hofbericht - Gut Wulfsdorf

Transcrição

hofbericht - Gut Wulfsdorf
HOFBERICHT
2011
Bornkampsweg 39 • 22926 Ahrensburg
Wir machen Ihnen den Hof
GUT
WULFSDORF
2
Inhaltsverzeichnis
3
Vorwort > Georg Lutz
4
Bilanz 2011 > Georg Lutz
5
Zu Gast im Petitionsausschuss > Imrick Wolfart
6
Wer wohnt im Hexenhaus? > Christa Lutz
7
Vom Hof auf die Alp > Mareike Hollerbach
8
Wohnen bei den Wilden Rosen > Astrid Korth
10
Arbeiten mit Betty > Jutta Sonnenberg
11
Waldorfpraktikum > Lisa Dettmer
12
Landleben > Paul und Luca Rauhaus
13
Ein Jahr für die Umwelt – und für mich > Tobias Hunger
14
Mit 63 noch ein Hofpraktikum? > Holger Scharre
16
Baumpatenschaften > Georg Lutz
16
Agrarpolitik > Georg Lutz
18
Gut Wulfsdorf als Zuhause > Helene Lutz
20
Neues aus der Gärtnerei > Constantin Maftei
21
Sauerkrautherstellung > Tobias Otto
22
Der Zitronenfalter entpuppt sich > Christoph Ahsendorf
24
Einkauf – kinderleicht > Edda Lehnert
25
Backen auf Deutsch > Aiko Hishida
26
Innovation Currywurst > Josef Koning
27
Hilfe es brennt! > Frank Backhaus, Christian Marwedel
28
Nutztiere halten und essen > Martina Sträßer
30
Zu unseren Schweinen > Georg Lutz
31
Im nächsten Jahr ist es so weit! > Volker Andresen
32
Kompost > Harro Tiede
33
Photovoltaik > Georg Lutz
34
Was wäre ein Tag ohne Abwasch? > Jan Koning, Anya Getrost
36
Hofführungen > Das Hofführungsteam
38
Arbeit am Stein > Astrid Köhn
39
Ausblick > Georg Lutz
Hofbericht
3
Vorwort
U
nser letzter Hofbericht liegt zwei Jahre zurück. Seine Herausgabe und die Arbeit daran hatte uns Freude bereitet. Der Bericht
wurde von vielen Lesern positiv kommentiert. Als wir uns einen weiteren Hofbericht für dieses
Jahr vorgenommen haben, war die anfängliche
Begeisterung in der Hofgemeinschaft nicht gerade hoch. Sich in der Freizeit als Schreiber zu
üben ist doch ein gewisser Aufwand. Die Texte
trudelten dann doch nach und nach ein. Es waren
weit mehr und sie sind textlich umfangreicher
als erwartet. Gemeinsam etwas gestalten spornt
eben auch an und verbindet. Eine Arbeit, die wir
vom Ziel her für Sie als Leser tun, die aber auch
uns selbst die Fülle und den Reichtum unserer
Lebenssituation stärker ins Bewusstsein rückt.
Es gibt wieder viele verschiedene Berichte zum
Hof mit seinen verschiedenen Schwerpunkten
und Themenfeldern. Darüber hinaus sind Texte
von Menschen dabei, die uns mehr von außen
erleben. So berichten eine Schülerin und ein
„Ruheständler“ von ihren Erfahrungen während eines Praktikums.
Impressum
Herausgeber:
Georg Lutz
Gut Wulfsdorf, Bornkampsweg 39
22926 Ahrensburg, Tel: 04102-51109
www.gutwulfsdorf.de
Redaktion:
Martina Sträßer
Bornkampsweg 38a, 22926 Ahrensburg
Satz und Gestaltung:
Marlies Kaesler
Grindelhof 35/1, 20146 Hamburg
Fotos:
Archivmaterial Gut Wulfsdorf,
sowie freundlicherweise zur Verfügung
gestellte Aufnahmen von Margot Berger
und Barbara Thormählen.
In den vergangenen zwei Jahren haben wir mit
drei bis vier Personen Landschaftsbauarbeiten
für das Wohnprojekt „Wilde Rosen“ durchgeführt
und so ein 30 Jahre altes Gebäude erworben, sind
dadurch jetzt Projektmitglied geworden. Unser
dortiges Arbeiten hat auch zu persönlichen Kontakten mit den neu zugezogenen Wulfsdorfern
geführt. Ich freue mich, dass eine Bewohnerin
der „Wilden Rosen“ von ihren Motiven und Erlebnissen berichtet.
Die Kinder von Elisabeth und mir sind nun alle
erwachsen und drängen in die Welt. Helene, unsere jüngste Tochter, blickt in ihrem Beitrag auf
ihre Kindheit zurück.
Sie können vom Eindruck eines Sommers auf der
Alp lesen und vieles weitere mehr.
Die verschiedenen individuell formulierten Berichte, machen die Vielschichtigkeit von Hof und
Umfeld erlebbar.
Haben Sie Freude beim Lesen! |<
Mit Dank für ihr Interesse und besten
Wünschen
Georg Lutz
GUT
WULFSDORF
4
Rückblick
Bilanz 2011
E
in ausgesprochen schwieriges und ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Die
Witterung war geprägt durch ein extrem
sonniges, aber damit auch trockenes Frühjahr.
Wir mussten so früh und so umfangreich beregnen wie noch nie zuvor, um zumindest teilweise einen Ausgleich zu schaffen. Dem folgte ein
extrem nasser Sommer mit kaum vorhandenen
Zeitfenstern für die Getreide- und Heuernte. Ein
goldener Herbst sorgte für einen gewissen Ausgleich, so dass wir ertraglich und kräftemäßig
doch noch ganz gut durchs Jahr gekommen sind.
Neben der ausgesprochen schwierigen Witterung
wurden wir betrieblich und persönlich durch
ein von außen kommendes Ereignis ordentlich
„durchgeschüttelt“. So hatte die Stadt Hamburg
als Eigentümerin, allen voran Herr Gedatschko
als Wirtschaftssenator, geplant, das Gut Wulfsdorf im Rahmen der Haushaltskonsolidierung zu
verkaufen. Dank des politischen Wechsels wurde
die Verkaufsabsicht nicht umgesetzt und ist seit
Ende November abschließend vom Tisch. Dringend erforderliche Sanierungsarbeiten am
Haupthaus wurden von der Stadt Hamburg begonnen, dann aber wegen der Verkaufsabsichten
gestoppt, obwohl Haushaltsmittel bereitgestellt
waren. Die Arbeiten wurden noch nicht wieder
aufgenommen. Dem steht nun nichts mehr im
Wege.
Ein weiteres „Schockerlebnis“ war der Zugriff
des Zolls wegen Schwarzarbeit. Ich hatte nicht
alle Beschäftigungsverhältnisse vollständig und
korrekt gemeldet. Ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das zwischenzeitlich aufgearbeitet und
berichtigt wurde.
Anfang dieses Jahres bescherte uns der Skandal
durch die Dioxinverseuchung von konventionellen Futtermitteln mit technischen Fetten kräftige Umsatzzuwächse im Hofladen und auf den
Märkten. Im ersten Quartal war die Steigerung
gegenüber dem Vorjahr 25 %.
Im Mai, als die ersten größeren Salatsätze zur
Ernte anstanden, dämpfte die EHEC-Krise auch
bei uns den Salatumsatz. Deutlich war zu beobachten, dass sich der Umsatzeinbruch umso
gravierender auswirkte, je anonymer die Vermarktungswege unseres Salates waren. Während
es im Hofladen kaum zu einem Umsatzrückgang
bei bei Hof-Salat kam, konnte der Naturkostgroßhandel nur noch 20 % der mit uns vereinbarten
Abnahmemenge absetzen. Nach ca. 3 Wochen
normalisierte sich dann wieder alles.
Es war eine sehr unruhige Zeit, weil versucht
wurde, EHEC dem ökologischen Anbau anzulasten, da dieser die Felder mit Jauche, Mist und
teilweise auch mit Gülle dünge. Eigenartig, da
doch die konventionelle Landwirtschaft weit
größere Tierbestände im Vergleich zur Fläche
hat und deren “tierische Ausscheidungen“ in der
Regel in höheren Konzentrationen auf die Böden
ausgebracht werden. Glücklicherweise hat sich
das EHEC-Thema dann doch bald wieder beruhigt.
Das staatliche Krisenmanagement habe ich dennoch als kopflos und wenig zielführend in Erinnerung. Statt inhaltlich aufzuklären, wo und in welcher Größenordnung es statistisch signifikante
Zusammenhänge gibt und es dem mündigen
Bürger zu überlassen, selbst zu entscheiden,
wurden Verzichtsempfehlungen ausgesprochen.
Dann wurden Sprossen als Ursache ausgemacht
und Gemüse „durfte“ wieder gegessen werden.
Kommentar eines Kunden: „Frau Merkel hat gesagt, wir dürfen wieder Salat essen“- und die als
Kanzlerin musste es ja wissen. |<
Georg Lutz
Hofbericht
Drei Wulfsdorfer in Berlin
5
Zu Gast im Petitionsausschuss
A
m 26.08. 2011 fuhren wir, Martina Sträßer,
Theresa Trapp und ich, Imrick Wolfart, in
unsere Bundeshauptstadt, um den Bundestag aufzusuchen. Aus Berlin kam der Aufruf,
sich an dem Petitionsausschuss gegen 24 gentechnisch veränderte Kulturen, die in der EU beantragt wurden, zu beteiligen. Da die Presse vor
Ort war, durfte es keine leeren Plätze geben.
Eine Petition befasst sich mit einem Thema, das
durch eine Unterschriftensammlung an das Parlament gebracht wird.
Während der einstündigen Ausschuss-Sitzung
stellt der Petitionsleiter sie vor und es können
Fragen und Antworten zum Thema geliefert
werden.
Gibt es einen Willen im Volke, so kann dieser so
vor der Regierung Gehör finden. Dies kann zu
neuen Gesetzesentwürfen bis hin zu Verboten
führen, auf gesamter EU-Ebene. Im Petitionsausschuss waren mehrere Politiker vertreten wie
auch einige Ministerien. Eine Dame führte die
Diskussion und erteilte das Wort.
Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des
Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft,
brachte die Petition ins Rollen. Im Ausschuss
konnte er sich gut verteidigen, fand die richtigen
Argumente und ließ an der Glaubwürdigkeit der
Gentechnik befürwortenden Politiker zweifeln. Es war sehr beeindruckend, welche Meinungen
die Politiker vertraten. Der gesamte Saal bebte
- trotz Anordnung von totaler Ruhe, sofern man
nicht das Wort erteilt bekommen hat - als eine
FDP-Politikerin davon sprach, dass Gentechnik
für Mensch und Tier keine nachweislichen Schäden verursacht. Es bebte noch mehr, als eine
Sprecherin des Bundesumweltministeriums dies
dementierte.
Es ist sehr wichtig, dass jedermann sich mit dem
Thema Gentechnik auseinandersetzt. Unsere Ernährung macht uns, zum großen Teil, zu dem
was wir sind!
Jeder kann noch so ökologischen Anbau betreiben, ist eine Fläche mit gentechnisch veränderten Pflanzen eines konventionellen Bauern in
der Nähe, so wird, durch Bestäubung aller Art,
die Gentechnik auch auf den Ökoflächen „eingeführt“. Viele Argumente oder Behauptungen die für gentechnisch veränderte Pflanzen sprechen, wurden
durch belegte Studien zunichte gemacht.
Ich bin Lehrling im Gemüseanbau vom Gut
Wulfsdorf, wir produzieren hochwertiges ökologisches Gemüse. Ich möchte, dass dies weiterhin möglich ist!
Falls Gentechnik eingeführt wird, kann man dafür nicht mehr garantieren. |<
Imrick Wolfart
GUT
WULFSDORF
6
Wer wohnt im Hexenhaus ?
W
ir, Rudolf und Christa Lutz, sind die Eltern von Georg Lutz, dem Pächter von
Gut Wulfsdorf. Seit Oktober 1995 leben
wir in dem kleinen Haus am Waldrand. Wir kommen beide aus der Landwirtschaft und haben
unseren Hof im Kreis Rendsburg-Eckernförde an
unseren ältesten Sohn abgegeben.
Mein Mann hat hier gleich ein breites Arbeitsfeld
gefunden. Ich fand eine Aufgabe in der Küche
und mit den Kindern von Georg und Elisabeth.
Zweimal in der Woche habe ich für alle gekocht.
Mit den zwei Frauen aus Polen, Katarina und Barbara, hat es mir Freude gemacht. Ebenso war es
schön, das Heranwachsen der Kinder zu begleiten.
So haben wir, in den nun 16 Jahren, die Entwicklung des Hofes miterlebt. Mein Mann hat lange
Jahre in den Treibhäusern Tomaten und Gurken
angebaut, Kartoffeln sortiert und was sonst so
anfiel. Arbeit gab es immer in Hülle und Fülle.
Nun sind wir beide über 80 Jahre alt. Ich habe
mich schon länger aus dem Arbeitsleben zurückgezogen und gehe meinen Hobbys nach.
Mein Mann betreut noch bei Bedarf die Schweine
und unseren Garten. Bei uns am Haus haben wir
ein Stück Land auf dem mein Mann verschiedene
Blumen anpflanzt, wie Zinnien, Löwenmäulchen,
Ringelblumen, Astern und Sonnenblumen. Diese
bieten wir im Sommer zum Selbstpflücken an.
Ich habe Freude am Binden von Sträußen, die ich
dann zum Kauf im Laden anbiete. Sie finden immer guten Absatz. Für die Hoffeste mache ich
den Tischschmuck. An Betätigungen fehlt es auf
so einem Betrieb nie! |<
Christa Lutz
Hofbericht
... nämlich die Freiheit
7
Vom Hof auf die Alp
A
ls Mutter von drei Kindern und des Bäckermeisters Frau hat man eigentlich immer etwas zu tun. Auf dem Hof dabei zu
leben, ist wunderbar. Und doch hat etwas gefehlt, nämlich die Freiheit.
