08a.Carte Vitale und DMP in Frankreich.Junold
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08a.Carte Vitale und DMP in Frankreich.Junold
Ines Junold 84749 Lehramt für Informatik und Wirtschaft/ Recht 2. Fachsemsester [email protected] Proseminar Rechnerarchitektur Informatik und Gesellschaft Prof. Dr. Eberhard Zehendner Institut für Informatik Fakultät für Mathematik und Informatik FSU Jena Sommersemester 2006 Carte Vitale und DMP in Frankreich 09. August 2006 Page |1 Inhaltsverzeichnis 1 Die elektronische Krankenkarte auf der Welt 1.1 Österreich 1.2 Andalusien 2 Frankreich 2.1 Das Gesundheitssystem in Frankreich 2.2 Die carte vitale 1 2.2.1 Probleme mit der carte vitale 1 2.2.2 Version 1.04 der carte vitale 1 2.2.3 Veränderte Verhaltensweisen durch die carte vitale 1 2.3 Die carte vitale 2 2.4 Die DMP 2.4.1 Die DMP im Allgemeinen 2.4.2 Die DMP in Frankreich 2.5 Gründe für die Einführung der Carte vitale 2.6 Das Projekt SESAM- VITALE und Gemplus 2.7 Die Hz- Karte (der Heilberuflerausweis) 2.8 Mögliche Probleme und Schwierigkeiten mit der carte vitale in Deutschland 3 Literaturverzeichnis 3.1 Internetadressen 3.2 Zeitschriften 3.3 andere Literatur 4 Anhang Page |2 1 Die elektronische Krankenkarte auf der Welt In vielen Ländern der Welt wurden seit den 90er Jahren elektronische Gesundheitskarten eingeführt. Besonders die Segam Orga SAFRAN Group besitzt großen Einfluss in diesem Gebiet der Technologie, so war sie maßgeblich an der Einführung der folgenden elektronischen Gesundheitskarten beteiligt (vgl. Segam Orga o.J.): In Tschechien kam es zur Einführung der Macha (siehe Anhang 4.1.1). Mit dieser Karte sollten die Möglichkeiten von Chipkarten getestet werden. Diese elektronische Karte erwies sich als große Erleichterung im Bereich von Medizin, Kranken- und Sozialversicherung, insbesondere für Ärzte. In Schweden wurde die Gambro entwickelt. Auf ihr werden ärztliche Verordnungen und durchgeführte Behandlungen gesichert. In der russischen Region Tula gibt es die Tula Karte (siehe Anhang 4.1.2). Die Sagem Orga (damals ORGA Zelenograd genannt) belieferte die Region mit entsprechenden Chipkarten, mit Hardware und mit Software. Selbst in den USA war das Unternehmen beteiligt, mit der Health Passport (siehe Anhang 4.1.3). Doch war diese sind nur von Vorteil für Mütter. Auf eine solche Karte werden Indentifikationsdaten und auch Gutscheine für Mutter und Kind geladen. Mit diesen Gutscheinen können die Mütter bestimmte Lebensmittel, eine medizinische Betreuung und eine entsprechende Fortbildung für ihr Kind erhalten. Diese Gutscheine können benutzt, und wenn sie aufgebraucht sind, wieder aufgeladen werden. Auch in anderen Ländern kam es (auch durch andere Unternehmen) zur Einführung von elektronischen Krankenkarten: in Indien (die Village Watsan), Österreich, Italien, Irland, Deutschland, Finnland, Griechenland, Ungarn und in der Slowakei (vgl. Netcards 2006). 1.1 Österreich Die österreichische elektronische Gesundheitskarte wird in erster Linie für eine erleichterte Abrechnung bei den Krankenkassen verwendet. Auf dieser e- card sind neben Namen und Titel des Karteninhabers auch die Sozialversicherungsnummer gespeichert. Gegen eine gewisse Gebühr kann diese e- card auch auf eine so genannte Bürgerkarte verbessert werden. Diese Bürgerkarte besitzt im Gegensatz zur „normalen“ e- card eine Signaturfunktion. Mehr als ein Jahr nach deren Einführung (Mai bis November 2004) kam es zu ersten Problemen. Im September 2005 wurde der Hauptserver des Gesundheits-InformationsNetzwerkes (GIN- auf dem GIN wird nach dem Einlesen der Versichertendaten über die Gesundheitskarte die Behandlung abgerechnet) vom Netz genommen, doch trat in dieser Zeit auf dem Ersatzserver ein Datenbankfehler auf, so dass die Ärzte die Behandlung nicht