Bericht zur Sitzung des Wissenschaftlichen Beirats
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Bericht zur Sitzung des Wissenschaftlichen Beirats
Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen Bericht zur Sitzung des Wissenschaftlichen Beirats 27.05.2014 1 Inhaltsübersicht 1. Einleitung……………………………………………………………………………………………4 2. Finanzierung der Teilbereiche des LIFE-Forschungszentrums……………………………….5 3. Zusammenstellung der bisherigen Ergebnisse…………………………………………………6 3.1 Erwachsenenkohorte LIFE-ADULT……………………………………………………........6 3.2 Teilkohorte Adult Demenz……………………………………………………………….....18 3.3 Teilkohorte Adult Depression………………………………………………………………21 3.4 LIFE Health Child und LIFE Pregnancy/Birth sowie LIFE Obesity Child………………23 3.5 Kohorte LIFE-CHILD Depression…………………………………………………………..68 3.6 LIFE HEART (Leipziger Herzstudie)……………………………………………………… 82 3.7 LIFE Kohorte HNO-Tumore…………………………………………………………………91 4. Klinische Chemie, Biobank und genetische Analytik…………………………………………94 4.1 Klinische Labordiagnostik…………………………………………………………………...94 4.2 Biobank………………………………………………………………………………………100 4.3 Genom- und Transkriptomanalytik………………………………………………………..103 5. LIFE-Datenmanagement und Forschungsdatenbank……………………………………….106 6. LIFE-Bioinformatik……………………………………………………………………………....111 7. LIFE-Function-Projekte…………………………………………………………………………114 8. Publikationen seit 2012 mit LIFE-Beteiligung………………………………………………..115 2 Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen - LIFE Förderung des Freistaats, des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäischen Sozialfonds (ESF) für Nachwuchsforschergruppen Projekt der Sächsischen Landesexzellenzinitiative Sprecher des LIFE-Vorstandes Prof. Dr. med. Joachim Thiery Medizinische Fakultät Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universitätsklinikum Leipzig (Direktor) Prof. Dr. med. Markus Löffler Medizinische Fakultät Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig (Direktor), Interdisziplinäres Zentrum für Bioinformatik, Universität Leipzig (wissenschaftlicher Sprecher), Klinisches Studienzentrum Leipzig, Universität Leipzig (wissenschaftlicher Geschäftsführer) Projektlaufzeit: 08/2009 – 12/2014 Finanzierung: LIFE wird aus Mitteln der Europäischen Union (34,8 Millionen Euro aus dem sächsischen EFRE-Programm; 2,2 Millionen Euro ESF für Nach wuchsforscher) und des Freistaates Sachsen (5,7 Millionen Euro) gefördert. LIFE ist das größte wissenschaftliche Vorhaben der Sächsischen Landesexzellenzinitiative. Drittmittelstellen: 135 Redaktion: Dr. Matthias Nüchter 3 1. Einleitung Das eine Vielzahl von Krankheitsbildern umfassende Gebiet der Zivilisationserkrankungen ist seit mehreren Jahren ein zentraler Forschungsschwerpunkt der Leipziger Universitätsmedizin. Über 150 Wissenschaftler der Universität Leipzig, des Universitätsklinikums und des Herzzentrums, des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Leipziger Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (CNS) arbeiten derzeit im Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen LIFE. Innerhalb des sich aus LIFE schrittweise bildenden Hochtechnologieclusters werden genom-, transkriptom- und metabolomweite Untersuchungen unter Einbeziehung modernster Bildgebungsverfahren (MRT, EEG u. a. m.) durchgeführt. Dazu wird die vorhandene wissenschaftliche Kompetenz der Universität und ihrer wissenschaftlichen Partner auf den Zukunftsgebieten der Biomedizin und Biotechnologie zu einem international kompetitiven Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen ausgebaut, um die raschen Erkenntnisgewinne der modernen Biowissenschaften effizient nutzen zu können. Um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, werden in der Bevölkerung und in krankheitsbezogenen Populationen differenzierte Analysen unter verstärkter Berücksichtigung von Umwelt und Lebensstil durchgeführt. Identifizierte molekulare Varianten und Faktoren werden innerhalb des Forschungskomplexes in ihrer Struktur und systemischen Funktion aufgeklärt, um neue diagnostische und therapeutische Anwendungen zu entwickeln. Leistungsfähiges Datenmanagement und Biobanking ist für diese Arbeiten unabdingbar. Es wird erwartet, dass die anwendungsorientierte Weiterentwicklung von Dienstleistungen, Verfahren und Produkten zur Früherkennung, Diagnose und Therapie dieser Krankheiten im Verbund mit Unternehmen aus den Branchen Biotechnologie, Diagnostik und Medizintechnik zu einem Entwicklungsschub in der Region führen wird. Es ist mit einem großen Interesse der Gesundheitswirtschaft und der Versicherungsbranche (Krankenkassen, Versicherungen usw.) an den Ergebnissen der Untersuchungen zu rechnen, da wegweisende Trends in Public Health offengelegt werden und wesentliche Fragestellungen der Zukunftsgestaltung im Gesundheitssektor aus LIFE heraus beantwortet werden können. Das Vorhaben schafft somit sehr gute Voraussetzungen für Industriekooperationen, Firmengründungen und weiterführende Drittmitteleinwerbungen. Grundlegender Bestandteil des LIFE-Forschungszentrums ist ein in dieser Art einmaliges Rekrutierungsprogramm. Aktuell (15.05.14) sind etwa 8.800 erwachsene Probanden und 3.900 Neugeborene, Kinder und Jugendliche teilweise mit den Eltern (Pilotstudien und Hauptkohorten) und rund 7.000 Erkrankte in die Kohorten eingeschlossen mit Schwerpunkt Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie etwa 800 Kinder mit affektiven Störungen in die Kohorten eingeschlossen und in die Gesamtstudie integriert. Die direkte Verfügbarkeit einer zentralen Proben- und Datenbank und die unmittelbare Nutzung von Biometrie und Bioinformatik vor Ort sichern eine interdisziplinäre und transsektorielle Zusammenarbeit und gewährleisten eine erfolgreiche Durchführung des Projekts. Das Vorhaben ist darauf angelegt, die Universität Leipzig als ein führendes Forschungszentrum in Deutschland für Zivilisationserkrankungen über das gesamte Alterspektrum zu etablieren, die interdisziplinäre Vernetzung weiter voranzutreiben und auf diesem Gebieten international höchstes Niveau zu erreichen. Die Universität Leipzig fördert dies u. a. mit der Forschungsprofillinie „Zivilisationserkrankungen - Modern Diseases“. 4 Das derzeitige Programm des LIFE-Forschungszentrums umfasst sowohl die Rekrutierung der Probanden als auch alle Schritte der Analytik bis zur Datenauswertung, der sich daraus ergebenden Grundlagenforschung und der Entwicklung von innovationen Verwertungsansätzen in einem interdisziplinären Netzwerk, welches derzeit etwa 250 persönliche LIFEMitglieder umfasst. Etwa 150 unterschiedliche Projekte zur Auswertung der erhobenen Daten werden aktuell bearbeitet. Aus den Ergebnissen des LIFE-Forschungszentrums sind derzeit rund 170 Publikationen sowie eine Vielzahl an Vorträgen und Postern auf nationalen und internationalen Tagungen entstanden, wodurch LIFE auch international bereits einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat und zur Mitarbeit in nationalen und internationalen Forschungsverbünden eingeladen wurde (Nationale Kohorte, European Birth Cohort, GIANT, EGG). 2. Finanzierung der Teilbereiche des LIFE-Forschungszentrums In den folgenden beiden Tabellen ist die jetzt absehbare Finanzierungstruktur des LIFEForschungszentrums bis 12/2014 (Ende der 1. Finanzierungsphase) zusammengestellt. Tabelle 1: Finanzierungsstruktur der Teilbereiche des LIFE-Forschungszentrums Projekte Anteil in Mill. € Anteil in % Kohortenrekrutierung 11,767 27,54 Analytik, Biobank, Genanalytik, MRT 8,816 20,63 (1) Investitionen 7,168 16,78 Professoren und NWG, ESF-Gruppen 6,180 14,46 Function-Projekte 3,279 7,67 (2) Management inkl. Versicherungen 3,053 7,15 IT, Biometrie, Datenbank 2,461 5,76 Summe 42,724 100,00 (1) (2) inkl. zusätzliche 2,46 Mill € für Investitionen in 2014 Probanden- und Wegeunfallversicherungen für die LIFE-Kohorten Die Rekrutierung der Kohorten umfasst erwartungsgemäß den größten Ausgabeposten und wird in Tabelle 2 nochmals weiter auf die Einzelkohorten aufgeschlüsselt. Tabelle 2: Finanzierung der LIFE-Kohorten Kohorten Anteil in Mill. € (1) A1 Health Adult 4,273 A2 Child Health + B1Child Obesity 3,394 B3 Heart 0,859 B4A Child Depression 0,987 B4B Adult Depression 0,914 B5 Adult Demenz 0,706 B6 Chronic Pancreatitis 0,025 B7 Head and Neck Cancer 0,609 11,767 Anteil in % 36,31% 28,84% 7,30% 8,39% 7,77% 6,00% 0,21% 5,18% 100,00% (1) inkl. Probandenentschädigung, Probandenverpflegung und med. Verbrauch für die Teilkohorten Adult Depression und Adult Demenz 5 Im Folgenden sind die wichtigsten Ergebnisse der Kohorten ADULT und CHILD ergänzt mit einigen Resultaten aus der Bioinformatik und Analytik zusammengestellt. 3. Zusammenstellung der bisherigen Ergebnisse 3.1. Erwachsenenkohorte LIFE-ADULT Dieser Teil des Berichts (Pkt. 3.1 – 3.3) wurde von Frau Dr. Kerstin Wirkner, Dr. Tobias Luck und Dr. Chrstian Sander unter der Projektleitung von Prof. Dr. Markus Löffler verfasst. Die Teilprojektleitung für den Pkt. 3.2 (Adult Demenz) liegt bei Frau Prof. Dr. Steffi Riedel-Heller und Prof. Dr. Arno Villringer und für den Pkt. 3.3. bei Prof. Dr. Ulrich Hegerl. Zum Aufbau der LIFE- Adult-Kohorte und zur Programmerstellung sei auf den Bericht zur Evaluierung des LIFE-Forschungszentrums vom Februar 2012 verwiesen. Im Zentrum der Arbeiten steht die Rekrutierung der Erwachsenenkohorte des LIFEForschungszentrums (bevölkerungsbezogene Kohorte mit 10.000 Erwachsenen). Das Hauptanliegen der Studie liegt in der Untersuchung der prognostischen Rolle von frühen pathologischen Veränderungen für den weiteren Verlauf einer Erkrankung, der Aufklärung der Heterogenität von Erkrankungen und der Lieferung von Beiträgen zur Herstellung von neuen frühdiagnostischen Verfahren. 3.1.1 Wichtige Fragestellungen in der LIFE-ADULT-Studie Kognition und Demenz Ein zentrales Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die frühen Formen der altersbedingten kognitiven Störungen zu erhalten, deren Verlauf zu erfassen, frühe Indikatoren für eine Entwicklung zur Demenz zu identifizieren und Determinanten dieser Dynamik zu erfassen, um so Hinweise auf mögliche verzögernde Interventionen zu erhalten. Die Fragestellungen sind im Einzelnen: • Bestimmung der Inzidenz von demenziellen Erkrankungen und deren Vorstufen wie subjektiver Gedächtnisbeeinträchtigungen (Subjective Cognitive Impairment/SCI) und leichter kognitiver Störungen (Mild Cognitive Impairment/MCI) • Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die Entwicklung • Art und Umfang von hirnstrukturellen und neurobiologisch funktionellen Veränderungen im Verlauf • Einfluss von kardiovaskulären Erkrankungen auf die Entwicklung kognitiver Störungen und demenzieller Erkrankungen • Bedeutung von Lebensstilfaktoren für die Entwicklung kognitiver Störungen: - sozial-emotional-kognitiv anregende Umgebung an der Arbeitsstelle (z. B. hohe exekutiven Anforderungen) und im privaten Leben (z. B. hohes soziales Netzwerk) - psychosoziale Belastungen der Arbeitswelt Phänotypisierungsmethode: Neben umfangreichen kognitiven Testbatterien wird ein 3 Tesla Hirn-MRT mit hochauflösenden Sequenzen (morphometrisch, resting state, DTI) durchgeführt. 6 Depression Ein zweites zentrales Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die frühen Formen der altersbedingten depressiven Symptomatik und Depression zu erhalten, deren Verlauf zu erfassen, frühe Indikatoren für eine Entwicklung zur Depression und Determinante dieser Dynamik zu identifizieren, um so Ansätze für rechtzeitige Interventionen zu erfassen. Die Fragestellungen sind im Einzelnen: • Bestimmung der Inzidenz von depressiven Symptomen und Depression im Verlauf • Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die Dynamik • Marker zur Abgrenzung von Depression und Demenz voneinander • Zusammenhang der Depression mit der Kontrolle des Schlaf-Wach-Rhythmus (Vigilanzregulation) • Art und Umfang von hirnstrukturellen und neurobiologisch funktionellen Veränderungen im Zusammenhang mit Depression • Zusammenhang zwischen kardiovaskulären und depressiven Störungen (z. B. Depression bei Herzinsuffizienz) • Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Entwicklung depressiver Symptome (z. B. soziales Netzwerk/soziale Isolation) • Analyse des Einflusses depressiver Symptomatik bzw. verschiedener Verläufe von depressiven Symptomen (Chronizität, Remission etc.) auf die Entwicklung anderer Erkrankungen (kognitive Störungen, kardiovaskuläre Erkankungen, Adipositas) Phänotypisierungsmethoden: Neben umfangreichen Testbatterien zu depressiver Symptomatik, wird ein diagnostisches Instrument zur Depression (SKID) eingesetzt. Es findet eine umfangreiche EEG-Untersuchung (Vigilanzregulation, EKP, ERP) und eine Quantifizierung der Schlafdauer mittels 7d-Aktometrie statt. Stoffwechselerkrankungen und Adipositas Ein weiteres zentrales Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die unterschiedlichen Formen der Energie- und Fettstoffwechselstörungen und insbesondere der Adipositas zu erlangen, deren Verlauf zu erfassen und Determinanten dieser Dynamik zu erfassen. Die Fragestellungen sind im Einzelnen: • Bestimmung der Ausprägung der Adipositas und Einteilung der Adipositas in verschiedene anthropometrisch abgrenzbare Formen mittels Bildgebungsverfahren • Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die Dynamik der Entwicklung der verschiedenen Adipositasformen • Analyse des Einflusses der Kontrolle des Essverhaltens auf die Adipositasentwicklung • Art und Umfang von hirnstrukturellen und neurobiologisch funktionellen Veränderungen im Zusammenhang mit Adipositas (z. B. Belohnungssysteme) • Zusammenhang der Adipositas mit Depression und dem Schlaf-Wach-Rhythmus • Zusammenhang der verschiedenen Adipositasformen mit Störungen des Insulinstoffwechsels (Diabetes, metabolisches Syndrom) und des Fettstoffwechsels • Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Dynamik der Adipositas (z. B. soziales Netzwerk/soziale Isolation, physische Aktivität) Phänotypisierungsmethoden: Neben umfangreichen Erhebungen zu Lebensstilen, sozialer Umwelt, wird die Fähigkeit zur Esskontrolle erfasst. Der Bodyshape mit einem 3D-BodyScan 7 gemessen, der zur Klassifikation der Adipositasformen eingesetzt wird. In einer Teilgruppe von 1200 Probanden wurde das viszerale Bauchfett mittels MRI bestimmt, in einer anderen Teilgruppe wurde physische Aktivität mittels 7d-Aktigraphie erfasst. Außerdem werden umfangreiche Bestimmungen von Insulin-, Lipid- , Hormon und Adipokinlaborparametern durchgeführt. Kardiovaskuläres System Ein wichtiges Thema der LIFE-ADULT-Studie ist es, einen tieferen Einblick in die unterschiedlichen Formen der Störungen des kardialen und vaskulären Systems zu erlangen, deren Verlauf zu erfassen und dessen Determinanten zu identifizieren. Die Fragestellungen sind im Einzelnen: • Bestimmung der Ausprägung der Gefäßveränderungen und ihrer Dynamik sowie den Zusammenhang mit diabetischer Stoffwechsellage und Bluthochdruck • Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die Dynamik der Entwicklung der verschiedenen Gefäßveränderungen (Plaquebildung an der A Carotis, Pulswellengeschwindigkeit) • Zusammenhang der Gefäßveränderungen mit Insulinstoffwechsel, Fettstoffwechsel, Inflammation und Aktivierungen des Gerinnungssystems • Zusammenhang von hirnstrukturellen Veränderungen mit Gefäßläsionen und deren Dynamik (z. B. White matter lession-Hirnmikroinfarkte) • Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Dynamik der Gefäßveränderungen (z. B. Diät, physische Aktivität, Schlafverhalten) • Bestimmung der Störungen der Herzfunktion im Zusammenhang mit Adipositas und Bluthochdruck • Bestimmung der Inzidenz von Repolarisationsstörungen • Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die Dynamik der Entwicklung der verschiedenen Funktionsänderungen (Herzinsuffizienz, Repolarisation) • Zusammenhang der Herzfunktion mit Stoffwechsel und Inflammation • Zusammenhang von hirnstrukturellen Veränderungen mit verminderter Herzleistung (z. B. White matter lession- Hirnmikroinfarkte) • Zusammenhang von Herzinsuffizienz und Depression • Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Herzleistung (z. B. Diät, physische Aktivität, Adipositas) Phänotypisierungsmethoden: Es werden Untersuchungen des vaskulären Systems mit einem Carotis-Ultraschall (IMT, Plaques) und mit einem Verfahren zur Messung der Arteriensteifigkeit mittels Pulswellenausbreitung (PWV) durchgeführt. Ferner wird eine hochstandardisierte Cardiosonographie durchgeführt, die Messergebnisse zu Anatomie, Volumenauswurfleistung, Kontraktilität, Klappenfunktion, u. a. m. liefert. Es wird ein 12-sec EKG erhoben und es werden umfangreiche Laborbestimmungen zu kardialen Biomarkern durch (z. B. Troponin, proBNT) durchgeführt. 8 Makula – Degneration Im Rahmen der LIFE-ADULT-Studie werden frühe Formen der altersbedingten Veränderungen untersucht, die an der Netzhaut im Auge zur Makuladegeneration und dem Verlust des Sehens führen können. Ziel ist, frühe Indikatoren für eine Entwicklung zur Makuladegeneration zu identifizieren und Bedingungen dieser Vorgänge zu erfassen, um so Ansatzpunkte für eine frühe Präventionsstrategie zu erlangen. Die Fragestellungen sind im Einzelnen: • Bestimmung der Inzidenz früher Zeichen der Makuladegeneration im mittleren Lebensalter und Beobachtung des Verlaufs • Bestimmung von Risiko- und Schutzfaktoren auf die Dynamik der Entwicklung • Zusammenhang mit metabolischen, kardiovaskulären und neurodegenerativen Erkrankungen Phänotypisierungmethode: Fundusfotographie und Optische Kohärenztomograhpie der Retina Allergie und Immunkompetenz Ein wichtiges Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die Allergiebelastung der erwachsenen Bevölkerung zu erhalten. Nach den Umwälzungen der letzten 20 Jahre kam es zu einer Veränderung im Belastungsprofil mit allergenen Substanzen. Ziel ist, die Verfolgung der Entwicklung der Sensibilisierungslage und der Entdeckung von Gesundheitsrisiken. Die Fragestellungen sind im Einzelnen: • Wie entwickelt sich die Allergiesensibilisierung bei Erwachsenen? • Wie entstehen Geschlechtsunterschiede? • Welchen Zusammenhang gibt es mit Lebensstilen? Phänotypisierungsmethode: Pricktest mit 12 Allergenen, Laboranalytik zu Immunglobulinen und Zytokinen, hochauflösende FACS-basierte Zytomanalytik mit Häufigkeit und Aktivität von Entzündungszellen (Teilkohorte). Public Health – Identifikation von Handlungsoptionen Die Ergebnisse der LIFE-ADULT-Studie gewähren einen tiefen Einblick in die Gesundheitszustand der erwachsenen Bevölkerung über 40 Jahren in Leipzig. Damit sind Voraussetzungen für einen Gesundheitsbericht geschaffen, der Politik, Versorger und Bürger über die aktuellen Entwicklungen unterrichtet und Grundlagen für zukünftige Planungen von präventiven und supportiven Maßnahmen schafft. Es können Daten zu folgenden Themenkreisen bereit gestellt werden: • Quartiersbezogene Häufigkeiten von Zivilisationskrankheiten in der Stadt Leipzig • Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen • Identifikation von Versorgungsdefiziten • Prävalenz und Inzidenz wichtiger sozialer Indikatoren (z. B. soziale Isolation) • Ausprägung der Gesundheitsstörungen bei Probanden - mit besonderen Erkrankungen (z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen, Depressivität) - in sozialen Randschichten - in besonderen Berufsgruppen (arbeitslos/arbeitend; Berufe mit hoher vs. niedriger Autonomie etc.) 9 Anmerkung zur Laboranalytik In LIFE-ADULT werden derzeit folgende laboranalytische Methoden eingesetzt: • An allen Probanden: - Messung von 80 Laborparametern aus Blut und Urin (am Tag des Besuches) • An einer Teilgruppe von Probanden werden bestimmt - Genomweite Genotypisierung mittels SNP-Arrays (z. Z. 3.500) - Metabolomanalytik aus Trockenblut (z. Z. 3.500) - Genexpression mittels Arrays an peripheren mononukleären Zellen (z. Z. 2000) - FACS-Zytomanalytik zur Quantifizierung von 25 Blutzellarten (z. Z. 850) 3.1.2 Verlauf der LIFE-ADULT-Studie Bis Mai 2013 absolvierten ca. 8.800 Studienteilnehmer das Tag-1-Programm der LIFEHauptstudie. Probanden über 60 Jahren wurden zu zwei zusätzlichen Untersuchungstagen eingeladen. Ein Tag wurde besonders dem Thema Depression in Verbindung mit einem EEG (Teilkohorte Adult Depression) gewidmet und ein weiterer Tag dem Thema Kognition in Verbindung mit einem MRT (Teilkohorte Adult Demenz). Bis zu diesem Zeitpunkt nahmen 2.750 bzw. 2.400 Probanden teil (geplant jeweils 3000). Im Rahmen der 8. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie im September 2013 wurde das 1. Internationale LIFE Symposium durchgeführt, auf welchem die Ergebnisse einer zweiten Zwischenanalyse der erhobenen ADULT-Daten präsentiert wurden. Insgesamt flossen Daten von 4.236 Teilnehmern der Hauptstudie in diese Zwischenanalyse ein. Seit November 2012 konnten kontinuierlich 16 bis 20 Studienteilnehmer pro Tag für die Erwachsenenkohorte (LIFE-Health Adult) rekrutiert und entsprechend des Studienprotokolls untersucht werden. An den Tagen EEG und MRT nahmen täglich bis zu jeweils sieben Probanden teil. Der folgende Berichtsteil basiert im Wesentlichen auf aktuellen Daten (Einladungsstatistik) und auf ausgewählten Daten der zweiten Zwischenauswertung und demonstriert den erreichten wissenschaftlichen Stand (Stichtag im Juli 2013). Einladungsstatistik Bisher wurden 23.455 Ersteinladungen verschickt. 30,0 % der Angeschriebenen teilten mit, dass sie nicht teilnehmen möchten (Non-Participants). 35,4 % meldeten sich nicht zurück (Non-Responder). 34,1 % erklärten ihre Bereitschaft zur Teilnahme, haben eine Termin gebucht oder aber absolvierten ihren Termin bereits (Participants). Damit änderte sich das Response-Verhalten im bisherigen Studienverlauf kaum. Um Personen, die sich nicht zurückmelden (Non-Responder) zur Teilnahme zu bewegen und dadurch die Response zu erhöhen, sollten deren Telefonnummern aus öffentlich zugänglichen Telefonregistern recherchiert und diese dann telefonisch kontaktieren werden. Da dies durch die Meldebehörde der Stadt Leipzig im Vorfeld leider nicht erlaubt worden war, wurden im Berichtszeitraum intensive Gespräche mit der Meldebehörde der Stadt Leipzig geführt. Ende 2013 wurde unter strengen Auflagen die Erlaubnis, Non-Responder zu recherchieren und telefonisch zu kontaktieren, erteilt, so dass bereits im Dezember 2013 mit der Telefonnummern-Recherche begonnen werden konnte. 10 Ab Januar 2014 wird die telefonische Kontaktierung von Non-Respondern intensiv vorangetrieben, um die Teilnehmerzahlen innerhalb der gezogenen Stichprobe weiter zu erhöhen. Stratifiziert man die Teilnehmer nach Alter und Geschlecht (Abb. 2), so ist festzustellen, dass insbesondere Probanden im Alter zwischen 40 und 49 Jahren seltener teilnehmen, als ältere Probanden. Die Altersgruppe 20- bis 39jähriger ist hier zu vernachlässigen, da in diesem Stratum insgesamt nur 400 Studienteilnehmer benötigt werden, die auch an einer Kopf- und Bauch-MRT-Untersuchung teilnehmen. Der Anteil der Männer beträgt 49%. Abb. 1: Einladungsstatistik der Erwachsenenkohorte (Stand 15.04.2014) Abb. 2: Stratifizierung der Teilnehmer nach Alter und Geschlecht 11 Darüber hinaus nahmen bisher (Stand 15.4.2014) 307 Personen einer Bevölkerungsstichprobe der Altersgruppe 20 bis 39 Jahre am Untersuchungsprogramm des Tages 1 teil und absolvierten außerdem den MRT-Tag mit Kopf- und Bauch-MRT sowie Fragebogen- und Testprogramm. Das umfangreiche Untersuchungsprogramm wird von allen Teilnehmern nahezu vollständig absolviert. Interview Soziodemographie 100% Cerad Untertest Tiere 100% Blutdruckmessung 99,7% Anthropometrie 99,7% Greifkraftmessung 98,4% Carotisultraschall 97,6% Arm-Bein-Index 96,7% Herzecho 80,3% Die Studienteilnehmer stammen zur überwiegenden Mehrheit aus mittleren bis höheren sozialen Schichten (Abb. 3). Verglichen zu den im vergangenen Berichtszeitraum präsentierten Zahlen, wurde keine wesentliche Veränderung festgestellt. Trotz wiederholter Präsenz in den Medien gelang es bisher leider nicht in ausreichendem Maße, Personen aus niedrigen sozialen Schichten zur Teilnahme zu bewegen. Abb. 3: Einteilung der Teilnehmer nach Geschlecht und sozio-ökonomischem Status Ergebnisse der Erwachsenen-Gruppe (LIFE ADULT) Seit Erhebungsbeginn konnten zwischen November 2011 und September 2013 rund 4.240 erwachsene Studienteilnehmer untersucht werden. Die jetzt veröffentlichten Zwischenergebnisse beruhen auf den Auswertungen ihrer Daten. Danach zeichnet sich ab, dass einige sogenannte Alterserkrankungen schon in weit jüngeren Lebensjahren beginnen, als bisher gedacht. Bei Personen unter 50 Jahren wurden nachweisbare Veränderungen an den Gefäßen (Plaques) gefunden, die als Vorboten einer späteren koronaren Herzkrankheit eingestuft werden. Aufgrund eines neuen Messverfahrens konnten bei den unter 50-Jährigen außerdem Netzhautveränderungen (Makuladegneration) aufgedeckt werden, die bislang 12 ebenfalls als eine Alterserkrankung galt. Die Wissenschaftler vermuten, dass diese frühen Veränderungen späteren Sehverlusten um viele Jahre voraus laufen. Ein großes Gesundheitsproblem stellt der erhöhte Blutdruck dar. Bereits im Alter unter 40 Jahren wurde bei ungefähr einem Viertel der Studienteilnehmer ein abzuklärendes Messergebnis gefunden. Im Alter über 60 Jahre sind 4 von 5 Leipziger Bürgern vom Bluthochdruck betroffen. Bluthochdruck ist die häufigste Indikation für medikamentöse Behandlung in Leipzig. Die Wissenschaftler haben außerdem festgestellt, dass Allergien tendenziell weiter zunehmen und in hohem Maße auch Erwachsene betreffen. Bemerkenswert ist dabei besonders die Sensibilisierung durch die aus Amerika eingewanderte Ambrosia (beifußblättriges Traubenkraut). Auch das krankhafte Übergewicht (Adipositas) ist auf dem Vormarsch. Mit zunehmendem Alter wächst der Anteil an übergewichtigen Personen (BMI >25) auf 80% und der Anteil an adipösen Personen (BMI >30) auf 30%. Dabei wurde ein markanter Wechsel im Fettverteilungsmuster festgestellt. Während Personen im mittleren Alter eine gesäß- und beinbetonte Fettverteilung aufweisen (Birnenform), verschieben sich die Verteilungsmuster mit dem Alter zu einem mehr bauchbetonten Muster (Apfelform). Mittels der bei den Untersuchungen eingesetzten innovativen 3D-Bodyscan-Technik und ausgefeilter bioinformatischer Methoden werden genaue Analysen von Körpergestalten erzielt. Diabetes wurde bei über 20% der Personen über 60 Jahren vorgefunden. Bei jedem 4. Diabetiker war er bislang nicht bekannt. Auffällig ist, dass der Diabetes unter Personen mit Adipositas nochmals deutlich häufiger anzutreffen ist, in Teilgruppen bis 40%. Verhalten: Über ein Drittel der Studienteilnehmer bewegt sich zu wenig. Einwöchige Messungen über die zurückgelegte Schrittzahl zeigen, dass die von der WHO empfohlene tägliche Schrittzahl von 10.000 deutlich unterschritten wird. Eine Auswertung des Essverhaltens zeigt deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Jede 4. Frau aber nur jeder 8. Mann reguliert die Nahrungsaufnahme bewusst, um das Gewicht zu halten. Erstmals liegt eine Untersuchung zum Schlafverhalten vor. Männer haben im Durchschnitt eine Netto-Schlafdauer von 6 Stunden und Frauen von 6,5 Stunden, Einschlafzeiten und Unterbrechungszeiten nicht mitgerechnet. Eine depressive Symptomatik wiesen 6% aller Studienteilnehmer auf. Sie betrifft Frauen häufiger als Männer. Auffallend ist, dass die Häufigkeit depressiver Symptome stark von einer niedrigen sozialökonomischen Schicht abhängt. Erwartungsgemäß gemessen wurden mit dem Alter zunehmende moderate Einschränkungen in der kognitiven Leistung. Bei 4% der Studienteilnehmer über 65 Jahre sind diese allerdings erheblich. Mit der zweiten Zwischenauswertung wird das große Forschungspotenzial der LIFE-Studie deutlich. Sie erweist sich auch als ein Instrument, den Gesundheitszustand der Leipziger Bevölkerung tiefgehend zu erfassen und daraus Hinweise für dringenden, gesundheitspolitischen Handlungsbedarf zu erhalten. Beispielsweise zeichnet sich eine Häufung von ungünstigen Gesundheitsmerkmalen in unteren sozioökonomischen Schichten ab, in denen Adipositas, Diabetes und depressive Symptome bereits im mittleren Lebensalter verstärkt auftreten. 13 Anthropometrie Alle Studienteilnehmer werden gemessen und gewogen. Aus Körpermasse und Körperlänge wird der Body Maß Index (BMI) nach der Formel BMI = Körpermasse [kg] / Größe [m2] ermittelt. Gemäß WHO-Kriterien erfolgt die Einteilung von Körpergewichtsklassen nach BMI. Normalgewichtig: BMI 18,5 bis <25,0; Übergewichtig: BMI 25,0 bis <30,0; Adipös: BMI >30,0 Werden die Studienteilnehmer nach dieser Klassifikation eingeteilt, so muss man feststellen, dass 80 % der Männer und 70 % der Frauen übergewichtig sind. Einen BMI zwischen 25 und 30 haben 50 % der Männer über 40 Jahre und 30 - 40 % der Frauen über 40 Jahre. Einen BMI über 30 weisen 30 % der über 50jährigen Männer und Frauen auf. Bluthochdruck Von Bluthochdruck spricht man bei systolischen Blutdruckwerten ab 140 mm Hg und diastolischen Werten ab 90 mm Hg. In der LIFE-Stichprobe leiden Männer stärker an Bluthochdruck als Frauen, insbesondere in den jüngeren Altersgruppen. Bereits 40 % der 40 bis 49jährigen Männer weisen erhöhten Blutdruck auf und/oder werden mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelt. Ab einem Alter von 60 Jahren leiden etwa 70 % der Männer und Frauen unter Hypertension. Insgesamt ist die medikamentöse Behandlungssituation des Bluthochdruckes als gut einzuschätzen. Etwa 55 % der Probanden erhalten blutdrucksenkende Medikamente. Trotzdem wussten etwa 15 % der Männer und 10 % der Frauen vor ihrer Teilnahme an der LIFE-Studie nicht, dass sie erhöhte Blutdruckwerte aufweisen. Diabetes mellitus Von jedem Probanden werden Blutproben abgenommen und Glukose-, Insulin- sowie HbA1C-Spiegel bestimmt. Glykohämoglobin (HbA1c) ist ein Hämoglobin, an welches Glucose gebunden ist. In der Vergangenheit wurde gezeigt, dass die Menge HbA1c mit der Konzentration an Glucose im Blut direkt proportional ist und die Glukose ein ganzes Erythrozytenleben lang am Hämoglobin gebunden bleibt. Somit gibt die Messung Auskunft über den Blutzuckerspiegel der letzten drei Monate. Außerdem wird bei einem Teil der Probanden der orale Glukose-Toleranztest (oGTT) durchgeführt, der in der Frühdiagnostik der Zuckerkrankheit eingesetzt wird und Auskunft über eine gestörte Glukoseverwertung gibt. Bei diesem Test erfolgen zwei weitere Blutabnahmen (30 und 120 min nach dem Trinken einer Zuckerlösung), wobei stets die Blutglukose- und nach 120 min erneut die Insulinspiegel gemessen werden. Etwa 13 % der Studienteilnehmer leiden unter einem bereits bekannten Diabetes. Bei weiteren ca. 4 % der Teilnehmer konnte durch die in LIFE eingesetzten diagnostischen Verfahren der HbA1c-Bestimmung und/oder der Durchführung des oGTT ein bisher nicht diagnostizierter Diabetes mellitus aufgedeckt werden. Hierbei wurde festgestellt, dass männliches Geschlecht, höheres Alter, größerer BMI und niedriger sozioökonomischer Status mit der Prävalenz von Diabetes mellitus assoziiert sind. Aktivitätsmessung mittels SenseWear Armband 14 Alle Studienteilnehmer werden gebeten, ein Aktivitätsmessgerät (SenseWear Armband) eine Woche lang am Oberarm zu tragen und ein tägliches Aktivitätsprotokoll zu führen. Die Auswertung erfolgte nach der von Tudor-Loche et al. (Appl. Physiol. Nutr. Metab. 2013, 38(2):100-114, Abb. 4) publizierten Einteilung entsprechend des Aktivitätsstatus. Dabei werden der sitzende, der wenig aktive und der physisch aktive Lebensstil unterschieden. Die Teilnehmer an der LIFE-Studie sind zum überwiegenden Teil aktive Menschen (Abb. 5), und dies weitgehend unabhängig von der sozialen Schicht. Während fast die Hälfte der 40bis 59jährigen einen aktiven Lebensstil, mit mehr als 10.000 Schritten pro Tag pflegen, erfährt dieser bei den über 70jährigen einen Wandel hin zu einem eher sitzenden Lebensstil. Über ein Drittel der Probanden hat jedoch zu wenig Bewegung. Die einwöchige Messung über die zurückgelegte Schrittzahl zeigt, dass die international empfohlene tägliche Schrittzahl von 10.000 klar unterschritten wird. Abb. 4: Einteilung täglicher Aktivität (Schrittzahl pro Tag) in verschiedene Stadien (sitzender/ wenig aktiver/ physisch aktiver Lebensstil). Für das Erreichen zusätzlicher gesundheitlicher Effekte werden >10.000 Schritte pro Tag empfohlen. 