Training mit Herzpatienten Praxisorientierte Empfehlungen für die
Transcrição
Training mit Herzpatienten Praxisorientierte Empfehlungen für die
Training mit Herzpatienten Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Roland Nebel, Gelsenkirchen, 25.09.2009 Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie medicos.AufSchalke – Eröffnung Februar 2006 2 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Arbeitsgruppe „Klinische Sportkardiologie“ des Deutschen Verbandes für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS e.V.) Autoren / Arbeitsgruppe „klinische Sportkardiologie“ Dohmann, Peter Fautz, Gerrit Lachtermann, Ella Lagerström, Dieter Lowis, Heinz Meves-v. Ladiges, Elisabeth Nebel, Roland Neuroth, Frank Quante, Monika Schmid, Michaela Schulze, Robin Schüler, Ulrich Schwan, Uwe Tornuß, Birger Tourpouzidis, Anastasios Lowis-Trägler, Marion Vehrs, Jörg Wahden, Stefan CCB-Herzwerk Frankfurt/Main Gotthard-Schettler-Klinik Bad Schönborn Joh.-Gutenberg-Universität Mainz DVGS e.V. Köln Drei-Burgen-Klinik Bad Münster am Stein-Ebernburg Segeberger Kliniken Bad Segeberg medicos.AufSchalke Gelsenkirchen Go21 Sport- und Gesundheitszentrum Stahlhofen ZAR Zentrum für ambulante RehabilitationTrier Gotthard-Schettler-Klinik Bad Schönborn Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn medicos.AufSchalke Gelsenkirchen Sankt-Rochus-Kliniken Bad Schönborn Diabetes Zentrum Bad Mergentheim ergoline Akademie Gärtringen Alice-Park-Reha-Zentrum Darmstadt DAK Fachklinik „Haus Weserland“ Bad Pyrmont Caspar-Heinrich-Klinik Bad Driburg U.Schwan: Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2009; 25: 108-116 3 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Arbeitsgruppe „Klinische Sportkardiologie“ des Deutschen Verbandes für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS e.V.) Training mit Herzpatienten Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie U.Schwan: Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2009; 25: 108-116 4 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Einleitung • Körperliche Aktivitäten sind naturgesetzliche Notwendigkeiten und führen wie gezieltes Training zur Senkung der kardiovaskulären und Gesamtmortalität von Herzpatienten, zur Verbesserung von Prognose, Lebensqualität und Leistungsfähigkeit und stellen daher eine eigenständige Therapiemethode dar. Sie stehen gleichberechtigt neben medikamentösen, interventionellen und operativen Therapieansätzen und ergänzen diese sinnvoll. • Ein sinnvolles Bewegungs- und Trainingsprogramm für Herzpatienten sollte nach dem heutigen Kenntnisstand Ausdauer- und Krafttraining beinhalten. • Die folgenden Trainingsempfehlungen für Herzpatienten sollen eine therapeutisch angeleitete, dosierte, kontrollierte und damit erfolgreiche Steuerung des Trainings von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen ermöglichen. 5 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Definition „Training“ • Training muss von Begriffen wie Alltagsaktivitäten, aktiverem Lebensstil bzw. Lebensstilmodifikation klar abgegrenzt werden. • Training ist eine regelmäßige, strukturierte, dosierte und kontrollierte Behandlungsmethode, die zielgerichtet zur Verbesserung der Prognose und Lebensqualität von Herzpatienten eingesetzt wird. 6 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Aspekte sportpädagogischen Handelns I • Die sportpädagogische Kernaufgabe liegt darin, gerade auch inaktive und kranke Menschen langfristig an regelmäßige und gesunde Bewegung zu binden. • Didaktische als auch methodische Entscheidungen hinsichtlich Belastungsvorgaben, Übungsauswahl, Organisationsformen etc. sowie Kommunikations- und Beratungsleistungen müssen neben der physischen Ausgangslage ebenso seelische Befindlichkeiten, psychische Belastbarkeit, soziale Gegebenheiten, Motivationslage, Einstellungen und Intentionen der zu betreuenden Menschen berücksichtigen. • Eine biographisch ausgerichtete – multidisziplinär erstellte – Bewegungsanamnese kann in dieser Hinsicht wertvolle Hinweise liefern. 