Neumann: Grimms Popmusik
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Neumann: Grimms Popmusik
36 MÄRCHEN „Grimms“ Popmusik Märchen und andere fantastische Geschichten in Pop- und Rocksongs entdecken friedrich neumann Können Märchen ein Thema in der Popmusik sein? Unvorstellbar, denn Popmusik ist schrill und aktuell, Märchen dagegen sind uralt und nur etwas für kleine Kinder, Omas und Opas? Weit gefehlt! In Pop & Rock wimmelt es nur so von Zitaten und Bezügen zu Märchen, Mythen und Erzählungen. Zu den beliebtesten Märchenfiguren in der Popmusik gehören Aschenputtel und Schneewittchen. Meistens geht es dabei aber nicht um das Märchen, sondern nur um den Namen der Märchengestalt, der manchmal liebevoll, oft aber auch abwertend gebraucht wird. Eine Frau, die einen Mann abblitzen lässt, wird von dem gern als Schneewittchen bezeichnet, weil sie in seinen Augen naiv war und sich bis zum „Beinahe-Tod“ für den Prinzen aufgespart hat. Verhält sich ein 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Arbeitsblätter ▲ ▲ Wichtige Märchen – Inhaltsangaben – S. 40-41 Die Songs – S. 42 Hörbeispiele – CD ▲ ▲ ▲ ▲ HB 14: Christina Aguilera: Vanity – Ausschnitt HB 15: The Alan Parsons Project: The Raven – Ausschnitt HB 16: Jefferson Airplane: White Rabbit – Ausschnitt HB 17: Rap-Playback Dateien – DVD ▲ ▲ Rätsel + Lösungsblatt Märchen-Rap selbst machen schott-musikpädagogik.de ▲ ▲ Beitrag als PDF-Datei Links zu den weiteren Hörbeispielen musik & bildung 1.12 Mädchen mal nicht gruppenkonform, wird es rasch zum Aschenputtel abgestempelt. Es gibt aber auch tatsächliche Bezugnahmen auf Märchen in fast allen erdenklichen Formen, z. B. als Textzitat, inhaltliche Nacherzählung, Metapher (Anspielung aufs Märchen zur Beschreibung einer speziellen Situation), Brücke zu einer versteckten Aussage oder als vom Märchen inspirierte Neuerzählung. Für den Musikunterricht eignet sich die Bearbeitung dieses Themas gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist es für SchülerInnen interessant, in der Musik ihrer Lebenswelt unvermutete Bezüge zur eigenen Kindheit wiederzufinden. Zum anderen vermittelt ihnen die Distanz des Forschers ein Gefühl des Erwachsenseins, denn in fast jedem Song nutzt ein Erwachsener das Märchen zur Beschreibung oder Bewältigung einer Lebenssituation. Es ist deshalb wichtig, sich nicht damit zufriedenzugeben, einen Märchenbezug einfach nur gefunden zu haben, sondern es kommt darauf an, dessen Qualität zu untersuchen. Auf diese Weise können SchülerInnen Kriterien für die Beurteilung eines Textes entwickeln. Darüber hinaus gewinnen sie ein Repertoire an Gestaltungsmitteln für eigene Texte. Auf beide Aspekte zielt dieser Beitrag ab: Mithilfe von Arbeitsblättern sollen Märchenbezüge in Songtexten gefunden und beschrieben werden. Als Selbstkontrolle dient dabei ein Rätsel. In einem zweiten Schritt besteht die Möglichkeit, die gewonnenen Erkenntnisse bei der Entwicklung eines eigenen Rap-Textes anzuwenden. Doch zuvor ein Überblick über die wichtigsten Arten der Verwendung von Märchen in der Pop- und Rockmusik. Text-Zitate Zu den beliebtesten Märchen-Zitaten gehört der Spruch in den Zauberspiegel aus Schneewittchen: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Er wird in allen möglichen Varianten verwendet. Der US-Rapper Z-Ro droht in Mirror Mirror on the Wall allen Leuten mit der Frage, wer wohl sein armseligstes Opfer sein wird: „Mirror mirror on the wall, who’s the throwdest (dt.: der am meisten Hingeworfene) of them all“. Christina Aguilera will in Vanity (HB 14) mit der gleichen Fragestellung herausfinden, wer die verdorbenste „Bitch“ im Lande ist. Die Sängerin CoCo Lee aus China verwendet in Mirror das unveränderte Originalzitat und präsentiert sich im Video so weiß wie Schneewittchen. Grimms Märchen sind also auch auf der anderen Seite der Welt bekannt und beliebt. Die deutsche MetalBand Blind Guardian besingt in Mirror, Mirror ein sagenhaftes Land und gibt dem Spiegel darin einen heißen Tipp, wo das Paradies zu finden ist: „Mirror Mirror on the wall, true hope lies beyond the coast.