Kronprinz Ludwig und das Berchtesgadener Land

Transcrição

Kronprinz Ludwig und das Berchtesgadener Land
caltheater. Daneben war Erlwein noch an
der „Großen Kunstausstellung Dresden“
mit 15 Exponaten beteiligt. Einer Berufung
nach Hamburg kam er nicht nach. Im Jahre 1909 öffnete eine weitere Bezirksschule
ihre Pforten, die nach Erlweins Plänen errichtet worden war. Die Innenarchitektur
und die Ausstattung der Repräsentationsräume des Neuen Rathauses aus der Hand
von Hans Erlwein entstanden im selben
Jahr.
„Ehre das überlieferte Gute und schaffe
aus ihm Neues. Was aus der Luft geboren
werden soll, wird niemals gut und neu!“
Nach diesem Grundsatz verfuhr Erlwein
auch bei seiner Tätigkeit in Dresden. Am
2. Juni 1910 wählte der Stadtrat Hans Erlwein zum „Stadtbaurat auf Lebenszeit“.
Die Einweihung des Städtischen Vieh- und
Schlachthofs und weiterer Erlwein-Bauten
konnten gefeiert werden. Erlwein wurde
als Gutachter für die Wiederherstellungsarbeiten am Dresdener Zwinger beauftragt
und erhielt den Titel eines „Honorarprofessors“. Bis 1912 entstanden unter seiner Leitung unter anderem zwei weitere
Schulgebäude, mehrere Kleinwohnungsbauten und der Aussichtspunkt „Wolfshügelturm“. Nebenbei besorgte er die
Innenarchitektur der „Internationalen
Hygieneausstellung Dresden“. In der Zwischenzeit war man in Berlin auf Erlwein
aufmerksam geworden und wollte ihn
abwerben, was ihm seitens der Stadt eine
Gehaltserhöhung einbrachte, um ihn in
Dresden zu halten.
Das wohl prominenteste Gebäude Hans
Erlweins ist das 1911 bis 1913 entstandene
so genannte „Italienische Dörfchen“ am
Theaterplatz, zwischen Semperoper und
Katholischer Hofkirche gelegen. In jenen
Jahren wurde kaum über eine andere Baustelle in Deutschland so viel diskutiert und
in Tageszeitungen und Architekturzeitschriften berichtet. Der Neubau war der
Ersatz für die früher an dieser Stelle vorhandenen Wohnhäuser der italienischen
Steinmetze, die im 18. Jahrhundert am Bau
der Hofkirche beschäftigt waren. Erlwein
hat die schwierige Aufgabe, den Neubau
der Gaststätte optimal in das berühmte Gebäudeensemble einzufügen, hervorragend
gelöst. Es scheint, als sei das „Italienische
Dörfchen“, trotz eigenständiger Architektur schon immer so dagestanden. Das
Gebäude wurde im Februar 1945 durch
Bomben teilweise zerstört. Bereits 1956
begann man mit dem Wiederaufbau. Die
Innenräume wurden in den Neunzigerjahren nach den originalen Plänen Erlweins
rekonstruiert. Neben anderen öffentlichen
Bauten entstand 1913/14 das große Städtische Lagerhaus, welches heute unter dem
Namen „Erlweinspeicher“ bekannt ist. In
den Jahren 2004 bis 2005 wurde es unter
Beibehaltung des denkmalgeschützten Äußeren zu einem Kongress-Hotel umgebaut.
Hans Erlwein starb durch einen Verkehrsunfall am 9. Oktober 1914. Er befand sich auf einem Hilfsgütertransport
für deutsche Soldaten in Amagne-Lucquy
bei Rethel in Frankreich. Nach seinem Tod
wurden 1915 zwei von ihm entworfene
Schulen in Dresden fertiggestellt. Im Jahre
1916 erfolgte die Einweihung von weiteren
Erlwein-Bauten: Die Feuerwache Louisenstraße, die Städtische Fach- und Fortbildungsschule und das Städtische Kunstausstellungsgebäude in der Lennéstraße.
Erlwein hat während seines Wirkens
in Dresden über 120 Bauprojekte geplant
und verwirklicht. Nach den verheerenden
Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg
sind heute noch mehr als 20 davon erhalten. Informationen zu den einzelnen Gebäuden und deren Lage in Dresden bietet
die Internet-Seite www.erlwein-dresden.de.