mehr online abrechnen konnten. Der Serverausfall dauerte vier Stunden, in denen die Ärzte die Patientendaten und alles nötige per Hand notieren mussten. Page |3 Dann, zwei Tage nach dem Datenbankfehler, trat erneut ein Problem auf, nämlich als das System in den Offlinemodus wechseln sollte. Auch bei diesem Problem konnten die Ärzte die Daten erst zu einer späteren Gelegenheit an das GIN übermitteln. Zu diesem Zeitpunkt war es eigentlich geplant, die Funktionen der e- card zu erweitern, so beispielsweise eine elektronische Arzneimittelbewilligung einzuführen. Jedoch lehnte der Ärztekammer-Präsident Dr. Reiner Brettenthaler (siehe Anhang 4.1.4) aufgrund der Systemausfälle eine Erweiterung der Karte ab. Doch die Systemlieferanten versuchten sich zu rechtfertigen, schließlich lief das System bis September 2005 6800 Stunden zuverlässig und war 99,9% verfügbar. Außerdem verstärkte man nach den beiden genannten Ausfällen die Sicherheitsinfrastruktur (vgl. IT Kompakt 2005, S. 7 f.). 1.2 Andalusien In der spanischen Region Andalusien begann man bereits 1997 mit der Umstellung auf die Gesundheitskarte „Diraya“, auch wenn sie erst 2004 als zentraler Bestandteil eingeführt wurde. 2005 besaßen rund 66% der Andalusier eine elektronische Gesundheitskarte, 2006 soll dieser Anteil auf 80% steigen. Durch die Diraya können Ärzte und Krankenschwestern auf die Krankenkarte des Patienten zugreifen, welche in einem elektronischen Archiv gespeichert ist. Nachdem der Patient den betreffenden Arzt autorisiert hat, kann der Arzt die Patientenakte online verändern, Verordnungen hinzufügen und neue Rezepte ausstellen. Wenn der Arzt ein solches Rezept ausgestellt hat, kann der Patient mit seiner Krankenkarte in der Apotheke dieses Medikament erlangen. Bei chronisch Kranken ist es so geregelt, dass der Arzt ein Rezept über mehrere Monate ausstellen kann. Einerseits kritisiert die Ärztegemeinschaft zwar, dass das System oft nicht funktioniere, jedoch waren auch schon letztes Jahr (2005) erste Einsparungen bei den Rezept- und Personalkosten zu vermerken (vgl. IT Kompakt 2005, S. 7 f.). Page |4 2 Frankreich 2.1 Das Gesundheitssystem in Frankreich Im französischen Gesundheitssystem existiert eine große nationale Krankenversicherung: die CNATMS. Alle Franzosen, außer ein paar Berufsgruppen, sind über diese versichert. In Frankreich müssen die zu behandelnden Patienten bei den meisten Ärzten zuerst ihre Behandlung selbst bezahlen, bekommen jedoch etwa zwei Drittel zurück, also belaufen sich die Selbstbeteiligungskosten auf etwa ein Drittel (ähnlich wie in Deutschland privat Versicherte, jedoch ist das Abrechnungssystem wesentlich einfacher). Wegen dieser hohen Selbstbeteiligung schließen viele Franzosen zur Sicherheit Zusatzversicherungen ab. Durch das Hausarztmodell der Franzosen (siehe Gliederungspunkt 2.4.2 Die DMP in Frankreich) wird der Besuch von teuren Fachärzten bewusst eingeschränkt. Der Staat greift intensiv in das Gesundheitswesen ein. So verhandelt er beispielsweise mit den Pharmazeuten und kann dadurch mit über die Medikamentenpreise bestimmen. Auch die Kosten für die staatliche Krankenversicherung liegen in seiner Hand (vgl. Sueddeutsche Zeitung 2002). Zur weiteren Lektüre zum Thema „Gesundheitssystem in Frankreich“ findet sich auf http://www.ess-europe.de/europa/kvsys_frankreich.htm ein interessanter Artikel. Page |5 2.2 Die carte vitale 1 Die „carte vitale 1“ (siehe Anhang 4.2.1) wurde vor knapp zehn Jahren in Frankreich eingeführt, konnte sich jedoch erst nach und nach durchsetzen, da die Ärzte dieser neuen Technik noch nicht ganz vertrauten. Sie ist eine Versicherungschipkarte, auf der die verwaltungsmäßigen Daten des Patienten gespeichert sind. Diese Mikroprozessor- Chipkarte enthält jedoch keine medizinischen Daten. Über diese