BG BAU aktuell 2015 / Ausgabe 1
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BG BAU aktuell 2015 / Ausgabe 1
Unternehmermagazin für die Bauwirtschaft Ausgabe 1 | Februar 2015 BG BAU aktuell Achtung: unterirdische Leitungen Kompaktinfo Passender Gehörschutz www.bgbau.de Im Interview: Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales Geld von der BG BAU – neue Arbeitsschutzprämien NEU! Folgen Sie uns auf Twitter: www.twitter.com/bg_bau Beilage des Kompetenzzentrums For tbildung nach der DGU V Vorschrif t 2 T hema: Passender Gehörschut z Inhalt ARBEITSSCHUTZ ZAHLT SICH AUS LAUFEND GESUND BLEIBEN „PSYCHISCHE BELASTUNGEN SCHIFFBAU „MADE IN MEHR IN DEN FOKUS RÜCKEN“ PAPENBURG“ Die BG BAU verlängert ihr Prämienmodell für Mitgliedsunternehmen in Sachen Arbeitsschutz. Fitness und Wohlbefinden steigern mit regelmäßigem Ausdauertraining. Interview mit Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Die Meyer Werft baut Schiffe für Kunden in aller Welt. Firmen aus der Bauwirtschaft sind beteiligt. 12 22 18 32 04 IN KÜRZE MENSCH UND BETRIEB 28 Info-CD 2015 – Basiswissen und umfassende Informa tionen zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz 30 „Mein Rollstuhl ist meine Kommandozentrale“ – wie die BG BAU Morton Müller nach schwerem Arbeitsunfall unterstützt 32 Schiffbau „made in Papenburg“ – auch Firmen der Bauwirtschaft sind beteiligt 36 Änderungen im Beitragsbescheid Höchst-Jahresarbeitsverdienst gestiegen 37 Feiern ohne Folgen – wer zu Karneval trinkt, fährt nicht 38 INFOMEDIEN 39 Gymnastik auf der Baustelle – bauspezifische Gesundheitsförderung bei der Heckmann GmbH in Hamm SCHWERPUNKT 06 Achtung: unterirdische Leitungen – sorgfältige Arbeitsvorbereitung verhindert schwere Unfälle REHABILITATION UND LEISTUNGEN AUS UNFÄLLEN LERNEN 11 Tödlicher Absturz im Aufzugsschacht 12 Arbeitsschutz zahlt sich aus – die BG BAU erweitert ihr Prämienmodell in Sachen Arbeitsschutz Vergleichen und verbessern – mit dem GDA-ORGAcheck die Qualität der eigenen Arbeitsschutzorganisation überprüfen ARBEITSSICHERHEIT 16 IM BLICK MITGLIEDER UND BEITRÄGE IM FOKUS 18 Interview mit Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales SICHER UNTERWEGS ARBEITSMEDIZIN 22 24 26 Laufend gesund bleiben – mit regelmäßigem Ausdauertraining Fitness und Wohlbefinden steigern Wenn die Stoßdämpfer schlappmachen – Bandscheibenvorfälle Zum aus der Haut fahren – Gürtelrose MIT GUTEM BEISPIEL IMPRESSUM BG BAU aktuell Mitgliedermagazin der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Heft 1_2015 | ISSN 1615-0333 Herausgeber: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) Hildegardstr. 29/30, 10715 Berlin www.bgbau.de Verantwortlich: Klaus-Richard Bergmann, Vorsitzender der Geschäftsführung Redaktion: Rolf Schaper (verantw.) Tel.: 0511 987-2530 E-Mail: [email protected] Dagmar Sobull Tel.: 0511 987-1528 E-Mail: [email protected] Fax: 0511 987-2545 BG BAU, Bezirksverwaltung Nord Hildesheimer Str. 309, 30519 Hannover Änderungen Presseversand: [email protected] Agentur: steindesign Werbeagentur GmbH, Hannover Titelbild: Mirko Bartels, Einklinker: ddpimages Druck: Printmedienpartner GmbH, Hameln Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. natureOffice.com | DE-000-000000 Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Bauwirtschaft bekommt Rückenwind aus Berlin. Das angekündigte zehn Milliarden schwere Investitionsprogramm der Bundesregierung für die Jahre 2016 bis 2018 soll etwa zur Hälfte in die Erneuerung unserer Verkehrsinfrastruktur fließen. Andere wichtige Investitionsfelder sind eine bessere Energieeffizienz und Gebäudesanierung. Zeitgleich startet die Deutsche Bahn das größte Investitionsprogramm der deutschen Eisenbahngeschichte. Rund 28 Milliarden Euro sollen bis 2019 in die Sanierung von Strecken, Brücken und Signalanlagen fließen. Klaus-Richard Bergmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der BG BAU Die Auftragsbücher vieler Mitgliedsunternehmen dürften für die nächsten Jahre also gut gefüllt sein und die Zahl der Beschäftigten wird voraussichtlich wieder steigen. Doch mit mehr Beschäftigung auf den Baustellen kann auch das Risiko von Arbeitsunfällen steigen. Deshalb müssen alle Beteiligten auch bei der Arbeitssicherheit kooperieren, um die Gefahren zu minimieren. Die BG BAU unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe dabei mit einem neu aufgelegten und stark erweiterten Prämienmodell. Mit einer finanziellen Förderung wollen wir die Betriebe motivieren, ihre Bemühungen um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus zu steigern. Eine Liste der förderfähigen Maßnahmen sowie Details zu den genauen Förderbedingungen finden Sie in diesem Heft auf S. 14 und auf unserer Internetseite www.bgbau.de. Ziel all dieser Maßnahmen ist es, durch gezielte Prävention Unfallschwerpunkte zu bekämpfen. Häufig werden bei Bauarbeiten Wasserleitungen oder erdverlegte Stromleitungen beschädigt, wenn zuvor nicht geprüft wurde, ob sich im geplanten Arbeitsbereich Leitungen befinden. Dabei ist der Bauunternehmer im Rahmen seiner Gefährdungsbeurteilung sogar dazu verpflichtet. Für die effektive Ortung von Kabeln und Rohrleitungen gibt es heute verschiedene moderne Suchgeräte, die wir im Rahmen unseres Beitrags „Achtung: unterirdische Leitungen“ auf S. 6 vorstellen. Wenn eine sorgfältige Arbeitsvorbereitung fehlt, kann es zu tragischen Arbeitsunfällen mit mehreren Todesopfern kommen, wie im vergangenen Jahr bei Bauarbeiten in der Nähe von Gasleitungen. Nutzen Sie die Erfahrung unserer Präventionsexperten und unser erweitertes Prämienmodell. Unterstützen Sie uns in dem Bemühen, die Zahl der Arbeitsunfälle trotz wachsender Beschäftigung am Bau zu senken. Es lohnt sich für alle Beteiligten. Ihr Klaus-Richard Bergmann 04 | In Kürze BG BAU aktuell 1 _2015 Tag gegen Lärm 2015 „LÄRM – VOLL NERVIG“ Über die Hälfte aller Berufskrankheitsfälle in der Bauwirtschaft entfällt auf Hörschäden durch Lärm. Doch der schädigt nicht nur das Gehör bis zur Taubheit. Lärm kann auch zu Schlafstörungen, verminderter Konzentration, Tinnitus und einer erheblichen Belastung des Herz-Kreislauf-Systems führen. Die Veranstalter des Tages gegen Lärm unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Akustik e. V. wollen dieses Problem am diesjährigen Tag gegen Lärm, am 29. April 2015, schon jungen Menschen und deren Lehrern und Ausbildern bewusstmachen. Beim Tag gegen Lärm vermitteln Fachleute der BG BAU jungen Menschen Wissen über Gefahren und Schutzmöglichkeiten. Die BG BAU startet ab diesem Tag erneut eine bundesweite Aktionskampagne in verschiedenen Ausbildungszentren der Bauwirtschaft. Unter dem Motto „Lärm – voll nervig“ vermitteln Fachleute der BG BAU etwa 2.000 Auszubildenden aus der Bauwirtschaft im ersten Lehrjahr bundesweit, wo die Gefahren liegen und wie man sich schützen kann. Neben der Theorie stehen dabei auch praktische Schallmessungen auf dem Programm. TLU Fachtagung Frist abgelaufen TÖDLICHE ABGASE IN HALLEN LOHNNACHWEIS 2014 – SCHNELL NACHREICHEN Motorabgase von Baumaschinen führen in Hallen und tiefen Gräben immer wieder zu schweren Vergiftungen von Beschäftigten, manchmal sogar zum Tode. Benzinbetriebene Maschinen erzeugen giftiges Kohlenmonoxid, dieselbetriebene Maschinen den krebserzeugenden Dieselruß. Ob Rüttelplatten, Glätter, Trennschleifer, Stampfer oder andere Maschinen: Als Schutzmaßnahmen können bei Benzinmotoren Katalysatoren oder abgasarme Motoren und bei Dieselmotoren Dieselpartikelfilter eingesetzt werden. TLU Foto: iStockphoto Über die Hintergründe und mögliche Auswege informierten Fachleute der BG BAU in dem Fachgespräch „Abgase in Hallen“, zu dem Dr. Reinhold Rühl, Leiter des Bereiches Gefahrstoffe der BG BAU, eingeladen hatte. 60 Experten von großen Bauunternehmen, Baumaschinen-Vermietern und Herstellern, Regierungspräsidien, dem Hessischen Sozialministerium sowie Unfallversicherungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz nutzten die Gelegenheit zu einem Erfahrungsaustausch. Die gesetzliche Frist, den Lohnachweis für 2014 einzureichen, endete bereits am 11. Februar 2015. Dies gilt sowohl für die Meldung der Arbeitsentgelte als auch für die Meldung „Fehlanzeige“, sofern im Jahr 2014 keine Mitarbeiter beschäftigt wurden. Wer den Lohnnachweis für 2014 noch nicht abgegeben hat, sollte das so schnell wie möglich nachholen. So lässt sich vermeiden, dass die Arbeitsentgelte geschätzt werden und gegebenenfalls ein Bußgeld fällig wird. AST BG BAU aktuell 1_2015 In Kürze Messestand Bundesverdienstkreuz BG BAU AUF DER ISH 2015 IN FRANKFURT LEITENDE ÄRZTIN DER BG BAU AUSGEZEICHNET | 05 Vom 10. bis 14. März 2015 findet die Internationale Sanitär- und Heizungsmesse (ISH) 2015 in Frankfurt am Main statt. Die Veranstalter erwarten etwa 2.400 Aussteller aus dem In- und Ausland. Auch die BG BAU und die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) sind dort mit einem gemeinsamen Messestand vertreten. Experten der BG BAU stehen den Besuchern bei Fragen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz Rede und Antwort. Schwerpunktthemen sind die Kampagne „Denk an mich. Dein Rücken“, die Gefährdungsbeurteilung und das GefahrstoffInformationssystem „WINGIS“ der BG BAU. Der Stand mit der Bezeichnung 6.2 D 96 befindet sich in der Halle 6. MSC Weitere Informationen rund um die ISH: www.ish.messefrankfurt.com Dr. Anette Wahl-Wachendorf erhielt das Bundesverdienstkreuz am Bande vom ehemaligen Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie in Rheinland-Pfalz, Alexander Schweitzer. Dr. Anette Wahl-Wachendorf, leitende Ärztin des Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienstes der BG BAU (ASD der BG BAU), wurde am 1. Oktober 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Damit wurde ihre langjährige ehrenamtliche Tätigkeit im Verband der Deutschen Betriebsund Werksärzte gewürdigt, dem Wahl-Wachendorf seit 2003 als Präsidiumsmitglied und seit 2011 als Vizepräsidentin angehört. Im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der BG BAU ist Wahl-Wachendorf in zahlreichen Ausschüssen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) vertreten. DRA Berufskrankheiten VIER NEUE AUF DER LISTE Die Liste der Berufskrankheiten (BK) wird von 73 auf 77 erweitert. Der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats entsprechend werden vier weitere Erkrankungen in die Liste aufgenommen: In der Baubranche arbeiten beispielsweise Dachdecker und Straßenbauer häufig im Freien unter direkter Sonneneinstrahlung und sind im Sinne der BK 5103 gefährdet. Dachdecker, Zimmerer und Fußbodenleger, die regelmäßig kraftvoll mit der Hand zugreifen oder mit Motorsägen und Steinbohrern arbeiten, könnten von der BK 2113 betroffen sein und alle Berufsgruppen, die regelmäßig kraftbetriebene Werkzeuge wie Schlagbohrer und Presslufthämmer verwenden, von der BK 2114. Gefährdende Tätigkeiten im Sinne der BK 1319 hingegen, wie die Herstellung von Seifen, das Beizen von Me- Foto: 123RF • das Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs, BK-Nr. 1319) • das Karpaltunnel-Syndrom (BK-Nr. 2113) • das Hypothenar-Hammer-Syndrom/Thenar-HammerSyndrom (BK-Nr. 2114) und die • Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung (BK-Nr. 5103). tallen und die Fertigung von Bleiakkumulatoren, sind in der Baubranche selten. Den Verdacht auf eine Berufskrankheit können der behandelnde Arzt, der Arbeitgeber oder die Betroffenen selbst an die BG BAU melden. BUE 06 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 1_2015 Achtung: unterirdische Leitungen Bei Bauarbeiten in der Nähe von unterirdischen Leitungen ist besondere Vorsicht geboten. Die Lage der verschiedenen Leitungen ist oft nicht genau aufgezeichnet oder die Verlegetiefe variiert. Das erfordert eine sorgfältige Arbeitsvorbereitung. TEXT: Hans-Joachim Kuhnsch, Rolf Schaper FOTOS: Picture Alliance, Fotolia, Mirko Bartels, GRAFIK: RWE Rheinland Westfalen Netz AG Stillgelegte ältere Ferngasleitung Regenwasserkanal Hauptleitungen für Trinkwasser BG BAU aktuell 1_2015 Schwerpunkt | 07 I mmer wieder kommt es zu spektakulären schweren Unfällen bei Bauarbeiten in der Nähe von Gasleitungen, Stromkabeln und anderen unterirdischen Versorgungsleitungen. Oft sterben dabei Menschen. Darüber hinaus entstehen Sachschäden in Millionenhöhe. Ursache ist oft eine mangelhafte oder unsachgemäße Vorbereitung dieser Arbeiten. Besonders dramatisch sind in der Regel Unfälle in Verbindung mit Gasleitungen. Gasexplosion in Ludwigshafen Am 23. Oktober 2014 kam es in Ludwigshafen bei Bauarbeiten zu einer Explosion. Im Auftrag einer Gastransportfirma hatte eine Tiefbaufirma eine Hochdruck-Gasleitung freigelegt. Dabei trat aus bisher noch ungeklärten Gründen Gas aus und explodierte kurz danach. Es gab eine 40 Meter hohe Stichflamme. Zwei Bauarbeiter kamen ums Leben, drei Kollegen wurden schwer verletzt. Die Explosion war so heftig, dass noch in 100 Metern Entfernung die Scheiben von Autos und Häusern platzten. Über 50 Gebäude wurden beschädigt, viele sind bis heute unbewohnbar. Ludwigshafen: Als Bauarbeiter ein Gasrohr freilegten, kam es zur Explosion. Diese zerstörte einen ganzen Straßenzug im Stadtteil Oppau. Regenwasserkanal Steuerkabel für Ampelanlagen Gasrohr Glasfaserkabel für Datenkommunikation Hausanschluss Trinkwasser für Hausanschlüsse Abwasserkanal Telefonleitungen Stromkabel für Niederspannung, Mittelspannung und Straßenbeleuchtung 08 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 1_2015 Itzehoe: Ein Bild der Verwüstung. Die gewaltige Gasexplosion hat ein Mehrfamilienhaus komplett zerstört und angrenzende Gebäude ebenfalls stark beschädigt. Unten: Gefahren lauern überall, denn in jedem Straßenzug befinden sich unterschiedliche Leitungen, Rohre, Kanäle in verschiedenen Verlegetiefen. Gasexplosion in Itzehoe Am 10. März 2014 kam es in Itzehoe ebenfalls zu einer Gasexplosion mit vier Toten und 15 Verletzten, als eine Tiefbaufirma in der Nähe eine Regenwasserleitung verlegte. Plötzlich zerstörte eine gewaltige Explosion ein dreistöckiges Gebäude und begrub einige Menschen unter den Schuttmassen. „Es sah aus wie nach einem Bombenangriff“, berichteten traumatisierte Anwohner. 360 Rettungskräfte waren im Einsatz. Unter den Toten war auch ein Bauarbeiter, ein anderer wurde schwer verletzt. Die Ermittlung der genauen Unfallursache ist nach Gasexplosionen kompliziert und kann in der Regel nur von erfahrenen Sachverständigen vorgenommen werden. Baggerarbeiten könnten die mögliche Ursache gewesen sein. Beispielsweise könnte durch ein Anheben der Gasleitung diese im Gebäude abgerissen sein und ein Leck verursacht haben. Wenn Gas ausströmt, kann schon ein Funke – beispielsweise das Anschalten eines Lichtschalters – ausreichen, um eine Explosion auszulösen. Aber auch beim örtlichen Gasversorger könnte ein Mitverschulden vorliegen. Ersten Ermittlungen zufolge soll die betroffene Gasleitung vor etlichen Jahren beim Übertragen auf digitale Medien nicht in die Unterlagen aufgenommen worden sein. Was genau zu dieser Katastrophe geführt hat, prüfen Sachverständige der Staatsanwaltschaft derzeit noch. Sie ermitteln wegen fahrlässiger Tötung. Sorgfältige Arbeitsvorbereitung erforderlich Diese Beispiele zeigen die größten Risiken bei Tiefbauarbeiten. Doch die Gefahren lauern überall, denn in fast jedem Straßenzug befinden sich die verschiedensten Kabel, Leitungen, Rohre und Kanäle. Ein Problem dabei sind die unterschiedlichen Verlegetiefen. Leider ist oft auch die genaue Position der Leitungen in den Plänen der jeweiligen Versorger nicht eingetragen oder nicht korrekt wiedergegeben. Das macht diese Arbeiten so riskant und erfordert eine sorgfältige Arbeitsvorbereitung und besondere Vorsichtsmaßnahmen. Viel häufiger als zu spektakulären Gasexplosionen kommt es bei Bauarbeiten zur Beschädigung von Wasserleitungen, die ganze Baugruben unter Wasser setzen. Auch erdverlegte Hochspannungsleitungen werden oft beschädigt, wobei durchaus schon mal ein Bagger in Flammen aufgehen kann und Beschäftigte gefährdet sind. Häufig BG BAU aktuell 1_2015 Schwerpunkt | 09 werden auch Telekommunikationsstränge beschädigt. Dann sind manchmal ganze Stadtteile von der Versorgung abgeschnitten und es drohen erhebliche Schadensersatzforderungen. Leitungen im Vorfeld erkunden Vor dem Beginn von Erdarbeiten hat der Auftragnehmer immer zu prüfen, ob sich im geplanten Arbeitsbereich Leitungen befinden. Das ist auch Teil seiner vom Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung und soll verhindern, dass seine Beschäftigten oder unbeteiligte Dritte gefährdet werden. Bauarbeiten müssen immer von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet werden, die eine vorschriftsmäßige Durchführung der Arbeiten sicherstellen. Auch in puncto Arbeitssicherheit sind die Arbeiten von Aufsichtführenden mit entsprechenden Fachkenntnissen zu überwachen. Bei mehreren beteiligten Firmen hat der Auftraggeber gemäß Baustellenverordnung einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator einzusetzen, der die Arbeiten koordiniert. Mit Versorgungsunternehmen und Eigentümern zusammenarbeiten Schäden an unterirdischen Leitungen entstehen nicht nur durch Baggerarbeiten. Auch durch Ramm- oder Bohrarbeiten, Erschütterungen, das Einschlagen von Erdnägeln, den Einsatz von Erdraketen oder bei Abbrucharbeiten sind Beschädigungen möglich. Die jeweilige Gefahr ist immer von den örtlichen Verhältnissen und den vorhandenen Leitungen abhängig. Ein verantwortungsvoller Unternehmer wird sich immer vor Beginn der Arbeiten beim Eigentümer und den zuständigen Stellen erkundigen, ob im Arbeitsbereich Kabel oder Leitungen vorhanden sind und welchen Verlauf diese haben. Zuständige Stellen können sein: Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen, Telekommunikationsunternehmen, private Betreiber von Versorgungsleitungen, Betreiber von Leitungen zur Versorgung von Streitkräften, Zweckverbände, Baugenehmigungsbehörden, Straßen-, Autobahnbau- oder Wasserwirtschaftsämter. Eine Unfallanalyse der Sachversicherer bestätigt: Die Ursachen für die Beschädigungen von Leitungen liegen in der Regel in der unzureichenden oder gar nicht durchgeführten Erkundung von Leitungen. Rund 80 Prozent aller Leitungsschäden sind auf Arbeiten mit Baumaschinen zurückzuführen. Daher ist jeder Unternehmer gut beraten, wenn er sich rechtzeitig mit dem Grundstückseigentümer und den zuständigen Leitungsbetreibern in Verbindung setzt. Dann kann der Verlauf der Leitungen schon im Vorfeld ermittelt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen können festgelegt werden. Übrigens sind auch geringfügige Beschädigungen von Leitungen, beispielsweise eine angekratzte Isolierung, sofort dem Betreiber zu melden. Denn solche kleinen, nicht behobenen Schäden können später erhebliche Folgeschäden auslösen. Leitungskataster oder Suchschlitze Hilfreich ist auch ein Blick in die vorhandenen Leitungskataster der zuständigen Versorgungsunternehmen. Allerdings lehrt die Erfahrung, dass diese Pläne nicht immer zuverlässig sind. Wenn der Leitungsverlauf unklar ist, können beispielsweise Suchschlitze oder Suchgräben weiterhelfen. Auch spezielle Leitungssuchgeräte sind dafür gut geeignet, wenn sie von geschultem Personal eingesetzt werden. Sie liefern in der Regel zuverlässige Ergebnisse über den Verlauf und die Tiefe der Leitungen. Nach den Erkundungsarbeiten sind der Verlauf und die Tiefe der Leitungen im Baufeld möglichst durch Sprühfarbe oder das Einmessen und Setzen von Pflöcken kenntlich zu machen. Zu beachten ist dabei, dass bei fehlender Kenntnis über den genauen Leitungsverlauf keine Gegenstände in den Boden getrieben werden dürfen. Einsatz verschiedener Suchgeräte Für die effektive Ortung von Kabeln und Rohrleitungen gibt es verschiedene intelligente Suchgeräte. Im Rahmen dieses Beitrages können nicht alle Systeme und ihre Vorzüge im Detail vorgestellt werden. Das Prinzip moderner Leitungsortungstechnologie Oben: Bei Erdarbeiten wurde eine Gasleitung beschädigt. Es kam zur Explosion und der Bagger stand in Flammen. Unten: Leitungskataster geben wichtige Hinweise, wo Leitungen verlaufen. Doch die Erfahrung lehrt, dass die Pläne nicht immer zuverlässig sind. 10 | Schwerpunkt BG BAU aktuell 1_2015 Für die Ortung von Kabeln und Rohrleitungen gibt es verschiedene intelligente Suchsysteme, die einfach zu handhaben sind. Wichtig ist eine genaue Einweisung der Mitarbeiter in diese Geräte. 759 BG-Information Schutzmaßnahmen bei Erdarbeiten in der Nähe erdverlegter Kabel und Rohrleitungen beruht auf einem Sender-Empfänger-Prinzip und der physikalischen Tatsache, dass sich beispielsweise um jede metallische Leitung ein elektromagnetisches Wechselfeld ausbildet. Bei der passiven Ortung werden Signale von Leitungen geortet, die sich ohne Zutun der Ortungstechnologie bereits auf dem zu ortenden Kabel oder der Leitung befinden. Bei der sogenannten aktiven Ortung wird ein künstliches Signal von einem Generator auf das Kabel induziert. So kann beispielsweise ein Kabel, sein Verlauf und auch seine Tiefe präzise ermittelt werden. BGI 759 September 2010 BGI G 759 Septe Septembe Septemb ber 2010 be 00 WEITERE WEIT WE ITER IT EREE INFOS ER INFO IN FOS FO S Alle wichtigen Informationen über „Schutz„Sc maßnahmen maß ßnahm men bei Erdarbeiten in der Nähe N erdverlegter erdv dverlegt gter Kabel und Rohrleitungen“ Rohrleitungen sind in der er DGUV DG Information 203-017 (BGI (BG 759) beschrieben. Mitgliedsuntersch hrieben.. Die Vorschrift ist für Mitglie erhältlich unter nehmen men der d BGRohrleitungen BAU kostenlos koste os erhältli erdverlegter Kabel und Erdarbeiten in der Nähe Schutzmaßnahmen www.bgbau-medien.de www.b u-medien.de di d bei Abruf-Nr. Ab f N BGI 759 (DGUV-Information 203-017) Die Ortung nicht metallischer Leitungen funktioniert dagegen anders. Weil von diesen Leitungen keine elektromagnetischen Wechselfelder ausgehen, wird als Signalgeber ein sogenannter Molch eingeführt. Dieser batteriebetriebene Molch sendet eine eigene definierte Frequenz aus, die von einem Ortungssystem einwandfrei empfangen werden kann. Es gibt aber auch akustische Methoden, die zur Ortung von Rohren geeignet sind. Ein Geräuschsignal kann dann mit Hilfe von Bodenmikrofonen geortet und verfolgt werden. Die Ortung von Leitungen ist auch mit Bodenradarsystemen möglich. Dabei werden elektromagnetische Wellen kurzer Wellenlänge in den Boden gesendet. Die Strahlung wird an unterschiedlichen Materialien im Erdreich unterschiedlich stark reflektiert und lässt Rückschlüsse auf die Lage von Leitungen zu. Dieses Verfahren ist zur Ortung aller Leitungen geeignet, funktioniert allerdings nur eingeschränkt bei kleinen Durchmessern. Auf welche Ortungsmethode man sich auf der Baustelle verlässt, bleibt jedem Unternehmer und seinem Einsatzgebiet selbst überlassen. Wichtig ist jedoch die genaue Einarbeitung seiner Mitarbeiter in diese Geräte – sonst gibt es keine zuverlässigen Ergebnisse. BG BAU aktuell 1_2015 Aus Unfällen lernen | 11 Tödlicher Absturz im Aufzugsschacht Ein Maurer betrat bei Umbauarbeiten eines Lastenaufzuges ungesicherte Schaltafeln und stürzte zehn Meter tief in den Tod. TEXT: Prävention I m Zuge von Umbauarbeiten in einem gewerblich genutzten Gebäude wurde ein alter vorhandener Lastenaufzug zu einem Personenaufzug umgebaut. Bei den Maurerarbeiten am Rande des Schachtes im zweiten Obergeschoss stürzte plötzlich ein Maurer im Aufzugsschacht zehn Meter tief ab und erlitt tödliche Verletzungen. Was war passiert? Niemand hatte den Absturz beobachtet. Daher stützte sich die Unfalluntersuchung auf die Indizien am Unfallort und die Angaben des Unternehmers, der dort zusammen mit seinem Mitarbeiter tätig war. Eine andere Firma hatte die Schachtöffnung zuvor bereits vergrößert. Danach sollte der Maurer im Öffnungsbereich zwei Wände erstellen, eine davon mit einer Türöffnung. Als Absturzsicherung verlegte er vor Arbeitsbeginn in der Öffnung des Aufzugschachtes drei Kanthölzer und legte Schaltafeln darüber. Die Tafeln waren ungesichert und ragten an den Enden deutlich über die Kanthölzer hinaus. Mangelhafte Absturzsicherung Der 58-jährige Maurer führte die Maurerarbeiten von außen aus, wie die gelagerten Steine und der Mörtel bewiesen. Eigentlich bestand auch gar kein Anlass, die Schaltafeln zu betreten. Dennoch muss er sich auf die Schachtabdeckung begeben haben, wie eine dort gefundene Wasser- waage bewies. Beim Betreten der nur lose aufgelegten Tafeln kippten diese und er stürzte zusammen mit zwei Schaltafeln in die Tiefe. Ursache dafür war die mangelhafte Abdeckung des Fahrstuhlschachtes. Diese war nicht so beschaffen und errichtet, dass die Standsicherheit in jeder Bauphase gewährleistet war. Sie bot nur eine scheinbare Sicherheit. Mitverantwortlich ist aber auch der Unternehmer, der in diesem Bereich selbst unmittelbar mitarbeitete. Er hätte konsequent auf eine vorschriftsmäßige Abdeckung des Schachtes achten oder für den Einbau eines Schachtgeländers sorgen müssen. Unternehmer verurteilt Nach diesem tödlichen Unfall wurde der Unternehmer zu fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung. Ferner musste er 5.000 Euro als Geldbuße zahlen. Die Schaltafeln lagen nur lose auf drei Kanthölzern. Beim Betreten kippten zwei Tafeln und stürzten mit dem Maurer in den Aufzugsschacht. 