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Wochenbericht 18. bis 24. September 2013 Stand: 24. September 2013 Syrien legt geforderte Liste seiner Chemiewaffenbestände vor, UN-Sicherheitsrat ringt erfolglos um Resolution Ölproduktion teilweise wieder in Gang gesetzt Höchstgericht verbietet Moslembruderschaft Kenia: Verheerender Anschlag auf Einkaufszentrum in Nairobi Vorschau: 4. Oktober: Abstimmung über Verfassungsreform in Irland 15. Oktober: Islamisches Opferfest (Eid al-Adha) 25. und 26. Oktober: Parlamentswahlen in der Tschechischen Republik Übersicht Im internationalen Konflikt um Syrien stehen die Zeichen derzeit auf Entspannung: Damaskus hat am Wochenende eine umfassende Liste seiner Chemiewaffenbestände vorgelegt, nun beginnt das Tauziehen um die möglichst rasche Vernichtung der Kampfstoffe. Die USA wollen ihre Drohung mit einer militärischen Intervention aufrechterhalten, ein unmittelbares Eingreifen ist aber vorerst vom Tisch. In Ägypten hat ein Gericht am Wochenende die Moslembruderschaft für illegal erklärt und die Regierung zur Beschlagnahme aller Vermögenswerte und Immobilien autorisiert. Der Beschluß stellt einen weiteren großen Schritt bei der Zurückdrängung der Islamisten dar, diese dürften dadurch aber erneut in die Illegalität gedrängt werden. Mehrere Anschläge bzw. Anschlagsversuche in Kairo in den letzten Wochen könnten Vorzeichen einer Radikalisierung einzelner Splittergruppen sein. www.maradentro.at Copyright Mar Adentro 2013 Naher und Mittlerer Osten Syrien, USA, Russland, Iran Der Konflikt um Syrien hat sich in der vergangenen Woche weiter entspannt, eine militärische Intervention der USA scheint vorerst abgeblasen zu sein. Auf Basis der Vereinbarung zwischen Russland und den USA legte Syrien Ende letzter Woche der UNO die geforderte Liste seiner Chemiewaffenbestände vor. Laut einem US-Experten ist die Aufstellung wesentlich umfassender und detaillierter als von der Staatengemeinschaft erwartet worden war. Das Technische Büro der OPCW, der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, arbeitet seit gestern an einer Sichtung und Analyse der Unterlagen. Die effektive Vernichtung der Bestände in Syrien dürfte mindestens ein Jahr dauern, auch die Sicherheit der internationalen Experten dürfte nur schwer sicherzustellen sein. Russland hat die Entsendung von Militärbeobachtern und –polizisten angeboten um die Arbeit zu erleichtern. Die USA betonen, dass die Drohung mit einem militärischen Eingreifen nach wie vor aufrecht sei. Im Sicherheitsrat der UNO konnte letzte Woche darüber allerdings kein Konsens erzielt werden: China und Russland sperren sich weiterhin gegen eine Resolution die den Einsatz von Gewalt gegen Syrien autorisieren würde. Auch auf einer anderen Ebene bahnt sich eine vorsichtige Entspannung an: Der neue iranische Präsident Hassan Rowhani veröffentlichte am letzten Donnerstag in der Washington Post einen Kommentar in dem er einen neuen Dialog und ein Ende der Konfrontation zwischen Teheran und Washington fordert. In Syrien selbst halten die Kampfhandlungen weiter an, de facto sind die Fronten seit Wochen kaum in Bewegung gekommen. Am Sonntag soll im Nordwesten des Landes der Kommandant der Gruppe Islamischer Staat Irak und Syrien (ISIS), Abu-Abdallah al-Libi, getötet worden sein. Die ISIS ist der ursprünglich irakische Ableger der Al-Qaeda und ist derzeit einer der wichtigsten Akteure im syrischen Bürgerkrieg. Ägypten Das ägyptische Höchstgericht hat gestern in einer richtungsweisenden Entscheidung die Moslembruderschaft (MB) offiziell verboten. Die MB hatte jahrzehntelang in der Illegalität existiert und war im März 2013 als NGO registriert worden. Die linke Tagammu-Partei hatte kürzlich eine Klage eingebracht in der der MB die „Bildung einer paramilitärischen Truppe“ vorgeworfen wurde, das Gericht hat sich der Argumentation nun