Neuwerker Rundblick - Cuxhavener Nachrichten
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Neuwerker Rundblick - Cuxhavener Nachrichten
Freier Verkauf: 1€ Nr. 13 / April 2014 Neuwerker Rundblick • Sturmflut auf Neuwerk • Aus 80 Jahren rund um Neuwerk • Schummriges Turmlicht M it Fl Ins ip elk pe a r- rte Pl u an n d Zeitung für die Insel und das Festland 2 Neuwerker Rundblick Nummer 12 / Juli 2013 53° 54’ 54,8’’ N, 8° 29’ 45’’ O Neuwerk: »Eine Handvoll Erde« itten im Wattenmeer, umgeben von Ebbe und Flut liegt Neuwerk, die kleine grüne Insel. Hier schmeckt die Luft nach Nordsee. M Von oben betrachtet liegt das Eiland wie ein grünes Blatt im Wasser zwischen den Salzwiesen und dem schützendem Deich. ... Wattwurmhügel und Muschelbänke säumen den Wattweg. Auf der Insel angekommen, den Rucksack beiseite gestellt, werden die Sinne frei für neue Eindrücke: die Morgenstimmung am Meer, die Stimmen der Vögel, das rauschen des Windes, die Unendlichkeit des Gezeitenflusses. Viele Besucher kommen aus Ballungszentren. Sie lassen Lärm, Hektik und Staub hinter sich und vergessen schnell den Alltag. Hier erleben sie ohne Stress Wandern, Baden, Kutschfahrten durchs Watt nach Scharhörn oder auch nur Faulenzen in kostenloser Meeresluft, die jodhaltig, sauerstoffreich und fast pollenfrei ist. Ein Besuch bei der Inselmalerin mit ihren eindrucksvollen Bildern Liebe Leserin, lieber Leser! im letzten Herbst hatten wir berichtet, dass Bemühungen aller Beteiligten zum Erhalt des Neuwerker TurmLeuchtfeuers laufen. Nun können wir den Erfolg vermelden: die Hamburg Port Authority (HPA) hat vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) den technischen Betrieb und die Wartung übernommen. Das WSA musste den Betrieb abgeben, da das Leuchtfeuer seine seefahrerische Bedeutung verloren hat. Damit mussten auch Ausrichtung, farbige Kennzeichnung und Leuchtweite verändert werden. Leider wurde nun das Licht so weit reduziert, dass es kaum noch von allen Punkten auf der Insel, geschweige denn während der Nachtstunden z.B. aus dem Watt zu sehen ist. Das ist bedauerlich, findet nicht nur Frank Tousaint von der Interessengemeinschaft Seezeichen e.V (in diesem Heft).; natürlich sagen in erster Linie die Insulaner und die Freunde der Insel: »Das muss verändert werden, das Licht muss erkennbar strahlen!« Gern drucken wir im RUNDBLICK auch Ihre Meinungen und Beiträge, sind es doch zumeist lesenswerte Erinnerungen und Anekdoten aus dem Leben der Insel. So auch in diesem Heft von Ursula Toussaint, die auf stolze achtzig Jahre »Urlaub auf der Insel« zurückblickt oder von der Familie, die im »Urlaubsaustausch« vier glückliche Wochen auf Neuwerk verbrachte. Orkan »Kyrill« zerstörte im Januar 2007 auf Neuwerk die – mittlerweile wieder aufgebaute – Ostbake. Sturmtief »Xaver« erfasste Deutschland am 6. Dezember 2013; kaum nennenswerte Schäden ausser umgestürzten Bäumen und »fliegenden Dachziegeln« wurden vermeldet. Wie hoch das Wasser aber stand, schildert Svenja Tidau in ihrem Bericht. Kaum vorstellbar, wenn man im Sommer auf dem Deich steht und ins Vorland blickt! Der RUNDBLICK wünscht allen Leserinnen und Lesern ein wunderschönes Frühjahr und freut sich mit Ihnen auf ein Wiedersehen auf der Insel. Ihr Ralf Flechner, Herausgeber wie auch ein Bestaunene der größten Naturbernsteinsammlung ist ein unbedingtes Muss. Nach wenigen Tagen verspürt man die gesundheitsfördernde Wirkung des Inselaufenthaltes. Auch mal eine stürmische See mit tosendem Wind und hohen Wellen kann ein gewaltiges, schönes Schauspiel sein. Schon ein tag auf Neuwerk oder eine Nacht im Heuhotel und selbstverständlich der längere Urlaub bedeutet unbeschwertes Erleben auf einer »Handvoll Erde« mitten im Meer. ... Und immer wieder ist es schön zu sehen: das Meer läuft weg und kommt doch zurück. Die gastfreundlichen Insulaner haben sich auf das Leben mit dem Meer eingelassen und entschieden, im Einklang mit der Natur zu leben und den Charakter der grünen Insel zu erhalten. Sie haben sich den Naturgewalten angepaßt ohne sich ihnen auszuliefern. Auch ich werde wieder hier sein! Jürgen Schmidt / Schwanewede IMPRESSUM NEUWERKER RUNDBLICK Zeitung für die Insel und das Festland – m.MEDIENPRODUKTION GmbH, Hamburg Erscheint als Beilage in den CUXHAVENER NACHRICHTEN in Kooperation mit der Cuxhaven-Niederelbe Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. Kaemmererplatz 2, 27472 Cuxhaven, Telefon: (04721) 585-0, Fax: (04721) 585-336 Auflage: 15.800 Exemplare Redaktion: m.MEDIENPRODUKTION GmbH Ahornweg 19, 22395 Hamburg, Tel.: (040) 6047571, [email protected] Ralf Flechner (rf) (V.i.S.d.P.) Anzeigenverkauf Lothar Arndt, Telefon (04721) 585-302, Fax (04721) 585-230, [email protected] und m.MEDIENPRODUKTION, Tel.: (040) 6047571, Fax: (040) 6045771, [email protected] Satz, Grafik und Gestaltung: Hauke Brüggemann Druck: Druckzentrum Nordsee, Am Grollhamm 4, 27574 Bremerhaven Alle namentlich gezeichneten Beiträge sind in der Verantwortung der Autoren Titelfoto: Peter Ebert Nummer 12 / Juli 2013 Neuwerker Rundblick Austernfischer ist »Seevogel des Jahres« VON JORDSAND E.V., FOTO: WERNER FLEGEL er Austernfischer ist der Seevogel Jahres 2014. Dieser Titel wird in diesem Jahr erstmalig vergeben. Der Verein Jordsand zum Schutze der Seevögel und der Natur e.V. hat den schwarz-weißroten Vogel ausgewählt, um auf den starken Rückgang dieser Art hinzuweisen. D Auch wenn der Rückgang des Austernfischers hier im Hamburgischen Wattenmeer nicht merklich ist (konstant über Jahre etwa 500 bis 1000 Brutpaare auf Neuwerk), so sank allein im schleswigholsteinischen Wattenmeer die Zahl der Brutpaare in den letzten 15 bis 20 Jahren um 50 Prozent auf nur noch etwa 10.000. Insgesamt brüten im Wattgebiet von Borkum bis Sylt sowie im küstennahen Binnenland noch über 25.000 Paare. Auch europaweit nahmen die Bestände von rund einer Million auf etwa 800.000 ab. Die Gründe für den Niedergang des taubengroßen Küstenvogels sind vielfältig. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine Hauptnahrungsquelle der Vögel, das sind Herz- und Miesmuscheln, nicht mehr ausreichend zur Verfügung steht. Zum anderen ziehen Austernfischer an der Festlandküste zu wenige Junge groß. Vor allem Raubsäuger wie der Fuchs plündern viele Gelege. Ein weiterer Grund könnte der von der Klimaerwärmung angetriebene Anstieg des Meeresspiegels sein. Läuft das Wasser im flachen Watt höher auf, dann verbleibt den Vögeln wenig Zeit für die Suche nach Muscheln und Wattwürmern. Auch Frühsommerfluten zur Brutzeit haben zugenommen. Dabei werden viele Gelege zerstört und Jungvögel ertrinken. Ein weiteres Problem ist ebenfalls Folge des Klimawandels: Die Pazifische Auster breitet sich im Wattenmeer stark aus und verdrängt vielfach die Muschelbänke der einheimischen Arten. Auch das könnte die Nahrungsgründe des Austernfischers einschränken. Denn, auch wenn der Vogel so heißt, die harten Austernschalen kann er trotz seines langen kräftigen Schnabels nicht knacken. Im Hamburgischen Wattenmeer ist der Austernfischer übrigens das Maskottchen des Nationalparks und der Verein Jordsand trägt ihn seit Gründungsbeginn vor mehr als 100 Jahren in seinem Logo. Der Austernfischer Der Austernfischer gehört zur Vogel-Ordnung Charadriiformes (Schnepfen, Möwen- und Alkenvögel). Die Familie Haematopodidae (Austernfischer) umfasst weltweit 11 Arten und mehrere Unterarten. Kennzeichen: Kompakter 39 bis 44 Zentimeter großer Watvogel mit etwa 6,5 bis 9 cm langem Schnabel . Seine markanten »kliip-kliipkliip«- Rufe sind weithin zu hören. Die schwarze Oberseite kontrastiert mit weißem Bauch und Hals. Wegen seiner kontrastreichen Färbung mit schwarz-weißem Gefieder und knalligem Rot von Schnabel und den langen Beinen wird der etwa 40 Zentimeter große Austernfischer auf den Inseln auch »Halligstorch« genannt. Im Flug ist ein breiter weißer Flügelstreif auffällig. Verbreitung: Nord- und Mitteleuropa mit Schwerpunkt Inseln und Küsten, auch im nördlichen Mittelmeer. Anteil der größten Brutpopulationen: Großbritannien 30%, Niederlande 30%, Norwegen 11%, Deutschland 9%. Im Winterhalbjahr nutzen rund 300.000 Exemplare das Wattenmeer als Überwinterungsgebiet, darunter große Scharen von Zugvögeln aus dem Norden und Nordosten Europas. Lebensraum: Strände, Dünen, Salzwiesen, Wiesen- und Weideland sowie trocken fallende Wattenmeerflächen. Im Binnenland meist nahe von Flüssen auf extensiven Weiden und Äckern. In Skandinavien vor allem auch an Felsküsten. Brut: Austernfischer brüten in flachen Mulden in meist niedrigem Gelände von Salzwiesen, Wiesen und Äckern. Die im Durchschnitt drei Eier umfassenden Gelege werden in 24 bis 27 Tagen ausgebrütet. Die Jungen verlassen sofort das Nest, werden nach 32 bis 35 Tagen flügge und auch danach noch längere Zeit von den Eltern geführt. Bruterfolg: Statistisch überleben nur 0,3 Jungvögel pro Paar die Brut- und Aufzuchtzeit, an der Festlandküste noch weniger. Besser ist die Situation auf den Halligen. Gründe für den geringen Bruterfolg sind Prädatoren wie Füchse und Möwen, zunehmende Überflutungen während der Brutzeit und Störungen durch Menschen. Lebenszyklus: Eine der langlebigsten Limikolen mit einem Höchstalter von 43 Jahren. Geschlechtsreif vom 3. bis zum 5. Lebensjahr an. Lange Partnertreue von bis zu 20 Jahren ist nachgewiesen. Wanderungen: Die meisten der nordischen und heimischen Austernfischer überwintern im Wattenmeer sowie in Flussmündungsgebieten Großbritanniens und Frankreichs. Einige ziehen auch bis Marokko und Mauretanien sowie bis Ghana. 3 4 Neuwerker Rundblick Nummer 12 / Juli 2013 Sturmflut: Xaver besucht ie Winterzeit auf der Insel Neuwerk ist oft beschaulich und ruhig, außer, wenn sich Besuch wie der von Xaver ankündigt. Die Sturmflut erfasste Deutschland am 6. Dezember 2013 und ermöglichte der sensationsbewussten Medienlandschaft tagelang spektakuläre und dramatische Bilder. D Das Schauspiel, das Xaver auf Neuwerk bot, war letztendlich weniger gefährlich denn faszinierend. Das Wetter wechselte im Viertelstundentakt zwischen Hagelschauer und Sonne, Wellen brachen sich an der Eichenpfahlwand und am Schiffsanleger und wehten die Gischt an den Deich. Der Radarturm und das Badehäuschen im Nordvorland waren zum Wasserhöchststand komplett vom Meer umgeben. Auch die Vorländer waren überflutet, so dass das Wasser bis auf wenige Meter an den Winterdeich heran reichte und an einigen Stellen sogar die Deichkrone erklomm. Xaver erobert den Flipper-Anleger (Fotos: Werner Flegel und Philipp Krüger). Das Vorland steht unter Wasser. (Foto: Philipp Krüger). Nummer 12 / Juli 2013 Neuwerk Neuwerker Rundblick VON SVENJA TIDAU Da viele Seevögel Schutz auf Neuwerk und insbesondere zwischen dem kleinen Streifen von Deichkrone zum Wasser suchten, konnte riesige Trupps von Austernfischern und Knutts hautnah erlebt werden. Auch Brandgänse badeten ganz nah am Deich und ließen sich in großer Zahl beobachten. Nicht zuletzt rasteten zahlreiche Silbermöwen rund um die Insel. Für die HPA (Hamburg