12 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 1_2015 Arbeitsschutz zahlt sich aus Die BG BAU erweitert ihr Prämienmodell zur finanziellen Förderung von Mitgliedsunternehmen in Sachen Arbeitsschutz. TEXT: Clemens Stosch,Thomas Glaser, Bernd Merz FOTOS: Fotolia, DeWalt Deutschland, DGUV, Power Towers Deutschland GmbH, Saint-Gobain Weber GmbH Die BG BAU fördert aktuell 25 Maßnahmen zum Arbeitsund Gesundheitsschutz. S eit fünf Jahren setzt die BG BAU erfolgreich auf den Einsatz von bestimmten Arbeitsschutzprämien, um ihre Mitgliedsbetriebe zu besonderen Präventionsanstrengungen zu motivieren. Diese Prämien sollen zusätzliche Bemühungen der Betriebe bei Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Abwehr arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren bewirken, die über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinausgehen. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt: Oft lösen diese Prä- mien eine deutliche Verbesserung des Arbeitsschutzes aus. Obwohl die Arbeitsunfälle im Langzeittrend weiter sinken, sind die Beschäftigten der Baubranche im Vergleich zur Gesamtwirtschaft nach wie vor speziellen Risiken ausgesetzt. Genau hier setzt das branchenspezifische Arbeitsschutzprämienmodell der BG BAU an. Langjährige Auswertungen des Arbeitsunfall- und Berufskrankheitengeschehens zeigen die Ursachen von BG BAU aktuell 1_2015 STUFEN von bis 250 € 5 % des Umlagebeitrages, max. 750 € 750 € 2 % des Umlagebeitrages, max. 2.000 € 2.000 € 1 % des Umlagebeitrages, max. 2.500 € 2.500 € 1 % des Umlagebeitrages, max. 20.000 € STUFE A UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN VON 250 € BIS 15.000 € STUFE B UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN VON 15.001 € BIS 100.000 € STUFE C UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN VON 100.001 € BIS 250.000 € Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Diese Erkenntnisse dienten als Entscheidungsgrundlage für den neuen Arbeitsschutzprämienkatalog 2015 der BG BAU. Gefördert werden: • die Anschaffung, Ausrüstung und Nachrüstung von Arbeitsmitteln, Maschinen und Geräten mit besonderen Eigenschaften; • die Qualifikation von Maschinenführern; • der sichere und systematische Aufbau einer Arbeitsschutzorganisation durch das branchenspezifische Arbeitsschutzmanagementsystem AMS BAU; • rückengerechtes Arbeiten (Bewegungsergonomie und Ausgleichsübungen). Investitionen und Innovationen fördern Die finanziellen Anreize sollen Mitgliedsbetriebe und ihre Beschäftigten motivieren, in den Arbeitsschutz zu investieren, und arbeitsschutzrelevante Innovationen in den Mitgliedsbetrieben fördern. Alle Mitgliedsunternehmen mit mindestens einem Beschäftigten und einem BG-Beitrag von mindestens 250 Euro pro Jahr können Zuschüsse erhalten. Bemessungsgrundlage ist der Umlagebeitrag für den Bedarf der BG BAU des Vorjahres, und zwar ohne Zuschlag und ASD-Beitrag. Auch Unternehmer ohne Beschäftigte können eine Fördersumme bis zu 250 Euro als Zuschuss für die aktuellen Arbeitsschutzprämien beantragen, wenn sie bei der BG BAU freiwillig versichert sind. Mit insgesamt 25 Maßnahmen profitieren alle in der BG BAU vertretenen Gewerke von den Arbeitsschutzprämien. Mitgliedsunternehmen können im Rahmen ihrer in- STUFE D UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN AB 250.001 € DIE INDIVIDUELLEN FÖRDERSUMMEN 2015 dividuellen Fördersumme für eine oder mehrere Maßnahmen eine Förderung beantragen. Voraussetzungen dafür sind, dass diese grundsätzlich • zur Vermeidung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren wirksam beitragen; • über gesetzliche Mindestvorschriften hinausgehen, die Einhaltung der geltenden Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzvorschriften allein genügt nicht; • bereits realisiert sind, bloße Absichtsbekundungen zählen nicht; • noch nicht von der BG BAU prämiert oder finanziell unterstützt worden sind; • die prämien- und zuschussspezifischen Voraussetzungen erfüllen. Weitere Informationen Auf den Internetseiten der BG BAU gibt es ausführliche Infos zu den Förderbedingungen, Antragsformulare zum Download, eine Liste mit häufig gestellten Fragen, Antworten und Ansprechpartnern. Allerdings sind die bereitgestellten Fördermittel je Maßnahme begrenzt. Eine Ampel auf der Internetseite zeigt mit Rot, Gelb oder Grün an, ob für die jeweilige Maßnahme noch ausreichende Fördermittel vorhanden sind. www.bgbau.de, Webcode: WCN2Y4, Auskunft zur Antragstellung auch unter Tel. 0231 5431-1007 Arbeitssicherheit | 13 14 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 1_2015 BG BAU fördert zehn neue Maßnahmen: 1. Nachrüstung von Zweiwegebaggern und Schotterplaniermaschinen mit KMS und Nahbereichsüberwachungssystemen: Aktive Systeme zur Nahbereichsüberwachung, z. B. auf Ultraschallbasis, können das Risiko für Arbeitskräfte im Bewegungsbereich der Maschine noch weiter reduzieren, als es mit Kamera-Monitor-Systemen allein möglich ist. Die Gefahr von Unfällen durch An- und Überfahren wird so zusätzlich reduziert. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 3.000 Euro 2. Schnellwechselausrüstungen mit automatischer Erkennung der Verriegelungsposition: Schnellwechseleinrichtungen an Baumaschinen ohne automatische Überprüfung der Verriegelung können sich unbeabsichtigt lösen und Personen verletzen. Mit automatischen Verriegelungssystemen durch Sensorüberwachung können derartige Unfälle verhindert werden. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 1.800 Euro 3. Rüttelplatten und Stampfer mit Motoren mit verbesserten Emissionswerten: Beim Einsatz von Rüttelplatten und Stampfern in beengten und geschlossenen Bereichen (z. B. in Gräben, Hallen oder unter Dächern) besteht die Gefahr der Vergiftung durch Kohlenmonoxid. Durch die Ausrüstung mit Motoren mit geringen Emissionswerten kann diese Gefahr erheblich verringert werden. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 500 Euro 4. Nachrüstung mit automatischen MotorAbschalteinrichtungen (Motor-Stopp): Während der Einsatzzeit werden Erdbaumaschinen bis zu 30 Prozent im Leerlauf betrieben. In dieser Zeit wird keine Arbeit verrichtet, aber Kraftstoffe werden verbrannt und Abgase erzeugt. Mit einer automatischen Motor-Abschalteinrichtung können gesundheitliche Belastungen durch Abgase verringert und Kraftstoffe eingespart werden. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 500 Euro 5. Einwegkartons für Spachtelmassen (gefördert wird die Pump- und Mischeinheit): Das Anmischen von Spachtelmassen aus Säcken führt zu hohen Staubbelastungen und körperlichen Belastungen für die Beschäftigten, die die schweren Säcke heben und tragen müssen. Spachtelmassen in Einwegkartons können durch eine angeschlossene Misch- und Pumpeinheit staubarm und belastungsreduziert angemischt und gepumpt werden. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 500 Euro 6. Manuelle Hebebühne: Der Personenlift wird komplett ohne Strom von Hand betrieben. Mit einem Schwungrad erreicht der Lift per Druckluft eine Arbeitshöhe von 3,50 Metern. Als Arbeitsplatz für Montagearbeiten vor allem im Bereich des Ausbaus und bei Reinigungsarbeiten kann die Hebebühne in vielen Fällen den unfallträchtigen Einsatz von Leitern überflüssig machen. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 25 % der Anschaffungskosten, höchstens 900 Euro BG BAU aktuell 1_2015 7. Schutzhelme nach DIN EN 397 mit 4-Punkt-Kinnriemen im Bergsteiger-Design: Schutzhelme aus dem Bergsport, die mit einem 4-Punkt-Kinnriemen fertig montiert ausgestattet sind, können auf Baustellen eingesetzt werden. Durch den 4-PunktKinnriemen wird ein guter Sitz des Helms gewährleistet, so dass sich bei Arbeiten über Kopf / mit dem Kopf nach unten sowie bei Abstürzen die Gefahr verringert, dass der Helm vom Kopf fällt und schwere Verletzungen drohen. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 30 Euro 8. Abbruchhämmer mit Absaugung: Beim Einsatz von Abbruchhämmern wird viel Staub freigesetzt, der die Bediener dieser Maschinen, aber auch die Umgebung belastet. Mit Kombinationen von Abbruchhämmern und Entstaubern können diese Belastungen deutlich verringert und Gesundheitsgefahren wie Silikose und Krebserkrankungen durch Quarzstaub reduziert werden. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 25 % der Anschaffungskosten, höchstens 400 Euro Arbeitssicherheit | 15 9. Hand- und Hautschutz, Schulung und Material: In einer Schulung wird das fachliche Wissen zum Hand- und Hautschutz vermittelt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können nach einer erfolgreichen Prüfung die Funktion des / der „Hautschutzfachkundigen – HSF“ im Betrieb übernehmen. Mit Hilfe dieser Schulung sollen Gefährdungen erkannt und vermieden werden, die durch direkten Kontakt mit hautgefährdenden Stoffen Hauterkrankungen und Berufskrankheiten verursachen. Arbeitsschutzprämie: pro Maßnahme 100 Euro in Form eines Koffers mit geeigneten Materialien zum Hand- und Hautschutz Weiterhin werden gefördert: 10. Rückentraining: Die Teilnehmer an einem „Rückentraining“ erhalten Informationen zum rückengerechten Heben und Tragen von Lasten und trainieren entsprechende tätigkeitsbezogene Übungen. Das angewandte Wissen beugt Rückenbeschwerden vor beziehungsweise wirkt diesen entgegen. Arbeitsschutzprämie: pro Teilnehmer/-in 30 Euro • Luftreiniger zur Reinigung staubbelasteter Luft • Nachrüstung von Baumaschinen (Bauj. vor 2013) und BaustellenLkw (ab 7,5 t zGG) mit KameraMonitor-Systemen (KMS) • Zweite Kamera in Verbindung mit Splitscreen-Monitor zur Sichtverbesserung rechts bei Baggern (Baujahr unabhängig) • Nachrüstung oder Erstausstattung von benzinbetriebenen Estrichund Betonglättern mit Katalysatoren • Akku- und druckluftbetriebene Eintreibgeräte mit Einzelauslösung mit Sicherungsfolge beziehungsweise Auslösesicherung • Akkubetriebene Pendelhub-Säbelsäge und elektrisch betriebene Fuchsschwanzsäge (mit / ohne Absaugung) • Bau-Entstauber (Staubklasse M, keine Staubsauger) • Montageschutzgeländer für Arbeitsund Schutzgerüste (MSG) • Ein- oder zweiseitig besteigbare Aufstiege mit Stufen, Flachsprossen und umwehrter Plattform (Podest) • Leiterzubehör zur Verbesserung der Standsicherheit und / oder Ergonomie • Personenschutzschalter PRCD-S • Ortsveränderliche Schutzeinrichtung PRCD-S 5-polig • Brenner – leise – mit Armstütze • AMS BAU – Wiederbegutachtung • ZUMBau – anerkannte Maschinenführerqualifikation 16 | Arbeitssicherheit BG BAU aktuell 1_2015 Vergleichen und verbessern Mit dem GDA-ORGAcheck können kleine und mittlere Unternehmen die Qualität ihrer Arbeitsschutzorganisation systematisch überprüfen, Schwachstellen erkennen und Verbesserungen auch mit Unterstützung der BG BAU gezielt einleiten. TEXT: Wolfgang Kratkey FOTO: iStockphoto Im GDA-ORGAcheck sind zentrale Organisationspflichten