Wer einmal das Älplerleben kennen gelernt hat,
der will es entweder nie mehr oder immer wieder erleben und sei es, wie in meinem Fall, schon
zehn Jahre her.
eine Menge zu tun: Milch zur Käserei fahren, einstallen, ausstallen, füttern, Kälber tränken, misten, spülen und ein nicht unerheblicher Teil der
Zeit wurde von der Hausarbeit beschlagnahmt,
auch wenn wir von vier Monaten mindesten drei
Monate zum Abendessen nur Grießbrei gegessen haben und des Bauern Waschmaschine den
Großteil unserer Wäsche gewaschen hat.
Pünktlich am 1. Juni sind Moritz(9), Raphael(4),
Auguste(1), Familie Lutz‘ Berner Sennenhund
Lotta, der Hahn Caruso und ein sehr vollgepackter Volvo auf der Unteregg-Alp am Jaunpass
im Schnee angekommen. Es war so kalt, so ungemütlich, dass bei den Kindern die Vorfreude
wie weg geblasen war. Aber kommt Zeit, kommt
Kraft. Und so schafften es der Hund und die Kinder nach einigen ersten Rückschlägen, das Tempo der Kühe und Ziegen im Gebirge mitzuhalten.
Es gab Tage, da habe ich nur noch gebeten,
dass jetzt endlich nichts mehr kaputt geht. Hier
ein kleiner Auszug aus den täglichen Katastrophen: Zum Beispiel als Raphael das Auto von
innen mit der Zentralverriegelung verschloss,
dabei eine Tür offen ließ, dann heraus kletterte
und die Tür zuschlug und der Schlüssel noch im
Zündschloss steckte. Oder als die Toilettenbürste durch das WC in die Güllegrube fiel. Etliche
Male haben die Katzen das Nachspülbecken der
Melkgeschirre zu Boden befördert, so dass zwei
kaputt gingen. Einmal legte sich die Kuh Sonja
während des Melkens ab, so dass das Sammelstück des Melkgeschirrs zerbrach (300 Schweizer Franken!!). Als der Generator streikte, waren
unsere Nerven schon ziemlich blank. Nach einer
Woche wurden wir aber von dieser Qual durch
einen neuen erlöst.
20 Kühe, 11 Kälber, 28 Rinder, 13 Milchziegen,
acht Zicklein, drei Schweine, ein Hahn, sechs
Hühner, vier Katzen und ein Hund waren die
Anfangsbesetzung und machten nicht gerade
wenig Arbeit! Auf einer der zwei Hütten gab es
Strom, die andere hatte einen Generator für die
Melkmaschinen. Außer dem Melken gab es noch
Coli-Keime in der Milch, lahme Kühe, verlorene
Klauenschuhe, kranke und verschwundene
Tiere, Plattfüße am Auto just vor der Milchabgabe, eine Kuh auf Moritz‘ Fuß... und Matsch. Denn
der Juni war kalt und nass, der Juli schon wärmer
und immer noch nass, aber der August war heiß,
richtig heiß und trocken und auch der >
Nach langer Suche fanden wir zufällig einen
Bauern im Berner Oberland, der bereit war, es
mit Meike, der anderen Älplerin und ihrem Sohn
sowie mit mir und meinen drei Kindern zu versuchen.
GUT
WULFSDORF
8
Bericht einer Neu-Wulfsdorferin
Wohnen bei den Wilden Rosen
W
enn ich meine Terrassentür öffne, liegt
jeden Tag ein anderer Duft in der Luft:
mal rieche ich feuchte Erde, mal Stall,
dann eher wieder Rauch und ein anderes Mal erfüllt Blumenduft die Luft. Kraniche ziehen laut
tönend vorbei und die Nachtigall singt am frühen Abend wunderschöne Lieder.
Hier raus ziehen – das war nicht nur einfach aufs
Land ziehen (vorher wohnten mein Sohn Anton
und ich in der Innenstadt), sondern mit vielen
anderen Menschen ein Wohnprojekt auf die Beine zu stellen und gemeinsam etwas zu erschaffen.
Insgesamt sind wir nun fast 70 Parteien, die sich
aus Familien, Paaren und Singles mit und ohne
Kind(er) zusammen setzen. Und dabei ist jedes
Alter vertreten! Einige von uns arbeiten auch auf
dem Gelände, betreiben ihr Gewerbe (z.B. den
Seminardom) oder haben ein Büro hier.
Anfangs war das Wohnen bei den Wilden Rosen
vor allen Dingen das Brummen der Radlader und
Bagger, das schrille Kreischen der Steinschneidemaschine und die Vibrationen des Rüttlers.
Ununterbrochen wurden von Georg Lutz und
seinen Leuten Erdmassen verschoben, weggebracht und wieder aufgetürmt. Der Boden wurde
modelliert, Versickerungsgräben geschaufelt,
Zisternen in der Erde versenkt, Wege gepflastert
und Mosaike gelegt.
Dann endlich war es soweit: Blumen, Büsche und
Bäume wurden gepflanzt und Gras gesät. Und
- unser Projekt Wilde Rosen ist richtig schön geworden!
Allerdings ist das noch nicht alles – es geht weiter. 2012 wird das Projekt dann vollständig sein,
wenn die Mitarbeiterunterkunft von Gut Wulfsdorf (das einzige alte Bestandsgebäude) fertig
saniert worden ist und 24 junge Menschen mit
Behinderungen (initiiert von den Robben e.V.) in
ihre zwei Häuser, die auf dem südlichen Gelände
noch gebaut werden, eingezogen sind. Neben
dem Pentaion, dem Tagungshaus mit Seminardom, kommt noch ein Bistro/Café der Robben
Hofbericht
9
Fortsetzung: Vom Hof auf die Alp
September war wunderschön: Nachtfröste und
Schnee auf den umliegenden Gipfeln, klare Morgen, traumhafte Sonnenaufgänge und -untergänge.
Wir blieben auch nicht ohne Hilfe: Vier Wochen
waren Eva Kempe und Sebastian da, um die andere Älplerin zu vertreten. Am meisten freuten
wir uns über den Besuch von unserem Bäckermeister – dem Vater und Ehemann!!!
Und als die Arbeit weniger wurde oder Besuch da
war, waren wir viel wandern z. B. beim Simmefall, in den Gastlosen, auf dem Bäderhorn und
auf unseren Hausbergen.
Und im nächsten Sommer? Da geht’s hoffentlich
wieder z‘Alp!
e.V. hinzu sowie 2 weitere Gebäude mit Ferienappartments, Büros und unserem Gemeinschaftsraum.
Von meinen Freunden werde ich immer gefragt:
„Vermisst du nichts?“ Nein, gar nichts, es ist ja
alles da, was ich brauche! Wenn ich auf den Hof
gehe, treffe ich immer jemanden, den ich kenne und mit dem/der ich dann klöne. Im Hofladen kann ich Gemüse aus der Umgebung und
Leckeres aus Eigenerzeugung kaufen. Kulturelle
Veranstaltungen, Hoffeste, Laternenumzüge,
Osterfeuer, lebendiger Adventskalender, Singen
& Schlemmen, Konzerte, Meditationsangebote,
Filmclub und vieles mehr werden direkt hier in
Wulfsdorf angeboten. Am meisten genieße ich
hier die Stille, die Natur und die Nachbarschaft.
Und wenn ich mal einen „Lagerkoller“ bekomme,
ist die Stadt ja auch nicht wirklich weit weg.....
allerdings kann es sein, dass man dort nur mit
Verzögerungen hin kommt, da der Weg wegen
einer Kuhherde versperrt ist! |<
Astrid Korth
Wer sich näher für das Älplerwesen auf sachkundige Art interessiert: Handbuch Alp von Giorgio
Hösli oder www.zalp.ch (dort gibt es auch Stellengesuche und -angebote). Außerdem möchte
ich mich noch einmal Familie Lutz bedanken,
dass wir Lotta ausleihen durften und dass sie
uns besuchte. |<
Mareike Hollerbach von der Holzofenbäckerei
Gut Wulfsdorf
GUT
WULFSDORF
10
Arbeiten mit Betty
M
ein Name ist Jutta Sonnenberg und ich
arbeite seit August 2007 im Hofladen.
Mein Mann Maik arbeitet seit 10 Jahren
als Landwirt auf Gut Wulfsdorf. Im März 2004
haben wir einen Basispass und Gespannführerschein (Kutschenschein) bei Gespannführer und
Schleswiger-Züchter Hermann Drechsler aus
Mollhagen gemacht. Daraufhin sind wir beide für
das Museumsdorf Volksdorf einige Zeit Kutsche
gefahren. Im Sommer 2011 zog es mich immer
wieder zu Betty, der Schleswiger Kaltblutstute
von Gut Wulfsdorf. Betty ist jetzt 4 Jahre alt und
nur geritten zu werden ist für ein Kaltblut einfach zu wenig.
Also hatten wir eine Idee. Nach einigen Diskussionen und Überlegungen war klar, diese Idee
mussten wir mit Georg, Elisabeth und Helene
Lutz besprechen.
Und so stand fest: Wir wollen mit Betty Kutsche
fahren!
Da Betty von Helene schon geritten wurde und
dann auch von mir, war es nicht ganz so schwer sie an ein Arbeitsgeschirr zu gewöhnen. Nun
musste Betty lernen zu schleppen. Schleppen
ist die Vorbereitung zum Kutsche fahren. Ein
Arbeitsgeschirr kannte Betty ja bereits und so
war es auch nicht allzu schwer, sie an die Reifen
zu gewöhnen, die sie nun hinter sich herziehen
musste.
Wir sind jetzt seit Mitte Oktober mit Betty am
Schleppen, um Muskeln und Kondition aufzubauen. Nach 6 Wochen war es nun soweit, wir
haben Hermann Drechsler angerufen und den
ersten Termin zum Kutsche fahren wahrgenommen. Hermann hat sie gleich einspännig gefahren. Betty machte es prima. Natürlich ist sie
noch etwas unsicher. Hermann wird noch einige
Wochen mit ihr arbeiten, damit sie so richtig gut
eingefahren ist.
Maik und ich freuen uns auf die Möglichkeit,
Betty selbst vor die Kutsche zu spannen und
durch die schöne Natur von Gut Wulfsdorf zu
fahren. |<
Jutta Sonnenberg
Hofbericht
Eindrücke einer Schülerin
11
Waldorfpraktikum
M
ein Name ist Lisa Dettmer. Ich komme
aus der Waldorfschule Itzehoe und arbeitete hier, auf Gut Wulfsdorf , während
meines Landbaupraktikums. Als ich das erste
Mal den Hof betrat, erstaunte mich wie riesig
er war. Ich gewöhnte mich relativ schnell daran,
in einem Bauwagen zu leben, die Nächte waren
oft sehr kalt. Morgens war man dann froh, wenn
man schnell zum Arbeiten kam. Zuerst arbeitete ich 1 ½ Wochen auf den Gemüsefeldern und
schließlich 1 ½ Wochen im Stall.
In dieser Zeit merkte ich, wie anstrengend körperliche Arbeit sein kann, aber auch wie schön
es dann ist, abends müde in sein Bett fallen zu
können. Aber die Arbeit war natürlich nicht nur
anstrengend. Da ich mit verschiedenen Menschen zusammen arbeitete, konnte es oft auch
sehr lustig werden, oder in einer hitzigen Diskussion enden.
Als ich mich auf dem Hof eingelebt hatte, eröffnete sich mir eine ganz neue Welt:
Ich stand nicht mehr stundenlang vor dem Kleiderschrank und überlegte, was ich an jenem
Tag anziehen sollte, sondern ich nahm einfach
ein paar warme Anziehsachen heraus, um nicht
zu frieren. Ich aß nicht mehr zwischendurch ein
paar Süßigkeiten aus Langeweile, sondern ich aß
nun, weil ich richtig Hunger hatte. Viele Sachen,
die ich zu Hause gemacht hätte, fielen nun weg,
weil ich den ganzen Tag draußen war und arbeitete.
Aber zum anderen musste ich mich mit vielem
auch näher auseinandersetzen: mit dem Melken
von Kühen, Füttern von Kälbern und auch mit
verschiedenen Pflanzenarten. Mir wurde klar wie
viel Arbeit in einem Bündel Möhren steckt und
wie viel wert dieses Gemüse ist.
Ich schätzte die Essenszeiten auch sehr, nicht
nur wegen des leckeren Essens, sondern auch
weil ich das gemeinsame Zusammensitzen einfach schön fand. Niemanden auf dem Hof fand
ich in irgendeiner Weise unsympathisch. Eher
kam mir die Hofgemeinschaft wie eine riesige
Familie vor, in der jeder seine Aufgabe hatte und
jeder auf seine eigene Art respektiert wurde.
Insgesamt fand ich die Zeit auf dem Hof sehr
schön und freue mich immer wiederkommen zu
dürfen. |<
Lisa Dettmer
GUT
WULFSDORF
12
Landleben
H
allo, hier ist Luca-Marie, ich erzähle euch
jetzt mal ein bisschen, wie das Leben auf
dem Hof so ist. Es fing bei mir alles so an:
im Jahr 2003 wurde ich im Amalie- SievekingKrankenhaus geboren und lebe seitdem mit
meinen Eltern Corinna und Tillman und meinem
Bruder Paul auf dem Hof. Im Jahr 2008 kam dann
meine kleine Schwester Juliane dazu. Aber jetzt
zum Leben auf dem Bauernhof: Ich finde es
schön, wenn ich mit Papa auf dem Trecker sitze
und über den Acker schaue. Manchmal denkt
man „Oh Gott, wann haben wir das endlich fertig?“ und wenn es dann endlich so weit ist, freut
man sich schon auf Zuhause. Die ganzen Tiere
um sich zu haben ist schön. Besonders mag ich
den kleinen Esel. Zu Weihnachten singen fast
alle Leute, die auf dem Hof leben, den Tieren
abends Weihnachtslieder vor, das nennt man
hier Stallsingen. Mir kommt es so vor, als ob sich
die Tiere richtig für die Lieder interessieren und
innerlich mitsingen. Im Hofladen gibt es viele leckere Biosachen, besonders mag ich die frische
Milch, die schmeckt nämlich viiiiiiiiiiiiiiiiiiel besser als die aus dem Supermarkt.
