Preisen, Löhnen, Gehältern u. a. Tarifieren: die Höhe einer Leistung durch Tarif bestimmen. Der Begriff der Kosten darf wohl als bekannt vorausgesetzt werden. Um die Folgen der Interoperabilität abschätzen zu können wird zunächst der traditionelle Ablauf der Leistungserbringung dargestellt. Der Vergleich mit dem Ablauf bei Anwendung der Interoperabilität kann Hinweise auf die Veränderung der Kostenfaktoren geben. Die Auswirkungen der Interoperabilität auf die Kostenstruktur sollen aufgezeigt werden. In einem weiteren Kapitel werden die Überlegungen zur Tarifierung dargestellt. Schliesslich werden die Resultate der Groupe de Réflexion "Datenabgabe und Gebühren", sowie die Arbeiten der KOGIS im Bereich Tarifierung und in Bezug auf die Auswirkungen der Interoperabilität beleuchtet. Einige Schlussfolgerungen sollen das zukünftige Verhalten der Informationsgesellschaft skizzieren. 2 Auswirkungen der Interoperabilität auf den Ablauf der Leistungserbringung Das uns allen bestens bekannte Schema für den Bezug von Leistungen ist in Abbildung 1 dargestellt. Bestellung Anfrage bei Logistik Empfangen der Lieferung Bereitstellung der Lieferung Bezahlung Inkasso Abb. 1 : Schema für den Bezug von Leistungen Dieser Ablauf war seit Beginn der Handelsaktivitäten des Menschen immer derselbe und er spielt auch heute noch eine dominierende Rolle. Gewisse Neuerungen führten zu Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 20.1 Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Tarifierung, Kostenfragen verkürzten Abläufen, beispielsweise bei der Selbstbedienung oder zu effizienteren Zahlungsverfahren, wie bei der Verwendung von Strichcodes. Auch das e-shopping läuft nach demselben Schema ab. Die Verkäuferin wird durch ein Terminal und ihre Beratung durch Text und Bilder ersetzt. Nur für das Lächeln und die Ausstrahlung der Verkäuferin oder der Serviertochter kann diese Art der Leistungserbringung nicht überzeugend ersetzen. Bei Anwendung der Interoperabilität wird genau dasselbe Schema durchlaufen. Aber alle menschlichen Teilnehmer an der Leistungserbringung sind durch Maschinen ersetzt. Angesichts der hohen Lohnkosten in der Schweiz, muss also die Leistungserbringung grundsätzlich günstiger werden. Da die Leistungen durch Automaten erbracht werden, ist es notwendig, die Abrechnung automatisch zu erfassen 3 Auswirkungen der Interoperabilität auf die Kosten Die anwendbaren Kostenkomponenten für die Leistungserbringung sind normalerweise: x x x x x Die Kosten für die Bestellungsaufnahme Die Kosten für die Bestellungsübermittlung Die Kosten der Bereitstellung der Lieferung Die Kosten für die Lieferung Die Kosten für die Rechnungsstellung und das Inkasso. Im Normalfall werden diese Kosten als Gemeinkostenanteil auf den Preis der gelieferten Ware oder Dienstleistung geschlagen. Gegenüber dem Kunden wird diese Kostenkomponente nicht offen gelegt. Gemeinkostenanteile können ermittelt werden, wenn die Beteiligten an einem Prozess und ihre spezifischen Kosten bekannt sind. Branchenübliche Festlegungen der Gemeinkostenzuschläge sind im traditionellen System die Regel. Bei einer interoperablen Arbeitsweise ist aber nicht mehr à priori bekannt, welche Maschinen/Systeme/Automaten an der Ausführung einer Lieferung beteiligt sind. Die bestellte Ware wird dort abgeholt oder eingesehen, wo sie verfügbar ist. Unabhängig davon, wie man einen Preis für die Ware oder die Dienstleistung festsetzt, muss eine Lösung gefunden werden, welche ohne Gemeinkostenzuschlag auskommt. Man muss die Kosten für die Leistungserbringung gesondert betrachten. Da die Leistungserbringung durch Automaten erfolgt, muss die Erfassung der preisbildenden Faktoren automatisch erfolgen können, weil es im Umfeld der Interoperabilität unmöglich wird, die Wege zu verfolgen und die nötigen Abrechnungsdaten manuell zu erfassen. Es ist zudem wenig sinnvoll jede Komponente, die bei der Leistungserbringung zum Zuge kommt, individuell und mit eigenen Kostensätzen in ein Abrechnungssystem einzubringen, da die Preisgestaltung der einzelnen beteiligten Dienstleister wohl niemals über einen Leist geschlagen werden können. Deshalb ist es im Zeitalter der Interoperabilität zwingend, mit vereinbarten Tarifen zu arbeiten. 