des Unternehmers zum Arbeitsschutz kompakt und leicht verständlich aufbereitet. D er GDA-ORGAcheck wurde im Rahmen des Arbeitsprogramms „Organisation" der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) entwickelt. Beteiligt sind dabei Bund, Länder und Unfallversicherungsträger. Mit dem GDAORGAcheck können Unternehmen die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes im Unternehmen überprüfen. So lassen sich Potenziale gezielt erkennen und Schwachstellen kontinuierlich verbessern. Eine betriebliche Arbeitsschutzorganisation muss so gestaltet sein, dass Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in allen betrieblichen Prozessen und Entscheidungsbereichen integriert sind und die Gefährdungsbeurteilung mit den festgelegten betrieblichen Maßnahmen umgesetzt wird. BG BAU aktuell 1_2015 Arbeitssicherheit | 17 GDA ORGAcheck Arbeitsschutz mit Methode – zahlt sich aus GDA-ORGAcheck Arbeitsschutz mit Methode – zahlt sich aus Der GDA-ORGAcheck ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gut geeignet, weil er zentrale Organisationspflichten des Arbeitsschutzes für die Umsetzung im Betrieb kompakt und leicht verständlich aufbereitet. Der Check kommt im Rahmen des GDA-Arbeitsprogramms „Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes“ zum Einsatz, und zwar bei der Beratung der Unternehmen durch die Arbeitsschutzbehörden der Länder, die Unfallversicherungsträger und bei der Selbstbewertung durch die Betriebe. Damit trägt der GDA-ORGAcheck dazu bei, die Potenziale eines gut organisierten Arbeitsschutzes für eine störungsfreie Arbeit zu nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu verbessern. Vergleich schafft Klarheit Im Rahmen eines Benchmarkings können sich Unternehmen in puncto Arbeitsschutz mit anderen teilnehmenden Betrieben vergleichen. Um am Benchmarking teilzunehmen, müssen die Teilnahmeformulare mit den erforderlichen Betriebsdaten ausgefüllt und abgesendet werden. Diese Daten werden elektronisch anonymisiert. Um einen Vergleich zu ermöglichen, sind mindestens die ersten sechs Bausteine des GDA-ORGAchecks komplett zu bearbeiten. Folgende Benchmarking-Ergebnisse werden angezeigt: VORTEILE RTEI RT R EILE EI LE DES D ES A-ORGACHECKS A GDA-ORGACHECKS Der G GDA-ORGAcheck … • ist für stt ein Selbstbewertun Selbstbewertungsinstrument g gsinstrument f KMU der MU zur Prüfung und Verbesserung M V d Qualität Arbeitsschutzorganisation Qu ualität der Arbeitssch Arbeitsschutzorganisat h hutzorganisat io • bietet den Unternehmen ie etet Unternehme e die Möglichkeit, en Möglich h Arbeitsschutz mit Methode – zahlt sich aus GDA-ORGAcheck selbst elbst bst eine in Standortbestimmung Standortb St Standortbestimm do tbestim zum m Arbeitsschutz rbeitsschutz b iit h t vorzunehmen zahlt sich aus Arbeitsschutz mit Methode – ORGAcheck GDA 1. Vergleich aller teilnehmenden Betriebe • • • • • nach Betriebsgröße nach Betriebsgröße in den einzelnen Branchen nach Themen des GDA-ORGAchecks nach Betrieben mit und ohne Arbeitsschutzmanagementsystem nach Branchen 2. Vergleich des eigenen Betriebes • • • • • • mit allen Betrieben und mit Betrieben gleicher Größe mit Betrieben in gleicher Branche mit Betrieben gleicher Größe in gleicher Branche nach Themen des GDA-ORGAchecks mit Betrieben in gleicher Branche nach Themen des GDA-ORGAchecks mit Betrieben gleicher Größe in gleicher Branche mit Betrieben mit Arbeitsschutzmanagementsystem in gleicher Branche Mit einem Klick in die eigene Benchmark-Box können Unternehmer sehen, wo ihr Betrieb im Verhältnis zu anderen Betrieben steht. Handlungs- und Praxishilfen der BG BAU Betriebe, die Schwachstellen erkannt haben und Verbesserungen gezielt einleiten wollen, unterstützt die BG BAU mit verschiedenen Handlungshilfen zur Gefährdungsbeurteilung, die auch die Überwachung der Arbeitsschutzorganisation ermöglichen, und mit dem Arbeitsschutzmanagementsystem der BG BAU (AMS BAU). Unternehmen, die sich näher mit dem Thema Arbeitsschutzorganisation beschäftigen möchten, bietet die BG BAU ergänzende branchentypische Praxishilfen. In themenbezogenen Seminaren der BG BAU erhalten Unternehmer die erforderlichen Kenntnisse. Ansprechpartner ist die für den jeweiligen Betrieb zuständige Aufsichtsperson der BG BAU. • ermöglicht als Online-Tool den Vergleich mit anderen teilnehmenden Unternehmen • gibt Hinweise zur Verbesserung der Arbeitsschutzorganisation • fördert den störungsfreien Betrieb und die Produktqualität und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen • hilft unfall- oder störungsbedingte Kosten zu vermeiden • unterstützt bei der systematischen Durchführung der Gefährdungsbeurteilung • ist der erste Schritt zur Einführung des Arbeitsschutzmanagementsystems der BG BAU im Unternehmen. Hier können Sie am GDA-ORGAcheck teilnehmen und die Broschüre sowie Handlungs- und Praxishilfen herunterladen: www.gda-orgacheck.de 18 | Im Fokus BG BAU aktuell 1_2015 „Psychische Belastungen mehr in den Fokus rücken“ Interview mit Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales. FOTOS: ddp images, Picture Alliance „Wir müssen viel mehr darüber erfahren und wissen, wie wir Beschäftigte besser vor Gefährdungen durch psychische Belastungen schützen können.“ BG BAU aktuell 1_2015 Im Fokus | 19 Viele Arbeitnehmer machen heute von der Rente mit 63 Gebrauch. Ist das mit Blick auf die demografische Entwicklung, die Rentenkassen und den Fachkräftemangel in den Betrieben überhaupt zu verantworten? Die Rente mit 63 ist Anerkennung von Lebensleistung. Wer bereits früh ins Arbeitsleben eingetreten ist, über Jahrzehnte hinweg hart gearbeitet und mit seinen Beiträgen zur Stabilität der Rentenversicherung und zum Wohlstand beigetragen hat, der wird belohnt. Nach 45 Beitragsjahren ohne Abschläge in Rente gehen zu können: Das ist nicht geschenkt, sondern verdient. Und wir verschließen die Augen natürlich nicht vor der demografischen Entwicklung. Wir sind bei der Beschäftigung Älterer auf einem sehr guten Weg: Die Beschäftigtenquote der 60- bis unter 65-Jährigen hat sich in den vergangenen zehn Jahren weit mehr als verdoppelt. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in dieser Altersgruppe ist um fast eine Million gestiegen. Allein in den letzten vier Jahren stieg sie um fast eine halbe Million. Das war möglich, obwohl die Menschen mit 63 in Rente gehen konnten. Denn den Renteneintritt mit 63 gab es schon vor dem Rentenpaket, für besonders langjährig Versicherte entfallen jetzt lediglich die Abschläge. Im Baugewerbe arbeiten viele Einzelunternehmer als Scheinselbstständige. Sie arbeiten in vielen Fällen sozialversicherungsfrei und stehen im Alter, nach einem schweren Arbeitsunfall oder bei einer ernsten Erkrankung oft mittellos da. Wäre nicht eine generelle Pflichtversicherung für Einzelunternehmer vernünftiger? Eine allgemeine Versicherungspflicht von Selbstständigen würde die Probleme mit der Scheinselbstständigkeit nicht lösen. Viel wichtiger ist eine gewissenhafte und effektive Kontrolle der tatsächlichen Verhältnisse. Nur dadurch lässt sich klären, ob jemand Beschäftigter, Selbstständiger oder Scheinselbstständiger ist. Genau hier wollen wir ansetzen: Wir haben im Koalitionsvertrag deshalb ein Bündel von Maßnahmen vereinbart, um Kontrollen wirksamer und die Ergebnisse rechtssicherer zu machen. Im Übrigen unterliegen bereits heute etliche Unternehmer der Versicherungspflicht. Beispielsweise sind arbeitnehmerähnliche Selbstständige, die selbst keine Arbeitnehmer beschäftigen und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Ähnliches gilt für die Unfallversicherung: Auch hier sind bestimmte Unternehmer kraft Satzung der Versicherungsträger pflichtversichert. Auch brauchen wir natürlich die Kontrolle der zuständigen Stellen, um Missbrauch und Umgehung zu verhindern. In der Bauwirtschaft ist die Beschäftigung von Nachunternehmern weit verbreitet. Ein Problem dabei ist die gesetzwidrige Arbeitnehmerüberlassung und die Verschleierung von Sozialversicherungspflichten. Wie will die Regierung dem Einhalt gebieten und wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Generalunternehmerhaftung? Generalunternehmer haften ab einer bestimmten Auftragssumme für nicht „Die Generalunternehmerhaftung hat sich in der Baubranche bewährt. Sie dämmt Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung ein und wirkt präventiv.“ Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales 20 | Im Fokus BG BAU aktuell 1_2015 „Heute spielen psychische Belastungen nur bei 20 Prozent der Gefährdungsbeurteilungen eine Rolle. Das ist viel zu wenig.“ Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales geleistete Sozial- und Unfallversicherungsbeiträge der von ihnen beauftragten Nachunternehmer. Wir bekämpfen illegale Beschäftigung im Baugewerbe so auch dadurch, dass wir die Selbstregulierungskräfte der Wirtschaft stärken. Das passiert zusätzlich zur Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Die Generalunternehmerhaftung in der Baubranche hat sich bewährt: Sie dämmt Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung ein und wirkt präventiv. Der Generalunternehmer hat dafür zu sorgen, dass der Nachunternehmer seinen sozialversicherungsrechtlichen Zahlungspflichten nachkommt. Ich weiß sehr wohl, dass die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft dieses Instrument konsequent und wirksam einsetzt. Sie handelt damit vorbildlich, das verdient unser aller Anerkennung. Im hoch industrialisierten Deutschland wurden 2013 allein 772 tödliche Arbeitsund Wegeunfälle registriert. Darüber hinaus gab es 2.343 Todesfälle infolge von Berufskrankheiten, beispielsweise durch früheren Umgang mit Asbest. Was muss getan werden, um diese Zahlen deutlich zu reduzieren? Über die letzten Jahre und Jahrzehnte betrachtet ist die Zahl der Arbeitsunfälle stetig gesunken. Das ist eine gute Nachricht. Dennoch ist jeder Unfall einer zu viel. Deshalb werden wir bei unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Die intensive Verwendung von Asbest hat zu einer großen Zahl von Berufskrankheiten geführt, die aufgrund der hohen Latenzzeit zum Teil erst heute festgestellt werden. Darüber hinaus sind bei Sanierungsarbeiten auch heute noch viele Beschäftigte den Gesundheitsgefahren von Asbest ausgesetzt. Dass in der Gefahrstoffverordnung hohe Schutzstandards vorgeschrieben sind, ist daher wichtig und richtig. Mit der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) verfolgen wir eine neue Präventionskultur im betrieblichen Arbeitsschutz. Die enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Unfallversicherung sowie Sozialpartnern und Krankenversicherung ist dabei enorm wichtig. Denn darin liegt der Schlüssel für eine weitere Senkung der Arbeitsunfälle. Von ihr hängt zudem ab, wie erfolgreich die Programme der jetzt laufenden zweiten GDA-Periode sein werden. Muskel-Skelett-Erkrankungen, arbeitsbedingte psychische Belastungen und die Organisation des Arbeitsschutzes sind dabei die entscheidenden Themen. Sie engagieren sich für eine Anti-StressVerordnung, um Arbeitnehmer vor Burnout zu schützen. Was genau soll diese Verordnung regeln und wann tritt sie in Kraft? Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, kurz die BAuA, arbeitet im Moment an einem großen Forschungsauftrag aus dem Arbeitsministerium. Wir müssen viel mehr darüber erfahren und wissen, wie wir Beschäftigte besser vor Gefährdungen durch psychische Belastungen schützen können. Rechtsetzende Maßnahmen sind nicht ausgeschlossen, aber sie müssten auch einen konkreten Mehrwert bringen. Das erfordert vor allem rechtssichere und durchführbare Handlungsanforderungen, die von den Betrieben BG BAU aktuell 1_2015 umgesetzt und von den Aufsichtsbehörden kontrolliert werden können. Aber es ist fachlich noch sehr unsicher und noch nicht geklärt, wie mögliche Gefährdungen klar zu definieren, zu erfassen und auf dieser Basis moderne Arbeitsformen fachgerecht zu gestalten sind. Offen ist beispielsweise die Frage, ob und wie „weiche“ Faktoren wie das Betriebsklima, das Führungsverhalten oder das Wohlbefinden bei der Arbeit in rechtlich handhabbarer Weise gefasst werden können. Die BAuA wird dieses Jahr einen Zwischenbericht vorlegen, in dem schon erkennbar werden soll, welche Arbeitsbedingungen Beschäftigte psychisch besonders belasten und welche Maßnahmen dagegen helfen. Wenn dann Endergebnisse vorliegen, werden wir über Bedarf und Nutzen einer Anti-Stress-Verordnung zu entscheiden haben. Das bestehende Arbeitsschutzgesetz sieht ja bereits vor, psychische Belastungen bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Warum reicht das nicht aus? Die Klarstellungen im Arbeitsschutzgesetz waren wichtig, denn sie lassen keinen Zweifel mehr daran, dass der Gesundheitsbegriff die psychische Gesundheit ebenso umfasst wie die physische. Wenn im Moment nur bei 20 Prozent der Gefährdungsbeurteilungen psychische Belastungen einfließen, ist das viel zu wenig. Wir müssen die größere Bedeutung dieser Faktoren ins Bewusstsein der Betriebe rücken und deutlich machen, dass die Arbeitgeber für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten auch in diesem Bereich eine besondere Verantwortung tragen. Vorschriften allein genügen allerdings nicht. Sichtbare Fortschritte in der betrieblichen Praxis können vor allem auch die Sozialpartner bewirken. Initiativen wie das von BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales), DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) Im Fokus | 21 und BDA (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) beschlossene gemeinsame Grundverständnis zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt, das Arbeitsprogramm „Psyche“ der GDA oder die Initiative „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ unter dem Dach von INQA sind beispielgebende Aktivitäten. Sie stoßen in den Betrieben konkrete Veränderungen an. Wie schätzen Sie die Auswirkungen des transatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) der EU mit den USA ein? Gehen dadurch möglicherweise zahlreiche Arbeitsplätze verloren und droht ein beispielloser Abbau von Produktionsstandards, Verbraucherschutz- und Arbeitnehmerrechten, von Umwelt- und Sozialauflagen, ja sogar unserer demokratischen Rechtsstaatlichkeit? TTIP bietet Chancen, aber auch Risiken. Ich bin überzeugt, dass dieses Freihandelsabkommen nur dann zum Nutzen aller geschlossen werden kann, wenn einige Grundsätze glasklar gelten. Dazu gehören die Arbeitnehmerrechte, bei denen sich das Abkommen aus meiner Sicht ausdrücklich und direkt auf die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation beziehen muss. Den Investitionsschutz müssen wir so verhandeln und umsetzen, dass legitime Gemeinwohlinteressen wirksam geschützt werden können. Alle Verfahren in diesem Bereich müssen unter allen Umständen öffentlich und im Höchstmaß transparent sein. Und nicht zuletzt müssen wir über den gesamten Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge autonom und flexibel bestimmen können. Er steht aus meiner Sicht sehr nahe am Kern hoheitlichen Handels: Bei Wasserversorgung, Bildung, Gesundheits- und sozialen Dienstleistungen müssen Marktöffnungsverpflichtungen rechtsklar und eindeutig ausgeschlossen werden. ANDREA NAHLES Bundesministerin für Arbeit und Soziales • geb. 1970 als Tochter eines Maurer meisters • Studium der Literaturwissenschaften an der Universität Bonn Partei: • seit 1988 Mitglied der SPD • 1993 – 1995 Landesvorsitzende der Jusos in Rheinland-Pfalz • 1995 – 1999 Bundesvorsitzende der Jusos • 1997 – 2013 Mitglied im SPD-Parteivorstand • seit 2009 SPD-Generalsekretärin Parlament: • 1998 – 2002 und seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages • 1999 – 2009 Mitglied des Kreistages Mayen-Koblenz • 2007 – 2009 Sprecherin für Arbeits- und Sozialpolitik der SPD-Bundestagsfraktion • 2008 – 2013 Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD-Bundestagsfraktion • seit Dezember 2013 Bundesministerin für Arbeit und Soziales 22 | Arbeitsmedizin BG BAU aktuell 1_2015 Laufend gesund bleiben Mit regelmäßigem Ausdauertraining lassen sich Fitness und Wohlbefinden steigern oder sogar bestimmte Krankheiten verhindern. TEXT: Dr. med. Jobst Konerding Beim Laufen ist auf eine korrekte Technik zu achten. Der Oberkörper ist aufgerichtet. Die Ober- und Unterarme befinden sich in einem rechten Winkel. Die Hände sind locker und entspannt. FOTOS: 123RF, Fotolia BG BAU aktuell 1_2015 T ypische Ausdauersportarten sind Laufen, Radfahren, Skilanglauf oder Schwimmen. Vor allem das Laufen lässt sich in den normalen Tagesablauf integrieren. Es ist jederzeit fast überall möglich und erfordert keine teure Ausrüstung. Gehen und Laufen sind die natürlichen Fortbewegungsarten des Menschen. Noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts war es für die meisten Menschen normal, täglich weite Strecken zu Fuß zurückzulegen. Gut für alles Ausdauertraining wirkt sich positiv auf verschiedene Körperfunktionen aus. Die Atmung wird kräftiger und die Durchblutung verbessert sich. Die Muskeln werden fester, der Muskelstoffwechsel verbessert sich ebenfalls. Damit lassen sich auch Rückenschmerzen positiv beeinflussen. Für die Psyche ist Ausdauertraining ebenfalls von Vorteil. Depressive Verstimmungen werden abgeschwächt und die Konzentrationsfähigkeit erhöht sich. Das Herz-Kreislauf-System wird gestärkt. Dadurch wird der Blutdruck gesenkt, man bekommt einen niedrigeren Ruhepuls und ein höheres Herzschlagvolumen. Das Herzinfarktrisiko reduziert sich. Zudem wird das Immunsystem verbessert. Nicht zuletzt profitieren auch übergewichtige Menschen vom Laufen, da vermehrt Kalorien verbrannt werden. | 23 läuft im anaeroben Bereich ab. Das ist nicht zu empfehlen, weil es für den Körper eine sehr hohe Belastung darstellt, die er wegen Übersäuerung nicht lange durchhält. Als Folge muss das Training oft wegen Ermüdung, Unwohlsein oder Übelkeit abgebrochen werden. Außerdem bringt es keinen Trainingserfolg. Drei Phasen des Lauftrainings Das Lauftraining besteht aus drei Teilen, dem Aufwärmen, dem eigentlichen Training und dem Abkühlen. Beim Aufwärmen wird die Pulsfrequenz durch normales, allmählich schneller werdendes Laufen erhöht, bis der optimale Leistungspuls erreicht ist. Nach dem Aufwärmen beginnt das eigentliche Laufen. Die Dauer und Intensität des Laufens richtet sich nach dem jeweiligen Trainingsplan. Das Laufen wird mit dem Abkühlen und Dehnen beendet. Das Lauftempo sollte allmählich über einen Zeitraum von drei Minuten bis zu einem langsamen Gehen gesenkt werden. Dabei ist der Erholungspuls zu kontrollieren. Dehn- und Stretchübungen vor dem Laufen sind zum Aufwärmen und Lockern der Muskeln empfehlenswert. Um möglichst gelenkschonend zu laufen, sollte man sich am besten eine ebene Strecke mit federndem Untergrund suchen wie Waldboden oder Rasen. Auf Pulsschlag achten Lauftechnik Ein Lauftraining sollte weder zu leicht noch zu anstrengend sein. Am Anfang reicht es, etwa dreimal in der Woche mindestens 30 Minuten zu laufen. Um die individuell geeignete Trainingsbelastung zu ermitteln, sollte zunächst die maximale Herzfrequenz ermittelt werden. Die berechnet sich nach der Formel 220 minus Alter. Daraus ergibt sich die maximale Herzfrequenz. Bei dieser Faustregel sind allerdings individuelle Unterschiede möglich. Beim Laufen ist auf eine korrekte Lauftechnik zu achten. Dabei befinden sich Oberund Unterarme etwa in einem rechten Winkel. Die Hände sind locker und entspannt. Die Handrücken werden seitwärts gehalten, die Hände sind leicht geöffnet. Der Oberkörper ist ganz aufgerichtet. Die Schultern hängen locker. Man sollte mit kleinen Schritten in einer geraden Linie laufen. Auch die Atemtechnik ist beim Laufen wichtig. Am besten atmet man drei Schritte ein und drei Schritte aus. Wie viel Belastung tut gut? Um einen Trainingseffekt zu erzielen, sollte eine Herzfrequenz von mindestens 65 Prozent der maximalen Herzfrequenz erreicht werden. Bei einem 40-Jährigen wäre das nach dieser Formel ein Puls von rund 120 Schlägen pro Minute. Trainiert man im Bereich 65 bis 75 Prozent, erreicht man ein Fettabbautraining. 75 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz ergeben ein HerzKreislauf-Training. Ein Training bei über 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz Arbeitsmedizin Die richtigen Laufschuhe Wichtig sind ebenfalls die richtigen Laufschuhe mit federnder Sohle, die Rücken und Gelenke auch auf hartem Untergrund schonen. Der Fuß muss im Schuh ausreichend stabilisiert sein, um dem Umknicken im Sprunggelenk vorzubeugen. Die Schuhe müssen zudem auf das Körpergewicht des Trägers abgestimmt sein. Eine persönliche Beratung in einem Fachgeschäft ist auf jeden Fall gut. TIPPS ZUM LAUFTRAINING • Zu Beginn langsames Warmlaufen, Dauer etwa drei Minuten • Während des Laufens Belastungspuls kontrollieren, Richtwert: 220 minus Lebensalter pro Minute • Nach dem Laufen Bein- und Rumpfmuskulatur dehnen, Dauer etwa drei Minuten • Regelmäßig laufen, etwa dreimal pro Woche für mindestens 30 Minuten • Überlastungen vermeiden, am Anfang möglichst 48 Stunden zwischen den Trainingseinheiten pausieren • Gute Laufschuhe verwenden, die ausreichend dämpfen und den Fuß stabilisieren 24 | Arbeitsmedizin BG BAU aktuell 1_2015 Wenn die Stoßdämpfer schlappmachen Rückenleiden sind mittlerweile eine Volkskrankheit und einer der häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit. Dabei stehen auch die Bandscheiben im Fokus. Text: Dr. med. Sascha Plackov Fotos: 123RF, F1online, Probst Greiftechnik Verlegesysteme GmbH Neben einseitigen Belastungen der Muskulatur oder Unfällen kann auch eine Bindegewebsschwäche Ursache für einen Bandscheibenvorfall sein. Vorbeugend sind ein konsequenter Muskelaufbau und rückengerechtes Arbeiten. BG BAU aktuell 1_2015 E ine falsche Bewegung im ungünstigen Moment und schon zieht und zerrt es im Kreuz oder Nacken. Schnell stellt sich die Frage: Könnte das ein Bandscheibenvorfall sein? In den meis ten Fällen sind Verspannungen infolge von Fehlhaltungen und Überlastung die Ursache für Rückenschmerzen. Sie betreffen zu zwei Dritteln den Lendenwirbelsäulenbereich und zu einem Drittel den Halswirbelsäulenbereich. Doch es gibt auch Fälle, in denen die Bandscheiben betroffen sind. So funktioniert die Bandscheibe Das zentrale Element der Wirbelsäule ist die Bandscheibe. Sie besteht aus einem gallertartigen Kern und einem festen Faserring. Die Ernährung der Bandscheibe erfolgt durch den ständigen Wechsel von Belastung und Entlastung. Dieser druckabhängige Flüssigkeitsaustausch entspricht einem Pumpmechanismus, der die Versorgung mit Nährstoffen und die Entsorgung von Abfallprodukten des Stoffwechsels der Bandscheibe gewährleistet. Kommt es zu einer anhaltenden Überlastung der Bandscheibe in Form einer Kompression, vermindert sich die Flüssigkeitsverschiebung. Milchsäure sammelt sich an und der pH-Wert verschiebt sich in Richtung eines sauren Milieus. Dadurch werden Enzyme aktiviert, die eine Auflösung von Zellen bewirken. Die Versorgung der Bandscheibe mit Nährstoffen wird gehemmt. Es kommt zu Degenerationserscheinungen, die sich in Form von winzigen Rissen im Faserring bis hin zum Bandscheibenvorfall bemerkbar machen können. Bandscheibenvorfall oder Hexenschuss Bei einem Bandscheibenvorfall tritt ein akut stechender Schmerz in der Lendenwirbelsäule oder in den Beinen auf, der sogar über die Knie bis in die Füße ausstrahlen kann. Dabei tritt der Gallertkern aus dem Faserring heraus und presst sich gegen das Rückenmark oder die seitlichen Nervenstränge der Wirbelsäule. Weil die Nervenstränge und das Rückenmark sehr empfindlich sind, treten zusätzlich zu den Schmerzen auch Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen auf. Ein Hexenschuss äußert sich als blitzartig einschießender Kreuzschmerz mit einer sofortigen Bewegungsstarre meist in gebückter Haltung. Husten, Niesen und Pressen verstärken den Schmerz. Ursache für den Arbeitsmedizin | 25 Hexenschuss sind Massenverschiebungen innerhalb der Bandscheibe, die umliegendes Gewebe reizen. Bei langanhaltenden und immer