“Jetzt ist Sommer, egal ob du schwitzt oder frierst – Sommer ist, was
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“Jetzt ist Sommer, egal ob du schwitzt oder frierst – Sommer ist, was
“Jetzt ist Sommer, egal ob du schwitzt oder frierst – Sommer ist, was in deinem Kopf passiert.” - Wise Guys Liebe Freunde, Bekannte & Verwandte, liebe Unterstützer & Interessierte, seit mittlerweile 2 Monaten bin ich bereits gut in der Dominikanischen Republik angekommen, um dort in verschiedenen Sozialprojekten meinen einjährigen „entwicklungspolitischen Freiwilligendienst“ anzutreten. Gerade in der Anfangszeit erwarteten mich viele neue, interessante, spannende und abwechslungsreiche Eindrücke und Begegnungen. Wie schon in Deutschland angekündigt wird es in den kommenden 12 Monaten unter anderem mein Ziel sein euch mittels meiner regelmäßigen Erfahrungsberichte an diesen teilhaben zu lassen. In diesem Erfahrungsbericht #1 möchte ich vor allem über Folgendes berichten: Das Ankommen Mein neues „Heimatdorf“ Matancitas – die ersten Eindrücke Das “OAT” (das “On-Arrival-Training” unserer Vorgänger) Meine einmonatige Zeit in einer dominikanischen Gastfamilie Schlusswort, Ausblick & Signatur Aber nun genug der langen Worte. Sucht euch ein gemütliches Plätzchen, lehnt euch zurück und schmökert für eine Weile in meinem Bericht. 1 Das Ankommen: „Sehr geehrte Passagiere, wir haben soeben unseren Zielflughafen Puerto Plata in der Dominikanischen Republik erreicht. Bitte bleiben Sie noch angeschnallt bis wir unsere endgültige Parkposition erreicht haben. Die aktuelle Ortszeit ist 19:30 Uhr. Die Außentemperatur beträgt 28 Grad. Ich hoffe Sie hatten einen angenehmen Flug und ich möchte mich im Namen der gesamten Crew bei Ihnen bedanken, dass Sie mit Condor geflogen sind. Einen erholsamen Urlaub und bis bald…“ Einen erholsamen Urlaub? Und bis bald? – Ach ja richtig…während meine 4 Mitfreiwilligen und ich den 10stündigen Flug von Frankfurt am Main nach Puerto Plata auf uns genommen hatten, um an die Projektorte unseres einjährigen Freiwilligendienstes zu gelangen, hatten die übrigen 200 Passagiere weitestgehend andere Motive: Bei der überwiegenden Mehrheit der Fluggäste handelte es sich nämlich um deutsche Pauschaltouristen, welche sich im wöchentlichen Condor-Urlaubsflieger in Richtung SommerSonne-Sonnenschein befanden, um 14 Tage lang in einem 4-Sterne-All-Inklusive-Resort - Bier und Cocktail trinkend - unter Kokospalmen zu verbringen. Karte der Dominikanischen Republik – dort, wo das rote Fähnchen steckt, liegen unsere Einsatzorte: Die Stadt Nagua (56.000 Einwohner) und Matancitas (5.000 Einwohner) Während also die übrigen Fluggäste – nach dem obligatorischen Klatschen nach der Landung – die Anweisung angeschnallt zu bleiben, bis die endgültige Parkposition erreicht werden würde gekonnt missachteten, um schleunigst ihr Handgepäck aus den Stauräumen an der Flugzeugdecke zu befreien und, um ihre Handys anzuschalten, konnten wir 5 Freiwilligen unsere Ankunft anders gestalten: Mit einem breiten Grinsen, voller Erwartung auf ein außergewöhnliches Jahr und mit der Gewissheit nicht in 2 Wochen schon wieder die Rückreise antreten zu müssen konnten wir uns nochmals zurücklehnen. Nochmals konnte man sich – umgeben von ungeduldigen Urlaubern – verdeutlichen, auf was man sich da eingelassen hatte. 2 Die Flugnummer „M DE 5248“ war für uns Freiwilligen schließlich auch ein Sinnbild für das, auf was man nahezu ein Jahr lang – parallel zum Abitur – hingearbeitet hatte. Letztlich war sie für mich die Verwirklichung meines langjährigen Traumes ein Jahr lang im Ausland zu leben, um so in eine fremde Kultur einzutauchen. Die letzten Monate waren daher auch nahezu ausschließlich davon geprägt sich auf dieses Auslandsjahr vorzubereiten. Zur Vorbereitung gehörte es etwa schon in Deutschland möglichst fließend die Sprache des Gastlandes (Spanisch) zu erlernen. Ich sammelte eifrig Spenden für meine Trägerorganisation, die „Weltweite Initiative für Soziales Engagement e.V“, damit diese die Gesamtheit aller Auslandseinsätze von 80 Freiwilligen realisieren kann. An dieser Stelle auch nochmals ein herzliches Dankeschön an alle meine Unterstützer! Darüberhinaus besuchte ich diverse wirklich sehr