Mediale Frauenbilder - Evangelische Akademie Bad Boll
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Mediale Frauenbilder - Evangelische Akademie Bad Boll
Mediale Frauenbilder Prof. Dr. Petra Grimm Hochschule der Medien Stuttgart Mastertrend: Prozess der Mediatisierung Tiefgreifende Verschränkung von Medien und kulturellem bzw. sozialem Handeln, die Identitätsbildungsprozesse, soziale Beziehungen, Geschlechterverhältnisse, Konsum und Arbeit beeinflussen und den Alltag von Menschen verändern (Krotz, 2008; Livingstone, 2009). 2 2 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Geschlecht als Habitus (Bourdieu 1997) „Geschlecht kann verstanden werden als habituell angeeignetes, komplexes Ensemble von Wahrnehmungs-,Gefühls-, Denk-, und Handlungspraxis. Die Praktiken des Erlebens und sozialen Handelns werden auf vielfältige Weise als binäre Muster im symbolischen System der Zweigeschlechtlichkeit vermittelt.“ (Luca 2010: 359) 3 3 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Indizien für Geschlechterdifferenz und Hierarchieverhältnisse in Alltag und Gesellschaft? • (Hyper)-Sexualisierung von Mädchen und Frauen in den populären Medien, • „Normalisierung“ von Pornografie, • Unterschiedliche Karrieren von Journalistinnen und Journalisten, • Mediendiskurse (Frauenquote, ungleiche Löhne, K. Schröder: „Danke, emanzipiert sind wir selber!“) 4 4 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Woran liegt es, das Gender Mainsteaming nur bedingt erfolgreich ist? • „Feigheit der Frauen“ (Bascha Mika)? • De-Thematisierung des Feminismus? • funktionale Gleichheitssemantik unserer ausdifferenzierten Gesellschaft (Luhmann)? • Verinnerlichung „unbewusster Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata der männlichen Ordnung“ (Bourdieu)? 5 5 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Funktionen der Medien • Meinungsbildungsrelevanz (v.a. journalistische Inhalte): „gesellschaftliche Relevanz von Frauen und Männern“ (Lünenborg 2005) & Machtverhältnisse (sexual politics) • Thematisierung von Wert- und Normensysteme: Geschlechtermodelle • Orientierung und Identifikationsangebote: Geschlechterrollenskripte, Konstruktion von Weiblichkeit/Männlichkeit 6 6 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Gender und Medien – vier Dimensionen Bildung MEDIEN System-Ebene: Machtstrukturen in Medienunternehmen, Karrieren etc. Medienschaffende geschlechtsspezifische Perspektiven, Agenda Setting etc. Politik Medientexte Vermittlung v. Rollenbildern, Werte- und Normensystemen und Geschlechtermodellen, geschlechterhierarchische Konstruktion der Wirklichkeit Mediendiskurse Recht Rezipienten/Prosumenten genderspezifische Mediensozialisation und Aneignung von Medien, Selbstdarstellung von Frauen und Männern Wirtschaft Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm 7 7 Mädchenbilder im Kinderfernsehen (Hyper-)Sexualisierung Weltweite Stichprobe: 102 Mädchenfiguren 57 bis 65 Prozent der globalen Mädchen- und Frauenfiguren [haben] einen extrem kurvigen Körper mit kleiner Wespentaille, fülliger Oberweite und völlig überlangen Beinen“ (Götz 2011:119) Beispiele: Winx Club und Bratz 8 8 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Mädchenbilder im Kinderfernsehen Reduktion auf die Eigenschaft „Weiblichkeit“ Beispiel: „Schlümpfe“ (Schlumpfine, Schlaubi und Fauli) Stereotypisierung der Mädchenfiguren gegenüber Individualisierung der Jungs Beispiel: „das hilflose Opfer, (…) die umsorgende Mutter, die verständnisvolle Großmutter und vor allem: die erotisch attraktive.