15 Abb. 5: Körperliche Aktivität (Schrittzahl) der Studienteilnehmer stratifiziert nach Geschlecht, Alter und Sozialstatus (SES) Allergische Sensibilisierungen Eine wichtige Frage betrifft das Auftreten von allergischen Sensibilisierungen im Alter. Mittels Prick-Test wird für 12 verschiedene Antigene die Sensibilisierung erhoben. Auffallend ist, dass inzwischen eine Sensibilisierung gegen erst kürzlich eingewanderte Fremdpflanzen wie Ambrosia nachzuweisen ist. Die Pollen dieser Pflanzen sind hochallergen und können über weite Strecken verfrachtet werden. Abb. 6: Allergische Sensibilisierung gegen Ambrosia in der untersuchten Bevölkerung Schlafdauer Die Probanden der ADULT-Kohorte wurden gebeten 7 Tage lang ein Aktometer zu tragen. Es zeigte sich, dass damit die Schlafdauern sehr zuverlässig messbar waren. Abb. 7 zeigt die Verteilung der der Schlafdauern in der Bevölkerung. Wir verfolgen die Fragestellung, inwiefern die Schlafdauer mit dem Auftreten depressiver Störungen assoziiert ist. 16 Abb. 7: Verteilung der Schlafdauer in der untersuchten Bevölkerung Makuladegeneration Die Makuladegeneration ist eine Hauptursache altersbedingter Erblindung. Erstmals haben wir im Rahmen einer epidemiologischen Untersuchung ein systematisches Assessment aufgebaut, das der Frage nachgeht, in welchem Alter die ersten pathologischen Läsionen aufzufinden sind. Mittels optischer Kohärenztomographie gelingt es, hochauflösende Bilder der Retina an der Stelle des schärfsten Sehens aufzunehmen. Mittel eine Multi-Reader Verfahrens werden alle Scans beurteilt. Abb. 8 zeigt, dass bereits in der Altersgruppe der 50-59jährigen ein erheblicher Anteil an Probanden eine pathologische Läsion (Druse) aufweist. Abb. 8: Auftreten von pathologischen Läsionen (Drusen) in der LIFE Adult Studie Aktuell geplante Publikationen: Zur ADULT-Kohorte sind aktuell Publikationen zu folgenden Themen in Arbeit (Einreichung in 2014): • Design der ADULT- Studie (Löffler et al.) • Herzecho-Feasibility- Studie (Hagendorff et al.) • Herzecho – Herzinsuffizienz (Hagendorff, Löffler et al.) • 3D-Body Scanner Feasibility-Studie (Ahnert et al.) • 3D-Body Scanner – Bodytypen (Binder, Löffler et al.) • 3D-Body Scanner – Körperoberflächen (Scholz, Löffler et al.) • Aktometrie - Schlafdauer (Sander et al.) • Aktometrie - Schrittzahlen (Zachariae et al.) 17 • • • • • • • • • • • • • • Viszerales und subkutanes Fett mit MRI (Raschpichler, Stumvoll, Villringer et al.) Multikanal-Zytom-Referenzwerte (Melzer et al.) Pulse wave velocity –Feasibility (Teren et al.) Carotis IMT – Feasibiltiy study (Beutner et al.) Cystatin C und Nierenfunktion (Engel et al.) Prick-Test allergische Reaktion – automatisches Bild- Reading (Treudler, Simon et al.) Makuladegeneration - Optische Kohärenztomographie (Rauscher et al.) Essverhalten (Then et al) White matter Läsionen im Hirn-MRI (Schroeter, Villringer et al.) Kognitive Funktion und Apo E (Luck et al) Kognitive Funktion und Beruf (Then, Riedel-Heller et al.) Metabolom - mQTL (Ceglarek, Thiery et al.) Genomweite eQTL in Bezug zum Lipidstoffwechsel (Scholz, Thiery et al.) Geomapping of major phenotypes and life styles to the city map (Löffler et al.) Genutzt werden Daten aus den Feasibility-Studien bzw. aus der Zwischenauswertung der LIFE Adult-Studie vom Sept. 2013 (N=4246). Das vorstehende Verzeichnis umfasst auch Publikationen der Teilkohorten Adult Demenz und Adult Depression auf die in den folgenden Punkten 3.2 und 3.3 näher eingegangen wird. 3.2 Teilkohorte Adult Demenz Die Kohorte Adult Demenzerkrankungen und Mild Cognitive Impairment (MCI) zielt auf eine Tiefen-Phänotypisierung der Kohorte bzgl. häufiger degenerativer Erkrankungen (Demenz und deren Vorstadien der leichten kognitiven Störungen; Mild Cognitive Impairment/MCI), für welche eine wesentliche epidemiologische und sozioökonomische Bedeutung in den nächsten Jahren zu erwarten ist. Das Projekt wählt dabei einen innovativen Ansatz: Während das derzeit vorherrschende Paradigma in der Demenzdiagnostik die Einordnung jedes Patienten in die wichtigsten Diagnosegruppen Alzheimer-Erkrankung, vaskuläre Demenz und frontotemporale lobäre Degeneration ist, kombiniert unser Ansatz diesen differentialdiagnostischen Pfad mit einer genauen deskriptiven individuellen Phänotypisierung eines jeden Probanden. Diese Philosophie beruht auf der Grundannahme, dass die genannten Krankheitsentitäten lediglich pathophysiologische Extremvarianten eines breiten sich erheblich überlappenden Spektrums dementieller Syndrome darstellen. Der deskriptive Ansatz beinhaltet neben der umfassenden klinischen Phänotypisierung eine genaue Charakterisierung der pathophysiologischen Vorgänge. Wir erwarten anhand einer individualisierten Diagnostik eine auf den einzelnen Patienten zugeschnittene bessere prognostische Aussage und Therapie. Der besondere Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Verständnis des Einflusses von Frontalhirnfunktionen (exekutive Funktionen und soziale Kognition) und Risikofaktoren für eine Demenz, wie vaskuläre Faktoren und Adipositas, und einem Verständnis der involvierten Mechanismen. Bisher konnten folgende Meilensteine erfüllt werden: • Es erfolgte die fortlaufende Durchführung der Probandenuntersuchungen in LIFEADULT einschließlich des Einsatzes der Assessments von LIFE Adult Demenz; mit 18 • • • • • • Stand 15.04.2014 konnten in der LIFE ADULT Kohorte Daten von 8.660 Probanden (N = 2.810 Probanden im Alter von über 65 Jahren) erhoben werden. An insgesamt 2.720 Probanden konnte bis zum 15.04.2014 zudem die vertiefte Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit im LIFE-Teilprojekt Adult Demenz anhand zusätzlicher Untersuchungen (Tag 2 – Untersuchungsprogramm) umgesetzt werden. Darüber hinaus wurde für 2.690 Probanden eine multimodale Bildgebung mittels Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) zur Charakterisierung von strukturellen Maßen (T1) und Konnektivitätsparametern (resting state MRT & DTI) umgesetzt. Zur Gewährleistung der Datenqualität unterstehen die erhobenen Daten im LIFETeilprojekt Adult Demenz einer regelmäßigen und systematischen Kontrolle auf Vollständigkeit, Plausibilität, Konsistenz und Qualität der Durchführung der Untersuchung. Diese Datenkontrolle konnte im Laufe des Jahres in Zusammenarbeit mit der LIFE-IT und den verantwortlichen Wissenschaftlern optimiert werden. Zudem wurden Schulungen und regelmäßige Hospitationen der Interviewer zur Sicherung einer objektiven, reliablen und validen Durchführung der Probandenuntersuchungen durchgeführt. Im Rahmen der Qualitätssicherung wurde außerdem ein Datenkurationsprozess implementiert. Die in der LIFE-Teilkohorte Demenz durchgeführten Interviews bzw. Untersuchungen werden hierbei stringent überprüft und systematische Fehler im Datenerhebungsprozess sowie fehlerhafte Einzelmesswerte folgerichtig korrigiert. Auch wurden für Datenauswertungen insgesamt 20 computerisierte Skripte (Derivate) entwickelt, welche für jeden Studienteilnehmer die Summenscores bzw. Cut-off-Werte der in der LIFE-Teilkohorte Demenz durchgeführten Interviews bzw. Untersuchungen automatisch erstellen. Es erfolgte die Vorstellung von Ergebnissen des LIFE-Teilprojektes Adult Demenz anhand von Vorträgen und Postern auf dem 1. Internationalen LIFE-Symposium (gemeinsame Veranstaltung mit der 8. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGepi), 24.-27. September 2013 in Leipzig). Ein wesentlicher Meilenstein des Projektes ist die Phänotypisierung der Kohorte entsprechend der Vorstadien demenzieller Erkrankungen, sogenannter leichter kognitiver Störungen. Die Definition leichter kognitiver Störung (minNCD – Minor Neurocognitive Disorder) nach dem aktuellsten internationalen Klassifikationssystem psychischer Störungen - DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, veröffentlicht von der American Psychiatric Association im Mai 2013) erfordert folgende Kriterien: (i) Sorgen über ein schlechter werdendes Gedächtnis, (ii) Leistungen in neuropsychiatrischen Assessments eine Standardabweichung unter der Norm, und (iii) die Beeinträchtigungen können nicht durch andere Erkrankungen erklärt werden. Diese Kriterien konnten in der LIFE-Adult Kohorte der über-65-Jährigen bisher von 24,9% der Probanden erfüllt werden. Die am häufigsten beeinträchtigte kognitive Domäne war hierbei das verbale Kurzzeitgedächtnis. Statistische Analysen zeigten signifikante Verschlechterungen des verbalen Kurzzeitgedächtnis mit ansteigendem Alter (p < 0,001; siehe Abb. 9). 19 Abb. 9: Ergebnisse im CERAD Wortlisten-Subtest für alle drei Lerndurchgänge (words remembered) stratifiziert nach Altersgruppen (age). Außerdem konnten signifikante Geschlechtsunterschiede beobachtet werden: So zeigten Frauen durchschnittlich in allen kognitiven Testungen eine bessere Leistung als Männer (p < 0,001). Nichtsdestotrotz waren Frauen häufiger von einer leichten kognitiven Störung betroffen als die Männer (p = 0,027; 52,9 % der Betroffenen sind Frauen). Die ermittelten Daten liefern so insgesamt erste Hinweise zu Häufigkeit und Ausprägung leichter kognitiver Störungen nach den aktuellen Klassifikationskriterien in der Bevölkerung als eine mögliche Vorstufe von Demenz. Wesentliche weitere Milestone-Projekte konnten bereits basierend auf erhobenen Daten abgeschlossen und publiziert werden: (i) Charakterisierung von Hirnatrophie und Hirnkonnektivität bei vaskulären Demenzen, insbesondere dem Vorstadium „Mild Vascular Impairment“, welche wesentlich auf den Risikofaktor arterielle Hypertonie zurückzuführen sind (Quinque et al., 2012), (ii) Validierung von Imaging-Daten mittels zellspezifischer (glialer und neuronaler) Serummarker mit Assoziation zu Risikofaktoren für neurodegenerative Erkrankungen, wie Adipositas bzw. Schilddrüsendysfunktion (Mueller et al., 2012; Quinque et al., 2014; Raschpichler et al., 2014; Schroeter et al., 2014; Streitbürger et al., 2012), (iii) Assoziation zwischen Funktionseinbußen und Imaging-Daten bei frühen Stadien einer Demenz (Frisch et al., 2013; Schroeter 2012; Schroeter et al., 2012; Woost et al., 2013), (iv) Entwicklung neuer Konnektivitätsanalysen zur Untersuchung der krankheitspezifischen Interaktion zwischen Hirnarealen bei neurodegenerativen Erkrankungen (Jech et al., 2013; Mueller et al., 2013), (v) Entwicklung automatisierter Ansätze (machine learning) zur Prädiktion von häufigen neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Krankheit (Dukart et al., 2014), (vi) Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Herzfunktion/Gefäßrisikofaktoren und Neurokognition, (vii) Entwicklung von Modellen zu den neuralen Korrelaten von frühen neurodegenerativen Erkrankungen und ihren Vorstadien 20 (Dukart et al., 2013a & 2013b), und (viii) Validierung methodischer Einflüsse der Bildgebungstechnik auf Effektstärken der Bildgebung (s. Abb. 10; Streitbürger et al., 2014). Abb. 10: Einflüsse von (A) Spulentyp (Coil), (B) gewählter Sequenz (Sequence), und (C) räumlicher Auflösung (Resolution) auf den mit MRI detektierten Alterseffekt (Age). 3.3 Teilkohorte Adult Depression Die Kohorte Adult Depression befindet sich weiterhin in der Rekrutierungsphase. Bis Ende April 2014 konnten ca. 2720 Probanden untersucht werden (davon ca. 250 Teilnehmer in Feasibility- und Pilot-Phase). Somit lagen Ende April 2014 n = 2475 von angestrebten 3.000 Messungen in Adult Depression vor (82,5%). Im Rahmen der Hauptstudie wurden n = 2.924 Messslots angeboten, was einer Auslastung von 84% entspricht (Abb. 11) Um den, sich aufgrund der zum Projektbeginn nicht rechtzeitig verfügbaren EEG-Messplätze akkumulierten, Rekrutierungsrückstand auffangen zu können, wurde im Frühjahr 2013 eine Modifikation der Einschlusskriterien für die Teilkohorten Adult Depression und Adult Demenz beschlossen. Seit Sommer 2013 werden nun auch Probanden im Altersbereich von 60-64 Jahren für diese Teilkohorten rekrutiert. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die noch benötigten n = 525 Messungen im Verlauf der zur Verfügung stehenden restlichen Rekrutierungszeit eingeschlossen und die Rekrutierungsziele somit erfüllt werden können. 21 Eine Auswertung der in der Teilkohorte Adult Depression erhobenen Daten findet im Rahmen von Projektvereinbarungen (PV) statt. Folgende PVs sind aktiv und werden bearbeitet: PV009 – „Einfluss der Vigilanzregulation auf die P3b im Alter“ PV059 –„Prävalenz der minoren Depression bei älteren Probanden mit und ohne Mild Cognitive Impairment“ PV077 – „SAEP und ApoE-Genotyp“ PV080 – „Persönlichkeit und Vigilanz“ PV082 – „CYP2D6-Phänotypen“ PV083 – „IAEP und Affektivität“ In einer zweiten Zwischenauswertung im Herbst 2013 wurden neben Daten des Basistags (LIFE Health Adult) auch erstmalig Zwischenergebnisse aus Instrumente und Verfahren vorgestellt, die in der Teilkohorte Adult Depression erhoben wurden. Abb. 11: Rekrutierungsverlauf in der Hauptstudienphase der Teilkohorte Adult Depression. Die vertikale blaue Markierung kennzeichnet den aktuellen Rekrutierungsstand (Ende April 2014), die violette Markierung zeigt das ursprünglich geplante Rekrutierungsende (Dezember 2013). Erkennbar ist, dass bis zum Ende des aktuellen LIFERekrutierungszeitraums (September 2014) deutlich mehr als die erforderlichen 3000 Messslots (gelbe Linie) erreicht werden. Unter der Voraussetzung, dass die Quote der tatsächlichen Messungen (grüne Linie) wie in den letzten Wochen beibehalten werden kann, ist bis zum Ende der Rekrutierungszeit mit einem Erreichen der Rekrutierungsziele (rote Linie) zu rechnen. Aufgrund der generellen Verlängerung der Rekrutierungsphase von LIFE bis zum September 2014 ist davon auszugehen, dass die noch ausstehenden Probanden unter den derzeitig geltenden Bedingungen rekrutiert werden können. Dies berücksichtigt eine im Berichtszeit22 raum erreichte Rekrutierungsquote von ca. n = 26 Probanden pro Woche. Somit ist davon auszugehen, dass die Rekrutierung der fehlenden n = 525 Probanden in 21 Wochen möglich ist. Die Teilkohorte Adult Depression ermöglicht aufgrund der angewandten klinischen und apparativen Untersuchungen eine Charakterisierung der Prävalenz sowie des Krankheitsverlaufs eines der häufigsten neuropsychiatrischen Krankheitsbilder, der Depression, in einer repräsentativen Stichprobe der Allgemeinbevölkerung, sowie in Zusammenarbeit mit der Teilkohorte Adult Demenz der leichten kognitiven Beeinträchtigung. Genauere Kenntnisse um die spezifischen Prävalenzen, insbesondere subsyndromaler depressiver Syndrome, ist notwendig, um daran unmittelbare Präventions- und Behandlungsprogramme der fachmedizinischen Disziplinen anschließen zu können. Die gleichzeitige, im vorliegenden Projekt erstmals in ausreichender Untersuchungstiefe durchgeführte Evaluation der geistigen Leistungsfähigkeit bei älteren Menschen mit und ohne subsyndromale Depression erlaubt darüber hinaus die frühzeitige Erfassung einer komorbiden kognitiven Beeinträchtigung. Diese kann entweder als eigenständiges Krankheitsbild auftreten oder aber Folge der depressiven Grunderkrankung sein. Die durchgeführten apparativen Untersuchungen Elektroenzephalographie und Magnetresonanztomographie sowie die labormedizinischen Analysen erlauben eine frühzeitige Abgrenzung präklinischer Formen neurodegenerativer Demenzen. 3.4 LIFE Health Child und LIFE Pregnancy/Birth sowie LIFE Obesity Child Dieser Teil des Berichts wurde von Dipl.-Psych. Andreas Hiemisch und Frau Stephanie Naumann und dem Team der LIFE-Child-Studienambulanz unter der Projektleitung von Prof. Dr. Wieland Kiess verfasst. 3.4.1. Ziel des Forschungsvorhabens LIFE Child - Kindliche Entwicklung und Zivilisationserkrankungen Adipositas, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes, Allergien und psychische Erkrankungen wie Depression, Verhaltensstörungen und Abhängigkeitssyndrome gehören in Industrieländern zweifelsohne zu den häufigsten und gesundheitsökonomisch bedeutendsten Erkrankungen. Zudem sind Ihnen mit Abstand der größte Anteil der Todesursachen in unserer Gesellschaft zuzurechnen (vgl. Berichte der World Health Organization - WHO). Trotz des derzeitigen medizinischen Wissens und Fortschrittes nimmt die Zahl der Erkrankten wie auch die Intensität der Erkrankungen ungebremst weiter zu. Bis vor einigen Jahren waren Zivilisationserkrankungen fast ausschließlich im Erwachsenenalter zu finden. Mit fortschreitender Entwicklung werden die Auswirkungen nun mehr und mehr auch im Kindesund Jugendalter sichtbar. Beispielsweise ist das Auftreten des sogenannten Altersdiabetes bei Jugendlichen mittlerweile keine Seltenheit mehr. Auch Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck lassen sich immer häufiger bereits bei Heranwachsenden diagnostizieren. Darüber hinaus deuten bisherige Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Schlüssel für die Zivilisationserkrankungen fast ausschließlich im Kindes- und Jugendalter zu suchen sind 23 oder oftmals schon in der vorgeburtlichen Entwicklungsphase. Werden in diesen sensiblen Entwicklungsabschnitten die entsprechenden Weichen gestellt, ist eine gesundheitsförderliche Beeinflussung in späteren Lebensphasen überaus schwierig. Darüber hinaus zeichnen sich weitere Trends ab: Kindern und Jugendlichen fällt es zunehmend schwer, den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Stetig steigend ist die Zahl an Jugendlichen ohne Schulabschluss und Ausbildung. Unzureichende Bildung fördert wiederum eine Zunahme von gesundheitskritischen Verhaltensweisen. Persönliche Kontakte und körperliche Betätigung werden zugunsten von IT-basierten sozialen Netzwerken vernachlässigt. Moderne Smartphones übernehmen mehr und mehr die Erledigung unserer täglichen intellektuellen Herausforderungen. Die langfristigen Folgen dieser Entwicklungen lassen sich nur schwer abschätzen. Die LIFE Child Kohorte hat sich deshalb mit den Teilprojekten LIFE Health Child und Pregnancy/Birth zum Ziel gesetzt, in einer Langzeituntersuchung über mindestens 10 Jahre hinweg umfassend und tiefgreifend diese Zusammenhänge und damit die Entstehungsmechanismen und Risikofaktoren von Entwicklungsveränderungen und Zivilisationserkrankungen zu untersuchen. Erst wenn es gelingt, das komplexe Zusammenspiel von Umwelteinflüssen, Lebensstil, Erziehung, Bildung und Erbanlagen zu verstehen, kann ein entsprechendes Lebensumfeld geschaffen werden für ein gesünderes und unbeschwertes Heranwachsen unserer Kinder mit hoher Lebensqualität und positiver Zukunftsperspektive. Eine Zivilisationserkrankung spielt im Kindes- und Jugendalter eine ganz besondere Rolle. Das krankhafte Übergewicht, auch Adipositas genannt, ist oftmals die Ursache für eine ganze Reihe weiterer schwerwiegender Störungen und Probleme, die von Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter an Intensität zunehmen. Fast jedes dritte Kind in den Industrieländern ist übergewichtig. In der Folge können bereits im Kindesalter Bluthochdruck wie auch Diabetes Typ II auftreten und zu Arterienveränderungen führen, welche im späteren Leben in Herzinfarkt, Hirnschlag, Nierenversagen und Augenerkrankungen resultieren können. Zudem leiden die Betroffenen nicht selten bereits in der Kindheit an psychischen Störungen wie Depressionen oder Verhaltensauffälligkeiten. Sie werden oft durch Vorurteile und Ausgrenzung stigmatisiert, was die eigentliche Krankheitsproblematik weiter verstärkt. Damit ist Adipositas eine der häufigsten und schwerwiegendsten Zivilisationserkrankungen der Gegenwart. Adipositas kann in jedem Lebensalter auftreten. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass übergewichtige Neugeborene ein besonders hohes Risiko haben, ein Leben lang adipös zu bleiben. Folgeerkrankungen entwickeln sich umso rasanter, je frühzeitiger das Übergewicht auftritt. Trotz dieser drastischen Befunde ist das Wissen um die Entstehung, Einflussfaktoren und Aufrechterhaltung der Erkrankung noch sehr vage. Ebenso gibt es eine Vielzahl an therapeutischen Angeboten, deren Erfolge jedoch äußerst begrenzt sind. Nicht zuletzt aus dieser Tatsache zeigt sich, dass Adipositas mehr ist, als ein Ungleichgewicht zwischen Nahrungsaufnahme und Energieverbrauch. Es handelt sich vielmehr um ein komplexes, multifaktorielles Geschehen, bei dem Erziehung, Lebensumfeld, sozioökonomischer Hintergrund, Genetik und auch soziale Vererbung wichtige Einflussfaktoren sind. Von Natur aus sind wir programmiert, möglichst viel Energie in kurzer Zeit für „schlechte Zeiten“ zu speichern. Nahrungsmittel sind in unserer Gesellschaft jedoch selten knapp. 24 Dennoch sind nicht alle Menschen übergewichtig. Hier spielt auch die sogenannte Epigenetik eine entscheidende Rolle – wir können unser Erbmaterial scheinbar der Umwelt anpassen. Selbst die Motive zu Essen sind vielfältig und unterliegen gesellschaftlichen, rituellen, körperlichen und psychosozialen Bedingungen. Um dieser Vielzahl an Einflussgrößen auf die Spur zu kommen, ist ein sehr breiter, multifaktorieller und ganzheitlicher Forschungsansatz notwendig. Dieser Rahmen wurde nun erstmals in der LIFE-Child Kohorte mit dem speziellen Forschungsteilbereich LIFE Child Obesity geschaffen. Dabei werden insgesamt 1.500 Kinder mit und ohne Übergewicht mit teils speziell entwickelten Untersuchungsmethoden tiefgreifend analysiert und über mindestens 10 Jahre hinweg begleitet. Als Nebeneffekt werden durch den longitudinalen Ansatz aktuelle und zukünftige Therapiemethoden validiert. Formale Ziele des LIFE Child Projektes Im nachfolgenden Text wird nach Rekrutierungsziel und Kohortierungsziel unterschieden. Dies ist notwendig, da die LIFE-Child-Kohorte von Beginn an über den aktuellen Förder- und Bewilligungszeitraum hinaus geplant wurde. Diese longitudinale Konzeption ist ein grundlegendes Element zur Beantwortung der eingangs geschilderten wissenschaftlichen Fragestellungen. Es macht den Mehrwert gegenüber den meisten anderen nationalen und internationalen Kinderkohortenprojekten aus, welche aufgrund ihrer cross-sektionalen Ausrichtung nicht in der Lage sind, ausreichend Erkenntnisse über die Entwicklung von Zivilisationserkrankungen und Ansätze der Prävention wie auch Therapie zu liefern. Das Rekrutierungsziel beinhaltet die Zahl der insgesamt in einem Zeitraum von 10 Jahren geplanten nativen Teilnehmer. Mittels Poweranalyse wurde die notwendigen Teilnehmerzahlen errechnet, um die im Studienprotokoll verankerten Hypothesen und Fragestellungen beantworten zu können. Nicht berücksichtigt wurden Attrition und Drop-out, da hierzu aufgrund der wenigen internationalen, longitudinalen Kinderkohortenprojekte kaum verlässliche Daten vorliegen bzw. diese Phänomene sehr regionspezifisch zu sein scheinen. Im Verlauf des LIFE Child Projektes werden so Nachrekrutierungen notwendig werden, um die Power der Untersuchungen weiter zu gewährleisten. Bei einem Zeitraum von 10 Jahren wird nach aktuellen Erfahrungen mit einer Nachrekrutierungsrate von 30 Prozent gerechnet. Das Kohortierungsziel beinhaltet die Meilensteine für den aktuellen Förderzeitraum 2008 bis 2014, wobei die Rekrutierung der Probanden erst nach einer Planungs- und Pilotierungsphase im Sommer 2011 begonnen hatte. Relevant für die Kohortierungszielplanung sind weniger die absoluten Probandenzahlen, sondern vielmehr die Untersuchungstage für die einzelnen Teilnehmer - im folgenden Besuche genannt. Jeder Besuch generiert einen separaten Datensatz des Teilnehmers mit den Ergebnissen des Untersuchungstages. Für jeden Teilnehmer existieren somit mehrere Datensätze im zeitlichen Verlauf, sobald er an Folgeuntersuchungen teilgenommen hat. Erst dieses Konzept macht die Entwicklung von Kindern wie auch den Verlauf einer Erkrankung erfassbar und verstehbar. Eine longitudinale Ausrichtung gestaltet eine Kohortenstudie sehr aufwendig, insbesondere wenn möglichst kleine Untersuchungsabstände wie im vorliegenden Projekt gewählt werden. In den Folgestudienjahren steigt die Zahl der Besuche exponentiell im Vergleich zur Neurekrutierungsrate an. Dies wiederum erfordert bei limitierten personellen, räumlichen und finanziellen Ressourcen einen längeren Neurekrutierungszeitraum, der bei LIFE Child damit voraussichtlich bis zum Jahr 2017 reichen wird. Ausgehend von den zur Beantwortung der wissen25 schaftlichen Fragestellungen geplanten 10 Jahren Follow-up muss die Gesamtprojektlaufzeit damit bis mindestens 2027 dauern. LIFE Health-Child Rekrutierungsziel über den Planungszeitraum von 10 Jahren • 5.000 für die Region Leipzig repräsentative Familien mit Kinder und Jugendliche im Alter 0-18 Jahre, Kohortierungsziel in der Förderperiode 2008 bis 2014 und Rekrutierungsbeginn 2011 • 2.500 Kinder und Jugendliche, die insgesamt 5.000 Erst- und jährliche FolgeUntersuchungen (= 5.000 Besuche) absolvieren Zielstellungen der Kohorte: 1. Abbildung der gegenwärtigen körperlichen Entwicklung und psychosozialen Adaptation von Kindern und Jugendlichen in einer ostdeutschen Großstadt. Vergleich mit Entwicklungsdaten nationaler und internationaler Kohortenstudien. 2. Retrospektive Charakterisierung der Ursachen und Entstehung von ZivilisationsErkrankungen sowie Wechselwirkungen von Risikofaktoren im zeitlichen Verlauf bei vormals gesunden bzw. unauffälligen Probanden. 3. Untersuchung des Zusammenwirkens molekularer, umwelt- und entwicklungsbezogener sowie lebensstilassoziierter Einflüsse auf die Ausprägung bestimmter Phänotypen und Zivilisationserkrankungen. Insbesondere auch Identifizierung protektiv und salutogenetisch wirkender Faktoren im Zusammenhang mit diesen Störungsbildern. 4. Identifizierung und Charakterisierung von Risikopopulationen mit Vorliegen bestimmter Risikofaktoren oder präklinischer Krankheitsausprägungen, die in den LIFE-CHILD Disease-Kohorten weiterverfolgt und hinsichtlich ihrer Krankheitsentwicklung genauer phäno- und genotypisiert werden. 5. Gewinnung von Kontrollpopulationen gesunder Probanden, die im Rahmen von Vergleichsbetrachtungen (z. B. Fall-Kontroll-Analysen, Extremgruppenvergleiche) entsprechenden LIFE-DISEASE-Populationen gegenübergestellt werden. LIFE Pregnancy/Birth In der Planungsphase der LIFE-Child-Kohorte wurde eine Neugeborenenkohorte durch die Untersuchungszeitpunkte bereits während der Schwangerschaft sowie direkt zur Geburt per se schon definiert und auch innerhalb der Fördermittelanträge so deklariert. In der initialen Umsetzung des Projektes wie auch in den vorangegangenen Berichten wurde jedoch auf eine separate Darstellung verzichtet, da es sich ausgehend vom Primärkonzept eher um eine Alterserweiterung handelte. Im Verlauf der Umsetzung kristallisierten sich mehr und mehr differierende Aspekte zu der Kinder- und Jugendkohorte heraus. Dies betrifft insbesondere die Rekrutierungsstrategien, der zeitliche Abstand von Untersuchungszeitpunkten, die primäre Untersuchung einer Erwachsenenpopulation sowie damit einhergehend ein weit heterogeneres Untersuchungsprogramm und nicht zuletzt die bei weitem komplexeren Herausforderungen bei der technischen Umsetzung. Aus diesem Grund wird die LIFE-Child-Geburtskohorte zukünftig in diesem Sinne separat dargestellt. 26 Rekrutierungsziel über den Planungszeitraum von 10 Jahren • 2.000 schwangere Frauen und deren Partner ab der 24.-26. Schwangerschaftswoche mit anschließender wissenschaftlicher Begleitung der Entwicklung aller neugeborenen Kinder dieser Familien Kohortierungsziel in der Förderperiode 2008 bis 2014 und Rekrutierungsbeginn 2011 initiale Planung • 1.000 schwangere Frauen mit je einem Untersuchungszeitpunkten in der 24.-26. (= 1.000 Besuche) • 500 Neugeborene mit Untersuchung in der Schwangerschaft sowie mit je drei Untersuchungszeitpunkten im ersten Lebensjahr und anschließend Übergang in die Kinderund Jugendkohorte (=1.500 Besuche) • 500 Neugeborene ohne Untersuchungen in der Schwangerschaft und mit je drei Untersuchungszeitpunkten im ersten Lebensjahr und anschließend jährlichen Folgeuntersuchungen (=1.500 Besuche) • gesamt 4.000 Besuche • • • • nach Erfahrungen korrigiert 500 schwangere Frauen mit je zwei Untersuchungszeitpunkten in der 24.-26. sowie in der 36. Schwangerschaftswoche (= 1.000 Besuche) 400 Neugeborene mit Untersuchung in der Schwangerschaft sowie mit je drei Untersuchungszeitpunkten und ein bis zwei Untersuchungstagen im ersten Lebensjahr und anschließend Übergang in die Kinder- und Jugendkohorte (=2.400 Besuche) 200 Neugeborene ohne Untersuchungen in der Schwangerschaft und mit je drei Untersuchungszeitpunkten und einem Untersuchungstag im ersten Lebensjahr und anschließend jährlichen Folgeuntersuchungen (=600 Besuche) Gesamt 4.000 Besuche Wie schon eingangs erwähnt, gibt es selbst international nur wenig Erfahrung bei Rekrutierung eines solchen Probandenkollektivs. Insbesondere auch die nationalen, regionalen und ideellen Unterschiede implizieren große Herausforderung bei der Bildung einer solchen Kohorte. Erst aus den Erfahrungen, die mit Beginn der Rekrutierung gemacht wurden, konnte das endgültige Kohortenkonzept definiert werden. Dazu gehört auch der zusätzliche Untersuchungszeitpunkt in der 36. Schwangerschaftswoche, der einerseits wissenschaftlich höchst interessant ist, zum anderen maßgeblich zur Probandenbindung peri- und postnatal beigetragen hat. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde die ursprünglich geplante Strategie, einen Teil der Säuglinge erst pränatal in die Kohorte aufzunehmen recht schnell verlassen. Die bis dahin eingeschlossenen Kinder verbleiben in der Geburtskohorte. Eine weitere Erfahrung zeigt, dass im Unterschied zu der eher homogenen und hochmotivierten Klientel der Feasibilitystudie, die Familie in der Hauptstudie weit größere Individualität hinsichtlich Motivation, kognitiven Fähigkeiten wie auch Erziehungsverhalten aufweisen. Genau diese Heterogenität ist für die Projektidee natürlich elementar, macht jedoch einige Änderungen im Design notwendig. So führte das geplante Untersuchungsprogramm im ersten Lebensjahr insbesondere durch die tiefgreifende Entwicklungsuntersuchung teilweise 27 zu Überforderung der Kinder. Aus diesem Grund wurde beschlossen, die Entwicklungsuntersuchung für hochvalide Ergebnisse an einem separaten Tag durchzuführen. Zielstellung der Kohorte: 1. Identifizierung pränataler und perinataler Risikofaktoren sowie präklinischer und klinischer Krankheitsausprägungen, die die Entwicklung des Kindes nachhaltig beeinflussen. 2. Untersuchung von säkularen Entwicklungstrends mit Blick auf die Ausbildung von bestimmter Phänotypen und Zivilisationserkrankungen. 3. Identifizierung der Mechanismen und Folgen von pränataler Programmierung 4. Suche nach prä-, peri- und postnatal protektiven Faktoren und Verhaltensweisen, die die Entwicklung im allgemeinen Verständnis positiv beeinflussen können 5. Gewinnung von Kontrollpopulationen gesunder Probanden, die im Rahmen von Vergleichsbetrachtungen (z. B. Fall-Kontroll-Analysen, Extremgruppenvergleiche) entsprechenden LIFE-DISEASE-Populationen gegenübergestellt werden. LIFE-B1 Obesity-Child Rekrutierungsziel über den Planungszeitraum von 10 Jahren • 2.000 Kinder und Jugendliche mit Übergewicht oder Adipositas im Alter 6-18 Jahre • 1.000 schlanke Kinder und Jugendliche als Kontrollpopulation im Alter 6-18 Jahre Kohortierungsziel in der Förderperiode 2008 bis 2014 und Rekrutierungsbeginn 2011 • 500 Kinder und Jugendliche mit Übergewicht oder Adipositas mit je zwei Untersuchungstagen, die insgesamt 1.000 Erst- und jährlichen Folge-Untersuchungen (= 2.000 Besuche) absolvieren • 250 schlanke Kinder und Jugendliche mit je zwei Untersuchungstagen, die insgesamt 500 Erst- und jährlichen Folge-Untersuchungen (= 1.000 Besuche) absolvieren Zielstellung der Kohorte 1. Identifizierung von Risikofaktoren und Mechanismen, die zu Adipositas und damit assoziierten metabolischen Erkrankungen führen. 2. Suche nach Prädiktoren für die Entwicklung von juveniler Adipositas und metabolischem Syndrom 3. Zusammenhang zwischen Lebensstil, Umweltfaktoren und genetischer Disposition bei der Pathogenese von kindlichem Übergewicht. 4. Identifikation von Frühmarkern metabolischer und kardiovaskulärer Folgeerkrankungen 3.4.2 Inhaltliche Themenbereiche und wissenschaftliche Fragestellungen Entwicklungsveränderungen im Kindes- und Jugendalter 28 Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterliegt einer stark zunehmenden Dynamik. Nicht zuletzt sind sie in zunehmendem Maß verändernder Umweltbedingungen gegengestellt. Um die Ursachen und Mechanismen von Erkrankungen erforschen zu können, muss die „normale“ körperliche, psychische und soziale Entwicklung verstanden werden. Einerseits bestehen hier in weiten Bereichen noch unerforschte Gebiete und unverstandene Regulationsvorgänge, anderseits unterliegt die Entwicklung demselben Veränderungsdruck wie die Umweltbedingungen, in denen die Individuen leben. Nicht zuletzt dies erfordert eine regelmäßige Neujustierung unseres Wissens: • Gegenwärtige körperliche, kognitive und psychosoziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Leipzig • Identifizierung und Funktionsaufklärung von bekannten bzw. neuen Knochenstoffwechselmarkern • Einfluss von Nikotinexposition zu verschiedenen Zeitpunkten im Langzeitverlauf der kindlichen körperlichen, kognitiven und psychischen Entwicklung • Etablierung von 3D-Laser-basierter, anthropometrischer Körpervermessung mit anschließender computerassistierter Rekonstruktion und Auswertung; Identifikation, Häufigkeit und Krankheitsassoziation von Dysmorphiezeichen bei Kindern und Jugendlichen; Körperkonturveränderung in der Schwangerschaft als Indikator für pränatale und postnatale Entwicklungsdevianzen. • Art und Häufigkeit von Schilddrüsenerkrankungen im Großraum Leipzig und Relevanz für die kindliche Entwicklung; Häufigkeit von unentdeckten Fällen • Art und Häufigkeit von Nierenerkrankungen; Normwerte für Cystatin-C im Kindes- und Jugendalter • Etablierung von Haaranalysen für sensitive, zeitstabile Indikatoren: Haarkortisol als retrospektives Zeichen chronischer Stressbelastung, Toxikologische HaarUntersuchungen zur Quantifizierung von Umweltbelastungen, Objektivierung von Alkoholkonsum im Kindes- und Jugendalter mittels Haar-Ethylglucuronid (ETG) • Aktuelle normative Daten zur Lungenfunktion im individuellen Verlauf; Einfluss auf Entwicklung und Leistungsfähigkeit von Kindern, Zusammenhang mit Frühgeburtlichkeit, Allergien, Umweltbelastungen, körperlicher Aktivität • Spezifischer Einfluss von Umweltbelastungen auf die frühkindliche Entwicklung: Analyse von Muttermilch und Haaren • Motorik und Koordination von Kindern und Jugendlichen im zeitlichen Verlauf; Einfluss von körperlicher Aktivität, Erziehung, sozialem Umfeld, detaillierter Zusammenhang mit Ausbildung von lebensstilassoziierten Erkrankungen • körperlicher, kognitiver und psychosozialer Einfluss von Suchtmittelgebrauch in der Familie auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie deren sozialer Adaptation • Relevanz von Fertilität und Kinderwunsch auf die Bindung und frühkindliche Entwicklung sowie Partnerschaftsstabilität • Soziale Vererbung: Langzeitarbeitslosigkeit, Milieu, Sozialstatus, Schwangerschaftsmotive, Bildung, Selbstkonzept • Hormonelle Einflüsse auf die Inzidenz kraniomandibulärer Dysfunktionen im Jugendalter • Unfälle und Verletzungen • Stimmleistung und -qualität 29 • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Systemweite phänotypische und funktionelle Erfassung peripherer Blutleukozyten mittels Cytomics Interaktionen zwischen sozialräumlichen Merkmalen der Nachbarschaft, psychosozialen und soziodemographischen Merkmalen der Eltern und den genetischen Prädispositionen der Kinder bei der Prädiktion von Gesundheitszustand und Erkrankungen der Kinder und Jugendlichen Juvenile Adipositas – Einflussfaktoren und Folgen Identifizierung von Prädiktoren und Mechanismen der Endotheldysfunktion bei adipösen Kindern und Jugendlichen Motorik, Koordination und körperliche Leistungsfähigkeit von adipösen im Vergleich zu schlanken Kindern und Jugendlichen Relevanz von Lifestyle, Peer und Medien auf die Entwicklung und den Verlauf von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen Beziehungen zwischen Schlafvariablen und der Entwicklung von Adipositas und assoziierten Folgeerkrankungen bei Kindern Prädiktiver Wert von Erfahrungen figur- und gewichtsbezogener Diskriminierung für die psychische und körperliche Gesundheit von Kindern und Jugendlichen Störungen des Fettstoffwechsels – Molekulare Lipidgenetik Krankheitsprädisposition in der Schwangerschaft und im Säuglingsalter Einfluss intrauteriner/pränataler sowie perinatologischer Parameter auf die Ausbildung von Krankheitsdispositionen und lebensstilassoziierten Erkrankungen Metabolische Langzeiteffekte des Stillens Pränatale psychische Prädiktoren für kindliches Übergewicht Effektivität von Rotaviren-Impfungen Körperliche Belastbarkeit und Lungenfunktion ehemaliger Frühgeborener im Zeitalter von Surfactant Bindungsstil der Mutter als Prädiktor von psychischen und körperlichen (Funktions-) Merkmalen des Kindes Psychosoziale Adaptation und psychische Störungen Somatoforme Störungen im Kindes- und Jugendalter - Assessmentstrategien, Epidemiologie, psychologische Korrelate und medizinisches Inanspruchnahme-verhalten Entstehungsbedingungen von depressiven Erkrankungen und anderen psychopathologischen Störungen von der Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter Veränderungen im Freizeitverhalten von Jugendlichen - Interessen, Mediennutzung, Suchtmittel sowie deren Auswirkungen auf die psychosoziale Entwicklung Entwicklung von Sensation Seeking und Persönlichkeit im Kindes- und Jugendalter Einfluss traumatischer Ereignisse und pränataler Verluste der Mutter auf die Entwicklung des Kindes Umwelt und Allergie 30 • • • Entwicklung von Allergie und Anaphylaxie bei Kindern und Jugendlichen Assoziation zwischen Allergien vom Soforttyp und Diabetes mellitus Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen Bestimmung der inneren Phthalatexposition von adipösen und normalgewichtigen Kindern sowie Ermittlung des phthalatassoziierten Risikos zur Entwicklung einer Insulinresistenz, Adipositas oder Atopie Periphere hämatopoetische Stammzellen (Eosinophile Vorläufer) • • Inanspruchnahmen von Gesundheitsleistungen Gebrauch alternativer Heilmethoden bei Kindern und Jugendlichen Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Versorgungskosten • Für die Bearbeitung der oben genannten Themen und den daraus resultierenden Fragestellungen wird ein breites Spektrum an Untersuchungsmethoden und Analysen benötigt. Um den multifaktoriellen Ätiologien von Zivilisationserkrankungen gerecht zu werden, müssen die Einflüsse verschiedenster Faktoren aus den Bereichen Wohnumfeld, Lebensstil, Erziehung, Persönlichkeit, Bildung und Genetik in Zusammenhang gebracht werden. Die Ergebnisse aus diesen wissenschaftlichen Analysen können als sogenannte Derivate wieder in neue Auswertungen eingebunden werden. Fortlaufend können auf dieser Basis neue Fragestellungen generiert werden. Letztlich ergibt sich so ein quasi unerschöpfliches Potential an Anwendungs- und Verwertungsmöglichkeiten. Tab. 3: Einordnung in das europäische Kinder-Kohortennetzwerk mit ähnlicher Konzeption Projekte / Populationsbasierte Forschungs- Orte Kohorten ziel LIFE Child Leipzig 1-18 Jahre + Schwangeren/Geburtskohorte Beginn 2011 Geplant 8.700 Familien 24.SSW, 36. SSW, G, 3.LM, 6.LM, 12LM, dann jährliches Followup Entwicklungsphänomene; Generieren von Normen; Ursachen und Auslöser häufiger Störungen und Erkrankungen 3-17 Jahre,17.641 Teilnehmer 