20.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Tarifierung, Kostenfragen 4 Auswirkungen der Interoperabilität auf die Tarifierung Eine vernünftige Tarifierung der Leistungserbringung ist also eine Notwendigkeit, damit die Vorteile der Interoperabilität schliesslich voll zum Tragen kommen. Die Anforderungen an die Tarifierung wurden teilweise bereits bei den Kosten genannt: x x x Die preisbildenden Faktoren müssen automatisch ermittelt, festgehalten und abgerechnet werden können. Die festgelegten Tarife müssen mit dem Aufwand für die Erbringung der Leistung in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Die Tarife müssen für den Besteller nachvollziehbar sein. Über die Art der Preisgestaltung sind Lösungsansätze vorhanden, aber es hat sich bisher keine einheitliche Lösung herauskristallisiert. 5 Resultate bisheriger Tarifierungsanstrengungen In der Schweiz existieren zwei Arbeiten, die sich mit der Tarifierung beschäftigen. Einerseits hat eine von der V+D1 eingesetzte, paritätische Groupe de Réflexion sich mit den Problemen der Datenabgabe und Gebühren befasst. Eine weitere Expertenarbeit über Tarifierungsprobleme wurde im Auftrag von KOGIS erstellt. Die Arbeiten dieser Teams wurden auf höchster Stufe koordiniert. Beide Arbeiten kommen zum Schluss, dass für Geodaten eine Strategie der marginal cost anzuwenden sei. Marginal cost umfassen ausschliesslich die Bearbeitungs- und Lieferkosten. Als Begründung für diese Empfehlung wird angeführt, dass Geodaten in der Regel in Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags beschafft werden. Dies trifft in der Tat auf die meisten Geodaten zu. Im Entwurf des Geoinformationsgesetzes wird denn auch von Geobasisdaten gesprochen, die von nationalem, kantonalem oder kommunalem Interesse liegen, je nachdem, welche Stufe den gesetzlichen Auftrag beschlossen hat. Damit sind die Investitionskosten, d.h. die Kosten für die Datenbeschaffung von der Allgemeinheit zu übernehmen. Um aber einen möglichst grossen Kostenrückfluss zu generieren, sollen die Daten möglichst günstig an die Interessenten abgegeben werden, damit deren Steuern möglichst hoch ausfallen, weil die Gewinne nicht durch Beschaffungskosten geschmälert und möglichst gross werden, wenn aus diesen Daten Produkte mit Mehrwert generiert werden können. Im Rahmen der Arbeiten der Groupe de Réflexion wurde nachgewiesen, dass die Investitionskostenbeiträge, wie sie durch den Bericht Buschor im Rahmen der Arbeiten zur Reform der Amtlichen Vermessung vorgeschlagen und in der Mehrzahl der Kantone eingeführt wurden, keinen signifikanten Beitrag zur Abschreibung der getätigten Investition in die Amtliche Vermessung zu liefern vermag. Bei hohen Preisen wird die Anzahl Bezüge durch die Benützer minimiert indem das Abgaberegime unterlaufen wird. Bei tiefen Preisen werden die Daten zwar häufiger bezogen, aber die eingenommenen Beiträge fallen zu klein aus, um zu einer sinnvollen Amortisationsdauer zu führen. Die Groupe de Réflexion empfiehlt deshalb, zum Regime der marginal cost, das bis zur Einführung des Vorschlags Buschor Gültigkeit hatte, zurückzukehren. Die Groupe de Réflexion hat sich ebenfalls über Tarifansätze Gedanken gemacht. Dabei hat sie versucht, die Auswirkungen der Interoperabilität in ihre Betrachtungen einzubeziehen. 1 Anm. d. Red. : V+D :Eidgenössische Vermessungsdirektion Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 20.3 Organisatorische Folgen der Interoperabilität II Tarifierung, Kostenfragen Sie hat folgende Kostenfaktoren gemäss Abbildung 2 vorgesehen: Komponente Administrative Bearbeitung eines Auftrages Technische Bearbeitung eines Auftrages Vertriebsaufwand für die Ablieferung des Resultates Ansatz Pauschale pro Auftrag Pauschale pro Auftrag vorgeschlagener Preis CHF 50.