Risiko für Canyoningretter Neuer Lehrgang
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Risiko für Canyoningretter Neuer Lehrgang
16 www.bergrettung-tirol.com Juni 2010 Mitgliedermagazin der Bergrettung Tirol Risiko für Canyoningretter Notwendige Spülungen durch Kraftwerksbetreiber können eine zusätzliche Gefahrenquelle für die Retter bilden. Neuer Lehrgang Bergrettung und BFI Tirol starten die Ausbildung zum Pistenrettungs- und Sicherheitsfachmann. P. b.b. 06Z037051M 6410 Telfs Editorial Inhalt 6 Sicherheit Experten und Touristiker trafen einander beim ersten Pitztaler Sicherheitstag zum Erfahrungsaustausch. Die Zuschauer sahen eine erfolgreiche Leistungsschau der Bergrettung. 8 Schulung mit System Module für spezielle Einsatzarten werden nicht nur in Tirol genutzt. Interesse dafür melden auch ausländische Rettungsorganisationen an. Liebe Bergretterinnen und Bergretter! Unser langjähriger Landesarzt Dr. Hermann Köhle hat bei der letzten Landesversammlung sein Amt aus Zeitgründen zurückgelegt. Wir wollen uns auf diesem Weg für seine langjährige Mitarbeit und sein Engagement bedanken. Mit Dr. Jutta Wechselberger und Primar Dr. Willi Furtwängler hat die Bergrettung Tirol ein neues Führungsteam im Sanitätswesen, einem wichtigen Modul unserer Aus- und Weiterbildung. Auf gute Zusammenarbeit und Danke für die Bereitschaft! Die Bergrettung Tirol hat durch die ATV-Serie „Die Bergrettung“ viel Zuspruch in der Bevölkerung erhalten, dazu sei allen Akteuren und Mitwirkenden Dank zu sagen. Dieses positive Image sollte in Zukunft beibehalten werden, dazu gehören vor allem professionelles Auftreten sowie eine fundierte Aus- und Weiterbildung. Die derzeitigen Satzungen werden wie bekannt überarbeitet, da einige Punkte davon nicht mehr mit dem Vereinsgesetz und der Geschäftsordnung übereinstimmen. Wie mancherorts kolportiert wurde, sollen die Ortsstellen dadurch Nachteile erhalten. Dies ist jedoch, das können wir versichern, nicht die Absicht der Statutenkommission. Allen Bergretterinnen und Bergrettern wünschen wir einen schönen Bergsommer! Auf weiterhin gute Kameradschaft 9 Lawinensuche Eine in der Schweiz entwickelte Sicherheitsweste schirmt unerwünschte Reflexionen und Frequenzüberlagerungen bei der Suche nach Vermissten ab. 11 Recht Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nach einem Unfall mit einem Skidoo sorgte für Aufregung. Anlass für einen genaueren Blick auf das Urteil und die Gesetzeslage. 13 Porträt Johanna Ernst ist die jüngste Weltmeisterin in der Geschichte des Sportkletterns. Seit kurzem ist die Wahltirolerin auch Mitglied der Bergrettung Tirol. 17 Ausrüstung Gemeinsam mit Millet wurden eine Boulderhose und ein dazu passender Magnesiabeutel im Bergrettungs-Design entwickelt. 18 Ausbildung Bergrettung und BFI Tirol starten im Herbst mit dem neuen Lehrgang zum Pistenrettungs- und Sicherheitsfachmann. 20 Aus den Ortsstellen Beim Pfunds-Kerle-Fest im August findet ein internationales Bergrettungstreffen statt. Ein Erfolg war das Alplrennen der Ortsstelle Telfs. Kurt Nairz Peter Veider Landesleiter Bergrettung Tirol Geschäftsführer Bergrettung Tirol 21 International Ein Team der griechischen Bergrettung war wieder im Jamtal, um neueste Techniken und Materialien kennen zu lernen. Impressum BERGretter – Mitgliedermagazin der Bergrettung Tirol, Juni 2010 Herausgeber und Medieninhaber: Bergrettung Tirol, Florianistraße 2, 6410 Telfs, Tel. 05262/64140, E-Mail: [email protected] Produktion: Christa Hofer/Medienraum Redaktion: Christa Hofer, Peter Veider; Norbert Hofer, Birgita Juen, Alex Riml, Viktoria Veider Foto Titelseite: Peter Veider Fotos Seite 2: Bergrettung Tirol, Christoph Bierbaumer Grafik: Frisch Grafik Druck: Athesia Druck GmbH, Exlgasse 20, 6020 Innsbruck. Anschrift für alle: Bergrettung Tirol, Florianistraße 2, 6410 Telfs, Tel. 05262/64140. 2 Tirol canyoning Erhöhtes Risiko für Canyoningretter Notwendige Spülungen durch Kraftwerksbetreiber können in Schluchten eine zusätzliche Gefahrenquelle für die Retter darstellen. Dies muss bei der Einsatzplanung entsprechend berücksichtigt werden. Text: Alex Riml | Fotos: Alex Riml, Peter Veider, Archiv Tirol 3 canyoning Bergungen aus Canyoningschluchten sind aufwändig. Die Retter müssen nicht nur über spezielle Kenntnisse verfügen, sondern auch äußere Gefahrenelemente berücksichtigen. Canyoning gehört seit einigen Jahren zu den boomenden Sommersportarten. Hunderte Personen begehen zum Beispiel allein an einem Wochenende so manche Schlucht im Ötztal. Für die Bergretter bedeutet dies auch mehr Einsätze. Rettungsaktionen, für die sie besondere Kenntnisse benötigen und daher entsprechend ausgebildet sein müssen. Aber nicht nur eine spezielle Seil- und Sicherungstechnik ist für Bergeaktionen in den Schluchten nötig. Äußere Umstände müssen ebenso berücksichtigt werden. Dazu gehören die notwendigen Spülungen durch Kraftwerksbetreiber. Diese können in Schluchten eine zusätzliche Gefahrenquelle für die Retter darstellen, was bei der Einsatzplanung entsprechend berücksichtigt werden muss. Trotz dieser sehr gut funktionierenden Systeme gibt es immer noch ein erhöhtes Restrisiko für alle Canyoningretter, da ein Kraftwerksbetreiber im Notfall (Gewitter, Maschinenausfall usw.) nicht einfach die zum Schutz des Kraftwerks installierten Automatiksysteme abstellen kann. Deshalb muss ein Einsatzleiter bei einem Canyoningunfall in einer Schlucht, in der durch ein Kraftwerk Teile des Wassers entnommen werden, immer zuerst Verbindung mit dem Betreiber aufnehmen. Erst nach die- Gemeinsame Lösung In Tirol ist nicht nur der Neubau vieler Kraftwerke noch nicht ganz geregelt, sondern zum Teil auch die für den Kraftwerksbetreiber notwendigen Spülungen. Durch diesen Umstand setzen sich Bergretter bei einem Canyoningunfall oft unwissentlich einem erhöhten Risiko aus. In vielen Gebieten Tirols, in denen der Canyoningsport touristisch sehr intensiv betrieben wird, haben betroffene Ortsstellen und ansässige Outdoorfirmen mit den zuständigen Kraftwerksbetreibern eine für beide Seiten tragbare Lösung gefunden. Es werden zum Teil notwendige Spülungen in den Nachtstunden durchgeführt oder es gibt frühzeitige Warnungen an zuvor besprochene Organisationen (Firmen, Bergsportführerverbände, Tourismusverbände, Ortsstellen usw.), die anschließend diese Meldungen großflächig verteilen. 