Hallo hier ist Paul, der Bruder von Luca. Ich wurde in Bremen geboren, bin dann aber im Alter
von 3 Wochen auf den Hof gekommen. Als ich
dort ankam war ich sofort begeistert von den
Tieren auf dem Hof. Besonders gut fand ich unsere Hofhündin Ronja, weil sie immer hinter mir
hergelaufen ist. Am allerbesten fand ich aber
die Trecker, die ich schon als 3-Jähriger am Geräusch erkennen konnte. Ich weiß, die meisten
werden jetzt sagen, dass ich spinne, aber das
ist wirklich wahr! Aber jetzt zurück zu den Treckern: daher, dass mein Vater meistens John
Deere gefahren ist, konnte ich schon in frühen
Jahren John Deere sagen- naja, fast zumindest.
Ich sagte damals: „Don Dschier“. Meine ZweitLieblings-Tiere sind Kühe. Ich stand oft neben
dem oder der Melkerin und habe mich schon auf
die warme frische Milch gefreut und habe gehofft oder gefragt, ob ich etwas Milch abkriege.
Jetzt stehe ich nicht mehr neben dem Melker
sondern fahre selbst Trecker. Wenn ich gerade
nicht auf dem Trecker sitze, dann sitze ich vor
meinem PC oder spiele Fußball. |<
Paul und Luca Rauhaus
Hofbericht
Freiwilliges Ökologisches Jahr
13
Ein Jahr für die Umwelt – und für mich
I
ch kenne das Gut Wulfsdorf seit ich denken
kann, als kleiner Junge lebte ich in unmittelbarer Nähe des Hofes, dort wo nun das Wohnprojekt „Wilde Rosen“ seinen Platz gefunden hat.
Dementsprechend verbinde ich mit ihm viele
schöne Kindheitserinnerungen, womit auch
schon der erste Grund genannt ist, warum ich
mich für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf
dem Gut Wulfsdorf entschieden habe. Heutzutage hat es meine Generation in puncto Jobfindung bzw. allgemein hinsichtlich der Zukunftsgestaltung nicht immer leicht, da es einerseits
etliche Möglichkeiten gibt, die wohlbedacht
werden müssen und andererseits die Selbstfindung eine wesentliche Rolle spielt. Letztere
stellt den zweiten Grund meiner Entscheidung
dar, weil ich mich in diesem Jahr in erster Linie
auf mich selbst konzentrieren, mir die Zeit nehmen möchte über vieles nachzudenken, um daraus resultierende, wegweisende (Ent)Schlüsse
zu fassen und zu ziehen, die für mein weiteres
Leben wichtig sind. Das Gut Wulfsdorf bietet für
mich einen schönen Ort dies zu tun, denn hier
habe ich eine beruhigende Atmosphäre, tolle
Menschen und einen kleinen Bauwagen, in dem
ich eher minimalistisch wohne, ohne mich von
zu vielen Dingen, wie beispielsweise einem Fernseher, ablenken zu lassen.
Eine Art „Downshifting-Experiment“ wenn man
so will.
Vor meinem FÖJ arbeitete ich als Aushilfskraft in
einem Büro und merkte, dass ein Beruf, der ausschließlich vor dem Computer ausgeführt wird,
nichts für mich ist.
Daher der dritte Grund meiner Entscheidung:
Draußen arbeiten können!
Und so kümmere ich mich jetzt von Frühjahr
bis Herbst um die Instandhaltung des Blumenund Kräutergartens, füttere Kälber und Vögel,
begleite verschiedene Aktionen für Kinder oder
bringe mich einfach dort ein, wo Hilfe benötigt wird. Sprich, ich kann sowohl mit Tieren und
Pflanzen als auch mit Menschen arbeiten, was
im Endeffekt eine große Abwechslungsreichheit
bedeutet und mir viel Spaß macht. Noch dazu
leiste ich mit der Arbeit auf einem biologischdynamischen Betrieb automatisch einen Beitrag
zur Erhaltung und Schonung der Natur und Umwelt, was letztendlich der vierte Grund für mein
Freiwilligenjahr ausmacht. Es gibt also viele positive Gründe dafür, ein Freiwilliges Ökologisches
Jahr zu leisten, weswegen für mich die Tatsache unbegreiflich scheint, dass die schleswigholsteinische Landesregierung hier seit Jahren
Kürzungen vornimmt - trotz steigender Nachfrage und dem offensichtlichen Nutzen von & für
jede/n einzelne/n Teilnehmer/in. |<
Tobias Hunger
GUT
WULFSDORF
14
Mit 63 noch ein Hofpraktikum ?
I
ch wollte schon immer mit Tieren umgehen.
Ich bin 63 Jahre alt, seit Kurzem im Vorruhestand und habe jetzt die Freiheit, meinem
Leben neue Eindrücke zu verschaffen. Gegenüber dem Gut Wulfsdorf liegt das Wohnprojekt
Allmende-Wulfsdorf, dessen Idee auf dem Hof
entstanden ist. Dort wohne ich, hatte also eine
gewisse Nähe zum Hof und überlegte mir, dort
ein Praktikum zu machen. Ich wollte schon immer mal sehen, wie Kühe und Schweine so gehalten werden.
Am 4. April ging es los für 3 Wochen. Dienstbeginn 6.00 Uhr, Feierabend so gegen 18.30 Uhr.
Vorher hatte man mich gewarnt, mit der Aussage aus einer anderen Familie: „Wenn Du weiterhin mit den Schweineklamotten nach Hause
kommst lasse ich mich scheiden.“
Wie fässt sich eine Zitze eigentlich an ?
Es begann mit Georg Lutz im Melkstand. Wir
standen zu zweit in einer gekachelten Vertiefung, die Euter der Kühe auf Augenhöhe. Dahinter deren doch recht mächtige, vermistete
Hinterläufe. In ca. 2 Stunden werden 40 Kühe
gemolken. Und Georg kannte sie alle. „Die ein
bisschen mehr Schrot, bei der musst Du aufpassen, eine Zitze ist entzündet.“ Wie fasst sich eine
solche Zitze überhaupt an? Weich? Glitschig?
Nein ziemlich fest und trocken. Ich musste jede
Zitze mit Holzwolle vor dem Ansetzen des Melkzeugs reinigen und für jede Kuh neue Holzwolle verwenden, sonst werden Keime übertragen.
Na hoffentlich werde ich nicht getreten. Aber
es ging gut, die Kühe schienen den Ablauf genau zu kennen. Vor dem Melkstand standen sie
schon Schlange. Bis auf einige Wenige. „ Geh sie
mal wecken“ Wie weckt man eine Kuh? Die Erfahrung zeigte mit leiser Ansprache erreichte ich
nichts. Ich musste schon laut und rabiat werden.
Ich sah wie Georg routiniert die Saugglocken der
Melkmaschine ansetzte. „Kann ich das auch mal
probieren?“ „Du musst sie alle vier in einer Hand
halten und dabei den Saugschlauch abknicken.
Beim Ansetzen den Schlauch öffnen und die Glocke sitzt und arbeitet.“ Ganz einfach. Zunächst
war meine Hand zu klein, um alle vier Glocken
zu halten. Dann fiel die erste Glocke wieder runter als ich die zweite ansetzte. Der Schlauch war
noch abgeknickt. Es hat ein bisschen gedauert,
aber dann ging es.
Da soll ich reingehen ?
Ich musste noch den Melkstand reinigen, dann
die Schweine füttern. Es gibt auf dem Hof zwei
Schweineställe. In dem ersten liegen mächtige
Zuchtsauen mit ihren ganz kleinen Ferkeln.
Sehr niedlich. Die Ferkel unter einer Wärmelampe. Die Sau in einer Art Gestell, das sie hindern
soll, die Ferkel zu erdrücken. Daneben Koben
mit früheren Würfen, die bereits von der Mutter
getrennt sind. Im zweiten Stall sind die großen
Schweine. Man kann sie in den Außenboxen sehen. Wenn man in einen solchen Stall zur Fütterungszeit hineinkommt, empfängt einen ein
lautes Geschrei. Das Futter wird in die Tröge
gegeben. Es beginnt ein wildes Gedränge, Gequieke und Geknurre. Die Schweine haben eine
derartige Kraft, dass man glaubt das Futtergestell bricht gleich auseinander. Später hat mir
Georg dann aufgetragen, die Koben zu reinigen.
„Was, da soll ich reingehen? In diese Horde gefährlicher Hunde?“ Aber das ging problemlos.
Die Schweine haben großen Respekt vor langen
Beinen mit Gummistiefeln. Georg hat mir erklärt, dass Schweine eigentlich sehr sauber sind.
Der Koben innen ist der Schlafplatz, in der Außenbox wird sich erleichtert. Manchmal vertun
sich einzelne Schweine und machen einen See
ins Schlafzimmer. Das muss der Praktikant dann
beseitigen und neu einstreuen, sonst kommen
die Schweine durcheinander.
Wie endet so ein Schweineleben ?
Ich wollte auch wissen, wie so ein Schweineleben endet. Nach ca. einem Jahr kommt es zum
Schlachter. Georg sucht in regelmäßigen Abständen aus verschiedenen Koben ca. 10 Schweine
aus, die dann mit dem Anhänger in die Nähe von
Itzehoe gebracht werden. Das ist eine ziemliche
Aktion, aus einem Koben 2 Schweine herauszuholen und die anderen drin zu lassen. Dafür be-
Hofbericht
15
arbeiten. Aber es gibt auch Pausen. Und da wird
man sehr gut versorgt. Im Mittelteil des Gebäudes befindet sich eine große Küche, in der Tobias, der Hauswirtschafter, mit seinen Helferinnen
die Speisen aufdeckt. 8.00 Uhr ½ Std. Frühstück,
12.00 Uhr 1 ½ Std. Mittagspause, 16.00 Uhr ½
Std. Kaffeetrinken. Es findet sich eine wirklich
bunte Schar von Menschen zusammen. Aus Polen, Kenia, Nevada, Dänemark, Festangestellte,
Hofleitung, einige Schülerpraktikanten und sogar der über 80-jährige Vater von Georg, der
immer noch mithilft. Morgens, nach dem Frühstück, versammeln sich alle in großer Runde vor
dem Gebäude. Georg steht da wie ein Patriarch,
ganz ruhig und aufmerksam. Jeder erklärt, was
er machen will. Jeder erhält sein OK, manche andere Aufgaben, manche werden eingeteilt.
Warum sind die Kühe gefesselt ?
darf es mehrerer Leute. Zunächst sind alle neugierig und wollen auf den Gang hinaus. Hat man
dann alle Schlachtkandidaten im Gang versammelt, drängen sie zum Ausgang, aber auf den
Anhänger wollen sie nicht. Da muss man mehr
und mehr den Rückweg versperren und sie treiben. Befinden sich dann alle ziemlich gedrängt
im Anhänger und dieser bebt und wackelt,
kommt noch ein besonderer Akt. Georg muss die
Tiere stempeln, damit der Schlachthof sie zuordnen kann und der Hof sein Geld bekommt. Dafür
wird dann eine kleine Tür des Anhängers aufgemacht, Georg springt schnell hinein und die Tür
wird gleich wieder zugedrückt. Und dann geht
das Getobe innen erst richtig los. Jedes Tier bekommt einen Stempelabdruck auf den Hintern.
Georg schien das schon oft gemacht zu haben,
jedenfalls kam er heil wieder heraus.
Es gibt auch Pausen.
Die Leute auf dem Hof haben eine sehr lange
Arbeitszeit und die Arbeiten sind körperlich mitunter sehr schwer. Ich habe einen großen Respekt vor allen entwickelt, die dort regelmäßig
Als letztes möchte ich erklären, was mich früher
immer gestört hatte. Wieso sind die Kühe morgens immer so lange im Eisengestell gefesselt?
Das fand ich grausam. Ist es aber nicht und es
hat seinen Sinn. Und das wird auch nur gemacht,
solange die Kühe im Stall und noch nicht auf der
Weide sind. Wenn sie vom Melken kommen, wollen sie fressen. Damit sie alle gleich viel bekommen, hat jede ihren Fressplatz, andere können
sie nicht weg drängen. Während sie fressen,
reinigen innen die Praktikanten die Liegeboxen:
Kuhfladen beseitigen, Kalk streuen, wo der Euter liegen wird und neues Stroh ausbreiten. Nach
ca. 2 Std. kommen sie wieder rein, legen sich hin
und ruhen sich aus.
Und das mache ich jetzt auch.
Holger Scharre
|<
GUT
WULFSDORF
16
Paten gesucht / Nachrichten
S
chleswig-Holstein hat die Förderung für die
Beibehaltung des Ökolandbaus eingestellt.