wieder auftretenden Kreuzschmerzen spricht man hingegen vom chronischen Lumbalsyndrom. Ursache dafür sind Elastizitäts- und Volumenänderungen der Bandscheiben im Lendenbereich. Gehen die Beschwerden von den kleinen Wirbelgelenken aus, handelt es sich um ein Facettensyndrom. Wer ist besonders betroffen? Zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr kommen Bandscheibenvorfälle am häufigsten vor. Denn der Gallertkern behält seinen hohen Ausdehnungsdruck bis zum 55. Lebensjahr, während der Faserring ab dem 35. Lebensjahr immer schwächer wird. Ein gleichbleibend starker Gallertkern drückt auf einen immer schwächer werdenden Faserring. Das führt mit der Zeit zu altersbedingten Bandscheibenvorfällen. Bewegungsmangel, falsche Ernährung, Übergewicht und Rauchen tragen ebenfalls dazu bei. SIEBEN TIPPS FÜR RÜCKENGERECHTES ARBEITEN Diagnose und Therapie 1. Vorher prüfen, ob die Last zu schwer ist. Um die Diagnose zu sichern, sind neben einer ärztlichen Untersuchung auch radiologische Methoden wie die Magnetresonanz- oder Computer-Tomographie angezeigt. Bei der Behandlung des Bandscheibenvorfalls werden heute verstärkt konservative Therapiemaßnahmen eingesetzt. Physiotherapie und eine kontrollierte Medikamentengabe gegen die Schmerzen für einen begrenzten Zeitraum haben sich dabei bewährt. Operative Maßnahmen sollten nur in Fällen von Lähmungen oder schwerwiegenden neurologischen Ausfallerscheinungen zum Einsatz kommen. Schmerzhaft und teuer Eine Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin im Jahr 2012 unter 20.000 Erwerbstätigen zeigte, dass 40 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen unter Rückenbeschwerden leiden. Wenn man sich die Arbeitsunfähigkeitstage, Frühberentungen und die Kosten aufgrund von Rückenbeschwerden aus dem Bericht der Bundesregierung anschaut, entfielen beispielsweise im Jahr 2012 allein 122,1 Mio. Arbeitsunfähigkeitstage auf diese Diagnose. Das sind 23,4 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage. Insgesamt verursachen Rückenbeschwerden einen volkswirtschaftlichen Schaden von über 50 Milliarden Euro. 2. Beim Heben schwerer Lasten Hilfsmittel verwenden. 3. Beim Anheben den Rücken gerade und aufrecht halten. 4. Lasten nah am Körper heben und tragen. 5. Gewichte gleichmäßig verteilen. 6. Drehbewegungen vermeiden. 7. Ruckartige Bewegungen vermeiden. Weitere Infos: www.bgbau.de/ergonomie-bau www.deinruecken.de 26 | Arbeitsmedizin BG BAU aktuell 1_2015 Zum aus der Haut fahren Das Wort Gürtelrose klingt recht harmlos. Dahinter verbirgt sich eine Erkrankung, die fast jeden treffen kann. TEXT: Dr. Sascha Plackov FOTOS: iStockphoto, Fotolia Das Varizella-Zoster-Virus, welches die Windpocken hervorruft, bleibt ein Leben lang im Körper und kann Jahre oder Jahrzehnte später eine zweite Erkrankung verursachen, die sogenannte Gürtelrose. W indpocken hat fast jeder Erwachsene als Kind schon einmal gehabt. Das Besondere und Gemeine an dieser Kinderkrankheit: Wer sie durchgemacht hat, bekommt zwar im Leben nie wieder Windpocken, aber das Varizella-ZosterVirus, welches die Windpocken hervorruft, bleibt ein Leben lang im Körper und kann auch Jahrzehnte später eine zweite Erkrankung verursachen, die sogenannte Gürtelrose. Der Mediziner spricht dann vom Herpes Zoster. Der Keim nistet sich in den Hirnnerven und Nervenwurzeln des Rückenmarks ein und schlummert dort. Unter bestimmten Umständen, beispielsweise bei einem geschwächten Immunsystem, kann es passieren, dass die Viren Oberhand gewinnen, sich erneut vermehren und an den Nerven entlang nach außen an die Haut wandern. Dort lösen die Varizella-Zoster-Viren eine Gürtelrose aus. Typisch dafür ist ein streifenförmiger Hautausschlag mit Rötung und Bläschen, der sich wie ein Gürtel entlang des Rückens oder der Brustwand ausbreitet und mit starken Schmerzen einhergehen kann. Aber auch andere Körperregionen oder das Gesicht können betroffen sein. BG BAU aktuell 1_2015 Arbeitsmedizin | 27 Verbreitet wie der Wind In Deutschland geht man davon aus, dass pro Jahr ungefähr 700.000 Menschen an Windpocken erkranken. Bei etwa 95 Prozent aller Erwachsenen sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts hierzulande Antikörper gegen das Varizella-Zoster-Virus nachweisbar. Demnach hatten die meisten Erwachsenen in Deutschland schon einmal Kontakt mit dem Erreger, weil sie im Laufe ihrer Kindheit oder Jugend Windpocken hatten, sofern kein Impfschutz gegen die Erkrankung besteht. In Form der Windpocken ist das Varizella-Zoster-Virus hoch ansteckend. Der Erreger wird über den Luftweg übertragen, selbst wenn es keine direkte Berührung einer infizierten Person gibt. Im Gegensatz dazu ist eine Gürtelrose weniger ansteckend. Nur die mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen des Hautausschlags enthalten das Virus und sind ansteckend. Wer damit nicht direkt in Kontakt kommt, muss keine Ansteckung fürchten. Viren werden aktiv Wer sich zum ersten Mal mit dem Varizella-Zoster-Virus infiziert, entwickelt in der Regel nach 14 bis 16 Tagen Windpocken. Eine Gürtelrose können nur Menschen bekommen, die in früheren Jahren bereits Windpocken hatten. Dafür lässt sich die Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit nicht angeben, weil die Erkrankung nicht durch eine neue Infektion mit von außen stammenden Erregern herrührt, sondern durch eine Reaktivierung von schon im Körper schlummernden Viren. Auslöser dafür können beispielsweise steigendes Alter, geschwächtes Immunsystem, Stress mit psychischer Überlastung, Krebserkrankungen, Infekte oder UV-Strahlung in hohen Dosen sein. Bei Verdacht auf einen Herpes Zoster sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Denn unter bestimmten Umständen kann die Erkrankung sehr kompliziert verlaufen. Folgende Probleme können auftreten: • • • • • • bakterielle Infektion geschädigter Hautareale Einblutungen und Einschmelzungen der Haut Empfindungsstörungen bis hin zu Lähmungserscheinungen Hirnnerven- und Hirnhautentzündungen Schäden an Augen und Ohren Befall des gesamten Körpers Arbeit ruhen lassen Der Arzt stellt die Diagnose anhand des klinischen Bildes sowie der Schmerzen und leitet eine entsprechende Therapie ein. Normalerweise heilt eine Gürtelrose bei gesundem Immunsystem binnen weniger Wochen aus. Nachdem die Bläschen aufgeplatzt sind, verkrusten sie und nach einigen Tagen fällt der Schorf ab. Die Ansteckungsgefahr ist damit ebenfalls verschwunden. Ziel der Behandlung ist es, die Virusvermehrung zu hemmen, die Rückbildung der Hautläsionen zu beschleunigen, Schmerzen zu lindern sowie Komplikationen zu verhindern. Außerdem ist es ratsam, die entzündete Haut sorgfältig zu pflegen. Medikamente kommen bei der Behandlung einer Gürtelrose nicht immer zur Anwendung. Denn in zwei Drittel der Fälle heilt die Gürtelrose von ganz allein ab. Mit den ersten Symptomen einer Gürtelrose sind die Betroffenen arbeitsunfähig und erhalten sofort eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Das ist notwendig, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Denn mit Stress verbundene Tätigkeiten begünstigen das Fortschreiten der Krankheit. Außerdem lässt die Konzentrationsfähigkeit nach, so dass sich Fehler bei der Arbeit häufen. Die Arbeit sollte deshalb bis zum Abheilen der Gürtelrose ruhen. Außerdem besteht seit dem 29. März 2013 eine Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz an das zuständige Gesundheitsamt. Impfung schützt Wichtig: Es gibt eine Impfung gegen Windpocken. Hierdurch ist auch die Gefahr, an Gürtelrose zu erkranken, um einiges geringer. Und selbst wenn sie auftritt, ist der Verlauf nicht so drastisch. Wer schon einmal an Windpocken erkrankt war, kann sich mit der Impfung allerdings nicht mehr gegen Gürtelrose schützen. Sobald die ersten Symptome einer Gürtelrose auftreten, sind die Betroffenen arbeitsunfähig und brauchen Ruhe. 28 | Mensch und Betrieb BG BAU aktuell 1_2015 Info-CD 2015 Die neue Info-CD der BG BAU mit Basiswissen und umfassenden Informationen zu Medien über „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz“ liegt jetzt in einer überarbeiteten Fassung vor. TEXT: Martin Schneider FOTOS: Fotolia, iStockphoto, Mirko Bartels Wenn die CD hier fehlt, wenden Sie sich bitte an den Zentralversand Ihrer BG BAU: Fax: 0800 6686688-38400 E-Mail: [email protected] BG BAU aktuell 1_2015 Was ist neu? Diese Rubrik enthält eine aktuelle Auflistung zu Neuigkeiten und Änderungen. Nachfolgend einige Beispiele: Informationen für Ihr Gewerk Hier finden Sie eine Zusammenfassung des Medienangebotes zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz speziell für Ihr Gewerk. Die BG BAU • • • • Jahresbericht der BG BAU Erläuterungen zum Beitragsbescheid Informationen zum Lohnnachweis 2014 Anpassung freiwillige Unternehmerversicherung Prävention • Seminarbroschüre 2015 • Messetermine 2015 mit Beteiligung der BG BAU • Arbeitsschutzprämien Medien zu Fachinfos • Broschüre „Ladungssicherung auf Fahrzeugen der Bauwirtschaft“ (umfangreiche Überarbeitung) Bausteine, Merkhefte Neue Bausteine F 7 „Beauftragung von Erdbaumaschinenführern“ und A 246 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung, Flucht- und Rettungsplan“ Vorschriften, Regeln • Staatliches Recht – Neue Regeln für Arbeitsstätten (z. B. ASR A 2.1 „Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen“) sowie neue Technische Regeln (z. B. TRGS 519 „Asbest – Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“) • DGUV-Regeln und DGUV-Informationen Übernahme der neuen Nummerierungssystematik für das Vorschriften- und Regelwerk der gewerblichen Berufsgenossenschaften Neu aufgenommene und überarbeitete Schriften, beispielsweise: – DGUV Information 206-006 „Arbeiten: entspannt, gemeinsam, besser“ – DGUV Information 206-007 „So geht’s mit Ideen-Treffen“ – DGUV Information 201-053 „Einsatz von landwirtschaftlichen Traktoren auf Erdbaustellen“ Arbeitshilfen, Formulare Neu aufgenommen: • Sifa-Bestellformular (Bestellung als Fachkraft für Arbeitssicherheit) Weitere Informationen: www.bgbau-medien.de Mensch und Betrieb | 29 30 | Rehabilitation und Leistungen BG BAU aktuell 1_2015 „Mein Rollstuhl ist meine Kommandozentrale“ Nach einem Arbeitsunfall vom Hals abwärts gelähmt, lässt sich Morten Müller nicht unterkriegen. Sein unerschütterlicher Optimismus und viel Hightech im Haus ermöglichen ihm ein fast normales Leben. TEXT: Martin Nebel FOTOS: Doris Leuschner Der Elektro-Rollstuhl von Morten Müller mit vielen Spezialeinstellungen funktioniert mit Kinnsteuerung und hat eine Schnittstelle zu seinem Smartphone. E s passierte während der Lehre zum Zimmerer. Bei Dacharbeiten stürzte der Auszubildende drei Meter tief von einer Leiter. Seitdem ist Morten Müller ab dem vierten Halswirbel querschnittgelähmt, kann Arme und Beine nicht mehr bewegen. Lediglich in der linken Schulter und dem Oberarm ist eine geringe Beweglichkeit geblieben. Doch statt mit seinem Schicksal zu hadern, bemühte sich der heute 23-Jährige von Anfang an darum, seine Selbstständigkeit wiederzugewinnen. Die BG BAU unterstützte ihn dabei mit allen geeigneten Mitteln – von der aufwendigen Heilbehandlung über die Rehabilitation bis hin zur Planung und Finanzierung des Hausbaus und der Pflege rund um die Uhr. BG BAU aktuell 1_2015 Nach dem Unfall stand zunächst die medizinische Rehabilitation an erster Stelle. Doch bereits während der stationären Heilbehandlung stand Martin Nebel als RehaManager der BG BAU Müller und seiner Familie zur Seite. Er hat neben den medizinischen Fragen eingehend darüber beraten, wie die Wohnung und ein geeignetes privates Kraftfahrzeug behindertengerecht umgebaut werden können und ein Pflegedienst gefunden werden kann. Bereits in der ersten Woche in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) Ludwigshafen stellte ihm die BG BAU ein Laptop mit Mundsteuerung zur Verfügung. Damit konnte Müller von Anfang an Kontakt zur Außenwelt halten, seine Post erledigen und sich jederzeit mit seinem Reha-Manager der BG BAU in München in Verbindung setzen, der ihn bei allen Schritten