“ (Götz 2011:121) 9 9 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Medienbild der jungen Frau: Germany‘s Next Top Model Quelle: Decker, Jan-Oliver (2011):„Germany’s Next Topmodel“ – Initiation durch Domestikation. Zur Konzeption der Person in Castingshows. In: Grimm, Petra; Zöllner, Oliver (Hrsg.): Medien - Rituale - Jugend. Perspektiven auf Medienkommunikation im Alltag junger Menschen. Stuttgart: Steiner, S. 146. Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm 10 10 Basismodell: Melodramatisches Erzählmodell Quelle: Decker, Jan-Oliver (2011):„Germany’s Next Topmodel“ – Initiation durch Domestikation. Zur Konzeption der Person in Castingshows. In: Grimm, Petra; Zöllner, Oliver (Hrsg.): Medien - Rituale - Jugend. Perspektiven auf Medienkommunikation im Alltag junger Menschen. Stuttgart: Steiner, S. 149. Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm 11 11 Frauenbilder im Nachmittagsprogramm 12 Quelle: Ahrens, Annabelle; Weiß, Hans-Jürgen (2012): Scripted Reality. Fiktionale und andere Formen der neuen Realitätsunterhaltung. In: Programmbericht 2011. Fernsehen in Deutschland. Programmforschung und Programmdiskurs. Berlin: VISTAS, S. 70. Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm 12 Scripted Reality Inhalt: Urlaubsgeschichten von Cliquen, Paaren und Patchwork-Familien. Konflikte: Beziehungskrisen, Konflikte im Freundeskreis, Betrug, Partnertausch. Grund für Konflikte sind meist unterschiedliche Ansichten über Promiskuität. Stereotypisierung und Überzeichnung der weiblichen Figuren: „Schlampe“, „Zicke“, „naives Girlie“, „hässliche Ehefrau“, „moralische Mutter“, „Intrigantin“ … 13 13 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm X-Diaries - love, sun & fun (RTL 2) 14 Ausschnitt : X-Diaries - love, sun & fun (RTL 2) 19.09.2011 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm 14 Sexualisierte, sexuelle und pornografische Medienangebote Fernsehen: Internet: Sexualisierung - Casting-Shows - Scripted Reality-TV - Werbeclips - Erotikfilme Pornografie (einfache und harte) Darstellung stereotyper Geschlechterrollen Porno-Rap Werbung für Pornografie-Angebote Chatforen Videoplattformen Imageboards 15 15 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Sexualisierung im journalistischen Kontext 16 16 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Sexualisierung in der Werbung 17 http://view.stern.de/de/picture/747932/Berlin-frauen-Fahrrad-werbung-plakatStr%FCmpfe-Seidenstr%FC-510x510.jpg Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm 17 Pornografisierung in der Werbung http://werbewahn.net/wp-content/uploads/2007/03/dng.jpg 18 18 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Ergebnisse der qualitativen „Porno im Web 2.0“-Studie (Grimm/Müller/Rhein 2010) Herausbildung einer Normalisierungsstrategie: Pornos sind normal und Bestandteil des Alltäglichen Medienkonsums männlicher Jugendlicher. 20 20 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Sexualisierte Inhalte werden von den Jungen anders als von den Mädchen wahrgenommen und bewertet. 