7 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Aspekte sportpädagogischen Handelns II • Lebens- und Arbeitsbedingungen des Menschen geben (Wie lässt sich Sport/Bewegung in den bestehenden Alltag einbauen?) • Verfügbarkeit von Sportgruppen (Wie gehe ich damit um, wenn im Umkreis von 20 km keine Herzgruppe vorhanden ist?) • Chancen und Risiken des sozialen Umfelds ausloten (Familie, Freunde, Kollegen). • Gesundheitspotentiale eines Menschen: salutogenetische, nicht-defizitäre Orientierung als Anknüpfungspunkt für erfolgreiche Interventionen seitens der Sporttherapie bieten. • Menschen mit ihrer gesamten Persönlichkeit wahrzunehmen: Stärkung der persönlichen Ressourcen und Kompetenzen zu bewirken. • mehr „Empowerment“ für eine eigenverantwortliche, langfristige Gestaltung seiner gesundheitlichen Aktivitäten erleichtert werden. 8 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie (Ambulante) kardiologische Rehabilitation – Historie 9 • 1978 erste ambulante kardiologische Rehabilitation in (West-)Berlin • erstmalige Evaluation 01/92 – 12/94 an der DSHS Köln („Kölner Modell der a.k.R. Phase II“ d. R. Rost), danach weitere Modelle in Frankfurt, Ennepetal, Bielefeld • • • • VDR-Studie (n=1056), 2001/2002 „Rheinische Studie“ der LVA Westfalen (n=553), 2003/2007 TEIKÖ-Studie (n=702), 2002 SARAH-Studie (n=163), 2007 • hinsichtlich Struktur- und Ergebnisqualität keine wesentlichen Unterschiede Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie (Ambulante) kardiologische Rehabilitation – Historie III 10 • Phase I (Akutkrankenhaus) • Phase II (Rehabilitation) u. Nachsorgeprogramme der DRV (IRENA, INA, KARENA) • Phase III ( Ambulante Herzgruppe, AHG), seit 1965 (Schondorf), aktuell ca. 6600 AHG in D Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Kardiologische Rehabilitation – 5 Aspekte • - Schulung / Information / Seminare • - Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination • - Ernährungsmodifikation • - Psychologie / Nikotinentwöhnung • - Sozialarbeit / Berufsberatung 11 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Def. der kardiologischen Rehabilitation • … ein Prozeß, bei dem herzkranke Patienten mit Hilfe eines multidisziplinären Teams darin unterstützt werden, die individuell bestmögliche physische und psychische Gesundheit und soziale Integration wieder zu erlangen und langfristig aufrechtzuerhalten … Bjarnason-Wehrens et al.(2007): Clin Res Cardiol (Suppl 2):1-54 12 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Leitlinien DGK/DGPR und ESC/EACPR 2007 13 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Schulung / Information / Seminare 14 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 15 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 16 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 17 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 18 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 19 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 20 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 21 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 22 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 23 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ausdauer / Kraft(ausdauer) / Koordination 24 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ernährungsmodifikation - Lehrküche 25 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ernährungsmodifikation - Einzelberatung 26 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Psychologie / Nikotinentwöhnung 27 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Sozialarbeit / Berufsberatung 28 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ergotherapie 29 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie Ergotherapie 30 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining • Trainingsmittel • Gehen, (Nordic)-Walking, Laufen (Jogging) • Fahrradergometertraining • Ausdauertraining an Kardiogeräten (Laufband, Stepper, Crosstrainer, Ruderergometer, etc.) • Radfahren • Schwimmen, Aquajogging • Inline-Skaten • Skilanglauf • Rudern 31 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Zielsetzungen • Verbesserung der Prognose: 1. Senkung der Gesamtmortalität / kardiovaskulären Mortalität 2. Verbesserung der Lebenserwartung 3. Senkung der kardialen Ereignis- und Rehospitalisierungsrate 4. Abbau von kardiovaskulären Risikofaktoren • Verbesserung der Lebensqualität / Symptomatik: 1. Stabilisierung / Steigerung der allg. und kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit 2. Abnahme kardiopulmonaler Beschwerden (Dyspnoe, Angina pectoris , Belastungsintoleranz 3. Verbesserung des psychischen Wohlbefindens 4. Steigerung der psychischen Belastbarkeit 5. Stabilisierung oder Steigerung der psychovegetativen Belastbarkeit 6. Verbesserung der sozialen Reintegration („Teilhabe“) 7. Verbesserung der Körperwahrnehmung und des Selbstbildes 32 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Nachgewiesene Effekte auf kardiovaskuläre Risikofaktoren • Verbesserung des Kohlenhydratstoffwechsels • Insulinsensitivität↑ Hyperinsulinämie↓ • Plasmaglukosespiegel↓ Gluconeogenese ↓ • Verbesserung des Lipidstoffwechsels • Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin↓ Triglyzeride↓ Lipoprotein (a) ↓ • Verbesserung des LDL-Profils: small dense LDL↓ HDL-Cholesterin ↑ • Freie Fettsäuren ↓ Homocysteinspiegel ↓ • Verbesserung der Körperzusammensetzung • u.a. Optimierung des Verhältnisses von Fettmasse zu aktiver Körpermasse • Verbesserung der Blutdruckregulation • Senkung der kardialen Nachlast, Hochregulation der Barorezeptoren • Arterielle Compliance↑ und Angiotensin II – vermittelte Vasokonstriktion↓ • Wirkungen auf die Skelettmuskulatur und Fitness • Zunahme der Muskelmasse, Maximalkraft, Mitochondriendichte und –anzahl, Kapillardichte und -anzahl 33 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Nachgewiesene vaskuläre, kardiale und hämodynamische Effekt • Herz und Gefäße: • NO-Synthase-Expression↑, Plaquestabilisierung • Senkung des myokardialen O2-Verbrauches • HF-Senkung in Ruhe / unter Belastung mit proportionalem Anstieg des SV • Senkung der kardialen Nachlast • Verbesserung der koronaren Flussreserve und der Endothelfunktion • Förderung der Angiogenese, Ausschüttung von Stamm- und Progenitorzellen • Verbesserung der autonomen Regulation • Sympathikotonus↓, Parasympathikotonus↑ Freie Katecholamine↓ α- und βAdrenorezeptorendichte↑ • Abbau proinflammatorischer Enzyme: CRP, IL1, IL6, INF gamma, TNF • Verbesserung der Hämostase: Thrombozytenaggregation↓ Fibrinolyse↑ • Verbesserung des psychosozialen Status • Verbesserung beeinträchtigter sexueller Aktivität • Stärkung des Immunsystems 34 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining 35 Medikament Wirkung Synergistische Wirkung des Trainings ASS, Clopidogrel Antithrombotische Wirkung + ß-Blocker Senkung der Herzfrequenz Sympathikotonus↓ Parasympathikotonus↑ ++ ++ ++ ACE - Hemmer bzw. ATR1-Blocker Nachlastsenkung Verbesserung der Endothelfunktion ++ ++ Statine LDL-Senkung Antiinflammatorische Wirkung Verbesserung der Endothelfunktion + ++ ++ Nitrate Vermehrte NO-Freisetzung ++ Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Indikationen • KHK (alle Stadien) einschließlich • Z.n. Myokardinfarkt (NSTEMI oder STEMI) • Z.n. instabiler Angina Pectoris • Z.n. interventioneller und / oder operativer Revaskularisation • Arterielle Hypertonie / Hypertensive Herzkrankheit • Cardiomyopathien (unter Beachtung der Kontraindikationen) • Stabile chronische Herzinsuffizienz (Stadien NYHA I-III), auch bei Z. n. Dekompensation • Angeborene oder erworbene Vitien (asymptomatisch oder klinisch stabile Phase), operierte Herzklappenfehler • Z.n. Herztransplantation (HTX) • Patienten mit erhöhtem kardiovaskulären Risikoprofil wie Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung, Adipositas, Metabolisches