begleitete. Die eigenen vier Wände Schnell organisierte Nebel für den Versicherten einen Elektrorollstuhl mit Kinnsteuerung und Schnittstelle zu seinem Smartphone. Damit konnte er erste Ausflüge aus der Klinik unternehmen. „Nachdem ich aus der BGU kam, war mein toller Rollstuhl erst mal das Wichtigste für mich“, sagt Müller. Doch der Elektro-Rollstuhl mit vielen Spezialeinstellungen hat einen großen Wendekreis und braucht viel Platz. Deshalb setzte sich der Reha-Manager der BG BAU schon frühzeitig mit Familie Müller zusammen, um ein häusliches Umfeld zu schaffen, in dem Müller ein weitgehend eigenständiges Leben führen kann. „Bald war klar, dass ich zwar mit meinen Eltern in einem Haus leben wollte, jeder jedoch seine eigene Wohnung haben sollte“, erzählt Müller. Wohnen ohne Barrieren Allerdings war das Haus der Familie Müller weder rollstuhlgerecht noch gab es Möglichkeiten zu einem Umbau. Ein Neubau, angepasst an Müllers Behinderung, war erforderlich, in dem er mit seinem 24-Stunden-Pflegedienst weitgehend selbstständig leben kann. In Zusammenarbeit mit Architekten, Bauunternehmen und Familie Müller wurde unter Federführung der BG BAU ein Konzept zur Realisierung dieses Vorhabens erstellt. Der rollstuhlbedingt erforderliche Mehrbedarf an Platz, bei- Rehabilitation und Leistungen | 31 spielsweise im Hinblick auf die Flur- und Türbreite sowie Zimmergröße, wurde so umgesetzt, dass Müller mit seinem Rollstuhl gut durch sein Haus steuern kann. Die behinderungsbedingten Mehrkosten dafür sowie die im Haus integrierte Sprachsteuerung, mit der Müller trotz seiner Einschränkungen alle Türen, Elektrogeräte, Licht und Jalousien ohne Hilfe steuern kann, finanzierte die BG BAU. Eine weitere Besonderheit wurde mit einem zusätzlich eingebauten Deckenliftsystem geschaffen, das Müller vom Pflegebett in das rollstuhlgerechte Badezimmer befördert. Damit wird der Pflegedienst unterstützt, den Müller rund um die Uhr benötigt. Mobil und mitten im Leben Die Ausmaße des Rollstuhls stellten Familie Müller auch bei der Wahl eines geeigneten Autos vor Probleme. „Fahre ich zur Seitentür oder von hinten ins Auto? Sitze ich an der Stelle des Beifahrersitzes oder hinter den Vordersitzen? Wie wird der Rollstuhl im Auto befestigt? Fragen wie diese waren im Vorfeld zu klären“, erläutert Müller. Nachdem die Entscheidung für ein Auto in ausreichender Größe gefallen war, beteiligte sich die BG BAU an dessen Beschaffung und übernahm sämtliche Kosten für notwendige Um- und Einbauten. Die Anschaffung dieses Autos bedeutete für Müller einen weiteren großen Schritt auf dem Weg zur selbstständigen Mobilität. Denn vorher waren ihm Fahrten nur in ganz wenigen speziellen Rollstuhltaxis für Krankentransporte möglich. „Mit meinem großen grünen Bus, der genau an meine Bedürfnisse angepasst ist, kann ich wieder aktiv am Leben teilnehmen, mit meinen Pflegern Konzerte und Festivals besuchen, Freunde treffen und meinen Hobbys nachgehen“, freut sich Müller. Sogar mit seinen Modellautos, die er mit dem Kinn steuert, kann er wieder auf Tour gehen. Dabei ist er mindestens so geschickt und erfolgreich wie seine Kumpels, die ihre Modellautos auf herkömmliche Weise mit den Händen steuern. Inklusion gelungen Das Beispiel von Morten Müller zeigt, wie Inklusion gelingen kann und welche Möglichkeiten die gesetzliche Unfallversicherung hat, infolge von Arbeitsunfällen schwerstverletzte Menschen bei der Rückkehr ins Leben „mit allen geeigneten Mitteln“ zu unterstützen. BG BAU Reha-Manager Martin Nebel (oben links) unterstützte Morten Müller und Familie in allen Fragen – von der Heilbehandlung über den behindertengerechten Ausbau des neuen Hauses bis zur Anschaffung eines geeigneten Pkw. 32 | Im Blick BG BAU aktuell 1_2015 Schiffbau „made in Papenburg“ Die Meyer Werft baut Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Tanker und Spezialschiffe für Kunden in aller Welt. Auch zahlreiche Firmen aus der Bauwirtschaft sind daran beteiligt. TEXT: Rolf Schaper FOTOS: Meyer Werft, Picture Alliance D ie Auftragsbücher der Meyer Werft sind gut gefüllt. Es gibt bereits Aufträge bis 2019. Damit ist die 1795 gegründete Traditionswerft, die seit sieben Generationen an der Ems angesiedelt ist, ein Segen für die Wirtschaft in der strukturschwachen Region. Heute arbeiten am Standort im Emsland rund 3.100 eigene Mitarbeiter. Dazu kommen noch rund 10.000 bis 12.000 Arbeitsplätze in der näheren Region, wo sich viele Zulieferunternehmen angesiedelt haben. BG BAU aktuell 1_2015 Im Blick | 33 Die „Quantum of the Seas“ lief am 13. August 2014 vom Stapel. Sie ist das bisher größte Kreuzfahrtschiff, das in Deutschland gebaut wurde. Auf dem 348 Meter langen Schiff, das gerade gebaut wird, der „Anthem of the Seas“, arbeiten auch zahlreiche Firmen aus der Bauwirtschaft, beispielsweise Gerüstbauer, Fliesenleger, Innenausbauer, Isolierer, Maler und Lackierer. Kreuzfahrtboom schafft Arbeitsplätze Das private Familienunternehmen wird heute vom 66-jährigen Bernard Meyer geleitet. Er zieht als geschäftsführender Gesellschafter die Fäden und kennt 34 | Im Blick BG BAU aktuell 1_2015 Rostock mit heute 480 Beschäftigten erworben. Dort werden jetzt überwiegend Flusskreuzfahrtschiffe gebaut. Im letzten Jahr wurden 70 Prozent des finnischen Konkurrenten STX aus Turku mit rund 1.300 Mitarbeitern übernommen. Die restlichen 30 Prozent sind im Besitz des finnischen Staates. Damit ist die Meyer Werft gut aufgestellt und kann weltweit größte Aufträge bewältigen. Stärke durch Expansion Oben: Schiffbauer Günther Kolbe (li.) und Dr. Roland Wittig von der Meyer Werft setzen auf Aufklärung und Einsicht, um die Arbeitssicherheit zu fördern. Unten: Gerüstbau nur mit Persönlicher Schutzausrüstung (PSA). sich aus mit schwierigen Manövern, beispielsweise mit der Frage nach dem geeigneten Standort der Werft. Dieser – im küstenfernen Binnenland liegend – wurde in den 1980er Jahren immer wieder kritisch diskutiert. Wegen der immer größer werdenden Schiffe war eine Vertiefung der Ems erforderlich. Das hatte vor allem die Umweltschützer auf den Plan gerufen, die eine Verlagerung der Werft an die Küste forderten – allerdings vergeblich. Das Land Niedersachsen unterstützte damals den Ausbau, um die Wettbewerbsfähigkeit der Werft und ihrer Zulieferbetriebe zu sichern. Jede Überführung eines großen Ozeanriesen über die Ems zur 40 Kilometer entfernten Nordsee ist Präzisionsarbeit. Das Manöver ist aber auch immer ein besonderes Event für interessierte Besucher, die dazu aus ganz Deutschland anreisen. Manchmal kommen über 100.000 Menschen, um die Überführung eines neuen Kreuzfahrtschiffes zu bestaunen. Das vor einigen Jahren eingerichtete Besucherzentrum der Werft ist heute ebenfalls ein Magnet. Fast 250.000 Menschen kommen pro Jahr nach Papenburg, weil sie sich für den Bau von Großschiffen interessieren. Kein Wunder, denn das Interesse an Kreuzfahrten ist bis heute ungebrochen. Die Meyer Werft hat konsequent expandiert. 1997 hat sie die Neptun-Werft in Im Unternehmen kann heute auch in Forschung und Entwicklung gemeinsam gearbeitet werden. „In vielen Bereichen, beispielsweise im Kreuzfahrtmarkt, erzielen wir durch eine Kooperation bei unseren Arbeitsabläufen positive Synergieeffekte“, erläutert Schiffbauer Günther Kolbe. Der Erfolg der Papenburger Werft beruhe auch auf den modernen Fertigungsanlagen und einem Konzept der kurzen Wege, erklärt Kolbe. Hier steht beispielsweise das größte computergesteuerte Laserzentrum Europas, wo große Stahlteile im Laser-HybridVerfahren miteinander verschweißt werden. Das geht wesentlich schneller als das konventionelle Schweißen und verhindert Verformungen. Moderner Schiffbau ist wesentlich energieeffizienter und umweltfreundlicher als früher. Immer mehr Reeder setzen mittlerweile auf wirkungsvolle Abgasreinigungssysteme, damit es in Häfen und Naturreservaten, wie der Arktis, später keine Konflikte gibt. Zur Energieeinsparung werden die am Computer entwickelten Schiffskörper mit einem maßstabsgerechten Modell in einem hydrodynamischen Prüfkanal getestet und optimiert. Modernste Technik und effektive Produktion Auf den großen Schiffen werden heute im Durchschnitt rund 250 Kilometer Rohrleitungen verlegt, um die Ver- und Entsorgung an Bord zu gewährleisten. Im Rohrzentrum der Werft werden die Rohre an speziellen Biege- und Flanschmaschinen bearbeitet und dann in die Blöcke eingebaut. Schiffbau erfolgt heute nach dem sogenannten Blockbau-Prinzip. Etwa 70 Blöcke, die jeweils bis zu 800 Tonnen wie- BG BAU aktuell 1_2015 Im Blick | 35 gen, bilden am Ende ein komplettes Schiff. Die Blöcke werden so weit wie möglich parallel vorgefertigt und dann mit großen Brückenkranen eingebaut. „So kann sehr effektiv parallel gearbeitet und ein Schiff in kurzer Zeit fertiggestellt werden“, sagt Dr. Roland Wittig, der bei der Meyer Werft für die Arbeitssicherheit und den Umweltschutz zuständig ist. Auf der Werft wird in einigen Bereichen sogar im Drei-SchichtBetrieb gearbeitet, weil die Fertigstellungstermine für das Unternehmen absolut verbindlich sind. Zentrales Thema: Arbeitssicherheit und Umweltschutz Zu seinem Team gehören mehrere Fachkräfte für Arbeitssicherheit und 70 Sicherheitsbeauftragte, die sich um die Arbeitssicherheit kümmern. „Wir haben mittlerweile in einigen Bereichen eine Quote von 25 – 35 Arbeitsunfällen pro eine Million Arbeitsstunden erreicht“, sagt Wittig. Das ist ein guter Wert für diese Branche. Im Arbeitsschutz beschreitet Wittig seit kurzem ganz neue Wege. Mit Unterstützung einer Psychologin betreibt er die sogenannte „verhaltensbezogene Prävention“, um die aktuellen Unfallzahlen weiter zu senken. Ziel ist es dabei, durch Aufklärung und Einsicht nachhaltige Verhaltensänderungen bei den Beschäftigten zu bewirken. Die Meyer Werft legt großen Wert auf ständige interne Fortbildungen ihrer Mitarbeiter. Jedes dort beauftragte Fremdunternehmen muss vor Arbeitsbeginn nachweisen, dass es beispielsweise eine Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisung, Unterweisungen für die Beschäftigten und ein aktuelles Gefahrstoffkataster erstellt hat. Für alle Firmen stehen eine komplette Sanitätsstation und ein eigener Betriebsarzt zur Verfügung. Risiko Nummer eins: der Absturz Das größte Risiko beim Schiffbau sind die Absturzgefahren, denn die großen Schiffe sind über 50 Meter hoch. Daher müssen in jeder Bauphase Absturzsicherungen und Gerüste errichtet und immer wieder an den Baufortschritt angepasst werden. Drei Gerüstbaufirmen arbeiten ständig auf der Werft. Eine davon ist die Firma Nietiedt aus Wilhelmshaven. Deren Bauleiter Andre Buse wacht mit Argusaugen darüber, dass die Gerüste nur mit Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) errichtet und erst nach einer schriftlichen Freigabe benutzt werden. Bei der Entwicklung von Unterwasserbeschichtungen hat die Meyer Werft Maßstäbe gesetzt. Dazu werden spezielle Antifouling-Farben verwendet. Diese verhindern den Bewuchs von Algen und Seepocken auf den Schiffsrümpfen. Das reduziert den Treibstoffverbrauch deutlich. Heute verarbeitet die Werft umweltfreundliche Mittel auf der Basis von Fluoropolymer, einer Weiterentwicklung von Silikon. Statt wie früher üblich sieben Anstrichen sind heute nur noch vier nötig. Bei einer Fahrtgeschwindigkeit von über zehn Knoten können sich keine Meeresorganismen mehr ansiedeln. Die Schiffe müssen nur noch alle fünf Jahre zur Neubeschichtung ins Dock, das spart Millionen. Rund drei Jahre dauert es, bis ein neuer Kreuzfahrtriese vom Stapel laufen kann. So ein Luxusliner kostet heute rund 800 Mio. Euro und kann über 5.000 Passagiere aufnehmen. Die Schiffe sind im Prinzip wie eine kleine Stadt aufgebaut, mit einer eigenen Energieerzeugung und einer Abwasseraufbereitung. MEYER WERFT Die Werft wurde 1795 in Papenburg gegründet. Das Unternehmen ist seit sieben Generationen in den Händen der Familie Meyer. Heute wird die Werft mit gut 3.000 eigenen Mitarbeitern von Bernard Meyer geführt. Das Unternehmen hat seit den 1980er Jahren 37 Kreuzfahrtschiffe gebaut. Seit 1997 gehört auch die Neptun-Werft aus Rostock mit 480 Beschäftigten dazu. Heute werden dort hauptsächlich Flusskreuzfahrtschiffe gebaut. 