Hans Erlwein zählt zu den bedeutendsten
Dresdener Persönlichkeiten des 20.Jahrhunderts: Im Jahre 1927 wurde eine Straße nach ihm benannt, und das „Berufliche
Schulzentrum für Bautechnik“ trägt seit
1991 seinen Namen. Seit 1997 wird der
„Erlweinpreis“ für wegweisende und beispielhafte Realisierung öffentlicher Bauvorhaben verliehen.
Der Dokumentarfilm „Hans Erlwein
– Architekt der einfühlsamen Moderne“
Literatur- und Quellenangaben:
Günter Göbel: Hans Erlwein. Der Dresdner
Stadtbaurat. Dresden 1996.
Landeshauptstadt Dresden (Hg.): Hans Erlwein. Stadtbaurat in Dresden 1905-1914. Dresden 1997.
Günter Kloss: Hans Erlwein (1872-1914) Stadtbaurat in Bamberg und Dresden, M. Imhof 2002.
Hans Erlwein um 1912
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78. Jahrgang
Samstag, 30. Januar 2010
Nr. 1
Kronprinz Ludwig und das Berchtesgadener Land
Wittelsbacher ordnete die Gerichtsgrenzen neu - von Kreisheimatpfleger Max Wieser
Ohne Kronprinz Ludwig gäbe es den
Landkreis Berchtesgadener Land in seiner heutigen Form wahrscheinlich nicht.
Die Voraussetzungen für die damaligen
politischen Entscheidungen lieferten
durch seine Planungen Joseph von Utzschneider sowie durch ihre einmaligen
Erfindungen und Ingenieurleistungen
Georg von Reichenbach und Joseph von
Fraunhofer.
Im Frühjahr 1795 hatten Kurfürst Karl
Theodor und der Fürstpropst von Berchtesgaden, Joseph Konrad von Schroffenberg,
den für Bayern so bedeutungsvollen Salinenvertrag abgeschlossen. Damals wurden alle
berchtesgadischen Salinen, Pfannen, Bergrechte und Wälder auf ewige Zeiten an Pfalzbayern überlassen, wofür Bayern erhebliche
Summen bezahlte. Mit dem Abschluss dieses
Vertrages wurde der damalige Administrator des Hauptsalzamtes Berchtesgaden, Joseph von Utzschneider, beauftragt. Der als
ältestes von neun Kindern am 2. 3. 1763 auf
einem Bauerndorf zu Rieden am Staffelsee
geborene Bub besuchte die Lateinschule in
Polling und kam mit Hilfe seines Onkels an
das Gymnasium in München sowie anschließend an die von der Herzogin Maria Anna
geförderte „Marianische Landesakademie“.
Als 1777 Kurfürst Karl Theodor durch Erbfolge die bayerischen Lande zufielen, trat er
mit Vertrag vom 3. 1. 1778 den größten Teil
Bayerns gegen Gebiete in den Niederlanden
an Österreich ab. Österreich ließ darauf sofort
Bayern besetzen. Die Herzogin Maria Anna
und der nächste wittelsbachische Agnat,
Herzog Karl August in Zweibrücken, riefen
den Preußenkönig zur Hilfe. Der 15-jährige
Utzschneider war damals Geheimschreiber
der Herzogin und wurde beauftragt, über
abenteuerliche Wege und Gefahren dieses
Hilfsschreiben zum König nach Berlin zu
bringen. Der bayerische Hilferuf führte damals zum sogenannten Kartoffelkrieg, weil
die beiderseitigen Truppen, ohne das sie einen Schuss abgaben, sich darauf beschränkten, die böhmischen Kartoffeläcker zu plündern. Für Bayern bedeutete der Friede von
Teschen 1779 den Verlust des Innviertels mit
38 Quadratmeilen Landes sowie mit den
Städten Braunau, Schärding und Ried. Es
war die Heimat Thomas Schwanthalers.
Utzschneiders Verdienste brachten ihm
das Wohlwollen der Herzogin. Er besuchte die Universität in Ingolstadt, erhielt 1783
ein Lehramt für Mathematik, Physik und
Kammeralwirtschaft, gründete die erste
Forstschule und regelte die Kultivierung
des Donaumooses. Er endeckte in München
den „armen, halbverhungerten Glasschleifer
Josef Fraunhofer“. Als in München in der
Thiereckstraße, einem Gässchen zwischen
Kaufingerstraße und Dom, das Haus seines Lehrherrn, des Spiegelmachers, am 21.
