Steuerrecht II

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Steuerrecht II
Prof. Dr. Helmuth Wilke
Arbeitsmaterialien zur Vorlesung
Steuerrecht II
Teil 1: Steuerliches Verfahrensrecht
Inhaltsübersicht:
Gliederung
Literaturhinweise
Schaubilder
Aufgaben
Wintersemester 2009/2010
Prof. Dr. Helmuth Wilke
HTW Berlin
Vorlesung Steuerrecht II:: Gliederung
Seite 1
Gliederung
I.
II.
Grundzüge der Abgabenordnung
A.
Grundlagen
1.
Überblick über die AO
2.
Begriffsbestimmungen
3.
Steuerrechts- und Steuerschuldverhältnis
4.
Fristen, Termine, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
B.
Die Lehre vom Steuerverwaltungsakt
1.
Begriff und Arten von Steuerverwaltungsakten
2.
Wirksamkeit von Steuerverwaltungsakten
3.
Fehlerhafte Steuererwaltungsakte
C.
Ermittlungsverfahren
D.
Steuerfestsetzungs- und Feststellungsverfahren
1.
Arten der Steuerfestsetzung
2.
Einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
E.
Festsetzungsverjährung
F.
Korrekturvorschriften
1.
Offenbare Unrichtigkeit
2.
Vorbehalt der Nachprüfung,Vorläufigkeit
3.
Änderungen nach §§ 172 ff. AO
G.
Grundzüge des Steuererhebungsverfahren
1.
Fälligkeit von Ansprüchen
2.
Haftung für fremde Steuerschulden
3.
Beitreibung der Steuerschuld
H.
Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren (Einspruchsverfahren)
1.
Zulässigkeitsvoraussetzungen
2.
Prüfung der Begründetheit
3.
Einspruchsentscheidung
Grundzüge der Finanzgerichtsordnung
A.
Überblick über die Finanzgerichtsbarkeit
B.
Das Klagesystem der FGO
1.
Die Klagearten im Einzelnen
2.
Zulässigkeitsvoraussetzungen
C.
Die Entscheidung im finanzgerichtlichen Verfahren
D.
Revision, Beschwerde
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Vorlesung Steuerrecht II: Literaturauswahl
Die folgende Literaturauswahl umfaßt einige wichtige bzw. umfassende Lehrbücher zum
steuerlichen Verfahrensrecht. Darüber hinaus existiert eine Reihe weiterer lesenswerter
Monographien, Kommentare, Fallsammlungen und nicht zuletzt Aufsätze in Fachzeitschriften
und Festschriften, deren Studium beim Erarbeiten der Materie hilfreich sein kann. Auf den
Versuch einer vollständigen Angabe wird hier jedoch aus Gründen der Übersichtlichkeit
verzichtet. Die Studierenden seien insoweit auf die Lesesäle der Bibliotheken verwiesen.
Andrascek-Peter/ Braun/ Friemel/ Schim
Lehrbuch Abgabenordnung mit
Finanzgerichtsordnung, 16. Auflage, Herne 2008
Ax/ Große/ Cämmerer
Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung,
„Blaue Reihe“ Bd. 4, 19. Auflage, Stuttgart 2007
Helmschrott/ Schaeberle
Abgabenordnung, 13. Auflage, Stuttgart 2006
Lammerding
AO und FGO, „Grüne Reihe“ Bd. 2, 15. Auflage,
Achim 2005
Tipke/ Lang
Steuerrecht, 19. Auflage, Köln 2008
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Vorlesung Steuerrecht II: Übersichten
Steuerpflichtiger erzielt Einkünfte
im Sinne des EStG
Steueranspruch entsteht mit Ablauf
des Veranlagungszeitraums
Aufforderung des FA zur Abgabe der ESt-Erklärung
Ermittlungsverfahren
Erstellung und Abgabe der ESt-Erklärung durch Stpfl.
Ggf. Nachreichen weiterer Belege durch Stpfl. nach
Aufforderung des FA
Veranlagungsverfahren
Feststellung der Besteuerungsgrundlagen durch das FA
(ggf. durch gesonderten Bescheid)
Feststellungs-/
Festsetzungsverfahren
Erhebungsverfahren
Absenden des Steuerbescheids durch das FA
Steuerbescheid wird dem Stpfl. bekanntgegeben
(i.d.R. 3 Tage nach Aufgabe zur Post)
Steuer wird durch wirksamen
Steuerbescheid festgesetzt
Fälligstellen der ESt-Abschlusszahlung durch das FA,
meist zusammen mit dem Steuerbescheid
Fälligkeit i.d.R. einen Monat nach
Bekanntgabe des Steuerbescheids
Überweisung der ESt-Abschlusszahlung
Steueranspruch erlischt durch
Zahlung
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Abgabe der Steuererklärung
(§§149 ff)
Vorlesung Steuerrecht II: Übersichten
Steuerstraf- und Bußgeldverfahren
(§§ 349 - 412)
Macht der Stpfl. vorsätzlich falsche Angaben, wird ein Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet, bei leichtfertiger
Steuerverkürzung ein Bußgeldverfahren.
Zwangsgeldverfahren
Ermittlungsverfahren
(§ 328 ff)
Bestimmte Verwaltungsakte des FA können mit Zwangsmitteln
durchgesetzt werden.
(§§ 85 ff)
Aufgrund der Steuererklärung ermittelt das FA
die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse,
die für die Steuerpflicht und die Bemessung der
Steuerhöhe maßgebend sind
(Besteuerungsgrundlagen).
(§ 193 ff)
Die Außenprüfung ist ein besonderes Ermittlungsverfahren. Sie dient der
intensiven Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse „vor Ort“.
Festsetzungsverfahren
Feststellungsverfahren
(§ 155 ff)
Im Festsetzungsverfahren setzt das FA den
Steueranspruch gegenüber dem Steuerschuldner
fest.
Außenprüfung
(§§ 179 ff, 175 Abs.1 Nr.1)
Soweit gesetzlich vorgeschrieben, werden ausnahmsweise
Besteuerungsgrundlagen „gesondert“ durch einen eigenen Bescheid
festgestellt (Feststellungsbescheid). Dieser sog. Grundlagenbescheid ist
für die nachfolgende Steuerfeststellung (Folgebescheid) bindend.