21 21 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Definition von Pornografie (Jungen) Grenze „Erotik“ Fotos Darstellung des Körpers Abstrahiertes „Pornografie “ Videos Geschlechtsverkehr Masturbation „ Abstoßendes/Extremes“ Videos Gewaltpornos „Ekelpornos“ 22 22 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Definition von Pornografie (Mädchen) Grenze „schöne“ Erotik / Softporno Ästhetik Indirektheit Abstrahiertes „nuttig“ / „pornografisch“ Nacktheit/schamlose Direktheit Pornografie / „Ekeliges“ Geschlechtsverkehr Sodomie Fäkalpornografie 23 23 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Begründung des Pornokonsums Biologistisches Geschlechterrollenmodell Argumentation der Mädchen als auch der Jungen: Pornografie-Konsum ist bedingt durch „Triebe“ / „Hormone“. Bewertung der Mädchen: Triebgesteuertheit der Jungen und deren Pornokonsum ist defizitär. Bewertung der Jungen: „Triebe“ bzw. „Hormone“ sind normal, und die treiben einem zu etwas, dem man sich nicht entziehen kann. Pornografie zu konsumieren: legitime Weise der Triebbefriedigung 24 24 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Meta-Ebene: beiderseits als gültig erachtet Biologistisches Geschlechterrollen-Modell: › Jungen sind triebgesteuert › Gender roles: „Schlampe“ vs. „Cooler Checker“ Mädchen Jungen Reaktionen auf Pornos: Abwehr / Ekel Individuelle Handlungsstrategien: › liberal › konservativ › subversiv-funktional Erwartungshaltung bei sexueller Beziehung: Nicht-Anwendung des Pornographischen Skripts „Pornos sind normal und Bestandteil des alltäglichen Medienkonsums“ Rezeptionsmotive: › Sexuelle Erregung / Masturbation › Wissensgewinn / Lernen Individuelle Handlungsstrategien: › kritisch › befürwortend Verstärkung des gesellschaftlich ubiquitären sexuellen Leistungsdrucks 25 25 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Andere Seite der Medaille Biss-Romane bzw. die Filmreihe „Twilight“ Modell Jungfrau: Enthaltsamkeit, Sexualität = Todesgefahr Modell aufopfernde Mutter: Schutz des Ungeborenen trotz Todesgefahr Väterlicher Herkunftsraum Gründung einer eigenen Vampirfamilie Vampirfamilie Außerfamiliärer Raum Normverstoß: Sexualität Leiden Schwangerschaft 26 26 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Abweichungen von der Norm Die Heldin „Katniss“ in DIE TRIBUTE VON PANEM 27 27 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Abweichungen von der Norm Die Heldin „Lisbeth Salander“ in Stieg Larssons Kriminalromantrilogie 28 28 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Abweichungen von der Norm Kommissarin Bella Block (TV und Buch) und Conny Mey (HR-Tatort) 29 29 Ausschnitt : Tatort - Es ist böse (DasErste) 22.04.2012 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Ein Plädoyer für Gendersensitivity - Aktive Auseinandersetzung mit den stereotypen Geschlechterrollen und hegemonialen Interaktionsmustern ermöglichen, - mediale Vorbilder und Hypersexualisierung reflektieren, - alternative Geschlechterrollenskripte in den Medien zugänglich machen, - Machtfrage der „sexual politics“ in den Medien forcieren (z. B. Frauenquote in den Medienunternehmen?) 30 30 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Gender & Ethics - Reflexion der Gender-Diskurse in den Medien - Machtfrage der „sexual politics“ in den Medien (Frauenquote in den Medienunternehmen?) - Hypersexualisierung der Frauen in den populären Medien 31 31 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 32 32 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm Literaturtipps - Grimm, P. / Müller, M. / Rhein, S. (2010): Porno im Web 2.0. Die Bedeutung sexualisierter Web-Inhalte in der Lebenswelt von Jugendlichen. Berlin: Vistas. - Grimm. P./ Rhein, S. / Clausen-Muradian, E. (2008): Gewalt im Web 2.0. Berlin: Vistas. - Grimm, P. / Rhein, S. (2007): Slapping, Bullying, Snuffing! Berlin: Vistas. Weitere Quellen: http://www.hdm-stuttgart.de/grimm http://www.hdm-stuttgart.de/medienethik/ 33 33 Tagung „40 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“ – Bad Boll, 11. Mai 2012 Ơ Prof. Dr. Petra Grimm