Juli 1801 einstürzte, blieb der Glaserlehrling Fraunhofer unversehrt. Utzschneider
hatte an der Unglücksstätte den unter den
Trümmern Begrabenen gerettet, anschließend unterstützt und zu theoretischen Studien angeregt. Fraunhofer wurde später von
Utzschneider auf eine glänzende, geniale
Laufbahn geführt. Fraunhofer brachte der
Menschheit den Sternenhimmel näher.
Als am 26. September 1810 der Generalkommissär Graf von Preysing in Salzburg
die ehemalige Fürsterzbischöfliche Residenz
bezog und Graf Lerchenfeld am 27. September den Regierungswechsel offiziell verkündete, fuhr anschließend eine Salzburger Deputation der Landschaft nach München, um
Salzburg „der Huld des neuen Regenten zu
empfehlen“. Die Delegation erhielt von König Maximilian die erfreuliche Mitteilung,
dass Kronprinz Ludwig als Gouverneur
nach Salzburg kommen wird. Der Kronprinz
residierte damals als Repräsentant der Krone
Bayerns im Schloss Mirabell und war offen-
sichtlich über die Verhandlungen um den
Länderschacher der Fürsten im Wiener Kongress (18. 9. 1814 bis 9. 6. 1815) informiert(1).
Deshalb war eine seiner ersten Amtshandlungen eine Neugliederung der Landämter.
Nach dem Originalprotokoll vom 26. Februar 1811 wurde dem kgl. Landrichter von
Ockel im Landgericht Reichenhall mitgeteilt,
dass eine Commission am 2. März 1811 um
9 Uhr früh in Reichenhall eintreffen wird,
um die westlich des Weißbachs befindlichen Untertanen der Salzburger Gemeinde
Gmain mit allen einschlägigen Akten und
Attributen zum Landgericht Reichenhall
einzupflichten(2). Nachdem der „größere
Teil der Gmain“ beim Stadtgericht Salzburg
blieb, verringerte sich die Einwohnerzahl der
„Größeren Gmain“ von einstmals 485 im Jahre 1796 um die 110 Einwohner, die nun zum
Landgericht Reichenhall kamen.
Die Geburtsstunde der heutigen Gemeinde Bayerisch Gmain war somit der 2. März
1811 um 9 Uhr vormittags. Ab dieser Zeit gehörten die westlich des Weißbachs wohnenden Bewohner zum Landgericht Reichenhall. Man hatte anlässlich der Eingliederung
des „kleineren altsalzburgischen Gemeindeanteils“ zum Landgericht Reichenhall sicher gehofft, dass der kürzere Weg von Reichenhall nach Berchtesgaden künftig ohne
Überschreitung eines fremden Territoriums
möglich sein würde. Diese Denkweise wurde
Der Ortskern von Großgmain mit Pfarrkirche, im Hintergrund Bayerisch Gmain.
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Die Gaststätte „Italienisches Dörfchen“von Hans Erlwein vor der Semperoper in Dresden.
hatte 1997 in Dresden Premiere. Zuletzt
wurde 2004 ein Dresdener Schulgebäude
Erlweins in „Hans-Erlwein-Gymnasium“
umbenannt. Dass Hans Erlwein als einer
der bedeutendsten deutschen Architekten
des frühen 20. Jahrhunderts gilt, belegt eine
Reihe von Veröffentlichungen. Mindestens
acht davon stammen aus den Jahren 1901
bis 1914 und befassen sich vornehmlich
mit einzelnen seiner Bauten.
Das Gesamtwerk Erlweins und seine
Bedeutung für die Entwicklung der modernen Architektur haben vier Bücher zum
Inhalt, die seit 1996 erschienen sind. Daneben hatten in den letzten Jahren mehrere
Ausstellungen an seinen Wirkungsstätten
Bamberg und Dresden Erlweins Architektur zum Thema.
Hans Erlweins Ansicht zum Erhalt und
Umgang mit Baudenkmälern mutet selbst
heute noch modern an: „Wenn auch der
Begriff Denkmalpflege, soweit es sich um
die Erhaltung, Ergänzung und Veränderung eines einzelnen Kulturdenkmals handelt, allmählich in Fleisch und Blut unserer Generation übergegangen ist, so fehlt
doch vielen noch Verständnis dafür, dass
man Kunstwerke ruinieren und in ihrer
Wirkung zerstören kann, ohne dass man
sie selbst antastet. Monumente, Gebäude,
Städtebilder, ja ganze Gegenden der Natur
können in ihrem Kunstwert und in ihrer
Bedeutung durch stilistisch und maßstäblich verfehlte Eingriffe in der Umgebung
vernichtet werden.“ Im Juni 2009 ist Dresden das Prädikat „Weltkulturerbe“ wieder
aberkannt worden. Der Grund dafür war
der Bau einer neuen Brücke über die Elbe,
welche nach Meinung der UNESCO zerstörend auf die Landschaft wirkt. Damit sind
Hans Erlweins Gedanken zum Denkmalund Landschaftsschutz aktueller denn je.