interessante und intensive Vortreffen und Seminare, um mir Gedanken über Themen wie „Entwicklungspolitik“, „Rassismus“, „Critical Whiteness“ oder „Interkulturelle Kommunikation“ zu machen. Oben: Die roten Punkte markieren die Länder, in welche meine Trägerorganisation, die "Weltweite Initiative für Soziales Engagement e.V." Freiwillige aussendet: Naher Osten (Palästina und Israel), Südafrika, Mexiko, Nicaragua, Guatemala, Dominikanische Republik, Peru, Bolivien, Argentinien Unten: Alle 80 diesjährigen Freiwilligen 3 Zu guter Letzt musste man sich schweren Herzens von seiner Familie und seinen Freunden verabschieden, um dieses Auslandsjahr antreten zu können. Während man also die ersten Kokosnusspalmen durch die Flugzeugfenster schon erblicken konnte wurde mir nach und nach auch bewusst, was gerade passierte: Ich war gelandet in einem traumhaftschönen Land, in welchem ich nun ein Jahr lang leben und arbeiten werde und welches ich das kommende Jahr meine neue „zweite Heimat“ nennen darf. Was uns schließlich empfing, als sich die Flugzeugtüren öffneten, war eine schwüle Wand der dominikanischen Abendhitze (mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt) und das Gefühl endlich angekommen zu sein. Während am Flughafenausgang nun riesige, akklimatisierte Reisebusse auf die deutschen Urlauber warteten wurden wir von unseren 5 Vorgängern gebührend mit einer Flasche des einheimischen Bieres „Presidente“ empfangen. Links: Unsere Vorgänger Julius, Teresa, Andy, Emma & Miguel (v .r .n. l.) Unten: Wir, also Daniel, Tim, Katharina, Jens (ich) & Tobi (v.r.n.l.) Nach einer Nacht in der Touristenhochburg Cabarete kamen wir schließlich – mit diversen Zwischenstopps – in unserem neuen „Heimatdorf“, in San José de Matanzas oder kurz in Matancitas, an. 4 Oben: Auf dem Weg nach Matancitas Unten - typische Straße in Matancitas: Blechhütte links, Abwasserrinnen am rechten und linken Straßenrand und Wasserzisterne rechts 5 Matancitas – die ersten Eindrücke: Angekommen im 5.000 Seelendorf Matancitas und angekommen in unserer neuen Wohnung waren es in der Anfangszeit tatsächlich – wie der Chef meiner Organisation schreibt - „die vielen kleinen Dinge, die uns in einer fremden Kultur auffallen“: 1) Die vielen unzähligen Kinder, welche die Straßen des Dorfes bevölkern. Jeden Tag aufs Neue erhalte ich das Gefühl, dass mehr als 50% der Dorfbewohner Kinder sein müssen. Es sind Kinder, die barfüßig und oberkörperfrei „auf der Straße“ aufwachsen und sich irgendwie beschäftigen. Sie spielen im Sand, mit Müll, mit alten Fahrradreifen, mit Steinen, Kronkorken oder Stöcken. Aus jeder Kleinigkeit machen sie etwas Großes. Für die Kinder scheint ihr ganzes Leben ein großes Abenteuerspielplatz zu sein . 2) Das Leben spielt sich hier auf der Straße ab. Hier macht man nicht wie in Deutschland ein bis zwei Mal die Woche einen Großeinkauf, sondern geht täglich aufs Neue im „colmado“ (kleiner gemütlicher Tante-Emma-Laden) einkaufen. Man „lässt sich blicken“, trifft Nachbarn, Freunde oder Bekannte auf der Straße, unterhält sich und tauscht Neuigkeiten aus. Ich habe den Eindruck die Dominikaner denken nicht an morgen. Sie planen nicht. Stattdessen leben sie von Tag zu Tag. Die Menschen verschließen sich nicht in ihren Häusern, sondern verbringen ihre freie Zeit sitzend, abwartend aber lebensfroh im Schatten vor ihren Häusern. Sie träumen vor sich hin, halten Smalltalk mit jedem, der vorbei läuft oder üben den hiesigen Volkssport – das Gesellschaftsspiel Domino – aus. Der Dominikaner pflegt eine lebendige Liebesbeziehung zu seinem „Plastikstuhl“, der hier vielleicht Ausdruck eines Lebensgefühls und mehr als nur ein Einrichtungsgegenstand ist. Einblick in einen der unzähligen typisch dominikanischen „colmados“ (Tante-Emma-Läden), von welchen sich in jeder Straße mindestens 2 finden lassen. „Ihr werdet nie wieder so viele unproduktive Menschen sehen, wie in diesem Jahr“ sagte einmal einer unserer Vorgänger. Das mag vielleicht stimmen, wobei hier auch einfach das Abwarten, das Beobachten, das Dösen und das SichAusruhen zum Alltag dazu gehören. 6 Ganz ohne Schuldbewusstsein könnten viele Dominikaner von sich behaupten: „Ich mache nichts und das ist auch gut so.