“ Countrysänger Buck Owens macht sich in Mirror Mirror on the Wall die Mühe, den Spiegel zu fragen, wer der Traurigste im Land ist, obwohl er doch genau weiß, dass er es selbst ist: „Mirror mirror on the wall who’s the saddest of them all, I know it’s gotta be me.“ Inhaltliche Nacherzählung Auch hier gibt es eine Fülle von Beispielen. Die Metal-Band Alesana aus den USA erzählt 2008 in The Uninvited Thirteenth die DornröschenGeschichte fast originalgetreu nach. Als Begleitung hämmert dazu ein erbarmungsloses Gitar- Brüder-GrimmDenkmal in Hanau ren-Schlagzeug-Gewitter und sorgt damit für eine unfreiwillig komische Note zu dem eigentlich rührenden Märchen. Die Comedy-Rockband Erste Allgemeine Verunsicherung erzählt in Cinderella das Märchen von Aschenputtel auf ihre unvergleichliche Art: „Aschenbrödel sei kein Blödel, vertrödel keine Zeit. Eines Abends so um sieben, schlich sie heimlich sich hinfort, um ein Tänzchen kurz zu schieben im Nachbarsort.“ Peter Gabriel, der Multimedia-Künstler aus der englischen Stadt Bath, singt 1992 in Kiss that Frog das Märchen vom Froschkönig und bleibt dabei relativ dicht an der Grimm’schen Vorlage: „Lady kiss that frog. Let him sit beside you, eat right off your plate. You don’t have to be afraid.“ Im Video klärt er dann den Zuschauer auf, wer der Prinz in Wirklichkeit ist: Peter Gabriel himself. Die Musiker vom Alan Parsons Project widmeten 1976 ein ganzes Konzeptalbum dem MythenDichter Edgar Allan Poe. In The Raven (HB 15) erzählen sie in verkürzter Form das gleichnamige Gedicht von Poe nach. Sie versuchen auch mit dem Sound der Musik die mystische Stimmung einzufangen. Die Gesangsstimmen wurden z. B. mit einem Vocoder verfremdet, um das Krächzen des Raben klanglich zu assoziieren. Märchen als Metapher Märchen eignen sich aufgrund ihrer Realitätsfremde gut dazu, das Besondere, das Surreale oder Absurde einer Situation zu beschreiben. Bei © Dr. Meierhofer den Killers, einer Rockband aus Las Vegas, ist es die Eifersucht auf einen gut aussehenden Typen, der die Assoziation an Aschenputtel weckt und gleichzeitig Mordgelüste auslöst: „Er ist ein chromglänzender amerikanischer Prinz, sieht so aus, wie du es dir vorstellst. Ich sehe Cinderella im Partydress, aber in Wirklichkeit ist sie auf der Suche nach einem Nachthemd [= Sexpartner]. Jetzt sehe ich den Teufel, wie er die Hand um sie legt. Er ist jetzt reif für den Showdown“ (aus A Dustland Fairytale, 2008). Kenner des WesternKinos wissen, dass es immer am Schluss des Films den Showdown gibt, in dem der Gute den Bösen umlegt. Da wollten die Killers wohl ihrem Namen alle Ehre machen. Die Anspielung auf Märchen kann auch die Brücke zu einer versteckten Aussage bilden. So geschehen 1967 bei White Rabbit von der Psychedelic-Rockgruppe Jefferson Airplane. Die Band um die Sängerin Grace Slick gehörte Ende der 1960er-Jahre zu den Aushängeschildern der Flowerpower-Hippie-Bewegung und stand auch für deren Lebensweise. Die Einnahme von Drogen galt zu dieser Zeit unter Jugendlichen als zukunftsweisendes Mittel, sein Bewusstsein zu erweitern, stand aber unter Strafe. Man konnte deswegen nicht einfach über seine