4 Tirol Plötzlich heranrauschende Wassermassen bedeuten für Schluchtenwanderer und Bergemannschaften Lebensgefahr. Die enorme Wucht des Schwalls wird oft unterschätzt, was fatale Folgen haben kann. canyoning sem wichtigen Schritt kann ein Einsatzleiter seine Bergetrupps entweder sofort losschicken oder zu einem späteren Zeitpunkt mit der Bergung beginnen, um die Rettungsmannschaft nicht zu gefährden. In einigen Canyoningrouten hat man sogar damit begonnen, so genannte Evakuierungsstände einzurichten, damit sich eine Gruppe im Notfall in Sicherheit bringen und somit auf die Bergung warten kann. Ideale Lösung im Tessin Wünschenswert wäre jedoch eine Lösung wie im Tessin. Dort gibt es bei jeder gefassten Canyoningtour beim Ein- oder Ausstieg eine Notfall-Hotline, die es dem Schluchtenwanderer vor dem Einstieg in die Tour ermöglicht, die neuesten Infos über die derzeitige Situation zu erhalten. Durch diese zentral gesteuerte InfoQuelle wurden in diesem Gebiet verschiedene Missverständnisse optimal gelöst. Bergretter_11_06 13.11.2007 8:56 Uhr Seite 1 zur person Alex Riml ist Bergretter und leitet im Auftrag des Tiroler Bergsportführerverbandes seit einigen Jahren die Ausbildung zum autorisierten Canyoning- und Schluchtenführer. Gleichzeitig ist er Ausbilder für die Tiroler Bergrettung und den Österreichischen Bergführerverband. Von Alex Riml stammt auch das Lehrbuch „Seil- und Sicherungstechnik Canyoning“ (2008). PA R T N E R FÜR PROFIS w w w . r o c k - s n a k e . c o m Tirol 5 sicherheit Der von Salewa-Dynafit in Kooperation mit der Tirol Werbung und der Tiroler Bergrettung entwickelte Multifunktionshelm wurde den Besuchern des Sicherheitstages präsentiert. Aus einem Lawinenkegel wurden von der Bergrettung Tirol unter Anwendung der verschiedenen Such- und Ortungstechniken drei „Verschüttete“ geborgen. Erfolgreiche Leistungsschau der Tiroler Bergrettung Experten und Touristiker trafen einander beim ersten Pitztaler Sicherheitstag zum Erfahrungsaustausch. Text: Christa Hofer | Fotos: Willi Krüger/Pitztaler Gletscher Die verschiedensten Sicherheitsaspekte in Skigebieten standen im Mittelpunkt des ersten Pitztaler Sicherheitstags im April, an dem zahlreiche Seilbahnexperten, Touristiker und Interessierte auf Einladung von Hans Rubatscher (Geschäftsführer der Pitztaler Gletscherbahnen) teilgenommen hatten. Ergänzt wurde dieses Fachsymposium durch Vorführungen der Tiroler Bergrettung, präsentiert wurde in diesem Rahmen auch der neue Tirol Helm. Sicherheit beim Skifahren Seilbahnexperten, Touristiker und Interessierte diskutierten am Pitztaler Gletscher verschiedene Sicherheitsaspekte in Skigebieten. Im Bild das Projektteam (von links): Dr. Hans Rubatscher (GF Pitztaler Gletscherbahnen), Burgi Triendl (Ideengeberin), Anton Gögele (GF Fa. Securplan Italien), Peter Veider (GF Tiroler Bergrettung) und Michael Mössinger (GF Fa. Securplan Österreich) umrahmt von den Piloten des ÖAMTC-Rettungshubschraubers. 6 Tirol Wie der Sprecher der Pitztaler Gletscherbahnen, Willi Krüger, betonte, rückt das Thema Sicherheit am Berg und vor allem beim Skifahren im Laufe eines Winters immer wieder in den Mittelpunkt. Mit dem Sicherheitstag sollte daher u.a. aufgezeigt werden, was an Maßnahmen notwendig ist, um ein Skigebiet überhaupt betreiben zu können. „Maßnahmen, die der Gast sich erwartet, von denen er aber natürlich nichts mitbekommen soll“, unterstrich Krüger. Die Resonanz auf den Sicherheitstag war jedenfalls enorm, weshalb es eine Fortsetzung – eventuell mit anderen Schwerpunkten – geben soll. ausrüstung Unter den Experten, die am Fachsymposium teilnahmen, befand sich u.a. der Präsident des Österreichischen Kuratoriums für alpine Sicherheit, Karl Gabl, der Sicherheitsexperte Anton Gögele und der „Bild“-Journalist Hannes Kohlmaier, der seine Erfahrungen mit dem Seilbahnunglück von Sölden im Jahr 2005 schilderte, sowie Peter Veider. Dieser verwies in seinem Referat unter anderem auf EU-Richtlinien, die für die Personenrettung aus Aufstiegsanlagen eine maximale Zeit von 3,5 Stunden vorsieht. Dies bedeute enorme Herausforderungen an die Rettungsmannschaften, insbesondere bei schlechten Wetterverhältnissen, wenn eine Hubschrauberbergung unmöglich sei. EleVEN für echte helden. Risikofaktoren Kälte und Wind Ein voll besetzter Lift, Temperaturen um die minus 15 Grad plus starkem Wind und Schneefall würden auch perfekt arbeitende Bergemannschaften an ihre Grenzen bringen, unterstrich Veider. Minus 15 Grad Celsius plus eine Windgeschwindigkeit von 30 km/h bedeute eine gefühlte Temperatur auf der Haut von minus 34,4 Grad Celsius, zeigte Veider an einem Beispiel auf. Minus 20 Grad Celsius bei 65 km/h Windgeschwindigkeit würden auf der Haut bereits mit minus 51 Grad Celsius wahrgenommen. Die Folgen für Personen, die bei derartigen Bedingungen auf einem Lift festsitzen, wäre fatal: „Nach einer halben Stunde ohne Bewegung wird es ziemlich kalt“, machte Veider klar. „Nach ein bis zwei Stunden ist die Situation bereits sehr kritisch. Folgen sind dann Zuschauer und Bergrettungsmänner verfolgen den Übungsverlauf am Pitztaler Gletscher. etwa Erfrierungen an Händen und Füßen sowie im Gesicht.