-/Auftrag CHF 50.-/Auftrag Pauschale pro Auftrag CHF 20.-/Auftrag Benützung der Infrastruktur für die Erstellung des gewünschten Produktes CHF/Megabyte bezogener Daten CHF 5.-/Megabyte Vektordaten (INTERLIS-Format) Benützung der Internetinfrastruktur bei Bezug der Daten über das Internet Pro Anfrage CHF 10.- pro Anfrage Abb. 2 : Tarifierungsvorschlag der Groupe de Réflexion Bei einer bediensten Abgabe kommen die ersten vier Komponenten zur Anwendung. Wird das Internet oder eine andere interoperable Infrastruktur benützt, werden die grau unterlegten Komponenten verrechnet. Ein völlig neuer und transparenter Ansatz ist die Erfassung und Belastung der Menge der tatsächlich bezogenen Daten, wobei bei den Vektordaten das wohldefinierte INTERLIS-Format, für Rasterdaten ein Äquivalent zur Anwendung kommt. Mit diesem Ansatz soll die Bereitstellung der Lieferung entschädigt werden. Dem Bezüger wird damit eine Rechnung gestellt, die den Daten, die er bezogen hat, objektiv entspricht. Er kann damit seinen Bezugspreis beeinflussen. Dieses Konstrukt sollte den Herausforderungen der Interoperabilität genügen können. Allerdings sind die Tauglichkeit des Ansatzes und die Höhe der Tarife im praktischen Einsatz zu testen. Die Strategie der marginal cost wurde zwar in den Entwurf zum neuen Geoinformationsgesetz aufgenommen. Ob sie zur Anwendung kommt ist vorerst nicht klar. Es ist in jedem Fall weise, die Bearbeitungs- und Lieferkosten separat festzusetzen und damit vom traditionellen Muster des Gemeinkostenzuschlags wegzugehen. 6 Schlussfolgerungen Die Interoperabilität ändert die traditionellen Kostenfragen nicht grundsätzlich, verschiebt aber den Schwerpunkt auf hochautomatisierte Prozesse bei der Leistungserbringung. Es müssen einfache und transparente Tarife geschaffen werden, um interoperable Lösungen auch kommerziell sinnvoll auszugestalten. Erste Ansätze sind vorhanden. Diese müssen aber in der praktischen Anwendung ausprobiert und allenfalls den Erfahrungen angepasst werden. Literatur Groupe de Réflexion Datenabgabe und Gebühren [2003] 'Vorschlag für die zukünftige Regelung der Datenabgabe und der Gebühren in der Amtlichen Vermessung, V+D, Bern Groupe de Réflexion diffusion des données et émoluments [2003] 'Proposition pour la future réglementation de la diffusion des données et des émoluments dans la Mensuration Officielle', D+M, Berne KOGISTarif [2002] Neue Tarifierungs- und Vertriebsstrategien von Geodaten des Bundes, INFRAS im Auftrage von KOGIS, 26. September 2002 20.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 21 Georeferenzierung, Interoperabilität zwischen Vermessungsdaten und darauf aufbauender Rauminformation, Datenhierarchie und Nachführung der abhängigen Rauminformation Horst Düster, Amt für Geoinformation Kanton Solothurn Horst Düster, Dr. Amt für Geoinformation Kanton Solothurn Abteilung SO!GIS Koordination Werkhofstr. 65 CH-4509 Solothurn Tel : Fax : E-Mail : +41 32 627 25 32 +41 32 627 22 14 1 Situation Eine kantonale Verwaltung hat Ähnlichkeiten mit einer heterogenen Unternehmensstruktur. Die Verwaltungsorgane verfügen über eine vielfältige Aufgabenstruktur mit gleichzeitiger räumlicher Trennung der Einheiten. Herausragend ist dabei der grosse Informationsbedarf, besonders nach Geoinformationen. Zur Befriedigung dieses Informationsbedarfes steht eine grosse Zahl unabhängig funktionierender Informationsquellen bereit. In der Regel weisen diese Quellen Redundanzen auf. So werden z.B. Grundbuchzugehörigkeiten, Flurnamen von verschiedenen Objekten in unterschiedlichen Datenhaltungssystemen redundant bereit gehalten. Eine konsistente Pflege und Nachführung dieser eigentlich ungebundenen Informationen ist in der Regel unmöglich. Die Folge dieser Situation ist eine ineffiziente Ressourcennutzung, die insbesondere durch Entscheidungsunsicherheit hervorgerufen wird. Im Kanton Solothurn wurde ein GIS Leitbild entworfen, dessen Kernsätze sich auf die Erhöhung der Produktivität, Verbesserung der Entscheidungssicherheit und damit die Erhöhung des operationellen Nutzens sowie die Verbesserung des strategischen Nutzens mit dem Ziel die staatlichen Strukturen und Instrumente zu verbessern, beziehen. 