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Praxis | UNFALLAKTE
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1 | Erste Baumberührung:
250 Meter vor dem endgültigen
Stillstand berührt die King Air
erstmals Bäume
2 | Weitere Baumberührung nach
dem Passieren der Straße
3 und 4 | Tragflächen: Der linke
und rechte Flügel werden komplett
abgerissen
5 | Rechtes Winglet: Die Flügelspitze wird schon früh abgetrennt
6 | Landeklappen-Teil
7 | Linker Propeller
8 | Querruder-Teil
9 | Rumpf: Kaum noch erkennbar
ist der Rumpf mit der Kabine
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Fotos: Bundesstelle für flugunfalluntersuchung
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Teamarbeit mangelhaft
V F R - n ac h tf l u g b e i m a rg i n a l e r s i c h t Ein Flugzeug mit IFR-Ausrüstung, zwei
Profis im Cockpit und kein Zeitdruck: beste Voraussetzungen, um in kritischen
Situationen angemessen zu reagieren – wenn die Crew als Team zusammenarbeitet
Text
Samuel Pichlmaier
T
eamwork: dazu gehört, dass einer
auf den anderen aufpasst. Am 12.
Januar 2006 funktioniert das in
Freiburg im Breisgau leider nicht.
Am Morgen hatte die Crew einer
zweimotorigen Beechcraft King Air B300
ihren Umlauf am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden begonnen. Von dort wurden Passagiere nach Braunschweig gebracht. Am
Nachmittag ging es zurück zum Baden-Airport, wo der Charterflug nach IFR um 17.19
Uhr Ortszeit landet – knapp eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang. Ohne Passagie-
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Flugweg-Aufzeichnung: Deutlich ist
der erste Überflug des Freiburger
Platzes gefolgt von der Positionierung auf die Bahn 16 zu erkennen
re und im VFR-Nachtflug will die Crew das
Flugzeug nun nach Freiburg überführen.
Für diese Strecke sind jedoch Wetterverhältnisse vorhergesagt, die keinen SIchtflug
erlauben – schon gar nicht bei Nacht: Der
GAFOR gibt für den Zeitraum von 16 bis 22
Uhr über dem Südschwarzwald »X-Ray« an.
Auch die Gebietswettervorhersage GAMET
der FIR Frankfurt weist für den Westteil eine
geschlossene Wolkendecke mit Untergrenzen von 200 bis 500 Fuß über Grund aus.
Dennoch startet die Twin um 17.59 Uhr
in Karlsruhe/Baden-Baden und nimmt Kurs
auf Freiburg. Kurz erwähnt der Pilot den nahegelegenen Flughafen Lahr als Alternate;
dort wäre ein ILS-Anflug möglich. Offenbar
verwirft er den Gedanken aber wieder. In
3500 Fuß fliegt die Maschine mit aktiviertem Autopiloten den Platz in Freiburg an. In
den folgenden Minuten gibt die Crew mehrfach Positionsmeldungen ab und erhält vom
Flugleiter aktuelle Informationen über das
Wetter in Freiburg. Als die Beech um 18.16
Uhr den Flugplatz erreicht, stellen die Piloten fest, dass keine Erdsicht vorhanden ist.
Die Wolkenobergrenze liegt nach Einschätzung der Besatzung bei 3500 Fuß. Um 18.17
Uhr meldet der Flugleiter eine Bodensicht
von 1500 Metern, die Wolkenuntergrenze
sei für ihn aber nicht erkennbar.
Nach kurzer Diskussion entscheidet
der 64 Jahre alte PIC, den Anflug nach VFR
dennoch zu versuchen – mit den lapidaren
Worten: »Ja, dann probieren wir’s mal.« Zur
Vorbereitung passt die Crew die ins Flight
Management System eingegebenen Wegpunkte dem Anflug an. In zwei 180-GradKurven dreht die Beech dann auf das Final
zur Piste 16 ein.
Um 18.22 Uhr fährt der Pilot das Fahrwerk aus und schaltet die Landeklappen in
die Stellung »Approach«, wenig später werden sie voll ausgefahren. Der Co-Pilot erhält
nun vom PIC die Anweisung, den Sichtkontakt nach außen zu halten.
Als die Beech die 1000-Fuß-Marke des
Radiohöhenmessers passiert, hat der Co
keine Bodensicht. Kurz darauf, beim Passieren der 500-Fuß-Marke, ertönt ein Warnsignal des Höhenmessers. Auch jetzt hat der
Co-Pilot keine Bodensicht in Flugrichtung,
lediglich aus dem Seitenfenster kann er die
Landschaft erkennen. Bei der Warnung in
200 Fuß Höhe erkennt der 25-Jährige eine
Straße, ist aber nicht sicher, welche Position
die Maschine hat. Der Cockpit-Voice-Recorder dokumentiert die Orientierungslosigkeit: »Es ist vermutlich der Zubringer, ich
kann es aber nicht sicher sagen.«
Vielleicht hätte zu diesem Zeitpunkt ein
Durchstartmanöver noch helfen können.
Aber die Crew setzt den Anflug unbeirrt
fort. Wenige Sekunden nach der 100-FußWarnung brechen die Aufzeichnungen des
Voice-Recorders ab. Um 18.26 Uhr kracht die
Zweimot nach Baumberührung etwa 450
Meter vor der Schwelle der »16« in ein kleines Waldstück. Beide Piloten kommen beim
Aufschlag ums Leben.
Die Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) schließen
technische Mängel als Grund für den Unfall schnell aus und konzentrieren sich auf
das Crew Resource Management (CRM), die
Teamarbeit der Piloten.
Eine Befragung unter den Kollegen der
Crew ergibt: Der Kommandant wird fliegerisch als sehr qualifiziert und erfahren
beschrieben, sein Stil jedoch als autoritär.
Die Zusammenarbeit im Cockpit sei schwierig gewesen, auch wird von immer wieder
auftretenden Auseinandersetzungen mit
Flugleitern berichtet. Der Copilot wird als
»durchschnittlich qualifiziert« bezeichnet.
Er habe nicht dazu geneigt, Entscheidungen
eines erfahrenen PIC »zu hinterfragen oder
gar Kritik zu äußern«, so die Einschätzung
der Kollegen.
Im Untersuchungsbericht der BFU wird
diese Konstellation als entscheidende Fehlleistung der Besatzung bewertet: »Die Anwendung dieser Verfahren (Crew Resource
Management und Multi Crew Concept) hätte
eine Bereitschaft zur Teamarbeit erfordert,
die durch die Autorität und Handlungsweise
des Kommandanten nicht vorhanden war.
Eine gegenseitige Überwachung der Besatzungsmitglieder (…) hätte möglicherweise
den Anflugversuch verhindert.«
Der erfolgte auf einen Platz ohne Instrumentenanflug – und wäre doch höchstens
nach IFR möglich gewesen. Der Blick aus
dem Cockpit hätte auch der Crew genügen
müssen, um zu dieser Einschätzung zu kommen: Als die Rettungskräfte der Feuerwehr
nur wenige Minuten nach dem Aufschlag
der Beech das Wrack finden, können sie 300
bis 400 Meter weit sehen. Die Spitze der
auf 24 Meter ausfahrbaren Drehleiter verschwindet in den Wolken.
Beechcraft King Air B300:
ein dem verunfallten Flugzeug baugleiches Muster
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