angeschlossen. Bereits in den vergangenen Tagen waren die Konten einiger Funktionäre der MB eingefroren worden, das Gericht ordnete auch die Beschlagnahme der Immobilien und des Vermögens der Organisation an. Es ist bisher noch nicht klar, welche Folgen das Urteil für die weitere Arbeit der Partei der MB, der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit (FJP), haben wird. Die Übergangsregierung bemüht sich inzwischen um eine weitere Normalisierung. Die neue Verfassung soll als Entwurf bis Anfang November 2013 vorliegen und danach dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. In weiterer Folge will die Regierung Parlaments- und www.maradentro.at Copyright Mar Adentro 2013 Präsidentschaftswahlen abhalten. Die Armee sah sich inzwischen zu einer offiziellen Erklärung genötigt laut der Armeechef General Al-Sisi nicht als Präsident kandidieren wird. Die Ausgangssperre wurde Ende letzter Woche um zwei Stunden verkürzt und gilt nun von Mitternacht bis 05:00 h. Am Freitag beginnt die Ausgangssperre bereits um 19:00 h. Die Sicherheitslage im Land bleibt weiterhin gespannt: letzte Woche wurden auf U-Bahngleisen in Kairo zwei Sprengsätze gefunden, der Bahnverkehr wurde daraufhin für mehrere Stunden unterbrochen. Ende letzter Woche rückte die Armee in einen Vorort im Westen von Kairo ein aus dem die Polizei Anfang August vertrieben worden war. Die Moslembruderschaft hat inzwischen die ägyptischen Studenten, die nach der Sommerpause gerade ihre Studien wiederaufnehmen, zu zivilem Ungehorsam aufgerufen. Der Reiseveranstalter Thomas Cook will ab dem 30. September wieder Reisen nach Ägypten organisieren, auch DER Touristik wird die ägyptischen Badeorte wieder in sein Programm aufnehmen. Beurteilung: Der Gerichtsbeschluß über das Verbot der Moslembruderschaft gibt der Übergangsregierung und der Armee die Möglichkeit, alle Einrichtungen und Teilorganisationen des Netzwerks aufzulösen, Mitglieder zu verhaften und Vermögen zu beschlagnahmen. Die Regierung dürfte das Urteil zunächst nur teilweise umsetzen und auch als Druckmittel gegen die verbleibenden Reste der MB verwenden. Innerhalb der MB gibt der Beschluß jenen recht, die die Legalisierung der Organisation im März 2013 mit Misstrauen betrachteten und sich gegen eine Öffnung der MB aussprachen. Die Moslembruderschaft gerät dadurch auch intern immer stärker unter Druck. Es ist dzt. noch nicht absehbar, wohin sich die bisherigen Anhänger der Moslembruderschaft wenden werden, zumindest einige davon dürften sich aber radikalisieren und islamistischen Untergrundgruppen zuwenden. Die jüngsten Anschläge bzw. Anschlagsversuche in Kairo könnten in diesem Fall Vorboten einer weiteren Destabilisierung sein. Die Sicherheitslage in Kairo ist weiterhin labil, die Touristengebiete am Roten Meer sind laut jüngsten Meldungen sicher. Irak Im Irak hält die Gewaltwelle weiter an. Allein am vergangenen Samstag kamen insgesamt 104 Menschen bei Anschlägen ums Leben. Am Sonntag lenkte ein Selbstmordattentäter in Kirkuk sein mit Sprengstoff beladenes Auto in einen Wohnbezirk und brachte es dort zur Explosion. Ziele des Angreifers dürften ein kurdischer Beamter und sein christlicher Nachbar gewesen sein, insgesamt wurden bei dem Anschlag 35 Personen verletzt. György Busztin, der stellvertretende UN-Sondergesandte für den Irak, warnte am Sonntag vor Racheakten. Anlass war eine erneute Eskalation der Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten im Großraum Bagdad gewesen. www.maradentro.at Copyright Mar Adentro 2013 Die Sicherheitslage im Irak bleibt insgesamt weiterhin prekär, die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten dürften tendenziell zunehmen. Die Sicherheitslage im Bereich der Flughäfen Erbil und Bagdad ist unverändert. Libyen Die libysche Regierung überprüft derzeit Maßnahmen um den Ölsektor wieder in Gang zu bringen. In