“ Dies bedeute, dass die Einsatzmannschaften alle fachlichen Voraussetzungen haben und diese auch regelmäßig trainieren müssen, um rasch und effizient helfen zu können. Notwendig sei dafür ein entsprechendes Bergesystem. Veider stellte in der Folge das von der Bergrettung Tirol entwickelte Liftbergesystem vor, das leicht und einfach, redundant, logisch aufgebaut, lehr- und leistbar sowie nachhaltig ist. Einige Liftanlagen – darunter Fiss, Serfaus, Fulpmes, Kitzbühel, Lienz, Kaunertal, Ober- und Hochgurgl – nutzen dieses bereits. Wie dieses Liftbergesystem in der Praxis funktioniert, präsentierten Tiroler Bergretter dann den Besuchern des Pitztaler Sicherheitstages. Vorgestellt wurden darüber hinaus noch Such- und Ortungstechniken am Lawinenkegel und der Einsatz der Dampfsonde mit Ortungskamera bei der Suche nach Verschütteten. Ist der Eleven mit dabei, werden harte Schurken weich wie brei! www.austrialpin.at Tirol 7 ausbildung Schulung mit System Module für spezielle Einsatzarten werden nicht nur in Tirol genutzt. Interesse dafür melden auch ausländische Rettungsorganisationen an. Text: Christa Hofer | Fotos: Peter Veider Ständige Aus- und Weiterbildung ist Voraussetzung, dass Bergretter einsatztauglich bleiben. Entsprechende Vorgaben gibt es, was den Umfang der jährlich zu absolvierenden Schulungen betrifft. Seit der Entwicklung eines eigenen Liftevakuierungssystems durch die Bergrettung Tirol hat sich auch einiges im Bereich der Einsatzstrategie und der dafür notwendigen Ausbildungsart getan. „Unser Ziel im Ausbildungsteam war es, den Bergrettern nach der Grundausbildung ein Modulsystem anzubieten, das sie nach ihren Einsatzschwerpunkten auswählen können“, erklärt Ausbildungsleiter Peter Veider. Im Rahmen dieser Fortbildungsmodule werden spezielle Einsatz- und Bergesysteme vermittelt. Auf Basissystem aufbauend Basis all dieser Systeme sind die Mannschaftsseilrolle und der Mannschaftsflaschenzug. Darauf aufbauend wurden neben dem Liftevakuierungssystem noch Varianten für den Einsatz von Zweiund Dreibein mit Dyneemaseilen und zuletzt die Rasterfahndung im Schnee entwickelt. „Der Vorteil dieser Systeme ist, dass sie alle dieselbe Basis haben. Das heißt, wenn man das Grundsystem beherrscht, versteht man auch jedes andere, das darauf aufbaut“, erläutert Veider. Im Einsatzfall bedeute dies, dass auch in Stresssituationen weniger Fehlermöglichkeiten auftreten. „Entstanden sind das Basissystem und die Erweiterung nach Einsatzart aus den Anforderungen der Praxis heraus“, schildert Veider. Wichtig war von Anfang an, dass die Systeme praktikabel sind. „Nur wenn das der Fall ist, werden sie auch genutzt“, betont 8 Die Felsblöcke oberhalb von Hemsedal bildeten das ideale Übungsgelände. Tirol Kollegen beobachten die Arbeit mit dem Dreibein. Veider. Dies sei bereits der Fall. Besonders die Rückmeldungen aus Ortsstellen, die viele Einsätze verzeichnen, seien positiv. Schulung in Norwegen Die Ausbildung für die einzelnen Systeme wird aber nicht nur in Tirol genutzt. Rettungsorganisationen in Spanien, Frankreich und Norwegen haben bereits ihr Interesse daran angemeldet. Zuletzt fand im Mai eine Schulung auf den in Tirol entwickelten Systemen in Hemsedal in Norwegen statt. Polizei, Küstenwache, Rettungspiloten und Feuerwehr sandten Teilnehmer zum Kurs, den Peter Veider vorbereitet hatte. sicherheit Spezialweste für Lawinenhelfer Eine in der Schweiz entwickelte Sicherheitsweste schirmt unerwünschte Reflexionen und Frequenzüberlagerungen bei der Suche nach Vermissten ab. Kraft ist ein Symbol der Freiheit ... Leichtigkeit auch! www.mattcommunication.com - photo Mickaël Fuselier © studio Kalice Text: Christa Hofer | Fotos: Dominik Hunziker, Fritz Meyst Das Spezialgewebe, das die Reflexion hoher Frequenzen abschirmt, ist auf der Vorderseite der Westen eingenäht. Von außen unterscheidet sich die Spezialweste nicht von den sonst üblichen Westen. Handy, Funkgeräte, Detektoren – sie alle bringen für Rettungsdienste enorme Vorteile. Allerdings sorgen sie mitunter auch für Probleme durch Frequenzüberlagerungen oder Reflexion. Diese Problematik beschäftigte auch Dominik Hunziker, der im Bergrettungsdienst im schweizerischen Samedan tätig ist. „Als Retter hat man viele Dinge bei sich, zum Beispiel Handy, Funkgerät, Digitalkamera etc. All diese Dinge wirken aber auch als Reflektoren. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Retter bei der Lawinensuche, der etwa mit Recco arbeitet, all diese Dinge von seinem Körper entfernen muss, um das Suchergebnis nicht zu verfälschen“, schildert Hunziker. Dies bedeute aber Zeitverlust und es bestehe immer die ATTACHE 3D EXTREM LEICHTER und kompakter KARABINER. Der LEICHTESTE der Reihe: 55 g! $'$77$&+('['(LQGG www.petzl.com/ATTACHE3D 9 sicherheit Die Verschüttetensuche nach Lawinenabgängen stellt besondere Herausforderungen an die Rettungsmannschaften. Gefahr, dass etwas vergessen werde. Außerdem müsse etwa wegen der eigenen Sicherheit das LVS-Gerät natürlich am Körper getragen und entsprechend eingeschaltet sein. Was also tun? Textilien mit Metallfäden Aus seiner Tätigkeit als Elektromonteur waren Hunziker Textilien bekannt, die elektromagnetische Felder abschirmen können. Diese Textilien, die mit Metallfäden versehen sind, werden etwa in Röntgenabteilungen von Spitälern oder für Panzerwesten genutzt. „Wir haben in der Folge im Vorjahr mit verschiedensten Textilien Tests gemacht und schließlich ein Konzept entwickelt, das sich für die Arbeit der Retter eignet: Also leicht ist und nur jene Frequenzen durchlässt, die wir für unsere Arbeit brauchen“, erzählt Hunziker. Das Spezialgewebe wurde auf der Frontseite in die normalen