Die Grundlage der Förderung war eine Verpflichtung der Betriebe, für mindestens fünf Jahre nach Ökorichtlinien zu wirtschaften. Nach Ablauf der letztmaligen Bewilligung wird es keine
Verlängerung mehr geben. Dies ist bei unserem
Betrieb 2013. Diese Entscheidung ist inhaltlich
völlig unverständlich. Begründet wird sie mit der
schlechten Haushaltslage. Die Schleswig-Holsteinischen Biobetriebe haben in den vergangenen
Jahren ca. vier Millionen Euro Zuschuss für die
Beibehaltung bekommen. Davon muss das Land
Schleswig-Holstein 20 % selbst aufbringen. Der
andere Teil wird deutschlandweit durch den
Bund und vor allem durch die EU finanziert. Die
Ersparnis durch die Streichung beläuft sich auf
850.000 Euro für Schleswig-Holstein. Dem Land
gehen aber die vier Millionen an Wirtschaftsleistung verloren, denn das Geld wurde ja investiert.
BaumPatenschaften
I
n der Allee nördlich des Gutes und westlich angrenzend an das Wohnprojekt Allmende, haben wir einen Teil kranker und überständiger
Bäume gefällt. Den Charakter der Allee möchten wir gerne erhalten und aufwerten. Dazu
sind Ersatzpflanzungen verhältnismäßig großer
Bäume erforderlich. Angedacht sind 25 Bäume,
vorwiegend Bergahorn. Die Gesamtkosten für
einen Baum, 3 Stützpfähle, Stammbefestigung,
Wildzaun und Schutz des Stammes gegen Sonneneinstrahlung betragen ca. 200,- €. Für diese Maßnahme bitten wir um Unterstützung. Die
Arbeitskosten in Höhe von 50,- bis 100,- € pro
Baum, die noch dazu kommen, könnten von uns
übernommen werden.
Wer Interesse hat, melde sich bitte bei mir. |<
Georg Lutz
Durch die Förderung haben viele Biobetriebe
Betriebsgewinne erzielt, die auf dem Niveau
vergleichbarer konventioneller Betriebe liegen. Die jährliche Steuereinnahme, die unmittelbar
auf die Förderung zurückzuführen ist, beträgt
ca. 1,0 bis 1,1 Millionen Euro. Obwohl den Politikern dieser Sachverhalt klar war, haben sie
dennoch so entschieden, zudem absolut gegen
den Bundestrend, denn in vielen Bundesländern
sind die Beihilfen weiter erhöht worden. Vor dem
Hintergrund, dass die Betriebe bundesweit miteinander in Konkurrenz stehen und die Erzeugerpreise nach der Einführung der Förderung
deutlich nachgegeben haben, ist dies ein Schlag
gegen die holsteinischen Biobauern.
Die Reaktion ist nicht ausgeblieben. So haben
die ersten Betriebe aufgegeben oder wieder auf
konventionelle Wirtschaftsweise umgestellt.
Trotz weiter stark wachsendem Biomarkt, ist
die ökologisch bewirtschaftete Fläche Schleswig-Holsteins erstmalig wieder rückläufig. Sie
ist 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 %
zurückgegangen, die Zahl der Biobetriebe um
2,1 %. Für 2011 zeichnet sich ein weit größerer
Flächenrückgang ab. Der Umsatz mit Biowaren
kann mithin weniger von den regionalen Akteuren bedient und für die regionale Wertschöpfung genutzt werden. >
Hofbericht
Nachrichten
17
Agrarpolitik
Manche agrarpolitische Themen haben sich sehr
erfreulich entwickelt. Das Honig-Gentechnikurteil ist bahnbrechend: Honig, der gentechnisch
veränderte Bestandteile enthält, darf nicht vermarktet werden. Die Nutzer der grünen Gentechnik müssen nun für den Schaden der Imker
aufkommen. Bienen tragen aus solch einem weiten Umkreis Pollen und Nektar heim, dass mir
die bisherige Vorstellung, eine Koexistenz von
Gentechnik und gentechnikfreiem Anbau sei
möglich, absurd erscheint.
Der Welt-Agrarbericht hat in seiner letzten Ausgabe klar Stellung bezogen: Nicht die technisierte Landwirtschaft mit zunehmendem Einsatz
von Gentechnik, kann das Problem von Hunger
und tiefster Armut lösen, sondern eine nachhaltige, die bestehenden Strukturen aufgreifende
Ökologisierung der Landbewirtschaftung – eine
richtungsweisende Aussage.
Die europäische Agrarpolitik soll neu ausgerichtet werden. Die heiße Phase des Diskutierens,
Zerrens und Streitens ist im vollen Gange. Hier
können Sie sich mit einbringen, u. a. durch die
Aktion „Meine Landwirtschaft“, eine Kampagne,
die durch ein breites Bündnis getragen wird.
Es machen nicht nur die Verbände des ökologischen Landbaus und weitere eher „alternativ“
ambitionierte Initiativen mit, sondern auch der
Bund deutscher Milchviehhalter (ein Zusammenschluss vor allem von konventionellen Milchbauern, auch von recht großen Betrieben). Ziel ist,
dass sich die Bürger Europas einbringen und mit
bestimmen, in welcher Art sich die Landwirtschaft und damit auch der Landschaftsraum, die
Natur und Umwelt entwickeln wird.
Von EU-Agrarkommissar Ciolos wurde vorgeschlagen den Landwirten in Zukunft nur 70 %
der Flächenprämien ohne besondere Auflagen
auszuzahlen. Für die weiteren 30 % werden
deutliche Umweltauflagen gemacht, wie das Einhalten einer Fruchtfolge und das Vorhalten von
Flächen als Rückzugsräume für Fauna und Flora,
um die wichtigsten zu nennen. Der Bauernverband läuft dagegen Sturm. Das Fenster für die
Bürgerbeteiligung in diesen Fragen hat sich zurzeit weit geöffnet. Nutzen Sie es. Die Flyer der
Kampagne finden Sie bei uns im Hofladen.
Weitere Informationen unter
www.meine-landwirtschaft.de. |<
Georg Lutz
GUT
WULFSDORF
18
Gut Wulfsdorf als Zuhause
K
urz nach sechs, die Melkmaschine springt
an. Seit über 20 Jahren, jeden Tag. Gut
Wulfsdorf, seit meiner Geburt mein Zuhause. Die lauten Alltagsgeräusche beginnen mit
der Gewöhnung die Uhren zu ersetzen. Ohrenbetäubendes Schreien der Schweine, kurz vor
acht, Fütterung. Das Klappern der Fressgitter im
Kuhauslauf, ca. 8.45, die Kühe kommen auf die
Weide.
In meinen ganz jungen Jahren, genoss ich es,
am Wochenende morgens um 5.30, die erste im
Kuhstall zu sein und den dumpfen Geruch der
Kühe einzuatmen. Ich nahm es meinem Vater
übel, wenn er auch nur eine Minute vor mir aus
dem Haus ging. Für Kinder? Ein reinstes Paradies, ein solcher Bauernhof. Nichts anderes kann
ich von mir behaupten.
Wir, das heißt meine „Hofkindergeneration“, waren ungefähr zehn Kinder. Eine perfekte Zahl um
an schwülen Abenden nach einem heißen Som-
mertag Räuber und Gendarm auf dem ganzen
Hof zu spielen. Heuboden, Wasserfässer und
die alte stolze Linde im Herzen des Hofes boten
hierbei die besten Verstecke.
Begann es langsam kalt zu werden und zu
schneien, wurden Schneemänner um die Wette
gebaut, Schneeballschlachten in Jungs – Mädchenteams gewonnen und entweder hinterm
Trecker oder dem Pferd rasante Schlittentouren
durch unser Gelände gemacht.
Ich brauche nicht zu erklären, dass auch die
glücklichsten Hofkinder schnell älter werden,
was auch an den gefährlichen Mutproben liegen
mag, welche es zu bewältigen galt. Auf Bullen
reiten oder über einem Meer aus Brennnesseln
auf einem morschen Baum balancieren, waren
hierbei keine Besonderheit. Nicht nur das Balancieren über morsche Bäume ist eine nervenaufreibende Angelegenheit. Auch das Elternsein
scheint eine Probe zu sein.
Hofbericht
19
wie ein Hofhund frei auf dem Hofgelände verbrachte). Es wuchs auch die Fähigkeit mehr und
mehr Verantwortung zu übernehmen, so dass
ich mittlerweile zwei Pferde, ein Pony und einen
Esel besitze.
Die Beziehung zu meinen Pferden ist mir sehr
wichtig, so dass ich mich täglich morgens, mittags und abends (zum Teil mit Hilfe von Auswärts) um das Wohl der Vierbeiner kümmere,
und die örtliche Nähe sehr genieße.
Neben der derzeitigen Aushilfe im Laden, gebe
ich viel Reitunterricht und strebe einen Trainerschein in dem kommenden Jahr an. Nachdem ich
dieses Jahr mein Abitur gemacht habe, überlege
ich, auch beruflich in diese Richtung zu gehen.
Es scheint, als wären die Eltern immer da. Doch
wenn man sie sucht und nach einiger Zeit fündig
wird (mittlerweile weiß ich, wann man wen, wo
am ehesten erwischt), erreicht man, wenn man
Glück hat, die Aufmerksamkeit eines halben,
an besonderen Tagen sogar die eines ganzen
Ohres. Man arrangiert sich mit diesem Wandel
aus immer da und immer weg sein der Eltern,
und lernt die Vorteile zu schätzen.
Ganz beiläufig haben wir spielend Verantwortung übernommen. Meine Schwester Aurelia und
ich bekamen bereits im Alter von neun und sieben Jahren unseren ersten eigenen Ponies. Ein
Traum, vor allem, dass wir uns seitdem um alles
alleine kümmern durften und selbst entscheiden
konnten, wann wir was mit unseren Ponies machen wollten. Wussten wir mal nicht Bescheid,
oder gab es seltene Krankheitsfälle der Lieblinge, stand unser Vater uns mit Ratschlägen
und Hilfe immer zur Verfügung. Während dieser
Aufgabe wuchs nicht nur die körperliche Größe.
(Man erinnere sich an den kleinen schwarzen Tyson, für den wir schnell zu groß wurden, und
welcher seine letzten Lebensjahre mit Anfang 30
Bevor ich jedoch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen werde, möchte ich wenigstens
einen kleinen Teil der spannenden Welt kennenlernen. Hiermit beginne ich Mitte Januar 2012 in
Afrika, genauer Namibia auf einer Westernranch.
Ein Traum von Weite wird wahr!
Wohin es mich danach verschlägt, weiß ich noch
nicht… |<
Helene Lutz
GUT
WULFSDORF
20
Gemüse 2011
Neues aus der Gärtnerei
M
ein Name ist Constantin Maftei. Ich
komme aus Rumänien und arbeite als
Gärtner auf dem Gut Wulfsdorf. Nach
dem Abitur und dem Abbruch der Polizeischule in Rumänien, beschloss ich meine Existenz in
einem anderen Land aufzubauen. Durch meinen
Freund Nico Tirloi, der schon eine Saison hier
gearbeitet hatte, habe ich den Betrieb kennen
gelernt. Nachdem ich fünf Jahre hier als Saison-
arbeitskraft gearbeitet habe, wollte ich fest in
Deutschland arbeiten. Mein Chef hat mich dabei
unterstützt, eine Dauerarbeitserlaubnis zu bekommen. Ich danke ihm für das Vertrauen, das
er in mich gesetzt hat.
Der Anfang war schwierig, aber mit Hilfe der
Kollegen konnte ich mich schnell eingewöhnen
und das Arbeiten hat mein Interesse an der ökologische Landwirtschaft geweckt. Im Laufe der
Zeit habe ich viel gelernt, wie mit den verschiedenen Maschinen und Geräten zu arbeiten, über
Gewächshäuser, Pflanzenkrankheiten, Schädlinge, biologisch-dynamische Präparate und
vieles mehr.
In der Gärtnerei ist in der letzten Zeit viel geschehen. Wir produzieren mehr Gemüse und haben
viele neue Investitionen getätigt: eine neue Halle, eine Kühlung, Beregnungsleitungen wurden
verlegt, eine Gemüseberegnung angeschafft,
einen neuen Traktor haben wir auch, fast alles,
was wir 2009 begonnen haben, konnten wir abschließen.
Jetzt, wo wir alle diese Verbesserungen haben,
hat uns leider unser Gärtnermeister Nils Weiß,
der einen wesentlichen Beitrag zu deren Umsetzung geleistet hat, aus persönlichen Gründen,
noch vor Ende der Hochsaison verlassen. Obwohl sein Weggang so plötzlich kam, hat unser
international bunt gemischtes Team mit Anthony aus Kenia, Luke aus Südafrika, Imrick aus
Deutschland, Zofia aus Polen, Nico, Daniel, Cristian und Mihai aus Rumänien, es geschafft, das
Gemüse unter optimalen Bedingungen zu ernten
und zu lagern. Die Möhren waren sehr gut in diesem Jahr, im
Vergleich zu den Vorjahren. Der Weißkohl und
der Rotkohl sind durch das kühle, regnerische
Wetter im Juli und August schnell gewachsen
und mussten früher geerntet werden, damit die
Köpfe nicht zu riesig wurden. Die frühe Ernte
hat beim Rotkohl zu einem Lagerverlust von 40
% nach drei Monaten Lagerung geführt. Bei den
Kürbissen hatten wir wegen der kühlen Witterung eine unbefriedigende Ernte und Schwierigkeiten mit der Lagerung. Wir mussten 30 % aussortieren. Die Wurzelgemüse waren in diesem
Jahr allgemein gut.
Für mich ist jetzt der Anbauplan 2012 Priorität
und Herausforderung. Meine Perspektive für die
Zukunft ist, noch mehr über ökologische Landwirtschaft zu lernen.
Im Namen des Gärtner-Teams wünsche ich Ihnen
einen guten Start in das Jahr 2012. |<
Constantin Maftei
Hofbericht
21
Herbstliche Hauswirtschaft
Sauerkrautherstellung
J
edes Jahr im Herbst tauchen sie im Hofladen
auf: die grünen Eimer mit den gelben Schildern und dem aromatisch-sauren Duft.