“ Irgendwie imponiert mir diese Einstellung ein wenig, weil es hier etwa keine „verschwendete Zeit“ zu geben scheint. Alles was man tut oder eben nicht tut hat irgendwie seine Berechtigung, weshalb der gesamte Tagesrhythmus viel gemächlicher ist, wie in Deutschland. Es ist nicht verwerflich einfach mal 20 Minuten nebeneinander zu sitzen und sich anzuschweigen. „Sich langweilen“, aburrirse, scheint hier kein negativ besetztes Wort, sondern eine Beschäftigung zu sein. Es ist Teil des Lebens. 3) In diesem Dorf scheint jeder jeden zu kennen. Zudem wirkt es auf Außenstehende so, als wäre das gesamte Dorf miteinander verwandt und verschwägert. Nach und nach bringt man in Erfahrung, dass jener der „primo“ (Cousin) von jenem und jene die „tia“ (Tante) von jener ist. Da sich die Menschen kennen laufen sie also nicht stumm aneinander vorbei, sondern begrüßen sich lauthals, um sich kurz nach dem Wohlbefinden des Anderen zu erkundigen. Gängige Begrüßungen auf der Straße sind: „Hola, como tu `ta?“ (die abgekürzte dominikanische Form von „Hola, como tu estas?“) – „Hallo, wie geht es dir?“ „Buenas“ (die abgekürzte dominikanische Form von „Buenas tardes“) –„Guten Abend“ „Que lo va?“ oder „Que lo que?” – etwa “Was geht?” Irgendwas, das sich etwa so anhört, wie „Wuuuuuuuuajj“ und zur Begrüßung lauthals durch die Straßen gerufen wird. Das laute Rufen des Vornamens. Etwa: „Miguuuuuuel!“, „Niiiinnni!“ oder „Andreeeeinaaaa!“. Für uns Freiwilligen war es zudem am Anfang ein wenig verwunderlich, dass wir von vielen Menschen mit „Hey gringo/americano/blanco/rubio“ (Hallo westlicher Ausländer /Amerikaner/Weißer/Blonder) begrüßt werden. Hier ist das aber völlig normal und insgesamt scheinen die Umgangsformen sehr auf Äußerlichkeiten bedacht zu sein, sodass Menschen auf der Straße auch gerne mit „Hey gordo/flaco“ (Hey Dicker/Dünner) begrüßt werden. Außerdem glauben nämlich viele Menschen zu wissen, dass du ganz sicher aus den USA kommst und ordnen dich so in ihr Weltbild ein. Das Thema dominikanisches Weltbild möchte ich aber auch noch in einem meiner kommenden Berichte ausführlicher beschreiben. 4) Da in diesem Dorf also, wie in Punkt 3) beschrieben, jeder jeden zu kennen scheint, wirkt die ganze Ortschaft auf mich wie eine gigantische Patsch-Work-Familie. So verwunderte mich in der Anfangszeit auch, dass unsere Vorgänger immer, wenn sie in der Wohnung waren, die Eingangstür sperrangelweit offen ließen. Das kommt allerdings daher, dass man hier seine Freunde, Verwandte und Bekannte einfach besuchen kommt, wenn man gerade Lust dazu hat. Man muss sich nicht – wie in Deutschland – zuvor ankündigen, gar anrufen oder vorher bescheid sagen, dass man vorbeischaut. 7 Hier besucht man sich einfach um kurz miteinander zu plaudern und ist gerade Essenszeit ist es auch keinesfalls verwunderlich, dass man eingeladen wird mitzuessen. Die Türe verschlossen zu haben wäre also fast schon unhöflich. In diesem Sinne waren auch wir Freiwilligen schnell im Ort integriert. Seit 5 Jahren sind auch immer wieder deutsche Freiwillige hier im Dorf, so dass man „los alemanes“ (die Deutschen) mittlerweile gut kennt. Nach einer kurzen anfänglichen Aufgeregtheit im Ort (man wollte wissen wer den jetzt die neuen Freiwilligen sind, wie sie aussehen, wie sie heißen und wie sie „drauf sind“) wurden wir schnell richtig gut integriert. Die Menschen können uns einordnen, wissen wo wir wohnen und, dass wir teilweise hier im Ort arbeiten. Sie grüßen uns und interessieren sich für deine Person. „Wenn du hier in Matancitas in der Sala (= mein Projekt, in dem ich arbeite) arbeitest kennst du bald ALLE Kinder des Dorfes, ganz egal ob sie in die Sala gehen oder nicht“ erzählte uns einmal eine unserer Vorgängerinnen. Diesen Eindruck erhielt ich schnell auch, da immer wenn einer von uns durch die Straßen läuft sofort Kinder angerannt kommen, die dich umarmen oder dir eine „machuca“ (Begrüßung; Faust an Faust) geben wollen. Außerdem kennen mittlerweile viele unsere Namen, so dass sie uns nicht mehr mit den deutschen Namen unserer Vorgänger begrüßen (), sondern „Juuuuuuuuuan!“, „Daaaaniiiiiiel!“ oder „Katallliiiiiiiina!