2 Strategie Die Vision zur strategischen Umsetzung des Leitbildes sieht eine Beschleunigung und Verbesserung der grundlegenden Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse durch konsistente digitale Geo- und Sachinformationen vor. Dazu müssen Raum- und Sachinformationen logisch und redundanzfrei normalisiert vereint werden können. Die Voraussetzung dazu ist technische Interoperabilität durch offene Schnittstellen. Um diese nutzen zu können wird konzeptionelle Interoperabilität durch offene Systeme vorausgesetzt. Aufgrund des Regierungsziels 2005, "... 90% der Standard-Benutzer sowie der Anwendungen sind auf Terminalserver unter Linux migriert", wird durch die Abteilung SO!GIS Koordination weitgehend freie und offene Software eingesetzt. Open Source GIS bietet sich zur Umsetzung der Vision auf der Grundlage des Regierungsziels an. Da seitens dieser Software kein Interesse besteht, die Anwender an ein herstellerabhängiges System/Produkt zu binden, werden ein grosse Zahl verschiedener Datenformate unterstützt. Ausserdem wird eine breite Unterstützung offener Spezifikationen und Schnittstellen wie z.B. die vielfältigen OGC Spezifikationen gewährleistet. Schliesslich sind die verwendeten Systemschnittstellen der Open Source GIS Software offen dokumentiert und frei erhältlich. 3 Systemumgebung Im Kanton Solothurn werden die folgenden Open Source GIS Komponenten im Rahmen einer Multischicht-Architektur eingesetzt. Zur persistenten Datenhaltung wird in der Datenschicht PostgreSQL verwendet. PostgreSQL folgt den Standards SQL92 und SQL99. Mit der Erweiterung PostGIS wird PostgreSQL um den Funktionsumfang der OGC Spezifikation SQL for simple features erweitert. Auf diese Weise steht eine vollständig GIS fähige Datenhaltungsschicht, mit der über standardisierte Schnittstellen, als Grundlage zur technischen Interoperabilität, kommuniziert werden kann, zu Verfü- Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 21.1 Spezielle Aspekte der Interoperabilität in der Praxis Georeferenzierung, Interoperabilität zwischen Vermessungsdaten und darauf aufbauender Rauminformation, Datenhierarchie und Nachführung der abhängigen Rauminformation gung. Diese Umgebung bildet die Grundlage für die normalisierte Datenhaltung und Informationsverarbeitung. Applikationsschichten bzw. Anwendungen müssen deshalb nicht grundsätzlich über GIS-Funktionalität verfügen. Die Applikationsschichten und Applikationen sind den Anforderungen entsprechend vielfältig. Sowohl proprietäre Systeme auf Client-Server Basis über ODBC, JDBC, GDAL/OGR oder nativen Schnittstellen, als auch echte Multischicht-Architekturen, in der Regel Web basierend, werden eingesetzt. Grundsätzlich ist dieser Ansatz unabhängig von den eingesetzten Betriebssystemen, Programmiersprachen und Entwicklungsumgebungen, da die Kommunikation zwischen den einzelnen Komponenten standardisiert abläuft. 4 Beispiel Bodenprofil Am Beispiel der Abfrage von Informationen zu einem Bodenprofil soll die Konzeption und Systemumgebung in einem konkreten Fall, wie er in Solothurn umgesetzt ist, illustriert werden. 4.1 Problemstellung Die Informationen zu einem Bodenprofil sollen redundanzfrei normalisiert abgelegt und gepflegt werden können. Dazu wird eine persistente und normalisierte Datenhaltung aufgebaut, die in eine Multischicht-Architektur integriert ist. Die Vereinigung der originären Information erfolgt über den Raum auf der Grundlage von SQL92 und dem OGC Standard SQL for simple features. Die Applikationsschicht ist, in diesem Fall, mit Web Technologien aufgebaut. Es werden technisch und konzeptionell offene und interoperable Schnittstellen verwendet. Ein Abfrageergebnis soll der Bodentyp sowie die aktuelle Grundbuchnummer der Liegenschaft, den aktuellen Flurnamen und die aktuelle Höhe, in der das jeweilige Bodenprofil liegt, ermittelt werden. 