2003-2006, deutschlandweit, Querschnitt mit geplantem Follow-up 2014 GINI/LISA Geburtskohorte mehrere 9.098 Teilnehmer Studienzentren 1995-1999 in Deutschland Follow-up bis 10.LJ SNIP/SHIP Geburtskohorte Greifwald 6.800 Teilnehmer 2003-2008 Neue Welle geplant HBSC Schulkinder,11-15 1. Bevölkerungsrepräsentativ, 2. Schwangersch./ Geburt, 3. Adipositas, 4. Psychische Störungen 5. Eltern Schwesterprojekt mit Erwachsenen 40-75 Jahre Mituntersuchung der Eltern KiGGS, RKI Deutschland Subkohorten QuerschnittMOMO, BELLA liche Erfassung der kindlichen Entwicklung in Deutschland Atopische Er- Ernährung, krankungen Umweltfaktoren/ Lifestyle Besonderheiten Bio-Analytik Untersuchungs- Biobank Programm sehr tiefgehende Phänotypisierung z. T. 2-3 Tage, 3DBodyscan, BayleyScales III, Augen, Stimme, Zähne, oGTT, ärztliche Untersuchung, Akzellerometer, Ultraschall/Echo, BIA, Grundumsatz, Spiro/Spiroergo uvm. ca. 4 Stunden, mittelgradige Phänotypisierung, umfangreiche Blut+Urin Sofortanalytik (ca. 80 Parameter), Genom, Transkriptom, Proteom, Mikrobiom,Serum, EDTA, DNA, RNA, Leukos, Haare, Stuhl, Plazenta, NS-Blut, Muttermilch Umfangreiche Analytik + Genom Einflussfaktoren keine prä/peri/postnat al Umwelteinflüsse, Lifestyfaktoren, Schadstoffanalyse, Anthro, BIA Daten der Vorsorgeuntersuchunge n Fokus aufallergologische Parameter, Genetik, Stammzelltypisierung, Antikörper Nicht bekannt Generationale 45min, keine keine 31 EU Jahre, seit 1982, mehrere 4jährige Follow-ups Studienzentren 43 Länder Europa und Nordamerika ALSPAC Bristol, UK Generation R Rotterdam The Danish National Birth Cohort, Kopenhagen 3.4.3 Veränderung sowie Einstellungen und Werte von Schulkindern Geburtkohorte Kindliche Entseit 1991 wicklung in UK, jährliches Follow-up „Children of the 90ies“ Geburtkohorte Verbesserung 9.778 Schwangere der Gesunddiskontinuierliche heitsvorsorge Follow-ups mit untervon schiedlichem Spektrum Schwangeren und Kindern 100.000 Kinder ab Ge- Kindliche Entburt wicklung in seit 1996 Dänemark Psychosoziale Adaptation und gesundheitsrelevantes Verhalten mehrere Umfassendes tiefgehende Analytik inkl. Spektrum inkl. MRT, Genom, Urin, Zähne, EEG, DEXA u.a. Nabelschnurblut, Umweltanalytik Vertiefungsphänoty Von mittelgradig bis tiefgehende Analytik inkl. pisierung bei 1.232 umfassend inkl. Genom, Nabelschnurblut Teilnehmern MRT, EEG, DEXA Schwesterprojekt u.a. mit Erwachsenen 45-106 Jahre keine Teils eher geringtiefgehende Analytik inkl. gradige PhänoGenombereich, Nabeltypisierung, Aufschnurblut, Umweltanawertung durch lytik Daten aus dem dänischem Gesundheitsregister Vertiefende Untersuchungen bei Teilgruppen inkl. MRT, DEXA, Pilotphase 3.4.3.1 Machbarkeitsstudien Neuartige oder im Kindesalter noch wenig etablierte Untersuchungsmethoden, die im Rahmen der LIFE-Child Kohorte auf der Suche nach neuen Erkenntnissen eingesetzt werden sollten, wurden in sogenannten Feasibility-Studien auf Ihre Durchführbarkeit, Verträglichkeit und Akzeptanz durch die Probanden überprüft. Damit wird unter anderem auch den Forderungen der medizinischen Ethikkommission entsprochen. Kinder und Jugendliche bedürfen eines besonderen Schutzes und jegliche Schädigungen oder Belastungen sind möglichst niedrig zu halten. Vor dem endgültigen positiven Votum durch die Ethikkommission war eine Beurteilung der neuartigen Untersuchungsmethoden in Feasibility-Studien notwendig. Das LIFE-Child-Untersuchungsprogramm besteht gleichwertig aus etablierten Untersuchungsmethoden, die weltweit bereits langjährig eingesetzt werden und die eine gute Vergleichbarkeit mit anderen internationalen Studien zulassen. Anderseits werden gezielt neuartige Verfahren eingesetzt, die eventuell neuartige Erkenntnisse erwarten liessen. Nach dem vorläufigen Votum der Ethikkommission und dem Abschluss einer Probandenversicherung konnte im Dezember 2010/Januar 2011 mit der Durchführung der FeasiblityUntersuchungen begonnen werden. Machbarkeitsuntersuchungen wurden folgende Verfahren unterzogen: - 3D-Bodyscan mittels Laser der Firma Body Solutions Zielgruppe: Kinder/Jugendliche ab 4 Jahre, Eltern, Schwangere Untersuchungsdauer: 10 min (mit Aus- und Ankleiden), Scandauer ca. 2 x 12 Sekunden Energiegrundumsatzmessung mittels indirekter Kalorimetrie Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre, Schwangere 32 - Untersuchungsdauer: 20 min Endothelfunktion mittels Endopat® Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre Untersuchungsdauer: 25 min oraler Glukosetoleranztest (oGTT)mit 6 Messzeitpunkten Zielgruppe: Schwangere, Kinder ab 6 Jahren Untersuchungsdauer: 2 Stunden Aktometrie mittels SenseWear-Geräten Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre Untersuchungsdauer: 7 Tage Motoriktest adäquat zu MOMO (KiGGS) Zielgruppe: Kinder/Jugendliche ab 3 Jahre Untersuchungsdauer: 20 min Sing-und Sprechstimmanalytik Zielgruppe: Kinder ab 4 Jahre und Eltern Untersuchungsdauer: 10 min Lipidbelastungstest - Durchführbarkeit, Verträglichkeit und Dosisfindung Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre Dauer: 4 Stunden 3.4.3.2 Erprobungen des Gesamtprogramms (Pilotstudie) Zur Vorbereitung der Hauptstudie wurde ab Januar 2011 eine Pilotstudie gestartet. In dieser sollten alle wesentlichen Elemente der Hauptstudie simuliert und überprüft werden. Dabei wurden Prozeduren und Verfahrensabläufe einschließlich Erhebungsmethoden in identischer Weise wie in der geplanten Hauptstudie im Parcours und mit echten Probanden getestet. Diese Pilotphase hatte folgende Zielsetzung: a) Erprobung von Algorithmen zur Probandenauswahl b) Erprobung des Verfahrens zur Probandeneinladung c) Ablaufplanung mit: Erprobung der logistischen Abläufe in der LIFE-Studienambulanz Gewinnung von Informationen über die Dauer und zeitliche Variabilität der einzelnen Untersuchungsmaßnahmen und Befragungen Durchführbarkeit von einzelnen Untersuchungen und des Gesamtprogramms in Abhängigkeit vom Alter der Probanden Anhand der in der Pilotphase gewonnenen Informationen konnte das für die Hauptstudie geplante Untersuchungsprogramm in seinem Umfang oder seinen zeitlichen Abläufen gegebenenfalls modifiziert werden. Für die Pilotphase waren insgesamt 400 teilnehmende Familien geplant (250 LIFE-Child Kinder, 50 LIFE-Child Schwangere, 50 LIFE-Child Neugeborene, 100 LIFE-Child-Obesity Probanden) von denen ein Teil bereits unter denselben Bedingungen wie die eigentliche Probanden-Kohorte ausgewählt, eingeladen und untersucht wurden. a) Erprobung von Algorithmen zur Probandenrekrutierung In der Pilotphase lag das Hauptaugenmerk auf der Information der Bevölkerung und mitwirkender Instanzen, da dies ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg einer derartigen 33 Studie darstellt. Die Bedeutsamkeit dieses Einflusses steigt unter der Bedingung, dass im LIFE Child Projekt freiwillige, gesunde Kinder und Jugendliche umfangreich phänotypisiert werden sollen. Kinder und Jugendliche haben per se kein Interesse an einer wissenschaftlichen Studie. Meist entscheiden die Erziehungsberechtigten über deren Teilnahme. Dies stellt eine außerordentliche Herausforderung an die Imagebildung und Rekrutierungsstrategie dar. Aus diesem Grund wurde bereits frühzeitig mit der Involvierung beteiligter, öffentlicher Institutionen begonnen. Es folgten Informationsveranstaltungen für spezielle niedergelassene Facharztgruppen und dosierte Presseberichte in Leipziger Lokalmagazinen. Damit wurde gezielt das Gesundheitsbewusstsein der Leipziger Bevölkerung angesprochen und aktiviert. Weitere Maßnahmen wie der Aufbau einer Internetpräsenz mit umfangreichen Informationen über Gesundheit, Zivilisationserkrankungen und das LIFE-Forschungszentrum sollen das Image der Studie weiter stärken. Gegen Ende der Pilotphase der LIFE-Child Kohorte wurde mit verstärkter Initiative zur Teilnahme über verschiedene Medien aufgerufen. Neben der umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit wurden Kooperationen geschlossen, um Kinder/Jugendliche und deren Erziehungsberechtigte/Eltern aus allen sozialen Schichten des Großraums Leipzig anzusprechen. Hierzu zählen: • Kinderärzte, niedergelassene Gynäkologen und Hebammen der Stadt Leipzig, • das Gesundheitsamt sowie die Schwangerschaftsberatung der Stadt Leipzig • die Sächsische Bildungsagentur, Schulen und Lehrer • Geburtsmedizin und Kinderpoliklinik des Universitätsklinikum Leipzig AöR Die Pilotphase hatte gezeigt, dass insbesondere die Kooperation mit dem Gesundheitsamt sowie die Ansprache über die Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Universität Leipzig zahlreiche Anmeldungen in allen sozialen Schichten eingebracht hat. Als Problematisch hat sich hingegen die Rekrutierung von Schwangeren erwiesen. Aufgrund der gewünschten frühzeitigen Anmeldung in der 24.-26. Schwangerschaftswoche muss in der Hauptstudie weiter auf diese Probandengruppe eingegangen und die Kooperationen insbesondere mit den niedergelassenen Gynäkologen verstärkt werden. b) Erprobung des Verfahrens zur Probandeneinladung Sind Kinder und deren Eltern/Erziehungsberechtigte sowie Schwangere über die oben genannten Rekrutierungswege auf LIFE aufmerksam geworden und möchten sich zur Studie anmelden, haben sie dazu folgende Möglichkeiten. Zum einen ist eine telefonische Anmeldung über die LIFE-Hotline möglich. Dort werden alle benötigten Probandendaten aufgenommen und ein Termin vereinbart. Zum anderen können Interessierte ihre Kontaktdaten über ein Online-Anmeldeformular auf der LIFE-Homepage hinterlassen. Daraufhin werden Sie zur Terminvergabe von einer Dokumentationsassistentin angerufen. Darüber hinaus ist es Interessierten möglich sich per Kontaktformular, welches den Informationsunterlagen, die über die Schulen, das Gesundheitsamt sowie der Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Universität Leipzig ausgegeben werden, anzumelden. Für die Aufnahme der notwendigen Probandendaten sowie einer Terminvergabe werden die Interessierten ebenfalls von einer Dokumentationsassistentin kontaktiert. Es hatte sich gezeigt, dass die Methoden zur Probandeneinladung gut ausgewählt und 34 umsetzbar sind und von den Probanden gut akzeptiert werden. Bei dem Rückruf von Interessenten ist jedoch darauf zu achten, dass dies aufgrund der Berufstätigkeit der Eltern/Erziehungsberechtigten und Schwangeren auf den Nachmittag bzw. die frühen Abendstunden zu legen ist. 120 108 107 100 80 A2 60 43 Geburten/Säuglinge 40 20 14 10 0 Schwangere B1 A2-B1 Abb. 12: Probandenkollektiv der Pilotstudie c) Ablaufplanung In der Pilot-Studie wurden der Ablauf und die Logistik des gesamten bzw. eines großen Teils an Untersuchungen der späteren Hauptstudie sowie die indirekt mit dem Untersuchungsprogramm hängenden Abläufe erprobt. Neben der zeitlichen Dauer und Variabilität der einzelnen Untersuchungsmaßnahmen und Befragungen, sowie der interdisziplinären Interaktion zwischen einzelnen Studienambulanzmitarbeitern, betraf dies beispielsweise auch die anschließende Verarbeitung von Bioproben und die Archivierung von Untersuchungsdaten in die Forschungsdatenbank. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse wurde der altersabhängige Untersuchungsablauf sowie die Ambulanzlogistik optimiert und ein Idealplan zur standardisierten Ablaufplanung erstellt. Berücksichtigt wurden dabei auch die positiven und negativen Aspekte, die in den Evaluationen am Untersuchungsende genannt wurden. 3.4.3.4 Auswertung der Pilotphase, Überarbeitung des Studienprotokolls und Beantragung des Ethikvotums für die Hauptstudien der LIFE Child Health und LIFE Child Obesity Die Ethikkommission der Universität Leipzig hatte im Jahr 2010 ein vorläufiges positives Votum für die Pilotphase des beantragten Studienprotokolls für die hier beschriebenen LIFE Child Teilprojekte erteilt. Aufgrund der Einzigartigkeit einer solch umfassenden und langfristigen Kinderforschungsprojektes fehlten Erfahrungen zur Risikoeinschätzung. Aus diesem Grund wurden die Studienleiter der LIFE Child Kohorte durch die Ethikkommission aufgefordert vor Entscheidung über ein endgültiges Votum wesentliche Ergebnisse zu Belastbarkeit, unerwünschten Ereignissen, Probandenfeedback, Rekrutierungserfolg sowie 35 Relevanz und Validität der Untersuchungsergebnisse einzureichen. Zudem sollten Art, Zahl und Konsequenzen von sogenannten Zufallsbefunden dargestellt werden. Kurze Übersicht der relevanten Ergebnisse: • Erfolg der Rekrutierungsstrategien Im Pilotkollektiv konnte eine weitgehend ausgewogene Alters- und Geschlechtsverteilung erreicht werden. Einzig in der Altersgruppe der 16-18-jährigen gab es eine Ungleichverteilung zugunsten der weiblichen Teilnehmer. Als besonders effektiv zeigten sich die Rekrutierung über die Ambulanzen der Universitätskinderklinik, die Ansprache über das Gesundheitsamt und die Schulen direkt. Weniger erfolgreich war die Ansprache über niedergelassene Kinder- und Frauenärzte. Ebenfalls Optimierungsbedarf ergab sich bei der Rekrutierung Schwangerschaftskohorte Insgesamt konnte die angestrebten täglichen Durchsatzzahlen erreicht werden • Relevanz und Validität von Untersuchungsergebnissen Zur Prüfung der Untersuchungs- und Ergebnisvalidität im Kindes- und Jugendalter wurden verschiedene Feasibility- und Machbarkeitsuntersuchungen der wichtigsten Methoden durchgeführt. Im Einzelnen betraf dies den 3D-Bodyscan, die Messung der Arterienfunktion, der Köperzusammensetzung mittels bioelektrischer Impedanz, des Energiegrund- und Aktivitätsumsatzes sowie der metabolischen Auswirkungen der Fettresorption, Testung der motorischen Fähigkeiten und Analyse der Sing- und Sprechstimme. Bis auf die Testung der Fettresorption konnte alle Methoden als valide bestätigt werden und wurden in die Hauptstudie übernommen. • Probandenfeedback, Akzeptanz und Belastbarkeit Eine elementare Voraussetzung für die erfolgreiche, langfristige Bindung der Probanden ergibt sich aus deren Akzeptanz in Bezug auf die durchgeführten Untersuchungen, des gesamten Parcours und der damit zusammenhängenden Belastbarkeit der einzelnen Teilnehmer. Wie sich aus den folgenden Graphiken erkennen lässt, gibt es keine Untersuchungsmethode, die als absolut inakzeptabel eingeschätzt wurde. Vielmehr werden die einzelnen Methoden je nach Vorliebe mehr positiv oder negativ bewertet. Selbst die Blutentnahme, die ja aus kindlicher Sicht eher kritisch zu erwarten wäre, wurde von 15 Prozent der Teilnehmer als besonders positiv eingeschätzt. • Unerwünschte Ereignisse In Einzelfällen kam es zu einem Kollaps nach der Blutentnahme und in 2 Fällen zu einem Unfall auf dem Weg in die LIFE-Studienambulanz. • Relevanz von Zufallsbefunden Ein sehr wichtiges und international überaus kontrovers diskutiertes Thema bei Kohortenstudien ist der Umgang mit sogenannten Zufallsbefunden. Dies sind Normabweichungen bestimmter Messergebnisse (Befunde), die im Rahmen der Forschungsziele nicht absehbar sind. Solche Normabweichungen können für die Teilnehmer ohne weitere Relevanz sein, andererseits können Normabweichungen auch auf eine schwere Erkrankung hinweisen. Aus diesem Grund fordert jede Ethikkommission ein standardisiertes, moralisch vertretbares und gesundheitspolitisch ökonomisches Verfahren im Umgang mit Zufallsbefunden. Eine detaillierte Beschreibung zum Procedere findet sich in einem späteren Abschnitt. 36 2,5 2 1,5 1 AN ZA AK GU sp m Hs F LF SE BS BE U EKG RR A MT EP BIA US SS 0 FB 0,5 Abb. 13: Positiv-(grün) und Negativnennungen (rot) der einzelnen Untersuchungsmethoden 0 -0,5 -1 -1,5 ZA OGT EV Ur An AK GU m Hs F LF SE BS BE U EKG RR A MT EP BIA US FB -2,5 SS -2 Diese und weitere Resultate aus der Pilotstudie führten zu zahlreichen Änderungen im Studienprotokoll, um den hohen ethischen Anforderungen an eine solche longitudinale Kohortenstudie gerecht zu werden. Insbesondere gab es Modifikationen bei den Rekrutierungsstrategien, dem Ablauf des Untersuchungsparcours und ethikrelevanten Vorgehensweisen in der Umsetzung des Forschungsprojektes. Änderungen am Untersuchungsdesign oder inhaltlichen Fragestellung wurden bis auf die Eliminierung des Fettresorptionstests nicht vorgenommen. Die revidierten Studienprotokolle für die Teilprojekte LIFE Health-Child und LIFE ObesityChild wurden als Amendement und mit den geforderten Auswertungen bei der Ethikkommission eingereicht. Ohne weitere Auflagen wurde das uneingeschränkte Votum für die Hauptstudien beider Teilprojekte erteilt. 3.4.3 Rekrutierungs- und Follow-up-Phase Untersuchungsprogramm für die Hauptstudie Zu einem Untersuchungsparcours zusammengeführt, wurden in der Pilotphase der Ablauf und die Logistik des gesamten bzw. eines großen Teils an Untersuchungen der folgenden Hauptstudie sowie die indirekt mit dem Untersuchungsprogramm hängenden Abläufe erprobt. Neben der zeitlichen Dauer und Variabilität der einzelnen Untersuchungsmaßnahmen und Befragungen, sowie der interdisziplinären Interaktion zwischen einzelnen Studienambulanzmitarbeitern, betrifft dies beispielsweise auch die anschließende Verarbeitung von Bioproben und die Archivierung von Untersuchungsdaten in die Forschungsdatenbank. 37 Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse wurde der altersabhängige Untersuchungsablauf sowie die Ambulanzlogistik optimiert und ein Idealplan zur standardisierten Ablaufplanung erstellt. Berücksichtigt wurden dabei auch die positiven und negativen Aspekte, die in den Evaluationen am Untersuchungsende genannt wurden. Bezüglich der unterschiedlichen Untersuchungsgruppen in der LIFE-Child- und LIFE-Child-Obesity-Kohorte ergeben sich folgende Untersuchungsprogramme (Tab. 4). Tab. 4: Untersuchungsprogramm der Hauptstudie nach Zielgruppe, Alter und Berufsgruppe A2-Kohorte ab 1 Jahr B1-Kohorte A2/B1-Kohorte Aufklärung/Einwilligung x x x Anamnese (Eigenanamnese, Familienanamnese, Geschwisteranamnese, Medikamentenanamnese) x x x Körperliche Untersuchung + Pflegezustand x x x Entwicklungsneurologische Untersuchung x x x Blutentnahme x x x x x EKG-Auswertung x x Schilddrüsensonographie x x Intima-Media-Sonographie x x Herzecho x x x (Subgruppe) x (Subgruppe) Ärztliche Tätigkeiten Blutentnahme als oGTT Zahnuntersuchung x Überwachung Spiroergometrie Studienassistenten-Tätigkeiten Urinprobe x x x Anthropometrie x x x Blutdruckmessung x x x Haarprobe x x x Hautfaltenmessung x (ab 2,5 Jahre) x x BIA x (ab 5,5 Jahre) x x Bayley Scales x (bis 3,6 Jahre) Motoriktest x (ab 3,6 Jahre) x x Bodyscan x (ab 5,5 Jahre) x x Spirometrie x (ab 6,5 Jahre) x (ab 6,5 Jahre) x (ab 6,5 Jahre) Sing- und Sprechtest x (ab 6,5 Jahre) x (ab 6,5 Jahre) x (ab 6,5 Jahre) x x Grundumsatzmessung x (Subgruppe) x (Subgruppe) Endopat x (Subgruppe) x (Subgruppe) Aktivitätsmessung per Accellerometer x (Subgruppe) x (Subgruppe) EKG 38 Spiroergometrie x (Subgruppe) x (Subgruppe) x (ab 7,5 Jahre) x (ab 7,5 Jahre) x (ab 7,5 Jahre) x x x x x x x x x x x x Fragebögen Selbstausfüller für Kind/Jugendlichen (Anzahl und Art je nach Alter verschieden) Selbstausfüller für Eltern/Begleitperson Fragebögen über Kind/Jugendlichen ausgefüllt von Eltern/Begleitperson (Anzahl und Art je nach Alter des Kindes verschieden) Speicherung von Daten aus Dokumenten Gelbes Heft/ Grünes Checkheft Impfausweis Geburtskohorte Schwangere Säuglinge Aufklärung/Einwilligung x x Anamnese (Schwangerschaftsu. Gynäkologieanamnese, Eigenanamnese) x x Ärztliche Tätigkeiten Anamnese (Familienanamnese, Geburtsanamnese, Medikamentenanamnese) x Körperliche Untersuchung + Pflegezustand x Entwicklungsneurologische Untersuchung x Blutentnahme als oGTT Blutentnahme x (in 24.-26.SSW) x (in 36.SSW) Zahnstatus x (ab 3.LM) x Schädelsonographie x (nur im 3.LM) Studienassistenten-Tätigkeit Plazentabiopsie x (zum Geburtszeitpunkt) Nabelschnurblut x (zum Geburtszeitpunkt) Urinprobe x Muttermilch x x (Mutter) Anthropometrie x x Blutdruckmessung x x Haarprobe x x Bayley Scales Bodyscan x x x (nur die Eltern) 39 Fragebögen Selbstausfüller für Schwangere bzw. Eltern/Begleitperson Fragebögen über Kind/Jugendlichen ausgefüllt von Eltern/Begleitperson x x x x (Anzahl und Art je nach Alter des Kindes verschieden) Speicherung von Daten aus Dokumenten Mutterpass Gelbes Heft/ Grünes Checkheft Impfausweis x x x x x Procedere bei Zufallsbefunden Nach ersten Auswertungen liegt die Häufigkeit aller Zufallsbefunde bei den in der LIFE Child Studie durchgeführten Untersuchungen bei knapp 100 Prozent. Die Schwierigkeit liegt im Abschätzen der Relevanz solcher Zufallsbefunde für die Teilnehmer einer Kohortenstudie wie LIFE Child. Einerseits würde eine weitere medizinische Abklärung aller Zufallsbefunde eine Überforderung des Gesundheitssystems darstellen und zu Belastungen der Teilnehmer führen. Anderseits besteht die Gefahr eine bedeutende Krankheit zu übersehen, welche in der Folge zu Beeinträchtigung der Teilnehmer führt. Folgende Vorgehensweise bei Zufallsbefunden wurde aufgrund dieser Überlegungen und infolge eines intensiven Austausches mit ähnlich gearteten internationalen Kohortenstudien sowie umfangreichen Diskussionen mit Medizinethikern, Mitgliedern des Arbeitskreises Medizinischer Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e. V. sowie einer anhaltenden Feedbackverhältnisses mit niedergelassenen Kinderärzten der Stadt Leipzig für das LIFE Child Projekt erarbeitet. Wird bei einer der Untersuchungen ein Zufallsbefund gefunden, wird von dem verantwortlichen Studienarzt eine Dringlichkeit eingeschätzt. Bei hoher Dringlichkeit, beispielsweise akuter Herz-Rhythmusstörung, erfolgt eine sofortige Vorstellung in der Notaufnahme der Universitätskinderklinik zur weiteren Diagnostik und eventuellen Therapie. Bei lebensbedrohlichen Zuständen steht das Reanimationsteam der Universitätskinderklinik auch in der Studienambulanz zur Verfügung. Finden sich Zufallsbefunde mit subakuten oder chronischen Charakter werden diese Ergebnisse in der wöchentlich stattfindenden Teamrunde den Studienleitern vorgestellt und deren Konsequenz für Behandlung sowie Folgen für die kindliche Entwicklung diskutiert. Ziel ist es, einen Präzedenzfall zu generieren. Alle Präzedenzfälle werden mit einer Handlungsanweisung (weitere Diagnostik notwendig oder nicht?) dokumentiert und können so für zukünftige, ähnliche Befunde wieder zur Anwendung kommen. Ist es in der LIFE-internen Diskussion nicht möglich, einen Präzedenzfall zu generieren, wird ein externer, als solches ausgeschriebener Experte zu Rate gezogen. Kann auch nach dieser Expertenbeurteilung aufgrund einer fraglichen medizinischen oder psychologischen Relevanz für den Probanden wiederum kein Präzedenzfall generiert werden, wird der Fall einem ethischen Beratungs40 gremium vorgetragen (siehe Studienprotokoll). Dieses Gremium erfüllt eine beratende Funktion aus nichtmedizinischer Sicht. Spätestens aufgrund dieser Beratung sollte der Präzedenzfall in Zusammenarbeit mit Studienleitern und Experten generiert werden. Ergibt sich aus dem Präzedenzfall eine Handlungskonsequenz, wird nach Entbindung von der Schweigepflicht der behandelnde Kinder-/Hausarzt über den Zufallsbefund unterrichtet. Zeitnah erhalten die Erziehungsberechtigten eine Information mit der Bitte um Vorstellung bei dem Kinder-/Hausarzt. Von dem Kinder-/Hausarzt können weitere Ergebnisse, die für die Beurteilung des Zufallsbefundes wichtig sind, im LIFE Forschungszentrum angefordert werden. Alle Erziehungsberechtigten werden vor Beginn der Untersuchungen um eine Schweigepflichtentbindung für die Kinder gebeten. Auf die Wahrung des Rechtes auf Nichtmitteilung von Untersuchungsbefunden wird dabei geachtet. Zur Qualitätssicherung erfolgt nach 2 bis 3 Wochen eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zur Eruierung der Ergebnisse eventuell weiterer Diagnostik. Evaluierungsprozess und Auswirkung auf den Untersuchungsparcours Die konsequente, tagesgenaue Evaluierung des gesamten Untersuchungsparcours, des Einladungs- und Rekrutierungsprocedere sowie der Nachbetreuung (bspw. bei Incidental findings) ist eine der grundlegendsten Elemente des LIFE Child Konzeptes. Im Vergleich zu anderen Kinderforschungsprojekten ist es oberste Prämisse von LIFE Child, möglichst gezielt auf die Bedürfnisse, Wünsche und Anregungen der Teilnehmer und Begleitpersonen einzugehen. Der Erfolg zeigt sich in der erfolgreichen Rekrutierung sowie der im Vergleich zu anderen Studien im Kindes- aber auch Erwachsenenalter deutlich geringeren Attrition. Die Evaluierung erfolgt über Fragebogenassessments, die an die Kinder und Jugendlichen als auch an die Begleitpersonen gerichtet sind. Ausführliche Beschreibungen dazu finden sich auch in den vorangegangenen Berichten. Im Verlauf wurde der Evaluierungsprozess mit den vorherigen Erfahrungen weiter verbessert. Die Befragung wurde in eCRFs des LimeSurvey-Formats umgewandelt und erfolgt nun außer bei technischen Ausfällen ausschließlich in elektronischer Form. Dies bietet den Vorteil einer sofortigen elektronischen Auswertung mit verschiedenen Kategorisierungen sowie der Verknüpfung zu anderen Erhebungsdaten. In diesem Zusammenhang wurde das Assessment überarbeitet und optimiert. Wöchentlich erfolgt eine Präsentation der Auswertedaten im Ambulanzteam mit Diskussionen und Brainstorming zur Verbesserung des Ambulanzdurchlaufes sowie des Untersuchungsparcours. Viele Teilnehmer geben auf diese Art wichtige und überaus konstruktive Anregungen, wie die Untersuchungsabläufe für die Kinder noch verbessert werden können. Dieses Verhalten verdeutlicht, dass die Leipziger Bevölkerung nicht nur passiv das Angebot als „Gesundheitscheck“ nutzt, sondern LIFE Child als einzigartiges Leipziger Forschungsprojekt annimmt und auch am Gelingen interessiert ist. Kohortenaufbau und gleichzeitige Implementierung von Follow-up-Untersuchungen. Der primäre Fokus in der Phase der Hauptstudie liegt im Aufbau der einzelnen Child Kohorten und dem Erheben von Untersuchungsdaten. Aufbauend auf den gesammelten Erkenntnissen in Bezug auf die Testung von Prozeduren und Verfahrensabläufen in der Pilotstudie im Jahr 2011 sowie der umfangreichen Öffentlich41 keitsarbeit und den zahlreichen Kooperationspartnern war es allzeit möglich, kontinuierlich Familien mit Kindern für die Untersuchungen zu gewinnen Insgesamt konnten bisher für LIFE-Child 1.873 Probanden rekrutiert werden, die bis Ende April 2014 3.302 Besuche absolviert haben. Dazu kommen 355 Schwangere mit 555 Besuchen sowie 508 Geburten/Säuglinge mit 896 Besuchen (LIFE-ChildPregnancy/Birth). Gleichzeitig nahmen für LIFE-Child Obesity 242 Probanden mit insgesamt 720 Besuchen sowie für deren Kontrollgruppe 184 Probanden mit 556 Besuchen teil. (siehe Abb. 14 - 17) Wie sich gut erkennen lässt, steigt der Neueinschluss von Teilnehmern von 2011 zu 2012 deutlich an und muss dann im Jahr 2013 zugunsten der Folgeuntersuchungen bei gleichbleibenden Personal-, Raum- und technischen Ressourcen wieder reduziert werden 1.000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 892 489 382 2011 110 177 137 124 70 126150 38 41 2012 769947 20 46793623 2013 2014 Abb. 14: Neueinschluss von Probanden in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 2.000 1.873 1.600 1.200 800 400 508 355 242 184 0 Abb. 15: Gesamtzahl der Teilnehmer (Erstbesuche) 01.06.2011 – 30.04.2014 42 1.400 1.200 1.323 1.149 2011 2012 1.000 2013 800 600 2014 390 440 400 196 200 326 225 149 193 55 242 65 223 176 22695 181 186 92 97 0 Abb.16: Besuche (Erstbesuch und Follow-ups) in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 3.500 3.302 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 896 555 720 556 500 0 Abb. 17: Besuche gesamt im Zeitraum 01.06.2011 – 30.04.2014 Gemessen an der Gesamtzahl der Besuche konnte der Probandendurchlauf in der LIFE Child Studienambulanz im Berichtszeitraum durch Optimierung des Einladungsmanagements und des Parcoursablaufes kontinuierlich gesteigert werden. Für eine optimale Auslastung der Studienambulanz sind neben der Anzahl der rekrutierten Kinder, Jugendlichen, Eltern und Schwangeren auch die Zahl der Besuche ausschlaggebend, die pro Jahr in den einzelnen Untersuchungsgruppen vorgesehen sind. Folgende Untersuchungszeitpunkte werden umgesetzt: LIFE-Child 1 – 18Jahre: 1 Untersuchungstag pro Jahr LIFE-Child Schwangere: 1 Untersuchungstag zwischen der 24. - 26. SSW + 1 Untersuchungstag in der 36. Schwangerschaftswoche LIFE-Child Geburtskohorte: 1 Untersuchungszeitpunkt zur Geburt + 1 Untersuchungstag im 3.LM, 6.LM und 12.LM LIFE-Child Obesity 6 – 18Jahre: 2 Untersuchungstage pro Jahr 43 Für die bisherige Projektlaufzeit können für die Kohorten folgende Ergebnisse vorgelegt werden. Die Grafiken wurden dabei im Vergleich zu den vorherigen Berichtszeiträumen um das Jahr 2014 erweitert und entsprechend angepasst: In der Gruppe der Kinder und Jugendlichen in LIFE-Child zeigt sich seit der Pilotstudie im Jahr 2011 ein konstanter Anstieg der Probandenzahlen. Seit März 2013 zeigt sich bei weiterhin konstantem Anstieg eine leichte Divergenz zu den intern gesetzten Meilensteinen (Abb. 18). Abb. 18: Anzahl der Besuche LIFE-CHILD 1-18 Jahre Dafür konnten unterschiedliche Gründe identifiziert werden, die auch mit eigens dafür angefertigten und bereits publizierten Analysen bestätigt wurden. Bei der Planung der Meilensteine wurde von einer allzeit optimalen Auslastung des Untersuchungsparcours mit 16 Kindern pro Tag ausgegangen. Nach den bisherigen Erfahrungen kann dies nur als rein synthetischer Wert betrachtet werden. Ein nicht unerheblicher Teil der Eltern bzw. Probanden verschieben sehr kurzfristig ihre Teilnahme auf einen anderen Termin. Komplette Ablehnungen der Teilnahmen sind in diesem Zusammenhang verschwindend gering, da sich die Teilnehmer freiwillig für die Studie anmelden. Mit Abstand der häufigste Grund für eine Terminverschiebung sind akute Erkrankungen, welche im Kindesalter nicht ungewöhnlich sind. Auf dem zweiten Platz liegen plötzliche Verhinderung der Eltern als Begleitperson. In der von uns durchgeführten Analyse zeigte sich zudem eine deutliche Wetterabhängigkeit bei den kurzfristigen Terminverschiebungen. Sowohl sehr schlechtes Wetter als auch sommerliche Temperaturen führen zu einer höheren Absagerate. Resultierend aus diesen Erkenntnissen wurden entsprechende Maßnahmen etabliert. So wird bspw. die tägliche Durchlaufplanung entsprechend des Wetterberichtes individuell überbucht. Dabei stellt sich regelmäßig die Herausforderung, dass die Teilnehmer ein altersadaptiertes Untersuchungsprogramm haben, welches bei Nachrücken in den die Gesamttagesablaufplanung passen muss. Ein weiterer Grund ist der kurzfristige und teils langandauernde kranksheits- oder schwangerschaftsbedingte Ausfall von Mitarbeitern. So waren in 2013 zwei Mitarbeiterinnen mehr als 6 Monate krank. Gleichzeitig befanden sich 4 MitarbeiterInnen in Beschäftigungsverbot, Mutterschutz oder Elternzeit. Der tägliche Probandendurchsatz wird immer am oberen Limit anhand der an diesem Tag anwesenden Mitarbeiter geplant. In diesem Zu44 sammenhang können oben genannte Ausfälle kurz- und mittelfristig nicht kompensiert werden, was in einer Herabsetzung des täglich machbaren Probandendurchsatzes resultiert. Dennoch konnte das SOLL zum Ende des Berichtszeitraumes zu 87% erfüllt werden, was eine hohe Effizienz der Mitarbeiter und der Abläufe in der Studienambulanz bestätigt. Die Rekrutierungszahlen in der Geburtskohorte (LIFE-Child Pregnancy/Birth) zeigen sich durchweg positiv. Die Anstrengungen hinsichtlich verstärkter Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf Schwangere in den Jahren 2012 und 2013 haben die Anmeldezahlen stetig gesteigert, so dass das angestrebte SOLL zu 93% erfüllt wurde (siehe Abb. 19). Abb. 19: Anzahl der Besuche LIFE-A2 während der Schwangerschaft (24. und 36. Schwangerschaftswoche) Durch gezielte Probandenbindungsmaßnahmen sowie der guten Kooperation mit Kinderärzten, dem Gesundheitsamt sowie der Universitätsgeburtsmedizin liegen die Besuchszahlen der Kinder in der LIFE Child Geburtskohorte sogar oberhalb der internen Meilensteinplanung (siehe Abb. 20). Aufgrund technischer Gegebenheiten wird jedes Follow-up auch bei zwei Untersuchungstagen nur als ein Besuch gezählt. Abb. 20: Anzahl der Besuche LIFE-A2 Geburtskohorte 45 Auch bei der Rekrutierung der übergewichtigen und adipösen Kinder wurden die Bemühungen deutlich intensiviert und verschiedenartige Strategien kamen zur Anwendung. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Adipositas-Ambulanz der Universitätskinderklinik stiegen die Teilnehmerzahlen zwar weitegehend linear, jedoch nicht adäquat zu den Zeitzielen. Wie sich nicht nur im Studiensetting, sondern auch in der klinischen Versorgung zeigt, handelt es sich bei übergwichtigen und adipösen Kindern um ein sehr spezielles Probandenwie auch Patientenklientel, deren phlegmatische Mentalität es gerade bedingt, was zu dem zu untersuchenden Beschwerdebild führt. Adipöse Kinder und Jugendliche sowie deren Familien sind in der Regel nur sehr schwer motivierbar, an gesundheitsbildenden Maßnahmen teilzuhaben. Nicht zuletzt fehlt bei einem Teil der Betroffenen überhaupt ein Leidensdruck, andere haben hingegen längst resigniert. Dies zeigt sich täglich an der überdurchschnittlich hohen Zahl an Terminverschiebungen oder Terminversäumnissen. Aus aktueller Sicht scheint bei den Rekrutierungs- und Kohortierungszahlen kaum mehr eine weitere Steigerung möglich. So kann die Kohorte zwar stetig weiter aufgebaut werden, absehbar ist gegen Ende jedoch eine deutliche Differenz zwischen Kohortierungszahlen und Meilensteinen (siehe Abb. 21). Für noch intensivere und umfangreichere Rekrutierungsmaßnahmen fehlen aktuell die Ressourcen bzw. muss das Kosten-Nutzen-Verhältnis hinterfragt werden. Dies ist kein Phänomen, das allein in der LIFE-Kohorte auftritt, sondern weltweit in aktuellen Projekten mit adipösen Kindern und Erwachsenen zu verzeichnen ist. Das stellt den Sinn von LIFE-Child-Obesity nicht in Frage, vielmehr können allein aus diesen Erfahrungen wichtige Konsequenzen für die klinische Versorgung generiert werden. Die Forschung der Gegenwart wird sich zunehmend mit diesem Thema auseinander setzen müssen, um gezieltere und suffizientere Therapieoptionen bereit stellen zu können. Deshalb ist auch im Rahmen der nächsten LIFE-Child-Finanzierungsperiode ein entsprechendes Modul geplant. Durch Verlängerung des aktuellen Projektzeitraumes bis Ende 2014 (Gründe dafür wurden ausführlich in den vorangegangenen Berichtsperioden beschrieben) können die Rekrutierungszahlen jedoch mit den bisherigen Erfahrungen noch weiter den Meilensteinen angenähert werden. 46 Abb. 21: Anzahl der Besuche LIFE-Child Obesity In der LIFE-Child-Obesity-Kontrollkohorte ist ein offensichtlich steilerer Anstieg zu verzeichnen. Bei den Probanden der Kontrollgruppe handelt es sich um schlanke Kinder und Jugendliche, was die vorher beschriebene Problematik nochmals bestätigt. Die Rekrutierung funktioniert weitgehend unproblematisch. Zeitweise musste die Rekrutierung sogar zurückgefahren werden, da ein inadäquates Verhältnis zwischen der eigentlichen AdipositasKohorte und der Kontrollkohorte entstand. So entsteht nun auch die Differenz zwischen Meilensteinplanung und Rekrutierungszahlen. Die Teilnehmerzahlen der LIFE-Child-ObesityKontrollkohorte wurden zugunsten der anderen LIFE-Child-Kohorten und in Anbetracht eines adäquaten Verhältnisses zur Adipositas-Kohorte gebremst. Abb. 22: Anzahl der Besuche LIFE-Child-Obesity-Kontrollgruppe Wie eingangs beschrieben, ist ein Alleinstellungsmerkmal der LIFE-Child-Kohorte die gleichzeitige Phäno- und Genotypisierung der begleitenden Elternteile. Das erhöht den Wert einer solchen longitudinalen Kohorte wesentlich. Sowohl genetische als auch soziale Vererbungseffekte können nur auf diese Art genau analysiert werden. Deshalb kommen in der LIFE Child Elternuntersuchung ebenfalls körperliche, genetische und psychosoziale Assessments zum Einsatz. Dieses Vorgehen wird durch die Eltern gut akzeptiert und die Untersuchungszahlen stiegen in gleichem Maße wie die Besuche der Kinder im Zeitraum 2011 bis 2014 stetig an. Die Gesamtzahl der Elternuntersuchungen betrug am Ende des Berichtszeitraums 3.140 (=Besuche). Insgesamt konnten damit seit dem Beginn der Rekrutierung im Jahr 2011 9.169 Datensätze gemessen an Teilnehmer und Untersuchungszeitpunkt generiert werden. Diese hohe Zahl ist von großer Bedeutung, da Auswertungen auf Basis von Alter und Geschlecht erfolgen und die einzelnen Strati mit ausreichender Power besetzt werden müssen. Ebenfalls in vorherigen Berichten wurde bereits ausführlich die Motivation erläutert, ganze Schulklassen in die Rekrutierung einzubeziehen und so soziodemographischen BiasTendenzen entgegen zu wirken. Die Kohortierung stieg innerhalb des Berichtszeitraums auf 28 Schulklassenuntersuchungen. 