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erhärtet, weil die bayerische Generalzolldirektion der irrtümlichen Meinung war, dass
man nun beim Dreisesselwirt kein Mauthaus
mehr benötigte. Man verkaufte es bereits am
28. Mai 1811 um 100 Gulden „zur lebenslangen freien und ungehinderten Benützung an
die verwittibte Baderin Therese Arberl und
deren Bruder Johann Geschwendtner“. Das
Mauthaus diente nun als Badhäusl.
Eine umfangreiche Korrespondenz im
Geheimen Bayerischen Hauptstaatsarchiv
überliefert die Bemühungen von Kronprinz
Ludwig. Er beauftragte bereits im Jahr 1811
den „ersten Registrator bey dem kgl. baierischen General-Kommissariat des SalzachKreises, Franz Xaver Weilmeyr, mit der Erstellung eines Topographischen Lexikons.
Über die Gmain berichtet Weilmeyr:
„Diese Gegend mit zertstreuten Häusern,
durch welche die ehemalige Landesgrenze
von Baiern und Salzburg ging, hat eine gegenwärtige geographische Abteilung mit
34 sehr zerstreuten Häusern, mit 115 Seelen
(Einwohnern) an der Salzburger- und Berchtesgadener Straße, ist eine eigene Gemeinde
(heute Bayerisch Gmain) mit einem Steuerdistrikt, ist noch eine Pfarr, jedoch ohne
Kirch; die große Gmain ist ein Pfarrdorf mit
93 ebenfalls meistens zerstreut liegenden
Häusern, zählt 380 Seelen.“
Aus diesem Lexikon erfahren wir, dass
damals „beide Gmain“ im Landgericht Reichenhall lagen, wobei der Steuerdistrikt
westlich vom Weißbach 115 Seelen und die
„große Gmain“ 380 Seelen, zusammen also
495 Einwohner zählte. Zur Zeit der hochfürstlichen salzburgischen Regierung zählte
die Gmain laut Hübner im Jahr 1796 noch
485 Einwohner. Die Abtrennung der „großen
Gmain“ vom salzburgischen Pfleggericht
Staufeneck erfolgte bereits durch die kurfürstliche Regierung Salzburgs (1803-1806)
am 20. September 1804.
Georg von Reichenbach baut
die Soleleitung
Bereits 1808 und 1809 konnte Georg von
Reichenbach auf Allerhöchsten Befehl das
Produktionsvermögen der Soleleitung von
Reichenhall nach Traunstein durch seine
neuen Solehebungs-Maschinen verbessern.
Die Leitung wurde sogar bis Rosenheim
verlängert. Wenn Berchtesgaden heute zu
Bayern gehört, dann vor allem aufgrund des
von Utzschneider zum Abschluss gebrachten Salinen-Vertrags. Natürlich hatte das
Erzstift Salzburg gegen diesen Vertrag Klage
erhoben, doch wegen der politischen und
kriegerischen Verhältnisse konnte bis 1810
keine Klärung erreicht werden. Erst am 19.
September 1810 wurde Maximilian Joseph,
seit 1. Januar 1806 König, nicht nur Besitzer
der Salinen, sondern zugleich Herr im Berchtesgadener Landl.
Mit dem Anschluss der Fürstpropstei
Berchtesgaden an das Königreich Bayern
war das gesamte bayerische Salzwesen in
einem Vierstädteverband vereinigt, der
Berchtesgaden, Reichenhall, Traunstein und
Rosenheim umfasste. Obwohl Berchtesgaden seit 1810 zum Königreich gehörte, waren
die Besitz- und Territorialverhältnisse über
die Wegstrecke von Reichenhall über den
Hallthurm nach Berchtesgaden noch sehr
umstritten. Dieser so genannte Hallthurmer
Spitz wurde nach einer Vereinbarung zu Verona 1816 Bayern zugesprochen. Trotzdem
wagte man nicht den Bau der Soleleitung(3)
über den Hallthurm, sondern man plante
den Umweg über das Wachterl.