Funktion verfügt erst ihr Nachfolger, die „carte vitale 2“. Sie kann auch medizinische Informationen und Notfalldaten abspeichern (vgl. Konrad- Adenauer- Stiftung e.V. 2004). Um die Karte lesen zu können, werden die entsprechende Software und ein Kartenlesegerät (siehe Anhang 4.2.2) benötigt. Außerdem ist auch der elektronische Heilberufsausweis, „Hz- Karte“, zum Abrufen der Daten unerläßlich (siehe Gliederungspunkt 2.7: Die Hz- Karte). Mit der carte vitale 1 kommt es zu einem Onlinedatenaustausch zwischen den Leistungserbringern und der Krankenversicherung. Durch diese Karte ist man berechtigt das französische Gesundheitssystem zu nutzen. Da durch die elektronische Gesundheitskarte die manuelle Bearbeitung der Erstattungsanträge (wie die Erstattung von Medikamenten und Behandlungskosten) wegfällt, reduzieren sich auch die Verwaltungskosten merklich. (vgl. Aerzteblatt.de 2006) 2.2.1 Probleme mit der carte vitale 1 2003, also kurz vor der Einführung der „carte vitale 2“, wurden Fragen im Zuge der Entwicklung der NIKT (neue Informations- und Kommunikationstechnologien), insbesondere bezüglich der Telemedizin und der Nutzung von Netzwerken laut. Es wurde überlegt wie man das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten aufrechterhalten kann. Auch war nicht klar, wer die Rechte bezüglich Eigentum, Archivierung und Nutzung der Krankenakte besaß. Schließlich hat der Patient die die Berechtigung zu entscheiden, ob die Beschäftigen im Gesundheitswesen die Akte einsehen dürfen oder nicht. Somit kann der Patient auch zum Teil über den Inhalt der Akte verfügen (Was soll geschrieben werden, was nicht?). Durch die NIKT können diese Patientendaten elektronisch gespeichert werden, jedoch wirft auch dies neue Probleme bezüglich der Sicherheit und Vertraulichkeit der Daten auf (vgl. Internationale Vereinigung für soziale Sicherheit 2003). 2.2.2 Version 1.04 der carte vitale 1 Die Version 1.04 der carte vitale 1 war vor allem dazu da, erkannte, bestehende Probleme zu lösen. Ein Problem war, dass der Arzt jedesmal, wenn die Daten von einem Patienten vor oder nach der Untersuchung abgerufen oder -geschickt werden sollten, seinen Heilberuflerausweis mit in den Kartenleser stecken musste. Durch die bessere Version 1.04 ist es so geregelt, dass eine zeitliche Verschiebung zwischen der Bearbeitung der Daten und dem Einstecken des Heilberuflerausweises realisierbar ist. So wird es dem Arzt ermöglicht, seinen Ausweis Page |6 einmal am Ende des Tages in das Lesegerät zu stecken, um beispielsweise die elektronischen Krankenscheine zu unterzeichnen und an die Krankenversicherung zu versenden. Die neue Version ermöglicht es auch, durch den Arzt erbrachte Leistungen trotzdem abzurechnen, auch wenn die carte vitale des Patienten bereits abgelaufen ist und der Patient somit eigentlich keinen Anspruch mehr auf eine Krankenversicherung hat. In diesem Fall können nun die Daten der medizinischen Behandlung über eine Ersatzperson gespeichert werden. Eine andere Erneuerung ist, dass in Privatkliniken der Belegschein 615 wegfällt. Somit ist ein Arzt berechtigt, für seinen Kollegen mit seinem eigenen Heilberuflerausweis elektronisch zu unterschreiben. Durch diese Übertragung der Zeichnungsbefugnis wird den Ärzten ihre Arbeit erheblich erleichtert, da nicht immer ein bestimmter Arzt unterschreiben muss (vgl. ebenda). 