Unterscheidet sich Goethes Gottesbild vom - FaustG3E
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Unterscheidet sich Goethes Gottesbild vom - FaustG3E
Erörterung zu Faust I Joël Bessire, 4cW | 2010 Unterscheidet sich Goethes Gottesbild vom Christlichen? Einleitung „Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern, und hüte mich mit ihm zu brechen. Es ist gar hübsch von einem grossen Herrn, So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.“1 Dies sind die Gedanken Mephistos nach dem Gespräch mit Gott im „Prolog im Himmel“ in Goethes Faust. Goethes Faust I wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts erstveröffentlicht. Es ist der Epoche der Klassik zuzuordnen und spielt zu Lebzeiten des historischen Faust, also während der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit[1]. Goethe schrieb einen Faust I und II. Im teilweise oben zitierten Prolog wettet Mephisto, der sich als Teufel bezeichnet jedoch nicht der oberste Satan ist, mit Gott, dass er den Faust vom rechten Weg abbringen kann. Fortan gelingt es Mephisto, Faust zu verführen. Chaos ist vorprogrammiert. Mephistos Einfluss auf Faust fordert den Tod von Gretchens2 Mutter, ihrem Kind und ihrem Bruder. Gott lässt dies blind geschehen. Am Ende des Faust I rettet er Gretchen. Durch die ganze Geschichte hindurch tritt Gott jedoch nie in Erscheinung. Nur im Prolog und am Ende mit den Worten „Sie ist gerettet“ ist er vertreten. Im Faust II stirbt Faust am Ende des Buches. Er wird in den Himmel aufgenommen, obwohl er in seinem Leben jede Menge Sünden begangen hat. Goethes Begründung lautet folgendermassen: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“3 Die gesamte Handlung und der Ausgang lassen viele Diskussionen um Goethes Gottesbild4 entstehen. Doch wie genau sieht dieses Gottesbild denn aus und unterscheidet es sich vom christlichen? Goethes Gottesbild Goethes Gott ist ziemlich passiv. Er vereinbart eine Wette mit Mephisto und hält sich dann fast gänzlich aus den Geschehnissen heraus. Er lässt zu, dass Gretchens Mutter, ihr Bruder und ihr Kind sterben. Wie mit Mephisto vereinbart, überlässt er ihm Faust und unternimmt auch nichts, um Faust auf dem rechten Weg zu halten. Ebenfalls hat Goethes Gott eine ziemlich lockere Definition, was die Erlösungswürdigkeit, also die Aufnahme in den Himmel betrifft. Wie bereits erwähnt, reicht es, wenn man strebt. Dies bedeutet, dass der Mensch immer auf der Suche nach etwas Höherem ist. Es ist dabei nicht definiert, was dieses Höhere sein soll und wie danach gestrebt werden soll. 1 Vers 350-353 Fausts Geliebte 3 Zitat aus Faust II 4 Darstellung des Göttlichen[2] 2 1 Erörterung zu Faust I Joël Bessire, 4cW | 2010 In diesem Sinne kann auch nach etwas Bösem gestrebt werden, Hauptsache man strebt.[6] Des Weiteren ist Gott fest davon überzeugt, dass sich der Mensch des rechten Weges stets bewusst ist. Der rechte Weg ist jedoch nicht definiert. Als rechten Weg versteht man jedoch nach gutem Treu und Glaube kaum etwas Böses oder Schlechtes. Ebenfalls ist die Umgangsweise Gottes mit Mephisto erstaunlich. Gott und Mephisto reden wie zwei Freunde, als wären sie am Stammtisch bei einer Flasche Bier. Jedoch verkörpern Gott und Mephisto so ziemlich das Gegenteil. Der eine ist gut, der andere böse. Eigentlich sollten es deshalb Feinde oder zumindest nicht befreundete Lebewesen