Rechtsbehelfsverfahren
Bekanntgabeverfahren
(§§ 122, 124)
Der Steuerbescheid wird gegenüber dem Stpfl.
bekanntgegeben.
(§ 347 ff)
Fühlt sich der Stpfl. durch einen Steuerbescheid oder einen sonstigen
Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt, kann er Einspruch einlegen.
Korrekturverfahren
(§§ 129 ff, 164, 165, 172 ff)
Auch außerhalb des Rechtsbehelfsverfahrens besteht die Möglichkeit der
Korrektur von Verwaltungsakten. Voraussetzung ist das Eingreifen einer
Korrekturvorschrift.
Erhebungsverfahren
(§ 128 ff)
Im Erhebungsverfahren wird der durch den
Steuerbescheid festgesetzte Anspruch
verwirklicht. Die Steuer wird entrichtet.
Haftungsverfahren
(§§ 69 ff, 191, 219)
Wenn eine Haftungsnorm greift, kann das FA auch andere Personen als
den Steuerschuldner zur Zahlung der Steuerschuld durch Haftungsbescheid heranziehen.
Vollstreckungsverfahren wegen
Geldforderungen
(§§ 249ff, 259-327)
Zahlt der Stpfl. nicht, kann in sein Vermögen
vollstreckt werden.
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Aufbau der Abgabenordnung
Erster Teil
§§ 1 – 32 AO
Einleitende Vorschriften
Anwendungsbereich, Begriffsabgrenzungen, Zuständigkeit,
Steuergeheimnis
Zweiter Teil
§§ 33 – 77 AO
Steuerschuldrecht
Allg. Vorschriften über die Entstehung von
Steueransprüchen; Bestimmungen über steuerbegünstigte
Zwecke
Dritter Teil
§ 78 – 133 AO
Allgemeine
Verfahrensvorschriften
Beteiligte am Verfahren, Beweiserhebung, Fristen und
Termine, Rechts- und Amtshilfe, Steuerverwaltungsakte
Vierter Teil
§§ 134 – 217 AO
Durchführung der
Besteuerung
Erfassung der Steuerpflichtigen, Mitwirkungspflichten,
Buchführung, Abgabe der Steuererklärungen, Festsetzung
durch Bescheide, besondere Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen, Außenprüfung, Steuerfahndung
Fünfter Teil
§§ 218 – 248 AO
Erhebungsverfahren
Realisierung des Steueranspruchs durch die Finanzbehörde,
Fälligkeit, Zahlung, Stundung, Aufrechnung, Erlass,
Verzinsung
Sechster Teil
§§ 249 – 346 AO
Vollstreckung
Möglichkeiten zur Durchsetzung von Verwaltungsakten, mit
denen eine Geldleistung oder ein sonstiges Verhalten vom
Stpfl. gefordert wird
Siebenter Teil
§§ 347 – 368 AO
Außergerichtliches
Rechtsbehelfsverfahren
Einspruch als Rechtsschutzmöglichkeit des Stpfl., bevor er
Klage beim FG erhebt.
Achter Teil
§ 369 – 412 AO
Straf- und
Bußgeldvorschriften
Straf- und Bußgeldverfahren
Steuerstrafrecht, Steuerbußgeldvorschriften sowie die
entsprechenden Verfahrensvorschriften
Neunter Teil
§§ 413 – 415 AO
Schlussvorschriften
Erfassung der Steuerpflichtigen, Mitwirkungspflichten,
Buchführung, Abgabe der Steuererklärungen, Festsetzung
durch Bescheide, besondere Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen, Außenprüfung, Steuerfahndung
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Steueranspruch
Entstehung
Festsetzung
fallen grundsätzlich
zeitlich auseinander
Fälligkeit
können sich ausnahmsweise zeitlich
decken
Erlöschen von Steueransprüchen
§ 47 AO
durch Erfüllung oder Leistung an
Erfüllungs Statt
ohne Erfüllung
 Zahlung § 224 AO
 Aufrechnung § 226 AO
vor Festsetzung
nach Festsetzung:
 Billigkeitserlass
§ 163 AO
 Billigkeitserlass
§ 227 AO
 Festsetzungsverjährung § 169 AO
 Zahlungsverjährung
§ 228 AO
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Fristarten
behördliche Fristen
(durch Verwaltungsakt)
gesetzliche Fristen
(z.B. Einspruchsfrist)
Steuererklärungsfrist
§ 149 AO
Zahlungsfrist, § 220 AO
verlängerbar durch:
 Stundung
 Aussetzung der
Vollziehung
verlängerbar
§ 109 AO
nicht
verlängerbar
aber
Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand
§ 110 AO
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Funktionen und Wirkungen des VA
Konkretisierungsfunktion
Titelfunktion
Bindungswirkung
Bestandskraft
Eröffnung eines
formellen
Rechtsschutzverfahrens
Verwaltungsakt
Inhalt
Form
schriftlich, mündlich,
in anderer Weise
§ 119 Abs. 2 AO
Bestimmtheit
§ 119 Abs.1 AO
Begründung
§ 121 Abs.1 AO
u.U. Unterschrift,
erlassende Behörde
§ 119 Abs. 3 AO
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Der fehlerhafte VA
Grundsatz:
Ausnahme:
Nichtigkeit § 125 AO
Fehlerhafte VAs sind
wirksam!
Einzelne
Nichtigkeitsgründe
§ 125 Abs. 2 AO
offenkundiger,
schwerer
Fehler
§ 125 Abs. 1 AO
Ein VA bleibt wirksam, bis er zurückgenommen, widerrufen, aufgehoben wird.