Drogenerfahrungen singen. Grace Slick nutzte deswegen in White Rabbit (HB 16) eine Märchenfigur als Metapher für den Drogenrausch. Das „weiße Kaninchen“ kennt in England und den USA jedes Kind, denn es ist eine Figur aus Lewis Carrolls fantastischer Geschichte Alice im Wunderland. In dem Moment, als Alice das Kaninchen sieht, verändert sich die Realität: Die Welt verzerrt sich, Lebewesen werden größer oder kleiner, Dinge verformen sich, Tiere können sprechen. Alles ist wie im Traum – oder wie auf einem LSD-Trip. Jeder Insider weiß sofort Bescheid. Märchen gelten außerdem als Inbegriff von Moral, wobei Tugend, Reinheit und Gerechtigkeit. eine große Rolle spielen. Dies fordert natürlich geradezu dazu heraus, sie sarkastisch zu verdrehen oder den Märchenbezug für eine Gemeinheit zu missbrauchen. Immer gut für derlei Schandtaten ist Eminem, der Rüpel-Rapper aus Detroit. Bei ihm ist Cinderella ein wahrscheinlich homosexueller Mann, der Cinderella Man, der zur Zielscheibe seiner Attacken wird. Gekleidet ist er in ein blütenweißes Hemd, aber keins wie es eine musik & bildung 1.12 38 MÄRCHEN … Küss mich, ich bin dein Supertyp … Als ich aus der Schule kam, da traf ich … … einen grünen Frosch. Der sagte zu mir … Prinzessin trägt, sondern ein Feinripp-Unterhemd, in der Umgangssprache verächtlich „wife beater“ (dt. soviel wie „Liebestöter“) genannt. Ähnlich wie Aschenputtel ist er zu erkennen am verlorenen Schuh. Heutzutage ist das natürlich ein Nike-Turnschuh. Wo der Schuh hingehört, davon hat Eminem seine ganz eigenen Vorstellungen: „He came to the ball in his wifebeater, lost his Nike shoe, its in ya ass, Cinderella man“ (Cinderella Man, 2010). Mit Tugend und Reinheit hat das jedenfalls nichts zu tun. Vom Märchen inspiriert Auch hier gibt es eine Fülle von Beispielen. Die amerikanische Progressive-Band A Perfect Circle erzählt in ihrem Song Sleeping Beauty (2000) eine neuzeitliche Variante von Dornröschen. Der böse Fluch legt sich hier in Form von Drogensucht über eine junge Frau, was zur Folge hat, dass sie apathisch dahindämmert ähnlich wie Dornröschen, abgeschirmt von der undurchdringlichen Umnebelung ihres Geistes, während der Erzähler hofft, sie erlösen zu können, indem er sie wachküsst. In dem Animationsfilm Wer küsst den Frosch (USA 2009) dient das Märchen als Vorlage für eine neue Geschichte. Der Song Du musst nur tiefer in dir graben thematisiert die im Frosch-Märchen untergebrachte Lebensweisheit, sich nicht vom Schein blenden zu lassen und auch Dinge zu beachten, die auf den ersten Blick unscheinbar oder sogar abstoßend wirken. Wer das beherzigt, bekommt mit etwas Glück eine unverhoffte Belohnung oder sogar den passenden Lebenspartner. Der Songtext als neues Märchen Die 1970er-Jahre waren die große Zeit des Progressive-Rock mit seinen epischen Rockopern, zu denen auch entsprechend fantasievolle Texte gehörten. Viele Songs dieser Zeit waren kleine, in sich abgeschlossene Märchen. Man nannte das musik & bildung 1.12 „Fantasy“. Da war z. B. der Lucky Man von Emerson, Lake & Palmer, der alle erdenklichen Güter besaß und am Ende doch einsam starb. Die Gruppe Yes sang von Reisen zu Welten, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist: „Sister Bluebird flying high above, shine your wings forward to the sun. Hide the myst’ries of life on your way. Though you’ve seen them, please don’t say a word. What you don’t know, I have never heard.“ Neil Young träumte in After the Goldrush von einer märchenhaften Welt: „Well, I dreamed I saw the knights in armor coming, saying something about a queen. There were peasants singing and drummers drumming and the archer split the tree.