Sicherheitswesten für die Lawinenhelfer bzw. Einsatzleiter eingenäht, um Brust- und Bauchbereich abzuschirmen. Also jene Bereiche, in denen üblicherweise Handy, Funk- oder LVS-Gerät getragen werden. Die Bandbreite der Frequenzen, die gedämpft werden sollte, wurde dabei so gewählt, dass der Retter sein LVS-Gerät eingeschaltet am Körper tragen kann. Auch die Kommunikation über Funk ist noch möglich, was ebenfalls wichtig ist, um mit den Kameraden in Kontakt bleiben bzw. deren Warnungen – etwa über Nachlawinen – hören zu können. Einsatz in der Praxis Inzwischen hat Hunziker mit seiner Spezialweste die Marktreife erreicht. In seinem Bergrettungsdienst sind sie bereits seit vergangenem Winter im Einsatz. Auch die Landesleitung der Tiroler Bergrettung hat eine erste Lieferung bereits übernommen. Die Westen werden an jene Ortsstellen verteilt, deren Vertreter die entsprechende Schulung im Ausbildungszentrum im Jamtal absolviert haben. zur person Dominik Hunziker ist Gründer und Geschäftsführer der Firma Berg & Sicherheit, die die Spezialweste entwickelt hat. Ziel der Firma, die seit 2002 besteht, ist die Förderung der Sicherheit im Gebirge und der Arbeitssicherheit. Um dies zu erreichen, entwickelt Hunziker mit seinen Mitarbeitern Sicherheitskonzepte (etwa für Bergbahnen) und entsprechende Produkte. Beratung und Ausbildung gehören zu den weiteren Schwerpunkten. Dominik Hunziker selbst ist seit 1987 Bergführer, war bis 2002 Elektromonteur und ist seit 2003 Sicherheitsfachmann. Weiters ist er seit 1994 Spezialist für Alpine Rettung beim Schweizer Alpen-Club SAC, für diesen auch Bereichsleiter Alpine Rettung (seit 2000) und Delegierter des SAC für die Bodenrettung der IKAR. 10 recht Auf zwei Kufen im rechtlichen Rahmen bleiben Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nach einem Unfall mit einem Skidoo sorgte für Aufregung. Anlass für einen genaueren Blick auf das Urteil und die Gesetzeslage. Text: Norbert Hofer | Fotos: Shutterstock/snedelchev, Slavoljub Pantelic Zahlreiche Ortsstellen des ÖBRD verwenden für Rettungseinsätze oder in der Funktion der Pistenrettung für Liftbetreiber Motorschlitten („Skidoo“) zur Bergung Verletzter. Unlängst sorgte eine in den Medien kolportierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) für Unsicherheit: Von „ausufernder Haftungsausweitung“ und „verschuldensunabhängiger, unzumutbarer Haftung“ für Bergrettung und Liftbetreiber war die Rede. Die Entscheidung des OGH vom 17. Februar 2010 bietet willkommenen Anlass, sich mit der Verwendung von Pistengeräten und der Haftung bei Unfällen mit diesen auseinander zu setzen. Verwendung von Pistengeräten Generell ist die Verwendung von Pistengeräten in Tirol, Kärnten und der Steiermark durch landesgesetzliche Regelungen nur 11 recht Die rechtliche Beurteilung nach einem Unfall hängt auch davon ab, ob das Schneemobil für Materialtransport oder einen Rettungseinsatz genutzt wurde. Skidoo mit ca. 25 km/h etwas mehr als einen Meter vom rechten Pistenrand entfernt bergwärts. Obwohl ihm vor der Klägerin gestartete Skilehrer begegneten, behielt er vor der Geländekante seine Geschwindigkeit und auch die Fahrlinie ein. Drei Meter oberhalb der Geländekante kam es schließlich zur Kollision, bei der die Klägerin 15 Meter durch die Luft geschleudert wurde und unter anderem eine offene Unterschenkel- und eine offene Oberschenkelfraktur erlitt. Das Skidoo war mit einer 2,2 Meter hohen Teleskopstange mit einem rotem Wimpel und einer Drehleuchte ausgestattet. Ob das Folgetonhorn, welches automatisch aktiviert aber händisch ausgeschaltet werden kann, aktiviert war, konnte im Zuge des Verfahrens nicht mehr festgestellt werden. Die Bergbahnen und deren Mitarbeiter wurden zur Leistung von Schadenersatz in der Höhe von ca. € 37.000,- und zur Haftung im Umfang von drei Viertel der zu erwartenden Folgeschäden verurteilt. Begründung des OGH eingeschränkt erlaubt bzw. an Sondergenehmigungen gebunden. In der Steiermark untersagt das „Geländefahrzeugegesetz“ (LGBl. Nr. 139/1973) die Verwendung von Kraftfahrzeugen (auch Motorschlitten) außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr oder von befestigten Fahrwegen im freien Gelände. Nicht umfasst von diesem Verbot sind nach § 2 Abs. 2 lit. b dieses Gesetzes Einsatzfahrten (unter anderem) der Bergrettung. Fahrten bei Übungen wird man als „Einsatzfahrt“ qualifizieren müssen, da für derartige Fahrten – anders als etwa für die Pistenpflege – Ausnahmebewilligungen nicht vorgesehen sind. In Kärnten und Tirol ist die Verwendung von Schlittenfahrzeugen, Skidoos und ähnliches durch die jeweiligen Naturschutzgesetze untersagt (Kärntner Naturschutzgesetz 2002, Tiroler Naturschutzgesetz 2005). Maßnahmen im Zuge des Hilfs- und damit auch Bergrettungswesens sind allerdings vom Anwendungsbereich dieser Gesetze ausgenommen. Haftung bei Unfällen Bei Unfällen mit Motorschlitten gelten die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen. Für einen Unfall ist also dann zu haften, wenn den Lenker des Motorschlittens ein Verschulden am Unfall trifft, ein Schaden eingetreten ist und das Verschulden auch ursächlich für den Schadenseintritt war. Eine verschuldensunabhängige Haftung nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) wie bei Unfällen im Straßenverkehr wird von der Rechtsprechung bisher abgelehnt. Es gilt daher der Grundsatz: ohne Verschulden des Lenkers keine Haftung! Im konkreten Anlassfall kam es vor Beginn des Pistenbetriebes zu einer Kollision zwischen einer Skilehrerin und dem von einem Mitarbeiter des Liftbetreibers gelenkten Skidoo. Die Skilehrerin fuhr als Mitglied einer Gruppe von 14 bis 15 Personen als eine der Mittleren aus der Gruppe in mittellangen Schwüngen relativ zügig ab. Sie