Sauerkraut vom Gut Wulfsdorf, hergestellt vom
Küchenteam, vor allem von Barbara Porozynska
und Katarina Fenczak. Nur, wie machen die das?
Schon am Abend vorher wurde bei den Gärtnern für den nächsten Tag eine Großkiste voll
Weißkohl bestellt, so dass es ab 8.30 Uhr losgehen kann. In der Hofküche fangen derweil
unsere Auszubildende Maria Hommes und ich,
Tobias Otto, an das Mittagessen zu kochen. Für
das Sauerkraut werden die äußeren Blätter und
Strünke entfernt und der Kohl mit der großen
Küchenmaschine ganz fein gehobelt. Anschließend wird er mit Salz vermischt und in einem
vorher abgebrühten großen Fass mit einem Eisenhammer so lange gestampft, bis der Saft des
Kohls austritt. Da kann Mann und Frau so manchen Frust abbauen!! Am Ende, muss der Kohl
oben komplett mit Saft bedeckt sein.
Danach muss das Kraut bei 25 °C ca. 10 Tage reifen. Dabei ist wichtig, dass jeden Tag mit einem
Stab in das Kraut gestochen wird, damit die
Gase, welche bei der Gärung entstehen, entweichen können. Ist es sauer genug, wird es in der
Kühlung bei 7 °C gelagert und nach und nach in
den grünen Eimern verkauft. Jedes Jahr werden
auf diese Weise ca. 6 Fässer à 120 kg hergestellt.
So entsteht also das gute Sauerkraut und damit
es Ihnen auch besonders gut schmeckt, gibt es
nun noch ein typisch polnisches Rezept zum
Nachkochen für zuhause.
Guten Appetit
Tobias Otto
|<
Bigos
für ca. 6 Personen
Zutaten:
1,5 kg Sauerkraut, 1,2 kg gekochtes Fleisch,
(z. B. Suppenfleisch, Gulasch, etwas Speck,
Geflügelfleisch), 300 g Würstchen, 4 große
Zwiebeln, 30 g getrocknete Pilze, 2 Lorbeerblätter, 4 Wacholderbeeren, Pfeffer, Salz,
Bratöl oder Fett
* Pilze in Wasser einweichen so dass sie von
Wasser bedeckt sind (am besten 24 Stunden).
* Das Sauerkraut unter fließendem Wasser
waschen und ca. 40 Minuten mit Wasser bedeckt gut kochen lassen.
* Fleisch, Pilze und Würstchen dazugeben.
Wurde das Fleisch frisch gekocht, die Brühe ebenfalls dazugeben, ansonsten mit Gemüsebrühe so aufgießen, dass alle Zutaten
gut bedeckt sind. Ca.40 Minuten auf kleiner
Flamme köcheln lassen evtl. Brühe nachgießen. Am Schluss sollte ein nicht zu flüssiger
Eintopf entstanden sein.
Dazu schmeckt Brot oder Salzkartoffeln.
GUT
WULFSDORF
22
Ökomarkt in Blankenese
Der Zitronenfalter entpuppt sich
E
inmal, morgens um 6.00 Uhr, da war ich
dabei, wie der Ökomarkt in Blankenese
langsam erwacht. Da kam auch schon das
Gefährt von Gut Wulfsdorf. Der Anhänger wurde schnell auf seinem Platz positioniert, der
LKW dahinter abgestellt und schon begann das
Schauspiel.
Wie von Zauberhand, es führte Volker Andresen
allein Regie und weitere helfende Hände gab
es nicht, begann eine Metamorphose des Hängers. Es öffneten sich seine Flügel, der Korpus
streckte sich und vor uns stand ein riesiger Zitronenfalter.
In die Flügel wurden die Seitenwände gehängt,
dies und das anderenorts eingehakt und umgeklappt, und fertig war der große Stand. Aus
einem recht kompakten Anhänger hatte sich der
allen Kunden bekannte Marktstand entfaltet.
Tages neben den mir bekannten grünen Zucchini auch richtig leuchtend gelbe. Und wie sollte
es bei einem Zitronenfalter schon anders sein,
hier bekommt der Kunde auch zeitweise gelbe
Tomaten.
Den Ökomarkt in Blankenese gibt es bereits über
15 Jahre und in dieser Zeit war der Stand von Gut
Wulfsdorf jeden Mittwoch zuverlässig dort aufgebaut. Inzwischen ist kein Mitarbeiter aus den
ersten Jahren noch in Blankenese vor Ort dabei,
aber gerne erinnere ich mich noch an diese und
ihre Geschichten. Nur fange ich in Gedanken
die in ihren Kindertagen aus dem Apfelbaum
fallende Martina auf und bin auch bei mancher
Feldarbeit im Geiste dabei. Und wenn wir uns
Da das Einsortieren der großen Berge von Waren
aber nicht von einem Einzelnen zu bewältigen
ist, trat nun ein bekanntes Gesicht nach dem anderen auf die Bühne, verschwand im LKW oder
hinter vollgepackten Paletten. Und da Wulfsdorf
stets nur schönstes Obst und Gemüse anbietet,
wurde alles noch einmal einem kritischen Blick
unterzogen.
Dieses habe ich an einem milden Sommermorgen erlebt. Aber an wie vielen Tagen geht es
klimatisch schon so ruhig und angenehm zu?
Ich stelle mir vor, der Zitronenfalter gleitet früh
morgens, von Gut Wulfsdorf in Ahrensburg kommend, im Novemberwind durch Hamburgs noch
dunkle Gassen; auf dem Marktplatz ankommend
sind es knapp über Null Grad Celsius und ein
feiner Nieselregen setzt ein. Es gehört zu den
Geheimnissen dieses Marktstandes, dass ich
noch nie einen Mitarbeiter erlebt habe, der eine
schlechte Stimmung nach außen gezeigt hätte.
Bei allen Mitabeiter/innen scheint stets die Sonne zu scheinen. Es ist einfach schön, dass es diesen Stand gibt.
Und je nach Horizont, lassen sich hier auch einige Entdeckungen machen. So fand ich eines
den Weihnachtstagen nähern, so denke ich immer an den stets fröhlichen Sebastian. Dann
mussten wir als Kunden von Wulfsdorf ohne seine ansteckende Fröhlichkeit auskommen, er war
in dieser Zeit beim Verkauf von Weihnachtsbäumen leider unabkömmlich.
Mit den Jahren konnte ich viel über die Mühen
der ökologischen Agrarwirtschaft erfahren.
Von den Problemen der Milchwirtschaft haben
wir schon öfters gehört. Dass aber z.B. Spargel mehrere Jahre braucht, um geerntet werden
zu können, wusste ich nicht. Nun müsste es im
kommenden Jahr 2012 so weit sein, dass wir den
ersten Wulfsdorfer Spargel zu sehen bekom-
Hofbericht
23
men. Und wenn dieser dann gelb sein sollte, so
spekuliere ich, war zusätzlich zu den Kuhfladen
im Rinderhorn, zwecks Düngung nach Demeter,
eine Prise von Kurkuma mit dabei.
Aber das Düngen nach Demeter ist eine andere
Geschichte - und wer wissen möchte, wie man
auf Gut Wulfsdorf biologisch-dynamisch düngt,
dem sei ein Hofbesuch empfohlen.
Habt Dank für Euren Einsatz für Natur und Kundschaft! |<
Christoph Ahsendorf
GUT
WULFSDORF
24
ÖKO-Markt in Niendorf
Einkauf – kinderleicht
Z
um Glück gibt es freitags in Niendorf den
ÖKO-Markt! Da stehen die netten Verkäufer vom Gut Wulfsdorf an ihrem langen
sonnengelben Stand und bedienen die Kunden
aus dem reichen Sortiment des Hofes und von
Demeter- und Bioland-Betrieben.
Schon wenn man sich dem Stand nähert, hört
man Lachen und freundlich gerufene Worte und
stellt sich gern in die oft sehr lange Schlange. Da
gibt es was Gutes! Ist man an der Reihe wird man
freundlich angeschaut, mit einem netten Wort
begrüßt und nach seinen Wünschen gefragt.
Die leuchtenden Farben von Obst und Gemüse,
die geschickte Auslage, die vollen Bünde der
Kräuter, die Vielzahl an Tomaten in bunten Farben, die Überfülle an verschiedenen Salaten, die
verschiedenen Kartoffelsorten, das Brot und die
Zöpfe, die Vielzahl an heimischen Demeter-Honigen, all das ist eine Augenweide.
Kulinarische Spezialitäten werden vorgestellt, jeder Verkäufer und jede Verkäuferin können mitteilen, welche Tomate wo angebaut wird und wie
sie schmeckt, welches Rübchen wie zubereitet
wird: An allen merkt man sehr deutlich die Freude an der Landwirtschaft und die Überzeugung,
uns Kunden wirklich ausgezeichnete Qualität anbieten zu können. Über die Jahre wächst eine Beziehung, die freitags gepflegt wird und auf die viele Kunden sich
freuen: da geht dann auch mal im trüben Novemberwetter die Sonne auf! Es ist die Freund-
lichkeit aller Mitarbeiter, die uns Kunden gern zu
diesem Stand zieht. Auch wissen die Verkäufer,
welche Lebensmittel die Mutter kauft, wenn mal
ein Kind einspringt, den Einkauf zu übernehmen! Das ist Verlässlichkeit! Es reicht zuhause
zu sagen: geh zu Volker, der weiß was wir brauchen und packt unseren Wochen-Einkauf schon
zusammen!
Ob man nun freitags nach Niendorf oder mittwochs nach Blankenese, donnerstags und samstags nach Eppendorf kommt, oder wo Volker
Andresen mit seiner Mannschaft auch immer in
der Woche steht, immer sind die freundlichen
Verkäufer hilfsbereit, erkennen ihre Kundschaft
und man wird mit Namen begrüßt.
So kann man auch vieles über das Hofleben erfahren, welche Kartoffelsorte gut gewachsen ist,
welches neue - Spargel - Feld angelegt ist und
wann mit der ersten Ernte zu rechnen ist, welche Wurzeln die saftigeren sind und wo die Eier
herkommen. Es ist eine nette Mannschaft um Volker, die uns
Kunden tagein tagaus und nun schon viele Jahre bedient, für unsere Gesundheit sorgt und unseren Tisch mit den köstlichsten Köstlichkeiten
bestückt.
Dafür sei an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern des Hofes Gut Wulfsdorf herzlich gedankt. |<
Edda Lehnert
Hofbericht
Anders als in Japan
25
Backen auf Deutsch
A
lles begann mit einem Job in einer Bäckerei in Tokyo, in der ich nach Abschluss
meines Philosophiestudiums gearbeitet
habe. Dort entstand mein Interesse für eine
„Brotkultur“, wie es sie wohl nur Deutschland
gibt. Natürlich haben auch die Franzosen oder
andere europäische Länder ihre ganz eigene
Backkultur, aber jene, fast grenzenlose Vielfalt
an Brot und die vielerorts noch anzutreffenden
traditionellen Herstellungsverfahren habe ich in
dieser Fülle nur in Deutschland finden können.
Nach eigenen Recherchen und der Hilfe einer
befreundeten Bäckerin aus dem Raum Stuttgart, ergab sich dann im Februar 2011 für mich
die Möglichkeit in der Holzofenbäckerei auf Gut
Wulfsdorf ein Praktikum bei Bäckermeister Reinhold Hollerbach zu beginnen.
Anders als in Japan ist Brot in Deutschland die
Grundlage der täglichen Ernährung. Auch wenn
weite Teile der Bevölkerung noch zu herkömmlichen Produkten greifen, die industriell oder
aus Weißmehlen hergestellt werden, gibt es
viele Menschen, die großen Wert auf schmackhafte und urwüchsige Backwaren legen, deren
Zutaten möglichst auch noch aus biologischer
Landwirtschaft stammen sollen.
Das war es, was ich lernen wollte:
Die Herstellung von in jeder Hinsicht qualitativ hochwertigen Produkten. Im Falle meines
Ausbildungsbetriebes werden sogar DemeterProdukte verarbeitet.Aber es gibt nicht nur Brot
– auch die Herstellung von Kuchen für das im
Hofladen untergebrachte Café, unter Verwendung saisonal verfügbarer Obstsorten, gehört
zum täglichen Brot der Bäckerei.
Die größte Hürde war und ist immer noch die
Beherrschung der Deutschen Sprache. Das Erlernen des Deutschen – einer Sprache, die dem Japanischen unähnlicher nicht sein könnte – kann
man wohl als sehr mühselig bezeichnen. Aber
vor allem die ständige Kommunikation mit vielen Freunden, die ich mittlerweile in und um
Allmende Wulfsdorf habe, lässt mein Deutsch
jeden Tag besser werden. Auch, wenn ich mich
an das frühe Aufstehen wohl niemals richtig
gewöhnen werde, freue ich mich doch auf eine
lehrreiche und spannende Ausbildungszeit in
der Holzofenbäckerei Gut Wulfsdorf. |<
Aiko Hishida
GUT
WULFSDORF
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Konzept Bio-Imbiss
Innovation Currywurst
H
amburger Winterdom 2009: Auf der Suche nach Spiel und Spaß, schlendere ich
mit Freunden zwischen Fahrgeschäften
und Schießbuden umher. Nach großzügig bemessenen 10 Minuten im verführerischen Duft
der Imbissbuden packt mich der Heißhunger –
Currywurst muss her!
zu befriedigen suchen. Die Verkäufer der beschriebenen Imbissbude werden solange nicht
daran denken etwas besser zu machen, wie sie
noch Kunden haben. Was aber wenn den Kunden nachhaltige und qualitativ um Meilen bessere Ware geboten wird, die auch noch aufregend
schmeckt?