§ 124 Abs. 2 AO
Rücknahme
rechtswidriger VAs
§ 130 AO
Widerruf
rechtmäßiger VAs
§ 131 AO
Aufhebung von
Steuerbescheiden
§ 164, § 165 AO
§§ 172 AO ff
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Steuerverwaltungsakte
§ 118 AO
nicht-begünstigende
Steuerverwaltungsakte
Bescheide
sonstige Bescheide
 Haftungsbescheide
 Duldungsbescheide
 Korrekturbescheide
Steuerbescheide und diesen
gleichgestellte Bescheide








Steuerbescheide
Steueranmeldungen
Feststellungsbescheide
Steuermessbescheide
Freistellungsbescheide
Zinsbescheide
Zerlegungsbescheide
Bescheide über Ablehnung einer
Steuerfestsetzung
 Zuteilungsbescheide
 Änderungsbescheide bzgl. obiger
Bescheide
begünstigende
Steuerverwaltungsakte
sonstige nicht-begünstigende
Steuerverwaltungsakte
konstitutive
Steuerverwaltungsakte
 Zwangsgeldfestsetzung
 Festsetzung von Verspätungszuschlägen
 Prüfungsanordnung
 Ablehnung von begünstigenden konstitutiven
Verwaltungsakten
 Korrektur der o.a. Verwaltungsakte zu Ungunsten
deklaratorische
Steuerverwaltungsakte
 Leistungsgebot
 Abrechnungsbescheid
 Korrektur der o.a. Verwaltungsakte zu Ungunsten




Stundung
Erlass
Fristverlängerung
Aufhebung eines nichtbegünstigenden Verwaltungsakts
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Steuerbescheid
Muss-Erfordernisse
Soll-Erfordernisse
Form des
Steuerbescheids:
§ 157 Abs. 1 AO
i.d.R. Schriftform
Rechtsbehelfsbelehrung
§ 157 Abs. 1 AO;
an sich Mussvorschrift,
aber: § 356 Abs. 2 AO
Steuerschuldner
§ 157 Abs. 1 AO,
§ 119 AO;
bei Fehlen oder
Falschbezeichnung:
Nichtigkeit
§ 125 Abs. 1 AO
Begründung:
keine Sondervorschrift,
Rückgriff auf § 121 AO;
Ausnahme:
§ 121 Abs. 2 AO;
Heilung:
§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO
Steuerschuld nach
Art und Betrag
§ 157 Abs. 1 AO;
ggf. Steuerjahr
§ 119 Abs. 1 AO
Leistungsgebot =
i.d.R. eigener VA,
der mit Steuerbescheid
verbunden § 254 AO;
bei Fehlen:
§ 220 Abs. 2 AO und
§ 229 Abs. 2 AO
erlassende Behörde
§ 119 Abs. 3 AO;
bei Fehlen:
Nichtigkeit
§ 125 Abs. 2 Nr. 1 AO
nach:
Ax, R. / Große, Th. / Cämmerer, J., Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung,
Stuttgart, 18. Auflage 2003, S. 308
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Folgen der Fristversäumnis
Verspätungszuschlag
(§ 152 AO)
Säumniszuschlag
(§ 240 AO)
Zinsen
(§§ 233 bis
237 AO)
Zwangsgeld
(§ 329 AO)
Der
Verspätungszuschlag darf
10% der
festgesetzten
Steuer nicht
überschreiten
und höchstens 25.000 €
betragen.
Der Säumniszuschlag
beträgt 1%
für jeden
angefangenen
Monat der
Säumnis. Der
rückständige
Steuerbetrag
ist auf volle
50 € abzurunden.
Die Zinsen
betragen
0,5% für
jeden vollen
Monat des
Zinslaufs.
Der zu
verzinsende
Betrag ist auf
volle 50 €
abzurunden.
Das
Zwangsgeld
darf im
Einzelnen
25.000 € nicht
übersteigen.
§ 233 a AO
Erstattungs- u.
Nachzahlungszinsen
z.B. ESt 2007:
Beginn:
01.04.2009
Ende:
Bekanntgabe
des Steuerbescheids 2007
nach:
Bornhofen, M. / Busch, M., Steuerlehre 1, Wiesbaden, 26. Auflage 2005, S. 68
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Zinsen
zwingend, Höhe 0,5 % der Steuer je
vollen Monat = 900 €
Zinslauf April bis Dezember
Verspätungszuschlag
nicht zwingend; maximal
10 % der Steuer = 2.000 €
Entstehung der
ESt 01 i.H.v.
20.000 €
31.12.01
Ende der
Erklärungsfrist
§ 149 Abs.2 AO
02.06.02
(31.05.02 ist
ein
Sonnabend)
Abgabe der
ESt-Erklärung
10.10.02
Beginn
Zinslauf
01.04.03
(15 Monate nach
Entstehung der
Steuer, § 233a
Abs.2 AO)
FA gibt
Steuerbescheid zur
Post
Zinslauf
29.12.03
Säumniszuschlag
zwingend, Höhe 1% der Steuer je
angef. Monat = 1.000 €
(da 5. Monat bereits begonnen)
Bekanntgabe des
Steuerbescheids
Fälligkeit der ESt
Zinslauf
01.01.04
(Feiertag;
dennoch keine
Verlegung, da
kein Fristende!)
02.02.04
(01.02.04 ist
ein Sonntag)
Zahlung
der ESt
05.06.04
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Prüfungsschema „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“
anhand des Beispiels „Rechtsbehelfsfrist“
Ende der Rechtsbehelfsfrist am ..........
Versäumung der Frist ?
nein
zulässig
ja
unzulässig
§ 358 AO
ja
Schuldhaftes Versäumnis durch
- Steuerpflichtigen selbst oder
- Vertreter ?
nein
Wegfall des Hinderungsgrundes am ..........
Ende der Monatsfrist des § 110 Abs. 2 AO
(§ 108 AO, §§ 187, 188 BGB) am ..........