näherte sich der Unfallstelle, einer Geländekante, mit ca. 30 bis 40 km/h. Der Mitarbeiter der Seilbahn fuhr mit dem 12 Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus: Grundsätzlich ist bei Fahrten mit dem Skidoo nach Möglichkeit eine Fahrlinie zu wählen, bei der das Skidoo für Skifahrer stets sichtbar bleibt. Kann das Skidoo für längere Zeit nicht wahrgenommen werden, ist äußerste Vorsicht geboten. Im konkreten Fall musste der Lenker auch mit Skifahrern rechnen, da aufgrund einer Sondervereinbarung zwischen Liftbetreiber und Skischule Abfahrten vor Betriebsbeginn zugelassen wurden und erst ein Teil der Gruppe abgefahren war. Dem Fahrer wäre es daher zuzumuten gewesen, noch vor der Geländekante anzuhalten und die Abfahrt des Restes der Gruppe abzuwarten. Möglich wäre es auch gewesen, am Skidoo aufzustehen und so das Sichtfeld zu erweitern. Das Höchstgericht nahm aber auch ein Mitverschulden der Skilehrerin im Ausmaß eines Viertels an (das heißt, die Klägerin bekommt nur drei Viertel ihrer Forderung ersetzt), da sie zum „Fahren auf Sicht“ verpflichtet ist, also so zu fahren hat, dass sie vor Hindernissen jederzeit anhalten kann. Entgegen den Verlautbarungen in den Medien wird daher bei Unfällen mit Skidoos nicht „automatisch“ und immer gehaftet, sondern nur dann, wenn den Lenker ein Verschulden trifft. Tipps für Skidoofahrer Die Fahrlinie soll so gewählt werden, dass das Skidoo nach Möglichkeit für Skifahrer immer sichtbar bleibt. Ist dies nicht möglich, ist bei Geländekuppen und Engstellen besondere Vorsicht geboten. Das heißt: Geschwindigkeit reduzieren, im Sitz aufstehen, um das Blickfeld zu erweitern, falls erforderlich kurz stehen bleiben, um das Passieren des Skifahrers zu ermöglichen oder eine Alternativroute wählen. Das Skidoo selbst soll mit Teleskopstange und Wimpel, Rundumleuchte und akustischer Warnung ausgestattet und letztere auch während der gesamten Fahrt aktiviert sein. Wie streng die Sorgfaltsmaßstäbe angesetzt werden müssen, hängt aber immer auch vom Einzelfall ab. Dabei macht es einen gravierenden Unterschied, ob das Skidoo zum Materialtransport oder im Rettungseinsatz verwendet wird bzw. wie dringend die Hilfeleistung erforderlich ist. Je dringender ein Rettungseinsatz ist, desto eher ist eine riskantere Fahrlinie und eine höher eingehaltene Geschwindigkeit gerechtfertigt. porträt Griffsicher zur Weltklasse Johanna Ernst ist die jüngste Weltmeisterin in der Geschichte des Sportkletterns. Seit kurzem ist die Wahltirolerin auch Mitglied der Bergrettung Tirol. Text: Birgita Juen | Fotos: Heiko Wilhelm 13 porträt Wenn Johanna Ernst die Wände hoch geht, dann tut sie dies mit einer Selbstverständlichkeit, die atemberaubend ist. Ganz so, als wäre der Mensch dazu geschaffen worden, sich an Senkrechten und Überhängen hochzuziehen wie ein Gecko – nur eleganter eben und fast schon sinnlich. Die Muskelkraft, die sie benötigt, um die Schwerkraft auszutricksen, lässt sich vom Betrachter nur erahnen. Die Wahltirolerin ist die jüngste Weltmeisterin in der Geschichte des Klettersports. Bei der WM 2009 kletterte sie als 16-jähriger Shootingstar allen anderen davon. Lust aufs Leben Interviews ist sie langsam gewöhnt. Dennoch scheint da ein Rest von Ungläubigkeit; Johanna wirkt fast ein wenig überrascht von so viel konzentriertem Interesse an ihrer Person und so vielen Fragen. Platinblond wuschelt es um ihren Kopf, spitzbübisch wirkt sie, wenn sie lächelt. Zurückgelehnt sitzt die 17-Jährige in einem breiten Kaffeehaussessel, rührt in ihrem Cappuccino und grübelt kurz darüber nach, wann der Rummel begann: „Mit dem Europacup“, klärt sie schließlich mit undefinierbarem Akzent, wohl einer südwestösterreichischen Mischung mit Salzburgischer Grundnote. „Vorher kräht kein Hahn nach einem.“ Das war trocken. Da sitzt kein ausgefuchster Interviewpartner, der mit einem Strauß perfekt trainierter Antworten winkt. Johanna Ernst ist ein Teenager mit viel Lust aufs Leben und jener burschikosen Natürlichkeit, der künstlich geschliffene Selbstdarstellung fern liegt. Freude und Respekt Den Druck der Wettkämpfe hinter sich lassen. 14 Dass sie seit kurzem Anwärterin bei der Tiroler Bergrettung ist, gefällt ihr. Freudig berichtet sie vom Bergrettungs-Emblem, das sie nun tragen darf: „Ich habe großen Respekt vor dem, was Bergretter ehrenamtlich leisten.“ Um sich im Alltag ihrer Ortsstelle Gries am Brenner voll zu engagieren, fehlen Johanna derzeit noch die Möglichkeiten. Der Sport fordert vorläufig seinen Tribut. Die Landesleitung will ihr Knowhow und ihre Popularität aber noch auf eine weitere Art nutzen: Die Kletterweltmeisterin soll als Zugpferd einer großen Sicherheitsoffensive im Herbst dienen, die jungen Menschen das Tragen eines Helms beim Sport im alpinen Gelände nahe bringen soll. Johanna wird dabei den Tirol-Helm, einen Multifunktionshelm, bewerben, bei dessen Entwicklung die Bergrettung Tirol maßgeblich beteiligt war. „Gerade beim Klettersport ist ein besorgniserregender Trend zum Klettern ohne Helm und Shirt zu beobachten“, schildert Peter Veider, Geschäftsführer der Bergrettung Tirol. Seit Jahren räumt Johanna im Olymp der Sportkletterer die elitären Preise ab und lässt n. lgie die Konkurrenz alt aussehen. Die Route zur e B rs, Puu Weltmeisterschaft im Vorstieg führte über Tin i tcup tel wie österreichische Jugendmeisterin, JugendeuWel m i e b er t i ropameisterin, dreifache Jugendweltmeisterin, Weltcupr t en onz k l l gesamtsiegerin (2008 und 2009) und Europameisterin 2008. Der Vo Klettermaxe ist ein Naturtalent. Seit ihrer Kindheit ist sie mit den Herausforderungen und Tücken himmelwärts strebender Wände vertraut. Talent erklärt sie selbst als das instinktive Gefühl für jene Bewegungen, die mit möglichst wenig Kraftaufwand zum Ziel führen. Und verrät, dass sie auch mal gerne Kindern bei ihren porträt Zügen zusieht. Deren Intuition sei noch intakt: „Vor allem die Kleinen denken beim Klettern nicht so viel nach. Von ihnen kann man sich durchaus etwas abschauen.