“ Während diese Hits heute weitgehend vergessen sind, hat einer überlebt: Lady in Black von Uriah Heep. Das Fantasy-Märchen von der geheimnisvollen schwarzgekleideten Frau kennt auch heute noch fast jeder Schüler. Allen voran gingen aber schon 1966 die Beatles mit Yellow Submarine: „So we sailed on to the sun, till we found the sea of green, and we lived beneath the waves, in our yellow submarine.“ MÄRCHEN-RAP SELBST MACHEN Raptexte lassen sich ohne Weiteres in der Gruppe schreiben. So spart man Zeit und überfordert die SchülerInnen nicht. Wichtig ist dabei ein gemeinsames Thema, zu dem dann jede Gruppe ihre Zeilen beisteuert. Hier eine Vorübung, die ganz wesentlich zum Gelingen beiträgt. Es geht darum, verbale Spontaneität und Ausdrucksfähigkeit zu trainieren, denn im Rap kommt es auf Gewandtheit und Schnelligkeit an. Der Grundgedanke dieser Übung stammt aus dem Improvisations- und Spontan-Theater. Ziel ist es, eine möglichst ununterbrochene Kette aus Stichworten und Antworten zu schaffen. Die Gruppe teilt sich dazu in zwei Hälften, die sich in zwei Reihen gegenübersitzen. In der Mitte agiert ein Moderator. Er beginnt, indem er einen … ähh, mhh, ähh? Oops: Leider ausgeschieden. kurzen Satz erfindet, der am Ende offen bleibt, z. B.: „Als ich gestern aus der Schule kam, begegnete mir ein Frosch ….“ Ohne den Satz zu vollenden, zeigt er auf einen Schüler, der nun die Geschichte weiterspinnen muss, z. B. indem er sagt: „… der zu mir sprach: Küss mich, ich bin der Supertyp für dich und werde dich ….“ Nun zeigt der Schüler auf einen Klassenkameraden in der anderen Reihe, der die Geschichte fortsetzen muss. So springt das Spiel immer zwischen den Reihen hin und her. Lässt eine Antwort länger als eine vereinbarte Zeit (z. B. zwei Sekunden) auf sich warten, scheidet der Schüler aus. Der Moderator fungiert als Schiedsrichter. Je nach Gruppengröße kann das Spiel so lange fortgeführt werden, bis sich nur noch zwei Kontrahenten gegenübersitzen. Ausgeschiedene SchülerInnen feuern als Publikum ihre Helden an. Je nach Lust und Fähigkeit kann der Schwierigkeitsgrad gesteigert werden, indem man vereinbart, dass derjenige ausscheidet, der das Wort „und“ benutzt oder – noch schwieriger – die Wörter „der, die, das“. Das Arbeitsblatt „Märchen-Rap selbst machen“ dient beim Schreiben des Textes als Orientierungsrahmen. Die Zeilen sind vorgegeben und damit auch das Prinzip: Eine Zeile entspricht einem Takt Musik. Damit sich alle schon während des Textens auf den „Flow“ der Musik einstellen können, sollte das Playback (HB 17) im Hintergrund leise mitlaufen (am Ende wieder neu starten!). Wenn der Text nach einer vereinbarten Zeit (z. B. 30 Minuten) fertig ist, kann jede Gruppe gleich mit ihrer Performance starten, denn die Musik ist ja schon bekannt. Das Playback auf der CD (HB 17) ist nach einem einfachen, 8-taktigen Schema gebaut, sodass es eigentlich immer funktionieren sollte: Intro (4 Takte), Refrain (2 x 4 Takte), Strophe (2 x 4 Takte), Refrain (2 x 4 Takte), Strophe (2 x 4 Takte). 40 Wichtige Märchen – Inhaltsangaben DORNRÖSCHEN (SLEEPING BEAUTY) SCHNEEWITTCHEN (SNOW WHITE) Ein König und seine Frau wünschen sich schon lange ein Kind. Als sie endlich eine Tochter bekommen, gibt der König ein großes Fest für alle seine Untertanen. Er lädt auch die Feen ein, eine Gruppe von dreizehn weisen Frauen, die Zauberkräfte besitzen. Weil aber das Geschirr nur für zwölf reicht, lädt er eine von ihnen wieder aus. Diese ist darüber so erbost, dass sie die junge Königstochter mit einem Todesfluch belegt. Einer der Feen gelingt es