“ rufen. Ach ja richtig: Hier heiße ich übrigens „Juan“ (mit deutscher Betonung „Chuan“), da Dominikaner den Namen Jens nicht aussprechen können. Versuchen Sie es hört sich Jens entweder so an, wie „Jeeean“ oder sie sagen gar „James“. Aus diesem Grund habe ich mich (wie mein Vorgänger Georg, der hier Miguel hieß) dafür entschieden, mir einen neuen Namen zu geben und mich fortan mit „Juan“ vorzustellen. 5) Der normale Alltag hier im Dorf hängt von 2 wichtigen Faktoren, vom Wetter und vom Strom ab. Während man in Deutschland theoretisch zu jeder Tages- und Nachtzeit machen kann, was man sich vorgenommen hat ist hier vor allem das Wetter dafür verantwortlich, was tatsächlich erledigt werden kann und was nicht. Viele Dominikaner üben sich deshalb auch als Hobbymeteorologen () und teilen dir gerne ihre Meinung zur aktuellen Wetterlage mit: „Hay sí. Va a llover.“ – „Na klar, es wird regnen.“ Ziehen Wolken am Himmel auf, so achtet man darauf, dass man ja rechtzeitig zu Hause ankommt, bevor es anfängt zu regnen oder zumindest eine passable ÜbergangsÜberdachung findet. Denn vielleicht regnet es hier nicht so oft, aber wenn es gewittert, dann so richtig. Aus diesem Grund kann man verallgemeinernd auch sagen: „Der Dominikaner arbeitet bei Regen nichts.“ 8 „Que calor.“ – „Welche Hitze. “ Während die Tagestemperatur im Wesentlichen etwa bei 31° Celsius liegt, kommt es – zumindest in der aktuellen Jahreszeit – auch vor, dass es durchschnittlich ein Mal pro Tag in Strömen regnet. Während der Regen dann zunächst eine willkommene Abkühlung ist wird die Hitze nach dem Regen aber umso schwüler, da alles Wasser, was zuvor in den Boden gesickert ist regelrecht am menschlichen Körper verdunstet. Aber kein Grund zur Sorge, schließlich liegt es auch an der Tagesordnung sich 3-4-mal pro Tag zu duschen . Da es auch nachts kaum abkühlt schläft man hier übrigens mit Ventilator im Dauerbetrieb. Die zweite Variable von welcher hier wirklich sehr viel abhängt und an welche man sich als verwöhnter Europäer zunächst gewöhnen muss ist der Strom. So ist nämlich die Dominikanische Republik auch das einzige Einsatzland meiner Trägerorganisation, in welchem es keinen regelmäßigen Strom gibt. Dieses Bild ist doppelt passend: Zum Einen zeigt es den wunderschönen karibischen Sonnenuntergang. Zum Anderen vermittelt es einen Eindruck von den im Dunkeln liegenden Straßen des Ortes, wenn es keinen Strom gibt. Natürlich kommt es in Ländern Mittelamerikas, wie Nicaragua, auch gut und gerne mal vor, dass der Strom ausfällt, wobei dieses „Ausfallen“ hier in einer gewissen Regelmäßigkeit vorkommt: Habe ich heute von 14 bis 19 Uhr Strom, so habe ich in diesem Zeitraum morgen keinen. „La luz“ (das Licht/der Strom) kommt und geht etwa im 5-Stunden-Rhythmus, was hier im Dorf auch den gesamten Tagesablauf beeinflusst: 9 Kein Strom zu haben bedeutet nämlich oftmals auch kein Wasser zu haben, da dafür die elektrische Pumpe benötigt wird, die Wasser auf die Häuserdächer leitet. Von der Tatsache, ob man gerade „luz“ hat oder nicht, hängen also viele Tätigkeiten ab, so dass man oftmals nur duschen, sich die Hände waschen, abspülen oder die Wäsche waschen kann, wenn es Strom gibt. Die Frage „Hay luz?“ (Gibt es gerade Strom?) ist hier daher allgegenwärtig. Dass man lediglich kein elektrisches Licht hat ist weniger schlimm. Man gewöhnt sich daran und während etwa die deutschen Touristen in ihren Hotelanlagen von dieser dominikanischen Gegebenheit wenig bis gar nichts mitbekommen behilft sich das Hinterland damit „velas“ (Kerzen) anzuzünden. Jede bessergestellte dominikanische Familie schafft sich, wenn es die finanzielle Lage erlaubt, auch schnell einen Inversor an, welcher in Phasen, wenn es Strom hat diesen – ähnlich einer Batterie – für die dunklen Stunden abspeichert. Diese Inversoren haben hier in Matancitas aber schätzungsweise nicht einmal ¼ aller Familien, weshalb die Straßen & Häuser jeden zweiten Abend dunkel bleiben. Für mich ist es folglich eine sehr spannende Erfahrung, dass man sich hier über zwei deutsche Selbstverständlichkeiten (Strom & Wasser) so freuen kann. Wenn nämlich der Strom (wieder-)kommt, so wird dieses Ereignis von allen Dorfbewohnern lautstark gefeiert: „Lego la luz.