2014 hat die Traditionswerft auch die Mehrheit an der STX-Werft im finnischen Turku erworben. Weitere Infos: www.meyerwerft.de 36 | Mitglieder und Beiträge BG BAU aktuell 1_2015 Änderungen im Beitragsbescheid Der interne Lastenausgleich (ILA) entfällt ab 2014. TEXT: Anika Strietzel FOTO: iStockphoto J ede gewerbliche Berufsgenossenschaft trägt Last und Unfallrisiko der bei ihr versicherten Gewerke grundsätzlich allein. Einige Berufsgenossenschaften sind jedoch durch Versicherungsleistungen höher belastet – dazu gehört auch die BG BAU. Unter den Berufsgenossenschaften gibt es deshalb einen Solidarausgleich. Das bisherige Verteilungsmodell des Lastenausgleichs wurde nun durch das neue Modell der Lastenverteilung abgelöst. Der Umlagebeitrag setzt sich also künftig aus folgenden Teilen zusammen: • Hauptumlage • Lastenverteilung nach Neurenten (LVN) • Lastenverteilung nach Entgelten (LVE) Ab dem Beitragsjahr 2014 gibt es für den Beitrag zum ASD der BG BAU einen gesonderten Bescheid. Die Beitragsanteile LVN, LVE dienen dazu, die Beiträge langfristig stabil zu halten. Mit der Unterstützung anderer Berufsgenossenschaften können die hohen Rentenaltlasten der BG BAU finanziert werden. Trotz des Eigenanteils, der mit den Beitragsanteilen LVN und LVE erhoben wird, profitiert die BG BAU von der Lastenverteilung. Die darüber entstehende Entlastung senkt den Finanzbedarf der BG BAU und damit die Mitgliedsbeiträge. Gesonderter Bescheid Der Beitrag zum Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienst der BG BAU (ASD der BG BAU) wurde bisher zusammen mit dem Umlagebeitrag in einem Bescheid erhoben. Ab dem Beitragsjahr 2014 gibt es für den Beitrag zum ASD der BG BAU einen gesonderten Bescheid. Die getrennten Beitragsbescheide werden jedoch wie gewohnt gemeinsam im April übersandt. Mit der Trennung der Bescheide wird die Beitragserhebung übersichtlicher. HÖCHSTJAHRESARBEITSVERDIENST UND VERSICHERUNGSSUMMEN GESTIEGEN Seit dem 1. Januar 2015 gilt der neue Höchstjahresarbeitsverdienst (Höchst-JAV) von 68.040 Euro. Bis zu dieser Grenze müssen Arbeitsentgelte im Lohnnachweis nachgewiesen werden. Der Höchst-JAV beträgt das Zweifache der jährlichen Bezugsgröße. Sie dient als Rechengröße in der Sozialversicherung und wird jedes Jahr an die aktuelle Einkommensentwicklung angepasst. Für das Jahr 2015 beträgt sie 34.020 Euro. Auch die Mindestversicherungssumme für die freiwillige Versicherung richtet sich nach der jährlichen Bezugsgröße. Sie dient als Grundlage für die Berechnung der Beiträge und Geldleistungen der freiwilligen Versicherung. Der Unternehmer kann die Versicherungssumme bis zur Höchstversicherungssumme von 68.040 Euro frei wählen. AST BG BAU aktuell 1_2015 Sicher unterwegs | 37 Feiern ohne Folgen Gerade zur Faschingszeit gehört für viele Jecken das eine oder andere Glas Alkohol zum Feiern dazu. Doch auch in der fünften Jahreszeit gilt der Grundsatz: Wer trinkt, fährt nicht, und wer fährt, trinkt nicht. TEXT und FOTO: DVR T atsächlich häufen sich rund um den Rosenmontag die alkoholbedingten Verkehrsunfälle. Die Polizei führt deshalb in dieser Zeit besonders oft Verkehrskontrollen durch. Was viele Verkehrsteilnehmer noch immer nicht wissen: Bereits bei 0,3 Promille und damit verbundenen Ausfallerscheinungen geht die Rechtsprechung von einer relativen Fahruntüchtigkeit aus, die strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Bei 0,5 Promille drohen bereits 500 Euro Bußgeld, zwei Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister (VZR) und ein Monat Fahrverbot. Die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit liegt bei 1,1 Promille. Wer in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug führt, macht sich strafbar und muss mit einer empfindlichen Geld- oder mehrjährigen Freiheitsstrafe rechnen, wenn er einen Unfall verursacht. Führerschein weg – auch auf dem Fahrrad Ähnliches gilt für Karnevalisten, die betrunken mit dem Fahrrad unterwegs sind. Ab 1,6 Promille wird ein Radfahrer als absolut fahruntüchtig eingestuft. Er muss mit einem Bußgeld, einer Einladung zur medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) zur Fahreignung sowie dem Entzug des Führerscheins rechnen. Öffentliche Verkehrsmittel sind eine preisgünstige und gesellige Alternative zum eigenen Auto, Motorrad oder Fahrrad. Wer hingegen Ruhe bevorzugt, für den ist das Taxi ideal. Auch am Morgen danach – das Auto stehen lassen Ruhe empfiehlt sich auch für den Morgen danach. Denn der Körper kann pro Stunde durchschnittlich nur 0,15 Promille Alkohol im Blut abbauen. Der im Körper verbleibende Restalkohol schränkt die Fahrtüchtigkeit stark ein. Sogenannte Wundermittel wie Kaffee oder Tabletten, die angeblich den Alkoholabbau im Körper beschleunigen können, helfen nicht weiter. Deshalb heißt es in schweren Fällen auch am Morgen danach: Hände weg vom Steuer. Bereits bei 0,5 Promille Alkohol drohen zwei Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister, 500 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot. 38 | Infomedien BG BAU aktuell 1_2015 AKTUALISIERT: „LÄRM – WEGHÖREN HILFT NICHT“ Die BG BAU bietet eine Reihe von Gesundheitsbroschüren für Mitarbeiter an. In dieser Reihe wurde jetzt die Broschüre „Lärm – Weghören hilft nicht“ aktualisiert. Sie enthält neben allgemeinen Informationen zum Lärm und den möglichen gesundheitlichen Folgen Informationen über berufstypische Lärmbelastungen sowie LÄRM Tipps für den geeigneten persönlichen Gehörschutz. Neu aufgenommen wurde die Verwendung von Otoplastiken, die einen besonders sicheren Schutz vor Lärmeinwirkungen gewährleisten. MSC Gesundheit Weghören hilft nicht MEDIENKATALOG 2015 Alle Medien zu den Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz für die Bauwirtschaft und baunahe Dienstleistungen sind im aktuellen Medienkatalog 2015 der BG BAU auf 40 Seiten zusammengefasst. Dazu BG BAU-Medienkatalog 2015 zählen: Vorschriften, Regeln, Informationsbroschüren und Flyer, CDs und DVDs sowie Aushänge und Aufkleber. Der Katalog für Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter sowie Bauherren und Planer enthält auch Hinweise auf weitere Informationsquellen, beispielsweise das Onlineangebot oder die Info CD der BG BAU. MSC Infomaterial Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Abruf-Nr.: 660 Abruf-Nr.: 713 KUGELSCHREIBER TÖDLICHER ALS BLITZE Viele Menschen haben Angst, bei Gewitter vom Blitz getötet zu werden. Doch diese Gefahr ist verschwindend gering. Viel eher sollten sie sich vor alltäglichen Gegenständen wie einem Kugelschreiber fürchten. Schätzungen zufolge ersticken jedes Jahr in Deutschland 100 bis 300 Menschen an verschluckten Kuliteilen, während lediglich vier Menschen pro Jahr vom Blitz erschlagen werden. Diese und viele andere verblüffende Statistiken zu den Gefahren und Risiken unseres Alltagslebens sind in einem kurzweiligen Buch nachzulesen. Thorsten Wiese / Cord Balthasar: „Warum Kugelschreiber tödlicher sind als Blitze.“, 192 Seiten, 14,99 Euro; riva Verlag. München 2014 ARBEITSSCHUTZFILM „AN ALLES GEDACHT?“ D e r A r b e i tgeb e r i s t für die Organisation des Arbeitsschutzes in seinem Betrieb verantwortlich. So steht es im Arbeitsschutzgesetz. Aber was heißt das genau? Ein neuer Kurzfilm der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gibt Antwort – mit Charme, Humor und klarer Botschaft. Nach einem humorvollen Einstieg mit unterhaltsamen Alltagssituationen geht es in die betriebliche Realität. Die Mitwirkenden sind keine Schauspieler, sondern echte Arbeitgeber und Mitarbeiter, die sich mit Maßnahmen zum Arbeitsschutz auseinandersetzen. In diesem Teil spielt der Arbeitgeber eines Mitgliedsbetriebs der BG BAU aus dem Gerüstbaugewerbe eine Rolle. Dabei wird deutlich, wie die betriebliche Arbeitsschutzorganisation gestaltet sein muss, damit die Sicherheit der Beschäftigten gewährleistet ist: Dazu gehören fachlich geeignetes Personal, erforderliche Qualifizierungen und Unterweisungen. TLU Der Film ist zu sehen im Internet unter www.bgbau.de, Webcode: WCZGNm BESTELLUNGEN Alle Printmedien, CDs und DVDs der BG BAU können Sie über unseren Zentralversand unter Angabe der Abrufnummer direkt bestellen. Unter www.bgbau-medien.de können Sie die Medien einsehen, bestellen oder herunterladen. BG BAU – Zentralversand, Landsberger Straße 309, 80687 München Fax: 0800 6686688-38400, E-Mail: [email protected] BG BAU aktuell 1_2015 Mit gutem Beispiel | 39 Gymnastik auf der Baustelle Gesundheitsförderung ist beim Bauunternehmen Heckmann im westfälischen Hamm ein wichtiger Baustein und fest im Arbeitsablauf verankert. TEXT: Dagmar Sobull FOTOS: Mirko Bartels, Andreas Rother J eden Dienstag legen die Mitarbeiter der Heckmann GmbH & Co. KG auf ihren Baustellen die Werkzeuge aus der Hand und trainieren mit Pezzibällen, Therapiebändern und Isomatten. Eine halbe Stunde dauert das bauspezifische Übungsprogramm, welches speziell auf die typischen Belastungen und Bewegungsabläufe auf Baustellen abgestimmt ist. Das hat sich der Chef, Martin Karnein, einiges kosten lassen. Für rund 20 Baustellen hat er die notwendigen Sportgeräte angeschafft und dafür insgesamt rund 7.000 Euro investiert. Außerdem gibt es eine Betriebsvereinbarung, welche die Teilnahme am Turnunterricht verpflichtend macht. Die dafür benötigte Zeit wird je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Mitarbeiter eingebracht. „Dass unsere Mitarbeiter nach einem langen Arbeitstag abends noch ins Fitnessstudio gehen, kann man nicht erwarten“, sagt Karnein. „Aber wir wollten ein effektives Training anbieten, das speziell auf die Belastungen im Baugewerbe ausgerichtet ist.“ Einen weiteren wichtigen Aspekt ergänzt Bernd Schleimer, Leiter für Qualitätssicherung, Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Heckmann: „Wir wollten den Sport in die Arbeitsabläufe auf den Baustellen integrieren.“ Bauspezifisches Übungsprogramm Im Rahmen eines Pilotprojektes mit einem Baustellenteam in Zusammenarbeit mit der Krankenkasse AOK und einem Diplom-Sportlehrer wurde ein bauspezifisches Übungsprogramm mit insgesamt zwölf Übungen erarbeitet, orientiert an den typischen Belastungen auf einer Baustelle wie Heben und Tragen von Lasten oder das Arbeiten in Zwangshaltungen. „Dabei zeigte sich, dass die größten Belastungen im Rücken und im Schulterbereich liegen“, so Karnein. Nach erfolgreichem Abschluss des Pilotprojektes wurden alle Poliere und Vorarbeiter in jeweils zehn Schulungseinheiten zu Übungsleitern ausgebildet, um das Training ihrer Kolonnen, welches seitdem für alle verpflichtend ist, fachkundig zu leiten. Bei Rückfragen steht der Sportlehrer den Übungsleitern zur Verfügung und gibt bei Bedarf auch Tipps auf der Baustelle. „Mit der Zeit schlug die anfängliche Skepsis bei den meisten in Begeisterung um, weil die Mitarbeiter gemerkt haben, dass das Training wirklich was bringt“, beobachtet Personalchef Jürgen Seiler. Seit November 2013 nehmen auch die Mitarbeiter in der Verwaltung an dem Projekt teil und machen einmal pro Woche eine halbe Stunde lang Gymnastik, die speziell auf die Belastungen von Büroarbeitern zugeschnitten ist. Dafür steht in der Firma ein entsprechend ausgerüsteter Gymnastikraum zur Verfügung. Karnein: „Wir sind davon überzeugt, dass diese Form der Gesundheitsprävention wirklich was bringt.“ Geschäftsführer Martin Karnein (oben) weiß, dass die größten körperlichen Belastungen auf der Baustelle im Rücken- und Schulterbereich liegen. Das bauspezifische Übungsprogramm orientiert sich daran. Postvertriebsstück ∙ Deutsche Post AG ∙ Entgelt bezahlt ∙ 09478 „Arbeitsschutz hat höchste Priorität. Bei Maurerarbeiten und überall am Bau.“ Karl-Heinrich Hofmann, Maurermeister und Unternehmer im Hoch-, Tief- und Stahlbetonbau ko Kein Risi rbeit! bei der A heiten Mehr zu unseren Leistungen: www.bgbau.de krank nd Berufs u e ll fä n U eidbar. sind verm raten G BAU be B r e d n e t . Exper tützen Sie s r e t n u d un