2.2.3 Veränderte Verhaltensweisen durch die carte vitale 1 Die carte vitale 1 bringt viele Neuerungen und Anwendungsmöglichkeiten mit sich, mit denen sich die einzelnen Akteure im Gesundheitswesen erst vertraut machen müssen. Durch die carte vitale 1 ist es den Ärzten und Fachleuten nun möglich, ihr medizinisches Fachwissen untereinander auszutauschen und somit dem Patienten eine bessere medizinische Behandlung zu gewährleisten. Durch die entstandene „Nähe“ der Ärzte zueinander ist auch eine ist auch eine kontinuierliche und gut koordinierte Behandlung erreichbar. Ebenfalls den Nutzern des Gesundheitssystems, also den Patienten, ist eine neue Vielfalt von neuen Möglichkeiten gegeben. Durch diese Möglichkeiten sind sie selbst stärker für sich und ihre Gesundheit verantwortlich. So haben sie damit neue Möglichkeit bezüglich ihrer eigenen Krankenakte (siehe Gliederungspunkt 2.2.1: Probleme mit der carte vitale 1), vor allem was Eigenschaften und Nutzung ihrer Krankenakte angeht. Da sie nun auf diese Zugriff und somit Wissen über ihre Krankheiten haben, können sie sich über gewisse Gesundheits- Webseiten (zum Beispiel http://www.netdoktor.at/) nähere Informationen über ihre Beschwerden einholen. Diese Qualität der Webseiten muss nur gesichert sein, so dass die Patienten sich sicher sein können, dass sie nichts Falsches im Internet lesen. Besonders Krankenversicherungsträger, berufsständische Einrichtungen und auch der Staat bemühen sich, die bestehenden Technologien zu verbessern und zu fördern, so dass effektiv zu einer Verbesserung der medizinischen Behandlung beigetragen wird, wobei auch die Rechte des Patienten gewahrt bleiben müssen (vgl. ebenda). Page |7 2.3 Die carte vitale 2 2004 kam es in Frankreich zur Einführung der „carte vitale 2“ und im Zuge dessen zur Einführung einer Praxisgebühr über einen Euro, die bei jedem Besuch zu entrichten ist (vgl. Heise. De 2004). Diese Karte enthält einige Erweiterungen im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, der carte vitale 1. So besitzt diese Karte eine Speicherkapazität von 32 Kilobyte, wohingegen die carte vitale 1 nur über einen Speicherplatz von 4kb verfügte (vgl. Sante.gouv 2004). Auf diesen 32 Kilobyte sind unter anderem die biometrischen ID- Merkmale - wie auf dem europäischen Reisepass - gespeichert (durch Fingerabdruck und Gesichtserkennung zu gewinnende Merkmale). Durch diese Merkmale soll der Arzt auch ohne Onlineverbindung zum Server die Möglichkeit haben, den Patienten zu identifizieren (vgl. Newsbyte.ch 2004). Auch sind auf dieser neuen Karte Notfalldaten wie Blutgruppe oder Allergien abrufbar. Daneben sind mindestens vier signierte eRezepte, Pointer (zum Beispiel die Adresse des Health Care Providers oder dem Ort der Ablage von Befunden), Indikatoren der letzten Bezahltransaktionen und auch Informationen zu möglichen Zusatzversicherungen auf der Karte gespeichert (vgl. Chipkarte.at 2005). Eine elektronische Patientenakte ist möglich, jedoch nicht zwingend auf der Karte gespeichert. Alle anderen Informationen und Daten des Patienten können hostbasierend über die zentrale Patienten- und Rezeptdatei im Internet abgerufen werden (vgl. Heise.de 2004). Auf der carte vitale 2 ist im Gegensatz zu ihrem Vorgänger ein Foto des Inhabers abgebildet (siehe Anhang 4.2.3). Dies soll den Betrug mit der Krankenkarte erschweren. Das Gesundheitsministerium schätzt das Betrugsvolumen mit der carte vitale 1 auf mehrere Millionen Euro (vgl. Konrad- Adenauer- Stiftung e.V. 2004). Das Foto kostet pro Karte 60 Cent. Da ungefähr 60 Millionen Karten benötigt werden, versucht das Foto Mehrkosten in Höhe von 35 Millionen Euro insgesamt (vgl. Sante.gouv 2004). Auch soll die Karte- neben dem Medikamenten- und Leistungsmissbrauch- den Missbrauch von Krankschreibungen eindämmen. Mithilfe der elektronischen Patientenakte soll es nur dem Arzt, der auch die erste Krankschreibung vorgenommen hat, möglich sein, die Krankschreibung zu verlängern. In Deutschland will man die eKarte mit zusätzlichen Funktionen (wie der qualifizierten Signatur) einführen und so dem Patienten mehr Verfügungsgewalt über seine elektronische Patientenakte ermöglichen. Doch diese Idee wurde in Frankreich verworfen (vgl. Heise.de 2004). Aber der Patient kann, wie es auch bald in Deutschland möglich sein soll, wenn er möchte dem Arzt die Erlaubnis (ohne Angabe von Gründen) die Einsicht in die elektronischen Akten entziehen. Dies wird jedoch von französischen Datenschützern kritisiert, da der Patient, wenn er dem Arzt die Befugnis nicht erteilt, mit Kürzungen von Krankenkassen- Zuschüssen zu rechnen hat (vgl. Newsbyte.ch 2004). Page |8 2.4 Die DMP 2.4.1 Die DMP im Allgemeinen Die DMP sind im Allgemeinen Disease- Management- Programms, also strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke. Es wird davon ausgegangen, dass man durch Leitlinien und Standards die optimale Behandlung für einen bestimmten Patienten definieren und anwenden kann. Das Ziel dieser Methode ist es, eine optimale Versorgung des Patienten zu sichern und normalerweise langfristig entstehende Kosten zu senken. Im Moment werden solche Behandlungsmethoden für Asthma, chronische Lungenerkrankungen, Brustkrebs, Diabetes (Typ 1 und Typ 2) sowie für Herzerkrankungen entwickelt (vgl. Landesvertretung für Gesundheit Niedersachsen e.V. 2004). 2.4.2 Die DMP in Frankreich Im Gegensatz zur DMP im Allgemeinen ist in Frankreich mit dem Begriff DMP die elektronische Patientenakte, das „dossier médical personnel“ („gemeinsames medizinisches Dossier“) gemeint. In der DMP sind alle Daten zu Krankheiten, Diagnosen und Behandlungen und sogar Röntgenaufnahmen gespeichert, die mit Hilfe der carte vitale und dem Heilberuflerausweis der Ärzte abgerufen werden können (Ohne eine der beiden Karten ist die Einsichtnahme nicht möglich). Dies erleichtert die Verwaltung der Daten des Patienten enorm, da so alle medizinischen Daten nah beieinander stehen und der Papieraufwand der Ärzte zum Teil wegfällt bzw. erleichtert wird. Auch ist es dem Patienten möglich, über das Internet Einsicht in seine Akte zu erlangen und sich so einen besseren Überblick über seine Gesundheit zu machen (siehe Gliederungspunkt 2.2.3 Veränderte Verhaltensweisen durch die carte vitale 1). Im Oktober 2004 begann man in Labortests mit 10000 fiktiven Akten. Dies wurde von November bis März 2006 auf 5000 echte Patientenakten ausgeweitet. Ab Anfang 2007 ist es vorgesehen, dass jedem Bürger Frankreichs eine DMP besitzt. Dies gilt für alle Menschen, die in Frankreich krankenversichert sind und das 16. Lebensjahr vollendet haben (vgl. IT Kompakt 2005, S. 7 f.). In Frankreich existiert ein Hausarztmodell, welches die Behandlung der Patienten effizienter gestalten soll. Jeder Patient hat einen bestimmten Arzt als Hausarzt benannt. Dieser oder der entsprechend fortgebildete Allgemeinmediziner koordiniert im Rahmen der DMP den gesamten Versorgungsprozess. Er bestimmt somit, wann und zu welchen Fachärzten oder Krankenhäusern der Patient gehen soll. Er trägt die Verantwortung für die Effizienz und Qualität der Behandlung (vgl. Landesvertretung für Gesundheit Niedersachsen e.V. 2004). In Frankreich muss der Patient die Behandlung zuerst selbst bezahlen und die CPAM erstattet dann das Geld zurück (siehe Gliederungspunkt 2.1: Das Gesundheitssystem in Frankreich). Wenn der Patient jedoch (seit Sommer diesen Jahres) selbstständig (also ohne Überweisung) zu einem anderen Arzt oder Spezialisten (außer bei Kinderärzten, Zahnärzten und Frauenärzten) geht, werden ihm weniger Behandlungskosten zurückerstattet, also der Eigenanteil steigt an (vgl. Grenzgaenger- Forum 2006). Dies ist eine gute Methode, die Page |9 Behandlung gleich von Anfang an für den Patienten entsprechend effektiv zu gestalten. P a g e | 10 2.5 Gründe für die Einführung der Carte Vitale Die carte vitale soll besonders die Qualität der medizinischen Versorgung für den Patienten optimieren. So soll die carte vitale beispielsweise eine Mehrfachverschreibung von