“ (der Strom ist angekommen) wird durch die Straßen gerufen und gesungen und man macht sofort alle verfügbaren Elektrogeräte – egal ob sie gerade gebraucht werden oder nicht – an . Ach übrigens: Diesen Erfahrungsbericht schreibe ich gerade im Kerzenlicht und mit meinem übrigen Laptop-Akku. Schließlich hieß es vor 15 Minuten hier bei uns im Dorf: „Se fue la luz.“ – „Der Strom ist weggegangen.“ Über die Ursache, weshalb es hier nicht immer Strom hat, welche euch nun vielleicht auch interessiert, berichte ich in einem meiner kommenden Monatsberichte. Unsere direkte Nachbarschaft in Matancitas 10 6) Dieses Dorf ist nie ruhig! Ganz gleich welcher Tages- und Nachtzeit: Hier hat es immer Geräusche auf den Straßen. Das liegt zum Großteil vor allem daran, dass schräg gegenüber unserer Wohnung ein „Freudenhaus“ ist, welches von etwa 11 Uhr morgens bis 22 Uhr Abends die umliegenden Straßen mit Musik beschallt. Bis 22 Uhr brauchen wir also erst gar keine eigene Musik abspielen, wenn wir gemütlich auf unserer „galerie“ (Balkon) zusammensitzen, da diese ohnehin übertönt werden würde. Neben unseren Freunden aus dem „cabaret“ (Bordell) sind es vor allem unzählige Autos und Pickups, welche mit Musikanlagen auf den Ladeflächen den ganzen Tag über durch die Straßen fahren: Sie machen Wahlkampf für den jeweiligen Präsidentschaftskandidaten der dazugehörigen Partei (am 20. Mai 2012 findet hier in der Dominikanischen Republik die Präsidentschaftswahl statt, so dass der Wahlkampf schon angefangen hat), sie machen Werbung für diverse Produkte oder preisen ihre Waren, ihre Früchte oder ihr Gemüse an, welches sie verkaufen wollen. Oben: Pickup mit „platanos“ (Kochbananen) Links: Wasser-Laster Das einzige Auto, welches für uns Freiwilligen aber wirklich von Bedeutung ist, ist die „Agua-Guagua“, also das Auto welches uns Trinkwasser bringt. Ach richtig: Wir duschen uns zwar mit dem Wasser, welches aus dem Wasserhahn kommt, jedoch sollte man dieses nicht trinken. Stattdessen fahren täglich mehrere Male diverse Firmen mit Wasserlastern durch die Straßen, um ihr Wasser an den Mann zu bringen. Das läuft dann meistens so ab, dass man sich gerade ausruht, gerade kocht, isst oder irgendetwas anderes „Wichtiges“ tut und dann plötzlich folgenden Werbespruch durch die geöffneten Fenster hört: „Agua King – el rey de las aguas“ – „Wasser King – der König aller Wasser“. 11 Man lässt folglich alles stehen und liegen, rennt in die Küche, schnappt sich den leeren 25-Liter-Wasserkanister, hofft, dass der Wasserlaster nicht schon zu weit weg ist und eilt daraufhin die Treppe hinunter, um sich penetrant durch die Luft fuchteln bemerkbar zu machen. Nach dem Abzapfen (meistens schafft man es rechtzeitig) zahlt man schließlich 25 Peso (ca. 50 Cent), woraufhin man den Kanister in die Wohnung getragen bekommt. Eine zweite eher unwichtige, aber wirklich lustiges „guagua“ (Auto, VW-Bus), welche uns tagtäglich bessere Laune beschert ist jene, welches „los mejores palitos de fruta“ (das Beste Fruchteis am Stiel) anbietet. Das amüsante und aufheiternde an dieser mobilen Eisdiele ist das Lied (ein Weihnachtssong!), mit welchem auf den Eisverkäufer aufmerksam gemacht wird. Macht euch von diesem Song mit unten stehendem Youtube-Link am besten einen eigenen Eindruck und stellt euch vor, in Deutschland würde tagtäglich mehrere Male ein Kleinlaster durch die Straßen fahren und folgendes Lied voll aufgedreht abspielen, um so sein Eis anzupreisen: Pedrito Fernandez - Mi burrito sabanero http://www.youtube.com/watch?v=_Wrc6Q7acME Verrückt und in für deutsche Verhältnisse unvorstellbar. Aber lustig! 7) Verkehr: Während auf deutschen Straßen vor allem Autos allgegenwärtig sind, gibt es hier im Vergleich viel, viel weniger Autos als in Deutschland, da sich die meisten Familien schlicht und einfach keines leisten können. Das Hauptverkehrsmittel hier sind Motorräder und Roller („pasolas“ genannt), von denen wir auch eine besitzen. 8) Preise: Verglichen mit europäischen Verhältnissen ist hier alles enorm billig. Für umgerechnet 1€ bis 2€ kann man hier gut und gerne zu die Zutaten für ein Mittagessen für 3 Personen einkaufen. Schicke ich von meiner dominikanischen Handynummer eine SMS an einen meiner Mitfreiwilligen zahle ich einen dominikanischen Peso (ca. 50 Peso sind ein €uro) und das Austauschen einer kaputten Pasola-Zündkerze hat uns mitsamt der berechneten Arbeitszeit ganze 4€ gekostet. All diese oben beschriebenen Eindrücke sind im Grunde Kleinigkeiten des dominikanischen Lebens und dennoch sind es Dinge oder Gegebenheiten, die es verdient haben erwähnt zu werden, weil ich sie in absehbarer Zeit nicht mehr bewusst wahrnehmen werde, da ich mich nach und nach an den Alltag gewöhne. 