Wegen der Finanznot sollten damals die
Salinen verpachtet werden, doch Utzschneider war anderer Meinung und machte Vorschläge zur wirtschaftlichen Verbesserung
und Erweiterung der Salinenbetriebe. Er
gründete 1811 die Staatsschuldentilgungskommision. Utzschneider wurde 1807 zum
Generaladministrator der Salinen bestellt
und schuf die große Steuer-Kataster-Kommission zur Durchführung einer genauen
Landesvermessung mit Einschätzung der
Grundstücke nach ihrer Bonität. Joseph
Utzschneider, Menschenfreund, praktischer
Volkswirt und Unternehmer, geriet in Konflikt mit dem allmächtigen Minister Graf
Montgelas, trat vorübergehend aus dem
Staatsdienst aus und befasste sich mit Privatunternehmungen. Er gründete die erste
Zuckerfabrik in Bayern, trat in den Kommunaldienst, wurde Bürgermeister der
Stadt München, verzichtete auf Gehalt und
gründete das „Mathematisch-Mechanische
Institut von Reichenbach, Utzschneider und
Liebherr“. Dazu holte Utzschneider seinen
Schützling, den „armen Glasschleifer aus der
Thiereckgasse“, auf sein Gut in Benediktbeuern und gründete mit Liebherr, Reichenbach
und Joseph von Fraunhofer die Optischen
Werkstätten. Sie erreichten mit den astronomischen Geräten und Linsen für Ferngläser
Weltruhm.
Die Sorge um die Verbindung der Soleleitung vom Salzbergwerk Berchtesgaden nach
Reichenhall über den Hallthurm nach Berchtesgaden war verständlich, weil 14 Tage nach
dem Münchner Vertrag vom 14. April 1816
die westlich der Saalach-Salzach gelegenen
Gebiete endgültig zu Bayern gekommen waren. Der Spitz am Hallthurm lag nun auf österreichischem Territorium. Deshalb erteilte
der König den Befehl, dass der „Salzbergbau
zu Berchtesgaden durch eine ganz auf bayerischem Gebiet anzulegende Straße und die
Soleleitung mit den altvaterländischen Salinen über die Schwarzbachwacht nach Reichenhall in Verbindung gesetzt werde“. Man
nahm daher für die Soleleitung den Umweg
von 29 Kilometern in Kauf. Bis 1961 war diese Soleleitung vom Salzbergwerk über das
Wachterl in Betrieb.
In einer großartigen Ingenieurleistung
ohne Strom, nur mit Hilfe des Aufschlagwassers, führte Georg von Reichenbach die
Sole mittels seiner Wassersäulenmaschine vom Salzbergwerk Berchtesgaden über
Ramsau und Ilsank zum Brunnhaus beim
Söldenköpfl auf eine Höhe von 976 m und
führte die Soleleitung bis zum Brunnhaus
Schwarzbachwacht. Sie fällt dann rasch ab
zum Brunnhaus Jettenberg und von dort
zum Hauptbrunnhaus in Reichenhall. In der
für die damaligen Zeitverhältnisse unglaublichen kurzen Zeit von 20 Monaten hatte
Georg von Reichenbach diese Soleleitung gebaut, so dass der General-Administrator von
Flurl am 16. Dezember 1817 „Seine Majestät
den König und den königlichen Salinenrat
von der Vollendung dieses Werkes in Kenntnis setzen konnte“. Die technische Leistung
erregte allseits eine Bewunderung. Auch der
Soleleitungsweg freut heute noch alle Naturfreunde. Er zählt zu den schönsten Wanderwegen im Berchtesgadener Land. Der
Generaladministrator Joseph von Utzschnei-
der ließ zum Andenken seines Freundes Reichenbach als Bürgermeister von München
in den Arkaden des südlichen Friedhofs in
München die Worte schreiben: „Sein Name
genügt. Sein Denkmal sind seine Werke“.
König Ludwig I. hatte im Regierungsblatt
vom 5. 2. 1829 einen ehrenden Nachruf veröffentlicht, und in der Ruhmeshalle oberhalb
der Theresienwiese verweisen an seiner Büste die Worte auf „Georg von Reichenbach,
Mechaniker“.