Syndrom 36 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Erforderliche Diagnostik vor Trainingsbeginn / Risikostratifizierung 1. Anthroprometrische, soziale und Persönlichkeitsdaten 2. Anamnestische und klinische Daten 3. Aktueller Belastungstest (bei der Indikation Herzinsuffizienz wird eine Spiroergometrie empfohlen) mit Angaben zur absoluten und relativen Leistungsfähigkeit in Watt, Beschwerden und Befunden (Ischämie, Arrhythmie, Blutdruckabfall) unter Belastung 4. Aktuelle Echokardiographie • 37 Beachtung der Kontraindikationen zum Ausdauertraining Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Risikostratifizierung • Zur Vermeidung von Risiken ist bei Patienten mit folgenden Krankheitsbildern eine besonders sorgfältige und engmaschige Überwachung beim Training erforderlich: Akuter Infarkt, Intervention oder kardiochirurgischer Eingriff in den letzten 4 Wochen Stark eingeschränkte links- oder rechtsventrikuläre Funktion Symptomatische Herzinsuffizienz ab NYHA-Stadium II Komplexe ventrikuläre Arrhythmien in der Vorgeschichte Z. n. Reanimation oder Synkope außerhalb von Akutereignissen Blutdruckabfall unter Belastung Angina Pectoris oder Herzinsuffizienz bei Belastungen < 5 MET Neigung zu bradykarden (tachykarden) Herzrhythmusstörungen Relevantes Postkardiotomiesyndrom 38 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Kontraindikationen • Bei Patienten, denen aufgrund von Kontraindikationen kein Ausdauertraining empfohlenen werden kann, steht die Erhaltung der bestmöglichen Mobilität im Vordergrund. Relative Kontraindikationen • NYHA Klasse IV • Systolischer Blutdruckabfall unter Belastung • Ruhe-Herzfrequenz > 100 /min • Komplexe ventrikuläre Arrhythmien in Ruhe oder unter Belastung • Höhergradige AV-Blockierungen oder Bradyarrhythmien • Gewichtszunahme > 1,8 kg in 3 Tagen bei Herzinsuffizienz • Postkardiotomiesyndrom, Dressler-Syndrom, Perikard- und Pleuraerguss • Aortale und zerebrale Aneurysmen • Bedeutsame Begleiterkrankungen 39 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Kontraindikationen • Bei Patienten, denen aufgrund von Kontraindikationen kein Ausdauertraining empfohlenen werden kann, steht die Erhaltung der bestmöglichen Mobilität im Vordergrund. • Absolute Kontraindikationen • • • • • • • • • • • • • • 40 Signifikante Ischämie < 2 METS bzw. < 50 Watt Manifeste Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt in den letzten 3 Wochen Zunehmende Verschlechterung der Belastungstoleranz / Atemnot Schwere oder symptomatische Aortenklappenstenose Akutes Koronarsyndrom / instabile Angina Pectoris Operationswürdige Herzklappeninsuffizienz Neu aufgetretenes Vorhofflimmern /-flattern Floride Perikarditis, Myokarditis, Endokarditis Nicht kontrollierbare Blutzuckerentgleisung (positiver Ketontest) Kurz zurückliegendes embolisches Ereignis Akute Allgemeinerkrankung oder Fieber, Infekt Frische Thrombophlebitis / Phlebothrombose Aktuell nicht kontrollierbare Blutdruckentgleisung Symptomatische oder höhergradige hypertroph-obstruktive Cardiomyopathie Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings • Art, Umfang, Dauer und Intensität des empfohlenen Trainings definieren („Trainingsrezept“, „exercise prescription“). • sowohl im symptomfreien Bereich (also frei von AP, D, …) und befundfreien Bereich (also frei von Arrhythmien, RR-Abfällen oder ST-Senkungen) • auf die Motivationslage des Patienten abgestimmt werden (maintainance) • jetzigen Studienlage noch unklar: aerobes Ausdauertraining sowohl mit niedrigen, mittleren oder hohen aeroben Intensitäten möglich • Überschreiten eines Schwellenwertes von 40% der maximalen Leistungsfähigkeit, prognostisch wirksame Effekte werden nach jetziger Studienlage auch schon bei niedrigerer Intensität erzielt. • einschleichend und unter Berücksichtigung des Bewegungsapparates • zusätzlicher Energieverbrauch durch körperliche Aktivität von 15002000 kcal / Woche • einzeln oder in Kombination: Herzfrequenz, Watt, VO2, Laktat und ergänzend subjektives Belastungsempfinden (RPE-Skala nach BORG) eingesetzt werden. 