12 Das „OAT“ – „On-Arrival-Training“: Die meisten dieser oben beschrieben Eindrücke erhielt ich auf unserem 10-tägigen „On-Arrival-Training“, welches unsere Vorgänger für uns organisierten. Dieses, welches auch wir für unsere Nachfolger organisieren werden, ist dafür gedacht, dass wir möglichst gut in das dominikanische Leben eingeführt werden. Ziel des „OATs“ war es, dass die wichtigsten anfänglichen Fragen, wie etwa „Wo kaufen wir eigentlich am Besten ein?“, „In welches Klinik gehen wir, wenn wir mal krank sind?“ oder „Wer sind unsere Nachbarn und welche Menschen im Ort müssen wir unbedingt kennen lernen?“ geklärt werden können. Um dies zu gewährleisten ließen sich unsere Vorgänger so einiges einfallen, so dass wir eine „Matancitas-Rally“ mit diversen Aufgaben sowie den so genannten „Andy-KleinGedächtnislauf“ zu absolvieren hatten, welcher zu Ehren eines Vorgängers ausgetragen wurde. Während bei der Matancitas-Rally nur die Würde des Einzelnen auf dem Spiel stand wurden die Spielteilnehmer (wir Neu-Freiwilligen) bei letzterem Lauf in die jetzige WGVerteilung (Katharina, Daniel und ich wohnen in Matancitas; Tobi und Tim wohnen in Nagua) eingeteilt. Schließlich sollte sich der Schweiß auch lohnen, so dass dem Gewinner-Team ein Sandwich-Toaster versprochen wurde. Letzten Endes gewann das Team aus Katharina, Daniel und mir, so dass wir jetzt die Möglichkeit haben uns ab und an ein Sandwich zu gönnen. Unsere Vorgänger verlangten uns also diverse Anstrengungen ab schafften es aber gleichzeitig uns bestmöglich in den doch äußerst lockeren dominikanischen Alltag () einzuweisen, sodass unser „OAT“ alles in allem durchaus gelungen war. Unsere mit Kleidern behangene Galerie nach einem unserer Waschtage 13 Wir wurden gut bekocht, erhielten viele Ratschläge und verstanden uns gut mit unseren Vorgängern, so dass wir uns „poco a poco“ (nach und nach) gegenseitig anfreundeten. Ein herzliches Dankeschön für die tolle OAT-Zeit deshalb auch an dieser Stelle an Emma, Teresa, Andy, Julius und Miguel. Nebenbei war es vor allem „Hurricane Irene“, dessen Verlauf uns am Ende des „OATs“ umtrieb und, der uns strömenden Dauerregen bescherte. Angesichts der Tatsache, dass Irene an der amerikanischen Ostküste große Schäden anrichtete, so dass letztlich sogar New York evakuiert wurde, können wir sagen, dass wir durchaus Glück gehabt haben. Irene zog letztlich ca. 40km vor der dominikanischen Nordküste vorbei. Während es also so stark regnete, dass die Straßen vor unserer Wohnung überschwemmt waren, machten wir es uns auf unserer „galerie“ (auf dem Balkon) bequem, um das dominikanische National-Gesellschaftsspiel (Domino) zu lernen. Auch hierbei wollten wir es wissen, sodass wir selbstverständlich einen Spieleinsatz festlegten. Nach einer legendären Partie, welche schließlich von Katharina und mir gewonnen werden konnte, musste das Verliererteam (Daniel und Tim; Tobi konnte leider nicht mitspielen ) im strömenden Regen losziehen, um zum Wohl aller eine Cola zu besorgen. Siehe hierzu auch das Bild auf der nächsten Seite . Hurricane-Warnung vom 22. August 2012 14 Oben: Blick von unserer Galerie in Richtung gegenüberliegendes „Freudenhaus“ (orangenes Gebäude). Die überschwemmte Straße scheint – wie man sieht - kein Hindernis für Dominikaner oder Hunde zu sein . Unten: Tim und Daniel sind nach der verlorenen Domino-Partie auf dem Rückweg vom „Colmado“ (TanteEmma-Laden). Im Vordergrund unterhalten sich Dominikaner unter einem Sonnenschirm, um keinen Regen abzubekommen. 15 Meine einmonatige Zeit in einer dominikanischen Gastfamilie: Im Anschluss an das „OAT“ unserer Vorgänger folgte eine sehr intensive und spannende Zeit. Für die Dauer von einem Monat hatten wir Freiwilligen die Chance den dominikanischen Alltag aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen: Für einen Monat lebte jeder von uns in einer dominikanischen Gastfamilie. Für die Tatsache diese Gelegenheit gehabt zu haben bin ich wirklich sehr dankbar. „Wie waschen eigentlich die Dominikaner ihre Wäsche?