noch, den Fluch abzuschwächen und aus dem Tod einen hundertjährigen Schlaf zu machen. Als die Prinzessin an ihrem sechzehnten Geburtstag im Turmzimmer der königlichen Burg einer Spinnerin bei der Arbeit zusieht, verletzt sie sich an der Spindel, woraufhin alle Menschen und Tiere in der Burg in einen tiefen Schlaf fallen. Hundert Jahre später gelingt es einem jungen Prinzen, die dichte Rosenhecke, die das Schloss umgibt, zu durchdringen. Er findet „Dornröschen“, küsst sie und sofort wachen alle wieder auf. Am Ende heiraten Dornröschen und der Prinz. Eine Königin bekommt nach langer Wartezeit endlich ein Kind. Weil dessen Haut so weiß wie Schnee ist, wird es Schneewittchen genannt. Kurz darauf stirbt die Königin. Der König heiratet nach einiger Zeit eine neue Frau. Sie ist zwar wunderschön, aber auch sehr eitel. Sie kann es überhaupt nicht ertragen, wenn eine andere Frau schöner ist. Um sich dessen sicher zu sein, fragt sie regelmäßig ihren sprechenden Zauberspiegel: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Jahrelang bleibt die Königin die Schönste. Doch eines Tages, als Schneewittchen zu einer jungen Frau herangewachsen ist, bezeichnet der Spiegel plötzlich Schneewittchen als schönste Frau. Wutentbrannt beauftragt die Königin den Jäger, Schneewittchen im Wald zu töten. Der aber lässt das Mädchen laufen. Bei ihrem Irrlauf durch den Wald findet sie ein kleines Haus, in dem sieben Zwerge wohnen. Sie freundet sich mit ihnen an und bleibt bei ihnen. Die böse Königin aber trachtet ihr weiterhin nach dem Leben. Insgesamt dreimal kommt sie in unterschiedlichen Verkleidungen zum Zwergenhaus, wo sie jedes Mal versucht, Schneewittchen umzubringen. Einmal verkauft sie ihr ein zu eng geschnürtes Mieder, in dem sie ohnmächtig wird, ein andermal einen vergifteten Kamm. Immer können die Zwerge Schneewittchen retten. Als aber nach dem dritten Mordversuch Schneewittchen mit einem giftigen Apfelstück im Hals zusammenbricht, können die Zwerge die Ursache nicht finden und halten sie für tot. Weil sie so schön ist, stellen sie die Totgeglaubte in einem gläsernen Sarg aus. Kurz darauf kommt ein junger Prinz, der sich in die Schönheit im Sarg verliebt. Die Zwerge überlassen ihm Schneewittchen. Beim Transport lockert sich das Apfelstück in Schneewittchens Hals und sie erwacht. Schneewittchen und der Prinz heiraten. Zum Hochzeitsfest ist auch die böse Königin eingeladen. Sie muss dort mit glühenden Schuhen so lange tanzen, bis sie tot zu Boden sinkt. FROSCHKÖNIG (FROG PRINCE) Eine Prinzessin besitzt als Lieblingsspielzeug eine Kugel aus Gold. Als ihr die Kugel beim Spielen in den Brunnen fällt, erscheint ein Frosch, der ihr anbietet, die Kugel wieder herauszuholen. Als Gegenleistung müsse sie aber den Frosch wie einen Gemahl behandeln, mit ihm am Tisch sitzen und ihn mit ins Bett nehmen. Die Prinzessin geht darauf ein, findet den Frosch aber unangenehm und will ihn loswerden. Ihr Vater drängt sie jedoch, das Versprechen einzuhalten. Als sie schließlich den Frosch mit in ihr Bett nehmen will, wird sie vom Ekel überwältigt und wirft den Frosch an die Wand. In diesem Augenblick verwandelt sich das glitschige Tier in einen jungen Prinzen. Dieser war von einer Hexe verwunschen worden und musste als Frosch sein Dasein fristen, bis ihn ein Mädchen bei sich aufnimmt. Weil sie dem Vater geschworen hatte, den Frosch wie einen Gemahl zu behandeln, war sie nun die Gattin des Prinzen. Als sie am nächsten Morgen aufwachen, kommt eine Kutsche mit acht weißen Pferden, um sie zum Schloss des jungen Königs zu bringen. musik & bildung 1.12 41 ASCHENPUTTEL (CINDERELLA) ALICE IM