Medikamenten verhindern. Auch ist die Einnahme von tödlichen Medikamentenkombinationen (wie im Lipobay- Skandal) somit unterbunden (vgl. Heise.de 2004). Solche gefährlichen Medikamentenkombinationen führen in Frankreich pro Jahr unter anderem zu 128000 Einweisungen in Krankenhäuser und zu mehreren Todesfällen im Straßenverkehr (vgl. Kölner Stadtanzeiger 2006). Auch sollen durch die carte vitale die unnötigen Arztbesuche (wie zum Beispiel Doppeluntersuchungen) eingedämmt werden. Der Patient hat nun ebenfalls einen besseren Überblick über seinen Gesundheitsstatus (siehe Gliederungspunkt 2.2.3: Veränderte Verhaltensweisen durch die carte vitale 1). Auch den Ärzten kommt die Einführung der elektronischen Krankenkarte zugute. Durch sie haben die Ärzte einen schnelleren, besseren und vollkommeneren Überblick über den Gesundheitsstatus des Patienten, insbesondere in Notfallsituationen (vgl. Klimkeit 2006, S.3). P a g e | 11 2.6 Das Projekt SESAM- VITALE und Gempuls Einer der Hauptlieferanten bei der Ausgabe der carte vitale 2 war das Unternehmen Gemplus. Das Projekt SESAM- VITALE ist eines der größten e- healthcare Projekte auf der Welt. Bei diesem Projekt müssen 80 Millionen elektronische Vorgänge aus dem Bereich des Gesundheitswesens im Monat verarbeitet werden. Der Vertrag mit Gemplus über die carte vitale umfasst die Produktion (mit der grafischen und elektronischen Personalisierung) und den Versand (Lieferung von mindestens acht Millionen Karten innerhalb von zwei Jahren) der Chipkarten. Nach zwei Jahren ist eine Vertragsverlängerung um zwei weitere Jahre möglich. Gemplus war auch schon 1998 im französischen Gesundheitswesen involviert, als die carte vitale 1 Karten personalisiert (inklusive Lieferung) und die Kartenlesegeräte für das SESAMVITALE Projekt ausgeliefert wurden. Die Gemplus ist jedoch nicht nur in Frankreich aktiv, sondern auch unter anderem in Belgien, Deutschland, Slowenien und China. Die gelieferten Produkte und Dienstleistungen (wie zum Beispiel Personalisierungs-, Mailing- und Beratungsdienstleistungen) umfassen mehrere Millionen Chipkarten, Lesegeräte und die entsprechende Software. Man sieht also, dass die Gemplus schon eine jahrelange und differenzierte Erfahrung in Bezug auf elektronische Gesundheitskarten besitzt (vgl. Gemplus 2006). P a g e | 12 2.7 Die Hz- Karte (der Heilberuflerausweis) Der französische Heilberuflerausweis unterscheidet sich je nachdem, von welcher Art von Arzt er benötigt wird. Insgesamt gibt es vier verschiedene Ausführungen: Die erste Variante ist die „Carte du Professionnel de Santé“ (CPS, siehe Anhang 4.2.4), also die Karte der medizinischen Fachkraft. Diese Karte besitzen medizinische Fachkräfte, wie Doktoren, Apotheker, Zahnärzte, Hebammen, Krankenschwestern, Physiotherapeuten und ähnliche. Die zweite verfügbare Karte ist die „Carte de Professionnel en Formation“ (CPF, siehe Anhang 4.2.5). Diese Karte bekommen Ärzte, die zwar promoviert haben, also schon ausgebildet sind, jetzt jedoch ihre Fachrichtung ändern oder erweitern wollen, so genannte „Fachleute im Training“. Die dritte Karte gibt es als „Carte de Directeur d' Etablissment“ (CDE) oder auch als „Carte de Personnel d' Etablissement“ (CPE) (siehe Anhang 4.2.6). Die erste Karte, CDE, kann ein Direktor einer Sicherheitseinrichtung erlangen. Die Zweite, CPE, bekommt der Stab einer Sicherheitseinrichtung. Solche Sicherheitseinrichtungen sind zum Beispiel Gesundheitseinrichtungen oder Labore. Die vierte und letzte Karte ist die „Carte de Personnel Autorisé“ (CPA, siehe Anhang 4.2.7). Diese ist für den Stab der autorisierten Organisationen, damit sich diese an die Gesundheitspflegenetze anschließen können. Um die Hz- Karte benutzen zu können, benötigt man einen Kartenleser und die entsprechende Software, um die Karte