Lange brauch ich nicht zu suchen, denn das Angebot ist groß. Ich schlage mich durch zu einem
etwas marode wirkenden Imbiss, in Form einer
XXL Bratwurst (die anderen Imbissstände sind
vergleichbar). „Einmal Curry-Pommes“ rufe ich
in mundgerechter Vorfreude und werde für 6
Euro aus meiner Tasche auch bedient. - was ich
allerdings serviert bekomme, ist alles andere
als verführerisch. Die geschmacksneutralen Discounter-Pommes, schwimmen in einem See aus
Instant-Curryketchup, garniert mit einer, nach
Friteusenfett schmeckenden Wurst - Bon appétit.
Wir, von der Metzgerei Dreymann, feilen nun seit
zwei Jahren am Konzept Bio-Imbiss und haben
uns über genau diese Dinge Gedanken gemacht.
Als wir 2009 mit einem kleinen, schlichten Imbissprototyp vor dem Hofladen und auf Wochenmärkten anfingen unsere handwerklich produzierten Bio-Currywürste, mit selbstgemachter
Bio-Currysauce an den Kunden zu bringen, waren wir sehr zufrieden mit der stetig steigenden
Nachfrage und positivem Feedback. Das allerdings haben wir auch erwartet, denn vor dem
Hofladen und auf Bio-Märkten sind hauptsächlich Menschen unterwegs, bei denen der Prozess
des Nachdenkens über das gesellschaftliche und
persönliche Konsumverhalten, mit positiver und
nachhaltiger Konsequenz, stattgefunden hat.
Welche unternehmerischen Ziele (außer dem
Umsatz) stecken hinter solch einem Imbissunternehmen? Braucht ein Imbiss so etwas überhaupt?
- denn es ist ja „nur“ ein Imbiss. Ich glaube dass
Problem liegt darin, dass wir Gewohnheitstiere
uns so schnell zufrieden geben und unseren Bedarf relativ blind und einfach möglichst schnell
Spannend war es, nach diesem positiven Start in
der eigenen Bioszene, zu erforschen wie wir uns
gegen die „Jahrmarkts-Currywurst“ >
Hofbericht
Freiwillige Feuerwehr
27
Hilfe es brennt!
A
m 22.11.11 kam es auf dem Hof zu einer
sehr „brenzligen“ Situation. Durch den
Brand eines benachbarten Holzschuppens, bestand akute Gefahr, dass auch der große
Rinderstall Feuer fängt.
Nur dadurch, dass die Freiwillige Feuerwehr
Wulfsdorf so schnell vor Ort war, konnte das
Übergreifen der Flammen verhindert werden.
Mit Hilfe der dann sehr zügig erschienenen Freiwilligen Feuerwehr Ahrensburg wurde das Feuer
effektiv gelöscht.
So wurde ein großer Schaden nicht nur von den
vielen Tieren im Stall, sondern auch an der großen Solarstrom-Anlage abgewendet.
Dieser Einsatz hat uns wieder ganz deutlich die
Wichtigkeit einer Feuerwehr vor Ort gezeigt.
Leider ist die Anzahl der Mitglieder in der Wulfsdorfer Wehr noch viel zu gering. Obwohl die
Anzahl der Bewohner in den letzten Jahren sehr
stark gestiegen ist, hat sich das zahlenmäßig
nicht auf die Besetzung der Feuerwehr ausgewirkt. Auch vom Gut Wulfsdorf sind erst seit
kürzerer Zeit drei Personen dabei. Wir hoffen,
dass dieses Ereignis manche Frau oder manchen
Mann dazu motiviert, über eine Mitgliedschaft in
unserer Feuerwehr nachzudenken. Denn je mehr
Menschen mitmachen, desto kleiner werden die
Handgriffe, die nötig sind, um den Laden laufen zu lassen, und desto sicherer ist es, dass im
Ernstfall genug Helfer vor Ort sind. |<
Frank Backhaus und Christian Marwedel
Fortsetzung: Innovation Currywurst
behaupten würden. Hierzu standen wir 2010
dann bei den „Hamburger Harley-Days“ inmitten
der archaischen Mitbewerberschaft und boten
unsere Bio-Currywurst mit Bio-Pommes an, - mit
mäßigem Erfolg. Der größte Teil der Rockermenge hatte sich, die von Farbstoff knackig, glänzende Schinkenwurst vom Schwenkgrill, mit genug Bier „schöngetrunken“ und blickte unserem
„fremdartigen“ Bio-Logo eher unsicher entgegen. Bei anderen Rockern wiederum konnten wir
mit tollem Geschmackserlebnis wertvolle Sympathie sammeln. Im Endeffekt haben wir dort
eher eine, über die Bioszene aufklärende Rolle
gespielt, als reine Verkäufer zu sein – auch ein
Erfolg.
Unsere Currywurst aber festigte ihren Umschlagplatz hauptsächlich auf unseren treuen BioMärkten und ausgesuchten Events, sodass wir
2011 in einen neuen Imbissanhänger investieren
konnten, der heute zu unserer vollsten Zufriedenheit funktioniert und neben Getränken, Currywurst und Pommes auch den nötigen Hauch
an Exklusivität bietet.
Abschließend kann man sagen, dass wir weiterhin unser Bestes geben, in Qualität, Geschmack
und Nachhaltigkeit, für Menschen, die mit Grips
konsumieren. |<
Josef Koning
GUT
WULFSDORF
28
Warum machen wir das hier so ?
Nutztiere halten und essen
B
ei uns werden viele landwirtschaftliche
Nutztiere gehalten, ca. 180 Rinder, 160
Schweine, 280 Gänse, ein paar Schafe,
Hühner und Tauben. Den meisten dieser Tiere
ist es vorbestimmt geschlachtet zu werden. So
ist das auf einem Bauernhof mit Tierhaltung.
Uns als Hofleuten ist das immer bewusst, unsere Besucher beschäftigen sich nur teilweise mit
dem Thema. Wenn man nicht unmittelbar damit
zu tun hat, verdrängt man es gerne. Das merke
ich an mir selbst und auch an den Reaktionen
von Besuchern und Nachbarn: Einmal wöchentlich fahren wir 6 bis 10 Schweine zum Schlachter
und 14-tägig 1 bis 2 Rinder. Da im Jahreslauf in
etwa so viele Jungtiere nachkommen, fällt das
nicht auf. Die Gänse dagegen kommen Ende Juni
als Junggänse und werden alle auf einmal geschlachtet, zu Weihnachten eben. Das rückt viel
deutlicher ins Bewusstsein.
Die Menschen unserer Umgebung freuen sich,
wie wir auch, an den Gänsen, wenn sie Morgens
im Pulk zur Weide getrieben werden, dort unter zunehmendem Geschrei den Sommer und
Herbst verbringen bis…zu einer Aktion im Morgengrauen. Dann sind sie alle weg – Stille. Öfter
werde ich ab Oktober angesprochen: „Die Gänse
tun mir leid, jetzt dauert es nicht mehr lange
bis…. .“ Das lässt mich nicht unberührt, zumal ich in den letzten Jahren immer dabei war,
wenn…. .die Gänse geschlachtet werden.
Andere Menschen reagieren anders: „Ich will
eine von diesen Gänsen, auch wenn sie teuer
sind, da weiß ich, wie sie gehalten wurden.“ Das Thema landwirtschaftliche Tierhaltung,
Massentierhaltung, Tiere töten und Fleischkonsum ist ein großes Spannungsfeld, das öffentlich
immer intensiver diskutiert wird. Auch ich mache mir Gedanken, habe mich ja auch vor vielen
Jahren entschieden Landwirtschaft zu meinem
Berufsfeld zu machen und arbeite schon lange
auf diesem Hof. Oft war ich mit dem Inhalt von
Berichten und Artikeln nicht ganz einverstanden,
fand sie zu kurz gegriffen, aber es gibt dermaßen viele Aspekte des Themas: ethische, gesellschaftliche, ökologische, spirituelle, historische,
wirtschaftliche, gesundheitliche etc. Sie alle zu
Ende zu denken und gegeneinander abzuwägen
ist ein riesiges Unterfangen. Ich beschränke mich auf den konkreten Fall
dieses Hofes und möchte die Frage: „Warum
machen wir das hier so? Wir könnten doch auch
viehlos wirtschaften.“ aus meiner persönlichen
Perspektive erläutern. Auch unter den Hofleuten
gibt es ein großes Meinungsspektrum, was sich
schon daran erkennen lässt, dass es hier z. B. bei den Beschäftigten in der Viehhaltung und in
der Gärtnerei jeweils Vegetarier und auch ausgesprochene Fleischfans gibt. Ich spreche also
nicht für uns, sondern für mich.
Warum halten wir Tiere?
Dieser Hof versucht ein landwirtschaftlicher
Organismus zu sein, will sagen ein Zusammenhang, in dem alle Betriebsteile zum Funktionieren der anderen beitragen. Die Wiederkäuer und
die Gänse gehören dazu, weil sie in der Lage
sind Gras zu verwerten und in Fleisch, Milch und
Dünger umzuwandeln. Die Schweine verwerten
im Idealfall Molke und Gemüseabfälle und fressen natürlich auch noch eine Menge Getreide.
Die Tiere tragen aber nicht nur durch ihre Funktion, sondern auch durch ihre Wesenhaftigkeit
zum Betrieb und zur Belebung der Landschaft
bei. Von den Tausenden von Menschen, die uns
jedes Jahr besuchen, wollen nur wenige das Getreide wachsen sehen, die meisten wollen die
Tiere erleben, vielleicht, weil das Wesen und die
Eigenart der Tiere sie berühren.
Trägt unsere Viehhaltung zur Mangelernährung der Weltbevölkerung bei?
Gerade habe ich wieder in einer Broschüre ohne
Quellenangabe gelesen, dass ein Fleisch essender Mensch 10 mal so viel landwirtschaftliche Fläche benötigt, wie ein Veganer. Ich mag
solche pauschalen Aussagen nicht, weil sie so
vieles unberücksichtig lassen (gilt das zum Beispiel auch für Alaska?) Zu unserem Hof gehören 100 ha Dauergrünland. Diese taugen nicht als Ackerfläche, weil sie zu
Hofbericht
29
feucht sind. Wenn sie keine Viehweiden wären,
könnte dort vielleicht Bruchwald wachsen, aber
in keinem Fall Weizen oder Eiweißfrüchte. Wenn
diese Flächen durch Tiere genutzt werden, reduziert sich nicht die Fläche zum Anbau von Feldfrüchten zur menschlichen Ernährung. Die Tiere
tragen durch ihren Mist sogar noch zur Pflanzenernährung auf den anderen Ackerflächen bei. Weiden und Kleegrasflächen dienen durch ihren
höheren Gehalt an organischer Substanz (ca. 5
%) auch wesentlich besser zur CO2-Speicherung,
als Äcker (ca. 1,5 %). Wenn man auf Viehhaltung verzichtet und nur
noch Ackerbau betreibt, muss man anders über
Düngung nachdenken, als beim Gemischtbetrieb
mit Tieren. Konventionelle Betriebe setzen energieaufwändig gebundenen Luftstickstoff ein
(Haber-Bosch-Verfahren). Biobetriebe, die viehlos wirtschaften (ca.20 %) düngen ihre Verkaufsfrüchte z. B. mit Pflanzenschroten aus Kleegras,
Lupinen etc. und durch die Einfuhr organischer
Dünger (z. B. Mist, Pilzkultursubstrate). Ein Teil
der Flächen wird dann nicht zur Ernährung von
Tieren oder Menschen, sondern zur Ernährung
der anderen Flächen, auf denen Verkaufsfrüchte
angebaut werden, verwendet. Bei der Massentierhaltung trifft es zu, dass
Tiere gefüttert werden, mit Produkten, die besser direkt der menschlichen Ernährung dienen
könnten. Bei einer maßvollen ökologischen Tier-
haltung trifft dies dagegen kaum zu da sich die
Tierzahl aus der Dauergrünlandfläche und der
standortspezifischen Fruchtfolge ergibt.
Schlachten:
Ein schwieriges Thema, aber es schwingt immer
mit, wenn man es nicht anspricht. Ich bin bei
Schlachtungen von Rindern, Schweinen und Geflügel dabei gewesen. Meine persönliches Fazit
ist, dass die Tiere vor allem darauf reagieren,
wie viel Stress gemacht wird. Der Tod eines
Tieres in freier Wildbahn durch Gewalt ist meist
davon begleitet, dass es gehetzt oder überrascht wird. Auf wildes Treiben und schlecht
koordiniertes Handeln der Menschen reagieren
die Tiere mit Panik. Geht es ruhig zu, erkennen
Schweine den Tod eines Artgenossen nicht als
das Schicksal, das sie gleich ereilen wird. Im
Gegenteil, sie schnuppern interessiert an Ohren und Klauen, die schon in der Schlachtküche
liegen. Gänse werden panisch, wenn man sie
packt. Beim Schlachten werden sie dann schnell
durch einen Schlag betäubt und ein Schnitt gesetzt, so dass sie in zwei bis drei Minuten ausbluten. Wichtig ist, dass die Menschen die hier
arbeiten nicht überlastet oder verroht sind. Weil
Geflügelschlachten vor Weihnachten für die Geflügelschlachter einen Dauereinsatz bedeutet,
sind wir immer mit eigenen Leuten dabei und
helfen. Das bringt Entlastung und Ruhe rein. |<
Martina Sträßer
GUT
WULFSDORF
30
Zu unseren Schweinen
zen neu vom Eber gedeckt. Die abgesetzten Ferkel kommen in die Vormast. Nach weiteren 7 bis
8 Wochen haben sie ein Gewicht von ca. 40 kg
erreicht und kommen in den Maststall. Bei einer
Tageszunahme von etwa 650 g brauchen sie nun
ca. 125 Tage bis sie ein angestrebtes Schlachtgewicht von 120 kg erreicht haben. Sie sind dann
230 – 260 Tage alt. Geschlachtet wiegen sie ca.