Antrag auf Wiedereinsetzung mit Begründung und Nachholung des versäumten
Rechtsbehelfs innerhalb der Monatsfrist
des § 110 Abs. 2 AO
ja
Nachholung innerhalb der Jahresfrist
nach § 110 Abs. 3 AO
ja
zulässig
nein
unzulässig § 358 AO
nein
unzulässig, sofern
nicht ggf. Wiedereinsetzung für
Versäumnis der
Monatsfrist des
§ 110 Abs. 2 AO
in Betracht kommt
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Arten der Steuerfestsetzung
Endgültige
Ermittlung von
Besteuerungsgrundlagen und
Steuerfestsetzung in
einem einheitlichen
Verfahren
Ermittlung von
Besteuerungsgrundlagen und
Steuerfestsetzung
unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung
Vorläufige
Steuerfestsetzung
(einfacher)
Steuerbescheid (mit
uneingeschränkter
Bestandskraft)
(§§ 155, 157 AO)
Steuerbescheid
unter
Nachprüfungsvorbehalt
(§§ 164, 168 AO)
Vorläufiger
Steuerbescheid
(§ 165 AO)
Steuerbescheide mit
eingeschränkter
Bestandskraft
nach:
Rose, G., Grundzüge des Besteuerungsverfahrens, Wiesbaden, 3. Auflage 1995, S. 61
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Beziehungen zwischen Grundlagen- und Folgebescheiden
Einheitliche und
gesonderte Feststellung des Gewinns
der (Beteiligungs-)
Personengesellschaft
EW-Bescheide
für Betriebsgrundstücke
Gewerbesteuermessbescheid
Gew.ertrag

MB Gew.E
GewStZerlegungsbescheid
Gewerbesteuerbescheid der
Gemeinde A
Gewerbesteuerbescheid der
Gemeinde B
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Systematik der Rechtsbehelfe im
Besteuerungsverfahren
Rechtsbehelfe
außerordentliche
Rechtsbehelfe
(formlos, fristlos, kostenfrei)
Gegen vorstellung
Dienstaufsichtsbeschwerde
Außergerichtliche
(kostenfrei)
Einspruch
Außergerichtliches
Rechtsbehelfsverfahren als Vorverfahren
ordentliche Rechtsbehelfe
(förmlich, fristgebunden)
Beschwerde
Sprungklage
mit Zustimmung der
Finanzverwaltung
Verfassungsgerichtliche
(kostenfrei)
Finanzgerichtliche
(kostenpflichtig)
Klage
beim
FG
Klage
Rechtsmittel
beim BFH
Revision
Normenkontrollklage
Gerichts beschwerde
Verfassungs beschwerde
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Zulässigkeitsvoraussetzungen des Einspruchs
Statthaftigkeit
Einspruch ist nur gegen die in § 347 AO genannten Verwaltungsakte
statthaft; insbesondere darf er nicht nach § 348 AO ausgeschlossen sein.
Formerfordernis
Der Einspruch muß gem. § 357 AO schriftlich und bei der Behörde eingelegt
werden, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Er soll den angefochtenen Verwaltungsakt erkennen lassen und begründet sein.
Fristeinhaltung
Der Einspruch muß innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erfolgen. Die Frist verlängert sich auf 1 Jahr, wenn der
angefochtene Verwaltungsakt schriftlichen ergangen ist und keine
Rechtsbehelfsbelehrung enthalten war.
Beschwer
Nur wer geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen
(eigenen) Rechten verletzt zu sein, ist befugt, Einspruch einzulegen (§§ 350353 AO). Im Regelfall ist dies der Adressat des angefochtenen Verwaltungsaktes.
Klagearten
Anfechtungsklage
(gerichtet auf Aufhebung oder Änderung
von Verwaltungsakten)
Feststellungsklage
(gerichtet auf Feststellung eines
Rechtsverhältnisses oder auf
Feststellung der Nichtigkeit eines
Verwaltungsaktes)
Leistungsklage
Verpflichtungsklage
(gerichtet auf Erlass eines bestimmten
Verwaltungsaktes durch das Finanzamt)
allgemeine Leistungsklage
(gerichtet auf andere Leistung
als Verwaltungsakt)
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Klagearten
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Anfechtungsklage
(§ 40 Abs. 1 FGO
Verpflichtungsklage
(§ 40 Abs.1 FGO)
Leistungsklage
(§ 40 Abs. 1 FGO)
Feststellungsklage
(§ 41 Abs. 1 FGO)
Untätigkeitsklage
(§ 46 Abs. 1 FGO)
Voraussetzungen
Abschluß des
Vorverfahrens
(§ 44 Abs. 1 FGO)
Abschluß des
Vorverfahrens
(§ 44 Abs. 1 FGO)
Kein Vorverfahren
Kein Vorverfahren;
grundsätzlich
subsidiär
(§ 41 Abs. 2 FGO)
Einleitung des
Vorverfahrens
(§ 46 Abs. 1 S. 1
FGO)
Ziel
Aufhebung oder
Änderung eines
Verwaltungsaktes
Verurteilung der
Behörde zum Erlaß
eines abgelehnten
oder unterlassenen
Verwaltungsaktes
Verurteilung der
Behörde zu einer
anderen Leistung,
die nicht in einem
Verwaltungsakt
besteht („schlichtes
Verwaltungshandeln“)
Feststellung des
Bestehens oder
Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses
oder Feststellung der
Nichtigkeit eines
Verwaltungsaktes
Wie bei Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage
Aufhebung des VA
und der Entscheidung des Vorverfahrens (§ 100 Abs. 1, 3
FGO) oder anderweitige Festsetzung
des Geldbetrags oder
entsprechende Feststellung (§ 100 Abs.
2 FGO)
Verurteilung der
Behörde, den
begehrten VA zu
erlassen (§ 101 Satz
1 FGO) oder Verurteilung der Behörde,
den Kläger unter
Beachtung der
Rechtsauffassung
des Gerichts zu
bescheiden (§ 101
Satz 2 FGO)
Verurteilung der
Behörde zu einer
Leistung
Ausspruch der
begehrten Feststellung
Entsprechend
Anfechtungs- oder
Verpflichtungsklage
Entscheidung bei
Begründetheit
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Revisionsgründe § 115 FGO
Grundsatzrevision
(Abs. 2 Nr. 1)
Divergenzrevision
(Abs. 2 Nr. 2)
Verfahrensrevision
(Abs. 2 Nr. 3)
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Fallsammlung
Fall 1
Grundlagen Steuerschuldrecht
Erläutern Sie allgemein den Unterschied zwischen dem Entstehen eines Steueranspruchs, der
Festsetzung und der Fälligkeit der Steuer. Geben Sie anschließend ein Beispiel anhand einer beliebigen
Steuerart.