41 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings 42 • 1. 2. 3. 4. 5. Die Trainingsintensität kann prinzipiell durch 5 Größen gesteuert werden: Herzfrequenz Leistung in Watt Sauerstoffaufnahme (VO2) Blutlaktatspiegel RPE-Skala nach BORG • aber: eine für alle Patienten ideale und leicht verfügbare Methode der Trainingssteuerung existiert nicht. Daher sollte eine Kombination von möglichst vielen der o.g. Steuergrößen - je nach Verfügbarkeit und individueller Erfahrung - zum Einsatz kommen. Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings * Hohe Intensität: 60-75 % Mittlere Intensität: 50 – 59 % Niedrige Intensität: 35 – 49 % 1. Herzfrequenz • unter Verwendung der HRR (Heart Rate Reserve bzw. Herzfrequenzreserve) • Grundlage des Berechnungsmodells ist, dass bei 60% der HRR bei den meisten Menschen noch ein Ausdauertraining im aeroben Bereich möglich ist. • Die HRR ist die bei einer Ergometrie maximal erreichte Herzfrequenz (HFmax) minus der Ruheherzfrequenz (HFRuhe). • Formel der Heart Rate Reserve (nach Karvonen) • THF = (HFmax – HF Ruhe) x [0,35 bis 0,80*] + HFRuhe • Beispielrechnung für 60 - 80 % der HRR: • HFRuhe = 64/min; HFmax = 132/min • THF = (132 - 64) x (0,6 – 0,8) + 64 = 105 – 118 bpm • als individuelle Trainingszone für jeden Patienten zu definieren • eingeschränkt bei geringer HRR, chronotroper Inkompetenz, Vorhofflimmern, oder nach Medikamentenwechsel 43 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings 2. Leistung in Watt • Die Wattsteuerung bezieht sich auf die bei einer Rad-Ergometrie erreichte maximale Wattzahl. Für das Ausdauertraining wird dann ein bestimmter Prozentsatz der erreichten Leistung in Watt angegeben • Hohe Intensität: 55 – 70 % der Wattmax • Mittlere Intensität: 40 – 54 % der Wattmax • Niedrige Intensität: 30 – 39 % der Wattmax • Nachteilig wirkt sich aus, dass praktisch nur das Rad-Ergometertraining exakt nach Watt quantifizierbar ist, so dass der Patient sich bei anderen Belastungsformen allenfalls nach Vergleichstabellen an dieser Größe orientieren kann. 44 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings 3. Sauerstoffaufnahme (VO2) • VO2 –Steuerung: durch Spiroergometrie (CPX), mit Ermittlung der u.a. die ventilatorischen Schwelle (AT nach der Definition von Wasserman) und der maximale Sauerstoffaufnahme (VO2peak oder VO2max) 45 • • • Hohe Intensität: 80 - 90 % WattAT oder 60 – 70 % der VO2peak Mittlere Intensität: 60 - 80 % WattAT oder 50 – 59 % der VO2peak Niedrige Intensität: 40 - 60 % WattAT oder 40 – 49 % der VO2peak • Vorteil: für herzinsuffiziente Patienten auch in Studien bewährt Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings * Hohe Intensität: 80 - 95 % Mittlere Intensität: 60 - 84 % Niedrige Intensität: 45 - 59 % Watt an der anaeroben Schwelle 4. Blutlaktatspiegel • Abgrenzung von Belastungsbereichen mit aerober, partiell anaerober und ganz überwiegend anaerober Energiebereitstellung • Diese Bereiche korrelieren mit der belastungsinduzierten Katecholaminfreisetzung / dem möglichen Gefährdungspotential bei Herzpatienten • optimal: Ermittlung des maximalen Laktat-Steady-State (maxLaSS) repräsentiert: die höchste Dauerbelastung, bei der Laktatakkumulation und – elimination gerade noch im Gleichgewicht stehen: sehr zeitaufwändig: zwischen 10. und 30. Minute nicht mehr als 1,0 mmol/l Laktat ansteigend • verkürztes Procedere: stufenweise gesteigerten Belastungstest (LaktatLeistungstest): Abschätzung der „individuellen anaeroben Schwelle“* • Schwellenkonzepten (nach Mader, Keul, David/Gass, Stegmann, Simon, Dickhuth und Dmax nach Cheng), cave: primär für den Leistungssport und nicht für die Anwendung an herzkranken Patienten entwickelt 46 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings • • • • 47 5. RPE-Skala nach BORG Maß für das subjektive Belastungsempfinden geht davon aus, dass ein Training auf einem subjektiv als leicht bis mittelschwer empfundenen Niveau erstens im aeroben Bereich liegt und zweitens effektiv ist als alleinige Steuerungsgröße unterliegt sie allerdings zu vielen Störfaktoren (z.B. gestörte Körperwahrnehmung, falscher Ehrgeiz, Gruppenzwang), so dass sie nur ergänzend zu anderen genannten Steuerungsparameter zum Einsatz kommen sollte. Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Intensität hoch mittel gering n. Borg 1998, 2004 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Dosierung des Ausdauertrainings - 5. RPE-Skala nach BORG Löllgen, 2004 ♂ ♀ n. Borg 1998 48 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Patienten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz I: • Empfohlene Intensität: • bis 70% VO2peak bzw. maximal an der anaeroben Schwelle • 40 – 70% Watt max • HFRuhe + 60% HRR; zusätzliche Überprüfung durch Laktatmessung wünschenswert. • optimal: Spiroergometrie (symptomlimitierte Ausbelastung oder submaximaler Belastungstest) unter Ermittlung der anaeroben Schwelle • ersatzweise Ergometrie mit symptomlimitierter Ausbelastung. • Empfohlener Umfang: • Dauerbelastbarkeit Empfehlungen • 25-40 Watt (‹ 3 MET) mehrfach täglich, je 5-10 min • 40-80 Watt (3-5 MET) 1-2x täglich, je 15 min • › 80 Watt (› 5 MET) 3-5x/Woche, je 20-30 min 49 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 1. Allgemeines aerobes Ausdauertraining Patienten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz II : • alternativ zur Dauermethode: Intervallmethode • Laststufenwechsel zwischen minimal 0 und maximal 50% des im „Steilen Rampentest n. K. Meyer“ ermittelten Maximalwertes: • • 50 Modus 1: 20 Sekunden Belastung und 40 Sekunden Pause Modus 2: 30 Sekunden Belastung und 60 Sekunden Pause Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining Allgemeines: 51 • Im Vordergrund des rehabilitativen Krafttrainings steht nicht das Erreichen einer maximal möglichen Muskelkraft, sondern die ökonomische und optimal vorbereitete Bewegungsausführung in Alltag und Freizeit • • • • • • Trainingsmittel Sequenztrainingsgeräte Seilzuggeräte Hanteln Expander, Deuser- oder Latex- / Therabänder® Eigengewicht des Körpers Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining Zielsetzungen • Ausgleich von alters-, krankheits- und schonungsbedingten Kraft- und Muskel-/ Knochensubstanzverlusten • Primärprävention von Muskel- und Skelett-Erkrankungen • Erhalt und Verbesserung der Mobilität • Verbesserung der Symptomatik / Lebensqualität • Verbesserung der Leistungsfähigkeit • Vorbereitung auf Alltag / Beruf • Abbau von kardiovaskulären Risikofaktoren (Gewicht) • Optimierung des Innervationsvermögens • Entwicklung von neuromuskulären Balancen • Adaptationen am passiven Bewegungsapparat • Aufbau und Verbesserung der Körperhaltung • Verbesserung der inter- und intramuskulären Koordination zur Sturzprophylaxe 52 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining Wirkungsweise • Verbesserung der Muskelkraft (Maximalkraft, Kraftausdauer) - Inter-/intramuskuläre Koordination↑ - Kreatinphosphat-Gehalt und Aktivität der entsprechenden Enzyme↑ • Vergrößerung der Muskelmasse • Positive Auswirkungen auf das kardiovaskuläre Risikofaktorenprofil - Verbesserung der Körperzusammensetzung - Verbesserung des Glukosestoffwechsels • Längerfristig positive Auswirkungen auf die Hämodynamik unter Belastung - Senkung der Nachlast des Herzens - Verminderung der Druckarbeit des Herzens - Reduktion des Druck-Frequenz-Produktes u. damit des kardialen O2-Bedarfs • Ausgleich von Kraftdefiziten und muskulären Dysbalancen • Verbesserung der Körperwahrnehmung 53 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining Indikationen • Unter Beachtung der unten aufgeführten Kontraindikationen sollte Krafttraining als Standard bei allen Herzpatienten eingesetzt werden, insbesondere bei: • Postoperativer Immobilitätsatrophie • Krankheitsbedingter Muskelatrophie • Genereller Leistungsschwäche • Orthopädischer Begleiterkrankung Dabei ist keine Mindestbelastbarkeit erforderlich! 