Port Authority) bedeutete die Sturmflut Arbeit rund um die Uhr. Deiche sichern, die Sturmflut im Auge behalten und die Inselbewohner auf eine eventuelle Evakuierung vorbereiten. Die Flut stoppte glücklicherweise zum Wasserhöchststand an der Deichkrone, so dass eine Sicherung der Personen nicht notwendig wurde. In diesem Fall hätte die Turmwurt mit ihrem eigenen Deich im Inneren der Insel Zuflucht geboten. Die Pfahlwände halten stand, das Wasser Auf Scharhörn hinterließ Xaver bleibenden Eindruck. Da die Düneninsel anders schlägt bis an den Deich (Foto: Philipp Krüger). als Neuwerk nicht von einem Deich geschützt wird, waren die Folgen verheerend. Insbesondere im Nordwesten kam es zu massiven Abtragungen an der Dünenkante, Sandanlandungen durch das eingedrungene Wasser sind im Inselinneren zu finden. Eine nächste Sturmflut wird es Spülsaum an der Deichkrone: Am nächsten Tag wird deutlich, leicht haben, einen Teil der Insel ins Meer zu befördern, die Dünenwie knapp Neuwerk einer Überflutung des eingedeichten Bekante ist teilweise nur noch kniehoch. reiches entkommen ist. (Foto: Lennard Giesenberg). Staatsanleger mit »Land unter« (Foto: Lennard Giesenberg). 5 6 Neuwerker Rundblick Nummer 12 / Juli 2013 Verein Jordsand verleiht den »Silbernen Austernfischer« VON IMME FLEGEL achdem der markante und beliebte Küstenvogel offiziell zum »Seevogel des Jahres 2014« gekürt wurde, vergab der Verein Jordsand zum ersten Mal eine kleine silberne Kopie seines gefiederten Vereinssymbols an verdiente Vogel- und Artenschützer. Die Wahl bei der Premiere dieser Auszeichnung, die dazu dienen soll, besonderes Engagement im Verein und für die gemeinsame Sache zu würdigen, fiel auf Erika Vauk-Hentzelt und ihren Mann Gottfried Vauk. »Beide waren lange Jahre ehrenamtlich für den Verein aktiv. Gottfried 1978 als Vorstandsmitglied und von 1979 bis 1990 als Vorsitzender. Seine Frau Erika war ebenfalls jahrelang als Vorstandsund Beiratsmitglied sehr aktiv«, würdigte der Vorsitzende Eckart Schrey die beiden Biologen in seiner Laudatio. »Mit ihren Namen verknüpfen sich echte Meilensteine unserer Vereinsgeschichte«, fuhr er fort. So gehe die Gründung der Vereinszeitschrift »Seevögel« auf Gottfried Vauk zurück, der diese im Jahr 1979 aus der Taufe hob. Meeresmüll, Ölverschmutzung, die Gefahr für Zugvögel durch Windkraftanlagen - in vielen Themengebieten haben die Vauks stets geforscht und gewarnt, bevor andere InErika Vauk-Hentzelt präsentiert stolz den stitute oder WissenSilbernen Austernfischer N schaftler die Probleme realisiert hätten. »Das herausragende Thema war aber die dramatisch zunehmende Ölpest in den 1980er Jahren. Diese Zunahme war überhaupt erst dadurch nachweisbar, dass Gottfried Vauk seit 1960 bereits ein ÖlopferMonitoring auf Helgoland etabliert hatte. Es gelang der VerursacherNachweis – hauptverantwortlich war der modernisierte Schiffsbetrieb, der nicht nutzbare Brennstoffrückstände über Bord pumpte. Generationen von Freiwilligen kontrollierten Strände und entsorgten die verölten Kadaver. Tausende waren es – ohne dass es ein spektakuläres Schiffsunglück gegeben hätte. Es war einfach die verantwortungslose Abfallentsorgung im Meer – eine chronische Ölpest. Das unmittelbare Erleben des langsamen Sterbens dieser Kreaturen, sowie die Ohnmacht, hier nichts mehr tun zu können, ließ viele von uns zu Überzeugungstätern im Umweltschutz werden.« Auf die Frage des Kapitäns eines Ölbekämpfungsschiffes nach tagelangem Einsatz, wie lange er denn weitermachen solle, der Einsatz koste schließlich enormes Geld, erinnert sich Eckart Schrey noch genau. Vauk: »Am besten, bis kein Öl mehr da ist. Ein 5-Markstück-gro- ßer Fleck im Gefieder reicht aus, um einen Vogel umzubringen.« Materielle Gesichtspunkte zählten bei Gottfried Vauk nie. Erika und für Gottfried Vauk »Wir nehmen es als Auftrag im Sinne des Ehepaars Vauk weiterzuarbeiten für den Erhalt unser Seevogelwelt, für die Natur und unsere eigenen Lebensgrundlagen«, gibt Eckart Schrey bekannt. Aber was wäre der Verein Jordsand ohne die ehrenamtliche Bildungsund Öffentlichkeitsarbeit. Und hier ist vor allem auch Erika zu nennen, die unzählige Führungen durchgeführt und Spenden eingesammelt hat. In dieser Zeit wurde in den Schutzgebieten des Vereins das Führungsangebot ausgeweitet und mehrere Info-Zentren eingerichtet. it der Verleihung des »Silbernen Austernfischers« möchte der Verein Jordsand an diese Haltung und an ihre beherzte Vertretung nach außen erinnern, auch Widerständen gegenüber. Eine Haltung, die für Erika und für Gottfried Vauk charakteristisch ist. Der Verein Jordsand nimmt diese Einstellung als Auftrag, in diesem Sinne weiterzuarbeiten für den Erhalt der Seevogelwelt, für die Natur und für unsere eigenen Lebensgrundlagen. M Nummer 12 / Juli 2013 7 Neuwerker Rundblick Von hell nach schummrig: Turmlicht schwächelt A VON m 10. Februar war es soweit. Früh morgens ließen sich einige Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Cuxhaven (WSA) am Neuwerker Radarturm abholen, wo die »Baumrönne« sie abgesetzt hatte. Sie fuhren zum Leuchtturm, um das Feuer nach fast 200 Betriebsjahren zu löschen. Es war am 23. Dezember 1814 gezündet worden und wurde nun durch eine vom Festland nicht mehr wahrnehmbare Lampe ersetzt. Das Feuer ist für die Elbschifffahrt nautisch nicht mehr bedeutsam. Das WSA hat es daher an die Hamburg Port Authority (HPA) übergeben. Was schon einige Zeit angekündigt war, ist damit Wirklichkeit geworden. Die Nachrichten für Seefahrer