Sieht aus wie echt - ist echt

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Sieht aus wie echt - ist echt
Sonnabend/Sonntag, 15./16. Dezember 2012
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Sieht aus wie echt - ist echt
Sogenannte stabilisierte Pflanzen halten ebenso lange wie Blütenträume aus Seide - meist mehrere Jahre. Manches davon ist Kunst an der Wand
VON CHAN SI D K I- L U N D IU S
:: Ohne Grünpflanzen oder Blumen
wirken viele Räume häufig eher uninspiriert, sehr kühl und unpersönlich.
Doch nicht immer lässt sich frisches
Grün einbringen. Gerade in den Win­
terwochen rund um das bevorstehende
Weihnachtsfest sind frische, verführe­
risch duftende Blumen bei den hiesigen
Floristen nicht nur Mangelware, son­
dern oftmals auch sehr teuer in der An­
schaffung.
Eine Alternative zu frischem Grün
sind stabilisierte Pflanzen. Dabei han­
delt es sich zumeist um Schnittblumen
wie Rosen oder Calla, aber auch um
Hortensien, Palmen, Koniferen oder
hübsche Ziergräser, die in der freien
Natur gewachsen sind und anschlie­
ßend in einem aufwendigen Präparati-
Konserviert: Rosen mal nicht in der
Vase, behandelt mit Lebensmittelfarbe
Renate Bode und ihr Adventskranz
aus Kunstpflanzen Foto: Klaus Bodig
Statt eines Bildes: stabilisiertes Elefan'
tengras und Muscheln (je 95 Euro}
onsverfahren für mehrere Jahre haltbar
gemacht werden. Die Stabilisierung er­
folgt in speziellen Werken unter beson­
deren klimatischen Bedingungen.
„Die Pflanzen stammen zum größ­
ten Teil aus Südafrika und Südamerika.
Unmittelbar nach dem Schnitt sorgt
man dafür, dass sie sich mit einer Stabi­
lisierungsflüssigkeit auf Glycerin-Basis
vollsaugen. Das bewirkt, dass der
Trocknungsprozess, der normalerweise
bei abgeschnittenen Pflanzen relativ
schnell eintritt, über Jahre hinweg hin­
ausgezögert wird“, erläutert Barbara
Bressem, geschäftsführende Gesell­
schafterin des weltweit tätigen Unter­
nehmens Dauerflora International mit
Sitz in Hamburg. Hier werden die stabi­
lisierten Pflanzen, die nichts von ihrer
natürlichen Schönheit, ihrem seiden­
zarten Glanz und ihrer kräftigen Farbe
eingebüßt haben, zu kunstvollen Wand­
oder Tischdekorationen verarbeitet.
Wer möchte, kann sich beispielsweise
statt Bilder oder Grafiken auch runde
Moosfelder für die Wand mit einem
Durchmesser von bis zu 150 Zentimeter
anfertigen lassen. Das ist in großen
Räumen ein echter Hingucker.
„Ein Vorteil dieser Pflanzen ist,
dass sie kein Licht, kein Wasser und
keine herkömmliche Pflege benötigen.
Daher können sie auch an ungünstigen
Plätzen oder in dunklen Ecken im In­
nenbereich eingesetzt werden, wo ech­
te Pflanzen ansonsten keine Chance auf
ein Überleben haben“, sagt Barbara
Bressem. Zu ihren Kunden gehören
Einzelhandelsgeschäfte, Einkaufszen­
tren und Hotels, aber auch zahlreiche
Reedereien, die auf ihren Kreuzfahrt­
schiffen mit den Blumenkunstwerken
aus der Hansestadt optische Akzente
setzen wollen.
auf der Webseite von Dekorieren@
suitelOl (www.suitel01.de) beschreibt,
wie man am besten vorgeht.
Eine weitere Alternative zu fri­
schen Blumen sind Seidenblumen und
Kunstpflanzen. „Die heute erhältlichen
Produkte haben nichts mit billigen
Plastikblumen gemeinsam. Sie sind
nicht nur lichtecht und witterungsbe­
ständig, sondern halten normalerweise
bis zu 15 Jahre“, sagt Renate Bode. Sie
handelt seit 36 Jahren mit Seidenblu­
men, Kunstpflanzen und Textilbäumen,
die sie überwiegend aus China bezieht.
Rund 1000 verschiedene Modelle für
den Innen- und Außenbereich stehen
zur Auswahl: vom Kaktus über Horten­
sienzweige und Früchte, die wie zum
Anbeißen aussehen, bis hin zu kugeli­
gen Olivenbäumen und Orchideen.