“ „Was kaufen sie wo ein?“ „Wie kocht man dominikanisches Essen?“ „Wie gehen Dominikaner miteinander um?“ „Wie und was reden sie miteinander?“ „Wie sieht deren typisches Alltagsleben aus?“ „Was ist ein typisch dominikanischer Tagesablauf?“ Im Grunde banale Fragen wie diese vermag ich nach meiner einmonatigen Gastfamilienzeit besser zu beantworten, als zuvor, sodass ich jetzt etwa weiß, wie man „arroz y habichula“ (Reis mit Bohnen) kocht oder, dass der Dominikaner einen gewöhnlichen Abend gemeinsam zusammensitzend auf der Veranda verbringt. In diesem Monat war „Beobachten“ das Zauberwort, sodass man sich zunächst keine Wertungen erlaubte, sondern zusah, wie die Einheimischen ihren Alltag bewältigten. Auch den von meiner Organisation so gepredigte Aspekt des gleichzeitigen „Lernen und Helfens“ konnte ich in vor allem in dieser Phase wieder entdecken. Während ich also beispielsweise meiner Gastmutter half das Mittagessen zuzubereiten oder abzuspülen lernte ich gleichzeitig, wie diese Tätigkeiten hier bewerkstelligt werden. Während man auf dem „OAT“ noch nahezu ausschließlich Deutsch sprach war man in der Gastfamilie dazu gezwungen sich auf Spanisch zu verständigen. Natürlich konnte dies auch sehr anstrengend sein, genauso konnte ich aber auch unglaublich viele Wörter und Vokabeln dazu lernen und bekam automatisch ein besseres dominikanisches Sprachgefühl. Doch nun zur Beantwortung einer Frage, welche euch bestimmt unter den Nägeln brennt: „In welcher Gastfamilie lebte ich für einen Monat? Wer war Teil dieser Familie?“ Meine Gastfamilie bestand im Wesentlichen aus 4 Mitgliedern, welche meine Gastmutter Sonja, mein Gastvater José und meine beiden Gastbrüder Emil (10 Jahre) und Abel (7 Jahre) waren. Natürlich lernte ich in meiner Gastfamilienzeit auch diverse „Gast-tios“ (Gastonkel) oder sonstige Verwandte kennen. Dennoch waren es vor allem jene 4 Mitglieder mit denen ich zusammenlebte, mich unterhielt und von welchen ich lernte. 16 Im Folgenden deshalb eine kurze Vorstellung dieser Personen: 1) Meine Gastmutter Sonja Sonja ist eine sehr aufgeschlossene, temperamentvolle, humorvolle und aktive Person. So ist sie in zahlreichen „fundaciónes“ (Stiftungen), Vereinen sowie in der aktuellen dominikanischen Oppositionspartei „partido revolucionario dominicano“ (Revolutionäre Dominikanische Partei) Mitglied. Sonja ist von Beruf Anwältin, sodass sie hier im Ort sicherlich zur Oberschicht gehört, da die Wenigsten die Chance hatten eine Universität zu besuchen. Sie hat stattdessen in der dominikanischen Hauptstadt Santo Domingo Recht studiert, weshalb sie - wie es mir scheint – mehr vom Leben versteht und mehr an Weitsicht besitzt, wie doch viele andere Dorfbewohner in ihrem Alter, die nur wenig bis gar keine Bildung genießen durften. In diesem Sinne konnte mir Sonja viele Dinge (wie etwa die Ursache, weshalb es nicht 24 Stunden laufend „luz“ (Strom/Licht) gibt) sehr umfassend und detailliert erklären, während andere die genauen Gründe weniger genau kennen. Sonja hat 3 Söhne (meine beiden Gastbrüder sowie einen weiteren 19jährigen Sohn, den ich 2-mal gesehen habe). Während der Vater des 19jährigen Sohnes ein Dominikaner ist sind meine beiden Gastbrüder Emil & Abel das Ergebnis einer 6jährigen Beziehung zu einem Österreicher, mit dem Sonja zusammen in Puerto Plata (Stadt in der ich gelandet bin) lebte. Mittlerweile ist der Kontakt zu diesem Österreicher aber leider abgebrochen, sodass die Kinder zwar wissen, dass ihr Vater aus einem weit entfernten Land kommt, ihn jedoch nur noch aus ihren frühesten Kindheitserinnerungen kennen. Nach der Zeit im touristischen Puerto Plata zog es Sonja schließlich doch wieder zurück in ihr Heimatdorf „Matancitas“, in welchem sie seit mittlerweile 3 Jahren gemeinsam mit José (ihrem jetzigen dominikanischen Mann und meinem „Gastvater“) lebt. Zu Sonja fand ich sehr schnell einen sehr guten Draht, da sie auch stets sehr interessiert an meiner Person war und immer noch ist: Sonja überhäufte mich meistens abends beim gemütlichen Zusammensitzen auf der Veranda oder beim gemeinsamen Kochen immer wieder mit Fragen, so dass sie beispielsweise wissen wollte, wie das politisches System in Deutschland funktioniert, wie man bei uns den Reis kocht oder wie sich Schnee anfühlt. 