schrieben am 7. Februar von der »Abschaltung« und tatsächlich ist es das wohl »gefühlt« auch. Lediglich auf der Insel ist das neue, schwache Licht noch zu sehen - bei weitem überstrahlt von jedem beleuchteten Fenster der Turmfront, erst recht von den Lampen des Vorplatzes und der umliegenden Häuser. Für viele Neuwerker und Cuxhavener ist das alles unverständlich. Sollten die Nautiker und Lotsen sich wirklich von einem einfachen weißen Festfeuer irritieren lassen? Naja, man steckt nicht in diesen Personen drin, aber weiter elbaufwärts soll es ja noch mehr weiße Festfeuer geben. Touristen und Insulaner halten immerhin zu ihrem Turm: Ak- FRANK TOUSSAINT tive des Neuwerker Fördervereins wollen an einem Samstag in den Sommermonaten eine Geburtstagsfeier zum 200-sten des Leuchtfeuers veranstalten. Es ist vielleicht kein schlechtes Omen für ein helleres Licht, wenn schon mal gefeiert wird, obwohl der eigentliche Geburtstag erst im Dezember ist. »Des Feuers Ende – bleibt der Leuchtturm Neuwerk dunkel?« Sonnenuntergang vom Turm gesehen (Foto: Toussaint) Seit 2007 erzeugten Halogenlampen das Licht im Turm, das jetzt eingebaute Licht (rechts) erinnert eher an eine Stehleuchte (Fotos: Toussaint/Krüger) 8 Neuwerker Rundblick Nummer 12 / Juli 2013 Seit vergangenem Jahr gibt es keine Grundschulkinder auf Neuwerk; für »Nachwuchs« ist aber gesorgt! Neuwerkstatt Nummer 12 / Juli 2013 9 Neuwerker Rundblick © Neuwerk er Rundblic k 2010 2009: die Ostbake steht wieder! Den Fahrplan der M.S. Flipper finden Sie auf www.cassen-eils.de 10 Neuwerker Rundblick Nummer 12 / Juli 2013 Service: Schiff, Wattwagen und Wattführung Schiff ab Cuxhaven Cuxhaven – Neuwerk Wattführung Neuwerk – Cuxhaven Wattführung Wattwagen Duhnen Sahlenbg. Sahlenburg Schiff ab Neuwerk Wattführung NW Mai Wattwagen ab NW Schiff ab Cuxhaven Neuwerk – Cuxhaven Wattwagen Schiff ab Duhnen Sahlenbg. Sahlenburg Neuwerk Wattfüh- Wattwagen rung NW ab NW Fr. 11 09.00 16.30 11.30 15.15 Do. 1 11.00 07.45 09.00 15.30 19.30 Sa. 12 09.00 17.15 12.30 16.00 Fr. 2 11.30 08.30 09.30 16.00 08.15 So. 13 09.00 18.00 13.00 16.45 Sa. 3 12.00 08.30 09.00 09.30 16.30 08.00 Mo. 14 09.00 07.30 13.30 17.30 So. 4 12.30 09.00 09.30 10.15 17.00 08.45 Di. 15 09.30 08.00 14.00 18.00 Mo. 5 13.00 09.30 10.00 10.30 17.30 09.00 18.45 Di. 6 13.30 10.15 10.45 11.15 18.00 09.45 19.15 Mi. 7 14.30 10.45 11.15 12.00 18.30 10.30 08.15 Do. 8 15.30 12.00 12.30 13.00 18.30 11.30 08.15 Fr. 9 14.15 09.15 Sa. 10 15.15 So. 11 09.00 16.15 11.30 15.00 Mo. 12 09.00 17.15 12.00 16.00 Di. 13 09.00 07.00 13.00 16.45 Mi. 14 09.00 07.30 13.30 17.30 Do. 15 09.30 08.00 14.00 18.15 Fr. 16 10.30 08.30 15.00 19.00 Sa. 17 11.00 09.00 15.30 19.45 So. 18 12.00 08.30 08.15 10.00 16.30 08.30 Mo. 19 12.30 09.15 09.00 10.15 17.00 08.45 Di. 20 13.30 10.00 09.45 11.00 18.00 09.30 Mi. 21 14.30 10.45 10.30 11.45 18.00 10.15 Do. 22 15.30 11.45 11.15 12.45 18.30 11.15 12.15 14.00 Mi. Do. Fr. 16 17 18 Sa. So. 19 20 10.30 08.30 11.00 08.30 11.30 08.30 12.00 13.00 09.15 09.30 10.00 09.30 09.45 10.30 15.00 15.30 16.00 16.30 17.30 Mo. 21 13.30 10.00 10.30 11.00 18.00 09.30 Di. 22 14.00 10.45 11.15 11.45 18.30 10.15 Mi. Do. Fr. 23 15.30 11.45 12.15 24 12.45 18.30 11.15 14.15 25 12.45 15.30 14.15 Sa. 26 09.00 16.45 11.30 So. 27 09.00 17.30 12.30 16.15 Mo. 28 09.00 18.15 13.30 17.00 Di. 29 09.30 08.00 14.00 18.00 Mi. 30 10.30 08.45 15.00 18.45 Cuxhaven – Neuwerk Juni Schiff ab Cuxhaven 15.00 15.30 Wattwagen Duhnen Sahlenbg. Sahlenburg Schiff ab Neuwerk Wattführung NW 14.00 Fr. 23 Sa. 24 12.30 So. 25 09.00 16.15 11.00 15.00 Mo. 26 09.00 17.00 12.00 15.45 Di. 27 09.00 18.00 13.00 16.45 Mi. 28 09.00 07.30 13.30 17.30 Do. 29 10.00 07.00 08.00 14.30 18.30 Fr. 30 10.30 07.45 08.45 15.00 19.00 Sa. 31 11.00 08.15 09.00 15.30 19.30 Wattwagen Duhnen Sahlenbg. Sahlenburg Schiff ab Neuwerk 15.00 Neuwerk – Cuxhaven Wattführung 12.45 13.45 Cuxhaven – Neuwerk Juni Wattwagen ab NW Schiff ab Cuxhaven Neuwerk – Cuxhaven Wattführung Wattführung NW Wattwagen ab NW So. 1 11.30 08.45 09.30 16.00 20.15 Mo. 16 12.00 08.30 09.00 09.30 06.30 20.15 Mo. 2 12.30 08.45 09.15 10.00 17.00 08.30 Di. 17 12.30 09.00 09.30 10.15 17.00 08.45 Di. 3 13.00 09.15 09.45 10.30 17.30 09.00 Mi. 18 13.30 09.45 10.15 11.00 18.00 09.30 Mi. 4 13.30 09.45 10.15 10.45 18.00 09.15 Do. 19 14.00 10.45 11.15 11.45 18.30 10.15 Do. 5 14.00 10.30 11.00 11.30 18.30 10.00 Fr. 20 15.00 11.30 12.00 12.30 20.00 11.00 Fr. 6 15.00 11.15 11.45 12.15 19.00 10.45 Sa. 21 16.00 12.30 13.00 13.30 20.00 12.00 Sa. 7 16.00 12.15 12.45 13.15 19.30 11.45 So. 22 17.00 13.45 14.15 14.45 20.30 13.15 So. 8 07.30 13.30 14.00 14.30 20.00 13.00 Mo. 23 08.30 15.30 10.30 Mo. 9 08.30 15.30 10.30 14.15 Di. 24 09.00 16.45 11.30 15.30 Di. 10 09.00 16.30 11.30 15.15 Mi. 25 09.00 17.45 12.30 16.30 Mi. 11 09.00 17.30 12.30 16.15 Do. 26 09.00 07.15 13.30 17.15 Do. 12 09.00 07.00 13.00 17.00 Fr. 27 09.30 07.45 14.00 18.00 Fr. 13 09.30 07.30 14.00 18.00 Sa. 28 10.00 07.15 08.30 15.30 18.45 Sa. 14 10.00 07.15 08.15 15.00 18.45 So. 29 11.00 08.00 08.45 16.00 19.15 So. 15 11.00 08.00 08.30 16.00 19.30 Mo. 30 11.30 08.30 09.30 16.00 20.00 07.30 14.00 08.00 14.00 14.15 (Quelle: www.helgolandreisen.de / Anmeldungen erforderlich / Änderungen vorbehalten) Cuxhaven – Neuwerk April Nummer 12 / Juli 2013 Neuwerker Rundblick 11 Vier Paderborner auf der Insel VON ELKE VIETH UND MANFRED WEBEL o sieht eine echte win-winSituation aus: Eine Familie fährt in den Sommerurlaub, eine andere Familie genießt das Inselleben – vier Wochen lang – der reine Luxus. Wir, die »Insulaner für einen Sommer«, leben eigentlich in Ostwestfalen, in Paderborn, kennen Kirchengeläut, Großstadtverkehr und reichlich Einkaufsmöglichkeiten. Wir, das sind Manfred, Elke, Levin (10 Jahre) und Joran (8 Jahre). S Neuwerk, diese kleine Insel kennen wir, weil Imme, die Leiterin des Nationalpark-Hauses, unsere Nichte bzw. Tante ist. Also, wir wissen worauf wir uns einlassen, wenn wir auf der Insel vier Wochen das Haus einhüten. Dachten wir, aber es wurde noch viel eindrucksvoller als erwartet. Und besonders an diesem Tag: Morgens recht früh Klack, klack, klack, dieses eingängige, uns mittlerweile so vertraute Hufeisengeräusch der Kutschpferde, kommt näher. Levin springt vom Frühstückstisch auf, rennt auf den Deich, schaut gespannt auf die Insellauffahrt und freut sich, die alltäglich ziehende Karawane von Wattwagen zu erblicken. Ein heimeliges Gefühl, wenn die Kutscher seinem aufgeregten Grüßen mit einem wohlwollenden Nicken antworten. Heute sind Gäste für uns dabei: der Opa und zwei befreundete Familien kommen. Plötzlich sind wir 13! Die erste Begrüßung findet am WattwaIrgendwann ist gen statt, wir laufen ein Stück mit, der schönste tauschen die wichtigsten Infos aus Urlaub vorbei: und treffen uns später. »Unsere« »Danke euch Ostwestfalen checken ein, die Jungs allen. Wir radeln schnell zum Hotel und holen kommen wiedie Freunde ab. Bei uns gibt es Kafder!« fee und Apfelkuchen. Ein bisschen auch als Gegenleistung für die mitgebrachten Lebensmittel vom Fest- schwimmen, die Leiter erwischen, leuchtenden Teilchen, jede Schwinland, denn auf Neuwerk gibt es kei- hoch klettern und gleich wieder hin- gung eine Strömung von Energie nen Supermarkt. ein! Herrlich! und Leuchtkraft. Es ist das schönste Feuerwerk, das wir jemals gesehen haben, dieses Meeresleuchten. Mittags Kniebombe altmodisch Es wird dunkel und Die Sonne steht hoch am Himmel. märchenhaft Die Flut verspricht uns und unseren Seit Tagen schon wird auf der Insel Der Abschied von der Rampe Gästen eine herrliche Erholung: Ei- immer wieder von einer besonderen Nach kurzem seligem Schlaf heißt gentlich fahren wir immer mit den Erscheinung gesprochen. Im Meer, es für unsere Freunde Abschied nehRädern zum Staatsanleger. Und da toben bei anhaltender Wärme men. Wir treffen uns früh am Mordann machen wir vier es wie immer: und bedecktem Himmel Abermillio- gen auf der Rampe zwischen LeuchtKlamotten abstreifen und ohne zu nen Irrlichter. Gerade heute seien turm und Hubschrauberlandeplatz. zögern mit Anlauf in die Nordsee. die Bedingungen ideal. Dann klingt es wieder: Klack, klack, Das hinterlässt bei unseren Freun- Nach einem ordentlichen Abend- klack, die Wattwagen kommen. den echt Eindruck, die sind nämlich brot und den Gesprächen von der Schön, dass ihr da ward. Wir dürfen deutlich zögerlicher als wir und ste- beeindruckenden Bernsteinwande- noch bleiben! hen noch immer nur mit den Füßen rung, in Feierlaune also, machen wir Wir vier haben uns übrigens oft gein der Nordsee. Die beste Methode 13 uns auf den Weg zum Strand. Wir fragt, ob wir wohl für immer auf der ins Wasser zu springen, hat unser sind nicht allein! Der Tag war heiß, kleinen Insel in der Nordsee leben Jüngster – Joran: Von ihm selbst jetzt, kurz vor Mitternacht, ist es könnten? Ja, aber … die Jungs »Kniebombe altmodisch« getauft, dunkel, die Luft ist lau, die Nordsee müssten ein Internat besuchen und macht er einen Hocksprung mit angenehm warm. Für das Schau- wir müssten Umschulen. Stattdeseinem abgespreizten Bein und hält spiel muss man rein ins Wasser. Un- sen träumen wir – und erinnern uns die Nase (altmodisch) zu. Platsch! beschreiblich! Alles funkelt, kleine, an die tollen Kunden in der NeuJetzt treiben lassen in Richtung Ra- dynamische Lichtpunkte scheinen werkstatt, an Verlieren beim Neudarturm – aber nur ein kleines Stück vor der Bewegung weg zu springen. werkspiel »Einmal berühren«, an – dann um den Anleger herum Wir tauchen komplett ein, vereini- einen liebenswürdigen Wattwagengen uns mit dem lebendigen Licht, fahrer, an die Geburtstagssahne, die jede Welle eine Explosion von Sternschnuppen, die frischen Hühnereier, das tägliche Eis, die herzlichen Nachbarn auf Zeit. Danke euch allen. Wir kommen wieder! Am Nachmittag ins Watt: einen knitterigen Hut auf dem Kopf, einen Kescher zur Hand, die Augen auf den Boden gerichtet, die Nase halb im Watt – dem Freund Martin ist die Rolle als Bernstein-Sucher wie auf den Leib geschrieben. 12 Neuwerker Rundblick Nummer 12 / Juli 2013 Aus 80 Jahren rund um Neuwerk: U VON URSULA TOUSSAINT rsula Toussaint hat auf Bitte des Rundblicks ihre sehr per- vor der Ostseite der Insel Steinschüttungen und Lahnungen zur Landgesönlichen Erinnerungen an eine 80jährige "Urlaubskarriere winnung. Ihre Unterkunft waren Baracken, die binnendeichs an der Westaufgeschrieben. Dies ist der erste Teil, von 1934 bis 1960; der seite Neuwerks standen. Beim Turm gab es noch keinen Laden und keine Turmschänke. Unsere zweite Teil wird im nächsten NR zu finden sein. Postkarten und Bonbons kauften wir bei Frau Griebel – dem Alter nach müsste es die Großmutter des heutigen Inselobmanns sein. Sie bot in einem kleinen verandaartigen Vorbau etliches zum Verkauf an. Es machte Spaß, hier mit circa 75 Mädchen zusammen zu sein. Morgens holten wir für das ganze Heim Milch. Mit einer 5-Literkanne ausgestattet gingen je zwei Mädchen zu Fock, zu Fischer und zu Von Kroge, die damals noch auf der Insel wohnten. Zuhause hatte mir Milch nie recht geschmeckt, aber unterwegs aus dem Kannendeckel war das nun etwas ganz anderes! Vor dem Turm gab es eine Pumpe, wo wir uns die Hände waschen konnten. Trinken durften wir das Wasser nicht. Ein Stück weiter, im westlichen der beiden Wärterhäuser, wohne der Leuchtturmwärter, Herr Sumfleth, mit dem wir uns an schnell anfreundeten. Er erzählte uns Geschichten von Störtebeker und der Hanse. 