4.2 Lösung Aus der Sicht des Bodenprofils können die originären Informationen die Lage des Profils im Raum als Geometrie und der Bodentyp sein. Sie werden in einer PostgreSQL/PostGIS Datenbank abgelegt und gepflegt. Zur Lösung der Problemstellung werden vom Bodenprofil keine weiteren Informationen benötigt. Abgeleitet sind zur Lösung der Fragestellung, aus der Sicht des Bodenprofils, die Informationen aktuelle Parzellennummer, aktueller Flurname und aktuelle bekannte Höhe. Die abgeleiteten Informationen stammen alle aus dem Datenstamm der amtlichen Vermessung und werden dort unabhängig von den Bodeninformationen, in der PostgreSQL/PostGIS Datenbank gepflegt. Die Informationsebenen bilden somit eine flache Hierarchie, die a priori, ausser über den Raum, keine Beziehung zueinander aufweisen. Die Beziehungen werden erst durch die Fragestellung generiert. Wird nun eine Abfrage via SQL for simple features formuliert, an die Datenbank geschickt, erfolgt die im SQL Statement formulierte Verschneidung und das System kann mit dem gewünschten Ergebnis antworten. So sieht die SQL Query für die Ermittlung der Grundbuchnummer der Parzelle in der das Profil liegt folgendermassen aus: 21.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten Spezielle Aspekte der Interoperabilität in der Praxis Georeferenzierung, Interoperabilität zwischen Vermessungsdaten und darauf aufbauender Rauminformation, Datenhierarchie und Nachführung der abhängigen Rauminformation select bodenprofil.bodentyp, parzellen.nummer from bodenprofil, parzellen where distance(bodenprofil.geometrie,parzellen.geometrie)=0; Grundsätzlich kann diese Query von jeder beliebigen Applikationsschicht bzw. Applikation abgesetzt werden. Die Interoperabilität wird durch ODBC, JDBC, GDAL/OGR oder native aber technisch offen dokumentierte Schnittstellen gewährleistet. Abb. 1 : Systemarchitektur am Beispiel Bodenprofil Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 21.3 Spezielle Aspekte der Interoperabilität in der Praxis Georeferenzierung, Interoperabilität zwischen Vermessungsdaten und darauf aufbauender Rauminformation, Datenhierarchie und Nachführung der abhängigen Rauminformation 5 Fazit Die vorgestellte Strategie der Multischicht-Systemumgebung in Verbindung mit einer normalisierten Kommunikation zwischen den Komponenten ist sowohl unabhängig von Betriebssystemen als auch von Programmiersprachen, unter der Voraussetzung, dass die Kommunikationsstandards zur Interoperabilität eingehalten werden. So ergeben sich die folgenden Verbesserungen. geringere Redundanzen Die seit mehreren Jahren in Solothurn verfolgte Strategie der Normalisierung der Grundlageninformationen führte zur erheblichen Reduktion der Redundanzen in der Grundlagenhaltung, da Objektfremde abgeleitete Informationen nicht mehr mit den jeweiligen Objekten gemeinsam gespeichert werden. effektiveres Datenmanagement Das Datenmanagement ist vereinfacht und effektiver geworden. Die Nachführung der Grundlagen erfolgt ausschliesslich auf den normalisierten Grundlageninformationen in einer horizontalen Hierarchie. verbindliche Daten Die normalisierten Grundlageninformationen werden separat gepflegt und aktualisiert. Da die gewünschte Information erst im Moment einer Abfrage generiert wird, konnte die Qualität der Abfrageergebnisse erheblich verbessert und die Entscheidungssicherheit erhöht werden. 