einlesen zu können. Der Besitzer der Karte, also der entsprechende Arzt, muss die Karte in den Kartenleser einführen und seine persönliche Identifikationsnummer, genannt STIFT, eingeben. Wenn der Arzt seinen Heilberuflerausweis vor dem 26.11.2001 erworben hat, besitzt sie eine Gültigkeit von zwei Jahren. Wenn sie jedoch nach dem 26.11.2001 erworben wurde, weist sie eine Gültigkeit über drei Jahre auf. Nähert sich das Verfallsdatum der Karte, führt die GIP eine automatische Erneuerung der Karte durch. Um es für die Ärzte zu gewährleisten, dass sie ohne Unterbrechung ihrer Tätigkeit nachgehen können, wird ihnen ihre neue Karte wenige Tage vor dem Ablauf der alten zugesandt. Alle diese Karten haben jedoch die gleichen Funktionen: Sie sollen in erster Linie den Zugang zu den medizinischen Daten sichern, da man ohne Heilberuflerausweis nicht auf die medizinische Daten der Patienten zugreifen kann (also auf die Datenbanken, auf denen die Daten liegen). Auch soll es die Sicherheit der zu sendenden elektronischen Post und der medizinischen Daten gewährleisten. Die Hz- Karte ist unerläßlich, um die medizinischen oder administrativen Daten (beispielsweise elektronische Rückerstattungsformulare „Feuilles des Soins electronique“) elektronisch zu unterzeichnen, was auch eine höhere Sicherheit im Gegensatz zur normalen handschriftlichen Unterschrift bietet. Außerem ist es durch die HzKarte möglich, vertrauliche Daten zu kodieren, so dass nicht jeder Einsicht in sie nehmen kann (vgl. GIP „CPS“ 2003). P a g e | 13 2.8 Mögliche Probleme und Schwierigkeiten mit der carte vitale in Deutschland Auch in Deutschland wird sie bald kommen: die elektronische Gesundheitskarte (beispielsweise siehe Gliederungspunkt 2.2.1: Probleme mit der carte vitale 1). Wie bereits erwähnt, hatte die carte vitale in Frankreich Probleme bei ihrer Einführung und darüber hinaus werden Schwierigkeiten sicher auch in Deutschland auftreten. Viele Menschen sind anfangsweise sehr skeptisch gegenüber Neuem und neuer Technik. Wenn die elektronische Gesundheitskarte (eGK) eingeführt wird, wird es in Arztpraxen zu einigen Neuanschaffungen im IT Bereich kommen. So müssen die Ärzte sich Kartenlesegeräte, evtl. einen neuen Computer, eine Internetleitung usw. anschaffen. Diese Erwerbungen sind natürlich mit neu entstehenden und nicht geringen Kosten verbunden. Genauso müssen sich nun die Beschäftigten im Gesundheitswesen fortbilden, um mit der Technik umgehen zu können. Wenn man diese Punkte berücksichtigt kann man natürlich diese Skepsis verstehen. Dann bleiben natürlich auch noch die Fragen bezüglich der Speicherung. Wo sollen die Daten gespeichert werden? Wie kann man sie ausreichend vor Fremdzugriff schützen? Obwohl die eGK bereits Anfang diesen Jahres hätte eingeführt werden sollen, sind diese Fragen noch immer nicht geregelt. Wie auch in Frankreich ist es vorgesehen, dass die Patienten in der deutschen Version der Krankenkarte bestimmen können, welche Daten der Arzt sehen darf und was in ihrer Akte gespeichert werden soll. Doch beinhaltet dies auch, dass der Arzt sich nie sicher sein kann, dass er wirklich alles über den Patienten erfahren kann und somit weiß. So ist es natürlich nicht auszuschließen, dass Doppeluntersuchungen o.