54 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining Erforderliche Diagnostik vor Trainingsbeginn • Siehe Kapitel Ausdauertraining Risikostratifizierung • Siehe Kapitel Ausdauertraining Kontraindikationen • Siehe Kapitel Ausdauertraining • Zusätzlich zu den genannten Kontraindikationen ist Krafttraining bei folgenden Krankheitsbildern problematisch: Schwer einstellbare Hypertonie Höhergradige pulmonale Hypertonie Kritisches thorakales / abdominelles Aortenaneurysma Frühstadium Ventrikelaneurysma • Schwere und/oder symptomatische Hypertrophe Cardiomyopathie 55 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining * 1-RM = One-Repetition-Maximum (1-Wiederholungsmaximum), korrekte Ausführung ohne Pressdruck Dosierung Trainingsziel Umfang Umfang Kraftausdauer • 2-3x pro Woche • 1-3 Sätze • 15-30 Wiederholungen • 30-50% 1-RM* • mittleres Belastungsempfinden (BORG 11-15) • langsame, kontrollierte Bewegungsausführung Muskelaufbau • 2-3x pro Woche • 1-3 Sätze • 8-14 Wiederholungen • 50-80% 1-RM* • mittleres Belastungsempfinden (BORG 13-15) • langsame, kontrollierte Bewegungsausführung 56 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining • • • • • • 57 Krafttraining stellt auf Grund der - im Vergleich zum Ausdauertraining - kleinen Muskelmasse und kurzen Belastungszeiten in erster Linie eine Belastung für die Peripherie (Skelettmuskulatur, passiver Bewegungsapparat) dar Herzfrequenz zur Steuerung daher als alleiniges Kriterium ungeeignet die Trainingsherzfrequenzen aus dem Ausdauertraining sollten jedoch auch beim Krafttraining nicht überschritten werden die eigentliche Belastungsdosierung erfolgt über die Größen Wiederholungszahl und Intensität Die Wiederholungszahl ergibt sich aus dem angestrebten Trainingsziel (siehe Tbl. vorherige Folie). Die Intensität lässt sich entweder objektiv über das 1-RM oder subjektiv über das Belastungsempfinden festlegen. Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining • • • • • 58 Bestimmung des 1-RM verursacht bei Herzpatienten und älteren Personen keine kardiovaskulären Komplikationen kein geeignetes Mittel zur Bestimmung des Trainingsgewichts, da zwischen der prozentualen Intensität und der damit möglichen Wiederholungszahl kein signifikanter Zusammenhang besteht, eignet sich lediglich zur Einschätzung der Trainingsintensität, vor allem zur Bestimmung der Obergrenzen. sinnvoller ist eine subjektive Herangehensweise, bei der die Intensität in Orientierung am Grad der wahrgenommenen Anstrengung (z.B. RPE-Skala nach BORG, „Trainingstacho“) festgelegt wird. Eine muskuläre Ausbelastung ist auf Grund der dabei möglichen Blutdruckspitzen unbedingt zu vermeiden, der Patient trainiert deshalb nicht bis zur letztmöglichen Wiederholung. Das Gewicht muss so gewählt werden, dass auch die letzte Wiederholung noch mit korrekter Bewegungsausführung, ohne Pressdruck und mit einem Belastungsempfinden von maximal RPE 15 / „schwer“ absolviert werden kann. Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 2. Krafttraining • • • • • • • 59 In der Regel wird Krafttraining von sehr schwach belastbaren Patienten besser vertragen als Ausdauertraining! wird das Training schlecht toleriert, kann die Belastung - bei Bedarf - durch folgende Maßnahmen weiter reduziert werden: nur Übungen auswählen, die mit aufrechtem Oberkörper, vorzugsweise im Sitzen, durchgeführt werden können zusätzliche Pausen einlegen, bzw. die Pausenzeiten verlängern z.B. 3-5 Sätze a 5-10 Wiederholungen trainieren nach jeder Wiederholung eine kurze Pause (3 sek) einlegen Muskelgruppe möglichst klein halten, z.B. einbeinig statt beidbeinig trainieren Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel Praxisorientierte Empfehlungen für die kardiologische Sporttherapie 60 Training mit Herzpatienten Gelsenkirchen, 25. September 2009 Roland Nebel