95 kg. Der reine Fleischanteil nach Abzug der
Knochen, Sehnen und Schwarte, etc. beträgt ca.
65 kg.
Gefüttert werden die Schweine mit eigenem
Getreide, hauptsächlich mit Gerste. Ein Drittel der Ration besteht aus Körnerleguminosen,
in der Regel Futtererbsen, Lupinen und Ackerbohnen. Das Futter bereiten wir mit einer Mahlund Mischanlage zwei bis dreimal wöchentlich selbst zu. Für ein Kilo Schweinefleisch werden
ca. 3 kg Getreide und 1,7 kg Körnerleguminosen verfüttert. Zusätzlich erhalten die Schweine
Grassilage, aussortiertes Gemüse und Molke aus
der Milchverarbeitung. Der Mist von Schweinen
wird überwiegend in stark verrotteter Form als
Dünger auf dem Gemüseacker verwendet. Er
enthält viel Kalium.
S
chweine sind aufgeweckte und neugierige
Tiere. Sie sind sehr ungeduldig und schreien, um schnell ihr Futter zu bekommen. Mit ihrer aktiven Wesensart bringen sie etwas
ganz anderes in die Hofatmosphäre hinein, als
die stoisch-melancholischen Rinder. Auch ihr Geruch ist unverkennbar, mir persönlich meist zu
intensiv. In ihrer Nähe stinkt’s.
Ursprünglich als Resteverwerter, in geringer
Tierzahl, zur Abrundung des Hoforganismus gehalten, kommt ihnen jetzt eine weit größere Bedeutung zu. Die Fleischerei auf dem Hof braucht
in der Regel wöchentlich 8 Schweine, in Zukunft
wohl auch oft 12. Darauf stellen wir uns ein.
Eine Sau gebärt im Jahr ca. 2 bis 2,2 mal 8 bis 12
Ferkel. Diese säugen dann ca. 7 bis 8 Wochen
bei der Sau. Dann werden sie abgesetzt. Die Sau
wird schon nach 5 bis 7 Tagen nach dem Abset-
Der Beitrag der Schweinehaltung zum Betriebsgewinn ist vergleichsweise gering. Wirtschaftlichkeitsberechnungen liegen in einer Größenordnung von 15 bis 25 € Gewinn pro Mastschwein
nach Abzug aller Kosten. Üblicherweise wird
rechnerisch zwischen Ferkelerzeugung (Sauenhaltung) und Mast unterschieden. Die Mast beginnt ab 30 kg Lebendgewicht der Ferkel. In der
Mast liegt der Zeitaufwand bei 1,5 Stunden pro
Tier für die ganze Mastphase von ca.140 Tagen.
Braucht ein Betrieb eine halbe Stunde länger pro
Tier, das entspricht täglich 38 Sekunden, so verringert sich der Gewinnbeitrag um ca. 7,50 €.
Zeit bedeutet natürlich auch Tierzuwendung.
Nur bei guter Arbeitsorganisation und Aufmerksamkeit in der Begegnung mit dem Tier ist ein,
wenn auch geringer, Beitrag zum Betriebsgewinn zu erzielen. |<
Georg Lutz
Hofbericht
Spargel
31
Im nächsten Jahr ist es so weit!
K
ein anderes Gemüse wird im Frühjahr so
sehnsüchtig erwartet wie der Spargel (Asparagus). Nach drei Jahren Vorbereitungszeit ist es im Frühjahr 2012 so weit. Der erste
Gut-Wulfsdorf-Spargel aus eigenem Anbau wird
gestochen.
Den Gedanken, Spargel anzubauen auf Gut
Wulfsdorf, hegte ich schon sehr lange. Meine
Meisterarbeit hatte ich schon über Spargelanbau und Direktvermarktung geschrieben und
habe immer gehofft, die theoretische Planung
in der Meisterarbeit, auch mal in die Praxis umzusetzen. Nachdem sich die Märkte nach Jahren
des Aufbaus zu einem stabilen und stetigen
Betriebszweig entwickelt haben, bleibt mir dadurch jetzt mehr Zeit, mich dem Projekt Spargelanbau zu widmen. Wenn man sich für den Spargelanbau entscheidet, legt man sich für acht bis zehn Jahre fest.
Erhebliche langfristige Investitionen in eine Dauerkultur müssen getätigt werden. Allein einen
Hektar vorzubereiten und Spargel anzupflanzen kostet 10.000 Euro. Dann müssen noch diverse Maschinen zur Pflege, Aufbereitung und
Kühlung angeschafft werden. Umso sorgfältiger
muss die Vorbereitung sein, denn die Fehler, die
in den ersten Jahren gemacht werden, können
in den folgenden Jahren Auswirkungen auf Qualität und Ertrag und sogar auf die Lebensdauer
der Anlage haben.
Bevor der Spargel auf einer Fläche angepflanzt
werden kann, muss die Fläche vorbereitet werden. Zweimal wird sie mit Gründünger aufgebessert. Dazu kommt noch Stallmist, der mit
der Gründüngung tief in den Boden eingearbeitet und vermischt wird. Im Jahr darauf wird der
Spargel Anfang April mit einer Pflanzmaschine
in einem Reihenabstand von zwei Metern gepflanzt. Es kommen 15.000 Pflanzen auf den
Hektar, wobei es sich um Speicherwurzeln mit
der Krone handelt, die in die Erde abgelegt werden. Beim Pflanzen wurden gleichzeitig Tröpfchenschläuche unter die Spargelpflanze mit eingelegt, um später den Spargel wassersparend
bewässern zu können. Im Pflanzjahr und im darauf folgenden Jahr wird der Spargel nicht gestochen. In dieser Zeit bildet er seine Speicherwurzeln aus und lagert darin Nährstoffe ein. Auch
wenn der Spargel noch nicht gestochen wird,
gibt es einige Pflegearbeiten, die im Laufe des
Jahres erledigt werden. Es muss mehrfach das
Beikraut reguliert werden, mit der Hand oder mit
der Maschine. Dann sind von den Außenreihen
her Spargelkäfer aufgetaucht, die abgesammelt
werden mussten. Jetzt im zweiten Standjahr haben sich die Spargelpflanzen gut entwickelt. Das
macht Mut für das kommende Jahr, wenn er das
erste Mal gestochen wird. Ich bin schon ganz gespannt auf die Ernte und freue mich, den ersten
Gut-Wulfsdorf-Spargel aus eigenem Anbau auf
den Märkten anzubieten. |<
Volker Andresen
GUT
WULFSDORF
32
Das Wachstum der Pflanzen
Kompost
S
eit vielen Jahren beschäftigen sich die Menschen mit den offensichtlichen und noch ausstehenden Klimaveränderungen. Dabei
wird immer deutlicher, wie große Auswirkungen
unser tägliches Handeln hat und wie sehr alles
mit allem zusammenhängt. Eine Kuh ist nicht
nur ein erfreulicher Milchspender sondern auch
ein rülpsender Klimakiller. Jede Pflanze, die wir
in die Erde setzen und herausziehen wirkt auf
die Umgebung. Durch unsere Ernährung und
die dazu notwendige Landwirtschaft sind wir
verbunden mit allen anderen Menschen und unserer gemeinsamen Zukunft.
Auch in der Landwirtschaft entstehen Abgase,
die zur Klimaveränderung beitragen. Immer
wenn man etwas verwandelt, entstehen auch
Abfallprodukte. Die Kuh verwandelt Gras in
Milch. Dabei muss sie ab und zu rülpsen und
scheidet Mist aus. Der Bauer verwandelt den
Mist in Humus und damit in Nahrungspflanzen.
Dabei werden u. a. Stickstoffverbindungen frei,
die als klimaschädlich bekannt sind. Das lässt
sich nicht ganz vermeiden, ist aber sehr viel weniger, als beim Einsatz von chemischem Dünger
entsteht, abgesehen von dem sehr viel geringeren Energieaufwand.
Es sind aber auch viele kleine Dinge, mit denen man Positives oder Negatives bewirken
kann. Ich habe mich der Kompostherstellung
aus Pflanzenabfällen gewidmet. Die Umwandlung und Verwertung der vielen pflanzlichen
und tierischen Abfallprodukte spielt in der biologischen Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Gerade, wenn man sich in die biologisch-dynamische Anbaumethode vertieft, kann man viele
Anregungen finden, wie wir gesunde Pflanzen
und Tiere haben können und gleichzeitig das
Klima möglichst wenig belasten. Dazu gibt es
viele Forschungs- und Erfahrungsberichte.
In den 10 Jahren, in denen ich die Kompostherstellung betreibe, habe ich erlebt, dass das
Wachstum der Pflanzen jedes Jahr anders ist.
Ich habe viel dazu gelernt und nehme die fortschreitende Entwicklung und Veränderung wahr.
Die Faktoren, mit denen ich an den Kompostmieten arbeite sind: Größe, Zusammensetzung,
Abdeckung und Pflege durch Wässern. Es gilt
dieses Zusammenspiel zusammen mit dem Faktor Wetter wahrzunehmen und zu verfeinern,
wobei sich meine Grundmethode über die Jahre
bewährt hat.
Ein Ergebnis können Sie in der warmen Jahreszeit immer vor dem Hofladen sehen. Das sind
die Zierstauden und Kräuter, die auf den Haufen
wachsen. Manche Hobby-Gärtner kaufen auch
die fertige Erde (innerhalb von 6 bis >
Hofbericht
Energieversorgung
33
Photovoltaik
A
ußerhalb des eigentlichen Hofgeländes in
Richtung Norden, angrenzend an unsere
Kartoffelscheune, ist 2010 eine 900 m²
große Gemüse- und Maschinenhalle errichtet
worden. Zwei Kühlräume mit einem Fassungsvermögen von zusammen 400 Großkisten bieten nun optimale Lagerbedingungen für 120 to
Lagergemüse und die Samenträger aus der Gemüsezüchtung. Die Gestaltung des Außengeländes ist noch nicht abgeschlossen.
zu reduzieren. Der PV-Markt hat sich aber weit
lebhafter entwickelt, als ursprünglich erwartet.
In der Folge wurde die Einspeisevergütung in
den vergangenen Jahren viel stärker reduziert.
Strom aus PV-Anlagen wird immer günstiger
produziert. Für die im Dezember 2007 in Betrieb
genommene Anlage haben wir netto ca. 4.000
€/kW Leistung bezahlt und erhalten eine Vergütung von 49,21 Cent/kW. Die in 2011 errichtete
Anlage hat „nur“ noch ca. 2170 €/kW Leistung
Ob dies noch bis zum Frühjahr gelingt, ist ungewiss. Die Südseite des Daches wurde mit einer Photovoltaikanlage belegt, die eine Leistung
von 60 kW hat und ca. 55.000 Kilowattstunden
Strom pro Jahr erzeugt. Ein Teil davon wird direkt in der Halle und in der angrenzenden Getreide- und Kartoffelscheune verbraucht. Der
Hauptteil wird ins öffentliche Netz eingespeist.
Dies ist nun unsere dritte Anlage. Im Dezember
2007 ging unsere erste Anlage in Betrieb. Die
Einspeisevergütung wird ab Inbetriebnahme für
20 Jahre garantiert. Im Erneuerbare-EnergienGesetz war ursprünglich angedacht die Einspeisevergütung für neue Anlagen jährlich um 5 %
Fortsetzung: Kompost
9 Monaten herangereift), die fast aussieht wie
Blumenerde, aber keinen Torf enthält.
Zusätzlich zur Komposterde und den Pflanzen
ist auf dem Gut Wulfsdorf noch etwas Überraschendes entstanden, mit dem ich selbst nicht
gerechnet habe. Das war zunächst eine Ich-AG
(als es das noch gab). Allmählich wurde meine
selbständige Gärtnerei daraus. Wahrscheinlich
die kleinste Vollerwerbsgärtnerei ohne Gewächshäuser überhaupt.
gekostet. Die Einspeisevergütung wurde innerhalb der 4 Jahre auf 28,05 Cent/kW reduziert,
das heißt, sie ist im Vergleich zu 2007 fast halbiert worden. Dennoch hat die Rendite der neuen Anlage eine ähnliche Größenordnung von ca.
6 – 7 % des eingesetzten Kapitals, da der Anlagenpreis sich ebenfalls fast halbiert hat. Die
Anlage ist zu 90 % mit Fremdkapital finanziert
worden. Der Hauptteil der Verzinsung kommt
somit erstmal der Bank zugute.
Hier kann man eine Existenzgründung ohne
Startkapital auf nicht mehr als 1000 m² anschauen und möglichst nachmachen. |<
In den Folgejahren wird die Einspeisevergütung
weiter stark sinken. Die Anlagenpreise aber
ebenfalls. Wir werden noch weitere Anlagen errichten. Bisher decken die drei Anlagen ca. 2/3
unsers Stromverbrauchs. Laut Berechnung der
Installationsfirmen werden ca. 85.000 kg CO2Emission jährlich eingespart, was einer Kilometerleistung von 500.000 bei einem PKW mit 170
g CO2/k entspricht. |<
Harro Tiede
Georg Lutz
GUT
WULFSDORF
34
Gleich nach den Ferien der Kartoffeltag
Was wäre ein Tag ohne Abwasch?
N
atürlich schreibe ich etwas für unseren
Hofbericht, sagte ich vor einigen Wochen.
Aber wovon möchte ich denn berichten?
Soll es sich um diesen berühmten Kartoffeltag
handeln?
Oder… von meinem Urlaub in Salecina, meinen
Sommerferien in der Schweiz? Mit kochendem
Motor auf dem Julierpass, wobei mich beim Versuch weiterzukommen eine Schweizer Kuhherde
verständnisvoll beobachtete. Meine Freundin
war weniger verständnisvoll.