47 3.4.4 Öffentlichkeitsarbeit Die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen von LIFE Child Health und LIFE Child Obesity ist ein weiteres grundlegendes Element zur erfolgreichen Umsetzung des gesamten Projektes. Bereits zu Beginn der Planungen wurden verschiedene Strategien für eine effektive Probandenbindung getestet. Durch den Erfahrungsaustausch mit anderen internationalen Kohortenstudien wie Generation R, KiGGS oder ALSPAC wurde schnell klar, dass nur durch intensive und transparente Öffentlichkeitsarbeit Teilnehmer für ein solches Projekt begeistert werden können und noch bei weitem schwieriger auch für mehrere Jahre gebunden werden. Kinder haben primär kein Interesse an einer Gesundheits-Studie teilzunehmen - noch dazu wenn dabei Blutentnahmen stattfinden. Ein Erfolg des Vorhabens ist somit nur möglich, wenn es gelingt, das Projekt und seine Inhalte in der Bevölkerung und insbesondere bei Kindern und Jugendlich positiv zu besetzten. Aus diesem Grund wird ein nicht unerheblicher Teil der Ressourcen für Öffentlichkeitsarbeit, welche die Rekrutierungsstrategien einschließt, aufgewendet. Eine Auswahl der LIFE Child Öffentlichkeitsaktivitäten findet sich im Folgenden. Rekrutierungsstrategien: Elementarer Bestandteil für eine erfolgreiche Umsetzung von Kohortenstudie ist die Auswahl von geeigneten Rekrutierungsstrategien. So einfach dies klingt, ist deren praktische Umsetzung umso schwieriger. Theorie und Praxis gehen dabei in der Regel weit auseinander. Alle von LIFE genutzten Strategien werden regelmäßig validiert und nach Aufwands-/NutzenVerhältnis bewertet. Wie in Abb. 23 ersichtlich wird, haben die Zusammenarbeit mit der Sächsischen Bildungsagentur und die anschließende Öffentlichkeitsarbeit in den Schulen den größten Erfolg gehabt. Diese Maßnahme hat jedoch auch überdurchschnittlich hohen personellen und finanziellen Aufwand beinhaltet. Dies wird zu den anderen Strategien ins Verhältnis gesetzt. So betrachtet können die dargestellten Strategien allesamt als notwendig und erfolgreich eingeschätzt werden. 600 1. Rekrutierungswelle Schulen 2012 Flyer Gesundheitsamt Anzahl der Rückmeldungen 512 500 Flyer Kinderklinik 400 Anmeldungen Homepage 300 Werbung durch Freunde/ Bekannte Flyer Pränataldiagnostik 200 118 100 85 72 59 Adipositassprechstunde 48 35 17 Zoofest 0 Jahr 2013 48 Abb. 23: Erfolg der eingesetzten Rekrutierungsstrategien Geburtskliniken, niedergelassene Gynäkologen und Hebammen Die Kohorte der Neugeborenen respektive die schwangeren Frauen werden, soweit ein Kontakt stattgefunden hat, bis zur 26 Schwangerschaftswoche in der Geburtsmedizin des Universitätsklinikums Leipzig angesprochen und über die Studie informiert. Auch über niedergelassene Gynäkologen und Hebammen erfolgen Informationen an die Schwangeren. Danach können sich die schwangeren Probandinnen schriftlich, telefonisch oder per Web im LIFE Forschungszentrum anmelden. Gesundheitsamt, Schwangerschaftsberatung der Stadt Leipzig Während der Vor- und Einschuluntersuchungen werden durch den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes Leipzig Informationsflyer übergeben und die Eltern mittels Anschreiben aktiv angesprochen. Danach können sich die Eltern schriftlich, telefonisch oder per Web im LIFE Forschungszentrum anmelden. Zudem werden schwangere Frauen während der Schwangerschaftsberatung des Gesundheitsamtes der Stadt Leipzig (Beratung bei Bedarf von finanzieller Unterstützung bis 21. Schwangerschaftswoche) auf die Studie aufmerksam gemacht und zur Teilnahme motiviert. Sächsische Bildungsagentur, Schulleiter, Lehrer In Klassenstufe eins bis vier werden mit Unterstützung der Sächsischen Bildungsagentur, der Schulleiter und Klassenlehrer Informationsmaterialen an die Eltern beispielsweise im Rahmen eines Elternabend verteilt. Danach können sich die Eltern schriftlich, telefonisch oder per Web im LIFE Forschungszentrum anmelden. Daraufhin erfolgen eine Terminvereinbarung und der Versand weiterer Informationenunterlagen. Am Untersuchungstag findet zu Beginn eine weitere Aufklärung statt. Ab der vierten Klassenstufe werden zudem die Schüler ganzer Klassen in die Studienambulanz einzuladen. Dies wird regelmäßig nach Zustimmung aller Eltern als Projekttag geplant. So können Unterrichts-Fehlzeiten einzelner Schüler vermieden werden und an dem Studientag wird den Schülern gleichwohl Wissen vermittelt. Dazu wird von den Mitarbeitern des LIFE Forschungszentrums für die jeweilige Schulklasse regelmäßig ein inaktives Vortragsprogramm angeboten. Bei der jährlichen Schulleiterkonferenz wird das Projekt regelmäßig allen Schulleitern der Stadt Leipzig erläutert. Danach erhalten alle Schüler einen Informationsflyer. Die Eltern der randomisiert nach Stadtteil, Schule und Schulklasse ausgewählten Schüler besprechen eine mögliche Teilnahme während eines Elternabends. Erst bei Zustimmung von neunzig Prozent der Eltern findet eine Teilnahme statt. Die Schüler der Eltern, die Ihre Einwilligung nicht gegeben haben, kommen ebenfalls am Studientag in die Studienambulanz, nehmen aber nicht an den Untersuchungen teil oder werden nach Ermessen der Schulleiter temporär in anderen Klassen unterrichtet. Sobald eine Klasse die Teilnahme bestätigt hat, werden gesonderte Einwilligungsunterlagen 3 Wochen vor dem Studientag an die Eltern versendet. Alle Eltern, Schüler und Lehrer haben zudem die Möglichkeit, das Untersuchungsprogramm in Form eines 18minütigen Filmes auf der Website des LIFE Forschungszentrums anzuschauen. Zwei Wochen vor dem Studientag werden alle Eltern von den Studienärzten des LIFE Forschungszentrums angerufen, um die Einwilligungsunterlagen zu besprechen bzw. 49 um offene Fragen zu klären. Die Einwilligungsunterlagen werden in einem verschlossenen Umschlag an den verantwortlichen Lehrer gegeben, der so bei fehlenden Umschlägen entsprechend reagieren kann. Am Studientag kommen die Schüler in Begleitung des/der verantwortlichen Lehrer/s in die Studienambulanz. Alle Probanden haben jederzeit die Möglichkeit die Untersuchung ohne Nennung eines Grundes abzubrechen. Niedergelassene Kinderärzte, Ambulanzen der Universitätskinderklinik In enger Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten wird der Aufbau der LIFE Child Kohorte aktiv durch diese unterstützt. Während der gesetzlich vorgeschriebenen UVorsorgeuntersuchungen und anderen ärztlichen Konsultationen werden Eltern und Kinder auf das Projekt aufmerksam gemacht und zur Teilnahme motiviert. Danach können sich die Eltern schriftlich, telefonisch oder per Web im LIFE-Forschungszentrum anmelden. Daraufhin erfolgen eine Terminvereinbarung und der Versand weiterer Informationenunterlagen. Am Untersuchungstag findet zu Beginn eine weitere Aufklärung statt. Ebenso wird das Projekt in den Ambulanzen der Universitätskinderklinik, der Kinderchirurgie, der Pädaudiologie, der Augenklinik und der Kinderzahlheilkunde aktiv beworben. LIFE Child Homepage Mehr und mehr Anmeldungen zur Teilnahme erfolgen über die LIFE Child Homepage. Dies macht kenntlich, dass regelmäßig auf der Website nach Informationen über die Studie gesucht wird. Ein ansprechender Internetauftritt gehört in der heutigen Zeit zu den Basics. Darüber hinaus sollte sich eine Homepage von dem Einheitsdesign abheben und außergewöhnliche Inhalte bieten. Zu diesem Zweck wurden für den LIFE Child Bereich humanisierte Comic-Lurche angefertigt, die auch für jüngere Kinder ansprechend den Studienablauf erklären. Ähnlich diesem Bespiel sind eine Vielzahl an Inhalten im LIFE Child Bereich der LIFE Homepage umgesetzt. Newsletter Um den zunehmenden Anfragen von Teilnehmern nach Informationen über Studienergebnisse sowie Informationen rund um die LIFE-Child-Kohorten gerecht zu werden, wurde im Jahr 2012 der erste Newsletter gelauncht. Seither erscheint der Newsletter vierteljährlich mit Themen wie Untersuchungsergebnissen, Erklärung zu Hintergrund und Ablauf von Untersuchungen, Vorstellen von Mitarbeitern und Hinweisen zu Veranstaltungen rund um LIFE Child. Der Newsletter wird per Mail an alle Teilnehmer versendet und steht auf der Homepage zum Download bereit. Soziale Netzwerke Für Millionen von Menschen gehört die Nutzung von Facebook, Twitter oder Xing mittlerweile zum Alltag. Fast vier von fünf Internetnutzern in Deutschland (78 Prozent) sind in mindestens einem sozialen Online-Netzwerk angemeldet, zwei Drittel nutzen die sozialen Netzwerke fast täglich. Bei den 14- bis 29-Jährigen Internetnutzern sind sogar 90 Prozent Mitglied in einem oder mehreren sozialen Netzwerken. Aus diesem Grund nutzt LIFE Child diese Verbreitungswege zur Imagebildung und zur Bekanntmachung von Veranstaltungen 50 „Leipzig läuft mit LIFE“ - Lauf Eines der Highlights für die Studien-Teilnehmer ist der im Berichtszeitraum zum zweiten Mal veranstaltete „Leipzig läuft mit LIFE“ – Lauf. Mehr als 250 Läuferinnen und Läufer aus Leipzig und Umgebung begaben sich auf die Strecke und spendeten am Ende des Tages ca. 1.000 € für die Unterstützung eines ambulanten Paliativprojektes. Dazu kamen Spenden der Leipziger Volksbank, der Gothaer Versicherung und des Lohnsteuerhilfevereins in Deutschland e. V. Die Organisation und Durchführung der Veranstaltung erfolgte außerhalb der Arbeitszeit. Umso erfolgreicher kann die Veranstaltung für die positive Imagebildung von LIFE-Child in der Leipziger Bevölkerung bewertet werden und gleichzeitig die enge Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Projekt. Weitere regelmäßige Events zur Imagebildung und Probandenpflege: • Veranstaltungen zur Langen Nacht der Wissenschaften • Beteiligung bei der Ausrichtung des KIDZ Kinderfest im Leipziger Zoo • Gemeinsames Kinderfest mit der Universitätskinderklinik • Öffentliche LIFE Science Days (Wissenschaft für jedermann) • Workshop für werdende Eltern (Ernährung, Notfallmaßnahmen, Wickel- und Tragkurse) • Lesungen mit speziellen Kinderthemen zur Leipziger Buchmesse • Adventsveranstaltung, Gruselabend usw. Für alle Veranstaltungen und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit erhält LIFE-Child regelmäßig positives Feedback von Studien-Teilnehmern, Wissenschaftlern und Interessierten. Um dieses Feedback messen zu können, sollen die Probanden ihre erneute Teilnahme und die einer potentiellen Weiterempfehlung einschätzen. So gaben 99,6 % der Eltern im Jahr 2013 an, erneut an dem Projekt teilnehmen zu wollen. 98,4 % würden das Projekt weiterempfehlen. Ähnlich war die Verteilung bei den Kindern. Dort gaben 96,8 % an, erneut teilzunehmen. Ebenfalls positiv bewerteten die werdenden Mütter den Ambulanztag. 99,6 % möchten erneut wiederkommen und 99,1% sind bereit LIFE weiter zu empfehlen. (Abb. 2426). Anzahl ausgefüllter Evaluationen Evaluation Eltern 1500 1131 1120 1000 500 5 19 0 erneute Teilnahme ja erneute Teilnahme nein Weiterempfehlung ja Weiterempfehlung nein Abb. 24: Weiterempfehlung und erneute Teilnahme Eltern mit ihren Kindern 51 Anzahl ausgefüllter Evaluationen Evaluation Kinder 1500 1002 938 1000 500 81 33 0 erneute Teilnahme ja erneute Teilnahme nein Weiterempfehlung ja Weiterempfehlung nein Abb. 25: Weiterempfehlung und erneute Teilnahme Kinder Anzahl ausgefüllter Evaluationen Evaluation Schwangere 300 222 220 200 100 1 0 2 erneute Teilnahme ja erneute Teilnahme nein Weiterempfehlung ja Weiterempfehlung nein Abb. 26: Weiterempfehlung und erneute Teilnahme Schwangere 3.4.5 Veränderungen im Untersuchungsprogramm Das Untersuchungsprogramm wurde wie in einer longitudinalen Kohortenstudie üblich, auch in den Follow-ups weitgehend unverändert fortgesetzt. Geringfügige Änderungen gab es dahingehend, dass einzelne Erhebungsinstrumente nur einmalig oder nicht jährlich zum Einsatz kommen müssen, da die erhobenen Daten zeitstabil sind. Das Geschlecht ist bspw. ein Leben lang gleich. Dieser Parameter muss demzufolge nur einmal erhoben werden. Manche Eigenschaften sind ebenfalls, wenn auch nicht über ein Leben lang, zumindest über mehrere Jahre konstant - bspw. die Persönlichkeitsstruktur. Hierbei reicht es alle 2-3 Jahre eine neue Erhebung durchzuführen. Eine zweite Art der Parcoursänderung ergab sich aus Erfahrungen im Verlauf der Studie. So wurde bspw. das Erhebungsalter eines Fragebogeninstrumentes entgegen der Empfehlung des Autors von acht auf 10 Jahre angehoben, da nur wenige der unter 10jährigen Kinder tatsächlich den Inhalt des Instrumentes erfassen konnten. 52 Eine dritte Veränderung betraf das Augenassessment im LIFE-Child-Untersuchungsprogramm. Dieses wurde um den Teil der apparativen Visusmessung sowie der Ermittlung biometrischer Parameter des Auges wie Länge, Dicke und Krümmung von Hornhaut, Linse sowie Glaskörper erweitert. Dies war notwendig, weil die anamnestischen Angaben meist mehr als unzureichend waren und wichtige wissenschaftliche Fragestellung mit den bisherigen Daten nicht beantwortet werden konnten. Die Erweiterung des Augenassessments erfolgt in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikum Leipzig AöR und der Carl Zeiss AG in Oberkochen. Im Berichtszeitraum wurde diesbezüglich mit einer zweistufigen Feasibility-Studie begonnen. Der erste Teil der Pilotierung erfolgte in der Universitätsaugenklinik an minderjährigen Patienten zur Erprobung der Machbarkeit und Akzeptanz. Die anschließend in der LIFE Child Studienambulanz begonnene und aktuell noch laufende zweite Feasibility-Phase dient zur Erprobung der Abläufe und Integration in den bisherigen Untersuchungsparcours. Der Beginn des Regelbetriebes ist für das zweite Quartal 2014 geplant. 3.4.6 Konzeption und Implementierung einer IT-basierte ProzessmanagementSoftware zur Optimierung des Untersuchungsablaufes und der Ambulanzlogistik in LIFE Child Eine Kohortenstudie mit einem Hochdurchsatz an Probanden, einer Vielzahl an Untersuchungsassessments sowie einem longitudinalen Ansatz mit Folgeuntersuchungen teils im Dreimonatsabstand wie LIFE Child bedarf einer überdurchschnittlich effizienten, intelligenten und ökonomischen Ablaufplanung. Eine Vielzahl an Bedingungen beeinflussen die täglichen Planungsgrundlagen. So wird beispielsweise die tägliche Probandenzahl immer am oberen Limit entsprechend der taggenauen, vorort befindlichen Mitarbeiterzahl geplant. Die Mitarbeiter wiederum gehören verschiedenen Professionen an und besitzen unterschiedliche Untersuchungszertifizierungen. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Zahl der Untersuchungsräume, die ihrerseits wieder mit einer limitierten Zahl und Apparaten und Instrumenten ausgestattet sind usw. Um die Vielzahl an Einflussfaktoren abzubilden, wurden sogenannte Kernbereiche benannt und die Einflussvariablen definiert: • • • • • • • • • Kernbereich I - Teilnehmer: Familienkonstellation (Anzahl teilnehmende Geschwister, Anzahl und Typ der Begleitperson, Bsp. Pflegeltern) Alter der Teilnehmer Tagesgesamtzahl der Teilnehmer Besonderheiten, wie z. B. geist. oder körp. Behinderung, zeitl. Einschränkungen Kernbereich II – Untersuchungen Erstbesuch bzw. Follow-up-Zeitpunkt Wissenschftl. Kohorte (A2, A2-B1, B1) Wissenschaftl. Subkohorte (Bsp. Allergie) alterstratefiziertes Untersuchungsassessment Bedingungen im Ablauf, bsw. Blutentnahme vor dem Frühstück u. ä. 53 • • • • • • Kernbereich III – Mitarbeiter Anzahl der Mitarbeiter Ausbildung/ Zertifizierung der Mitarbeiter Arbeitszeiten, Pausen, Urlaub, FZA, Krankheit, Dienstreisen, Meetings Kernbereich IV - Räume Anzahl der Untersuchungsräume Ausstattung der Räume und Anzahl der Untersuchungsgeräte Bedingungen, wie Bodyscanner wird von LIFE Adult und LIFE Child genutzt und steht nur in bestimmten Zeitslots zur Verfügung Allein aus dem Kernbereich II – Untersuchungen ergeben sich 765 Einladungs- und Assessmentkonstellationen, die eindeutig den Teilnehmern zugeordnet werden müssen. Diese Assessmentkonstallationen werden in der Ablaufplanung mit den Bedingungen aus den anderen Kernbereichen verknüpft. Mit Voranschreiten des Projektes wurden die täglichen Teilnehmerzahlen immer weiter gesteigert, um den definierten Meilensteinen gerecht zu werden. Der daraus resultierende Anstieg an Folgeuntersuchungen im weiteren Verlauf musste ebenfalls Berücksichtigung finden. So stieg der tägliche Ambulanzdurchsatz von anfangs 4 bis 6 Teilnehmern im ersten Halbjahr 2011 auf 12 bis 16 Teilnehmer ab September 2012. Zählt man die Eltern, die ebenfalls ins Untersuchungsprogramm integriert sind, hinzu, durchlaufen täglich bis zu 30 Teilnehmer die LIFE Child Studienambulanz. Bei Schulklassenuntersuchungen kommen ebenfalls bis zu 30 Kinder oder Jugendliche zeitgleich in das Studienzentrum. Die Planungskomplexität aus den Variablen der oben genannten Kernbereiche und der täglichen Teilnehmerzahl übersteigt zunehmend die kognitiven Ressourcen und bedarf zeitnah einer IT-basierten Unterstützung. Alle bereits auf dem Markt befindlichen IT-Lösungen kommen auch fast ausschließlich in Kliniken oder im Pflegedienst zur Dienstplangestaltung zur Anwendung. Keines dieser kommerziell oder frei erhältlichen Planungstools kann nativ auch nur annähernd die Komplexität der in LIFE Child vorkommenden Einflussvariablen abbilden. Folglich muss eine eigene, proprietäre Lösung geschaffen werden. In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Operations Research der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg arbeitet LIFE Child an der Entwicklung und Etablierung einer solchen Planungssoftware, die möglichst alle Bedingungen berücksichtigt und darüber hinaus auch externe Faktoren wie Wettervorhersage (siehe Abschnitt: Intensivieren und Optimieren der Rekrutierung von Probanden und damit Fortsetzen des Kohortenaufbaus bei gleichzeitiger Implementierung der Follow-up-Untersuchungen) integrieren kann. Hauptziel ist es, den Planungsaufwand entscheidend zu vereinfachen und zeitlich auf ein Minimum zu reduzieren. Das Tool muss sich zudem in die LIFE-Probandenverwaltungssoftware integrieren lassen. Entsprechende Schnittstellen müssen programmiert werden. Eine weitere Herausforderung ist eine benutzerfreundliche Oberfläche zu generieren, da die Anwender in der Regel IT-Laien sein werden. Nicht zuletzt könnte eine solche Software-Lösung auch für andere Kohortenprojekte, Studien oder dienstplanführende Einrichtungen interessant sein. Denkbar wäre eine Weiterentwicklung bis zur Marktreife. Entsprechende Urheberrechts- und Patentanmeldungen sind 54 in Diskussion.In LIFE Child würde sich in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der praktischen Überführung mit gleichzeitiger Erprobung in einem sehr komplexen Setting bieten. 3.4.7 Kooperation, Vernetzung und Unterstützung Kooperationen mit wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen und Instituten Kernziel des LIFE Forschungsvorhabens ist Daten in einem geprüften Open-AccessVerfahren Wissenschaftlern auf der gesamten Welt zur Verfügung zu stellen. Dies erhöht den wissenschaftlichen Wert einer solchen Studie immens, da hiermit große konsortionale Auswertungen und Metaanalysen möglich werden. Somit erfolgt die Auswertung im internationalen und interkulturellen Vergleichen. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit und die Geschwindigkeit für Wissens- und Technologietransfers und damit die Entwicklung neuer diagnostischer und therapeutischer Anwendungsmöglichkeiten. Aus diesem Grund ist LIFE Child daran interessiert Forschungspartnerschaften einzugehen. Im Berichtszeitraum und damit in einer sehr frühen Phase wurden bereits Kooperationen mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig, mit dem Herzzentrum Leipzig, mit der Universität Fribourg (Schweiz), dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipzig, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig und anderen vereinbart. Internationales LIFE Child spezifisches Advisory-Board Ein so dimensioniertes Kohortenprojekt wie LIFE Child wäre ohne internationale Kooperationen und Unterstützung kaum denkbar. Bereits bei der Konzeption von LIFE Child wurde auf Erfahrungen anderer Großprojekte im Kindes- und Jugendalter zurückgegriffen. Zu diesem Zweck wurde ein Internationales Advisory-Board gegründet, welches LIFE Child beratend zur Seite steht. Die Einberufung erfolgt ein bis zwei Mal pro Jahr. Mitglieder: Prof. Anne‐Marie Nybo Andersen, Danish National Birth Cohort, Danish Epidemiology Science Centre, Copenhagen and Aarhus, Denmark Dr. Karen Birmingham, The Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC), Department of Social Medicine, University of Bristol, UK Prof. Henning Tiemeyer, The Generation R Study, Research Center, Rotterdam Dr. Bärbel-Maria Kurth, Bundesweites Kindergesundheitssurvey KiGGS, Robert-KochInstitut, Berlin Ethik-Board Neben dem Advisory-Board steht LIFE Child für ethisch/moralische Aspekte und Problemstellungen ein Ethik-Board beratend zur Seite, das gezielt aus externen, nichtärztlichen Mitgliedern besteht. Aus der Erfahrung verschiedener internationaler Projekte ist bekannt, dass während der Rekrutierung und Untersuchung von Probanden eine Reihe von ethischen Fragestellungen auftreten, die einer intensiven Auseinandersetzung bedürfen. In der Regel bedürfen diese Fragestellungen einer sehr individuellen Entscheidung. Dazu gehören unter anderem Handlungsweisen bei grenzwertigen Zufallsbefunden während des Untersuchungsprozesses. Der Umgang mit solchen Zufallsbefunden bedarf einer moralischen Abwägung. Für solche Fragestellungen ist es empfehlenswert ein beratendes Gremium aus Fach55 kollegen und fachfremden Mitgliedern zur Verfügung zu haben, die die grundsätzlichen Entscheidungen der Ethikkommission beachten. Sie steht daher in keiner Konkurrenz mit der Ethikkommission. Auch für andere nicht vorhersehbare Problemstellungen kann dieses Gremium hinzu gezogen werden, so beispielsweise bei Anfragen von Industriepartner zu Verwertungen von Bioproben oder dem Umgang mit der Familie bei verstorbenen Teilnehmern (nicht LIFE Child assoziiert!). Das ethische Beratungsgremium der LIFE Child Kohorten soll die Begutachtung ethischer und rechtlicher Standards sowie die wissenschaftliche Integrität im Rahmen der Studie sichern. Es ist unabhängig und dient der Beratung, Orientierung und Information. Das Gremium stellt ein interdisziplinäres Forum für Auseinandersetzungen mit ethischen Fragen im Rahmen der Studie dar und besteht aus mind. 5 Mitgliedern (Tab. 5). Das Gremium tagt in regelmäßigen Abständen nach Einberufung durch den Projektleiter aller drei Monate oder in akuten Fällen unmittelbar. Im Rahmen erster Sitzungen konnte eine Satzung beschlossen und verabschiedet werden. Tab. 5 Aktuelle Mitglieder des LIFE Child Ethik Boards Name Vorname Arbeitsbereich Gabriel Thomas Anwalt für Sozialrecht der Diakonie Mitteldeutschland Vierhock Lothar Kath. Pfarrer, Dekanat Leipzig, kath. Probstei-Pfarramt Enders Reinhard Evang. Pfarrer, Leipzig Kothe Christoph 1. Vorstand, Volksbank Leipzig Neumann Ingolf Stellv. Chefredakteur Leipzig Seiten, freischaffender Journalist, Physiker, Jurist Hammermüller Sören Krankenpfleger, Intensivstation UKL Vernetzung mit Wissenschaftlern durch gemeinsame Auswerteprojekte Am Ende des Berichtszeitraumes waren 65 Auswerteprojekte mit Daten aus den einzelnen LIFE Child Kohorten beantragt worden. In diesem Zusammenhang entstanden Kooperationen mit verschiedenen Wissensschaftlern externer Institute, Universitäten und anderen Kohortenstudien. Im Folgenden findet sich eine kurze Auswahl der Kooperationspartner mit denen aktuell an Auswerteprojekten gearbeitet wird: • Dr. C. Paech, Herzzentrum Leipzig GmbH • Prof. A. Hilbert, IFB Adipositas, Universitätsklinikum Leipzig • Dr. I. Lehmann, Helmholtzzentrum für Umweltforschung Leipzig • Prof. G. Grande, Universität Bremen • Prof. M. Heckmann, SNIP/SHIP Greifwald • Dr. S. Castell, Helmholtzzentrum für Infektionsforschung, Braunschweig • Prof. J. Kratzsch, Institut für Laboriumsmedizin, Universitätsklinikum Leipzig • Dr. P. Lindner, Wirtschaftsinformatik und Operations Research der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg • Prof. T. Bertsche, Institut für Pharmazie, Universität Leipzig • U. Igel, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, Leipzig • Prof. Ch. Hirsch, Klinik für Kinderzahnheilkunde und Primärprophylaxe, Universitätsklinikum Leipzig • Prof. M. Fuchs, Abteilung Pädaudiologie, Universitätsklinikum Leipzig 56 Interdisziplinäres Diskussions-Board für wissenschaftliche Auswerte-Projekte Einmal wöchentlich findet im LIFE Studienzentrum eine Diskussions- und Präsentationsrunde für Wissenschaftler, Doktoranden, Masteranden, Mitarbeiter und Interessierte statt. Dabei werden neue Projektideen vorgestellt, Datenanalysen besprochen, Probleme diskutiert und Doktoranden/Masteranden Hilfestellung geboten. Zum Ende des Berichtszeitraums standen insgesamt 17 Dissertationen/Masterarbeiten unter Betreuung von LIFE Child Wissenschaftlern. Neben dem interdisziplinären Diskussionsboard haben sich auch mehrere themenspezifische, wissenschaftliche Besprechungsrunden etabliert (bspw. 3D-Körpervermessung, Labordaten, Psycho-Assessments u.a.), in denen spezifische und tiefgreifende Aspekte des jeweiligen Themenkreises bearbeitet werden. Unterstützung der Umsetzung von LIFE Child Im Verlauf der Planung und Rekrutierung konnten zahlreiche Kooperationen geknüpft werden, die sich für die Umsetzung des Gesamtvorhabens LIFE Child als überaus wichtig und gewinnbringend gezeigt haben. Nur durch die ehrenamtliche Hilfe der im Folgenden genannten Personen und Einrichtungen waren eine erfolgreiche Rekrutierung wie auch die Durchführung von nachhaltigen Events zur Probandenbindung möglich: • Myelinprojekt e.V.; ehrenamtl. Geschäftsführer Heiko Agather und Katja Wuttke • BSV AOK Geschäftsführer Dr. Detlev Günz • SC DHFK, Abteilungsleiter Leichtathletik – Jörg Matthé • SC DHFK Abteilung Kindersport: Leiter Stefan Exner • Leipziger Volksbank ; 1. Vorstand: Christoph Kothe • Leipziger Laufladen ; Geschäftsführer Uwe Förster und Jörg Matthé • Sächsische Bildungsagentur: Roman Schulz, Amtsleiter Ralf Berger • Gesundheitsamt Leipzig: Conny Anders, Amtsleiterin Dr. Regine Krause-Döring • Stiftung Kinderlinik; 1.Vorstand: Kerstin Sommerfeld 3.4.8 Qualitätssicherung und Datenaufbereitung Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement In den Forschungsprojekten LIFE-A2 und LIFE-B1 werden verschiedenste Untersuchungen zur umfassenden Phänotypisierung von Kindern, Jugendlichen und in Teilbereichen auch von Eltern durchgeführt. Diese Untersuchungen entsprechen einem breiten Spektrum der medizinischen und psychologischen Diagnostik. Um ein hohes Maß an Qualität und Standardisierung der erhobenen Daten zu gewährleisten, muss ein entsprechendes Qualitätsmanagement aufgebaut und angewendet werden. Das Qualitätsmanagementsystem der Kohorten LIFE-Child und LIFE-Child Obesity gestaltet sich als mehrstufiger Prozess, angefangen mit der Prüfung der inhaltlichen Relevanz einer Untersuchung, über die Implementierung dieser in den Ambulanzablauf und deren Verlaufskontrolle bis hin zur Datenherausgabe. Im Detail beinhaltet das LIFE Child Qualitätsmanagement Relevanzprüfung, Implementierung/Verlaufskontrolle und Datenaufbereitung. Diese werden nachstehend näher erläutert: 57 Relevanzprüfung Bevor eine Untersuchung in das LIFE Child Panel aufgenommen wird, sind folgende Kriterien positiv zu beantworten: • Ist die Untersuchung für Kinder und Jugendliche zumutbar? • Wird die Untersuchung durch die Teilnehmer so akzeptiert, dass diese motiviert genug sind, bestmögliche Leistung zu erbringen? • Leisten diese gewonnenen Daten einen Beitrag zur Aufklärung der Wirkmechanismen von Zivilisationskrankheiten? • Kann mit den Daten mittel- oder langfristig ein Nutzen für die Gesellschaft erzielt werden? Für den Prozess der Relevanzprüfung werden im erweiterten Entscheidungsprozess verschiedene Instanzen durchlaufen: Wissenschaftliche Programmkommission: Beurteilung der wissenschaftlichen Relevanz und Validität der Untersuchungsmethoden LIFE Child Ethikboard: Beurteilung der moralischen und ethischen Vertretbarkeit LIFE Projekt Taskforce: Beurteilung von Plausibilität und Überwachung des Datenerhebungsprozesses LIFE Labor Taskforce: Expertise und ausführende Einheit für alle Bioproben und Bioanalysen Implementierung / Verlaufskontrolle Für alle in LIFE Child implementierten Untersuchungen müssen entsprechende „Standard Operating Procedures“ (SOPs) und „Case Report Forms“ (CRFs) erstellt werden. Weiterhin werden die Untersucher im Vorgehen geschult, zertifiziert sowie in regelmäßigen Abständen rezertifiziert. In Vorbereitung sind nach abgeschlossenem Mappingprozess und Nacherfassung ein Reportings-System, das Auskunft über Intra- und Interobserver-Variabilitäten gibt sowie technische Defekte oder Eichungsfehler von Untersuchungsgeräten aufdecken soll, die nicht sofort ersichtlich sind. - „Standard Operating Procedures“ (SOPs) Mit den „Standard Operating Procedures“ (SOPs) gibt sich die Studienambulanz LIFE-child ein notwendiges und bindendes Regelwerk für alle Untersuchungen als auch Arbeitsabläufe. Die Forderung nach der Erstellung von SOPs ist nicht nur Bestandteil von LIFE, sondern auch der „Guideline of Good Clinical Practice“ (GCP). Bereits die Erstellung, sowie Überarbeitung der SOPs ist nach strengen inhaltlichen Richtlinien reglementiert. Ziel dieser Qualitätsmaßmnahme, im Hinblick auf die Untersuchungen, ist ein höchstmögliches Maß an Standardisierung bei den Datenerhebungen. - „Case Report Forms“ (CRFs) Die CRFs dienen der Dokumentation der am Probanden erhobenen Daten. Diese werden elektronisch auf LimeSurvey-Ebene erstellt und nach Prüfung durch das gesamte Untersucher-Team vom Verantwortlichen freigeschalten. Über eine entsprechende Applikation (Assessment-Battery) lassen sich die CRFs aufrufen und ermöglichen die elektronische Erfassung und nach Beenden eine sofortige Übernahme der Daten in die Roh-Datenbank vom 58 LIFE. Bevor eine solche CRF im Alltag Anwendung findet, durchlaufen diese mehrere TestProzesse. Schulungen Bevor LIFE Child Mitarbeiter eine Untersuchung an einem Teilnehmer selbstständig durchführen, erfolgt eine Schulung an einem Testprobanden. Schulungen können durch interne LIFE-Mitarbeiter sowie durch externe Experten erfolgen. Wobei bei Verfügbarkeit und größerer Expertise eines life-externen Experten dieser dem internen Mitarbeiter vorgezogen wird. Interne Schulungen erfolgen stets durch den SOP-Verantwortlichen und orientieren sich am Inhalt der SOP. Diese Schulungen dienen nicht nur allein der Demonstration der Vorgehensweisen, sondern auch der Klärung offener Fragen, Problemen und zudem für eventuelle Anregungen zur inhaltlichen Verbesserung der SOPs. Wenn möglich, unterliegen Instrumente und Untersuchungsmethoden einer externen Validierung. Im Einzelnen betrifft dies: • 3D-Bodyscan: Expertengremium bestehend aus Universität Regensburg, Helmholtzzentrum Braunschweig, SHIP Greifswald, Universität Halle • Anthropometrie: PD Dr. Katrin Kromeyer-Hauschild, Universität Jena • Echokardiographie: Prof. Dr. Ingo Dähnert, Herzzentrum Leipzig GmbH • Sonographie: Prof. Dr. Wolfgang Hirsch und Prof. Dr. Ulrich Thomé, Universi tätsklinikum Leipzig AöR • Stimmenanalytik: Prof. Dr. Michael Fuchs, Universitätsklinikum Leipzig AöR • Pubertätsstatus: Prof. Dr. Roland Pfäffle und Prof. Antje Körner, Universitätskli nikum Leipzig AöR • BIA: Klaus Springmann, MEDI CAL HealthCare GmbH • Grundumsatzmessung: Dr. Tatjana Schütz, Universitätsmedizin Leipzig, IFB AdipositasErkrankungen • Spirometrie: Dr. Freerk Prenzel, Universitätsklinikum Leipzig AöR • Spiroergometrie: Dr. Freerk Prenzel, Universitätsklinikum Leipzig AöR Zertifizierung Eine erfolgreich in einem Assessment absolvierte Zertifizierung befähigt den Untersucher zur selbstständigen Durchführung dieser Untersuchung am Probanden/Teilnehmer. Der Prozess der Zertifizierung ist in zwei Bereiche unterteilt: Die Zertifizierung eines Mitarbeiters der neu in einer Untersuchung angelernt wurde und die wiederholte Zertifizierung eines Mitarbeiters der die Untersuchung bereits durchführt (Rezertifierung). Im ersten Fall erfolgt vor der eigentlichen Zertifizierung eine Hospitationsphase. Zu Beginn hospitiert der Mitarbeiter bei den entsprechenden Untersuchungen und im Anschluss führt er diese, unter Aufsicht eines erfahrenen Kollegen, selbst durch. Die Dauer dieser Phase ist abhängig von dem Schwierigkeitsgrad der Untersuchung und der Lernfähigkeit des Mitarbeiters. Hiernach erfolgt die Zertifizierung durch den Assessment-Verantwortlichen.Im zweiten Fall erfolgt die Rezertifizierung des Mitarbeiters praxisnah am Probanden durch den SOP-Verantwortlichen oder eine von ihm bevollmächtigte Person. Rezertifizierungen werden 59 in einem halbjährlichen Rhythmus wiederholt um systematischen Abweichungen von der Norm entgegen zu wirken. Kalibrierung der Geräte Je nach Art der Geräte finden in regelmäßigen Abständen Kalibrierungen statt. Beispielsweise werden die Geräte für die Grundumsatzmessung oder der Hautfaltenmessung vor jeder Untersuchung kalibriert. Andere, weniger störanfällige, Geräte wie die Standwaagen, Babywaagen, Stadiometer, oder die BIA werden täglich einmal kalibriert. Eichpflichtige Geräte werden regelmäßig entsprechend der Vorschriften vom Eichamt neu genormt. Abb. 27 + 28. Exemplarische Beispiele für Ergebnisse der Qualitätssicherungsmaßnahmen. Durch regelmäßige Untersucherzertifizierungen wird die Observervarianz auf ein Minimum reduziert und so die Güte der Daten deutlich gesteigert. Werden Abweichungen bei einem Untersucher sichtbar, wird sofort interveniert und der Untersucher nachgeschult und rezertifiziert. 3.4.9 Ausblick LIFE Child wurde longitutinal konzipiert. Wenn man sich wissenschaftlich mit Ursachen und Wirkmechanismen von Erkrankungen oder auch mit Referenzwerten und Abweichung von diesen Normen im Kindes- und Jugendalter beschäftigt, wird man zahlreichen Entwicklungsphänomenen begegnen. In keinem anderen Lebensabschnitt gibt es solch einschneidende und rasante Veränderungen wie in der Kindheit (vgl. Säuglingsalter, Pubertät usw.). Querschnittsuntersuchungen sind insbesondere im Kindesalter mit bei Weitem weniger durchzuführen, sind jedoch auch aufgrund dieser Entwicklungseinflüsse meist von geringer Aussagekraft. Es gibt weltweit nur wenige langzeitlich angelegte Kohortenstudien im Kindesalter. Kinder und Jugendliche haben per se keinerlei Interesse an einer Studie teilzunehmen, in der medizinische Untersuchungen bis hin zu Blutentnahmen durchgeführt werden. Es bedarf also weit mehr Überzeugungsarbeit und Belohnungsaufwand als in vergleichbaren Erwachsenenuntersuchungen. Nicht zuletzt daran scheitern viele ideenreiche Vorhaben von 60 Beginn an. Dazu kommen die zahlreichen Auflagen für eine ethisch/moralisch vertretbare Untersuchung an nicht einwilligungsfähigen Teilnehmern. Letztendlich basiert hierauf das riesige Wissensdefizit, dass wir im Vergleich zum Erwachsenenalter haben. Wir sind weit davon entfernt, „normale“ Entwicklung verstanden zu haben, geschweige denn kennen wir die Mechanismen von „normabweichender“ Entwicklung (=Erkrankungen). Den Initiatoren des LIFE Child Projektes sind weltweit keine anderen Kohortenprojekte bekannt, die sich in vergleichbaren Umfang und Tiefe der Phänotypisierung Entwicklungsveränderungen und in gleichen Zusammenhang stehende Krankheitsinzidenzen sowie Wirkmechanismen der 2010er Jahre erforscht. Wie eingangs bereits beschrieben, ist es gerade die multifaktorielle Komplexität, welche die Erkrankungsschwerpunkte der Gegenwart und Zukunft in ihrer Ätiologie bestimmen wird. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren die menschheitsgeiselnden Erkrankungen in der Regel monokausal (sog. Infektionskrankheiten) und funktionierten nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip. Eine longitudinale Kohortenstudie per se ist ein Forschungsinstrument, mit dem Entwicklungsveränderungen und deren Folgen sehr frühzeitig detektiert werden können. Dementsprechend ist es immer ein Blick in die Zukunft und die Stärke von Kohortenstudien liegt darin, Entwicklungsphänomene und Krankheitsprobleme der folgenden fünf bis 20 Jahre vorauszusehen und entsprechende Interventionen bzw. Präventionen bereitzustellen. Die Geschichte zeigt, dass die bedeutendsten Krankheitszusammenhänge der vergangenen 100 Jahre in Kohortenstudien aufgedeckt wurden und sie darüber hinaus die wichtigsten Forschungshypothesen für klinische Studien geliefert haben. LIFE Child beschäftigt sich mit den Entwicklungsphänomenen der 2010er und 2020er Jahre und den daraus resultierenden individuellen, psychosozialen, gesundheitsökonomischen und gesellschaftlichen Problemen wie auch Chancen. Viele der wissenschaftlichen Fragestellungen und Forschungshypothesen, aus denen das Projekt heraus entwickelt wurde, bedürfen für valide Aussagen einer langzeitlichen Betrachtung. Aus diesem Grund wurde auch bei vorerst fünfjähriger Förderphase das Studienprotokoll für 10 Jahre Rekrutierung, Untersuchung und Auswertung konzeptioniert. An dieser Zielsetzung wurde bisher ohne nennenswerte Abweichungen festgehalten und die planmäßigen Projektabschnitte eingehalten. 3.4.10 Longitudinale Nachbeobachtungen Um die geplante Studienpopulation bei gleichzeitiger Wiedereinladung und Phänotypisierung der bereits eingeschlossenen Teilnehmer zu erreichen, ist nach derzeitigen Erfahrungen eine Rekrutierungszeit bis einschließlich dem Jahr 2017 erforderlich. Entsprechend der Studienkonzeption und der wissenschaftlichen Fragestellungen ist ein Follow-up von mindestens 10 Jahren geplant. Die Studienlaufzeit reicht somit bis mindestens zum Jahr 2022. Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt eine kontinuierliche Datenerhebung entsprechend des Studienprotokolls. Die Häufigkeit der Folgeuntersuchungen in LIFE Child sowie deren zeitliche Nähe ergibt sich aus dem im Vergleich zum Erwachsenenalter deutlich höheren Veränderungspotential. Erst durch die Abbildung von normaler Entwicklung und Devianzen in einem engen zeitlichen Muster können die zugrunde liegenden Mechanismen aufgeklärt werden Abweichungen vom Studienprotokoll können sich auch zukünftig ergeben, wenn sich beispielsweise im Verlauf zeigt, dass Untersuchungen (auch nur in bestimmten Altersabschnitten) nicht den geforderten Güte- und Validitätskriterien entsprechen. Dann wird der 61 Untersuchungsaufbau verändert oder der Einsatz des Verfahrens in Frage gestellt. Auf der anderen Seite werden regelmäßig wissenschaftlich sehr spannende Fragestellungen an LIFE Child herangetragen, welche sehr nah mit dem Grundthema verankert sind und das Gesamtkonzept weiter komplettieren würden. Oftmals sind Analysen bereits mit den erfolgenden Datenerhebungen möglich oder es wird ein ergänzendes Assessment implementiert. In diesem Sinne wurde in Zusammenarbeit mit der Klinik für Augenheilkunde der Universitätsklinik Leipzig AöR und der Zeiss AG die Untersuchung des bioptischen Apparates des Auges zusätzlich integriert. Fehlsichtigkeiten nehmen in der Kindheit rapide zu, was mit unserer veränderten Lebensgewohnheiten zusammen zu hängen scheint. Größere Studien dazu gibt es bisher nur im asiatischen Raum. Die Ursachen sind nach wie vor unklar. Ein weiteres Beispiel ist die Erweiterung der Bioprobenanalyse und -sammlung um Stuhlproben, nachdem sich in anderen wissenschaftlichen Projekten, welche insbesondere im Erwachsenenalter durchgeführt wurden, die Tragweite und das Einflusspotential des enterologischen Mikrobioms zunehmend verdeutlicht. Das Mikrobiom scheint nach bisherigen Erkenntnissen einen nicht unbedeutenden Varianzanteil der multifaktoriellen Prozesse in der Entstehung verschiedener Zivilisationserkrankungen zu erklären. In Studien konnte gezeigt werden, dass sich mit einer Modifikation des Mikrobioms auch Erkrankungen wie Allergien, Entwicklungsstörungen, Zahnkrankheiten, Tumore, Entzündungsprozesse bis hin zu Depression beeinflussen lassen. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind bisher unklar. Ergebnisse im Kindesalter fehlen weitgehend. Auch zukünftig wird LIFE Child interessanten wissenschaftlichen Fragestellung und Hypothesen offen gegenüber stehen und sich entsprechend des technischen Fortschrittes wie auch des gesellschaftlichen Wandels anpassen. 3.4.11 Datenanalyse und Auswertung Kohortenprojekte haben in der Regel die Eigenheit, dass erst nach ihrer Beendigung bzw. nach Abschluss einer Erhebungswelle die Daten einer wissenschaftlichen Aufbereitung und Analyse zugeführt werden können. Beginnt man vor Rekrutierungsende mit der Datenauswertung, fehlen oftmals für eine ausreichende statistische Power die noch ausstehenden Erhebungen. Ein später wiederholtes Publizieren derselben Datenanalyse mit einer größeren Fallzahl führt zu widersprüchlichen Ergebnissen und ist dementsprechend nicht „State of the art“ in der wissenschaftlichen Praxis. Aus diesem Grund erfolgen Publikationen in den meisten Kohortenprojekten oftmals erst drei bis fünf Jahre nach Beendigung der Erhebung. Im Fall von LIFE Child handelt es sich um eine fortlaufende Erhebung, die nicht dem klassischen Modell der Erhebungswellen folgt, was zu vielseitigen Herausforderungen aber auch Chancen führt. Vorteil dieser Konzeption ist, dass bereits im laufenden Betrieb Auswertungen erfolgen können. Dies minimiert die zeitliche Verzögerung zwischen Erhebung und Publikation immens und führt zu einer deutlich besseren Aktualität der Ergebnisse. Bei der Planung muss nicht explizit bedacht werden, was vielleicht in 10 Jahren eine Fragestellung sein wird, sondern es können auch gegenwärtige Probleme aufgegriffen werden. Ein weiterer Vorteil sind die fortlaufenden Folgeuntersuchungen ohne zeitliche Unterbrechungen. Wie schon beschrieben, liegen insbesondere in der Kindheit Entwicklungsveränderungen sehr nah bei einander. Viele Kohortenstudien verzichten auf vermeintlich uninteressante Altersbereiche, um Ressourcen zu sparen. Insbesondere im Altersbereich der Heranwachsenden mit Übergang in das junge Erwachsenenalter bis etwa zum 30. Lebensjahr gibt 62 es kaum Untersuchungen oder wissenschaftliche Auswertungen. Aber auch die Zeiträume zwischen Kleinkindalter und Pubertät und die Postpubertätsphase werden gern vernachlässigt. Gerade hier liegen spannende und weitgehend unerschlossene Forschungsgebiete. Nicht zuletzt die Vielzahl an Herausforderungen, die ein solches Querschnitts-LängsschnittsKonzept - wie es in LIFE Child angewendet wird - mit sich bringt, schreckt wohl die meisten Studienleiter ab, ein solches Vorgehen zu wählen. So gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Geburtskohorten in Deutschland, in Europa und auch weltweit, die immer demselben Konzept entsprechen. Es werden Schwangere oder Neugeborene rekrutiert und diese in Untersuchungswellen weiter verfolgt. Je nach finanzieller Ausstattung entstehen kleinere oder größere Lücken. Es dauert jedoch Jahre bis Effekte sichtbar werden, die für die Folgegeneration vielleicht schon nicht mehr aktuell sind, insbesondere wenn man die psychosoziale säkulare Akzeleration berücksichtigt. Für LIFE Child wurde ein moderneres Konzept gewählt. Es galt die Vorteile des klassischen Vorgehens mit einem breiten Altersspektrum zu verbinden, um so bereits nach vier bis fünf Jahren Ergebnisse über das gesamte Kindes- und Jugendalter aus Quer- und Längsschnittanalysen bereitstellen zu können. Dabei gilt es nach wie vor folgende Herausforderungen zu bewältigen: 1. Das Untersuchungsassessments muss das gesamte Altersspektrum abdecken, Instrumente müssen in altersübergreifenden Versionen und inhaltlichen Konzepten vorliegen bzw. konstruiert werden. Eine kindgerechte Durchführbarkeit in allen Altersklassen muss gewährleistet sein. 2. Der Untersuchungsparcours muss flexibel den täglichen Teilnehmern angepasst werden, insbesondere werden unterschiedliche Altersgruppen zur gleichen Zeit untersucht. Täglich erfolgt erneut eine individuelle Ablaufplanung für bis zu 30 Kinder bzw. 20 Familien 3. Datenerhebung und Datenaufbereitung (siehe Abschnitt „Datenaufbereitung und Verfügbarmachung für wissenschaftliche Auswertungen“) erfolgen zeitgleich. Dies erfordert hocheffiziente Abläufe sowie hochmotiviertes und gut geschultes Personal. 4. Da zeitgleich alle Altersgruppen eingeladen und untersucht werden, bedarf es einiger Zeit, bis ausreichend Daten alters- und geschlechtsstratifiziert erfasst sind. Entsprechend internationaler Empfehlungen sind wissenschaftliche Analysen erst dann sinnvoll, wenn in den einzelnen alters- und geschlechtsstratifizierten Gruppen mindesten 120 Datensätze vorliegen. Hochgerechnet auf das gesamte Altersspektrum von LIFE Child entspricht dies 4.560 Teilnehmern. Diese Zahl wird bei fortlaufender Rekrutierung voraussichtlich im Jahr 2015 erreicht. 3.4.12 Publikationen Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben und wie aus den Erfahrungen anderer großer Kohortenstudien resultierend, werden erste größere Auswertungen mit Daten der Teilnehmer und Aufklärung von Kausalzusammenhängen im Jahr 2015 zu erwarten sein. LIFE Child würde damit circa zwei Jahre unter der durchschnittlichen Publikationskarenz von longitudinalen Kohortenstudien liegen. Seit Beginn der Rekrutierung haben sich bereits zahlreiche Arbeitsgruppen gebildet, die seither an Auswertungen und Publikationsvorbereitungen arbeiten. Dazu gehört unter anderem die Begleitung des Erhebungsprozesses, die 63 Sicherung der Datenqualität, die technische und inhaltliche Aufbereitung der Untersuchungsdaten bis hin zur Erstellung von Auswertealgorithmen und ersten Kausalitätsberechnungen. Sobald die notwendigen Fallzahlen erreicht sind, werden die Daten vollständig an die Arbeitsgruppe übergeben. Nach aktuellem Stand werden in den einzelnen Arbeitsgruppen derzeit 63 Projekte entsprechend wissenschaftlicher Hypothesen mit LIFE Child Daten bearbeitet (Tab. 7). Tab. 7: Aktuell bearbeitete Themengebiete und Fragestellungen mit Vorbereitung der Auswertung und Publikation Themengebiet/ Arbeitsgruppe/ Institut / Hoch- Antragsteller Arbeitsgruppenleiter schule/ Klinik Thema Aufklärung von molekularbiologischen und molekulargenetischen Mechanismen Antje Körner Adipozytokine CPL, LIFE Zirkadiane Rhythmik von HZL, LIFE Immunphänotypisierung NS-Blut HZL, LIFE MaKaDos Kontrollgruppe LIFE, CPL, Oxfort Exome Analyse LIFE Child CPL, LIFE, UKL Zusammenwirken von Th1 und Th2 Antje Körner Attila Tarnok Zytometrie Adipozytokinen Attila Tarnok Attila Tarnok Zytometrie Attila Tarnok Antje Körner Genomanalytik Antje Körner Allergie und Umwelterkrankungen Sabine Klamt Diabetes Wieland Kiess Zellen bein Kindern mit Diabetes und Allergien Kristin Weise Dr. Irina Lehmann UFZ LeGUA2N TP4, hämatopetische Stammzellen bei der Entwicklung von Allergien Michaela Grams Allergien LIFE Lungenfunktion und Adipositas CPL, DHfK Einfluss von Bewegung auf die Wieland Kiess Adipositas Christian Degen kindliche Adipositas Antje Körner Julia Gesing kindliche Adipositas Adipositas-Ergebnisse von Kindern CPL Feasibility Lipidbelastungstests CPL, MPI PWS-fMRT-Studie IFB-Adipositas Kontrollgruppe BEDA-Patienten HZL EKG-Referenzbereiche bei Adipositas Antje Körner Lilli Sonnengrün Prader-Willi-Syndrom Wieland Kiess Anja Hilbert Adipositas und Essstörungen Anja Hilbert Christian Paech Kardiologie bei Adipositas im Kindesalter Ingo Dähnert Madlen Neef XXL-Projekt CPL Jugendliche mit extremer Adipositas Walkability,Deprivation und Adipositas Wieland Kiess Gesine Wohnumfeld und Universität Grande/Ulrike Igel Adipositas Bremen, Gesine Grande HTWK Leipzig 64 Christian Paech Kardiologie bei HZL Adipositas Evaluation kardialer Repolarisationsparameter Ingo Dähnert Anja Hilbert Adipositas und Ess- IFB-Adipositas störungen Figur- und Gewichtsbezogene Diskriminierung und Gesundheit Anja Hilbert Anja Hilbert Adipositas und Ess- IFB-Adipositas Ernährungsstil und kindliche Adipositas CPL Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung störungen Anja Hilbert Susanne Schuster experimentelle Forschung bei Kindern und Jugendlichen Wieland Kiess Anja Hilbert Adipositas und Ess- IFB-Adipositas Essstörungen im Kindesalter IFB-Adipositas Pränatale psychosoziale Prädiktoren störungen Anja Hilbert Anja Hilbert Adipositas und Essstörungen für kindliches Übergewicht Anja Hilbert Anja Hilbert Adipositas und Ess- IFB-Adipositas störungen Somatoforme Symptome im Kindesund Jugendalter Anja Hilbert Julian Tristan Adipozytokine Schwartze Antje Körner CPL, LIFE The role of lipoprotein(a) in metabolism and early cardiovascular dsyfunction in children 3D-Bodyscan Laura Papsdorf 3D-Bodyscan LIFE 3D-Bodyscan als Screeningmethode Wieland Kiess für Knochenstoffwechselstörungen Anne Dathan- 3D-Bodyscan Bodyscann vs. Serumlipide und Carotis Stumph Wieland Kiess intima media thickness zur Beurteilung Jennifer Junge 3D-Bodyscan des kardiovaskulären Risikos LIFE Wieland Kiess Body-Scan vs. Glucose-Toleranztest zur Beurteilung des KohlenhydratMetabolismus Anna-Lena Fischer 3D-Bodyscan LIFE Wieland Kiess Körperwahrnehmung vs Bodyscan in Korrelation zu psychischen Auffälligkeiten Carolin Bucher 3D-Bodyscan LIFE Wieland Kiess Analyse Körpermaße mittels 3DBodyscan als Indikator für kardiovaskuläre Erkrankungen Stephanie 3D-Bodyscan Naumann/Carolin Wieland Kiess LIFE Vergleich Bodyscanner/klassische Anthropometrie Bucher Psychopathologie in Kooperation mit LIFE Child Depression Mirko Döhnert/Uta Child Depression Ceglarek/ Kai von Klitzing LIFE, ILM Etablierung einer Methode zur Messung von Cortisol im Speichel Jürgen Kratzsch Stephanie Stadel- Child Depression mann Kai von Klitzing Steffi Waskewitz Child Depression Kai von Klitzing LIFE Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter LIFE Erziehungsverhalten und internalisierende Symptome 65 Tina Matuschek Child Depression LIFE Lächeln im Kontext von Stress LIFE, UKL Stressreaktion bei Kindern im TSST LIFE, UKL Feasibility Haarcortisol und Speichel- Kai von Klitzing Sonja Jaeger Child Depression Kai von Klitzing Valerie Espach Child Depression Kai von Klitzing Tina Child Depression Matuschek/Sonia Kai von Klitzing cortisol bei Kindern und Jugendlichen LIFE Validierung K-SADS-PL LIFE Vigilanzregulationsstörungen im Jäger Mirko Döhnert Child Depression Kai von Klitzing Mirko Döhnert EEG Kindesalter LIFE, UKL Mirko Döhnert Mirko Döhnert Child Depression Emotional Bias bei Kindern in einer Go/NoGo-Aufgabe LIFE, UKL Kai von Klitzing Subjektive Akzeptanz und Zusammenhang zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung des Pubertätsstatus Sonia Jaeger Child Depression LIFE Kai von Klitzing Steffi Waskewitz Child Depression pression LIFE Kai von Klitzing Stephanie Stadel- Child Depression mann Kai von Klitzing Kai von AMIS Klitzing/Andrea Kai von Klitzing Erster Querschnitt LIFE Child DeSelbst- und fremdbezogene Kompetenz und Psychopathologie LIFE Beziehungsrepäsentationen LIFE, AMIS Kontrollgruppe für Projekt AMIS (Deprivation im Kindesalter) Michel Sozialstatus und Soziodemographie Laura Meißner Soziale Faktoren und LIFE, Universität Gesundheit Bremen Sozialstatus und Kindergesundheit Wieland Kiess/Gesine Grande Yve Stöbel-Richter Eltern und Kinder- Abteilung für Elterliche Arbeitslosigkeit, kindliches gesundheit medizinische Freizeitverhalten und BMI Yve Stöbel-Richter Psychologie und Soziologe, Universität Leipzig Inanspruchnahme und medizinische Versorgung Alexandra Weithase Inanspruchnahme und LIFE Soziodemographische Einfluss- Versorgung faktoren auf die Inanspruchnahme Wieland Kiess und Befunde von Früherkennungsuntersuchungen bei Kinder und Jugendlichen Katja Neininger Pharmchild Institut für Pharmazie, Arneimittelanwendung bei Kindern Thilo Bertsche Universität Leipzig in einer bevölkerungsrepräsentativen Population Referenzwerte Körner-2014-144-03 bioanalytische CPL, LIFE Insulinreferenzwerte für oGTT Referenzwerte Antje Körner Mandy Bioimpedanzanalyse LIFE, Normierung der BIA bei Kindern Geserick/Andreas Andreas Hiemisch Firma Medi Cal Karls- und Jugendlichen 66 Hiemisch ruhe Michael Fuchs / Stimmentwicklung Thomas Berger Michael Fuchs HNO UKL Generierung von Sing/Sprechstimmprofilen und Referenzwerten Eva Müller, Anja bioanalytische Willenberg Referenzwerte LIFE, ILM, CPL Referenzwerte Cystatin C LIFE, ILM Referenzwerte für Knochenstoff- Wieland Kiess/Katalin Dittrich Mandy Geserick bioanalytische Referenzwerte wechselparameter Wieland Kiess/Jürgen Kratzsch Tillmann Wallborn bioanalytische LIFE, ILM Referenzwerte Referenzwerte Schilddrüsenhormone Wieland Kiess/Jürgen Kratzsch Andreas kindliche Entwicklung Hiemisch/Juliane Wieland Kiess LIFE, Pearson Verlag Normierung der BayleyScales of Infant Development Version III Ludwig kindliche Entwicklung Janett Püschel kindliche Entwicklung LIFE Sozialstatus und kindliche Ent- Eltern und Kinder- Abteilung für Kinderwunsch, Familiengründung gesundheit medizinische und frühkindliche Entwicklung Yve Stöbel-Richter Psychologie und Wieland Kiess Yve Stöbel-Richter wicklung anhand BayleyScales Soziologe, Universität Leipzig Franziska Abicht 2D:4D LIFE Andreas Hiemisch, Auswirkung des Fingerlängenverhältnis 2D:4D auf motorische Leistungsfähigkeit Christian Kley Motorische Ent- LIFE, DHfK Die Erfassung des motorischen Ist- wicklung Zustandes von Leipziger Kindern Wieland Kiess und Jugendlichen aus der LIFE Child Kohorte unter dem Einfluss sozialer und lebensstilassozierter Faktoren Franziska Rauscher Sehentwicklung im Augenklinik UKL, Kindesalter Zeiss AG Optometrie bei Kindern Franziska Rauscher Andreas Hiemisch psychosoziale An- LIFE passung Gesundheitskritisches Verhalten von Schülern Wieland Kiess Elterliche Gesundheit und Wohlbefinden Yve Stöbel-Richter Eltern und Kinder- Abteilung für Mütterliche Gesundheit und früh- gesundheit medizinische kindliche Entwicklung Yve Stöbel-Richter Psychologie und Soziologe, Universität Leipzig 67 Zahnentwicklung Rainer Paradontose Kinderzahnheilkunde, Nachweis von paradontalen Ge- Haak/Christina Rainer Haak UKL webeabbau bei Kindern und Diegmann Jugendlichen Christian Hirsch CMD Kinderzahnheilkunde, Einfluss von Sexualhormonen auf Christian Hirsch UKL craniomandibuläre Dysfunktionen LIFE Auswertung der Teilnehmer- Kohortenaufbau und -pflege Stephanie Kirmse LIFE Child study WielandKiess/Andreas Evaluationen Hiemisch Stephanie LIFE Child study LIFE, Bioinformatik Entwicklung einer Prozesssoftware Naumann/Christiane WielandKiess/Andreas Universität Halle zur Optimierung des Ambulanz- Koch Hiemisch Mirja LIFE Child study Quante/Andreas Wieland Kiess durchlaufs LIFE, CPL Inzidenz und Bewertung von Zufallsbefunden Hiemisch 3.5 Kohorte LIFE CHILD Depression Dieser Teil des Berichts wurde von Dipl.-Psych. Sonia Jaeger, Dr. Mirko Döhnert und Dr. Stephanie Stadelmann unter der Projektleitung von Prof. Kai von Klitzing verfasst. 3.5.1 Zahlen & Fakten: Probanden und durchgeführte Untersuchungen Gesamtanzahl der Probanden Bis zum 30.04.2014 durchliefen 770 Kinder im Altern von 8-14 Jahren und ihre Eltern das Basisprogramm der LIFE Child Disease Depression Kohorte. 220 Kinder nahmen an dem psychosozialen Stresstest teil und 280 Probanden nahmen an den EEG-Untersuchungen teil. Die Fallzahlen in den diagnostischen Subgruppen (insges. N=219) gliedern sich aktuell wie folgt: internalisierend N = 65, externalisierend N = 40, Kontrollgruppe N = 89 und Risiko = 25. Bis Ende April 2014 wurden 180 Familien zu einem ersten Follow-up-Zeitpunkt umfassend untersucht, darunter 27 Kinder auch im EEG. Diese Erhebungen zum 2. Messzeitpunkt (T2) werden durchgeführt durch das Verbundprojekt AMIS „Analyzing pathways from childhood maltreatment to internalizing symptoms and disorders in children and adolescents / Analyse von Verlaufsmustern internalisierender Symptome nach frühen Stresserfahrungen“, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projektträger: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)). Im September 2013 wurden die bis dahin eingeschlossenen Probanden genauer analysiert, sodass nun eine gezielte Rekrutierung bestimmter Probandengruppen möglich ist um eine möglichst gute Vergleichbarkeit der Gruppen zu erzielen. So werden inzwischen Probanden aus der Bevölkerung gezielter nach Geschlecht und Alter ausgewählt sowie gezielt Kontrollfamilien mit niedrigem sozioökonomischem Status in die Studie eingeschlossen um eine gute Vergleichbarkeit mit den Daten der klinischen Stichprobe zu erreichen. Während die Fallzahlen für die Subgruppen bereits fast vollständig erfüllt sind, ist inzwischen deutlich geworden, dass das Erreichen der ursprünglich geplanten Gesamtfallzahlen bis 68 Ende des Projektes nicht möglich sein wird. Selbst unter optimierten Rekrutierungsbedingungen ist die Anzahl der wöchentlich durchführbaren Erhebungen aufgrund von strukturellen Gegebenheiten (räumlich, Ausstattung, personell) nicht beliebig steigerbar. Die voraussichtlich zu erzielende Gesamtfallzahl ist für die geplanten Auswertungen und Analysen jedoch ausreichend, sodass der Fokus im Jahr 2014 neben der Fortsetzung der Rekrutierungen auch auf der Auswertung und Publikation der bis dahin erhobenen Daten sowie auf der Beantragung von Folgefinanzierungen für die nächsten Messzeitpunkte liegen wird. Rekrutierungswege Die Rekrutierung der Probanden erfolgte über verschiedene Zugangswege: Über die beteiligten kinderpsychiatrischen Kliniken konnten gut 250 Probanden erfolgreich in die Studie eingeschlossen werden. Über das LIFE Child Health Projekt konnten weitere 110 Probanden eingeschlossen werden. Über Werbemaßnahmen (z.B. Leipziger Kinderuni) konnten ebenfalls einige Familien rekrutiert werden. Schließlich ermöglichte eine 2012 zusätzlich beantragte Gruppenauskunft beim Ordnungsamt der Stadt Leipzig die Rekrutierung der Mehrheit der bisher untersuchten Probanden. Hierbei konnten über die Gruppenauskunft sowohl Kinder für die Kontrollgruppe (d.h. ohne psychopathologische Auffälligkeiten) als auch für die klinische Gruppe rekrutiert werden. Abb. 29 stellt die Zuordnung zur klinischen bzw. Kontrollgruppe nach Rekrutierungsweg dar (Bevölkerung vs. Kinderpsychiatrie). Abbildung 29: Zuordnung zur klinischen Gruppe und gesunden Kontrollgruppe je nach Rekrutierungsweg. (Vorauswertung, N = 579. Davon n = 251 aus der Kinderpsychiatrie und n = 328 aus der Bevölkerung) 3.5.2 Erste Ergebnisse zu Häufigkeiten von psychischen Störungen und zentralen Risiko- und Schutzfaktoren Im Folgenden werden erste Ergebnisse zu Auswertungen der Gesamtstichprobe dargestellt. Die Ergebnisse beruhen auf Zwischenauswertungen der ersten N = 579 untersuchten Probanden und wurden im März 2014 auf der Buchmesse Leipzig erstmals präsentiert. Aktuell werden diese Auswertungen erweitert und vertieft um in einer allgemeinen Publikation zu den Hauptergebnissen der Studie im Frühjahr / Sommer 2014 veröffentlicht zu werden. 69 Abbildung 2 zeigt die Häufigkeiten der zentralen psychischen Störungen sowohl für die Gesamtstichprobe als auch getrennt nach Rekrutierungsweg (Bevölkerung vs. Kinderpsychiatrie). Wie erwartet zeigt sich insbesondere eine hohe Prävalenz der Angststörungen, gefolgt von externalisierenden Störungen. Aber auch die depressiven Störungen – mit einer Lebenszeitprävalenz von 19,5 % in der Gruppe aus der Kinderpsychiatrie – zeigen wie wichtig das Thema Depression bereits im Kindes- und Jugendalter ist. Die Prävalenz von 3,3 % für depressive Störungen in der Bevölkerung entspricht den allgemein bekannten Prävalenzen für das untersuchte Lebensalter. Komorbidität Wie erwartet ist die Depression bei Kindern und Jugendlichen in unserer Stichprobe selten die einzige Störung. Lediglich 14 % der Kinder mit depressiven Störungen haben keine andere psychische Störung. Besonders häufig treten Depressionen im Zusammenhang mit Angststörungen und Verhaltensstörungen (33 %) oder nur mit Angststörungen (19 %) auf. 40 35 30 25 20 15 10 5 0 36,6 29 25,2 23,1 19,5 12,9 10,4 4,8 3,3 Depression 16,7 13,8 Angststörung ADHS 7,2 Gesamtstichprobe Kinderpsychiatrie Bevölkerung Oppositionelles Trotzverhalten Abbildung 30: Prävalenzen der wichtigsten psychischen Störungen Lebensqualität 69.5 % der depressiven Kinder weisen eine unterdurchschnittliche Lebensqualität auf. Sie unterscheiden sich darin signifikant von Kindern mit anderen psychischen Störungen und Kindern ohne psychische Störungen (χ²(8)=110.32, p=.000). Bei Kindern mit Angststörungen sind 50.9 % der Kinder von einer unterdurchschnittlichen Lebensqualität betroffen, bei Kindern mit anderen psychischen Störungen sind es 34.6 % der Kinder. Bei Kindern ohne psychische Störungen wird lediglich bei 14,5 % der Kinder die Lebensqualität als unterdurchschnittlich eingeschätzt (s. Abb. 31). 70 Abb. 31: Lebensqualität der Kinder nach Störungsgruppe. Belastende Lebensereignisse Depressive Kinder haben besonders häufig belastende interpersonelle Lebensereignisse erlebt. 51,8 % der Eltern von depressiven Kindern berichten von schweren Konflikten zwischen den Eltern. Depressive Kinder haben damit signifikant häufiger schwere elterliche Konflikte erlebt als Kinder mit anderen psychischen Störungen und Kinder ohne psychische Störungen (χ²(4)=50.56, p=.000). 26,6 % der depressiven Kinder haben eine Trennung der Eltern erlebt. Elterliche Trennung kommt bei depressiven Kindern dabei signifikant häufiger vor als bei Kindern ohne psychische Störungen (χ²(4)=11.82, p=.019). Auch Misshandlungserfahrungen (5,4 %) und sexueller Missbrauch (3,6 %) werden häufiger berichtet als bei psychisch gesunden Kindern (s. Abb. 32), der Unterschied zu den anderen diagnostischen Gruppen wird jedoch nicht signifikant. Abb. 32: Die häufigsten kritischen Lebensereignisse für die verschiedenen Störungsgruppen. Depressive Mütter Ein Drittel der depressiven Kinder hat eine depressive Mutter, während dies nur bei 19 % der Kinder mit anderen psychischen Störungen und lediglich bei 6,5 % der gesunden Kinder der Fall ist. Mütterliche Depression kommt damit in Familien von depressiven Kindern signifikant häufiger vor als bei Kindern mit einer anderen psychischen Störung und bei Kindern ohne psychische Störungen (χ²(8)=48.77, p=.000). Soziale Kompetenzen Selbstorientierte soziale Kompetenzen (Durchsetzungsfähigkeit, soziale Initiative) sind bei Kindern mit depressiven Störungen am geringsten ausgeprägt, sowohl im Vergleich mit gesunden Kindern, als auch im Vergleich mit Kindern mit anderen psychischen Störungen 71 (ANOVA mit Post-hoc-Analysen, F=15.62, p=.000). Fremdorientierte soziale Kompetenzen (prosoziales Verhalten, Kooperativität) sind bei Kindern mit psychischen Störungen generell geringer ausgeprägt als bei Kindern ohne psychische Störungen. Depressive Kinder unterscheiden sich dabei nicht bedeutsam von Kindern mit anderen psychischen Störungen (ANOVA mit Post-hoc-Analysen, F=30.31, p=.000). Physiologische und kognitive Stressregulation Kinder mit depressiven Störungen weisen deutliche Schwierigkeiten im Umgang mit Stress auf. So fällt es ihnen insbesondere schwer sich gedanklich von belastenden Situationen zu lösen (Grübeln). Auch physiologisch scheinen Kinder mit depressiven Störungen anders auf Stress zu reagieren als gesunde Kinder, was sich in einer veränderten Cortisolausschüttung nach Stress zeigt. 3.5.3 Wissenschaftliche Auswertungen 3.5.3.1 Vorstudien In der Vorbereitung der Rekrutierung wurden zwei Vorstudien erfolgreich abgeschlossen, die zum einen den Einsatz von Haarproben (vs. Speichelproben) als Stressmarker bei LIFE Child Depression und zum anderen die Selbsteinschätzung des Pubertätsstatus (vs. Fremdeinschätzung) untersucht haben. Vorstudie Haarcortisol Die Erfassung von Haarcortisol gilt als innovative Methode zur Erfassung von chronischem Stress, bisher liegen jedoch kaum Ergebnisse zum Kindesalter vor. Im Rahmen einer Vorstudie prüfen wir die Validität dieses Stressmarkers und die Durchführbarkeit der Sammlung von Haarproben bei einer kinder- und jugendpsychiatrischen Stichprobe von n = 30 8-15jährigen Kindern und Jugendlichen. Die Vorstudie zum Haarcortisol umfasste die Gewinnung von Speichelcortisol (14tägig an 3 Wochentagen (Montag, Mittwoch, Freitag) 3x/Tag (1- max. 3 Monate)), Fragebogenuntersuchung zur subjektiven Stressbelastung (Hassles Scale und CSiK, abwechselnd) der Kinder 14tägig (freitags) und eine Haarprobenentnahme am Ende der Speichelerhebung (je nach 1 – max. 3 Monaten). Die Datenerhebung ist abgeschlossen (n = 37 Kinder Speichelproben, davon n = 30 Kinder zusätzlich Haarprobe). Aktuell erfolgen Re-Analysen der Haar- und Speichelproben in Dresden (Labor Prof. Dr. Kirschbaum) bzw. Leipzig (Labor Prof. Dr. Ceglarek / Kratzsch) mittels massenspektrometrischer Analysemethoden zur Verifizierung der unerwarteten Ergebnisse. Die erwartete Korrelation zwischen Haar- und Speichelcortisol konnte nicht nachgewiesen werden. Vielmehr zeigte sich eine fehlende bis leicht negative Korrelation (r = -.23; p = .3) zwischen Haar- und Speichelcortisol (AUC = Area under the curve). Auch mit emotionaler Symptomatik (SDQ) und Depressivität (CES-DC (Kind)) zeigte Haarcortisol einen fehlenden bis leicht negativen Zusammenhang. Intraindividuell zeigte Haarcortisol in unserer Studie mit r = .79 - .99 eine hohe (erwartete) Stabilität, hingegen das erhobene Speichelcortisol eine unerwartet hohe intra- und interindividuelle Varianz. Da die Ergebnisse das Haarcortisol betreffend unerwartet sind, erfolgen aktuell oben genannte Re-Analysen. In der Zwischenzeit wurden mit den Speichelproben spezifischere 72 Auswertungen vorgenommen. So konnte eine hohe intraindividuelle und interindividuelle Variabilität des Cortisolanstiegs am Morgen gefunden werden, obwohl für verschiedene wichtige Einflussfaktoren (insbes. Genauigkeit der Speichelprobenabnahme) kontrolliert wurde. Nur an etwa der Hälfte der Speichelerhebungstage (45 %) zeigten die Kinder den typischen morgendlichen Cortisolanstieg. Bei keinem Kind konnte durchgehend an (fast) allen Erhebungstagen der Cortisolanstieg nach dem Erwachen am Morgen (sogen. Cortisol Awakening Response = CAR) abgebildet werden. Diese Ergebnisse belegen, dass es notwendig ist, zur Untersuchung von Speichelcortisol Speichelproben an mehreren Tagen zu erheben und zukünftig weitere beeinflussende Faktoren herauszuarbeiten (z. B. Schlafqualität, Schlafdauer, psychologische Faktoren). Die Einreichung einer Publikation zur Cortisol Awakening Response (CAR) ist für Frühjahr/Sommer 2014 bei der Zeitschrift „Developmental Psychobiology“ geplant. Vorstudie Pubertätsstatus Im Rahmen einer medizinischen Doktorarbeit (Michaela Jurisch) wurde die Validität der Selbsteinschätzung des Pubertätsstatus von 8- bis 15-jährigen Kindern und Jugendlichen (n = 50) mit psychopathologischen Auffälligkeiten untersucht. Die Ergebnisse belegen einen hohen Zusammenhang zwischen der Selbsteinschätzung des Pubertätsstatus und der Fremdeinschätzung durch einen professionellen Untersucher bei Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen. Probanden mit internalisierenden und gemischten Störungen hatten signifikant höhere Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung des Pubertätsstatus als Probanden mit externalisierenden Störungen bzw. ADHS. Gleichwohl zeigte das Alter der Probanden einen signifikanten Einfluss auf die Übereinstimmung. Die Genauigkeit der Selbsteinschätzung nahm mit zunehmendem Alter der Probanden ab. Geschlecht, BMI und subjektives Körperbild hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Genauigkeit der Selbsteinschätzung. Die Akzeptanz der Selbsteinschätzung war signifikant höher als die Akzeptanz der Fremdeinschätzung durch den professionellen Untersucher. Die Akzeptanz der körperlichen Untersuchung hatte jedoch keinen signifikanten Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung des Pubertätsstatus. 