“ Ihr eigenes Talent zur Fortbewegung an senkrechten Ebenen ist im zarten Altern von acht Jahren aufgefallen. Ein Urlaub in Osttirol führte die vierköpfige Familie Ernst zum Zeitvertreib an eine Kletterwand. Als Johanna sich spielerisch einen Weg durch das Griffelabyrinth suchte, beeindruckte den Besitzer die Geschicklichkeit des Mädchens. Mit dem Abstand der Jahre betrachtet, war dies die Initialzündung für eine herausragende Sportkarriere. Johannas Eltern entschieden, ihre Tochter diesen Sport ausüben zu lassen. Welchen Erfolg Johanna einmal beim Klettern haben würde, konnte zu jenem Zeitpunkt freilich noch niemand ahnen. Das Vertrautmachen mit Klettertechniken war neben Ballett und Fechten nur eine ihrer Freizeitaktivitäten. Erst als sie zehn war, wurde das Training an der Wand intensiviert. „Ich bin da so langsam hinein gewachsen“, erzählt sie von der Annäherung an einen Sport, der über die Jahre zur großen Leidenschaft werden sollte. Tiefpunkte überwinden Wie in jeder leidenschaftlichen Beziehung hat Johanna auch im Klettersport ihre Tiefpunkte erlebt. Ausgerechnet nach dem Europacup fiel die damals 13-Jährige in ein Tief, das sie ans Aufhören denken ließ. Da war das Gefühl, etwas verloren zu haben, Nachmittage mit Freunden vielleicht, die beste Freundin war auch nicht mehr da. „Damals habe ich mich oft gefragt, wie es ohne das Klettern wäre, wie es ist, wenn man von der Schule nach Hause kommt und Freunde treffen kann.“ Denn neben Schule und Training fehlte die Zeit für ein ganz gewöhnliches Teenagerleben. Kontakte beschränkten sich zunehmend auf die Schulbank. Doch je mehr Johanna über all diese Veränderungen nachdachte, desto deutlicher zeichnete sich eines für sie ab: Sie wollte beim Klettern noch viel mehr erreichen! Geboren ist Johanna in Salzburg, dann lebte sie neun Jahre in der Steiermark. So lange, bis sich die Wertigkeiten verschoben: Als das Klettern keine nette Freizeitbeschäftigung mehr war und der Druck des Leistungssport spürbar wurde, zog die gesamte Familie um nach Tirol, damit Johanna unter besseren Bedingungen Am Weg nach oben: Johanna Ernst beim Weltcup in Chamonix. trainieren konnte. Das allwöchentliche Pendeln nach Innsbruck war Vater und Tochter zu viel geworden. Die Trainingsmöglichkeiten in der Steiermark waren unbefriedigend, außerdem hatte das Mädchen in ihrer Grazer Gruppe nicht die erhoffte Förderung erhalten. „Es hieß ständig, ich wäre zu klein zum Klettern,“ erzählt sie. So hatte ihr Vater, der als Student selbst etwas geklettert war, zwischenzeitlich das Training übernommen. In Rum bei Innsbruck gewann Johanna schließlich ihren ersten größeren Wettbewerb und fand gleich auch einen neuen Trainer. Tägliches Training Den Wettkampfstress abschütteln und das Leben von der lustigen Seite betrachten. Kettchen mit verspielten Anhängern, ein Riesen-Tweety am T-Shirt. Abgesehen von ihren trainierten Oberarmen wirkt Johanna Ernst wie ein normaler Teenager. Dass ihr Alltag jedoch keinem gewöhnlichen Teenagerleben gleicht, ist der jungen Weltmeisterin bewusst. Ein wenig Wehmut schleicht sich manchmal ein: „Ab und zu, aber nicht mehr so oft.“ Täglich geht Johanna zweimal zum Training, dazwischen lernt sie zu Hause für die Fernmatura-Schule. Aus ihrem Innsbrucker Gymnasium ist sie in der 6. Klasse ausgestiegen. Die Doppelbelastung Schule und Sport war 15 porträt zu viel geworden, die Ermahnungen der Lehrer, „sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen“, zerrten allzu sehr an den Nerven des gestressten Mädchens. „Die Matura mache ich aber auf jeden Fall“, betont sie mit einer Deutlichkeit, die jeden Zweifel im Keim erstickt. Freundschaften erlebt sie heute im Rahmen des Klettersports. Bedauern über Verzicht wird man bei ihr nicht hören, höchstens ein Nachgrübeln in leisen Tönen. Denn Johanna hat sich entschieden: „Man kommt viel in der Welt herum, lernt Johan ahlende Eine str 2009. in China t bei d na Erns er Weltm eistersc verschiedenste Menschen kennen. Diese Erfahrungen möchte ich nicht missen!“ Außerdem, meint sie grinsend, wüsste sie ohnedies nicht mehr, womit sie sonst ihre Zeit verbringen sollte. Und dann schwärmt sie von einer Bergtour in Ecuador, wo vor drei Jahren die Jugendweltmeisterschaft stattfand. Schildert begeistert die Stille am Gipfel und den wundervollen Blick über ein wunderschönes Land. Für die Zukunft, für irgendwann einmal, wünscht sich Johanna mehr freien Himmel über ihrem Kopf – und Zeit für Skitouren vor allem. Ihr Sport ist ein Hallensport, das Klettern im Freien, das ihr so viel Freude macht, ist ihr selten möglich. Doch mittelfristig sind ihre Ziele klar definiert. Im September wird sie bei der Europameisterschaft in Innsbruck und Imst dabei sein, 2011 steht die Weltmeisterschaft an. Länger im voraus plant Johanna nicht. Ihre Wünsche für die Zeit nach ihren Triumphen an den Kletterwänden dieser Welt ist für sie noch wie unerforschtes Land. „Ich warte auf ein Signal“, sagt Johanna schulterzuckend und lächelt. haft Spaß beim Klettern und Bouldern in den USA, wo Johanna Ernst gemeinsam mit Freundin Alex in Colorado unterwegs war. 16 ausrüstung Bergrettungs-Design für Boulder-Fans Gemeinsam mit Millet wurden eine Boulderhose und ein dazu passender Magnesiabeutel entwickelt. Foto: Peter Veider Passend zum Coolmax T-Shirt von Millet, von dem inzwischen mehr als 5000 Stück verkauft wurden und das sich nicht nur bei der heimischen Bergrettung großer Beliebtheit erfreut, gibt es ab