WUNDERLAND Eine junge Frau wächst als Stiefkind mit zwei Halbschwestern auf. Die Mutter bevorzugt ihre leiblichen Kinder und macht der Stieftochter das Leben schwer, indem sie ihr grobe Schmutzarbeit auferlegt. Weil sie immer neben dem Herd in der Asche schlafen muss, wird sie Aschenputtel genannt. Eines Tages veranstaltet der König im Schloss ein großes Fest, auf dem sich der junge Prinz eine Frau suchen will. Alle jungen Frauen des Königreichs sind eingeladen, und natürlich möchte auch Aschenputtel teilnehmen. Die Stiefmutter versucht das zu verhindern und erlaubt ihr die Teilnahme erst dann, wenn sie alle Linsen aus der Asche herausgelesen hat. Aschenputtel löst die Aufgabe mithilfe von Tauben, die in Windeseile die Linsen herauspicken („Die guten ins Töpfchen, die schlechten in Kröpfchen!“). Als die Stiefmutter trotzdem die Teilnahme verweigert, rennt Aschenputtel davon. Unterwegs schenkt ihr der weiße ZauberVogel ein wunderbares Kleid, in dem sie auf dem Fest erscheint. Der Prinz verliebt sich sofort in sie. Aschenputtel läuft aber unerkannt wieder nach Hause und verliert dabei einen Schuh. Auf der Suche nach der rätselhaften Schönheit gibt der Prinz jeder jungen Frau den Schuh zur Anprobe, aber keiner passt er. So kommt er auch zu Aschenputtels Haus. Wieder versuchen die Stiefschwestern, Aschenputtel zurückzudrängen. Auf den Rat der Mutter schneidet sich die eine ihren Zeh ab, damit der Schuh passt, die andere hackt sich aus dem gleichen Grund die Ferse ab. Doch während der Prinz mit ihnen fortreitet, deckt der weiße Vogel den Betrug auf: „Rucke di guh, rucke die guh, Blut ist im Schuh. Der Schuh ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim!“ Aschenputtel wird schließlich erkannt und reitet mit dem Prinzen zum Schloss, wo sie heiraten. Hier handelt es sich nicht um ein Märchen, sondern um eine Geschichte des Schriftstellers Lewis Carroll. Alice ist ein junges Mädchen. Während ihr die Schwester eine GuteNacht-Geschichte vorliest, fallen ihr die Augen zu und sie sieht ein weißes Kaninchen („White Rabbit“), das immer auf die Uhr schaut. Sie folgt dem Tier in den Bau und fällt dort in ein Loch. Unten findet sie sich in einem Zimmer mit vielen winzig kleinen Türen wieder. Nachdem sie von einem Zaubertrunk gekostet hat, schrumpft sie ein und kann nun durch die kleinen Türen gehen. Draußen ist das „Wunderland“, in dem ständig absurde Dinge passieren. Sie begegnet erneut dem weißen Kaninchen, isst in dessen Haus etwas und wird riesengroß. Eine zu Hilfe gerufene Raupe sorgt wieder für die nötige Verkleinerung. Sie trifft auf ihrer Erkundungstour einen verrückten Hutmacher, der ununterbrochen eine Party feiert und sie begegnet einem Igel, der als Ball im Spiel verwendet wird. Schließlich kommt sie zu der bösen Herzkönigin, die sie zum Tode verurteilt. Zum Glück wird sie gleich danach vom Herzkönig begnadigt. Während der Gerichtsverhandlung wächst Alice wieder auf Normalgröße und wacht schließlich im Bett neben ihrer Schwester auf. DER RABE (THE RAVEN) Hier handelt es sich nicht um ein Märchen, sondern um ein bekanntes mythisches Gedicht des Lyrikers Edgar Allan Poe. In einem Zimmer sitzt spät in der Nacht ein Mann und trauert über den Tod seiner geliebten Frau. Nachdem er merkwürdige Geräusche gehört hat, öffnet er das Fenster. Da fliegt plötzlich ein großer Rabe ins Zimmer und plustert sich vor ihm auf. Als der Mann den Raben fragt, wie er heißt, krächzt dieser etwas, das wie „Nevermore“ (nimmermehr) klingt. Weil der Rabe anscheinend der Sprache mächtig ist, beginnt der Mann ein Gespräch mit ihm, doch das einzige Wort des Raben ist immer: „Nevermore“. Er fragt ihn auch, ob er seine engelsgleiche Frau Leonore zurückholen könne. Der Rabe antwortet wie immer: „Nevermore!