21.4 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 22 Der Mobilitäts-Graph Ein geographisches Rahmenwerk für die Partner des Mobilitäts-Informationssystems der Region Genf Pascal Oehrli, SSIG Genf Pascal Oehrli SSIG - Service des Systèmes d'Information et de Géomatique DIAE - Département de l'Intérieur, de l'Agriculture et de l'Environnement 7, rue des Gazomètres Case Postale 36 CH-1211 Genève 8 Tel : Fax : E-Mail : +41 22 327 79 29 +41 22 327 50 70 Das Mobilitäts-Informationssystem der Region Genf (SI Mobilité) ist ein thematisches Informationssystem aufgebaut im Rahmen des Système d’Information du Territoire Genevois (SITG). Die SI Mobilité ist eine Partnerschaft zwischen den verschiedenen Institutionen und Beteiligten, die mit Verkehr und deren Infrastrukturen zu tun haben (gilt für alle Verkehrsmittel). Seine Ziele sind es die Daten und Produkte im Bezug auf die Mobilität in Genf zu sammeln, organisieren, verwerten, koordinieren und vertreiben. Die Analyse der Situation hat gezeigt, dass die durch die verschiedenen Partner produzierten oder verwalteten Daten voneinander unabhängig, manchmal redundant und direkt in einer Anwendung oder einem Modell insgesamt unbrauchbar waren. Trotz der Existenz eines Routen-Graphs innerhalb der SITG sind von den Beteiligten entsprechend den berufsspezifischen Bedürfnissen andere Graphe entwickelt worden. Es existierten bis zu 5 oder 6 verschiedene Darstellungen der Geographie der Straßen. Aufgrund dieser Tatsachen ist eine Vorgehensweise lanciert worden um einen gemeinsamen Routen-Graph auszuarbeiten, der die Besonderheiten von jedem der Partner maximal integriert. Es hat sich schnell gezeigt, wie wertvoll es ist, über ein einziges und auf zentrale Art gehaltenes geographisches Bezugssystem verfügen zu können. Als Antwort auf dieses Bedürfnis entstand der Mobilitäts-Graph. Er integriert die Geographie derverschiedenen der Fortbewegung dienenden Infrastrukturen (Straßen, Wege und Pfade, Schiene und Wasserstraßen) sowie die Verbindungspunkte (Kreuzungen, Bahnsteige und Anlegeplätze). Ein Paket so genannter Anschlussregeln erlaubt das logische Verbinden verschiedener Komponenten des Mobilitäts-Graphs. Dieses allen Partnern von SI Mobilité zur Verfügung gestellte geographische Bezugssystem erlaubt es, die verschiedenen Daten, welche durch die Partner produziert und verwaltet werden, zu koordinieren. Diese Daten sind in einem Datenmodell organisiert welches die folgenden Aspekte integriert: die Infrastruktur selbst, die dafür aufgestellten Einrichtungen, die Mobilität im Allgemeinen, die verschiedenen angewendeten Gesetzgebungen, die Mittel zur Umsetzung dieser Gesetzgebungen und die Aspekte der Umwelt oder der Sicherheit. Diese vielfältigen Informationen unterschiedlicher Natur können durch den Mobilitäts-Graphen auf verschiedene Arten wie die lineare Gliederung, die Netztopologie oder andere geographische oder nichtgeographische Beziehungsmittel koordiniert werden. Ausserdem bildet der Mobilitäts-Graph eine Basis für die Netzanalyse und die Routenberechnung oder anderen zeitlichen oder geographischen Abfragen auf einem multimodalen Reisenetz. Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten 22.1 Spezielle Aspekte der Interoperabilität in der Praxis Der Mobilitäts-Graph: ein geographisches Rahmenwerk für die Partner des Mobilitäts-Informationssystems der Region Genf Linien TC Routen-Graph Parkplatz Halt TC Kreuzungen LangsamverkehrsGraph ParkplatzzufahrtenGraph Anschlüsse Mobilitäts-Graph Anlegestellen Bahnsteig_Bahnhof Flughäfen WasserstrassenGraph Fluglinien Eisenbahn-Graph Bahnhö- Der Mobilitäts-Graph wird durch den mit der Amtlichen Vermessung beauftragten Dienst verwaltet, auf den neusten Stand gebracht und allen Partnern von SITG frei zur Verfügung gestellt. Als Schlussfolgerung kann man sagen, dass die Existenz eines minimalen gemeinsamen Bezugssystems eine wesentliche Basis für die Interoperabilität in einem Informationssystem darstellt, am Beispiel eines Koordinatensystems… oder eines für die linearen Strukturen gemeinsamen Referenz-Graphen. Der gemeinschaftliche Genfer MobilitätsGraph, ebenso wie die Vorgehensweise, die zu einer Übereinkunft aller betroffenen Beteiligten geführt hat und die verschiedenen Modelle, die man durch dynamisches Segmentieren daran anknüpfen kann, scheinen ein gutes Beispiel für die Ausarbeitung eines gemeinsamen Bezugssystems zu sein. 22.2 Interoperabilität für die breite Nutzung von Geodaten