sofort auch eine Boulderhose. Ergänzt wird diese durch einen im Design angepassten Magnesiabeutel. Beide Sondermodelle wurden von der Bergrettung Tirol in Kooperation mit Millet entwickelt und sollen nicht nur helfen, die Identifikation mit der Bergrettung zu stärken. Ziel ist es auch, konkret junge Menschen anzusprechen. Sie sollen einerseits auf die Leistungen der Bergrettung aufmerksam gemacht werden, andererseits ist auch gewünscht, den Sicherheitsgedanken im Klettersport weiter zu verstärken. Die beiden neuen Produkte sollen – entsprechend adaptiert – künftig auch in das Millet-Sortiment aufgenommen und im Handel verkauft werden. Tirol 17 ausbildung Ausbildung zum Pistenrettungsund Sicherheitsfachmann Bergrettung und BFI Tirol starten im Herbst mit einem neuen Lehrgang. Text: Christa Hofer | Fotos: Fritz Meyst; BFI Tirol Tausende Skifahrer und Snowboarder ziehen im winterlichen Tirol jeden Tag ihre Spuren auf den heimischen Pisten. Die Professionalisierung des Skibetriebs erfordert auch eine entsprechende Pistenrettung. „Schon lange reicht eine einfache Erste-Hilfe-Versorgung nicht mehr aus. Es gilt, den gestiegenen Anforderungen mit einer einheitlichen und umfassenden Ausbildung für Pistenretter und Sicherheitsfachkräfte gerecht zu werden“, erklärt Peter Veider. Start im September „Das BFI Tirol, Tirols größter Anbieter für die berufliche Ausund Weiterbildung, hat daher auf die öffentlichen Diskussionen reagiert und gemeinsam mit der Bergrettung Tirol und unterstützt vom Roten Kreuz einen Lehrgang zum Pistenretter und Sicherheitsfachmann entwickelt, der ab September österreichweit das erste Mal in Innsbruck, im Jamtal und in Nauders abgehalten wird“, erläutert Mag. Dagmar Wresnik, Geschäftsführerin des BFI Tirol, und betont weiter: „Wir freuen uns, mit der Bergrettung Tirol und ihrem Geschäftsführer Peter Veider einen so kompetenten und über die Grenzen Tirols hinaus anerkannten Partner gefunden zu haben. Damit können wir eine hohe inhaltliche Qualität 18 Tirol ausbildung gewährleisten. Die exzellenten Standards bei Theorie und Praxis orientieren sich am weltweit höchst entwickelten Wissen. Wir sind stolz darauf, diese moderne Ausbildung ab Herbst erstmals anbieten zu können.“ Theorie und Praxis in vier Modulen In vier Modulen werden zwischen 20. September und 21. November 2010 folgende Lehrinhalte vermittelt: „Vertiefte Erste Hilfe“, „Rechtliche Grundlagen“, „Praxisteil Technik“ und „Praxisteil Piste“. Die angehenden Pistenretter und Sicherheitsfachkräfte befassen sich im ersten Modul u.a. mit der Rettungskette, Diagnostik, Reanimation mit Beatmungsbeutel, Wundversorgung sowie Krisenintervention und erhalten eine Einführung in die Zusammenarbeit mit der Rettungshubschrauber-Besatzung. Die rechtlichen Grundlagen betreffen etwa den Aspekt Unfälle und Haftung, das Skirecht, Pistenregeln, das Seilbahngesetz und den Umgang mit Motorschlitten und Pistengeräten. Diese beiden Module finden im Innsbrucker BFI-Tirol-Haupthaus statt. Im Ausbildungszentrum Jamtal werden im Praxisteil Technik beispielsweise die Liftevakuierung, Gerätelehre sowie Sicherung und Abtransport der geborgenen Person vermittelt. Im vierten und letzten Modul in Franzl‘s Ski- und Wanderhütte in Nauders stehen u.a. Einsatzübungen auf der Piste, das Absichern der Unfallstelle und Lawinenkunde auf dem Lehrplan. Der Lehrgang richtet sich an alle, die sich aus beruflichen Gründen auf Pisten und im freien Gelände aufhalten. „Also etwa an Mitarbeiter von Seilbahnen und Skischulen. Die Ausbildung kann aber auch von allen anderen Interessierten absolviert werden“, erläutert MMag. Michael Zobl, Referent in der Sparte Technik des BFI Tirol. Start des Kurses ist am 20. September mit dem Mag. Dagmar Wresnik, Geschäftsführerin BFI Theorieteil in Innsbruck. Die Tirol: „Wir sind stolz darauf, diese moderne Kosten betragen – inklusive Ausbildung in Kooperation mit der BergretUnterlagen, Unterkunft und tung Tirol ab Herbst erstmals anbieten zu Verpflegung – 1750 Euro. können.“ Alle Teilnehmer des Kurses im Herbst 2010 erhalten einen Preisnachlass in Höhe von 250 Euro. Zusätzlich wird der Lehrgang durch das Land Tirol gefördert. Nähere Infos dazu gibt es im Internet unter www.mein-update.at. Die Anmeldung für den Lehrgang erfolgt am BFI Tirol (6010 Innsbruck, Ing.-Etzel-Straße 7, Tel. 0512/59660-215 oder per E-Mail an [email protected]). Arbeitsfeld & Spielwiese %HUXÀLFKH$XVXQG:HLWHUELOGXQJEHL7LUROVJU|WHP%LOGXQJVDQELHWHU Tirol 19 BFI Tirol Kundencenter Tel. 0512 596 60 (0DLOLQIR#EÀWLURODWZZZEÀWLURODW aus den ortsstellen Bergretter maßen sich beim Alplrennen Gesamtsieger Andreas Waldhart und Stefan Trenkwalder. Foto: Daniel Schreter Insgesamt 22 Staffeln stellten sich im April dem 15. Alplrennen, das die Ortsstelle Telfs organisiert hatte. Die Zweier-Teams mussten nach einem Aufstieg mit Tourenskiern in einem 400 Quadratmeter großem Bereich eine LVS-Suche durchführen und nach einem weiteren Anstieg aus Tourenskiern, Karabinern, Reepschnüren und der Lawinenschaufel einen Schlitten zum behelfsmäßigen Abtransport des Partners konstruieren. In der Bergrettungsklasse siegten Andreas Waldhart/Stefan Trenkwalder (Bergrettung Flaurling), die mit einer Zeit von 16 Minuten/38 Sekunden auch den Gesamtsieg für sich verbuchen konnten. Mit lediglich 18 Sekunden Rückstand sicherten sich Thomas Waldhart und Christian Thaler (Bergrettung Flaurling) den zweiten Rang in der Bergrettungsklasse. Den dritten Rang belegte Vorjahressieger Albert Neuner, diesmal mit Gregor Hendl als neuem Partner (BR Leutasch). Die schnellste Suchzeit mit dem LVS-Gerät erreichten übrigens Bruno Krismer und Michael Mariani (Bergrettung Telfs) mit 30,51 Sekunden. Die Gästeklasse entschieden