Fall 2
Grundlagen Verwaltungsakt
Prüfen Sie, ob Sie in den folgenden Fällen das Merkmal des Verwaltungsaktes „Rechtswirkung nach
außen“ und „Regelung eines Einzelfalls“ feststellen können:
1. Ein Steuerbescheid wird dem Stpfl. A bekanntgegeben.
2. Ein Finanzbeamter beantwortet die Frage eines Stpfl. nach den verschiedenen AfA-Möglichkeiten für
ein Wohnhaus.
3. Ein Steuerpflichtiger wird aufgefordert, wegen Überschreitung der Umsatzgrenzen
(§ 141 Abs.1 AO) zukünftig seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln
(141 Abs.2 S.1 AO).
4. Ein Stpfl. erhält einen Betriebsprüfungsbericht übersandt (§ 202 AO).
5. Der Senator für Finanzen weist die Finanzämter an, einem bestimmten Steuerberater grundsätzlich
keine Fristverlängerung zu gewähren.
Fall 3
Wirksamkeit von Steuerfestsetzungen
Beurteilen Sie die Wirksamkeit der folgenden Verwaltungsakte. Unterscheiden Sie zwischen Nichtigkeit
und Rechtswidrigkeit!
1. Das Forstamt Oranienburg erläßt einen ESt-Bescheid gegen Mauke.
2. Finanzbeamter Dröge gibt telefonisch einen ESt-Bescheid durch.
3. Das Finanzamt München erläßt einen ESt-Bescheid gegen Knallke, obwohl dessen ESt-Erklärung
nicht unterschrieben war.
4. In einem (ansonsten vollständigen) ESt-Bescheid fehlt die Angabe des Veranlagungszeitraumes.
Fall 4
Rücknahme und Widerruf
Das FA hatte dem in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Steuerschuldner Neffke die EStAbschlusszahlung unter dem Vorbehalt des Widerrufs gestundet.
Lt. Stundungsverfügung sollte er die offene Steuer in 6 gleichen Monatsraten entrichten. Da Neffke die
erste Rate verspätet und die zweite Rate gar nicht mehr zahlte, hebt das FA die Stundungsverfügung mit
Wirkung ab ursprünglicher Fälligkeit auf.
Zu Recht?
Wie wäre die Lösung, wenn Neffke im Stundungsantrag falsche Angaben zur Stundungsbedürftigkeit
gemacht hätte?
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Fall 5
Vorlesung Steuerrecht II
Fristberechnung
1. Die Finanzkasse stellt die Einkommensteuer-Abschlußzahlung 01 eines Steuerpflichtigen zum
10.09.02 fällig.
a) Liegt eine - gesetzliche oder behördliche - Zahlungsfrist oder ein Termin vor?
b) Darf der Steuerpflichtige zulässigerweise noch später bezahlen, wenn der 10.09.02 ein Samstag
ist?
2. Wann läuft in den folgenden Fällen die Einspruchsfrist gem. § 355 AO ab?
a) Dem Steuerpflichtigen C gilt als am Sonntag, dem 08.10.02 der ESt-Bescheid 02 als
bekanntgegeben.
b) Die Steuerpflichtige K erhält ihren ESt-Bescheid 01 am Mittwoch, dem 01.03.02. Der EStBescheid wurde vom FA am Montag, den 28.02.02 zur Post gegeben (Datum des Poststempels).
Das Jahr 01 ist kein Schaltjahr.
Fall 6
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Schmidt aus Berlin wird am Dienstag, den 03.10.08 aufgrund einer akuten Erkrankung ins Krankenhaus
eingewiesen. Am Samstag, 11.11.08, wird er als geheilt nach Hause entlassen. Nach flüchtiger
Durchsicht seiner Post nimmt er am Montag, 13.11.08, für 3 Tage Urlaub, um seine Tochter in
München zu besuchen. Ab Donnerstag, 16.11.08 arbeitet er wieder.
Am Freitag, dem 15.12.08 geht beim Finanzamt sein Einspruch gegen den ESt-Bescheid 07 ein, den
dieses am Donnerstag, den 31.08.08 mit einfachem Brief zur Post gegeben hatte. Schmidt macht in dem
Schreiben den oben beschriebenen Sachverhalt glaubhaft, indem er die Krankheitsbescheinigung vom
03.10. und den Krankenhausentlassungsschein beifügt, und stellt Antrag auf Wiedereinsetzung.
Wie wird das FA über den Antrag entscheiden?
Fall 7
Verspätungs- und Säumniszuschläge
Prüfen Sie, inwieweit Verspätungs- bzw. Säumniszuschläge erhoben werden können:
1. Abgabe der USt-Voranmeldung am 09.05.01 für den Monat April 01; Zahlungseingang beim
Finanzamt am 20.05.01. Höhe der Zahllast 5.000 €.
2. Abgabe der USt-Voranmeldung am 24.05.01 für den Monat April 01; Zahlungseingang beim
Finanzamt am 17.06.01. Höhe der Zahllast 5.000 €.
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Fall 8
Vorlesung Steuerrecht II
Vorläufige und Vorbehaltsfestsetzungen
Stehen die folgenden Festsetzungen kraft Gesetz unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bzw. können sie
unter diesem Vorbehalt (Ermessensvorbehalt) gestellt werden, oder ist ein Vorbehalt nicht möglich?
1. LSt-Anmeldung Januar 09
2. USt-Vorauszahlungsbescheid
3. Gewerbesteuermessbescheid
4. ein wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse gem. § 165 AO zum Teil vorläufiger ErbSt-Bescheid
5. ein ESt-Bescheid, der aufgrund einer Betriebsprüfung ergeht
Fall 9
Grundlagenbescheid
Nennen Sie drei Beispiele für Grundlagenbescheide.
Fall 10
Festsetzungsfrist
1. Erläutern Sie den Begriff "Ablaufhemmung" und geben Sie ein Beispiel.
2. Bestimmen Sie Beginn, Dauer und Ende der Festsetzungsfrist in den folgenden Fällen.
a) Die gesetzlich vorgeschriebene ESt-Erklärung für den Veranlagungszeitraum 2007 geht in 2009
beim Finanzamt ein.
b) Ein Steuerpflichtiger hat im Jahr 2003 neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften i.H.v. 26.000 DM
ausnahmsweise auch Einkünfte i.H.v. 1.400 DM gehabt, die der LSt nicht unterworfen waren.