“. Wütend fordert er ihn auf, ihn zu verlassen, bekommt aber nur zu hören: „Nevermore“. Am Ende sieht er seine Seele im Schatten des Raben am Boden liegen und wünscht sich die Erlösung. Antwort: „Nevermore!“ musik & bildung 1.12 42 Die Songs Katy Perry (2010): Note Like The Movies The Killers (2008): A Dustland Fairytale The Alan Parsons Project (1976): The Raven (M + T: Katy Perry, Greg Wells) (M + T: Brandon Flowers, Dave Brent Keuning, Mark August Stoermer, Ronnie Jr Vanucci) (M + T: Alan Parsons, Eric Norman Woolfson) Snow White said when I was young, One day my prince will come. So I’ll wait for that date. They say it’s hard to meet your match, If you can’t see the sign, Wait for it. He looked just like you’d want him to Some kind of slick chrome American Prince Saw Cinderella in a party dress But she was looking for a nightgown I saw the devil wrapping up his hands He’s getting ready for the showdown To my amazement There stood a raven Whose shadow hung above my door Then through the silence It spoke that one word that I shall hear for evermore Nevermore! (nightgown = Nachthemd, slick = Hochglanz) (amazement = Erstaunen, nevermore = nimmermehr) Christina Aguilera (2010): Vanity Peter Gabriel (1992): Kiss That Frog Jefferson Airplane (1967): White Rabbit (M + T: Christina Aguilera, Esther Dean, Claude Kelly) (M + T: Peter Brian Gabriel) (M + T: Grace Slick) Mirror mirror on the wall Who’s the sexiest of them all Never mind, I am, I am Yeah I am, that’s right Let him sit beside you, eat right off your plate You don’t have to be afraid, there’s nothing here to hate Princess, you might like it, if you lowered your defence Kiss that frog, and you will get your prince. And if you go chasing rabbits And you know you’re going to fall Tell them a hookah smoking caterpillar Has given you the call Call Alice When she was just small (lower the defence = Abwehr verringern) (to chase = jagen, caterpillar = Planierraupe, hookah = Wasserpfeife, auch: Haschisch-Pfeife) Eminem (2010): Cinderella Man Cassandra Stehen (2009): Du musst nur tiefer in dir graben Alesana (2008): The Uninvited Thirteen (M + T: Jemal Alphonso Harris, Marshall Mathers) (M + T: Randy Newman, dt. Subtext: Heike Kospach) (M + T: Shawn Milke, Patrick Thompson) Now guess who Here’s a clue He came to a ball in a wife beater Lost his Nike shoe, It’s in your ass Now what’s his name Cinderella Man, Cinderella Man Prinz Froggy war mal unglaublich reich, und reich will er wieder sein, Doch das, was du besitzen kannst, wird dich das denn auch befreien? Geld allein macht nicht froh, Geld allein macht nicht frei, Dir gehört die ganze Welt, glaub bloß nicht, dass dir was fehlt. You should have known better than to insult me That won’t happen again … Sleep, I’ll pretend that you died And as you rest may your youth be stripped away from you Sleep my precious, the darling Rosamond May nightmares lay with you … revenge is mine! (match = Treffer, sign = Zeichen) (never mind = keine Frage, selbstverständlich) (clue = Hinweis, Schlüssel, wife beater = ärmelloses Shirt, Unterhemd) ! 1. 2. musik & bildung 1.12 (to strip away = abstreifen, to pretend = so tun als ob, precious = Edelstein, nightmare = Albtraum) Lest die Songtexte und vergleicht sie mit den Inhaltsangaben der Märchen. In den aufgeführten Songs spielen Märchen oder märchenhafte Gestalten eine mehr oder weniger starke Rolle. Markiere die Stellen in den Songtexten, die auf ein Märchen Bezug nehmen.