Florian Hafele und Thomas Mussak (Team Hafele/Mussak) für sich, auf den Plätzen folgten Horst Scheyrer mit Partner Hansjörg Hieber (Team Hopfen Buam) und Franz Stockmeyer mit Günther Schennach. Kletter-Ass wirbt für Sicherheitskampagne Freude bei Landesleiter Kurt Nairz und seinem Stellvertreter Toni Mattle über die Kooperation mit Kletter-Ass Johanna Ernst, die als Anwärterin nicht nur für die Tiroler Bergrettung die Werbetrommel rühren wird. Ab Herbst steht sie außerdem im Mittelpunkt einer Sicherheitsoffensive, mit der jungen Menschen das Tragen eines Helms beim Sport im alpinen Gelände näher Foto: Bernhard Stecher gebracht werden soll. Foto: Foto Mario (Imst); Bearbeitung: Pfunds-Kerle Studios Pfunds-Kerle-Fest mit Bergrettungstreffen Das 17. Pfunds-Kerle-Fest findet vom Freitag, 27., bis Sonntag, 29. August, in Pfunds statt. Im Rahmen des Festes gibt es erstmals ein internationales Bergrettungstreffen mit einer großen Schauübung. Auftakt des Pfunds-Kerle-Festes ist am Freitag um 20.30 Uhr im großen Festzelt. Am Samstag beginnt um 19 Uhr das Konzert mit „Da Zillertaler und die Geigerin“ und Ingo Rotter, um 21 Uhr dann das Showkonzert der Pfunds-Kerle. Nach der Hl. Messe am Sonntag um 10 Uhr und dem Frühschoppen marschieren um 13 Uhr die Bergrettungsmannschaften ein. Anschließend folgt die Schauübung mit den Bereichen Selbstrettung, Abseilen und Erste-Hilfe. 20 Tirol international Von Griechenlands Bergwelt ins Jamtal Ein Team der griechischen Bergrettung nutzte wieder das Ausbildungszentrum im Jamtal, um neueste Techniken und Materialien kennen zu lernen. Text: Viktoria Veider | Fotos: iStock/MireXa, Peter Veider Tirol 21 international Beobachtet von ihren Kollegen übt eine Gruppe die Liftbergung. Die Woche nach Ostern stand im Jamtal ganz im Zeichen griechischer Bergretter. Fünf Tage lang war eine neunköpfige Gruppe des Hellenic Rescue Teams aus der Region rund um Athen bzw. Thessaloniki zu Gast, um die neuesten Techniken und Materialien der Bergrettung Tirol kennen zu lernen. Ein erster Kontakt mit dem Hellenic Rescue Team war bereits Die griechischen Bergretter testen die Dampfsonde. 2008 zustande gekommen, als im Rahmen eines „Leonardo da Vinci“-Projektes eine Gruppe der RettungsAnalyse der Übung nach erfolgter Verschütteten-Bergung. organisation im Jamtal geschult wurde. Davon hatte die jetzige Abordnung aber nichts gewusst: Ihr Aufenthalt wurde durch ein zufälliges Treffen mit Peter Veider bei der IKAR (Internationale Kommission für alpines Rettungswesen) in die Wege geleitet. Anfang April war es dann soweit. Die neunköpfige Mannschaft, die größtenteils im Raum Athen bzw. Thessaloniki angesiedelt ist, bildet eine der 35 Abteilungen des Hellenic Rescue Teams, die über ganz Grie- 22 Tirol chenland verstreut sind. Die Einheit hat sich vor allem auf die Bodenrettung spezialisiert. Aus diesem Grund war es ihnen auch wichtig zu sehen, wie andere Rettungsorganisationen auf diesem Gebiet arbeiten. Der größte Teil der Einsätze, bei denen die Gruppe der terrestrischen Rettung aktiv wird, erfolgt bei Erdbebenkatastrophen. Keine Subventionen Die Arbeit der Bergrettung in Griechenland gestaltet sich nicht gerade einfach. Von der Ausbildung bis hin zu Einsätzen und Ausrüstung wird alles von den Männern selbst bzw. über Spenden bezahlt. Subventionen oder Förderungen gibt es nicht. Sogar der nationale Bergnotruf und die dazugehörige Leitstelle werden von den Bergrettern aus eigener Tasche finanziert. Dass sie international Die Gruppe des Hellenic Rescue Teams mit ihren Tiroler Kollegen vor dem Ausbildungszentrum im Jamtal. da manchmal gefragt werden, warum sie das alles überhaupt machen, lässt sich nur zu gut nachvollziehen. Doch Resignation zeigen sie nicht. Wie kompliziert manche Rettungsaktionen in Griechenland ablaufen können, zeigte ein größerer Lawinenabgang 2009, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen. Die Rettung zog sich über viele Tage, da es keine einzige Organisation gab, die sich im Bereich der Lawinenbergung auskannte. Der einzige Kommentar zu diesem Missstand kam vom zuständigen Bürgermeister, der meinte, die Leute sollen sich gefälligst von den Bergen fern halten, da hätten sie nichts zu suchen. Die gleiche Problematik zeigt sich auch bei der Alarmierung: So erfahren die Mitglieder des Hellenic Rescue Teams oft erst übers Fernsehen von Tragödien oder Unfällen. Auf eigene Faust werden dann Rettungsmaßnahmen eingeleitet. schwierig. Die meisten Piloten wären nur für Meeresflüge ausgebildet, ein Flug im Gebirge sei deshalb oft gar nicht machbar. Die Ausbildungswoche im Jamtal hat „alle Erwartungen bei weitem übertroffen“, wie die Griechen bei ihrem Abschied immer wieder betonten. Somit war es wohl allen möglich, von dieser Ausbildungswoche zu profitieren: die Gruppe des Hellenic Rescue Teams von den Techniken und Strategien der Tiroler Bergrettung, und unsere Bergretter letztendlich von der griechischen Gelassenheit, gepaart mit der unendlichen Zuversicht, dass schlussendlich doch alles gut werden wird. Ungewohnter Einsatz: In luftiger Höhe wird die Liftbergung geprobt. Theorie- und Praxiseinheiten Trotz allem präsentierte sich eine sehr aufgeschlossene und motivierte Gruppe den Ausbildern im Jamtal. Die Mitglieder des Hellenic Rescue Teams waren immer mit Feuereifer und regem Interesse an den theoretischen und praktischen Übungseinheiten dabei. Ob sie denn einige der Materialien und Techniken der Bergrettung Tirol auch in Griechenland verwenden könnten, bejahten sie voller Motivation. Nur das Recco-System, meinte ein Retter, das würde bei ihnen in hundert Jahren noch nicht funktionieren. Auch die Zusammenarbeit mit dem Helikopter erweise sich als Tirol 23 xxxxxxxxxxxxxxx 24 Tirol