1934 um die Pfingstzeit war ich erstmalig mit meiner Schulklasse auf Neuwerk. Untergebracht waren wir im Schulheim am Turm, das damals zu meiner Grundschule Barmbeker Straße gehörte. Vier Stunden waren wir mit der »Jan Molsen« von den Landungsbrücken die Elbe hinuntergefahren. In Cuxhaven stiegen wir an der »Alten Liebe« in die »Nige Oge«, die uns auf die Insel brachte. Das Schulheim hatte Herr Gechter, unser Schuldirektor, 1920 für unsere Schule erworben. Er war früher selbst Lehrer auf Neuwerk gewesen. Die Insel war damals noch sehr kahl – kein Baum, kein Strauch auf dem Kanonenberg. Abends in unserem Schlafraum unterm Dach hörten wir die Frösche im Teich quaken. Neuwerk, das war Natur pur! Als erstes machten wir natürlich einen Rundgang auf dem Deich und staunten nicht schlecht über ein völlig rosafarbenes Vorland: die Grasnelken standen in voller Blüte! Es gab auch noch einen Signalmast, den ich aber nie in Benutzung gesehen habe. Er stand nahe der Stelle, an der der Wattenweg über den Deich führt. Etwas weiter, vor der Einfahrt zum Inneren der Insel, gab es noch einen Backsteinschuppen in dem ein Rettungsboot stand. amals plante man noch, Neuwerk mit dem Festland zu verbinden. Dafür bauten junge Leute des Reichsarbeitsdienstes D Tagsüber erkundeten wir das Vorland, das voller Schafe, Kühe und Pferde war. Die Möwen stießen kreischend auf uns herunter – wir schwangen Stöcke über den Köpfen, um sie abzuwehren. Bei Ebbe gab es auf dem Watt vor der Fahrrinne riesige Seehundbänke. Auf allen Vieren krochen wir den Tieren entgegen, und sie guckten neugierig zu uns herüber, bis sie zum Schluss doch lieber im Wasser verschwanden. Unser Lehrer zeigte uns, wo Seenelken wuchsen. Wir fanden sie an der Steinkante hinter der Ostbake an Stellen, die auch bei Ebbe nicht trokkenfielen und wo das Wasser immer etwas in Bewegung blieb. Hier waren auch andere Naturfreunde unterwegs. So traf ich einen Lehrer des Hamburger Christianeums, der mir später zeigte, wie man Plankton beobachten kann: Er tropfte Wasser zwischen zwei kleine abgedichtete Glasscheiben und schob sie in einen Diaprojektor. Je wärmer und ungemütlicher es den Einzellern wurde, desto schneller bewegten sie sich. Bei Ebbe gingen wir in den Prielen »Buttpedden«. Man musste fest zutreten, und wenn sich etwas unterm Fuß bewegte schnell zugreifen. Doch dafür fehlte uns wohl die nötige Übung. Großer Jubel war zu hören, wenn jemand doch noch einen kleinen Butt fing. Sie waren kaum handtellergroß – Kindermord zu Neuwerk in diesem Falle. Erheblich ausgewachsenere Exemplare sowie Krabben brachte ein Fischerboot, das an der Anlegebrücke bei Fock gelegentlich festmachte. Nummer 12 / Juli 2013 Neuwerker Rundblick 13 Erinnerungen Als ich die Volksschule verlassen hatte, fuhr ich in den großen Ferien als Helferin für die Schulklassen mit. Ein letztes Mal im Juli – August 1939. 14 Tage später brach der Krieg aus. – Von da an bis zum Kriegsende 1945 durften keine Besucher auf die Insel. 1945 – der Krieg war vorbei – Gott sei Dank. Schule und Uni hatten den Betrieb noch nicht wieder aufgenommen. So zog es mich bald wieder nach Neuwerk. Viel hatte sich auf der Insel nicht verändert. Ich liebte die salzige Luft und die Stimmungen, die Sonne, Wind und Wolken erzeugten. Von Cuxhaven fuhren Ausflugsdampfer auf die Nordsee hinaus. wollen auch nach Neuwerk.« Der Besitzer der Jacht war der Sohn vom Abends konnte man wenn es windstill war, auf dem Deich die Musik Leuchtturmwärter Sumfleth. Wenn ich es recht erinnere, war er im Hamhören. burger UKE tätig als Hals-Nasen-Ohrenarzt. Wie es der Zufall wollte, war sein Mitfahrer der Bruder einer meiner Lehrerinnen. Irgendwo zwischen ine große Feier war kurz nach dem Krieg der Neuwerker Feuer- dem Festland und der Insel fiel ihm unterwegs seine Brille ins Wasser. Er wehrball. Zwischen hohen Bäumen, die knapp östlich des Mittel- peilte mit dem Daumen und meinte: »Die hole ich mir morgen bei Ebbe wegs vor Fischers Haus nahe am Deich standen, drängten sich die wieder.« Inselbewohner und viele Gäste vom Festland. Alle waren bester Laune, Am nächsten Tag – ich stand auf dem Steindeich neben dem Hafen – wer und man erzählte sich, Lüder-Ernst Griebel könne einen ganzen Ochsen kommt mit seiner Brille winkend übers Watt: unser Mitsegler! hoch stemmen. Schade, dass er es nicht vorgeführt hat. Zu der Zeit lebte in einem kleinen Zimmer im Turm ein Flüchtling aus Dresden: Erich Brodkorb. Er malte zahlreiche Bilder von Neuwerk, die er dann an Urlauber verkaufte. Da ich selbst gern malte, war ich oft bei ihm oben. Dabei zeigte er mir auch den Entwurf eines Holzhauses, das er bauen wollte, wenn es ihm gelänge, seine Familie aus der DDR herüberzuholen Er meinte gelegentlich, Menschen zu malen, das müsse er noch üben. Als er dann eine dralle Köchin des Schulheims fragte, ob er nicht Aktbilder von ihr malen könne, hatte die ganze Insel doch für eine Weile Gesprächsstoff. Später gelang es ihm tatsächlich, das Holzhaus auf der Insel zu bauen und seine Familie nachzuholen (heute steht auf dem Gelände das Holzhaus mit