Wir waren auf dem Weg zu einem selbst verwalteten Tagungshaus, um an einem kritischen Europaseminar teilzunehmen. Europa macht sich
nämlich ganz schön dick und groß, zum Beispiel
den Afrikanern gegenüber. Dazu lasen wir eine
Woche lang Texte, hörten Erfahrungsberichte
und diskutierten miteinander.
Die Unterkunft ist selbst verwaltet, was bedeutet, dass dort von den Gästen selbst geputzt und
gekocht wird. So lernt man auf spielerische Art
die anderen Gäste kennen, spart Franken und logiert in einer umwerfenden Berglandschaft. Von
der Hintertür aus konnten wir in Tagesmärschen
Berge besteigen oder Gletscher erreichen.
Gleich nach den Ferien stand der Kartoffeltag
vor der Tür. Ein Event, das doch in gewissem
Maße den ganzen Hof in Aufregung versetzt.
Auf jeden Fall ist es ein total gutes Gefühl, so
viele Leute empfangen zu dürfen und von so
vielen Leuten Hilfe zu bekommen – von unseren
lieben Nachbarn von Allmende und Wilde Rosen,
Hofbericht
35
wird aber schon etwas höher in der Spülküche,
je mehr Menschen auf Gut Wulfsdorf eintreffen.
Es herrscht eine feuchtfröhliche Stimmung, bei
der man tut, was man kann. Es ist so feucht,
dass Gummistiefel und Plastikschürzen keine
schlechte Ausrüstung sind. Wird der Boden der
Spülküche allerdings zu nass, kann es wiederum
auch sein, dass es mit den Gummistiefeln etwas
rutschig wird.
Eltern aus der Farmsener Waldorfschule und von
wer weiß wem allem - ein richtiges Volksfest.
So langsam werden wir auch, hmm, recht professionell, bleiben ruhig bei den Vorbereitungen
und gehen das Fest gelassen an. Naja, ein großes
Stück Organisation geht auf das Konto von Martina und Elisabeth. Wir brauchen eigentlich nur
noch den Hof zu fegen, Tische aufzustellen oder
den ganzen Tag den Abwasch zu machen.
Dieses Abwaschen ist der Hit. Den ganzen langen lieben Kartoffeltag wird schmutziges Geschirr von einem speziellen Sammelteam unkoordiniert in die Küche hinein getragen. Unsere
Aufgabe ist es dann dies von Essensresten, Servietten und Senf zu befreien und schnellstens
durch die Spülmaschine zu befördern, weil das
genannte Sammelteam dauernd nach sauberen
Sachen schreit - uns anschreit… äh, das wollte
ich natürlich nicht sagen. Der Geräuschpegel
Vorsicht ist geboten, denn das Geschirr will fein
säuberlich sortiert, heile und trocken die Küche
schnellstens wieder verlassen. Denn wer will
schon sein Würstchen vom Kuchenteller essen.
So ist es auch wichtig, dass alle ihren Platz und
ihre Aufgabe kennen, denn diese verlangt eine
Detailkompetenz. Wer gerade Teller spült sollte
also nicht die Tassen sortieren und wer Servietten entsorgt, nicht die Spülmaschine bestücken.
Tut mensch es doch, entsteht genau der lustige
Reigen, der Spülen auf dem Hoffest bedeutet
und attraktiv macht.
An dieser Stelle einen herzlichen Dank den Waldorfeltern, die den ganzen Tag abgetrocknet haben. Wir und hoffentlich alle Leser/innen sehen
dem nächsten Kartoffeltag 2012 sehnsüchtig
entgegen. |<
Kontakt Tagungshaus: www.salecina.ch
Jan Koning und Anya Getrost
GUT
WULFSDORF
36
Initiativkreis Gut Wulfsdorf e.V.
Hofführungen
I
m Auftrag des gemeinnützigen Vereins „Initiativkreis Gut Wulfsdorf e.V.“ erkunden wir seit
März 2011 mit verschiedenen Kinder- und Erwachsenengruppen den Hof, die Ställe, Wiesen
und Felder.
Erika Becker:
„Als Sozialpädagogin und selbst auf dem Bauernhof aufgewachsen, habe ich in meiner beruflichen Tätigkeit in der Kindertagesstätte immer
viel Wert darauf gelegt, den Kindern die Praxis
der ökologische Landwirtschaft bei unseren Besuchen auf dem Gut Wulfsdorf zu zeigen und sie
möglichst viel erleben zu lassen.
Ich freue mich sehr, nun als Hofführerin dies mit
vielen Menschen weiter tun zu können.“
Barbara Thormählen:
„Für die Entwicklung des Ökotourismus viele
Jahre im Ausland unterwegs, übten seit meiner
Rückkehr nach Hamburg das Gut Wulfsdorf und
seine nähere Umgebung eine starke Anziehungskraft auf mich aus. Ich empfinde es als großes
Glück in unmittelbarer Nachbarschaft des Gutes
zu leben und freue mich besonders, dass meine
zwei kleinen Kinder hier aufwachsen können.
Mir ist es eine Herzensangelegenheit, bei vielen Kindern und Erwachsenen das Interesse für
einen wertschätzenden und respektvollen Umgang mit Nutztieren und für die nachhaltige biologisch-dynamische Landwirtschaft zu wecken.“
Susanne Orosz:
„Ich bin Kinder- und Jugendbuchautorin, und
es ist mir sehr daran gelegen, nun auch in direkter Erfahrung, Kindern und Jugendlichen,
die Bedeutung gesunder Ernährung und biologischer Landwirtschaft zu vermitteln.
Bei den Hofführungen freue ich mich über die
Wissbegier, Spontaneität und Begeisterungsfähigkeit der Kinder, die sich besonders zeigt,
wenn wir gemeinsam Antworten auf ihre Fragen
finden, sie etwas tun können und die hier erzeugten Produkte probieren dürfen.“
schaft mit behinderten Menschen gearbeitet.
Nachdem ich dann beruflich ganz auf die Arbeit
mit Kindern- und Jugendliche umgesattelt habe,
ging mir der direkte Bezug zur Landwirtschaft
leider etwas verloren.
Es gefällt mir sehr, nun wieder auf einem Bauernhof unterwegs sein zu können und Fragen
wie: „Fressen die Gänse auch Kartoffeln?“ zu beantworten.“
Direkte Begegnungen mit Kühen, Schweinen,
Schafen, Hund und Huhn sind aus allernächster
Nähe möglich und manche BesucherInnen sind
erstaunt: eine Kuh frisst 100 kg Gras am Tag,
Schweine halten ihren Schlafplatz im Stall blitzsauber, Schafen schmeckt in der Hand gereichter gequetschter Hafer sehr gut....
Wir erklären wie die Kühe im Melkstand gemolken werden und was mit ihrer Milch geschieht,
erzählen welches Futter wir für die Mastschweine
anbauen, wozu der Mist unserer Tiere gebraucht
wird, was die biologisch-dynamischen Präparate
bewirken.....
In der Holzofenbäckerei gibt es frische,
noch warme Brötchen zu essen, im Herbst buddeln wir gemeinsam Kartoffeln aus, ernten Möhren und anderes Gemüse.
Im Rinderstall riechen wir am „Sauerkraut“, der
Silage, für die Kühe und Ochsen und helfen beim
Füttern....
Im vergangenen Jahr waren wir mit einer großen Zahl von Gruppen unterwegs und haben das
Gut Wulfsdorf gemeinsam erkundet, Wissen und
Erfahrungen mit unseren BesucherInnen ausgetauscht, erweitert und gefestigt, was allen großen Spaß gemacht hat.
Wir freuen uns auf die Führungen im nächsten
Jahr! |<
Das Hofführungsteam
Dorothea Gründel:
„Nach Abschluss des Agrarbiologie-Studiums
habe ich viele Jahre in der praktischen Landwirt-
Hofbericht
37
GUT
WULFSDORF
38
Der Werdegang zur Skulptur
Arbeit am Stein
erkennen. Vorstellungen entwickeln, wie sich
Ansichten verändern. Nun liegt die Arbeit darin
abzuschlagen, was zu viel ist. Währenddessen
immer wieder die Stellen „schön“ machen, z.B.
mit einem Stockhammer. Das entspannt den
Blick und hilft wieder Übersicht zu schaffen. Mutig Flächen schaffen, Schlag um Schlag. Dazu
die Flächen „spannen“, nach innen gebogen,
von oben nach unten und seitwärts. Wichtig dabei, die Dominanz eines Teiles verringern. Also
immer wieder betrachten, schauen was ich ge-
E
ndlich wieder im Atelier. Mit Spannung und
Freude erblicke ich den Stein. Ein sonnendurchfluteter Tag, frühlingshafte Wärme.
Schafe und kleinste Lämmer auf der Wiese. Aus
dem Winterschlaf kommt der Stein, das Werkzeug. Die „Arbeitskluft“ ist noch eiskalt. Der Arbeitsplatz wird eingerichtet.
Innehalten, wie ist der Werdegang zur Skulptur. 1. Betrachten 2. Beschreiben 3. Empfinden.
Arbeitsgänge erfolgen. Der Spitzmeißel findet
die (grobe) Form. Mit dem Zahneisen reduziert sich die Schlagkraft, um die Flächen feiner
wahrzunehmen. Kanten werden mit dem Fischgrätschlag klarer herausgearbeitet – von außen nach innen – die Spitzen zeigen zur Fläche,
sonst springt etwas ab, was nicht gewollt war.
Methodisches Vorgehen und sich daran halten
entscheidet über die Arbeitsweise. Übung bringt
langfristig gute Ergebnisse. Klarheit und Gestaltung durch das Setzen der Grenzen - der Kanten.
Dadurch gibt es Vorgaben oder ich gebe die Vorgaben. Eine Vorstellung über die Skulptur entsteht. Ich finde eine Orientierung an die ich mich
halte, Schlag um Schlag. Verliere mich nicht im
Hin und Her. Werden die Kanten gesetzt, entstehen Flächen, die sich ergeben. Verändere ich
eine Seite, hat das Einfluss auf das Geschehen
auf der anderen Seite. Die Dreidimensionalität
macht habe, empfinden, wie der Stein auf mich
wirkt. Wieder setze ich mir neue Ziele, dadurch
verändert sich die Skulptur. Die Arbeitsschritte
wiederholen sich solange bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Dann heißt es die Oberflächen glätten/ schmirgeln, einen Sockel zu finden und den richtigen Platz. |<
Astrid Köhn
Kontakt Bildhauerwerkstatt:
Georg Weimer
www.georgweimer.de
oder 0179-59 88 413
Hofbericht
Was kommt ?
39
Ausblick
I
n meinen Beiträgen habe ich (viel) über Geld,
Rendite und Wirtschaftlichkeit geschrieben.
Wie ich berichtet habe, wurde von einem
Hamburger Senator entschieden, das Gut zu
verkaufen. Daraufhin haben wir überlegt, unter
welchen Umständen wir den Betrieb erwerben
könnten und begonnen, an einer alternativen
Eigentümerstruktur zu arbeiten. Die Gründung
einer Bürger-Aktiengesellschaft war dabei ein
Schwerpunkt der Überlegungen. Menschen, mit
denen ich darüber im Gespräch war hatten viel
Interesse sich zu beteiligen. Gerade vor dem
Hintergrund der „Finanz- und Schuldenkrise“ haben immer mehr Menschen das Bedürfnis selbst
Verantwortung für ihr Kapital zu übernehmen,
anstatt es für unüberschaubare Bankgeschäfte
zur Verfügung zu stellen. Nach dem politischen
Wechsel hat sich die Stadt Hamburg nun gegen
den Verkauf entschieden, die Idee der BürgerAktengesellschaft lässt mich dennoch nicht ganz
los. Vom Zeitdruck entlastet, gilt es zu entscheiden, ob dieser Ansatz entwicklungsfähig ist.
Unser (im letzten Hofbericht erwähntes) Interesse an Privatdarlehen, fand einen Zuspruch, der
jenseits unserer Vorstellungen lag. In gewissem
Umfang haben wir auch weiterhin Interesse, auf
der Basis einer jährlichen Verzinsung durch Einkaufsgutscheine in Höhe von 5 % des Darlehensbetrages.
In den vergangenen Jahren waren wir, neben
dem laufenden Betrieb, sehr im äußeren Umkreis des Hofes tätig. Das waren vor allem Garten- und Landschaftsbauarbeiten für die Wohn-
projekte Allmende-Wulfsdorf und Wilde Rosen,
sowie der Umbau zweier dort stehender Altgebäude zu Wohnraum für Hofmitarbeiter und vermietbaren Räumen.
Für die kommende Zeit werden wir uns mehr den
Innenräumen unseres Hoforganismus widmen.
Dazu zählen:
* Renovierungsarbeiten am Haupthaus
* Umgestaltungen im Hofladen mit dem Schwerpunkt der Erweiterung des Frischesortiments
* Gestaltung der Organisationsstruktur auf Basis der Frage: Was ist schon vorhanden und was
braucht es darüber hinaus, für die hier tätigen
Menschen, um sich und ihr Tun im Hofganzen
wieder zu finden?
* Die Bedeutung unseres großen ökologischen
Betriebes für die Natur und die Umwelt weiter
erhöhen. Ökologische Landwirtschaft ist schon
aus sich heraus ein guter Beitrag gegen das weitere Artensterben. Dennoch kann durch die gezielte Schaffung von spezifischen Biotopen und
deren Vernetzung noch weit mehr für die heimische Flora und Fauna getan werden.
* Für mich persönlich das Arbeitspensum reduzieren, ausgedehnter Urlaub machen, mir Zeit
für die eigene Innenschau nehmen. |<
Georg Lutz
www.gutwulfsdorf.de
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