sein. Ebenfalls gibt es mehrere Teufel im Faust. Mephisto zum Beispiel ist ein solcher, aber er ist nicht „der Teufel“, sondern nur einer von vielen. Christliches Gottesbild Der christliche Gott hat viele Merkmale. Einige für meine Erörterung massgebende seien hier aufgelistet: Gott ist unbegreifbar. Er ist nicht, wie ein Stuhl der im Raum steht, einfach feststellbar und ersichtlich. Gott ist nicht an einem bestimmten Ort, er ist nicht irgendwo da oben. Er ist überall und umfängt uns. Da wir endliche Wesen sind und Gott unendlich, können wir ihn nicht begreifen. Gott ist allmächtig und allwissend. Das heisst, niemand kann sich vor Gott verstecken. Er weiss alles und erfährt alles. Ebenfalls kann er alles steuern und veranlassen, was er will. Gott ist gerecht. Die Liebe Gottes bedeutet, dass Gott jeden Menschen annimmt. Gerechtigkeit bedeutet, dass jedem Menschen das gegeben wird, was ihm gebührt. Im biblischen Sinne schliesst dies auch die Zuwendung Gottes zum Menschen, welcher gesündigt hat, mit ein. Auf die Frage, wer in die Hölle kommt und wer nicht, gibt ein Zitat aus dem Katechismus Antwort: “In Todsünde sterben, ohne diese bereut zu haben und ohne die barmherzige Liebe Gottes anzunehmen, bedeutet, durch eigenen freien Entschluß für immer von ihm getrennt zu bleiben.”[3,4] Im biblischen Sinne wird der Teufel allgemein als Gottes Gegenspieler angesehen. Die beiden Kontrahenten ringen meist um die Seele der Menschen. Darüber hinaus wird in der Bibel von einem einzigen Teufel gesprochen. Seine Gehilfen werden Dämonen genannt.[5] 2 Erörterung zu Faust I Joël Bessire, 4cW | 2010 Unterschiede vom christlichen zu Goethes Gottesbild Ein Teil der Fragestellung ist nun bereits beantwortet. Wir haben einen Überblick über Goethes Gottesbild. Die Frage ist nun: „Unterscheidet sich sein Gottesbild von dem der Christen?“ Im Faust ist Gott nicht direkt unbegreifbar. Zumindest nicht im Sinne des christlichen Gottesbildes. Dort steht geschrieben, das Gott überall ist und nicht einfach „da oben“. Ganz am Ende des Faust I sagt Mephisto über Gretchen: „Sie ist gerichtet!“1 Daraufhin ertönt eine Stimme von oben: „Ist gerettet.“2 Diese Stimme ist Gott zuzuordnen. Ebenfalls spielt der Prolog im Himmel wie der Titel verrät, im Himmel ab. Deshalb ist Gott „irgendwo da oben“. Ebenfalls wird er „Herr“ genannt und ist somit gedanklich dargestellt ein männliches Wesen mit Körper. Er ist somit an einem bestimmten Ort. Ein weiterer Unterschied ist, dass Mephisto nur ein Teufel von mehreren ist. Es gibt noch einen obersten Satan. In der Bibel jedoch gibt es einen Teufel der die Menschen in Versuchung bringt. Mephisto selbst sagt ja, dass er nur „ein Teil der Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft “3 ist. Ebenfalls sagt Mephisto von sich, dass er nur ein „Teil des Teiles“4 sei. Hiermit wird ersichtlich, dass Mephisto ein Teil Gottesschöpfung ist. Dies ist ebenfalls im biblischen Sinne war, da der Teufel ja ein gefallener Engel war. Ursprünglich war er einer der Erzengel und leitete Millionen von Engeln. Jedoch rebellierte er mit seinen Engeln gegen die Herrschaft Gottes und wurde deshalb von Gott aus dem Himmel verbannt. [5] Der Unterschied von Goethes Gottesbild zu dem christlichen ist jedoch, dass im Faust Mephisto ein Plan Gottes ist. Er ist nicht Gegenspieler von ihm. Er hat den Auftrag, die Menschen zu