Eine ESt-Erklärung hat er für 2003 aus Unkenntnis der rechtlichen Situation nicht abgegeben.
Eine Veranlagung erfolgte bisher nicht.
c) Die Frist für eine ESt-Festsetzung würde am 31.12.2008 ablaufen. Am 12.12.2008 wird mit einer
Außenprüfung begonnen. Durch die Außenprüfung ergibt sich eine Mehrsteuer von 2.760 DM,
die durch einen Steuerbescheid festgesetzt wird, den das zuständige FA am 21.4.2009 bei der
Post aufgibt. Der Steuerpflichtige legt gegen den Bescheid keinen Rechtsbehelf ein.
Prof. Dr. Helmuth Wilke
HTW Berlin
Fall 11
Vorlesung Steuerrecht II
Änderungsvorschriften
Eine hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorläufige, ansonsten endgültige
Einkommensteuerfestsetzung gegen Pappke ändert das Finanzamt durch einen (wirksamen!)
Änderungsbescheid, weil der zuständige Finanzbeamte bei der Veranlagung aufgrund eines
Rechtsirrtums bestimmte Zinseinnahmen als steuerfrei einstufte.
1. Prüfen Sie, ob die Änderung auf § 165 AO, § 172 AO oder § 173 AO gestützt werden kann.
2. Wozu würden Sie Pappke im Fall der Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids raten?
Fall 12
Änderungsvorschriften
Der Prüfer hat in 03 bei seiner Außenprüfung bezüglich der in 02 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
festgesetzten Einkommensteuer für das Jahr 01 bei Mauke nichts gefunden. Das Finanzamt teilt Mauke
daher mit, daß die Prüfung keine Änderung der ESt 01 erbracht habe. Im Jahr 04 wird dem Finanzamt
bekannt, daß ein Teil der von Mauke angegebenen Betriebsausgaben nicht abzugsfähig waren. Das
Finanzamt ändert daraufhin die Festsetzung mit Hinweis auf §§ 164, 173 AO. Ist dies zulässig?
Hinweis: Eine Steuerverkürzung oder -hinterziehung durch Mauke ist nicht anzunehmen.
Fall 13
Änderungen nach §§ 172, 173 AO
Olaf O. hat nach mehrmaliger Aufforderung durch das Finanzamt am 31.03.08 die ESt-Erklärung für
das Jahr 01 abgegeben. Am 27.12.08 gibt das Finanzamt den ESt-Bescheid 01, in dem erklärungsgemäß
eine Steuer von 10.000 € festgesetzt wird, zur Post. Am 5. Januar fällt Olaf auf, dass er
Sonderausgaben nicht erklärt hatte, bei deren Berücksichtigung die Steuer lediglich in Höhe von 9.000 €
hätte festgesetzt werden dürfen.
Wie entscheidet das FA, wenn Olaf
1. am 10.01.09 Einspruch einlegt (alternativ: Antrag auf schlichte Änderung stellt);
2. am 10.02.09 Einspruch einlegt (alternativ: Antrag auf schlichte Änderung stellt);
3. am 10.02.09 eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 AO beantragt?
Fall 14
Varianten des § 172 AO
Claire Grube hat einen Steuerbescheid erhalten. In diesem Steuerbescheid sind (unstrittige) geleistete
Spenden mit einer steuerlichen Auswirkung iHv 1.000 € nicht berücksichtigt worden. Claire ruft daher
ihren Sachbearbeiter Hacke an und fragt, ob man die Angelegenheit nicht ohne großes Aufsehen
erledigen und die Sonderausgaben einfach zusätzlich ansetzen könne. Hacke meint, Claire habe genug
Geld und könne ja ihren StB fragen. Dieser legt Ihnen den SV zur Vorbereitung vor.
Nehmen Sie für den o.a. Grundsachverhalt Stellung zu den nachfolgenden Varianten:
1.
Claire legt einen zulässigen Einspruch ein, die Spenden sind unstrittig, jedoch war das Finanzamt
bei der Einkommensteuer-Festsetzung recht großzügig. Bisher abgezogene „Werbungskosten“ mit
einer steuerlichen Auswirkung iHv 2.000 € könnten vom Finanzamt rechtmäßig versagt werden.
2.
Hinsichtlich der Werbungskosten wie 1. aber Claire ruft innerhalb der Rechtsbehelfsfrist beim FA
an, die Spenden wurden bisher nicht erklärt.
Prof. Dr. Helmuth Wilke
HTW Berlin
Vorlesung Steuerrecht II
3.
Die Steuerfestsetzung ist im Übrigen in Ordnung (also auch die WK), lediglich die Spenden wurden nicht angesetzt und Claire ruft innerhalb der Rechtsbehelfsfrist an.
4.
Die Steuerfestsetzung ist im Übrigen in Ordnung (also auch die WK), Claire ruft außerhalb der
Rechtsbehelfsfrist an, bzw schreibt dem Finanzamt, die Spenden wurden innerhalb der Steuererklärung erklärt, vom FA abgehakt, aber aus Versehen nicht in der Eingabemaske am PC eingegeben.
5.
Die Steuerfestsetzung ist im Übrigen in Ordnung (also auch die WK), Claire ruft außerhalb der
Rechtsbehelfsfrist an, bzw schreibt dem Finanzamt, die Spenden wurden nicht erklärt.
Fall 15
Offenbare Unrichtigkeit?
Die Steuerpflichtige M erhielt am 03.02.2009 den endgültigen ESt-Bescheid für 2007. Am 07.04.2009
schreibt sie an das FA:
„Gegenden ESt-Bescheid für 2007 lege ich Einspruch ein; meine Einnahmen aus Kapitalvermögen
betragen nicht wie erklärt 32.400 €, sondern 23.400 €. Der Zahlendreher ist mir erst bei der Durchsicht
der Steuererklärung aufgefallen. Ich bitte diese Unrichtigkeit nach § 129 AO zu berichtigen.“
Wie wird das FA entscheiden?
Fall 16
Mitänderung materieller Fehler
Das Finanzamt Königs Wusterhausen hat Meiers ESt für 2006 auf 8.000 € am 20.10.2007 festgesetzt.
