3.5 Mio-5`500 v. Chr. - Museum Burghalde Lenzburg
Transcrição
3.5 Mio-5`500 v. Chr. - Museum Burghalde Lenzburg
DIE ALT- UND MITTELSTEINZEIT 3.5 Mio-5‘500 v. Chr. Menschheitsevolution Wann genau die Entwicklung in die Richtung des heutigen Menschen begann, lässt sich nicht sagen. Einer der ältesten Vormenschen, also eine verwandte Art mit aufrechtem Gang, ist der Australopithecus afarensis. Seine berühmteste Vertreterin, Lucy, lebte vor etwa 3-3.5 Mio Jahren in Ostafrika. Der Homo erectus gehört zu den frühesten Hominiden. Er tauchte vor etwa 1.5 Mio Jahren in Afrika auf und verbreitete sich von dort aus in Asien und Europa. Der Homo erectus war sehr anpassungsfähig, was wohl seine Erfolgsgeschichte erklärt: Er verfügte wohl über eine Art Sprache, baute sich einfache Unterkünfte, beherrschte das Feuer und fertigte sich bereits komplexere Werkzeuge wie den Faustkeil (das Allzweckgerät der Altsteinzeit) und den Speer. Der Neandertaler (oder Homo neanderthalensis) ist eine genuin europäische Art und trat etwa vor 130‘000 Jahren in Erscheinung. Entgegen seines Rufes war er gar nicht primitiv, sondern den europäischen Bedingungen ideal angepasst. Sein Werkzeugset war vielfältiger als das seiner Vorfahren und es gibt Hinweise darauf, dass er seine Toten beerdigte. Der Homo sapiens schliesslich, der moderne Mensch also, trat wahrscheinlich etwa zeitgleich zum Neandertaler auf, wanderte wohl aber erst etwa vor 40‘000 Jahren von Afrika nach Europa ein. Sein Erfolg lässt sich vielleicht mit seiner Vielseitigkeit erklären: Kein anderes Säugetier ist derart spezialisiert und kennt so viele verschiedene Lebensräume, Fortbewegungsarten und Ernährungsweisen. Altsteinzeit in der Schweiz (450‘000-8‘000 v. Chr.) In der Schweiz sind grosse Teile der Altsteinzeit unbekannt, da die Gletscher der immer wiederkehrenden Kaltzeiten grosse Teile zerstörten. Zu den ältesten Zeugnissen menschlicher Aktivität in der Schweiz gehören die Faustkeile von Pratteln (450‘000 alt) und von Schlieren (ca. 130'000 Jahre alt). Es bleiben aber einzelne Funde. Wirkliche Siedlungsspuren in Höhleneingängen oder im Freien stammen aus der Zeit um 80‘000-40‘000 Jahren und kommen v.a. in den Regionen Basel und Jura vor. Es war Eiszeit (Würm); offene Kältesteppen und Birken- und Nadelwälder boten Lebensraum für viele Tiere wie Rentiere, Hirsche und Kleinwild und Vögel. Die Menschen jagten, was sich ihnen anbot und ergänzten ihren Speiseplan wahrscheinlich auch mit gesammelten Pflanzen und Früchten. Werkzeuge aus Feuerstein, Feuerstellen und Tierknochen zeugen vom Leben der Jäger und Sammler zu dieser Zeit. Da das Jagdwild von Weidegrund zu Weidegrund zog, blieben auch die Menschen mobil und lebten als Nomaden. Während des Kältemaximums vor ca. 25‘000 Jahren war der grösste Teil der heutigen Schweiz vergletschert. Daher stammen die meisten Informationen zum Leben in dieser Zeit aus Süddeutschland. Die Jagd bildete weiterhin die Existenzgrundlage, nun traten aber kälteliebende Tiere in den Vordergrund: neben dem Rentier auch das Mammut oder das Wollnashorn. Erst in der Zeit vor 17‘000 Jahren nehmen die Nachweise menschlichen Lebens in der Schweiz wieder zu. Die Gletscher hatten sich etwas zurückgezogen und boten so mehr Raum für Vegetation, Tiere und somit auch für den Menschen. Wildpferde, Rentiere und Auerochsen streiften durch die Landschaft. Funde von Geschossspitzen und Speerschleudern aus dem Kesslerloch (Höhle) zeigen, dass die Menschen die Jagd in den weiten Flächen der Tundra perfektioniert hatten: Die Speerschleuder erlaubte es, leichte gefiederte Speere weit zu werfen. Die Menschen lebten weiterhin nomadisch und nutzen Zelte oder mit Leder und Fell geschützte Höhleingänge oder Felsvorsprünge als Jagdlager. Über die Kleidung der Menschen ist wenig bekannt, aber Funde von Knochennadeln zeigen, dass die Menschen der Altsteinzeit funktionale Kleidung herzustellen wussten. Höhlenmalereien, kleine Tier- und Menschenfigürchen (z. B. die Venus von Willendorf) und kunstvoll verzierte Alltagsgegenstände wie Speerschleudern deuten darauf hin, dass die Kunst in der Vorstellungs- und Glaubenswelt der Menschen eine wichtige Rolle spielte. Begräbnisse mit Schmuckbeigaben lassen ausserdem vermuten, dass auch eine Vorstellung vom Leben nach dem Tod existierte. Mittelsteinzeit (8‘000-5‘500 v. Chr.) Etwa vor 9’500 Jahren veränderte sich das Klima: Die Durchschnittstemperatur stieg um etwa 4°C an. Was nach wenig klingt, hatte massive Auswirkungen auf die Umwelt. Die eiszeitliche Tundra verwandelte sich zunächst in einen Birkenwald, der nach und nach immer dichter wurde. Später entwickelte sich daraus ein Mischwald. Das schränkte die Mobilität der Menschen stark ein. Allerdings war eine weiträumige Wanderschaft auch nicht mehr gleich notwendig: Das Nahrungsangebot in der Umgebung hatte durch die zunehmende Pflanzenvielfalt für Mensch und Tier zugenommen. Das Sammeln von pflanzlicher Nahrung wie Nüssen und Früchten gewann stark an Bedeutung. Die Jagd, insbesondere auf den Hirsch, bildete aber immer noch einen wichtigen Teil der Ernährung. Der Hirsch lieferte neben dem Fleisch auch wichtige Rohstoffe wie Geweih, Knochen, Sehnen und Fell. Die Jagd fand nun mit einer neuen, dem Wald angepassten Waffe statt: Pfeil und Bogen. Die Feuersteinwerkzeuge der Mittelsteinzeit sind winzig klein: Anstatt grosser Feuersteinklingen werden kleine Spitzen und Dreiecke hergestellt, die in die unterschiedlichsten Werkzeuge eingepasst werden können. Das ist nicht etwa ein Rückschritt, sondern ein sehr sparsamer Umgang mit dem Rohstoff und nicht weniger Effizient. Der Erfindungsreichtum der Menschen zeigt sich auch in einem anderen Bereich: Aus der Mittelsteinzeit sind bereits erste Boote bekannt. Dies ermöglichte den Menschen, sich schneller und einfacher fortzubewegen und erleichterte den Fischfang. Literaturhinweis Eiszeit. Kunst und Kultur. Begleitband zur Grossen Landesausstellung „Eiszeit – Kunst und Kultur im Kunstgebäude Stuttgart. 18. September 2009 bis 10. Januar 2010 (Stuttgart 2009).