verführen. Im christlichen Sinne stellt dies ein Gegenspiel von Gottes Absichten dar, im Faust jedoch wird es als Teil Gottes Absichten dargestellt. Da der Teufel ein gefallener Engel ist, war es nicht Gottes direkter Plan, einen solchen zu schaffen. Im Faust jedoch, gehört Mephisto zu Gottes Plan. Im Faust zwei wird Faust von Gott begnadigt und erlöst. Dies aufgrund weil er stets strebte. Auffallend ist, dass diese Definition gutes und schlechtes Streben gleichermassen behandelt. Ein Mensch der versucht, alle Menschen die nicht weisser Hautfarbe sind, auszurotten und zu ermorden wäre demnach auch einer der erlöst wird. Sein Streben besteht einfach darin, auf der Erde nur noch weisse Menschen zu haben. Dass dieses Streben mit tausenden von Morden zusammenhängt, ist im Sinne von Goethes Definition nicht relevant. Beim Christentum müsste ein Sünder erstens Bereuen und zweitens 1 Vers 4612 Vers 4613 3 Vers 1335-1336 4 Vers 1349 2 3 Erörterung zu Faust I Gottes barmherzige Joël Bessire, 4cW | 2010 Liebe annehmen. Dies ist der wohl markanteste und unverständlichste Unterschied Goethes Gottesbild zum christlichen. Zusammenfassend kann man also sagen, dass sich Goethes Gottesbild in einigen Punkten und vor allem im Bereich der Frage der Erlösung erheblich vom christlichen unterscheidet. Goethe geht fest von der Vorstellung aus, dass Gott in seinem Himmelreich wohnt und von dort aus leitet und lenkt. Er wird als Herr dargestellt und somit als etwas, dass man begreifen und sich vorstellen kann. Im christlichen Gottesbild ist Gott überall. Er ist über, unter, neben und sogar in uns. Ebenfalls ist er kein Gegenstand den man sich einfach so vorstellen und begreifen kann. Ein weiterer Unterschied ist, dass der Teufel, oder besser gesagt einer der Teufel, nicht Gottes Gegenspieler, sondern Teil Gottes Plan ist. Er kämpft deshalb nicht direkt mit Gott um die Seele der Menschen sondern wurde von Gott quasi dafür erschaffen, die Menschen auf die Probe zu stellen. In der Bibel wurde Satan nicht extra dafür geschaffen die Menschen zu verführen. Er ist ein gefallener Engel der nun versucht die Menschenseelen zu sich in die Hölle zu schaffen. Der grösste Unterschied ist der Erlösungsgrund. Während es dem Gott in Goethes Faust ausreicht, dass Faust sein Leben lang bemüht war nach etwas Höherem zu streben, muss man im Christentum seine Sünden bereuen und Gottes Liebe anerkennen. Abschliessend ist zu sagen, dass einem die Unterschiede bei flüchtigem durchlesen kaum bewusst werden. Bei längerem und genauerem Studieren des Buches findet man dennoch einige unterschiede und kommt auf ein zumindest für mich recht interessantes und verblüffendes Ergebnis. 4 Erörterung zu Faust I Joël Bessire, 4cW | 2010 Literaturverzeichnis [1] Peter Hammer, Faust. Eine Tragödie., http://de.wikipedia.org/wiki/Faust._Eine_Trag%C3%B6die, 17.1.10 [2] Boobarkee, Gottesbild, http://de.wikipedia.org/wiki/Gottesbild, 17.1.10 [3] Weihbischof Andreas Laun, Die Hölle, http://www.home.pages.at/einspruch/hoelle.html, 17.1.10 [4] Dittmar-online, Wer ist eigentlich Gott, http://www.dittmar-online.net/religion/gott/weristgott.html, 1.17.10 [5] David C. Pack, Wer ist der Teufel, http://www.thercg.org/de/broschuren/witd-de.html, 17.1.10 [6] Klaus Dautel, Faust, Zweiter Teil, AKT V, http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/faust/faust_IIV.htm, 17.1.10 5