den vergangenen Wochen und Monaten hatten Streiks und Werksblockaden immer wieder zu Problemen geführt und die Exporte teilweise fast zum Stillstand gebracht. Die Regierung hat nun angekündigt, die Terminals Mellitah und Zawiya wieder zu aktivieren. Letzte Woche hatte sich Premierminister Zeidan mit der mächtigen Miliz aus Zintan geeinigt, die die Pipelines zu den beiden Terminals blockiert hatte. Die Sicherheitslage in Libyen bleibt weiterhin prekär: im Umfeld des Flughafens von Tripoli stellte die Polizei am 22. September eine siebenköpfige Bande, die gerade ein Auto auf einer Landstraße überfällt. Bei dem anschließenden Feuergefecht werden die sieben Gangmitglieder erschossen. Aus den Berichten über den Vorfall geht nicht hervor, ob die Bande das Auto auf dem Weg zum Internationalen Flughafen überfallen hatte. Die Bedrohungslage im Bereich des Internationalen Flughafens von Tripolis ist unverändert. www.maradentro.at Copyright Mar Adentro 2013 Rest der Welt Kenia Am vergangenen Samstag stürmten zehn bis 15 Kämpfer der somalischen Islamistenmiliz Al-Shabab die Westgate Shopping Mall im Bezirk Westlands in Nairobi. Die Angreifer ließen islamische Besucher flüchten, erschossen mehrere Zivilisten und verschanzten sich schließlich in dem Gebäudekomplex. Die kenianischen Sicherheitskräfte riegelten den Bereich ab und begannen am Sonntag mit mehreren Zugriffe um die Terroristen zu töten und die Geiseln zu befreien. Britische und israelische Spezialisten unterstützten die kenianischen Sondereinsatzkräfte bei der Operation die nach letzten Meldungen noch immer nicht abgeschlossen ist. Insgesamt sind bei dem Vorfall mindestens 68 Menschen ums Leben gekommen, 175 weitere wurden verletzt, mehr als 1.000 konnten rechtzeitig aus dem Einkaufszentrum fliehen. Laut bisherigen Berichten dürften bis zu zehn Attentäter aus dem (westlichen) Ausland stammen, darunter befinden sich angeblich mehrere US-Amerikaner, ein Brite und ein Finne. Der Vorfall stellt den schwersten Anschlag in Kenia seit Jahren dar. Die Al-Shabab-Miliz, deren Basis der Süden von Somalia ist, hat sich bereits zu dem Angriff bekannt. Die kenianischen Streitkräfte hatten in den vergangenen Jahren in Somalia interveniert um die Islamisten der Al-Shabab zurückzudrängen, diese hatte daraufhin mehrere Anschläge in Kenia durchgeführt. Somalische Flüchtlinge im Nordosten von Kenia befürchten nun erneute Übergriffe und Racheaktionen wie nach ähnlichen Vorfällen in den letzten Jahren. www.maradentro.at Copyright Mar Adentro 2013 Der Inhalt dieses Dokuments beruht auf öffentlich zugänglichen Quellen und eigenen Beurteilungen und Eindrücken. Die Beurteilung der Vorfälle erfolgt selbständig durch Maradentro. Maradentro übernimmt keine Gewähr oder Haftung für die Vollständigkeit oder Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen oder Beurteilungen. Für Reisewarnungen und allfällige Ansprüche an Dritte, besonders Versicherungen, sind die Hinweise des Auswärtigen Amts (Deutschland), des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten (Österreich), und des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (Schweiz) bzw. in anderen Staaten der zuständigen staatlichen Stellen maßgeblich. Dieses Dokument bietet eine aktuelle Übersicht über sicherheitsrelevante Ereignisse in für österreichische Wirtschaft relevanten Regionen. Für spezifischere Informationen und Analysen erreichen Sie uns unter [email protected]. Copyright © Mar Adentro 2013 IMPRESSUM: Medieninhaber: Maradentro e.U., Goldschlagstr. 122/25, 1150 Wien, www.maradentro.at, Tel.: 06991 9072097 / Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Helmut Pisecky / Erscheinungsort: Wien / Grundlegende Richtung des Mediums: Mar Adentro bietet unabhängige Informationen zu den Themen Politik, Wirtschaft und internationale Sicherheit www.maradentro.at Copyright Mar Adentro 2013