3.5.3.2 Abgeschlossene Auswertungen Die folgenden Auswertungen wurden im Rahmen von mehreren Qualifikationsarbeiten (Diplom-, Bachelor-, Masterarbeiten Psychologie) durchgeführt. Mimische und emotionale Stressreaktion von Kindern mit einer Angststörung oder einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten Es wurden insgesamt N = 18 acht- bis zwölfjährigen psychisch auffälligen Kindern (n = 10 mit einer Angststörung und n = 8 mit einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten) untersucht. Die Diagnosestellung erfolgte mit Hilfe eines teilstrukturierten, klinischen Elterninterviews. Alle Kinder wurden während der psychosozialen Leistungssituation des Trier Social Stress Test for Children (TSST-C; Buske-Kirschbaum et al., 1997) gefilmt. Ausgewählte Sequenzen der daraus gewonnenen Videoaufzeichnungen wurden mittels Facial Action Coding System (FACS; Ekman, Friesen & Hager, 2002a, 2002b) analysiert. Dieses Kodiersystem ermöglicht, jegliche visuell unterscheidbare Gesichtsbewegungen als Action 73 Units zu erfassen. Es wurden Vorhandensein, Lateralität und Intensität der Gesichtsausdrücke analysiert und emotionale Entsprechungen der gezeigten Gesichtsbewegungen identifiziert. Zusätzlich wurde erfasst, welche Emotionen die Kinder subjektiv während der Stresssituation empfunden hatten. Anhand globaler Maße des menschlichen Gesichtsausdrucks wie der Gesamtaktivität, dem Gesamtrepertoire und der Intensität der gezeigten Bewegungen konnten keine Unterschiede zwischen den Probandengruppen gefunden werden. Die Analyse auf Ebene einzelner Action Units lässt vermuten, dass für Kinder mit einer Angststörung eine geringere Aktivität in der oberen Gesichtshälfte als für Kinder mit einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten typisch ist. In beiden Probandengruppen zeigten Kinder Ausdrücke von Verachtung. Wut, Traurigkeit und Angst konnten nicht identifiziert werden. Zwischen den analysierten Emotionsausdrücken fanden sich keine Gruppenunterschiede. Alle Probanden berichteten, Angst während der Stresssituation empfunden zu haben. Jedoch zeigte sich nur für die subjektive Einschätzung von Ekel ein signifikanter Unterschied zwischen den Probandengruppen. Diese ersten Ergebnisse lassen auf viel versprechende Erkenntnisse durch weitere Untersuchungen hoffen, bei denen idealerweise Vergleiche zwischen psychisch auffälligen Kindern und gesunden Kontrollkindern durchgeführt werden sollten. Emotionsregulation, untersucht mittels emotionaler Go/NoGo-Aufgabe: Die emotionale Go/NoGo-Aufgabe bietet die Möglichkeit kognitive Prozesse und Emotionsregulation auf der Ebene der Informationsverarbeitung zu untersuchen. Hierbei sollen Probanden auf emotionale Gesichter (ängstlich, glücklich oder traurig) reagieren (GoBedingung) und ihre Reaktion auf nicht-emotionale Gesichter (ruhig/gelasssen) unterdrücken (NoGo-Bedingung) oder vice versa. Defizite in der Regulation von Emotionen stehen im Zusammenhang mit der Entstehung internalisierender Störungen wie Angst- und Depressionserkrankungen (z. B: Beck, Emery, & Greenberg, 1991). Hierbei scheint das Phänomen des „emotional bias“ eine wichtige Rolle zu spielen. Dabei handelt es sich um stimmungskongruente Verzerrungen bei der Verarbeitung emotionaler Informationen (Williams, Watts, MacLeod, & Mathews, 1997). Bisher ist jedoch wenig bekannt über die Auswirkungen solch maladaptiver emotionaler Verarbeitungsprozesse im Entwicklungsverlauf. Es wurde der Einfluss emotionaler Gesichtsausdrücke auf die Leistung in einer kognitiven Aufgabe sowie die ereigniskorrelierten Potentiale (ERPs) für emotionale Gesichtsausdrücke bei Kindern mit internalisierenden Störungen (n = 15), externalisierenden Störungen (n = 10) und gesunden Kontrollkindern (n = 15) im Alter von 8-12 Jahren untersucht. Alle Kinder reagierten am schnellsten auf glückliche und am langsamsten auf traurige Gesichter. Jungen beider klinischer Gruppen zeigten Defizite in der Hemmungskontrolle bei emotionalen Gesichtern, während klinische Mädchen (besonders in der Gruppe der internalisierenden Störungen) sich gehemmter zeigten als gesunde Mädchen, wenn ein Gesicht Ruhe/Gelassenheit ausdrückte. Zudem ließen sich Hinweise auf Unterschiede in der Aufmerksamkeitsorientierung (Hinwendung vs. Vermeidung) für ängstliche Gesichter bei Kindern mit Angststörungen finden. Die ERP-Analyse zeigte für die N170 die kleinste Amplitude bei glücklichen und die größte Amplitude bei traurigen Gesichtern. Die größten N170-Latenzen zeigten gesunde Kinder, kürzere N170-Latenzen für emotionale Gesichter waren mit vermehrten emotionalen Problemen und kürzere N170-Latenzen speziell für traurige Gesichter mit erhöhter De74 pressivität assoziiert. Die P3b-Komponente zeigte für traurige Gesichter die größte Amplitude und Latenz. Kinder mit internalisierenden Störungen differenzierten auf der Ebene kortikaler Aktivierung kaum zwischen verschieden Emotionen, zudem deuten Abweichungen in der P3b auf eine dysfunktionale Verarbeitung emotionaler Gesichter hin. Bei Kindern (v.a. Jungen) mit externalisierenden Störungen fanden sich Hinweise darauf, dass Defizite in der frühen Verarbeitung (N170) emotionaler Gesichter mit Problemen in der Verhaltenshemmung in Verbindung stehen. Die emotionale Go/NoGo-Aufgabe erwies sich als geeignetes Instrument zur Untersuchung emotionaler Informationsverarbeitung bei gesunden Kindern und Kindern mit psychopathologischen Auffälligkeiten. Anhand der ERPs ließen sich Unterschiede in der Emotionsverarbeitung zwischen diesen Gruppen auf neurophysiologischer Ebene abbilden. Konfliktbasierte Spielnarrative: Zusammenhänge mit elterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie Es wurde geprüft, inwieweit die elterliche Depressivität und die Psychopathologie der Kinder mit Inhalt und Struktur von konfliktbasierten Spielnarrativen im Zusammenhang stehen. Außerdem wurde untersucht, ob strukturelle und inhaltliche Aspekte konfliktbasierter Spielnarrative diesen Zusammenhang moderieren. Hierfür absolvierten n = 56 8- bis 12-jährige Kinder einer vorwiegend klinischen Stichprobe vier Geschichtenstämme der MacArthur Story Stem Battery (MSSB). Die Erfassung der Psychopathologie der Kinder erfolgte über die Selbsteinschätzung mittels zweier Fragebögen, ebenso schätzten die Eltern (n = 75) über einen Fragebogen die eigene Depressivität ein. Zwischen der mütterlichen Depressivität und der Psychopathologie der Kinder zeigten sich nur für die Mädchen signifikante Zusammenhänge: Sie gaben umso mehr depressive Symptome an, je mehr eigene depressive Symptome die Mütter berichteten. In den Spielnarrativen der Jungen bildeten sich umso weniger soziale Kompetenzen ab, je mehr depressive Symptome die Mütter in der Selbsteinschätzung angaben. Eine vermehrte Darstellung von negativen Emotionen und eine verminderte Darstellung von Suchen nach elterlicher Hilfe standen im Zusammenhang mit der Angabe von psychopathologischen Auffälligkeiten bei den Mädchen. Die Jungen zeigten hingegen umso weniger positive Vaterrepräsentationen in ihren Spielnarrativen, je mehr depressive Symptome sie angaben. Struktur und Inhalt der konfliktbasierten Spielnarrative stellten keine Moderatorvariable in der Beziehung zwischen elterlicher und kindlicher Psychopathologie dar. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die intergenerationale Risikotransmission depressiver Störungen von einem komplexen Zusammenspiel verschiedener moderierender und mediierender Faktoren bestimmt ist, die weiterer Erforschung bedürfen und multimodale Präventions- uns Behandlungskonzepte erfordern. Diagnostisches Interview K-SADS-PL Das halbstrukturierte Interview Kiddie – Schedule for Affective Disorders and Schizophrenia – Present and Lifetime (K-SADS-PL; Kaufman et al., 1997; deutsche Übersetzung von Delmo et al., 2000/2001) in einer überarbeiteten Version von Jaeger, Matuschek und Stadelmann (2011) wurde in drei verschiedenen Bereichen untersucht. Zunächst wurde das K-SADS-PL anhand der Child Behavior Checklist /4-18 (CBCL/4-18; Deutsche Arbeitsgruppe Child Behavior Checklist, 1998) validiert (n = 102), um mehr Klarheit 75 über die heterogenen Aussagen bisheriger Validitätsstudien zu erhalten, die meist Konsensus-Diagnosen von Psychiatern als (unzureichend valides) Außenkriterium nutzten (z.B. Füredi et al., 2003; Rettew et al., 2009; Shear et al., 2000; etc.). Die Ergebnisse zur konvergenten Validität des K-SADS-PL zeigen, dass sowohl auf kategorialer als auch dimensionaler Ebene die internalisierenden Diagnosen signifikant mit der CBCL/4-18-Skala „internalisierende Auffälligkeiten“ zusammenhingen. Gleiches fand sich auch bei den externalisierenden Diagnosen und der CBCL-Skala „externalisierende Auffälligkeiten“. Bei der divergenten Validität konnten ähnlich gute Ergebnisse erzielt werden. Viele Kategorien aus dem Interview hingen nicht signifikant mit einer entgegengesetzten Skala der CBCL/4-18 zusammen bzw. zeigten keine Unterschiede in den mittleren T-Werten. Im zweiten Bereich wurde die Akzeptanz des Interviews mit Hilfe von Akzeptanzfragebögen (angelehnt an Suppiger et al., 2009; Gesamtzufriedenheit gemessen auf einer Skala von 0 „überhaupt nicht zufrieden“ bis 100 „sehr zufrieden“) sowohl auf Seiten der Interviewten als auch der Interviewer in verschiedenen Rekrutierungssettings (Forschungssetting vs. Kliniksetting) untersucht (n = 90). Sowohl bei den Interviewten, als auch bei den Interviewern war über alle Rekrutierungssettings hinweg eine hohe Gesamtzufriedenheit zu verzeichnen (Interviewte: M = 91.11; SD = 11.63; Interviewer: M = 81.64; SD = 15.48). Der dritte Teil dieser Masterarbeit untersuchte, welchen Einfluss die Einführung des KSADS-PL als diagnostischer Standard in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters des Universitätsklinikums Leipzig hatte. Hierfür wurden die Achse I-Entlassungsdiagnosen aus dem ersten Halbjahr 2010 (01-06/10) (n = 60) mit denen des ersten Halbjahres 2012 (01-06/12) (n = 51) verglichen. Diese Analyse ergab keinen signifikanten Anstieg der Diagnosen Depression, Angststörung, Verhaltensstörung und Essstörung. Auch die mittlere Diagnosenanzahl pro Kind stieg nicht signifikant im ersten Halbjahr 2012 an. Nach Einführung des K-SADS-PL nahmen die Diagnosekategorie „andere emotionale Störungen“ & Diagnosen mit der Bezeichnung „sonstige/nicht näher bezeichnet“ marginal signifikant ab. Copingstrategien von Kindern mit Angststörungen und Verhaltensstörungen Die Fähigkeit Stress zu bewältigen stellt eine zentrale Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen dar und spielt eine wichtige Rolle für eine gesunde psychische Entwicklung (HermanStahl, Stemmler & Petersen, 1995). In der Vergangenheit wurden die Bewältigungsstrategien dieser Altersgruppe bereits vielfach untersucht, allerdings i.d.R. mit Hilfe der Vorstellung hypothetischer bzw. Erinnerung an zurückliegende stressreiche Situationen oder körperlichen Erkrankungen (Compas, 2001). Neben hypothetischen bzw. erinnerten Stresssituationen (schwere Hausaufgaben und Streit mit einem Freund) wurde auch eine reale standardisierte Stresssituation untersucht. Dabei wurden Alters- und Geschlechtseffekte, sowie störungsabhängige Unterschiede (Angststörung, Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten/Störung des Sozialverhaltens) bei der Stressverarbeitung von Kindern und Jugendlichen in der Altersspanne von 8-14 Jahren beleuchtet. Zudem wurde ein explorativer Vergleich zwischen den Bewältigungsstrategien, die bezüglich der hypothetischen Stressoren erfasst wurden und denen mit Bezug auf die reale Stresssituation angestellt. Die standardisierte Stresssituation wurde mit Hilfe des Trier Social Stress Test for Children (TSST-C, Buske-Kirschbaum et al., 1997), einem Verfahren zur Stressinduktion unter Laborbedingungen, erzeugt. Das Stressbewältigungsverhalten wurde 76 mit Hilfe des Fragebogens zur Erhebung von Stress und Stressbewältigung im Kindes- und Jugendalter (SSKJ 3-8; Lohaus et al., 2006), sowie einer für den TSST-C modifizierten Variante des SSKJ erhoben. Mädchen griffen tendenziell vermehrt auf soziale Unterstützung in der Belastungsbewältigung zurück als Jungen. Im Hinblick auf Unterschiede im Bewältigungsverhalten in Abhängigkeit der Psychopathologie konnten Hinweise dafür gefunden werden, dass Kinder mit externalisierenden Störungen stärker auf destruktiv-ärgerbezogene und vermeidende Bewältigungsstrategien zurückgreifen. Zudem zeigten sich Unterschiede in den emotionsbezogenen und vermeidenden Strategien in Abhängigkeit davon, ob die Bezugsstressoren hypothetisch oder real waren. So wurde in der realen Bedingung vermehrt vermeidende und palliative Emotionsbewältigung, in der hypothetischen hingegen verstärkt destruktivärgerbezogene Emotionsbewältigung gezeigt. Alterseffekte konnten im Rahmen dieser Untersuchung nicht gefunden werden. Weitergehende Untersuchungen mit realen Bezugsstressoren können tiefergehende Einblicke hierzu ermöglichen. Selbst- und Fremdbezogene Kompetenzen Ausgangspunkt der Auswertung war die Untersuchung selbst- und fremdbezogener sozialer Kompetenz und deren unterschiedliche Rolle bei Kindern und Jugendlichen mit internalisierenden Störungen. Um dies zu untersuchen wurden 8-14-jährige Kinder und Jugendliche eingeschlossen, die entweder eine aktuelle Angst- oder Depressionsdiagnose hatten (internalisierende Störungen), oder keinerlei psychopathologische Auffälligkeiten aufwiesen (gesunde Kontrollkinder). Es konnte die 2-Faktorenstruktur des Fragebogens zur sozialen Kompetenz repliziert werden. Die Befunde zur geringeren Ausprägung der selbst- und fremdbezogenen sozialen Kompetenz bei Kindern mit internalisierenden Störungen im Vergleich zu gesunden Kontrollkindern entsprechen zumindest teilweise bisherigen Befunden zum Zusammenhang zwischen sozialer Kompetenz und internalisierenden Symptomen: Es konnte hypothesenkonform gezeigt werden, dass Kinder mit internalisierenden Störungen signifikant niedrigere selbstorientierte soziale Kompetenz aufweisen als gesunde Kontrollkinder. Entgegen der Erwartungen wiesen Kinder mit internalisierenden Störungen auch geringere fremdorientierte soziale Kompetenz im Vergleich zu gesunden Kontrollkindern auf. Insgesamt fügen sich die Ergebnisse gut in die bisherige Datenlage ein und leisten einen wichtigen Beitrag zu diesem Forschungsbereich. 3.5.3.3 Laufende Auswertungsprojekte Aktuell werden bei LIFE Child Depression fünf Masterarbeiten (Psychologie), vier psychologische Promotionen, sechs medizinische Promotionen sowie zwei Habilitationen durchgeführt. Im Folgenden werden die Themen und Fragestellungen dieser aktuellen Auswertungsprojekte skizzenhaft dargestellt. Zusammenhang zwischen kritischen Lebensereignissen, Vernachlässigung, Selbstwertgefühl und Depression Es soll der Zusammenhang zwischen kritischen Lebensereignissen, Vernachlässigungs- und Misshandlungserfahrungen, Selbstwertgefühl und dem Vorliegen depressiver Symptome/einer depressiven Störung untersucht werden. Bisher konnte gezeigt werden, 77 dass je mehr und je früher kritische Lebensereignisse erlebt werden, desto eher eine depressive Symptomatik entsteht. Es wird vermutet, dass ein hohes Selbstwertgefühl als Puffer in der Beziehung zwischen kritischen Lebensereignissen und Depression wirken. Weiterhin sollen Kinder mit und ohne Vernachlässigungs- und Misshandlungserfahrungen miteinander verglichen werden. Hierbei sollen sowohl Risiko- als auch Schutzfaktoren für die Entwicklung von psychischen Störungen identifiziert werden. Elterliche Depressivität und Psychopathologie des Kindes Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Untersuchung der elterlichen Depressivität und deren Zusammenhang mit der Psychopathologie des Kindes. Hierbei wird insbesondere beleuchtet, inwieweit sich die psychische Gesundheit des Vaters und seine Verfügbarkeit (Wohnsituation, Kontakt) sowie das Familienklima auf den beschriebenen Zusammenhang auswirken. Dabei sollen folgende Hypothesen untersucht werden: (1) Der psychopathologische Status des Vaters moderiert den Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. D. h. wenn keine oder nur leichte Depressivität beim Vater vorliegt, dann besteht ein geringerer Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. Wenn mittlere oder schwere Depressivität beim Vater vorliegt, dann besteht ein stärkerer Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. (2): Die Verfügbarkeit des Vaters moderiert den Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. D. h. wenn der psychisch gesunde Vater nicht mit im Haushalt lebt und nur geringer Kontakt zum Kind besteht, dann gibt es einen stärkeren Zusammenhang mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie, als wenn der psychisch gesunde Vater mit dem Kind und der Mutter zusammenlebt oder häufig Kontakt zum Kind hat. (3): Das Familienklima stellt eine weitere Mediatorvariable/Moderatorvariable in der Beziehung mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie dar. Die Abgabe der Arbeit ist für Ende 2014 geplant. Mütterliches und väterliches Erziehungsverhalten in Zusammenhang mit internalisierenden Symptomen Es gibt einen bereits gut untersuchten Zusammenhang zwischen elterlichem Erziehungsverhalten und der psychischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Studien zu internalisierenden Symptomen kamen jedoch zu widersprüchlichen Ergebnissen bezüglich des Zusammenhangs von bestimmtem negativen Erziehungsverhalten und internalisierenden Symptomen wie Depressivität und Ängstlichkeit. Außerdem wurde bisher häufig ausschließlich das mütterliche Erziehungsverhalten untersucht. Die vorliegende Arbeit untersucht bei Kindern und Jugendlichen (n = 222) im Alter zwischen 8 und 14 Jahren (M = 11.09, SD = 1.92) den Zusammenhang von mütterlichem und väterlichem Erziehungsverhalten und internalisierenden Symptomen beim Kind. Dabei sollen Zusammenhänge von mütterlichem und väterlichem Erziehungsverhalten getrennt als auch in Kombination bezüglich der kindlichen Symptomatik betrachtet werden. Es wird einerseits angenommen, dass für mütterliches und väterliches Erziehungsverhalten ein unabhängiger Zusammenhang mit internalisierenden Symptomen des Kindes besteht. Andererseits wird angenommen, dass durch Mütter und Väter ein gemeinsames Erziehungsverhalten entsteht, das mit internalisierenden Symptomen von Kindern und Jugendlichen zusammenhängt. Elterliches Erziehungsverhalten wird durch das jeweilige Elternteil mittels Fragebogen auf unterschiedlichen 78 Dimensionen eingeschätzt. Die Einschätzung der internalisierenden Symptomatik des Kindes liegt von der Mutter und vom Kind selbst vor. Elterliche Psychopathologie wird als Mediator untersucht. Für Alter, Geschlecht und sozioökonomischen Status wird kontrolliert. Soziokönomischer Status und internalisierende Störungen Ziel einer weiteren Auswertungsarbeit ist es, den Zusammenhang zwischen internalisierenden Störungen, insbesondere Depressionen und Angststörungen, bei Kindern und Jugendlichen und dem sozioökomischen Status (SES) ihres familiären Umfelds zu beleuchten. Dazu sollen die Zusammenhänge zwischen internalisierenden Störungsbildern, dem Geschlecht, SES und Arbeitslosigkeit betrachtet werden. Weiter soll überprüft werden, ob es einen Unterschied beim Zusammenhang zwischen internalisierenden Störungen und SES gibt, abhängig davon ob ein 3-Item-Index zur Erfassung des sozioökonomischen Status benutzt wird oder ein 1-Item-Index. Eine Publikation der Ergebnisse wird angestrebt. Diagnostisches Interview K-SADS-PL Zunächst wurde dabei genau analysiert, inwieweit das Interview in einem Forschungskontext und einem klinischen Kontext (Kinder- und Jugendpsychiatrie) aus Sicht der Interviewten und Interviewer akzeptiert ist und von welchen Faktoren diese Einschätzung abhängt. Darüber hinaus wurde der Einfluss des Interviews auf die in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie gestellten Entlassdiagnosen untersucht, nachdem das K-SADS-PL in den diagnostischen Prozess als Standardinstrument integriert wurde. Abschließend soll mit Hilfe des K-SADS-PL ein genauer Blick auf depressive Störungsbilder geworfen werden, die knapp die gängigen Diagnosekriterien verfehlen und damit trotz vorliegender klinischer Beeinträchtigung nicht zu einer vollständigen Depressionsdiagnose führen (subthreshold depression respektive minor depression). EEG-Untersuchung - Emotionale Go/No-Aufgabe Erste Auswertungen in diesem Bereich mündeten in ein Manuskript zur Verarbeitung von Gesichtern im Rahmen einer emotionalen Go/NoGo Aufgabe, welches im Dezember 2013 beim Journal of Child Psychology and Psychiatry eingereicht wurde. Bei dieser EEGbasierten Auswertung wurden 32 Kinder mit internalisierenden Störungen mit 32 gesunden Kontrollprobanden hinsichtlich kognitiver Performanz und neurophysiologischer Verarbeitung verglichen. Hierbei zeigten Muster einen sogenannten „emotional bias“ für traurige Gesichter bei Kindern mit internalisierenden Störungen: Sie zeigten langsamere Reaktionen auf ruhige Gesichter, wenn diese mit traurigen Gesichtern als NoGo-Reize kombiniert waren im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Außerdem konnte bei ihnen eine früher beginnende Verarbeitung/Erkennung emotionaler Gesichter (N170 Latenz) gefunden werden. Dieser Effekt war vor allem bei internalisierenden Mädchen für traurige Gesichter prominent. Internalisierende Mädchen zeigten zudem eine im Vergleich zu gesunden Mädchen verminderte Aktivierung für traurige Gesichter. Die Ergebnisse deuten auf dysfunktionale Verarbeitungsmuster trauriger Gesichter im Zusammenhang mit internalisierenden Störungen hin, die möglicherweise Endophänotypcharakter oder Vulnerabilitätsmarker für diese Erkrankungen darstellen. Das Manuskript wurde beim Journal of Neural Transmission eingereicht und ist aktuell in Revision. 79 EEG-Untersuchung - Vigilanzregulationsstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit psychopathologischen Auffälligkeiten Die im Rahmen der LIFE Child Depression B4-A-Kohorte aufgezeichneten EEGs weiterhin in Bezug auf Vigilanzregulationsstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit psychopathologischen Auffälligkeiten untersucht. Genauer werden die 15-minütigen Ruheableitungen hinsichtlich des Vigilanzverlaufs analysiert und zudem eine Auswertung in quantitativer Hinsicht mittels BrainVisionAnalyzer vorgenommen. Für die Auswertung werden insgesamt 80 EEGs untersucht, welche in 4 Subgruppen unterteilt werden. Entsprechend den Ergebnissen des klinischen Interviews (K_SADS-PL) werden die Probanden der Kontrollgruppe, der Gruppe der internalisierenden Störungen (Depressionen, Angststörungen, etc.), der Gruppe der externalisierenden Störungen oder der ADHS-Gruppe zugeordnet. Die zentralen Fragen lauten: Haben ADHS-Patienten ein für dieses Störungsbild spezifisches Muster ihrer Vigilanzregulation in Form einer instabilen Vigilanzregulation? Weisen Kinder, die unter einer internalisierenden Störung leiden konträr dazu eine hyperstabile Vigilanzregulation auf? Weiterhin soll analysiert werden, ob sich ADHS-Patienten und Probanden mit externalisierenden Störungen (außer der ADHS) in ihrem Vigilanzmuster unterscheiden. Psychosozialer Stresstest: Stressreaktion und –verarbeitung bei Kindern mit internalisierenden Störungen Die emotionale, kognitive und physiologische Stressreaktion und –verarbeitung von Kindern und Jugendlichen mit internalisierenden Störungen wird mit denen von gesunden Kontrollkindern verglichen werden. Bei einer ersten Auswertung wurde das stressbezogene Grübeln von Kindern mit depressiver Störung mit demjenigen von alters- und geschlechtsgematchten gesunden Kindern verglichen. Zunächst konnte gezeigt werden, dass der Stressor für beide Gruppen vergleichbar war (negatives Feedback während des Stresstests, subjektive Aufregung). Unmittelbar nach dem Stresstest unterschieden sich beide Gruppen auch nicht in ihrer subjektiven Selbsteinschätzung (Note). Eine Stunde später berichteten die Kinder der Depressionsgruppe jedoch von signifikant höheren negativen Gedanken (Grübeln) als die Vergleichsgruppe. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es nur innerhalb der Depressionsgruppe einen starken Zusammenhang zwischen der unmittelbaren Leistungseinschätzung und dem späteren Grübeln gibt. Das Manuskript wird in Kürze eingereicht werden. Weitere Publikationen zur physiologischen (Cortisol) und emotionalen Stressreaktion werden aktuell vorbereitet und im Sommer bzw. Herbst 2014 eingereicht. Ein Teilauswertung der TSST-C Daten erfolgt auch in Hinblick auf das Lächeln der Kinder während des Stresstest. Dieses wird bei depressiven Kindern und Jugendlichen und Kindern und Jugendlichen ohne psychopathologische Auffälligkeiten differenzierter analysiert und ausgewertet. Bei der Untersuchung des Zusammenhangs von Lächeln und Stress wurden bisher vorrangig die positiven Auswirkungen von Lächeln auf die physiologische Stressreaktion beschrieben (u.a. Kraft & Pressman, 2012). Dies lässt vermuten, dass Lächeln eine Schutzfunktion vor negativen Langzeitfolgen von Stress, bspw. der Entstehung depressiver Erkrankungen haben könnte. Die Auswertung des Videomaterials erfolgt mittels des Facial Action Coding Systems (FACS; Ekman, Friesen & Hager, 2002a; Ekman, Friesen & Hager, 2002b). Es wird erwartet, dass depressive Kinder und Jugendliche weniger häufig und weniger intensiv lächeln als Kinder und Jugendliche ohne psychopathologische Auffälligkeiten. Vor diesem Hintergrund soll der Umgang mit Stress bei depressiven Kindern und 80 Jugendlichen näher beleuchtet werden, was zu einem besseren Verständnis der Erkrankung im Kindes- und Jugendalter führen würde. Die Abgabe der Masterarbeit ist im Juli 2014 geplant. Cortisol und Alpha-Amylase als Stressmarker: Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Auswertungen der Speichelcortisolmessungen der LIFE Child Depression Kohorte. Hierbei werden folgende Fragestellungen untersucht: (1) Welchen Einfluss haben Schlafdauer, subjektive Schlafqualität und die Zeit des Erwachens auf die Cortisol Awakening Response (CAR)? (2) Welchen Einfluss übt die Compliance, besonders die Zeitcompliance auf die CAR aus? (3) Wie verändert sich die CAR mit dem Alter, bzw. mit der Pubertät? (4) Welche Cortisolparameter erweisen sich als stabil und somit als verlässlich? Darüber hinaus soll geprüft werden, inwieweit sich Cortisol und Alpha-Amylase (AA) als diagnostischer Hinweis auf depressive Erkrankungen nutzen lassen. Hierfür werden Veränderung der Konzentrationen von Cortisol und AA im Speichel bei Kindern mit depressiver Erkrankung im Vergleich zu gesunden Kindern untersucht. Die explorative Fragestellung lautet: Besteht ein Unterschied des basalen Cortisol- bzw. Alpha-Amylase-Spiegels im Speichel von Kindern mit und ohne depressive Erkrankung? Besteht darüber hinaus ein Unterschied in der Stressantwort, welche als Verlaufskurve der Cortisol- bzw. AASpeichelkonzentration, unter Einwirkung eines akuten Stressors (TSST-C) erfasst wird? Die Hypothese lautet dahingehend, dass bei Kindern mit rein depressiver Erkrankung die Antwortreaktion der beiden Stresssysteme, repräsentiert durch die Parameter Cortisol und AA, nicht mehr, wie bei gesunden Probanden üblich, gleichsinnig erfolgt, sondern diesbezüglich vielmehr eine Dissoziation im Sinne einer übermäßigen Ausschüttung von AA bei gleichzeitig gehemmtem Cortisolanstieg besteht. Geplant ist eine Stichprobe von n = 100 Probanden (davon n = 50 depressive und n = 50 Kontrollkinder). 3.5.3.4 Weiterführende Projekte Vor dem Hintergrund der vorliegenden Daten der ersten Erhebungswelle ist ein Manuskript in Arbeit, das sich den grundlegenden Fragen zum ersten Erhebungszeitpunkt der Studie zuwendet und Risiko- und Schutzfaktoren bei depressiven Störungen in den Blick nimmt. Die Autoren haben sich für eine englischsprachige internationale Publikation entschieden, die in der Zeitschrift „European Child and Adolescent Psychiatry“ eingereicht werden soll. Auf der Basis des LIFE-Function-Projektes (LIFE-205 D22) „Quantifizierung von Cortisol und Cortison in Speichel und Haar mittels HPLC-LC-MS/MS zur Beurteilung von chronischem Stress“ entstehen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik des Universitätsklinikums Leipzig (Prof. Jürgen Kratzsch, PD Uta Ceglarek) aktuell zwei Publikationen. Das LIFE-Function-Projekt (LIFE-206-D34) „Kognitiv-emotionale Vulnerabilitätsmerkmale depressiver Störungen im Kindes- und Jugendalter“ untersucht mentale Repräsentationen von Kindern anhand eines Geschichtenstammverfahrens. Aktuell werden hierfür die Videoaufnahmen einer B4a-Teilstichprobe von N=150 Probanden kodiert, mit dem Ziel, den Zusammenhang zwischen mentalen Repräsentationen der Kinder und ihren depressiven Symptomen und Störungen zu analysieren. 81 Des Weiteren werden Auswertungen zu genetischen und immunologischen Aspekten vorbereitet. Aktuell geht es dabei um die Organisation der labortechnischen Analysen der bereits gesammelten Blutproben. 3.6 LIFE HEART (Leipziger Herzstudie) Dieser Teil des Berichts wurde von Dr. Frank Beutner und Dr. Andre Teren unter der Projektleitung von Prof. Dr. Joachim Thiery verfasst. Erkrankungen des Herzkreislaufsystems als Folge atherosklerotischer Gefäßerkrankungen stellen nach Angaben des Statistischen Landesamtes im Freistaat Sachsen stabil die führende Todesursache dar (48% zu Beginn der Leipziger Herzstudie 2006, 47% zum Zeitpunkt der LIFE-Assoziation 2010). Die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren des Lebensstils und der Umwelt, wie arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, Rauchen und Bewegungsmangel, sind heute gut untersucht. Weitgehend unbekannt sind jedoch die molekularen Faktoren der individuellen Empfindlichkeit für Gefäßerkrankungen und die Heterogenität der Atherosklerose bei vergleichbarer Risikobelastung. Etwa 50 % des koronaren Risikos sind genetisch bedingt.1 Die Kombination aus traditionellen Risikofaktoren, klinischer Phänotypisierung, genetischer Information und innovativen Biomarkern ist eine vielversprechende Strategie zur Einschätzung des individuellen kardiovaskulären Risikos – die Voraussetzung für eine ‚personalisierte Medizin’.2 Grundlegendes Ziel der LIFE Leipziger Herzstudie war die Etablierung einer Kohorte von symptomatischen Patienten mit unterschiedlicher Ausprägung der koronaren Herzerkrankung. Dies beinhaltet zum einen Patienten mit stabiler Angina pectoris und zum anderen Patienten mit akuten Koronarsyndromen. Die Datenbank und Bioproben stellen die Basis für weitere LIFE-Module dar, um über moderne molekulare Analyseverfahren die Atherosklerosedisposition beim Menschen aufzuklären. 1. 2. Marenberg ME, Risch N, Berkamn LF, Floderus B, de FAire U. 1994. Genetic suceptibility to death from coronary heart diseae in a study of twins. N Engl J Med. 330(15):1041-6. Gerszten RE, Wang TJ. The search for new cardiovascular biomarkers. Nature 2008;451(7181):949-52. Rekrutierungsmodus Die Patienten nach folgenden Kriterien identifiziert und ausgewählt: 1) Patienten mit Verdacht auf eine Koronare Herzerkrankung bei bisher unbekanntem Koronarstatus (zugewiesen zur elektiven Koronarangiographie), in Abhängigkeit des Koronarbefundes wurden die Patienten in Gruppen mit normalen Koronargefäßen, nichtstenosierender KHK und stenosierender KHK eingeteilt (Abb. 33) 82 Abb. 33: Exemplarische Koronarangiographien in links-anteriorer (LAO) und rechts anteriorer (RAO) Projektion mit unterschiedlicher Ausprägung der koronaren Herzerkrankung 2) Patienten mit Myokardinfarkt als Erstmanifestation der KHK 3) Patienten mit einer signifikanten Obstruktion im Bereich des linken Hauptstammes. Abb. 34: Eine besonders gefährliche Entität der KHK besteht bei Beteiligung des linken Hauptstammes (A), exemplarische Koronarangiographien mit Normalbefund (B) und signifikanter Hauptstammstenose (C) In den folgenden 3 Schemata sind die Rekrutierungsmodie der jeweiligen Probanden mit V.a. KHK, akuten Myokardinfarkt sowie Z. n. Myokardinfarkt bzw. Hauptstammstenose beschrieben. 83 Abb. 35: Workflow bei Probanden mit Verdacht auf KHK Abb. 36: Workflow bei Probanden mit akutem Myokardinfarkt Abb. 37: Workflow bei Probanden mit retrospektivem Herzinfarkt oder Hauptstammstenose 84 Neben der präzisen klinischen Phänotypisierung sind die standardisierte Präanalytik und das Biobanking der Leipziger Herzstudie hervorzuheben. Die Bioproben werden letztendlich in einer der modernsten Biobanken, der LIFE-Biobank (siehe Modul Biobank), eingelagert und stehen für zukünftige Analysen auch noch in Jahrzehnten zur Verfügung. Abb. 38: Workflow Präanalytik Rekrutierungsverlauf Ausgehend von den etablierten Rekrutierungsmodie im Rahmen der initialen Projektphase 2006-2009 konnte in der LIFE-assoziierten Studienphase die tägliche Rekrutierungszahl deutlich gesteigert werden (Abb. 39). Ein HZL-intern-logistisch bedingter Abfall der Rekrutierungszahl konnte durch einen Ausbau der Kohorte von Patienten mit Herzinfarkt kompensiert werden (Abb. 40) 85 8 6 4 2 0 Abb. 39: Die Balken zeigen die Anzahl der eingeschlossenen Probanden pro Tag im LIFEassoziierten Rekrutierungszeitraum 2010-2014 und den Vergleich zum davorliegenden Studienzeitraum 2007-2009 (initiale Förderung durch Roland-Ernst Stiftung). 1500 1000 500 0 Abb. 40: Die Balken zeigen die Anzahl der eingeschlossenen Probanden pro Jahr nach Subgruppen unterteilt: ‚V.a. KHK‘ – blau, Haupstammstenose – grün, Myokardinfarkt – orange, total – schwarz. Zum Projektabschluss 04/2014 konnten in den einzelnen Kohorten folgende Fallzahlen erreicht werden: Verdacht auf KHK: N= 3.442 Myokardinfarkt: N= 2.931 Haupstammstenose: N= 502 Der kumulative Rekrutierungsverlauf ist in Abb. 41 dargestellt. 86 8000 6000 4000 2000 0 Abb. 41: Die Balken zeigen die kumulative Anzahl der eingeschlossenen Probanden nach Subgruppen unterteilt: ‚Verdacht auf KHK‘ – blau, Haupstammstenose – grün, Myokardinfarkt – orange, total – schwarz. Vergleich mit anderen angiographisch phänotypisierten Kohorten Die Leipziger Herzstudie zählt nach einer aktuellen Metaanalyse zu den größten Studien mit angiographisch phänotypisierten Kohorten und ist unserem Wissen nach die einzige Studie mit genomweiter Genotypisierung und Expressionsanalytik (Tabelle 8). Tabelle 8: Kohorten mit angiographischer Phänotypisierung der koronaren Herzerkrankung (modifiziert nach Holmes MV et al., JACC 2013). Studie Land Alter Anteil Frauen Anzahl LIFE Heart Deutschland 62.8 ± 11.5 32.8 3128 (aktuell 7.000) CURE 28 Länder 54.2 ± 11.0 40.9 4334 Fast MI Frankreich 66.1 ± 13.7 29.2 973 Gendemip Tschechien 57.1± 8.6 26.0 1432 GRACE France Frankreich 60.1 ± 12.7 20.4 274 GRACE Scotland UK 64.8 ± 12.0 30.0 1488 IHCS USA 63.0 ± 12.3 29.1 2382 KAROLA Deutschland 58.9 ± 8.0 15.0 1019 MERLIN TIMI 17 Länder 63.4 ± 10.8 34.1 1606 MIRACL 19 Länder 65.7 ± 11.8 34.8 2587 PROVE-IT 8 Länder 57.5 ± 11.0 22.5 2260 AMC-PAS Niederlande 44.0 ± 3.9 19.0 740 ASAP Schweden 63.5 ± 12.4 28.7 272 GENDER Niederlande 62.0 ± 11.1 26.0 866 87 MedStar USA 59.7 ± 8.9 54.4 1322 PennCath USA 59.3 ± 9.7 51.9 1516 SMART Niederlande 56.5 12.4 32.2 8297 Datenerhebung und -dokumentation Es werden 97 initiale Kernvariablen und Derivate definiert (Tabelle 9), welche im Rahmen dieses Projektes prozessiert werden sollen. Eine Analyse der Basischarakteristika und die Verteilung der kardialen Phänotypen wurde bereits pupliziert (Beutner F et a., PLoSOne 2011). Tabelle 9: Zusammenfassung der 97 initiale Kernvariablen und Derivate der LIFE – HEART Kategorie Kernparameter/Derivate(*) Anzahl Angaben zur Person/ Alter, Geschlecht, KHK*, Myokardinfarkt, Schlaganfall*, peri- 19 Anamnese phere arterielle Verschlusskrankheit*, Diabetes mellitus, Hypertonie, Herzrhythmusstörung, Claudicatio intermittens*, Angina pectoris*, Dyspnoe*, Familienanamese*, 5 körperliche Aktivität-Scores*, Medikation Anthropometrie / Größe, Gewicht, Taillen- und Hüftumfang, BMI (Body-Mass- Biometrie Index)*, WHR (Waist-Hip-Ratio)*, 9 Blutdruck (systolisch/diastolisch)*, Nüchternstatus* Ruhe-EKG Rhythmus Ergometrie Leistungsfähigkeit 1 (Watt, MET), Belastungsangina, EKG- 3 Veränderungen* ABI Blutdruck Arm, Blutdruck Knöchel, ABI* 3 Karotisultraschall IMTmean, IMTmax, Plaque CCA, Plaque Bulbus, Plaque ACI, 3 9 Plaquescore*, Stenosen Echokardiographie Ejektionsfraktion, LV-Diameter, LV-Volumen, Wanddicke, LV- 10 Masse, Hypertrophie*, diastolische Funktion*, Vorhofvolumina*, Vorhhoffunktion*, Aortenklappenstenose* Herzkatheter Versorgungstyp, Gefäßerkrankung, 15 Koronarsegmente, Hauptstammstenose, Gensini-Score*, 10 weitere x- 30 KHK- Scores*, Ejektionsfraktion Kardio-Labor ntproBNP, Troponin, CK, CKMB, Myoglobin, Kreatinin, Cystatin, 10 C-reaktives Protein, LDL-C, HDL-C Weitere Derivate Framingham Risk Score*, EuroScore*, Procam Score* 3 Validierung der Daten- und Biobank für genetische Assoziationsstudien In der Region auf Chromosom 9p21 lokalisierte SNPs wurden in mehreren unabhängigen GWAs als robusteste genetische Marker für KHK/Myokardinfarkt identifiziert und gelten daher als Qualitätskriterium für weitere genetische KHK-Studien. Der Chromosom 9p21 88 Lokus konnte in der initialen Kohorte der Leipziger Herzstudie (n>3.000) repliziert werden und zeigt damit die Eignung der Kohorte für genetische Assoziationsstudien. Die erfolgreiche Validierung der Kernkohorte für genetische Assoziationsstudien wurde bereits publiziert (Abbbildung 6, Beutner F. et al., PLoS One 2011). Für die Validierung der finalen LIFE Heart Daten- und Biobank sollen erneut die bekannten genetischen Marker mit dem KHK-Phänotyp assoziiert werden. Die dazu notwendigen Genotypisierungen werden gegenwärtig im der LIFE Genom- und Transkriptomanalytik prozessiert. Abb. 42: Validation der initialen Daten- und Biobank der Leipziger Herzstudie anhand Replikation eines bekannten KHK-Sukzeptibilitätslokus auf Chromosom 9p21 für das Vorliegen einer obstruktiven koronaren Herzerkrankung (CAD), Myokardinfarkt und Hauptstammstenose (LMCAD), Beutner et al. PLoS One 2011) Zusammenfassend sehen wir einen erfolgreichen Abschluss der Rekrutierungsphase des Projektes LIFE Heart. Die Rekrutierung wurde in der LIFE-assoziierten Phase kontinuierlich ausgebaut und hat letztendlich Fallzahlen erreicht, welche die geplanten genomweiten Analysen mit ausreichender statistischer Power unterstützen. Es erfolgte eine zielgerichtete Phänotypisierung, die Heart-Kohorte zeigt eine exzellente Verteilung der wichtigen koronaren Phänotypen mit Anteilen von stabiler KHK, Myokardinfarkten, Hauptstammstenosen und angiographisch unauffälligen Koronargefäßen. Die Leipziger Herzstudie ist aktuell die größte Studie in dieser tiefgreifenden Phänotypisierung und Genotypisierung. Aus der Kohortierung und den folgenden Untersuchungen ergaben sich folgende Beiträge zur Erhöhung der eigenen wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit Beteiligung an internationale Konsortien zur Aufklärung der Genetik der KHK und Myokardinfarkt Die Kohorte der Leipziger Herzstudie erfüllt mit ihrer präzisen kardiovaskulären Phänotypisierung, insbesondere der koronaren Charakterisierung und den bereits vorliegenden molekularen Analysen höchste qualitative Ansprüche und kann in dieser Größen89 ordnung als weltweit einmalig angesehen werden. Neben den lokalen Forschungsprojekten an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig ist die Leipziger Herzstudie bereits in internationalen Consortien verknüpft (z.B. CARDIoGRAMplusC4D, Genuis-CHD). Ziel dieser Consortien ist es, durch Metaanalysen mit größeren Fallzahlen und globale Kohorten allgemeingültige und sichere Ergebnisse zu erhalten. Die Implementierung der Leipziger Herzstudie in diese Consortien ermöglicht zum einen die Umsetzung eigener Fragestellungen in diesem Consortium und zum anderen die Validierung von eigenen lokalen Ergebnissen. Beitrag zur nationalen Versorgungsleitlinie der nicht-obstruktiven KHK Brustschmerzen und eine myokardiale Unterversorgung ohne eine obstruktive KHK sind eine häufige Diagnose. In unserem Kollektiv von Patienten mit Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung zeigen nur 49% der Männer und 29% der Frauen relevante Koronarstenosen. Bei dem anderen Teil der symptomatischen Patienten liegt mutmaßlich eine nicht-obstruktive KHK mit spontanen Spasmen der epikardialen Koronarien oder der Microzirkulation vor. Die spezielle Diagnostik und Therapie dieser großen Patientengruppe ist bis heute nicht gut validiert und nicht standardisiert. Aktuelle Bestrebungen durch das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauferkrankungen (DZHK, initiiert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung - BMBF) zielen auf eine Verbesserung der Versorgung dieser Patienten durch die Erstellung einer nationalen Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der nicht-obstruktiven KHK. Die Datenlage zu Patienten mit nicht-obstruktiver KHK ist im Vergleich zu Patienten mit obstruktiver KHK mangelhaft. In der Leipziger Herzstudie konnten ca. 1200 Patienten mit einer mutmaßlichen nicht-obstruktiven KHK identifiziert werden. Es laufen aktuell Bestrebungen diese Patienten bzgl. ihres Langzeit-Verlaufes unter Anbindung der Leipziger Herzstudie an das DZHK nachzuuntersuchen. Kooperation Berliner Alterstudie (BASE II) Die Lebenserwartung steigt, in Deutschland und weltweit. Die Wissenschaftler der Berliner Altersstudie II (BASE II) erforschen, wie sich diese gewonnenen Lebensjahre möglichst gesund und aktiv gestalten lassen. In einer Kooperation werden BASE und LIFE versuchen insbesondere Fragestellungen bzgl. des kardiovaskulären Alterungsprozess gemeinsam zu beantworten. Hier können Lebensstilfaktoren, Risikoprofile und insbesondere molekulare Signaturen von auf der einen Seite (BASE) alten und sehr alten ‚Gefäß-gesunden‘ Teilnehmern (>80 Jahre) mit denen von jüngeren ‚Gefäß-kranken‘ Teilnehmern (Leipziger Herzstudie) verglichen werden. Die aufgeführten Beiträge zeigen exemplarisch einerseits die Bestrebungen zu nationalen und internationalen Vernetzung und andererseits die Verknüpfung von Grundlagenforschung (molekulare Pathomechanismen) mit klinischen Versorgungsinhalten zur Patientenorientierten Verbesserung von Diagnostik und Therapie der koronaren Herzerkrankung. Auf Grundlage der LIFE-Biobank und der geplanten Follow-up Untersuchungen kann die LIFE Leipziger Herzstudie den Standort Leipzig als Basis für die Erforschung von HerzKreislauferkrankungen mit Schwerpunkt Atherosklerose und Herzinfarkt langfristig sichern und ausbauen. 