Die endgültigen Grenzverhältnisse
am Spitz Hallthurm
Neue außenpolitische Veränderungen
zwangen Bayern unter dem militärischen
Druck Österreichs laut Münchner Vertrag
von 1816 dazu, nicht nur den „Großen Teil
der Gmain mit Pfarrkirche“, sondern auch
Stadt und Land Salzburg an das Herrscherhaus der Habsburger abzutreten. Das ehemalige hochfürstliche Erzstift Salzburg wurde damals endgültig dem Land Österreich
eingegliedert. Ab diesem Zeitpunkt gab es
wieder Probleme an der nun österreichischen Staatsgrenze. Da es nun endgültig
einen österreichischen Teil der Gemeinde
Gmain gab, wurde nun zur „Großgmain“
eine Grenzmaut notwendig, weil ja der westliche Teil vom Weißbach bei dem Landgericht Reichenhall verblieb.
Hatten die Gmainer von der „größeren
Gmain“ die wirtschaftlich all die Jahrhunderte aufgrund der topographischen Lage nach
Reichenhall orientiert waren, diese Straßenverbindung ohne Grenzkontrolle am Weißbach überschritten, wurde dies im Jahr 1829
grundlegend und einschneidend anders. Am
6. Dezember 1828 wurde nämlich auf „allerhöchste Verfügung der Baugrund zum Zollhaus, an der Landesgrenze, das Grundstück
mit der damaligen Plan Nr. 28 1/2 vom Simon Gerl, Griesmeister zu Gmain, laut Protokoll vom 10. August 1828 um 50 Gulden
gekauft, worauf das neue Zollhäusl im Jahr
1829 gebaut wurde“(4).
Aus einem Reisebericht vom Jahre 1827
anläßlich einer Denkmalseinweihung in der
Stiftskirche in Berchtesgaden am 8. Juli 1826
erfahren wir etwas über diese neuen Wegverhältnisse von Reichenhall über österreichisches Territorium nach Berchtesgaden. Jetzt
wurde neben der Soleleitungsverbindung
auch eine befahrbare Straße notwendig.
Nachdem dies ein interessanter Zeitspiegel
ist, hier die Zeilen eines „Kurgastes“:
„Als Salzburg im Jahre 1816 von Bayern
getrennt und der Krone Österreichs einverleibt wurde, ward auf der nordwestlichen
Seite von Berchtolsgaden die Grenze so weit
zwischen diesem und Reichenhall hineingerückt, daß dieselbe eine kurze Strecke bei
der salzburgischen Gmain die Straße überschritt und dadurch die unmittelbare Verbindung zwischen beiden bayerischen Orten
(Reichenhall - Berchtesgaden) abgeschnitten
wurde. Bald waren die Folgen hiervon fühlbar. Die Störung des freien Verkehrs durch
den strengen benachbarten Mautkondorn
brachte Berchtolsgaden sehr nachteilige
Folgen, besonders hinsichtlich der Salzexpedition. Sogleich wurde von Sr. Majestät der
Befehl zur Erbauung einer neuen Freistraße
über Schwarzbachwacht nach Reichenhall
erteilt. Nach Verlauf von wenigen Wochen
war dieser Weg für schwerste Fuhrwerke
in schöner, dauerhafter Anlage sicher be-
fahrbar, und sogleich wird die ehemalige
kürzere Straße über Gmain von den eingetretenen Belästigungen entfesselt, und der
freie Verkehr wieder hergestellt“. Nach einer
originalen Planzeichnung des Statistisch topographischen Bureaus Utzschneider vom
Jahre 1816 sieht man den Spitz Hallthurm mit
Grenzverlauf sowie die „neu anzulegende
Straße von Reichenhall längs dem SchwarzBach über Schwarzbach-Wacht nach Berchtesgaden. Die Wegstrecke von Reichenhall
bis zum Schwarzbach betrug zweieinviertel
Stunden, bis Schwarzbachwacht dreidreiviertel, nach Ramsau fünf und bis Berchtesgaden sieben Stunden. Von Reichenhall am
dermaligen Weg über die Wacht sind es viereinhalb Stunden.“
Wegen altersbedingter Störanfälligkeit
wurde diese alte Soleleitung, die bis 1961 in
Betrieb war, ersetzt. Baubeginn einer neuen
Verbindung vom Salzbergwerk Berchtesgaden zur Saline nach Bad Reichenhall war am
10.10.1960. Die Berchtesgadener Sole erreichte in zwei nebeneinander verlegten Rohrleitungen durch die kürzere, 19 Kilometer lange
Wegstrecke über Hallthurm am 25. 9. 1961
die Saline in Reichenhall.