der Galerie Brinkmann. d.Red.). In den folgenden Jahren verbrachten meine Eltern und ich regelmäßig unseren Urlaub bei Fock auf Neuwerk. Als ich heiratete und sich Kinder Einmal hatte mein Zug von Hamburg nach Cuxhaven Verspätung, und einstellten, war die Insel Neuwerk für sie der ideale Spielplatz. an der Alten Liebe sah ich kein Schiff mehr. Ich fragte einen Segler, ob es Alle Fotos aus Besitz von U.Toussaint schon abgefahren sei. »Ja,« meinte er, »Sie können mit uns fahren, wir Fortsetzung im Sommerheft des NR E 14 Nummer 12 / Juli 2013 Neuwerker Rundblick Flyway Initiative: Zugvögel werden international beobachtet und geschützt VON SVENJA TIDAU/VEREIN JORDSAND Speckenstraße 48 27632 Dorum Tel.: 0 47 42- 9 26 04 88 Fax: 0 47 42- 92 21 36 ährlich ziehen bis zu 12 Millionen Vögel durch das Wattenmeer auf ihrem Zug entlang des Ost-Atlantiks zwischen den arktischen Brutgebieten und ihren Überwinterungsquartieren in Afrika. Auf dieser Reise stellt das Wattenmeer Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande den wichtigsten Trittstein für die Zugvögel auf dem Zugweg dar, um hier ihre Energiereserven aufzufüllen. J Nun ist am 04. Februar 2014 während der 12. Trilateralen Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres im dänischen Tondern eine Initiative zur Weiterentwicklung der Kooperation auf der ostatlantischen Zugroute der Küstenvögel verabschiedet worden (Wadden Sea Fly- way Initiative). Darin bringen die Unterzeichner ihren Wunsch zum Ausdruck, dass die Zugvögel entlang der Ost-Atlantik Zugstrecke von den nördlichen Brutgebieten zu ihrem zentralen Zwischenstopp, dem Wattenmeer, und zu der Afrikanischen Küsten besser geschützt werden und Menschen heute sowie zukünftige Generationen dadurch inspirieren und verbinden. Die Flyway Initiative geht auf die Anerkennung des Wattenmeeres als U N E S C O We l t n a t u rerbe in 2009 zurück. Mit der offiziellen und internationalen Anerkennung als Weltnaturerbe hat das UNESCO-Komitee auch Forderungen für den Erhalt des Wattenmeeres aufgestellt. Dazu sei es die Aufgabe von Deutschland und den Niederlanden und der Trilateralen Wat- tenmeer-Kooperation mit Dänemark, die Zusammenarbeit mit den afrikanischen Anrainerstaaten der Ost-AtlantikZugstrecke in Bezug auf Management und Erforschung von Zugvögeln und ihrer Abhängigkeit vom Wattenmeer aktiv zu stärken. Dänemark bewirbt sich 2014 für den Status zum Weltnaturerbe. Von 2012 bis 2014 hat die trilaterale Flyway Initiative an gemeinsamen Methoden für die Erfassung von Zugvögeln gearbeitet und die Partner aus Afrika beim Aufbau eigener Kapazitäten zur Zugvogelbeobachtung unterstützt. Mit der jetzt verabschiedeten Erklärung haben die Unterzeichner auch einen Aktionsplan 2014-2020 verabschiedet. Zu den Unterzeichnern gehören die Nationalparkbehörden Niedersachsen und Schleswig-Holstein und die zuständigen Niederländischen und Dänischen Behörden sowie Umweltund Vogelschutzverbände aus den drei Staaten, darunter der Verein Jordsand. Die für das Hamburgische Wattenmeer zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat die Absichtserklärung und den Aktionsplan aus finanziellen Gründen nicht unterschrieben, wird sie aber trotzdem im konkreten Fall unterstützen. Stattdessen unterzeichnete sie die Strategie für nachhaltigen Tourismus im Wattenmeer (Sustainable Tourist Strategy). Nummer 12 / Juli 2013 Neuwerker Rundblick Gänsespektakel auf Neuwerk! VON JORDSAND E.V. edes Jahr rasten Tausende Gänse auf ihrem Weg in ihre Brutgebiete in Sibirien im Wattenmeer. Sie futtern sich in Seegraswiesen, Weiden und Salzwiesen die notwendigen Fettreserven an, um die Strapazen der langen Reise durchhalten zu können. Tatsächlich legen etwa 10.000 Ringel- und Weißwangengänse ihre Verschnaufpause im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer ein. Erleben Sie dieses phänomenale Naturschauspiel mit! Von Mitte April bis Mitte Mai bietet Jordsand Führungen und Veranstaltungen zum Thema „Gänse auf Neuwerk“ an. Möchten Sie wissen, was Gänse futtern müssen, um die anstrengende Weiterreise zu schaffen? Und wollten Sie schon immer mal wissen, wie man eigentlich so viele Vögel zählen kann? Dann kommen Sie mit auf Erkundungstour und versuchen einmal, einen großen Trupp der eindrucksvollen Tiere mit Hilfe eines Spektives und einer Zähluhr zu erfassen. Die Veranstalter sind bei der Bestimmung der Arten und der Durchführung der Zählweise behilflich und freuen sich über Ihre Teilnahme. Weitere Informationen erhalten Sie beim Verein Jordsand im Nationalpark-Haus Neuwerk unter 04721-395349 oder unter [email protected] J Jordsand-Jubiläum VON SVENJA TIDAU er Verein Jordsand feiert 2014 gleich dreimal Geburtstag: 10 Jahre Bestehen des Nationalpark-Hauses, 25 Jahre Betreuung der Düneninsel Nigehörn und 75 Jahre ist Scharhörn unter der Obhut des Vereins! Der erste, der die Pflanzenwelt auf der Düneninsel Scharhörn beobachtete, war der ehemalige Insellehrer Heinrich Gechter 1926. Schnell erkannte er die Bedeutung Scharhörns für die Vogelwelt und leitete durch sein Engagement den Schutz der Insel als wichtige Rast- und Brutplatz für Seeschwalben ein. Im Jahre 1939 wurde die Insel unter Naturschutz gestellt und wird seitdem vom Verein Jordsand betreut. Wie auch Scharhörn ist Nigehörn eine dynamische Insel, die in ihrer Größe durch das Meer verändert wird. So wurde auf Nigehörn 1989 Sand zur Befestigung künstlich aufgespült und wird seither der Natur überlassen. Der Vogelwart des Vereins Jordsand betreut