ä. auftreten, was die eGK eigentlich vermeiden soll. Natürlich stellt sich auch die Frage, ob der Patient behandelt werden kann, wenn wenn er seine Karte bei der Behandlung vergessen hat. Oder was ist, wenn er mal seine PINnummer, die er eingeben muss, so dass der Arzt auf die Daten des Patienten zugreifen kann, vergessen hat? Ist dann eine Behandlung gar nicht möglich? In Frankreich war dies so geregelt (siehe Gliederungspunkt 2.2.2: Version 1.04 der carte vitale 1), dass die Daten der Behandlung über eine Ersatzperon gespeichert werden können. Wie man sieht, ist die eGK nach ihrem aktuellen (öffentlich zugänglichen) Stand noch lange nicht so weit für ihre Einführung. So viele Fragen sind noch nicht geklärt, die offensichtlich vorliegen und alle diese Probleme dann erst zu bearbeiten wenn die Karte längst eingeführt ist und sich die ersten Patienten, Ärzte oder Krankenversicherungen beschweren, ist sehr schwierig. Dabei wäre es doch gar nicht so schwer, aus den Fehlern und Problemen der anderen Länder (wie Frankreich) zu lernen und diese auszuschalten. P a g e | 14 3 Literaturverzeichnis 3.1 Internetadressen Aerzteblatt.de: http://www.aerzteblatt.de/ - E-Health in Europa: Karten- und Netzmodelle. 2006 (21.04.06- 10:01) http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=51008 Chipkarte.at: http://www.chipkarte.at/ - Die e- card im internationalen Vergleich. 2005 (21.04.06- 09:49) www.chipkarte.at/mediaDB/81625.PDF CPAM: http://www.cpam-lepuy.fr/ - Abbildung der carte vitale 1. o. J. 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(27.06.06- 15:49) http://www2.fulmedico.org/a/article.php?id_article=19 Gemplus: http://www.gemplus.com/ - Gemplus gewinnt Auftrag für die nächste Generation der elektronischen Gesundheitskarte in Frankreich. 2006 (27.06.06- 18:47) http://www.gemplus.com/press/archives/2006/id_security/30-05-2006-ehealthcare_de.html GIP "CPS": http://www.gip-cps.fr/ - Les FAQ générales sur les cartes de la famille CPS. 2003 (27.06.06- 12:32) http://www.gip-cps.fr/intro/SYS_cadresfaq.htm Grenzgaenger- Forum: http://www.grenzgaenger-forum.de/ - Hallo!. 2006 (27.06.06- 20:14) http://www.grenzgaenger-forum.de/forum/viewtopic.php?id=35 Heise.de: http://www.heise.de - Auch Frankreich bekommt eine Gesundheitskarte. 2004 http://www.heise.de/newsticker/meldung/49266 (21.04.06- 09:41) P a g e | 15 Internationale Vereinigung für soziale Sicherheit: http://www.issa.int/ - Informationstechnologie in der Krankenversicherung. 2003 (27.04.06- 09:44) http://www.issa.int/pdf/IT/4delaveau.pdf Kölner Stadtanzeiger: http://www.ksta.de/index.shtml - Frankreich will die Patienten erziehen. 2006 (21.04.06- 09: 42) http://www.ksta.de/html/artikel/1143611675647.shtml Konrad- Adenauer- Stiftung e.V.: http://www.kas.de/ - Allzu zaghafte Reform der Krankenversicherung in Frankreich. 2004 (21.04.0609:42) http://www.kas.de/publikationen/2004/5416_dokument.html Landesvertretung für Gesundheit Niedersachsen e.V.: http://www.gesundheit-nds.de/ - Disease- Management- Programme (DMP). 2004 (27.06.06- 19:59) http://www.gesundheit-nds.de/downloads/dmpreaderoriginal.pdf lsi-fr.com: http://www.lsi-fr.com/ - Abbildung eines Kartenlesegerätes mit eingesteckter carte vitale. o. 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Berlin 2005 IT Kompakt: Erste Probleme mit dem österreichischen e-card-System . Berlin 2005 IT Kompakt: Frankreich plant elektronische Patientenakte. Berlin 2005 3.3 andere Literatur Klimkeit, C.: Die elektronische Gesundheitskarte aus Patientensicht. Jena 2006 P a g e | 17 4 Anhang 4.1.1 die Macha Karte (Tschechien) (Seite 3) (vgl. Segam Orga o.J.) 4.1.2 die Tula Karte (Russland) (Seite 3) (vgl. ebenda) 4.1.3 der Health Passport (USA) (Seite 3) (vgl. ebenda) P a g e | 18 4.1.4 Ärztekammer-Präsident Dr. Reiner Brettenthaler (vgl. Doctosmanifesto o. J.) 4.2.1 die carte vitale 1 (vgl. CPAM o.J.) P a g e | 19 4.2.2 ein Kartenlesegerät mit eingesteckter carte vitale (vgl. lsi-fr.com o.J.) 4.2.3 eine carte vitale 2 mit Foto des Inhabers (vgl. Fulmedico o. J.) P a g e | 20 4.2.4 Hz- Karten (vgl. GIP „CPS“ 2003) 4.2.5 „Carte de Professionnel en Formation“ (vgl. ebenda) 4.2.6 „Carte de Directeur d' Etablissement“ oder „Carte de Personnel d' Etablissement“ (vgl. ebenda) P a g e | 21 4.2.7 „Carte de Personnel Autorisé“ (vgl. ebenda) P a g e | 22