Zu den Kunden der gebürtigen
Hamburgerin zählen Einrichter, Hotels
und Restaurants ebenso wie Blumen­
händler, Friseure und Privatpersonen
aus der ganzen Welt. Für sie zaubert
Renate Bode mit ihrem Team in ihrer
Werkstatt in Ammersbek - dort befin­
det sich auch ihre Ausstellung - indivi­
duell auf die Kundenwünsche abge­
stimmte Gestecke, Sträuße und andere
Blumenarrangements. Jetzt in der
Weihnachtszeit hat sie besonders viel
zu tun. Sehr beliebt bei Kunden seien
vor allem Amaryllis, Christrosen, Weih­
nachtssterne und Kiefern in vielen ver­
schiedenen Facetten, hergestellt in
den klassischen Weihnachtsfarben Rot,
Gold sowie Grün. Daneben würden
auch Arrangements in Crème und Sil­
ber sehr gefragt sein. „Wichtig ist Kun­
den, dass die Sträuße, Gestecke oder
Kränze täuschend echt aussehen und
dass sie perfekt ins persönliche Umfeld
passen“, sagt Renate Bode.
Arrangements sollten warm und trocken
stehen, nicht im Außenbereich
Verblüffend echt sieht der Adventskranz
mit Beeren und Tannenzapfen aus
Auch Birgit Homann-Rudeloff, In­
haberin eines Blumenladens am Bill­
werder Billdeich, arbeitet mit stabili­
sierten Blumen. „Sie lassen sich genau­
so gut zu schönen Arrangements, Sträu­
ßen, Gestecken oder Wandkränzen ver­
arbeiten wie frische Blumen. Gerade
jetzt in der Weihnachtszeit, wenn die
Menschen ihre Räume gern abwechs­
lungsreich dekorieren, bieten sich viele
Möglichkeiten an“, sagt die erfahrene
Floristin. Allerdings müssten die stabi­
lisierten Pflanzen unbedingt warm und
trocken stehen: „Für Räume mit hoher
Luftfeuchtigkeit und für den Außenbe­
reich sind sie nicht geeignet.“
Ein weiterer Vorteil dieser Pflan­
zen ist ihre lange Lebensdauer. Sie liegt
zwischen drei und acht Jahren, je nach­
dem, wie die Blumen auf den Stabilisie­
rungsprozess reagieren. Darüber hin­
aus benötigen die vergleichsweise zeit­
losen Pflanzen keine besondere Pflege.
Ein kleiner, weicher Pinsel reicht aus,
um lästigen Staub zu entfernen. Im Ge­
genzug muss man etwas tiefer in die
In ihrer kleinen, gemütlich im
Landhausstil eingerichteten Wohnung
Kunstvoll: die drei „Bobbel" aus stabilisiertem M o os kosten 1950 Euro. Sie sind in
den Größen zwischen 8 0 und 160 cm erhältlich Fotos: Dauerflora (3)
Tasche greifen als für Echtpflanzen:
Eine stabilisierte Rose kostet beispiels­
weise etwa 20 Euro.
Wer möchte, kann die Pflanzenkon­
servierung mit Glycerin durchaus auch
selbst einmal probieren. Keine Sorge:
Glycerin ist ungiftig, das Verfahren
damit völlig ungefährlich. Die haltbaren
Schmuckstücke können später sogar
kompostiert werden, wie Barbara Bres­
sem bestätigt. Selbst dort, wo farblich
nachgeholfen worden sei, müsse es kei­
ne Bedenken geben: Zur Anwendung
komme nur Lebensmittelfarbe.
Wer es also selbst einmal probieren
möchte, der kann der Anleitung von
Klaus Beyer folgen, der in seinem Arti­
kel „Keine Rose blüht das ganze Jahr“
Arrangements zu finden. Auf dem Ess­
tisch im offen gestalteten Wohn- und
Essbereich steht ein üppiger Advents­
kranz mit Äpfeln, verschiedenen Bee­
renfrüchten, Tannenzapfen, Efeu-,
Ilex-, Buchsbaum-, Kiefer- und Euka­
lyptuszweigen. In der Mitte brennt eine
dicke rote Kerze. Verblüffend echt sieht
das Prachtstück aus, dabei hat Renate
Bode den imposanten Adventskranz
komplett aus Kunstpflanzen gesteckt.
Ihr gefällt auch das Spiel mit Gegen­
sätzen. „In einem puristischen Wohnumfeld machen sich punktuell verteilte,
bunte Sträuße in auffälligen Vasen oder
Amphoren gut. Sie sollten allerdings
nicht zu klein, sondern schön opulent
gestaltet sein.“
Am besten, man mixt solche Arran­
gements im seinem persönlichen Um­
feld mit frischem Grün oder Blumen­
sträußen. Eine Flasche Glyzerin kann ja
für alle Fälle in Griffnähe stehen.