die Insel Nigehörn von Scharhörn aus mit und sorgt für den Schutz dieses einmaligen Rückzugsgebietes für Seevögel. Um den Besuchern die Vielfalt und Dynamik des Wattenmeeres rund um die drei Inseln Neuwerk, Scharhörn und Nigehörn näher zu bringen, leitete Jordsand seit 1982 ein kleines Informationszentrum in der Vogtscheune der Turmwurt. Mit der Eröffnung des Nationalpark-Hauses 2004 wurde die Ausstellung umfangreicher und konnte bis heute 180.000 Gäste empfangen. Bis 2015 wird die Ausstellung im Nationalpark-Haus erneuert und noch attraktiver gestaltet, um langjährige wie neue Besucher vom Hamburgischen Wattenmeer zu faszinieren. Die Saison 2014 steht für den Verein Jordsand ganz im Lichte des dreifachen Jubiläums! Am Wochenende vom 27. bis 29. Juni feiert der Jordsand e.V. auf Neuwerk Geburtstag. Die Besucher erwartet Vorträge über die Geschichte und die Vogelwelt der Düneninseln Scharhörn und Nigehörn, eine vogelkundliche Exkursion auf Neuwerk, eine Wanderung nach Scharhörn, sowie besondere Aktivitäten für die Gäste des Informationszentrums. Informationen erhalten Sie im Nationalpark-Haus unter 04721 – 395349 oder unter [email protected]. D 15 16 Neuwerker Rundblick Nummer 12 / Juli 2013 Wattführerverordnung: Nur noch »geführte« Wattwanderungen? er Neuwerker Rundblick befragt den Cuxhavener NR: Ein paar Worte zur WattführerverWattführer Ralf Hofmann-Kramer zu der seit dem ordnung – Worum geht es hier? 01. September 2013 in Kraft getretenen WattführerRalf Hofmann-Kramer (RHK): Die verordnung. niedersächsische Landesregierung hat eine Verordnung erlassen, die die Sicherheit im niedersächsischen Wattgebiet erhöhen soll. Es handelt sich um eine verbindlich vorgeschriebene Prüfung. Tourenleiter sollen nachweisen, ob sie mit den naturräumlichen Besonderheiten des Wattenmeers und dem Streckenverlauf vertraut sind und darüber hinaus wissen, wie man sich in Gefahrensituationen richtig verhält. Wattführer müssen also in Zukunft ein ärztliches Attest, einen Erste-Hilfe-Kurs, das Schwimmabzeichen sowie einen Wissenstest rund um die Natur und das Verhalten im Watt vorweisen können. NR: Was genau bedeutet die Verordnung in der Praxis? RHK: Es ist für uns Wattführer keine Schwierigkeit, diese Prüfung zu absolvieRestaurant ren. Wir machen seit vielen Jahren WattZum Anker führungen im Cuxhavener Wattgebiet Durchgehend warme und haben entsprechende Erfahrung. Küche mit regionalen Spezialitäten. Die finanzielle Seite ist jedoch nicht zu »Tüdelüt« Frischer Räuvernachlässigen, die Prüfung kostet 500 cherfisch, Steinofenbrot Euro. In der Umsetzung vor Ort bedeuund vieles mehr vom tet es, dass Gruppen, die eine Wande****HOTEL Büffet, ideal für Gruppen Urlaub in komfortablen Suiten rung nach Neuwerk machen wollen, nun und Doppelzimmern mitten nicht mehr auf eigene Faust entlang des im Weltnaturerbe Wattenmeer. Prickenweges gehen können, sie müssen sich einem geprüften Wattführer anschließen. NR: Wie gefährlich ist denn der Weg vom Cuxhavener Festland nach NeuChristian Griebel 27499 Hamburg – Insel Neuwerk werk? Homepage: www.inselneuwerk.de RHK: Der Weg nach Neuwerk ist marE-Mail: [email protected] kiert und mit Rettungsbaken zusätzlich Tel.: 0 4721-2 95 61 Fax: 0 47 21-2 88 25 gesichert. Außerdem ist das Gebiet radarüberwacht. Trotzdem können natürlich bei Gefahr im Watt, wie z.B. plötzlich auftretender Nebel nicht unbedingt alle Wattwanderer gleichzeitig gerettet werden. Daher ist es sowieso sinnvoll, einen erfahrenen und zuverlässigen Wattführer an der Seite zu haben. Auch für Kinder hat sich mit der Verordnung übrigens etwas geändert. Kinder, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet D Das Team um Wattführer Ralf Hofmann-Kramer (3.v.r.) haben, dürfen an einer Wattführung nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten oder einer anderen volljährigen Person teilnehmen. Wattführer dürfen Kinder, die das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, an einer Wattführung, bei der der Aufenthalt im Watt 90 Minuten übersteigt, nicht teilnehmen lassen. Es ist sicher keine Alternative, dass sich Gruppen mit jüngeren Kindern ohne Führungsperson auf den Weg machen. NR: Gilt die Verordnung für alle Wattwanderer oder nur für Wattführer? RHK: Wer mit Freunden nach Neuwerk geht und den Freunden den Startpunkt und die Startzeit gibt, ist laut Verordnung ein Wattführer und muss nachweisen, dass die Prüfung absolviert wurde, sonst handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Ein Gruppenführer ist übrigens auch dann verantwortlich, wenn er kein Geld für die Tour von den Teilnehmern nimmt. NR: Betrifft die Wattführerverordnung auch die Gäste der Insel Neuwerk, die ja zu Hamburg gehört? RHK: Ja, es betrifft diejenigen Gäste, die durch das Watt zur Insel wandern. Etwa die Hälfte der Strecke ist niedersächsisches Gebiet. NR: Und wie genau soll die Umsetzung funktionieren? RHK: Gute Frage. Es wird schwierig sein, tägliche Kontrollen im Watt durchzuführen als auch jede Person kurzfristig zu prüfen, bevor sie eine Wattwanderung fachkundig begleiten möchte. Die Politik hat gerade gemerkt was man „angerichtet“ hat und überlegt, wie man da wieder rauskommt, ohne sein Gesicht zu verlieren. NR: Besteht die Möglichkeit, dass diese Verordnung wieder zurückgenommen wird? RHK: Das glaube ich nicht, aber es könnte vielleicht eine Veränderung der Verordnung geben, die mit Anpassungen an bestimmte Ortsbegebenheiten verbunden ist. E-Mail: [email protected] Internet: www.cuxwatt.de