90 3.7 LIFE Kohorte HNO-Tumore Die LIFE-Disease-Kohorte HNO-Tumore (PIs: Prof. Dr. Andreas Dietz, Dr. Gunnar Wichmann, Prof. Dr. Markus Löffler) ist eine monozentrische prospektive Kohortenstudie zur Erforschung des Einflusses molekularer, lebensstil- und umweltbedingter Faktoren auf die Entstehung und Prognose von Kopf-Hals-Tumoren. Das primäre Ziel der Studie ist die Identifizierung genetischer Marker, die im Kontext mit einem durch Umwelteinflüsse und/oder Lebensstil erhöhten Risiko für das Entstehen von HNSCC prädisponieren oder assoziiert zu einem vorhandenen erhöhten Risiko gefunden werden bzw. bei manifester Erkrankung prognostischen Wert haben. In diese Untersuchungen werden ausschließlich Plattenepithelkarzinome (HNSCC) und deren Metastasen einbezogen, da diese die größte Zahl an Kopf-Hals-Tumoren repräsentieren, aber auch eine in sich heterogene Gruppe darstellen. Eine besondere Gruppe scheinen dabei die HPVinduzierten HNSCC darzustellen. Es existieren Daten, die einerseits eine erhöhte Aggressivität der HPV 16-positiven HNSCC, andererseits aber auch ein verbessertes Ansprechen auf Bestrahlung und Chemotherapie und insofern verbesserte Prognose belegen. Ein wesentlicher Teil des Vorhabens ist eine längsschnittliche Beobachtungsstudie von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren (HNSCC: Head and Neck Squamous Cell Carcinoma) mit Materialasservierung für genomische, transkriptomische und proteomische Analysen inklusive der Identifizierung korrelierter Gensets und von prädiktiven Markern durchgeführt. Untersuchungsmaterialen waren dabei neben Blut- und Urinproben insbesondere Tumorbiopsate, aus denen DNA, RNA und Proteine isoliert wurden. Blut- und Urinproben der HNSCC-Patienten wurden nicht nur im Rahmen der primären Diagnostik sondern darüber hinaus im Verlauf asserviert, um minimal- bzw. nichtinvasive Marker mit prognostischem oder prädiktivem Wert zu identifizieren. Außerdem wurden Leukozyten aus Vollblut durchflusszytometrisch untersucht, um das Zytom von HNSCC im Vergleich vor und nach Therapie vergleichen zu können. Über zwei Jahre (von August 2010 bis Juli 2012) wurden entsprechend informiertem Einverständnis 450 Patienten mit Verdachtsdiagnose HNSCC prospektiv in der LIFE-Kohorte HNO-Tumore eingeschlossen, Befragungen durchgeführt und Bioproben asserviert. Bei 329 dieser Patienten war mit der pathohistologischen Sicherung eines HNSCC sowie bei fünf weiteren Patienten einer prämalignen Vorstufe (intraepithelialer Neoplasie Grad I bis III) das zentrale Einschlusskriterium bei 334 Patienten vorhanden und lagen Ausschlusskriterien (häufigster Ausschlussgrund: das simultane oder metasynchrone Vorhandensein anderer Malignome) nicht vor. Von 229 der 329 Patienten konnten Biopsate erhalten werden, die in die Tumorprobenbank des HNO-Forschungslabors eingebracht und aufgearbeitet wurden. Ergänzt wurden die molekularbiologischen Untersuchungen an diesen 229 Tumorproben durch 69 weitere Proben, die zuvor im Rahmen anderer Studien entsprechend identischer Standards (SOP) asserviert und aufgearbeitet worden waren. Diese Proben wurden auf das Vorhandensein von HPV-DNA untersucht und bei Vorhandensein von HPV-DNA der Subtyp über Genotypisierung bestimmt. Mit diesen 298 Proben wurden die Untersuchungen des Transkriptoms durchgeführt und HPV-spezifisch differente Genexpression identifiziert. Des Weiteren wurde bei 263 dieser Proben eine Untersuchung auf Vorhandensein von Mutationen in 207 Amplikons von 45 Genen, die bei Karzinomen verschiedener Entitäten die am häufigsten beschriebenen Mutationen aufweisen. 91 Prospektive Rekrutierung von >300 HNSCC mit longitudinaler Materialasservation Es kann festgestellt werden, dass die mit dem Projekt LIFE Kopf-Hals-Tumoren angestrebten Rekrutierungsziele erreicht wurden. Die Rekrutierung der LIFE-Kohorte HNOTumore erfolgte planmäßig etwas oberhalb der erwarteten Fallzahlen von ca. 15 Patienten mit Verdachtsdiagnose HNSCC pro Monat über 24 Monate vom August 2010 bis Juli 2012. Von insgesamt 450 Patienten mit Verdachtsdiagnose HNSCC und informiertem Einverständnis in die Studienteilnahme hatten 329 Patienten (73,1% der mit Verdachtsdiagnose eingeschlossenen Patienten) ein HNSCC ohne Vorliegen von Ausschlusskriterien wie bspw. simultane oder metasynchrone Malignome anderer Entität. Über das Einbringen der von diesen Patienten asservierten Materialien in die Probenbanken und deren Analyse wurden mit der Supplementierung durch weitere Proben aus der Probenbank des HNOForschungslabors die geplanten Fallzahlen für die geplanten Untersuchungen erreicht und die geplanten Untersuchungsergebnisse erzielt. In Zusammenhang mit den klinischepidemiologischen Daten der Patienten und der fortgesetzten Nachbeobachtung der Patienten inklusive Dokumentation und fortgesetzter Materialasservation wurden die Datensätze geschaffen, die nunmehr wissenschaftlich verwertet werden können. HPV-DNA und HPV-RNA in HNSCC Von zentraler Relevanz sind die HPV-Detektion und Genotypisierungen unter den präanalytischen Bedingungen der Asservierung und Lagerung von Proben in TRIzol™ mit dem Detektionssystem Inno-LiPA der Firma Innogenetics. Dieses Detektionssystem wurde für die Analyse von zwischenzeitlich >500 HNSCC sowie von Mundspülungen von 300 Probanden der LIFE-Adult-Subkohorte, die per Propensity-Scores gematcht zu HNSCC-Patienten ausgewählt wurden, genutzt. Die Methode findet in künftigen klinischen und epidemiologischen Untersuchungen des HNO-Forschungslabors Anwendung. Mit anderen Methoden erhobene diskrepante Ergebnisse werden derzeit bezüglich der ihnen zugrundeliegenden Eigenschaften der Proben bzw. Detektionssysteme geprüft. Einige Teilergebnisse daraus wurden bereits ausschnittsweise auf Kongressen präsentiert. Es entstehen derzeit zwei wissenschaftliche Publikationen dazu; Entwürfe der entsprechenden Manuskripte liegen zwischenzeitlich vor. HPV-assoziierte Methylierungsmuster in HNSCC Zusätzlich konnten wir an der Aufklärung der Relevanz von bei HPV16-getriebenen Oropharynxtumoren im Vergleich zu HPV16-DNA-negativen Tumoren differentiell methylierten Gen-Promotoren mitwirken. Teile der Ergebnisse wurden bereits publiziert (Kostareli et al., 2013). Aktuell wird die Bestimmung von HPV-RNA-Mustern in unserer Kohorte fortgesetzt, um die differentiell exprimierten und korrelierten Gensets bei HPV16-getriebenen HNSCC (HPV16-DNA+RNA+) im Vergleich zu HPV-DNA-negativen Tumoren wie auch HPV16-DNApositiven aber HPV16-RNA-negativen Tumoren herauszuarbeiten. Die serologische Untersuchung von HPV bzw. Antikörpern gegen HPV-Proteine lieferten Erkenntnisgewinn sowohl in methodischer Hinsicht als auch onkologisch relevante Daten. 92 RNA-Expressionsmuster in HNSCC In 298 HNSCC wurde mittels Illumina HT12v4-Arrays die RNA-Expression genomweit untersucht. Der Aufbau und die Nutzung der dafür neu zu etablierenden Auswertepipeline sind hinsichtlich der Qualität der resultierenden Daten höchstklassig und gestatteten die Expressionsmuster von HNSCC entsprechend verschiedener Klassifikatoren zu vergleichen. Wir fanden differente Expression von RNA von Proteinen einer Vielzahl von Signaltransduktionswegen von für HPV16-DNA positiven und negativen HNSCC. Noch stärkere und klarere Kontraste ergeben sich im Vergleich der HPV16-RNA-positiven HNSCC mit HPV16negativen HNSCC. Interessant ist das identische Clustern HPV16-DNA-positiver, aber für HPV16-RNA negativer HNSCC mit HPV-negativen HNSCC. Das belegt, dass die aktive HPV-Infektion (über die Expression der neoplastisch transformierenden Proteine E6 und E7) in die Regulation der Epithelzellen eingreift und – obwohl es sich um HNSCC handelt – HPV16-Expression (Anwesenheit von HPV16-RNA und Produktion der Proteine E6 und E7) zu einem anderen Tumor-Subtyp führt, der sich bezüglich Genexpression aber auch klinischem Verlauf der Erkrankung abweichend (distinkt) von HPV-negativen Tumoren verhält. Die Anwesenheit von HPV16-DNA in HNSCC scheint zu einem gewissen Anteil ausschließlich ein Epiphänomen darzustellen. Solche Tumore sind bezüglich der Genexpression nicht statistisch sicher different gegenüber HPV16-DNA negativen HNSCC, und sie unterscheiden sich im gleichen Maß wie diese von HPV16-RNA-positiven HNSCC. Dies geht auch mit einem differenten klinischen Verlauf der Erkrankung einher. Abb. 43: Genexpression von 300 HNSCC-Tumorproben 93 Zytomuntersuchungen In einer Subgruppe der Patienten konnten zwischen Januar 2011 und März 2012 Zytomuntersuchungen durchgeführt werden. Dabei wurden Vollblutproben auf Vorhandensein und Verteilung von Zellpopulationen über den Einsatz von vier Antikörperpanels unter Verwendung von multicolorimetrischer Durchflusszytometrie mit zehn Immunfluoreszenzfarbstoffen untersucht. Diese Untersuchungen gestatteten tiefe Analysen von T- und NKZellen, B-Lymphozyten und Monozyten. Dabei wurden im Vergleich früher mit fortgeschrittenen Stadien von HNSCC Zellpopulationen identifiziert, deren differente Proteinexpression charakteristisch und geeignet sind, die Gruppen zu klassifizieren und so über Blutproben und deren durchflusszytometrische Charakterisierung die Diagnostik von HNSCC und die Unterscheidung früher und später Stadien zu unterstützen. Auch im Vergleich zu Probanden der Bevölkerungsstichprobe wurden durch die maligne Erkrankung bedingte Veränderungen des Zytoms erfasst. Die LIFE-Disease-Kohorte HNO-Tumore und die innerhalb der Studie erhobenen Ergebnisse sind innerhalb des hoch kompetitiven Umfeldes der Erforschung von HNSCC und der Entwicklung prognostischer und prädiktiver Biomarker und Klassifikatoren für HNSCC gut positioniert bzw. von hoher Relevanz. Erst kürzlich wurde im DKTK ein ähnliches Projekt initiiert. Es befindet sich derzeit im Rekrutierungsmodus. Das LIFE-Vorhaben hat derzeit einen Vorsprung von ca 2 Jahren. 4. Klinische Chemie, Biobank und genetischen Analytik Dieser Teil des Berichts wurde von Frau Dr. Ute Ceglarek, Frau Julia Stäker, Dr. Ronny Baber und Prof. Dr. Ralph Burkhardt unter der Projektleitung von Prof. Dr. Joachim Thiery verfasst. Die Zuarbeit zu Pkt. 4.1.3. kommt von Frau Dr. Melzer und Prof. Dr. Attila Tarnok. 4.1 Klinische Labordiagnostik Die Klinische Labordiagnostik gliedert sich in drei Abschnitte: (4.1.1) Metabolom-Analytik, (4.1.2) Klinische Chemie und Hämatologie und (4.1.3) Zytom-Analytik auf die im Folgenden näher eingegangen wird. 4.1.1 Metabolom-Analytik Für die Metabolom-Analytik werden die Proben in der Biobank bei Temperaturen unter -130°C eingelagert und stehen damit für eine spätere Diagnostik im Batch zur Verfügung. Im Projektzeitraum wurden massenspektrometrische Analysenmethoden für verschiedene Stoffwechselgruppen entwickelt, für die Analytik im LIFE-Programm validiert und publiziert. Insgesamt lassen sich 125 verschiedene Analyte aus 500 µl Plasma quantitativ analysieren. Weitere Methoden befinden sich in der Entwicklung (s. Tabel). Im Berichtszeitraum erfolgten Aminosäure- und Acylcarnitinmessungen für 6300 LIFE AdultProbanden, für 300 LIFE Child-Obesity-Probanden und 5200 LIFE Heart-Probanden. Diese Untersuchung wurde außerdem an 4000 Trockenblutproben von A2-Probanden und 1300 Proben von Probanden der LIFE-Kohorte HNO-Tumore durchgeführt. 94 Tabelle 10: Konzentrationsbereiche, Probenmaterialien und –volumina massenspektrometrisch quantifizierbarer Parameter Analytengruppe Sterols Phytosterols Cholesterol ester Steroids Oxysterols Sphingolipids Parameter Cholesterol free, ester, total Lanosterol free Desmosterol, Zymosterol, 7-Dehydrocholesterol free Desmosterol, Zymosterol, 7-Dehydrocholesterol ester Desmosterol, Zymosterol, 7-Dehydrocholesterol Brassicasterol free, ester, total Campesterol free, ester, total Stigmasterol free, ester, total Sitosterol free, ester, total Cholesteryltetra-/-penta- and -hexadecanate Cholesterylhexa- and octadecenate Cholesteryloctadecadienate Cholesteryloctadecatrienate Cholesteryleicosatetraenate Cholesteryleicosapentaenate Cholesteryldocosahexaenate Androstenedione Aldosterone Estradiol, premenopausal Testosterone 17-Hydroxyprogesterone Progesterone Dehydroepiandrosterone Dexamethasone Cortisol 11-Deoxycortisol Cortisone Prednisolone Dehydroepiandrosterone sulfat 7-Ketocholesterol 7-OH-Cholesterol 3ß-5α-6ß-Trihydroxycholestane 5,6 β Epoxycholesterol 5,6 α Epoxycholesterol 4ß-Hydroxycholesterol 22α(R)-Hydroxycholesterol 24(R/S),25-Epoxycholesterol Summenparameter: 20α-Hydroxycholesterol, 22α(S)-Hydroxycholesterol, 24S-Hydroxycholesterol, 25-Hydroxycholesterol, 27-Hydroxycholesterol Cholesterol Sphingosin-1-Phosphate, Probenmaterial Probenvolumen Serum/ Plasma, Dried blood spots 10 µL, 4.7 mm Konzentration sbereich 1.5 - 3 g/L 0.1 - 0.5 mg/L 2 - 20 mg/L 0.2 - 10 mg/L Serum/ Plasma 10 µL 30 - 3000 mg/L 0.01 - 1.0 µ/L 0.05 - 10 µg/L 0.1 - 10 µg/L Serum/ Saliva 50 µL Serum/ Plasma 80 µL Serum/ ~ 50 µL 0.1 - 50 µg/L 0.2 - 10 µg/L 0.4 - 20 µg/L 0.5 - 25 µg/L 1.0 - 50 µg/L 2.0 - 100 µg/L 3.0 - 3000 µg/L 2 - 25 µg/L 0.5 - 1.5 g/L 5 - 300 µg/L 95 Analytengruppe Phospholipids Endocannabinoids Amino acids Acylcarnitine Eicosanoides Parameter Sphinganin-1-Phosphate Sphingosine, Sphinganine Phosphatidylcholine Lysophosphatidylcholine Arachidonoyl Ethanolamide, Palmitoyl Ethanolamide 1-Arachidonoyl Glycerole, 2-Arachidonoyl Glycerole Oleoyl Ethanolamide Alanine, Valine, Leucin+Isoleucin, Methionin Phenylalanin, Tyrosin, Glutamic acid, Proline, Threonine Tryptophan, Histidin, Glycin, Ornithine, Arginine, Citrullin Acylcarnitine C3-C18:2OH, free Carnitine, Acetylcarnitine Propionylcarnitine, Malonylcarnitine, Butyrylcarnitine 3-Hydroxy-Butyryl-Carnitine, Isovalerylcarnitine, Tiglylcarnitine 2-Hydroxyisovalerylcarnitine, Hexanoylcarnitine, Octanoylcarnitine Octenoylcarnitine, Decanoylcarnitine, Decenoylcarnitine Methylmalonylcarnitine, Glutarylcarntine, Dodecanoylcarnitine 3-Methylglutarylcarnitine, Myristoylcarnitine, Tetradecenoylcarnitine 3-Hydroxy-tetradecanoylcarnitine, Palmitoylcarnitine Hexadecenoylcarnitine, 3-Hexadecenoylcarnitine 3-Hydroxy-decanoylcarnitine, Stearoylcarnitine Octadecenoylcarnitine, HydroxyOctadec-1-enoylcarnitine Hydroxy-Octadec-2-enoylcarnitine3Hydroxy-Octadecanoylcarnitine 6-Keto-Prostaglandin F1a, Prostaglandin F2a, E2, D2 Thromboxane B2, B3, 8-isoProstaglandin F2a, Lipoxin A4 Leukotriene B4, 5,6-Dihydroxyeicosatrienoic acid 5,6-Epoxyeicosatrienoic acid, 5-OxoEicosatetraenoic acid 5-Hydroxyeicosatetraenoic acid 5-Hydroperoxyeicosatetraenoic acid 11-Hydroxyeicosatetraenoic acid, 12Hydroxyeicosatetraenoic acid Arachidonic acid Probenmaterial Plasma Probenvolumen Konzentration sbereich Serum/ Plasma ~ 50 µL 0.78 - 2.5 mg/L 0.08 - 1.5 mg/L Serum/ Plasma ~ 50 µL 0.2 - 7 µg/L 0.5 - 50 mg/L Dried blood spot 3.2 mm 0.03 - 25 mg/L Plasma, Urine 200 µL, 1 mL 10-1000 pg/mL 2000 ng/mL 96 Analytengruppe Probenmaterial Parameter Eicosapentaenoic acid Docosahexaenoic acid Bile acids Triacylglycerides Apolipoproteins Probenvolumen Konzentration sbereich 200 ng/mL 500 ng/mL in progress in progress in progress 4.1.2 Klinische Chemie und Hämatologie Von den insgesamt geplanten 30.000 Proben der LIFE-HEALTH-Kohorten und LIFEDISEASE-Kohorten wurden bisher 18.200 Proben entnommen und für die Probenanalyse gemäß standardisierten Protokollen weiter prozessiert. Bis zum 15.04.14 wurden die in Tabelle 11 dargestellten Laboruntersuchungen durchgeführt. Tab. 11: Bestimmungen Klinische Chemie und Hämatologie der LIFE-Kohorten bis 15.04.14 Kohorte Parameter Blutbild Elektrolyte Leber-PankreasScreening Nierenfunktionsdiagnostik Kardiale Diagnostik Lipidstoffwechsel Glucosestoffwechsel Eisenhaushalt Vitamine Knochenstoffwechsel Endokrine Funktion Schilddrüse Inflammationsdiagnostik Allergiediagnostik Adult Child Heart Head and Neck Cancer A1 A2 / B1 / B4a B3 B7 8700 8700 8700 4100 4800 4600 3900 2400 3900 500 700 700 8700 3900 3900 500 8700 8700 7300 6800 6800 6700 6700 8700 8700 6800 3700 4900 4300 3500 4000 3700 2700 4900 4900 2700 3900 3900 3900 2400 2400 2400 / 2400 3900 / 500 700 200 200 200 700 200 700 700 200 Der Umfang dieser Untersuchungen konnte von ursprünglich 34 Analyten zu Projektbeginn auf 70 verschiedene Parameter aus verschiedensten medizinischen Bereichen (Großes Blutbild, Elektrolyte, Leber-Pankreas-Screening, Nierenfunktionsdiagnostik, Kardiale Diagnostik, Eisenhaushalt, Lipid-, Glucose- sowie Knochenstoffwechsel, Endokrinologie, Schilddrüsen-, Inflammations- sowie Autoantikörperdiagnostik) erweitert werden. Die Durchführung der in der Krankenversorgung bereits etablierten Untersuchungen erfolgt mit Hilfe neuester Plattformen der klinisch-chemischen, hämatologischen, hämostaseologischen und immunologischen Diagnostik in dem als Medizinisches Prüflabor (ISO 15189) akkreditierten Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, ILM des Universitätsklinikums (Direktor Prof. Dr. med. J. Thiery). Die qualitätsgesicherten Ergebnisse (Dr. Christoph Weisbrich) werden seit Februar 2011 in die LIFE-Datenbank übertragen und 97 stehen somit späteren Auswerteprojekten zur Verfügung.Da die geplanten Rekrutierungszahlen noch nicht in allen Kohorten erreicht sind, ist die Analytik weiterer 11.800 Proben geplant. 4.1.3 Zytom-Analytik Während der Pilotierungsphase (2010) wurden bereits 667 A1 Blutproben mit einem 10 Farben 13 Antikörperpanel mittels Hochdurchsatz Durchflusszytometrie erfolgreich gemessen. Die 667 Probanden sind nur unzureichend phänotypisch charakterisiert. Für diese Fälle sind jedoch die Stammdaten vorhanden. Mit Hilfe der Daten über Geschlecht und Alter der Probanden wurden geschlechts- und altersspezifische Normwerte für 16 Leukozytensubpopulationen erhoben. Die Auswertung erfolgte unter Verwendung der FCS 2.0 Datenfiles. Im Zeitraum der Hauptstudie wurden weitere 219 A1 Blutproben (01.11.2011-19.03.2012) sowie 422 Proben im Zeitraum 18.03.2013 bis 18.11.2013 (Altersverteilung: Abb.1, Gatingstrategie und Diskriminierung von gesunden vs. auffälligen Probanden: Abb. …, Tab. 12) gemessen. Um die hohe Qualität der Messungen zu gewährleisten wurden tägliche Fluoreszenzbeadmessungen durchgeführt, um die Stabilität des Instruments zu garantieren. Die Präparation der Proben und Analyse wurde weitergehend optimiert um bessere Qualitätsstandards zu erreichen. In einem Vortest wurden 25 der 641 Proben der Hauptstudie verwendet und mittels des höher auflösenden FCS3.0-Datenfiles neue, detailliertere Auswertungsansätze entwickelt. Die 641 Fälle sind im Vergleich zur Pilotierungsphase umfangreich phänotypisch charakterisiert. Das rechenzeit-aufwendige, manuelle Gating der 641 Fälle ist in Bearbeitung. Ziel ist die Korrelation der Verteilung und Aktivierung verschiedener Leukozytensubpopulationen mit Lebensstilfaktoren (z. B. BMI, Rauchverhalten, Alkoholkonsum), die aus der umfangreichen Phänotypisierung gewonnen werden. Die Datenverarbeitung/Datenreduktion und Verknüpfung der Daten mit den Phänotypdaten und Derivaten ist in Bearbeitung. Mit dem Ziel den Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Verteilung von verschiedenen Leukozytensubpopulationen zu untersuchen wurden 422 Männer und Frauen mit einem 10 Farben 13 Antikörper Panel zytometrisch erfasst (Abb. 44). A1 Cytomics Panel 1 Altersverteilung n = 422 30 Anzahl n 25 20 Männer (n -211) Frauen (n -211) 15 10 5 0 18-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 ≥ 75 Altersklassen (Jahre) 98 Abb. 44: Altersverteilung der in die Cytomics-Messungen einbezogenen Probanden Auf eine Gleichverteilung von Männern und Frauen zwischen 40 bis ≥ 75 Jahre wurde geachtet. Um eine möglichst vollständige Altersstruktur zu erfassen, wurden auch junge Erwachsene von 18-39 Jahren mit in die Studie eingeschlossen. Zur Erhebung von Referenzwerten und zur Bestimmung von Lebensstilfaktoren, welche die absolute Zellzahl und Aktivität von Leukozyten beeinflussen, wurden ausschließlich Daten von Probanden mit unauffälligen Zytomen (Abb. 45, Beispiel in A) verwendet. Probanden mit einem auffälligen Zytom (B und C) wurden von der Analyse ausgeschlossen. 1 2 3 A B C Abb. 45: A1: Normalverteilung der 3 Hauptpopulationen Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten vs. B1: Überschuss an Lymphozyten vs. C1: Überschuss an Monozyten. A2: Normalverteilung von CD3- Lymphozyten (B-Zellen CD3- , CD16/56-und NK-Zellen CD3-, CD16/56+) und CD3+ Lymphozyten (T-Zellen CD3+- , CD16/56- und NKT-Zellen CD3+, CD16/56+) vs. B2: Überschuss an B-Zellen [Hinweis auf Manifestation einer chronisch lymphatischen B-Zell-Leukämie im Blut]. A3/C3 zeigt die Monozytenanalyse: Ausschluss von CD8/14/19-, HLA-DR- Events vom CD45+, SSCmid Monozytengate. 99 Tabelle 12: Zusammenfassung der normalen (A) und abweichenden (B, C) prozentualen Angaben der Leukozytensubpopulationen aus Abb. 45. Granulozyten, % Monozyten, % Lymphozyten, % CD3+ Lymphozyten, % CD3- Lymphozyten, % Fall A 71,55 6,74 21,44 29,71 70,33 Fall B 6,28 2,79 90,53 95,65 4,32 Fall C 51,23 34,01 14,86 26,74 73,56 Vom Normbereich abweichende Werte sind unterstrichen dargestellt. Im Fall B handelte es sich um eine CLL, die auch durch weitere Laborbefunde bestätigt wurde. Im Fall C lagen die Monozyten weit über den empfohlen Normalwerten. Als Normalwerte wurden für Granulozyten 35-80 %, für Monozyten 2-14 % und für Lymphozyten 20-51 % festgelegt. 4.2 Biobank Die Probenbank stellt ein zentrales Dienstleistungsmodul des LIFE-Projekts dar und trägt wesentlich zu dessen Nachhaltigkeit bei. Eine Biobankstruktur war an der Universität Leipzig bisher nicht vorhanden und musste, inklusive aller Arbeitsabläufe der Probenprozessierung und Einlagerung, im Rahmen des Projekts C3 für LIFE völlig neu entwickelt werden. Die Kryotechnologie für die Probenbank wurden Ende 2009 beschafft und nach Umbau speziell für eine Biobank ausgelegter Räumlichkeiten im Sockelgeschosses des Studienzentrums der Medizinischen Fakultät in der Liebigstrasse 27 aufgestellt und in Betrieb genommen. Im Rahmen des LIFE-Projekts wurde Ende Februar 2011 mit der Pilotierung der Probensammlung in den LIFE-HEALTH- und LIFE-DISESASE-Kohorten auch die Arbeit des LIFE-Ambulanzlabors einschließlich der Einlagerung von Proben in die Probenbank aufgenommen. Es werden verschiedenste Probenmaterialien (Serum, Plasma, Urin, Plazentaund Nabelschnurgewebe, Vollblut, Nukleinsäuren, Blutzellen, Trockenblut, Muttermilch, Haare) von Probanden aus den LIFE-HEALTH-Adult und LIFE-HEALTH-Child Kohorten sowie Patienten (Adipositas), kardiovaskuläre Erkrankungen, psychische Auffälligkeiten bei Kindern , Kopf-Hals-Tumore ) gesammelt und eingelagert. Hierbei ergeben sich durch die unterschiedlichen Probenmaterialien auch unterschiedliche Anforderungen an die Art und Weise der Prozessierung und Lagerung. Aus diesem Grund werden verschiedenste Lagerungssysteme und Lagertemperaturen verwendet. Im Rahmen des Projekts wurde folgender Probenfluss etabliert: Blutproben und Urin der Probanden der Adult- und Child-Kohorten werden in den Ambulanzen gewonnen und treffen je nach Material bis spätestens 60 Minuten nach Abnahme im Ambulanzlabor ein. Nach anschließender Zentrifugation eines Großteils der Proben im Ambulanzlabor werden die flüssigen Bestandteile in Sekundärröhrchen überführt. Serum und Plasma werden anschließend durch einen Aliquotierroboter (DIVA-System) in Straws zu je 0,3 bzw. 0,5 ml abgefüllt, hermetisch versiegelt und bei -80 °C zwischengelagert. Nach anschließendem Transport bei auf Trockeneis zur Biobank, werden die tiefgefrorenen Straws in einer tiefgekühlten Arbeitsbank (kleiner -100 °C) für die Einlagerung vorsortiert. Die sortierten Straws werden in mit flüssigem Stickstoff gekühlten Dewargefäßen in die Kühltürme eingeschleust, und dort an einem vorher zugewiesenen Lagerort eingelagert. Durch dieses Vorgehen ist die bestmögliche Probenqualität gewährleistet. Erste noch unpublizierte Vorversuche konnten 100 belegen, dass diese innovative Lagerung bei tiefsten Temperaturen mit einer durchgängigen Kühlkette bei Temperaturen unter -100°C die Stabilität einiger Analyten gegenüber der konventionellen Lagerung bei -80 °C bzw. -20 °C signifikant erhöht. Neben der Einlagerung in Kunststoffhalmen, erfolgt auch die Lagerung in Kryoröhrchen. Hierbei werden 1 – 2 ml Urin bzw. Serum manuell abgefüllt und bei – 80 °C eingelagert. Auch hier erfolgt der Transport auf Trockeneis und die Endlagerung in Ultratiefkühlschränken der Biobank im Studienzentrum. Die Anzahl der bis zum 30.04.2014 produzierten Straws und gefüllten Köcher kann aus Tabelle 13 entnommen werden. Das Zusammenspiel aus standardisierten Arbeitsabläufen und Unterstützung durch Aliquotierroboter ermöglichen es, eine gleichbleibend hohe und vergleichbare Probenqualität zu erreichen. Aus EDTA-Vollblut wird im Ambulanzlabor Trockenblut gewonnen und für spätere Analysen dauerhaft bei -80°C eingefroren. Zusätzlich wird aus den EDTA-Röhrchen, nach kurzzeitiger Zwischenlagerung bei 4°C, DNA mit dem Autopure LS – DNA-Isolationsroboter isoliert (Anzahl s. Tabelle 13). Die so gewonnene DNA wird in 2D-barcodierte, 1 ml fassende Gefäße portioniert und bei -80 °C eingelagert. Neben der Isolation und Lagerung von DNA ist auch die Isolation von RNA für spätere Expressionsuntersuchungen von großer Bedeutung. Das für die RNA-Isolation stabilisierte Vollblut (Tempus-System) wird bis zur Isolation (mindestens 50 Monate Haltbarkeit garantiert) bei -80 °C gelagert. Die RNA-Isolation kann somit zu einem späteren Zeitpunkt im Batch durchgeführt werden. Mit der Sammlung von stabilisiertem Vollblut wurde am 15.05.2012 begonnen. Bis einschließlich 30.04.2014 konnten bereits 30.999 Proben asserviert werden. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Projekts ist die Etablierung geeigneter Techniken für die Zellpräparation und Kryokonservierung von Zellen. Hierfür wurden Methoden zum Einfrieren von Zellen getestet. In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass die Zellen nach dem Einfrierprozess mit möglichst hoher Ausbeute lebensfähig wieder aufgetaut werden können. In der zurückliegenden Förderphase wurden erste Protokolle entwickelt, getestet und an die bestehenden Gegebenheiten adaptiert. Mit der Sammlung der peripheren mononukleären Blutzellenzellen (PBMCs) wurde am 06.06.2012 begonnen. Bis einschließlich 30.04.2014 konnten 29.253 Proben asserviert und in die Gasphase flüssigen Stickstoffs eingelagert werden. In diesem Zusammenhang konnte auch die Immortalisierung von Zellen in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie getestet und etabliert werden. Tabelle 13: Übersicht der Anzahl der bis zum 30.04.2014 produzierten Straws, gefüllten Köcher, durchgeführten DNA-Isolation, gesammelten Tempus und isolierten Aliquots an peripheren mononukleären Blutzellen (PBMCs) Kohorte A1-oGTT A2-Eltern-12C A2-Mutter-12C A2-Geburt-12 A2-3M-12 A2-6M-12 A2-1J-12 A2-3J-12C A2-6J-12C Straws 250479 29939 12440 2811 478 695 4422 1543 1636 Köcher 17644 2203 1005 224 40 56 280 131 136 DNA-Isolationen 6999 2145 645 238 132 146 566 163 139 Tempus 13343 1350 346 0 0 0 113 148 141 PBMCs 12677 1219 82 0 0 0 2 133 132 101 A2-8J-12C A2-Schwangere-12C B1-A2-oGTT B1-O-oGTT B3-AMI B3-HSS B3-LE-HEART B4a-Fall-KJP B7-Initial Summe 25267 6910 4831 6728 6590 7299 6345 2713 10631 381757 2098 570 335 475 658 507 496 213 629 27700 1720 288 219 310 566 342 456 305 608 15987 850 295 118 150 4376 2486 6892 0 391 30999 789 213 107 145 4376 2486 6892 0 0 29253 Der immer weiter steigenden Probanden- und Probenzahl konnte durch eine bereits durchgeführte Erweiterung der Biobank begegnet werden. So wurden 2013 für die Lagerung in der Gasphase flüssigen Stickstoffs neben den 2009 beschafften 5 HS102 der Firma Askion sechs Lagersysteme HS200 installiert. Der Hauptvorteil dieser neuen Lagereinheiten besteht in einer möglichen Teilautomatisierung des Systems und somit in der Möglichkeit der Einsparung von Personalkapazitäten und im unterbinden möglicher menschlicher Fehler. Außerdem konnten 2013 ebenso 3 weitere Ultratiefkühlschränke für die Lagerung bei –80 °C erworben werden. Mit dieser Erweiterung wurden allerdings die räumlichen Kapazitäten komplett erschöpft. Aus diesem Grund werden ab Anfang Juni diesen Jahres neue Räumlichkeiten für die Erweiterung der Biobank ausgebaut. Damit bietet sich die Möglichkeit bis zu 5 weitere Ultratiefkühlschränke und bis zu 4 weitere Lagersysteme und eine weitere kühlbare Arbeitsbank für die Lagerung von Proben in der Gasphase flüssigen Stickstoff aufzustellen. Neben der Einlagerung von Bioproben konnten in den letzten Jahren auch Proben erfolgreich wieder aus der Biobank ausgelagert werden. Bei Vorversuchen zur Auslagerung in der Gasphase flüssigen Stickstoffs eingelagerter Proben zeigte sich, dass die HS200 auch im Handling den HS102 überlegen waren, was zu einer Zeitreduktion von ca. 30 % bei der Auslagerung von Einzelproben führt (s. Tabelle 14). Diese Vorversuche verdeutlichten allerdings auch den immensen Zeitaufwand für die Auslagerung von Proben bei der Gasphasenlagerung. Tabelle 14: Ergebnisse Vorversuche Auslagerung von Proben aus der Gasphase flüssigen Stickstoffs mit HS102 und HS200 Tätigkeit Einschleusen leerer Köcher Suchen der Straws und Entnahme Ausschleusen und Einlagern in die Workbench Durchschnittlich je Straw bei HS200 Durchschnittlich je Straw bei HS102 0:00:05 0:00:09 0:00:52 0:01:13 0:00:04 0:00:09 0:01:01 0:01:30 Im Berichtszeitraum wurden Genotypisierungsprojekte der Adult- und Child-Kohorten durchgeführt und begonnen. Die Biobank konnte durch schnelle Bereitstellung der Materialien zum Erfolg dieser Projekte beitragen. 102 Als wichtiges Bindeglied zwischen Ambulanz und Labor ist eine gut funktionierende IT unerlässlich. In Kooperation mit dem Projekt IT/Biometrie konnte die entsprechende Software, die in dieser Weise bisher nicht auf dem Markt erhältlich ist, von einem Softwareentwickler programmiert werden. In diesem Bereich konnte die Verknüpfung von LIFE-Ambulanz und LIFE-Ambulanzlabor gewährleistet werden. Des Weiteren ist eine lückenlose Nachverfolgung jeder Probe vom Zeitpunkt der Abnahme im Ambulanzlabor, über die Probenprozessierung (mit dem DIVA-Aliquotier-Roboter) und die Zwischenlagerung bei -80 °C bis zur endgültigen Einlagerung im Kühlturm bzw. bei der jeweils benötigten Temperatur gegeben. Weitere Optimierungen der Programmierung wurden vorgenommen und laufen weiter. Dabei wurde auch den kritischen sicherheitstechnischen, datenschutzrechtlichen und analytischen Erfordernissen Rechnung getragen. Im Berichtszeitraum gab es mehrere relevante Ereignisse. Neben dem Weggang von für das Projekt prägenden Personen wie Prof. Dr. med. Daniel Teupser und Dr. med. Johannes Zander wurde der Umzug vom provisorischen Ambulanzlabor im Westflügel des „Roten Hauses“ in den Ostflügel mit einiger Verzögerung realisiert. Die Stelle von Dr. med. Johannes Zander als Gesamtverantwortlichen für die Laboranalytik-Projekte wurde nach 6,5 monatiger Vakanz durch Julia Stäker besetzt. Durch die Verzögerungen bei Umbau des Ostflügels des „Roten Hauses“ kam es zu einer Unterrekrutierung in den Ambulanzen. Diese konnte, nach dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten, aufgeholt werden. Durch den verschobenen Start in der Rekrutierung der Probanden/Patienten ins LIFE-Projekt hat sich auch der Zeitpunkt des Beginns der Einlagerung von Proben in die Biobank verlagert. Während der Pilotierungsphase wurden bereits Proben von 5 bis 15 Probanden pro Tag prozessiert. Nach dem Umzug in den Ostflügel konnte die Anzahl der durchschnittlichen Probanden je Tag auf bis zu 50 erhöht werden Die Finanzierung wurde dem verzögerten Beginn der Rekrutierungsphase angepasst. Um dem veränderten Zeitplan Rechnung zu tragen und zusätzlich Kosten zu sparen, wurden in einzelnen Bereichen die Mittel zur Finanzierung verzögert abgerufen. 