Hinsichtlich der Einkünfte aus VuV wurden die Einkünfte vorläufig festgesetzt. Nachdem die
Ungewißheit geklärt war, änderte das FA am 10.03.2009 die Steuerschuld auf 10.000 €. Meier legte am
15.03.2009 Einspruch ein und trägt vor, das FA möge Lebensversicherungsbeiträge, die bisher nicht
erklärt waren, nachträglich berücksichtigen (Belege wurden beigefügt; steuerliche Auswirkung 1.200 €,
alternativ 3.000 €).
Prüfen Sie, ob und ggf. wieweit das FA dem Einspruch stattgeben wird.
Fall 17
Geschäftsführerhaftung
Geschäftsführer Schmidt der X-GmbH hat ab Mai 2008 USt weder angemeldet noch entrichtet. Er tat
dies, um mit den noch vorhandenen Mitteln allein Lieferantenverbindlichkeiten zu begleichen, um so den
notleidenden Betrieb und die Arbeitsplätze zu retten.
Haftet Schmidt für die USt-Schulden der X-GmbH?
Prof. Dr. Helmuth Wilke
HTW Berlin
Fall 18
Vorlesung Steuerrecht II
Haftung bei Betriebsübernahme
B kauft von A am 01.01.2009 dessen Einzelhandelsgeschäft. Bei einer Außenprüfung in 2009 wird
festgestellt, daß für den Monat Dezember des Jahres 2007 in 2008 zu wenig USt angemeldet und
entrichtet wurde.
1. Haftet B für die USt, wenn der Änderungsbescheid in 2009 zugeht?
2. Wie ist zu entscheiden, wenn es sich um die USt aus Januar 2008 handelt und der
Änderungsbescheid in 2010 zugeht?
Fall 19
Verschiedene Haftungstatbestände
Gans (G) ist der alleinige Erbe seines am 01.11.2009 verstorbenen Vaters Helmut Hahn.
Hahn (H) war Geschäftsführer und zusammen mit dem ehemaligen Steuerberater Vogel (V)
Gesellschafter der X-GmbH gewesen. V war von der GmbH beauftragt worden, die Bücher der Gesellschaft zu führen sowie die Jahresabschlüsse und die Steuererklärungen zu erstellen.
G verlangt Einsicht in die Geschäfte und stellt nach Ablauf der Frist zur Ausschlagung der Erbschaft
(§§ 1942 ff. BGB) zu seinem Entsetzen fest, dass Kunden jahrelang betrogen und Bilanzen sowie
Steuererklärungen von H und V bewusst zu ihrem finanziellen Vorteil frisiert worden sind. Da G mit
dem nichts zu tun haben will, wendet er sich auf Anraten seines Anwaltes an das Finanzamt mit der
Bitte um Aufklärung und Unterstützung. Gegen V erstattet er Strafanzeige.
Eine unter tätiger Mithilfe des G sofort durchgeführte Fahndungsprüfung bringt umfangreiche, bisher
nicht erkannte, steuerlich relevante Sachverhalte an den Tag. Danach hat die GmbH u.a. Umsatzsteuer,
die bis zum 01.11.2009 entstanden war, in Höhe von 50.000 € weder erklärt noch bezahlt.
Daneben melden sich in zunehmendem Maße andere Gläubiger mit Forderungen gegen die Gesellschaft.
Das Vermögen der GmbH wird aller Voraussicht nach nicht ausreichen, die gesamten Forderungen zu
befriedigen.
1.
Haftet G für die Steuerschulden der GmbH?
2.
Haftet V für die Steuerschulden der GmbH?
3.
Welchen der Schuldner kann das Finanzamt in Anspruch nehmen?
Fall 20
Voraussetzungen des Einspruchs
S erhält am Dienstag, den 01.09.2009 seinen Einkommensteuerbescheid für 2008, den das zuständige
Finanzamt Finsterwalde am 31.08.2009 per einfachem Brief zur Post gegeben hatte.
Statt sich mit dem Bescheid näher zu befassen, fuhr S erst einmal 3 Wochen in Urlaub. Erst am
Montag, den 03.10.2009 holte S den Bescheid wieder hervor und stellte fest, dass das Finanzamt
rechtsirrtümlich Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung nicht berücksichtigt und dadurch
eine zu hohe Steuer festgesetzt hatte. Sofort verfasste er folgendes Schreiben, das das Finanzamt
nachweislich am 04.10.2009 erhielt:
„Gegen meinen Einkommensteuerbescheid vom 31.08.2009 erhebe ich hiermit Widerspruch, denn die
von mir geltend gemachten Werbungskosten aus Vermietung & Verpachtung wurden rechtsirrtümlich
nicht berücksichtigt” (wird näher ausgeführt).
Prof. Dr. Helmuth Wilke
HTW Berlin
Vorlesung Steuerrecht II
S nannte in dem Schriftstück seine korrekte Anschrift und Steuernummer, vergaß aber zu
unterschreiben.
Prüfen Sie, ob das Schreiben vom 03.10.2009 einen zulässigen Rechtsbehelf gegen den
Einkommensteuerbescheid für 2008 darstellt. Hierbei ist kurz, aber erschöpfend auf folgende Punkte
einzugehen:
- Statthaftigkeit
- Beschwer
- Form
- Frist
Fall 21
Anfechtungsklage, Zulässigkeitsvoraussetzungen
Die Eheleute M erheben mit dem Schriftsatz vom 10.09.2009 Klage wegen der
Einkommensteuerbescheide 2005, 2006 und 2007. Die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006
stammen vom 10.04.2007, die zusammengefasste Einspruchsentscheidung vom 20.08.2009. Der
Einkommensteuerschätzungsbescheid 2007 trägt das Datum 09.05.2008. Der Einspruch gegen ihn, der
nicht begründet wurde, ist ebenfalls am 20.08.2009 zurückgewiesen worden.
Die Eheleute beantragen, bei der Einkommensteuer 2005 die vom Beklagten abgelehnten
Werbungskosten, und bei der Einkommensteuer 2006 die noch zu benennenden Aufwendungen
steuermindernd zu berücksichtigen. Sie beantragen, den Schätzungsbescheid für 2007 aufzuheben, weil
es sich dabei um eine grob überzogene, nicht an Tatsachen orientierte Schätzung handele (was zutrifft).