Weil einige Punkte bezüglich der Landesgrenze am Hallthurmer Spitz weiterhin umstritten waren, sollten sobald wie möglich
Verhandlungen aufgenommen werden, um
diese Streitigkeiten für immer zu beseitigen.
Allerdings konnten erst nach 35 Jahren diese
Territorialverhandlungen zwischen Bayern
und Österreich wieder aufgenommen werden, um die Übelstände im Zuge einer gemeinsamen Grenzlinie festzulegen. So wurde
am 2. Dezember 1851 beschlossen und im
Reichsgesetzblatt Nr. 130 von 1852 veröffentlicht, dass die Grenzlinie zwischen Österreich
und Bayern beim sogenannten Hallthurmer
Spitz künftig eine Linie rechtsseitig der Straße - in Richtung von Berchtesgaden nach Reichenhall - vom Grenzpunkt am Fuchsstein
ausgehend und von dort in paralleler Richtung mit der Straße dem Lauf des Röthelbachs folgend bis dahin verläuft, wo sich
von dort aus in gerader Richtung eine Linie
auf das bayerische Mauthaus zwischen den
Grenzsteinen Nr. XLVI und XLV zur Grenze
des Landgerichts Reichenhall ziehen lässt.
Im Gegenzug überließ Bayern Österreich
diesen einen Einschnitt im österreichischem
Territorium bildenen Gebietsteil, die so genannte Freistraße bei Marzoll zwischen
Großgmain und dem Walserberg, indem
diese Freistraße künftig zum östereichischen
Staatsgebiet gehört und die Grenze - in Richtung von Großgmain zum Walserberg - linksseitig dieser Straße verlaufen soll. Wenn man
bedenkt, dass 35 Jahre vergingen, bis diese
kleine Grenzregulierung am Hallthurm Fuchsstein - Dreisesselberg und Weißbach
vorgenommen wurde, so wäre es sicher zu
keiner Grenzberichtigung gekommen, wenn
die altsalzburgische Gmain nicht vor dem
Wiener Kongress am 2. März 1811 durch
die kgl. bayerische Installations- und Extraditions-Kommission auf Wunsch des Kronprinzen Ludwig geteilt worden wäre. Für
die Kurstadt Bad Reichenhall würde das bedeuten, dass die Gemeindegrenze zwischen
Bad Reichenhall und der heutigen „Bayerisch
Gmain“ die Staatsgrenze zu Östereich wäre.
Ebensowenig gäbe es ohne die Vorplanungen
von Joseph von Utzschneider den heutigen
Landkreis Berchtesgadener Land.
Literatur: “Das Berchtesgadener Land im Wandel derZeit”, Ergänzungsband I/S 445 ff (1982)
Koch-Sternfeld; “Die deutschen, insbesondere
die bayerischen und österreichischen Salzwerke”
Klaiber, Hans; Präsident a. D. der Bayerischen
Berg-, Hütten- und Salzwerke, “Die bayerischen
Salinen”
Pichler; “Salzburgs Landesgeschichte”, 1865
Spindler; “Handbuch der bayerischen Geschichte”, 6. Bd.
Unbekanntes Bayern, Bd.3, S. 201, Süddeutscher
Verlag, Kassette
Quellen:
(1)
Geh. HstA Mü MA 1 146/168 ff
(2)
StA Mü AR 929/Fasz. 38
(3)
Geh. StA Mü, Plan von Carl Elmert 1816
(4)
Liquidationsprotokolle der Steuer-Gemeinde
Gmain 1830
Bayerisch Gmainer schuf das „Italienische Dörfchen“
Der Architekt Hans Erlwein prägte das Stadtbild Dresdens - von Andreas Hirsch
Das Altstadt-Ensemble von Dresden
ist 2004 von der UNESCO in die Liste
der Weltkulturerbestätten aufgenommen worden. Zum Ruhm der sächsischen Hauptstadt als Zentrum von
Kunst und Architektur hat nicht zuletzt
der aus Kammer bei Traunstein stammende Bildhauer Balthasar Permoser
(1651-1732) maßgeblich beigetragen,
stammt doch unter anderem der plastische Schmuck am berühmten Dresdener Zwinger aus seiner Hand. Dass jedoch rund 200 Jahre später ein weiterer
Bayer das Erscheinungsbild von „Elbflorenz“ in weitaus stärkerem Maße geprägt hat, ist außerhalb Dresdens kaum
bekannt.