4.3 Genom- und Transkriptomanalytik Das Teilprojekt Genom- und Transkriptomanalytik ist für die molekulargenetische Charakterisierung der LIFE-Probanden zuständig. Die Arbeiten des Moduls umfassen hierbei die Probenaufarbeitung zur Gewinnung von Nukleinsäuren (DNA und RNA) aus Vollblut, die Durchführung von genomweiten Transkriptom- und Genomuntersuchungen, die Validierung von Genregionen bzw. Genvarianten mittels Tiefensequenzierung, quantitativer RT-PCR und Genotypisierung von Single Nucleotide Polymorphismen (SNP), sowie die Aliquotierung und Einlagerung der Proben in die Biobank. Die in den Bereichen erzielten Ergebnisse sollen im Folgenden dargestellt werden. Nukleinsäureaufreinigung (DNA, RNA) Unter Verwendung des DNA Isolationsgerätes Autopure der Firma Qiagen werden hoch standardisiert Nukleinsäuren aus Vollblut (maximales Volumen 10 ml) von allen Probanden der LIFE Kohorten extrahiert. Durch vorangegangene Optimierung der Arbeitsschritte und des Isolationsprotokolls konnte der Durchsatz auf 48 Proben pro Tag gesteigert werden. Die Erhöhung des maximalen täglichen Probendurchsatzes war notwendig, um eine zeitnahe 103 Isolation der DNA bei gestiegener Probandenzahl (das Rekrutierungsvolumen hat nach Inbetriebnahme der neuen Studienambulanz im Berichtszeitraum signifikant zugenommen) zu gewährleisten. Im Jahr 2013 wurde DNA von 8.072 Probanden auf dem Autopure Gerät isoliert und die isolierte DNA in der Biobank eingelagert bzw. für nachfolgende Untersuchungen prozessiert. Dies entspricht einer Steigerung von 42% im Vergleich zum Jahr 2012 (Isolationen 2012: 5.690). Zusätzlich wurden 60 DNA Isolationen aus Nabelschnurblutproben der LIFE Child Geburtskohorte manuell durchgeführt. Aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung sind die Nabelschnurblutproben nicht für die automatisierte DNA Extraktion am Autopure Gerät geeignet und müssen nach einem von uns etablierten Protokoll separat bearbeitet werden. Zusammenfassend verläuft die DNA Isolation aus Blutproben aller LIFE Kohorten weitestgehend automatisiert und ein reibungsloser Ablauf ist auch nach Erhöhung der Rekrutierungszahlen seit Bezug der neuen Ambulanzräume gewährleistet. Seit Beginn des Projektes wurde aus insgesamt 23.769 Blutproben DNA isoliert (Stand: 30.04.2014). Tabelle 15 zeigt die Verteilung der in LIFE vorhandenen DNA Proben auf die einzelnen Kohorten. Tab.15: Übersicht der im LIFE Studienzentrum gewonnenen DNA Proben (30.04.2014) Kohorte LIFE A1 LIFE A2 (Kinder und Eltern) LIFE B1 LIFE B3 LIFE B4A LIFE B7 Anzahl der DNA Proben 8.237 7.093 570 6.877 384 608 Zur nachfolgenden Bestimmung von Genexpressionsprofilen bzw. zur Analyse der Expression einzelner Kandidatengene werden RNA Isolationen aus Vollblutproben der LIFE Probanden durchgeführt. Die Verwendung spezieller Probenröhrchen (Tempus Tubes – Life Technologies) zur Stabilisierung der RNA, sowie die Optimierung der RNA-Aufreinigung (Norgen I Kit) wurden ausgiebig in der vorangegangenen Berichtsperiode evaluiert. Im Gegensatz zur Aufreinigung von DNA erfolgt die Aufreinigung von RNA nicht automatisiert und ist somit mit einem höheren manuellen Arbeitsaufwand verbunden. Im Berichtszeitraum wurde die Isolation von RNA aus Blutzellen der LIFE Kohorten A1, B3 und B7 durchgeführt. Hierbei wurden vorrangig Proben der A1 Kohorte prozessiert, da bei diesen Probanden parallel die Erstellung von genomweiten Expressionsprofilen erfolgte (siehe unten). Die im Jahr 2013 durchgeführten RNA Isolationen umfassten 3500 Proben der A1 Kohorte, 1.200 Proben der B3 Kohorte, sowie 379 Proben der B7 Kohorte. Insgesamt liegen gegenwärtig isolierte RNA Proben von 8.500 Probanden vor. Aktuell erfolgt die Aufarbeitung der RNA aus den Kinderkohorten. Array-basierte Genom- und Transkriptomuntersuchungen Im Rahmen dieses Projektteils soll eine möglichst große Zahl von LIFE Probanden aus verschiedenen Kohorten mit Hilfe genomweiter SNP Arrays und Expressionsarrays charakterisiert werden. In Vorarbeiten der vorangehenden Berichtsperiode wurde bereits 104 eine Kohorte von 3.000 Probanden des Moduls LIFE Disease B3 mit unterschiedlich ausgeprägter koronarer Herzerkrankung molekulargenetisch analysiert. In diese Kohorte sind Patienten eingeschlossen, die mit dem klinischen Verdacht auf koronare Herzerkrankung zur Erst-Herzkatheteruntersuchung in das Herzzentrum eingewiesen werden. Nach unserer Kenntnis gibt es weiterhin keine vergleichbar große Kohorte von Patienten mit koronarer Herzerkrankung bei der gleichzeitig RNA und DNA für Arrayuntersuchungen verfügbar ist. Damit läßt sich der ganzheitliche Ansatz, genetische Variationen in DNA Proben direkt in Beziehung zur Geneexpression am Lokus der Variation zu stellen, erstmals in Studien mit größerem Umfang verwirklichen. Die sehr aufwendigen statistischen Auswertungen der Genetischen Assoziations- und Expressionsdaten wurden von der Arbeitsgruppe der LIFE W2 Professur „Genetische Statistik“ (Prof. Markus Scholz) innerhalb des letzten Jahres durchgeführt. Hier erfolgte auch eine kombinierte Analyse der Daten aus genomweiter Assoziation und genomweiter Expression. Dies wird auch als Expressions Kopplunganalyse (engl.: expression Quantitative Trait Locus Mapping, kurz: eQTL) bezeichnet. Erste Ergebnisse dieser Arbeiten wurden zur Veröffentlichung eingereicht und befinden sich gegenwärtig in der Begutachtung. Aufgrund der der niedrigeren Rekrutierungsraten der LIFE Hauptkohorten bis zum Umzug in die neuen Ambulanzräume, wurde mit den genomweiten Untersuchungen dieser Kohorten erst im letzten Jahr begonnen. Die Prozessierung der Proben sollte hierbei blockweise ( im „batch“) erfolgen, um mögliche Chargen- / Reagenz-abhängige Variationen gering zu halten. Im Jahr 2013 wurden zunächst 3.515 Probanden der LIFE-Adult-Kohorte auf der Affymetrix Gene Titan Plattform genotypisiert. Parallel wurden DNA Proben dieser Probanden auf Mikrotiterplatten im 384-Loch Format aufgetragen, um nachfolgende Replikationsstudien durchführen zu können. Die genomweite Genotypisierung der A1 Kohorte wurde im August 2013 abgeschlossen. Nach anschließender stringenter Qualitätskontrolle und Datenaufarbeitung durch die Arbeitsgruppe von Prof. Scholz stehen die Ergebnisse nun seit Jahresanfang für weiterführende Auswertungen den Arbeitsgruppen des LIFE Forschungszentrums zur Verfügung. Parallel zur SNP Analytik wurde in der LIFE Adult Kohorte auch die Messung genomweiter Expressionsprofile mit dem Illumina HT-12 Array im Vollblut durchgeführt. Bis zum Februar 2014 konnte die Transkriptomanalytik der 3.500 Probanden der Adult-Kohorte abgeschlossen werden. Somit stehen den Wissenschaftlern des LIFE Forschungszentrum nun erstmals genomweite Profile für Genvarianten und Genexpression eines großen, sehr umfangreich charakterisierten Probandenkollektivs der Normalbevölkerung zur Verfügung. Weiterhin wurde im Jahr 2013 die Genotypisierung eines zweiten, neu rekrutierten Teils der LIFE-Herz-Kohorte, welcher überwiegend aus Patienten mit einem akuten Myokardinfarkt besteht, begonnen. Insgesamt wurden 3000 Probanden aus dieser Kohorte mit genomweiten SNP- und Expressionsarrays untersucht. Die SNP-Genotypisierungen der 3.000 Probanden wurden im September 2013 begonnen und konnten im April 2014 abgeschlossen werden. Die Expressionsarrays an RNA aus Blutzellen dieser Probanden wurden im März 2014 begonnen und befinden sich aktuell in Bearbeitung. Analyse und Validierung von Kandidatengenregionen In Kooperation mit Wissenschaftlern aus LIFE-Function-Projekten wurden Genotypisierungen von ausgewählten Kandidaten-SNPs durchgeführt. Diese Untersuchungen beinhalteten die Bestimmung des Apolipoprotein E (Apo E)-Genotyps bei 2.222 105 Probanden der LIFE-Adult-Kohorte, um dessen Einfluss auf neuropsychologische Phänotypen zu analysieren (Kooperation mit Dr. Tobias Luck und Frau Prof. Steffi Riedel-Heller). Des Weiteren erfolgte die Genotypisierung von 128 SNPs in 927 Probanden der Adult Kohorte, um deren Assoziation mit Endophänotypen psychiatrischer Erkrankungen zu prüfen (Kooperation mit Herrn Dr. Tilmann Hensch). Erste Ergebnisse aus beiden Projekten wurden unter Beteiligung von Wissenschaftlern des Projekts zur Publikation eingereicht und befinden sich gegenwärtig in der Begutachtung. 5. LIFE-Datenmanagement und Forschungsdatenbank Dieser Teil des Berichts wurde von Dr. Thoralf Kirsten und dem Team der LIFE-IT-Gruppe, unter Mitarbeit von Dipl.-Psych. Andreas Hiemisch unter der Projektleitung von Prof. Dr. Markus Löffler verfasst. Zum Aufbau der LIFE-Forschungsdatenbank und zur grundlagenden Programmierungsarbeiten sei auf den Bericht zur Evaluierung des LIFEForschungszentrums vom Februar 2012 verwiesen. Datenerfassung mit Lime Survey und Teleform Seit Beginn des LIFE-Projektes werden die Software-Applikationen Lime Survey zur OnlineDateneingabe und Teleform zur Elektronifizierung von paper&pencil-Befragungen eingesetzt. In Lime Survey wurden im Berichtszeitraum Eingabeoberflächen für neu in das LIFEProgramm aufgenommene Untersuchungen und Befragungsinstrumente erstellt, getestet und produktiv gestellt. Darüber hinaus wurden viele Eingabeoberflächen erweitert, verbessert und vervollkommnet. Hierunter fällt beispielsweise eine große Menge von Spezialversionen von Befragungsinstrumenten, die ausschließlich zur Datennacherfassung zur Anwendung kommen. Diese Versionen unterschieden sich von den „Normal“-Versionen dadurch, dass sie keine Pflichtfragen beinhalten. Somit lassen sich alle Daten eines Instruments (z. B. aus den Patientenakten) erfassen, selbst wenn Antworten für Pflichtfragen fehlen. Ebenso wie mit Lime Survey wurden mit Teleform neue Versionen von Befragungsinstrumenten umgesetzt, um sie an aktuelle Anforderungen anzupassen. So erfolgte bei allen Teleform-Instrumenten 2013 zudem eine Überarbeitung hinsichtlich der Aufnahme von Prolog-Parametern (u. a. wissenschaftliche Gruppe), was eine schnellere Identifizierung und Gruppierung der Daten verschiedener Besuchszeitpunkte erlaubt. Eine ressourcen- und zeitlich umfangreiche Aufgabe wurde im Berichtszeitraum mit der Nacherfassung von Daten vollzogen, die aus verschiedensten Gründen noch nicht elektronisch verfügbar waren. Dazu zählen Daten, die in IT-Havariefällen in Papierform erhoben wurden sowie Fragebögen, für die die Eingabemasken erst nachträglich erstellt wurden. Mapping als Grundlage für Datenaufbereitung und Qualitätssicherung Sofern im Rahmen des Untersuchungsparcours bei LIFE neue Assessments in das Untersuchungsprogramm integriert werden, beziehungsweise aufgrund neuer Entwicklungen eine Änderung der bestehenden Instrumente erforderlich erscheint, bedarf es einer Erstellung und Modifikation der zugehörigen CRF’s und Fragebogen-Assessments. Zudem besteht oftmals die Notwendigkeit, identische Versionen für die unterschiedlichen Ziel- und Altersgruppen zu konzipieren, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. So werden beispielweise diverse Themenbereiche, wie das Freizeitverhalten, die Mediennutzung, oder auch der sozioöko106 nomische Status sowohl bei den Kindern und Jugendlichen als auch bei deren Eltern bzw. Erziehungsberechtigten eingesetzt. Der Inhalt der Items ist identisch, die Semantik der Fragen jedoch dem Alter des Teilnehmers entsprechend formuliert. Um eine Vergleichbarkeit der Daten zu erreichen und eine valide statistische Auswertung zu ermöglichen, müssen die neu erstellten, modifizierten und semantisch divergenten Erhebungsinstrumente verknüpft und zusammengeführt werden. Hierfür werden entsprechende Mappingtabellen bereitgestellt, die alle Variablen der differierenden Versionen der Erhebungsinstrumente beinhalten. Im Rahmen des Mappings wird zunächst überprüft, ob sich die Fragen inhaltlich unterscheiden oder identisch sind. Sofern Abweichungen in der Fragestellung erkennbar sind, muss kontrolliert werden, ob diese Items noch die gleichen Antworten entsprechen. Ist dies nicht der Fall, so findet im weiteren Mappingprozess eine getrennte Betrachtung der entsprechenden Fragen statt. Im Anschluss an die Kontrolle der Fragestellungen, müssen in einem nächsten Schritt die Antwortvorgaben auf deren Konsistenz überprüft werden. Sofern die Kodierungen der Antwortvorgaben über die Versionen nicht richtig abgebildet werden, bedarf es einer Änderung und Anpassung der fehlerhaften Kodierungen. Diese Konvergenz in den Items und Antwortcodes ist für die spätere statistische Auswertung unerlässlich. Zusätzlich können im Rahmen des Mappingprozesses Eingaben, die aufgrund des zugrundeliegenden Formats, nicht in die Forschungsdatenbank integriert werden können, identifiziert werden und durch die Definition von Transformationsregeln in das notwendige Format übertragen werden. Nicht zuletzt werden als Ergebnis des Mappingprozesses die Annotationen (annotated CRFs) erstellt, die für die weitere Datenaufbereitung als auch für die eigentlich statistische Auswertung der Erhebungsdaten von elementarer Bedeutung sind. Den Mappingprozess müssen alle Assessments durchlaufen. Im Berichtszeitraum wurden im LIFE Child Projekt 243 Assessments mit jeweils durchschnittlich 4 Versionen „gemappt“. Die Dauer eines Mappings ist abhängig von dem Umfang eines Assessments und der Zahl der zugehörigen Versionen. Durchschnittlich wurden 28 Minuten pro Assessment benötigt. Das Mapping wird fortlaufend angewendet. Datenkontrolle Mit der vermehrten Eingabe von Daten sowie ersten vorläufigen Auswertungen wurde ein neuartiges Konzept zur Datenkontrolle erarbeitet und umgesetzt. Mit ihm wird eine stetig hohe Datenqualität gewährleistet. Das Konzept beinhaltet einen technischen Teil und die epidemiologischen Datenkontrolle. Der technische Teil umfasst mehrere Kontrollen der erfassten Rohdaten und davon abhängig evtl. Korrekturen, die vermehrt manuell ausgeführt werden, um möglichst viele Daten in die nachträglichen Auswertungen einzuschließen. Zu diesen Kontrollen zählen der korrekte Abschluss von Befragungen, die unter Nutzung der Software Lime Survey durchgeführt wurden, ebenso wie die Berichtigung von Transformationsfehlern, die beim Laden der Daten aus den jeweiligen Eingabesystemen und zur Verfügung gestellten Datenquellen in die Forschungsdatenbank auftreten können. Darüber hinaus wird stetig nach Duplikaten gesucht und im Einvernehmen mit den verantwortlichen Wissenschaftlern bereinigt. Im Gegensatz zur technischen Kontrolle fokussiert die epidemiologische Datenkontrolle auf die Feststellung, Dokumentation und ggfs. Korrektur von fehlerhaften Werten bzw. Ausreißern. Dazu werden unter Nutzung von speziellen Programmen die Konsistenz und die 107 inhaltliche Validität der Daten regelmäßig überprüft. Das jeweilige Konzept sowie dessen programmtechnische Umsetzung, das zentralisiert von der LIFE-Biometrie koordiniert wird, erfolgt durch die verantwortlichen Wissenschaftler. Das Datenmanagement umfasst die technische und inhaltliche Datenaufbereitung. Abb: 46: Ablauf der Datenaufbereitung und –bereitstellung nach Beantragung durch die auswertende Arbeitsgruppe Die technische Datenkontrolle beinhaltet drei Korrekturschritte. Beim ersten Schritt werden Datensätze die nicht an die Forschungsdatenbank übermittelt wurden auf möglichen Inhalt überprüft. Beinhaltet ein solcher Datensatz Informationen, wird dieser an die Forschungsdatenbank weitergeleitet. Im zweiten Schritt werden Datensätze die von der Forschungsdatenbank abgelehnt werden auf so genannte Transformationsfehler überprüft. Transformationsfehler sind in der Regel Formatierungsfehler die durch Fehler im Mappingprozess entstehen. Solche „Falscheingaben“ müssen in die richtige Formatierung überführt werden und der Mappingprozess wird korrigiert. Im letzten Schritt der technischen Datenkontrolle wird in der Forschungsdatenbank nach Duplikaten gesucht. Duplikate sind zwei oder mehr Datensätze in einem Assessment, die das gleiche Erhebungsdatum, die gleiche Probandennummer und evtl. den gleichen Inhalt aufweisen. Es gilt zu prüfen, welcher Datensatz der Erhebung entspricht. Die „falschen“ Datensätze werden aus der Forschungsdatenbank entfernt. Nach der technischen Aufbereitung der Daten folgt die inhaltliche (epidemiologische) Kontrolle der Informationen in den Datensätzen. Experten legen hierzu so genannte Toleranzbereiche fest, in denen die erhobenen Daten plausibel erscheinen. Daraufhin werden IT-basierte Routinen programmiert, welche alle Datensätze auf die definierte Plausibilität prüft. Da der Datenaufbereitungsprozess und die Programmierung der Routinen werden im Jahr 2014 weitegehend abgeschlossen sein. Probenabnahme, -verfolgung und -lagerung mit CryoLab In den zurückliegenden Berichtsperioden wurden die fundamentalen Funktionalitäten des CryoLab-Systems aufgebaut. Dieses moderne Laborinformations- und Managementsystem (LIMS) dient primär der Steuerung sowie der Dokumentation der Probenabnahme in den an108 gebundenen Ambulanzen und Kliniken sowie der Probenverfolgung von der Abnahme bis zur Analyse und Lagerung. Im Jahr 2013 wurden vermehrt Erweiterungen und Anpassungen an veränderte Rahmenbedingungen durchgeführt. Insbesondere wurden zur Lagerung von FluidX-Aliquots neue Funktionalitäten notwendig, um die Röhrchen mit entsprechenden 2D-Barcodes zu versehen. Dies umfasst sowohl die Verwaltung der Barcodes in gesonderten Profilen sowie den Druck der Barcodes, so dass die Druckseiten möglichst optimal genutzt werden. Darüber hinaus wurden neue Lagerungsprofile zur Bestückung von 96er-Lagerungsboxen notwendig, in die die Straws zur gekühlten Lagerung eingeordnet werden. Ferner wurden Anpassungen bzgl. der Lagerung von Straws in den neu angeschafften Kühltürmen HS200 notwendig, die im Wesentlichen darin bestanden, das verwendete Lagersystem und –format zu adaptieren. Eine weitere umfangreiche Aufgabe bestand in der Konzeption und Implementierung der Befunddatenbank. Diese Software-Applikation verwaltet die aus dem Direktlabor übermittelten Befunde zu den LIFE-Proben. Diese Befunddatenbank ist die Voraussetzung für die Übernahme der Befunddaten in die Forschungsdatenbank. Für die nächste Berichtsperiode sind die automatisierte Befundrückübermittlung sowie die Hinzufügung weiterer Funktionalitäten geplant. Bereitstellung von Daten für spezifizierte Auswerteprojekte Die Bereitstellung von Forschungsdaten in LIFE basiert auf einem etablierten Prozess, in dem das Datenmanagement als zentrale Treuhandstelle fungiert. Es findet eine enge Interaktion mit den Antragstellern, der Biometrie und IT statt. Besprochen und aktiviert werden alle Projektvorhaben in einem monatlichen stattfindenden Task Force Meeting, bei dem jeweils ein Vertreter der IT und des Datenmanagements mit anwesend sind. Die Funktionalität der für die Herausgabe von Forschungsdaten eigenentwickelten Tools LifeOntoConverter und LifeOntoSqlExporter konnte wesentlich erweitert werden. Zu nennen sind vor allem die Einführung unterschiedlicher Verknüpfungsoptionen (Joins nach wiss. Gruppe, Datum, Labor Sampling ID) verschiedener DQPs (Datentabellen), die Einschränkung der Probandenmenge nach wissenschaftlicher Gruppierung und die automatische Erstellung der Reports für den LIFE-Reporter. Zudem wurden die Tools hinsichtlich ihrer Benutzerfreundlichkeit optimiert. Alle Forschungsdaten werden nach Export aus dem LIFE-Reporter vom Datenmanagement im xls.- oder csv.-Format ausgegeben. Zusammen mit den Daten werden aCRFs (annotated Case Report Forms) ausgereicht, die grundlegend überarbeitet und in kohortenspezifischen Studienhandbüchern zusammengefasst wurden. Eine weitere Neuerung stellt die zusätzliche Ausreichung von SPSS-Skripten dar, mit denen sich die Variableneigenschaften und Codes bequem in SPSS einspielen lassen. Bislang wurden in LIFE über 150 Auswertungsprojekte registriert; für über 50 Projekte wurden 2013 Daten ausgegeben. Die 2. Interim Analyse der LIFE-ADULT-Kohorte war mit ca. 250 DQP-Datensätzen von über 4.000 Probanden die mit Abstand umfangreichste Datenbereitstellung im Berichtszeitraum. Schulungen Im Berichtszeitraum wurde der Lehrgang „Datenanalyse für LIFE-Mitarbeiter“ konzipiert und eingeführt. Dieses mehrtägige Tutorial richtet sich an Doktoranden, Studierende und weitere 109 Interessenten die planen, ein wissenschaftliches Projekt in LIFE zu bearbeiten, um bspw. ihre Abschlussarbeit anzufertigen. Neben einen Überblicksteil zum LIFE-Forschungszentrum mit seinen grundlegenden Abläufen und Regularien beinhaltet die Schulung einen umfangreichen Praxisteil mit Übungen am PC zu Zusammenfassung von Datentabellen, Datenkontrolle sowie statistische Datenanalyse mit SPSS. Von Beginn an wurde dieses Schulungsangebot sehr gut angenommen und wird mittlerweile regelmäßig in 3-monatigen Abständen durchgeführt. Dateneinsichtnahme und -export mit dem Reporter-System In den vergangenen Berichtsperioden wurde das Reporter-System zur Generierung von tabellarischen Berichten konzipiert und umgesetzt. In der aktuellen Berichtsperiode wurden viele neue Reports hinzugefügt. Diese Reports dienen einerseits der Qualitätssicherung der laufenden Prozesse in Ambulanz und Datenkontrolle. So wurden u. a. Reports bereitgestellt, mit denen nicht korrekt abgeschlossene Befragungen und Duplikate identifiziert werden können; andere dienen der Aufdeckung von nicht anwendbaren Kurationen, während wiederum andere Reports die Häufigkeiten von Teilnahmen und Teilnehmern je Befragungsinstrument und Untersuchung wiedergeben. Andererseits wird das Reporter-System zur Datenbereitstellung verwendet und dient damit als Abfrage- und Export-Tool für die Daten der Forschungsdatenbank. In der nächsten Berichtsperiode wird die Reporter-Applikation derart erweitert, dass der Zugriff auf Funktionen und Daten benutzerspezifisch eingestellt werden kann. Damit einhergehend soll die Software-Applikation einem breiteren Benutzerkreis zugänglich gemacht werden, um die Prozesse des Datenexports und –zugriffs zu entkoppeln. LIFE-Forschungsdatenbank In den vorangegangenen Berichtsperioden wurden die fundamentalen Funktionen der Forschungsdatenbank etabliert. Dazu zählen neben dem Laden der Daten aus verschiedenen Quellsystemen auch die Transformation der Daten, um bspw. spezifischen Zielformaten (z. B. Zahl, Datum, Text) und notwendigen Datentransformationen unter Nutzung des globalen Metadaten-Repositories Rechnung zu tragen. Damit war es möglich, Daten eines Instruments aus verschiedenen Quellsystemen und Versionen zu harmonisieren, so dass diese zusammenhängend herausgegeben werden konnten. Es wurden die Funktionalitäten und Prozesse der Forschungsdatenbank in mehrfacher Hinsicht erweitert. Das initiale Set an Instrumenten, deren Daten über die Forschungsdatenbank verfügbar waren, wurde umfangreich erweitert. Dazu zählen nicht nur Befragungsinstrumente und Untersuchungen aus den verschiedenen angeschlossenen Ambulanzen, sondern auch die Messwerte aus dem Direktlabor, das einen Teil der den Teilnehmern abgenommenen Proben (z. B. Blut, Urin, Speicher, Haar) einer Sofortanalytik unterzieht. Somit stehen die Daten sowohl für definierte Auswerteprojekte als auch für tagesaktuelle teilnehmerspezifische Zusammenfassungen zur Verfügung. Darüber hinaus wurde in enger Zusammenarbeit mit der LIFE-C5 Biometrie sowie anderen Forschungsgruppen viele Derivate als Kennzahlen konzipiert und implementiert, die aufbauend auf den in der Forschungsdatenbank integrierten Rohdaten agieren und neue Sekundärdaten erzeugen. Diese Derivate fassen typischerweise die Rohdaten zusammen und geben in aggregierter Art und Weise Auskunft über den untersuchten Teilnehmer, so dass ein Rückgriff auf die umfang110 reichen Rohdaten zwar möglich aber nicht notwendig ist. Für die Umsetzung der Derivate stehen zwei Alternativen zur Wahl. Einerseits können sie in der Datenbank fest programmiert werden. Andererseits wurde eine Möglichkeit geschaffen, die Derivate unter Nutzung der Software SPSS nächtlich (ohne Benutzereingriff) neu zu berechnen und deren Ergebnisse in vordefinierte Tabellen der Forschungsdatenbank zu importierten. Der Vorteil dieser Alternative liegt darin, dass die zur Berechnung notwendigen SPSS-Skripte nicht von der LIFE-IT erstellt werden müssen, sondern von den Forschungsgruppen selbst implementiert werden können. Somit ist der Implementierungsaufwand auf mehrere Gruppen verteilt. Eine weitere Herausforderung stellte der Import von Daten aus Untersuchungsgeräten (z. B. Body Scanner, Accelerometer) und anderen externen Datenquellen (z. B. Access Datenbank für Zahnuntersuchungen) in die zentrale Forschungsdatenbank dar. In enger Abstimmung mit den verantwortlichen Wissenschaftlern wurden speziell zugeschnittene Importkonzepte entwickelt, um die Daten in einem einheitlichen Format speichern und für Datenherausgaben verfügbar machen zu können. Fehlende Prologinformationen in den Gerätedaten konnten über korrespondierende Lime Survey- Assessements rekonstruiert werden. In der nächsten Berichtsperiode ist der Import von Daten aus weiteren Geräteuntersuchungen vorgesehen. Ein weiterer Aufgabenbereich bezog sich in der abgelaufenen Berichtsperiode auf das Kurationskonzept, dessen technische Basis in der Forschungsdatenbank konzipiert und umgesetzt wurde. Damit ist es nicht nur möglich, die Daten einer regelmäßigen Kontrolle zu unterziehen sondern die je nach Fehlerart folgenden Aktionen entweder datenbanknah abzubilden oder deren Ergebnisse nach Abschluss der Kontrolle in die Forschungsdatenbank einzubringen. Die Transformationsfehler, die auf dem Weg der Daten aus den Quellsystemen in die Forschungsdatenbank auftreten, können mit einer neu entwickelten Software-Applikation behoben werden. In der folgenden Berichtperiode soll diese SoftwareApplikation erweitert werden, so dass weiteren Fehlerarten (z. B. Duplikate, nicht abgeschlossene Befragungen, Wertkorrekturen) ohne Hilfestellung der LIFE-IT begegnet werden kann. 6. LIFE Bioinformatik Dieser Teil des Berichts wurde von Dr. Hans Binder und Dr. Christoph Engel unter der Projektleitung von Prof. Dr. Markus Löffler verfasst. Im Bereich Bioinformatik wurde im Berichtszeitraum der Schwerpunkt auf methodische Entwicklungen zur Analyse von in LIFE erhobenen Bodyscannerdaten sowie der Zytometrie gelegt. Ziel war es, vordem u.a. auch im Rahmen des LIFE-Projektes entwickelte Methoden des maschinellen Lernens für die o. g. Daten und Fragestellungen zu modifizieren und damit die Voraussetzung zu schaffen, insbesondere die in der LIFE-ADULT-Kohorte erhobenen Bodyscanner-Daten in 2014 umfassend zu charakterisieren und die Ergebnisse zu publizieren. Bei der Zytometrie bestand das Ziel in erster Linie darin, in einer Proof-ofPrinciple-Studie die SOM-Methode entsprechend zu adaptieren und die Machbarkeit der Analysen im Grundsatz zu überprüfen, um damit die Voraussetzung für die Entwicklung anwendungsbereiter Methoden zur automatischen Analyse der in LIFE erhobenen Zytometriedaten zu schaffen. Die Automatisierung der Analyse soll in erster Linie die 111 Effektivität und den Durchsatz der Methode, aber auch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse wesentlich erhöhen bzw. verbessern. Die gewählten Ansätze sind innovativ und komplex, sie erforderten die Entwicklung neuartiger Lösungen, die unten genauer beschrieben werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Zielstellungen erreicht wurden: - Es steht eine weitgehend abgeschlossene Auswertpipeline für Bodyscannerdaten zur Verfügung. Die Analyse der entsprechenden Daten der Adult-Kohorte ist in Arbeit und soll 2014 publiziert werden. Zwischenergebnisse wurden zur Interimsauswertung präsentiert. - Es konnten gezeigt werden, dass die Anwendung von Methoden des maschinellen Lernens zur Auswertung von Zytometriedaten machbar ist und einen erheblichen Effektivitäts- und Genauigkeitsgewinn erwarten lässt. Allerdings wurde ebenfalls deutlich, dass die Entwicklung anwendungsbereiter Methoden einen erheblichen Aufwand erfordert und den Einsatz zusätzlicher Ressourcen bedingt. Bodymetrie Für die Auswertung der Daten, welche im Rahmen von LIFE mittels 3D-Bodyscanner Anthropometrie erhoben wurden, wurde eine Methode zur Klassifizierung und Charakterisierung von Körperformen basierend auf Algorithmen des maschinellen Lernens entwickelt. Die ca. 130 Messgrößen beinhalten sowohl Längen- als auch Volumenmaße verschiedenster Körperregionen und können mit unserer Methode auf einen Satz von 8-10 charakteristischen Maßzahlen reduziert werden. Aus der Kombination dieser Maßzahlen haben wir eine hochaufgelöste Karte der Körperformen von mehr als 4.000 Probanden angefertigt (Abb. 26). Darin können etwa ein Dutzend unterschiedliche Körpertypen erkannt werden. 112 Abb. 47: Kartierung der etwa 4.000 im Rahmen der Interimsauswertung analysierten Probanden anhand ihrer Körperform. Verschiedene Körpertypen sind durch die Färbung angedeutet. Für einige als Prototypen der entsprechenden Cluster ausgewählte Probanden sind die 3D-Bilder des Bodyscanners gezeigt. Jeder Cluster ist zudem durch einen charakteristischen Satz von Body-Metamaßen charakterisiert, die in Form der ‚sternförmigen‘ Bodygramme für ausgewählte Cluster dargestellt sind. Dieses Vorgehen ist hochinnovativ und in dieser Form einzigartig: Die jetzt erreichte Auflösung der Diversität der Körperformen reicht weiter als die bisher publizierten Körpertypen (z. B. Äpfel- / Birnen- / Chili-Formen oder zentrale / periphere Fettspeicherung). Im nächsten Schritt ist die Assoziierung von Körpertypen mit sowohl klinischen als auch mit krankheitsbezogenen Phänotypen geplant. Darin liegt enormes Potential für das Gesundheitswesen, denn das Verfahren erlaubt eine schnelle und verfeinerte Risikovorhersage basierend auf der Körperform und den assoziierten Krankheitsphänotypen. Zytometrie Die Durchflusszytometrie bietet eine ausgefeilte Methode, um die Anzahl der Zellen verschiedenster Zelltypen in Blutproben zu bestimmen. Es werden dabei in jeder Probe mehrere hunderttausend Zellen gezählt, welche durch Intensitäten von bis zu einem Dutzend Farbkanälen charakterisiert sind. Aufgrund der Kohortengröße der LIFE-Studie und einem gesamten Datenvolumen von mehr als 1010 Werten gehört die Analyse der Zytometriedaten zum Bereich „Big Data“. Dafür wurde eine Methode entwickelt, welche in zwei Schritten arbeitet. Im ersten Schritt wurden die gemessenen Zellen einer Referenzprobe (Abb. 27, mittig) kartiert und dadurch eine automatische Zelltypisierung ermöglicht. Die bisherige, manuelle Ermittlung der Typ-Zugehörigkeiten mittels ‚Gating‘ ist enorm aufwendig und nimmt den weit größten Teil der benötigten Zeit für die Analyse der Zytometriedaten ein. Nach Abschluss unserer Proof-of-Principle-Studien wird mit dieser Methode eine erhebliche Arbeitserleichterung für die LIFE-Zytometrie bereitstehen. Der zweite Schritt der Auswertung, welcher sich ebenfalls in der Entwicklungs- und Testphase befindet, bietet die Möglichkeit die Blutzusammensetzung der Probanden zu visualisieren und untereinander direkt zu vergleichen . Hier kann auf eigene etablierte Auswertungssoftware zurückgegriffen werden, welche für Genexpressionsstudien entwickelt wurde und in mehr als zehn Beiträgen in Fachzeitschriften und -büchern publiziert ist. Diese enthält eine Vielzahl an Modulen, welche für die Analyse der Zellzahlen angepasst werden müssen. Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie ist die Auswertung und Publikation der LIFE-Adult-Zytometriedaten geplant. Es steht unter anderem die Frage im Mittelpunkt, ob es charakteristische Typen der Blutzellen-Zusammensetzung gibt und ob, und wenn ja, wie diese mit Risikogruppen und Krankheiten assoziiert sind. Dies stellt einen wichtigen Beitrag sowohl zur Prävention als auch zur serumgestützten Diagnostik dar. 113 Abb. 48: Zweistufige Auswertung der Zytometriedaten. Im ersten Schritt werden die verschiedenen Zelltypen kartiert und zugeordnet. Im zweiten Schritt erfolgen die individuelle Visualisierung der Blutzusammensetzung der einzelnen Probanden und deren weitergehend Analyse. 7. LIFE-Function-Projekte Function-Projekte konnten in den Jahren 2012 und 2013 durch die Nutzung neuester Erkenntnisse und Methoden der Biowissenschaften zur Aufklärung der molekularen Mechanismen der Zielerkrankungen des LIFE-Forschungszentrums beitragen. Folgende Projekte wurden 2012 aus Mitteln des LIFE-Forschungszentrums gefördert (Function 4) 1. Funktionelle Charakterisierung von JMJD1c, einem neuen Kandidatengen des Fettstoffwechsels 114 2. Molekulargenetik funktionaler Endophänotypen psychiatrischer Erkrankungen 3. Globale DNA-Methylierung und Adipositas 4. Untersuchung von Oxysterolen sowie Markern des Cholesterolstoffwechsels in Serum und Lipoproteinen der LIFE HEART Kohorte 5. Lipomzellmodelle von Patienten mit PTEN-Hamartoma-Tumor-Syndrom (PHTS) zur Testung der Wirkung von Inhibitoren des PI3-Kinase/AKT/mTOR Signalwegs Die folgenden 2013 geförderten Function-Projekte wurden ebenfalls erfolgreich abgeschlossen (Function 5): 1. Quantifizierung von Cortisol und Cortison in Speichel und Haar mittels HPLC-LCMS/MS zur Beurteilung von chronischem Stress 2. Neurokognition kardialer Funktionsparameter 3. Neuropsychologische und neurophysiologische Aspekte der Emotionsregulation bei Kindern in einer emotionalen Go/NoGo-Aufgabe 4. NAD-Vorstufen als neue prädiktive Biomarker für nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen bei Kindern und Jugendlichen 5. Plasma micro-RNA-Profiling zur Identifizierung neuer Atherosklerose-Biomarker in der LIFE-Heart-Kohorte 6. Molekulargenetik von Schlafphänotypen 7. Mild Cognitive Impairment & Alltagskompetenz – Beeinträchtigungen in komplexen Alltagsaktivitäten in der Vorstufe dementieller Erkrankungen 8. Metabolische und molekulare Veränderungen in der zirkadianen Rhythmik als Risikofaktor für Lebensstil-assoziierte Erkrankungen bei Adipositas 2013 erfolgte eine weitere Ausschreibung für Function-Projekte zur Förderung im Jahr 2014. Dabei sollten die eingereichten Proposals folgende Merkmale erfüllen: Die Projektanträge sollten unmittelbaren Bezug zu den LIFE-Kohorten haben und mit den in LIFE erhobenen Daten arbeiten. Die Proposals wurden von Mitgliedern der Forschungskommission der Medizinischen Fakultät und vom LIFE-Vorstand begutachtet. Im Ergebnis werden 2014 elf weitere Function-Projekte gefördert (Function 6). 8. Publikationen seit 2012 mit LIFE-Beteiligung Beutner F, Ubrich R, Zachariae S, Engel C, Sandri M, Teren A, Gielen S. Validation of a brief step-test protocol for estimation of peak oxygen uptake. Eur J Prev Cardiol (Epub ahead of print) IF = nd Cakir V, Wirth H, Hopp L, Binder H. miRNA expression landscapes in stem cells, tissues and cancer. Methods Mol Biol 1107:279-302 IF = 1,29 Ceglarek U, Dittrich J, Helmschrodt C, Wagner K, Nofer JR, Thiery J, Becker S. Preanalytical Standardization of Sphingosine-1-Phosphate, Sphinganine-1-Phosphate and Sphingosine Analysis in Human Plasma by Liquid Chromatography – Tandem Mass Spectrometry. Clin Chim Acta 435: 1-6 IF = 2,669 115 Gasch M, Goroll T, Bauer M, Hinz D, Schütze N, Polte T, Kesper D, Simon J C, Hackermüller J, Lehmann I, Herbrerth G. Generation of IL-8 and IL-9 Producing CD4+ T Cells Is Affected by Th17 Polarizing Conditions and AHR Ligands. Hindawi doi.org/10.1155/2014/182549 IF = 1,73 Hoffmann S, Otto C, Doose G, Tanzer A, Langenberger D, Christ S, Kunz M, Holdt L, Teupser D, Hackermüller J, Stadler PF. A multi-split mapping algorithm for circular RNA, splicing, trans-splicing, and fusion detection. Genome Biology R34 IF = 10,288 Kortz L, Dorow J, Ceglarek U. Liquid chromatography-tandem mass spectrometry for the analysis of eicosanoids and related lipids in human biological matrices: A review. J Chromatogr B. doi: 10.1016/j.jchromb.2014.01.046 (Epub ahead of print) IF = 2,487 Wirth H, Cakir V, Hopp L, Binder H. Analysis of miRNA expression using machine learning. Meth Mol Biol1107:257-278 doi: 10.1007/978-1-62703-748-8_16 IF = 1,29 Alexandrov LB, Nik-Zainal S, Wedge DC, Aparicio SA, Behjati S, Biankin AV, Bignell GR, Bolli N, Borg A, Børresen-Dale AL, Boyault S, Burkhardt B, Butler AP, Caldas C, Davies HR, Desmedt C, Eils R, Eyfjörd JE, Foekens JA, Greaves M, Hosoda F, Hutter B, Ilicic T, Imbeaud S, Imielinski M, Jäger N, Jones DT, Jones D, Knappskog S, Kool M, Lakhani SR, López-Otín C, Martin S, Munshi NC, Nakamura H, Northcott PA, Pajic M, Papaemmanuil E, Paradiso A, Pearson JV, Puente XS, Raine K, Ramakrishna M, Richardson AL, Richter J, Rosenstiel P, Schlesner M, Schumacher TN, Span PN, Teague JW, Totoki Y, Tutt AN, Valdés-Mas R, van Buuren MM, van 't Veer L, Vincent-Salomon A, Waddell N, Yates LR; Australian Pancreatic Cancer Genome Initiative; ICGC Breast Cancer Consortium; ICGC MMMLSeq Consortium; ICGC PedBrain, Zucman-Rossi J, Futreal PA, McDermott U, Lichter P, Meyerson M, Grimmond SM, Siebert R, Campo E, Shibata T, Pfister SM, Campbell PJ, Stratton MR. 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