Sind die Klagen zulässig?
Fall 22
Fortsetzungs-Feststellungsklage
In der Firma des E fand vom 01.09. bis zum 03.09.2009 eine Betriebsprüfung statt. Die
Betriebsprüfungsanordnung erreichte E am 01.05.2009. Eine Prüfung für die Jahre 2005 bis 2007
wurde darin angeordnet. Hiergegen legte er am 10.05.2009 Einspruch ein, weil er die
Betriebsprüfungsanordnung für rechtswidrig hielt. Die Einspruchsentscheidung erging am 30.06.2009.
Am 15.07.2009 erhob E bei dem Finanzgericht Klage.
Während der Betriebsprüfung kam es zu folgenden Vorfällen:
Der Betriebsprüfer stellte zufällig fest, dass E den Jahresabschluss 2008 bereits fertig gemacht hatte.
Da er ohnehin in dem Archiv der Firma E saß und somit Zugriff auf alle Belege und die Buchhaltung
für 2008 hatte, erweiterte er stillschweigend seine Prüfung auf diesen Zeitraum.
Bei seiner Prüfung fand der Betriebsprüfer einige Belege, die ihm aufgrund seiner Lebenserfahrung als
zweifelhaft erschienen. Ohne E zu informieren, richtete das Finanzamt, dem der Betriebsprüfer
angehörte, am 05.09.2009 drei Auskunftsersuchen an die Geschäftspartner von E und bat darin um
Aufklärung, welche Sachverhalte den Rechnungen zugrunde lagen. Einer der Angesprochenen brach
daraufhin seine Geschäftsbeziehung zu E ab.
Die Prüfung brachte für die gesamten Zeiträume 2005 bis 2008 ein erhebliches Mehrergebnis.
E fragt um Rat. Welche Ratschläge können Sie ihm geben?
Prof. Dr. Helmuth Wilke
HTW Berlin
Fall 23
Vorlesung Steuerrecht II
Nichtzulassungsbeschwerde
Die M GmbH hat für das Jahr 2007 keine Steuererklärung abgegeben. Das Finanzamt setzte darum die
Körperschaftsteuer aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen fest.
Nachdem trotz wiederholter Aufforderung auch Einsprüche nicht begründet worden waren und eine
nach § 364 b AO wirksam gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen war, wies das Finanzamt die Einsprüche
zurück.
Nachdem die GmbH Klage erhoben hatte, reichte sie bei dem Finanzamt Steuererklärungen ein.
Das Finanzamt weigerte sich aufgrund des Fristablaufs gem. § 364 b AO, Änderungsbescheide zu
erlassen. Das Gericht wies die Klage, zwei Jahre, nachdem sie erhoben worden war, ab, ohne die
Revision zuzulassen.
Welche Möglichkeit hat die GmbH gegen das Urteil vorzugehen?
Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten dieses Rechtsmittels?
Fall 24
Überprüfung von Ermessensentscheidungen
Zusammen mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 mit einer Steuerfestsetzung von
60.000 € und einer daraus resultierenden Abschlusszahlung von 4.000 € wird gegen D ein
Verspätungszuschlag von 1.000 € festgesetzt wegen zum wiederholten Male verspäteter Abgabe der
Steuererklärung, dieses Mal um zwei Monate.
Das Finanzamt weist den Einspruch zurück mit der Begründung, die Ermessensgrenzen seien
eingehalten und angesichts D’s wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sei es erforderlich, den Zuschlag in
dieser Höhe aufrecht zu erhalten, um D künftig zur fristgerechten Erklärungsabgabe anzuhalten und
einen reibungslosen Verwaltungsablauf zu gewährleisten.
Daraufhin erhebt der geknechtete Steuerbürger D fristgerecht Klage und beantragt,
 den Verspätungszuschlag ersatzlos aufzuheben,
 hilfsweise, ihn auf höchstens 200 € festzusetzen.
Wird D Erfolg haben?
Fall 25
Vorläufiger Rechtsschutz nach § 69 FGO
P hat 20.000 € Einkommensteuer für 2007 vorausgezahlt. Der Einkommensteuerbescheid setzt die
Steuer auf 30.000 € fest. Hiergegen legt P fristgerecht Einspruch ein und stellt Antrag auf Aussetzung
der Vollziehung mit der Begründung, das Finanzamt habe einen Aufgabeverlust nach § 16 EStG in
Höhe von 150.000 € nicht berücksichtigt. Nach (rechnerisch zutreffender) Berechnung ergäbe sich
demnach nur eine Steuer von 8.000 €.
Das Finanzamt lehnt den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. P leistet die Abschlusszahlung, um
Säumniszuschläge zu vermeiden. Drei Monate später wendet er sich an das Finanzgericht und beantragt
Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides in Höhe von 22.000 €.
Über seinen Einspruch ist noch nicht entschieden.
Angenommen, es ergäben sich in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht aus den von P angeführten
Gründen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides, wird die Aussetzung der
Vollziehung im beantragten Umfang gewährt werden?
Prof. Dr. Helmuth Wilke
HTW Berlin
Fall 26
Vorlesung Steuerrecht II
Klagebefugnis
Der Komplementär und die zwanzig Kommanditisten der K-KG haben einen gemeinsamen
Empfangsbevollmächtigten bestellt. Obwohl Piefke (Kommanditist Nr. 19) bereits am 20.03.2008 aus
der KG ausgeschieden ist und einer Bekanntgabe des Feststellungsbescheides an den
Empfangsbevollmächtigten widersprochen und dies dem Finanzamt mitgeteilt hat, schickt das
Finanzamt den Feststellungsbescheid für das Jahr 2007 am 10. Dezember 2008 „mit Wirkung für und
gegen alle“ an den Empfangsbevollmächtigten. Ebenso im März 2009 die nachfolgende
Einspruchsentscheidung.
Kann Piefke im August 2009 noch etwas unternehmen, wenn er jetzt erst erfährt, dass ein Bescheid
bekannt gegeben, die Einspruchsentscheidung bestandskräftig wurde und er mit dem festgestellten
Gewinn nicht einverstanden ist?