Johann Jakob Erlwein kam am 13. Juni
1872 in Bayerisch Gmain zur Welt und
wurde einen Tag später in der katholischen
Pfarrkirche St. Zeno in Bad Reichenhall
evangelisch getauft. Seine Eltern betrieben die Ausflugsgaststätte „Zur schönen
Aussicht“ in Bayerisch Gmain. Der Vater
Johann Erlwein stammte aus Neustadt an
der Aisch in Franken, die Mutter Elisabeth,
geborene Ziegler, aus Freising. Von den
fünf Geschwistern Hans Erlweins kamen
zwei noch in Bad Reichenhall zur Welt.
Danach pachteten seine Eltern eine Gaststätte in München, wo Hans Erlwein ab
1878 die Volks- und Realschule sowie die
Industrieschule besuchte. Von 1893 bis
1897 absolvierte er ein Architekturstudium
an der Königlich Bayerischen Technischen
Hochschule bei dem bekannten Architekten Gabriel Seidl (1848-1913). Nach seinem
Abschluss als Diplomingenieur machte er
ein Staatsbaupraktikum in München und
war dann kurze Zeit als Bauassessor in
Amberg tätig. Am 31. Oktober 1898 kam
sein einziges Kind, Elisabeth, in München
zur Welt. Nachdem Erlwein im März 1899
sein Praktisches Regierungs-Baumeisterexamen als Diplomarchitekt abgeschlossen
hatte, heiratete er die Mutter seines Kindes,
Maria Viktoria Hirsch, am 15. Juli in München.
Ein Jahr später wurde er zum Stadtbaurat und technischen Mitglied des Magistrats in Bamberg bestellt. Als Chef des gesamten Bauwesens waren ihm Hoch- und
Tiefbau sowie das Dezernat der Baupolizei unterstellt. Der erst 26-Jährige wurde
durch sein besonders ausgeprägtes Selbstbewusstsein, aber auch wegen seiner Leistungsfähigkeit und seines diplomatischen
Geschicks bald zu einem der einflussreichsten Männer der Stadt. „Es gibt kein
Stadtbauamt mehr, sondern nur noch einen
Stadtbaurat “, meinten Erlweins Kritiker
dazu resignierend. In den sechs Jahren seines Wirkens in Bamberg entstanden nach
seinen Plänen 26 Projekte mit mehr als 60
Einzelbauten. Darunter sind in architektonischer Hinsicht vor allem das Chirurgische Krankenhaus (seit 1991 Stadtarchiv),
der Schlachthof und das Städtische Elektrizitätswerk (seit 1988 Volkshochschule)
bemerkenswert.
Erlwein wollte einen sinnvollen Anschluss an die lokalen Bautraditionen finden und die überlieferten Motive weiter-
entwickeln. Der Versuch, neue Bauten auf
diese Weise in die historische Umgebung
zu integrieren, ist ihm gelungen. Nachdem
Hans Erlwein eine Berufung nach Frankfurt 1903 abgelehnt hatte, nahm er im Jahre
1905 das Angebot an, Stadtbaurat und Vorsitzender des Hochbauamtes in Dresden
zu werden. Als solcher war seine Hauptaufgabe der Umbau Dresdens zur Großstadt, was unter anderem bedeutete, die
Stadt mit technischen Versorgungseinrichtungen zu versehen. Daneben schuf er 1906
die Innenarchitektur für die „III. Deutsche
Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden“.
Erlwein war Gründungsmitglied und
Vorsitzender der Künstlervereinigung
„Die Zunft“, wo er engen Kontakt mit bedeutenden Künstlern in Dresden pflegte.
1907 wurden nach Hans Erlweins Plänen
errichtete Gebäude wie das der Stadtsparkasse, die Bezirksschule in der Haydngasse und die Feuerwache Schlüterstraße eingeweiht. Im gleichen Jahr wurde unter der
Mitwirkung von Erlwein der „Deutsche
Werkbund“ in München ins Leben gerufen. Ihrer Bestimmung übergeben werden
konnten im Jahr darauf die von Erlwein
entworfenen Bauten des Stadthauses Löbtauer Straße, ein Wasserwerk und der 86
Meter hohe Gasbehälter im Stadtteil Reick.
Dieser gilt als erste sich selbst tragende
Stahlbetonkonstruktion Europas, wurde
aber seit seiner Stilllegung 1973 dem Verfall überlassen. Im Jahr 1998 entfernte man
die Dachkonstruktion als Vorbereitung für
einen geplanten Umbau zu einem Musi-