17 Kurzer Exkurs - Reiskochen auf dominikanisch: Zunächst bringt man Wasser zum Kochen, um dann den gesäuberten Reis (hier findet man im Reis teilweise Steine) hinzu zu geben. Man kocht den Reis so lange, bis das Wasser lediglich ca. 1 cm über dem Reis köchelt, sodass man die Reismasse durch das Wasser sehen kann. Nun gibt man Öl und Salz in den Kochtopf und wartet bis so gut wie alles Wasser verkocht ist. Jetzt legt man einen Teller oder eine Plastiktüte (machen viele dominikanischen Familien, wobei dies weniger gesund ist) über den Reis, um ihn abzudichten und dann bei geringer Flamme für weitere 20 Minuten (ohne Wasser) zu köcheln. Dadurch, dass kein Wasser mehr im Kochtopf ist brennt der Reis an den Topfseiten zudem ein wenig an und wird kross, was aber gewollt ist, da man diesen so genannten „cocon“ hier gerne mitisst. So begeisterte sie sich auch sehr für meine mitgebrachten Bilder von schwäbischen Weinbergen, der Traubenlese, Schneelandschaften oder meiner deutschen Familie. Insgesamt habe ich Sonja sehr lieb gewonnen, da man sich mit ihr über alles unterhalten und gemeinsam scherzen kann . Ein Bild von Sonja sowie von meinem Gastvater José folgt in meinem nächsten Erfahrungsbericht, da Sonja ein gemeinsames Familienbild machen möchte, dass ich dann auch an euch veröffentlichen darf . 2) Mein Gastvater José: Wenn sich einer zu Recht ein „Chiller“ nennen darf, dann wohl er. Wenn José nämlich nicht gerade als Automechaniker in Nagua arbeitet, so kennt er nur wenige Beschäftigungen: 1) Er genießt das Essen von Sonja 2) Er sitzt mit Unterhemd auf der Terrasse, beobachtet das Treiben auf der Straße, ließt Zeitung (den Sportteil) oder ruht sich aus. 3) Als eingefleischter Baseballfan schaut er sich wahllos Spiele seines Lieblingssportes (Baseball ist hier in der Dominikanischen Republik neben Basketball DIE Sportart Nummer 1) an, sodass es gut und gerne passieren kann, dass er bei der Partie zwischen den New York Yankees und den Bosten Red Socks mit fiebert und das Spielgeschehen kommentiert. Das ein und alles meines Gastvaters ist übrigens sein Auto – ein deutscher BMW . Insgesamt ist auch mein Gastvater José ein angenehmer Typ mit dem man nach dem Essen auch mal gemeinsam ein Bierchen trinken kann . 18 3) Meine beiden Gastbrüder Emil (10 Jahre) & Abel (7 Jahre) Half ich nicht gerade im Haushalt oder unterhielt ich mich nicht gerade mit meinen Gasteltern, so verbrachte ich viel Zeit damit mit meinen beiden Gastgeschwistern zu spielen. Meistens spielten wir entweder Monopoly oder puzzelten gemeinsam, was neben dem Schauen diverser Kindersendungen im Fernsehen die Lieblingsbeschäftigungen meiner Gastgeschwister sind. Dies ist aber oftmals schwieriger als man denkt, da die beiden anstatt zusammen zu spielen schnell Konkurrenten werden, sich gegenseitig messen wollen und sich wegen jeder Kleinigkeit in die Haare kriegen. Da das Schulsystem hier so ausgerichtet ist, dass etwa die Hälfte der Kinder morgens und die andere Hälfte mittags in die Schule gehen, war es während meiner Zeit in der Familie noch so, dass Abel morgens und Emil nachmittags die Schulbank drückte. Jetzt gehen allerdings beide morgens in eine Privatschule in Nagua und sind nachmittags gemeinsam zu Hause, weshalb Sonja mit einem Schmunzeln zu mir meinte: “Jetzt ist es besser für die beiden. Jetzt können sie hier schließlich den ganzen Nachmittag gemeinsam streiten.“ Meine beiden Gastbrüder Abel (7Jahre) links und Emil (10 Jahre) rechts beim Monopoly spielen. Im Großen und Ganzen sind mir aber auch meine beiden Gastbrüder ans Herz gewachsen und mittlerweile finde ich die durchschnittlich 3-5 größeren Streitigkeiten pro Tag nur noch witzig, da es sich meistens um Lappalien handelt, die schnell geschlichtet werden können. Noch kurz 2 individuelle Erfahrungen mit meinen Gastbrüdern: 1 – An einem Morgen in meiner Gastfamilienzeit teilte mir Sonja relativ spontan mit, dass sie den gesamten Tag über in der „capital“, in der dominikanischen „Hauptstadt“ Santo Domingo sei, um dort etwas Geschäftliches zu erledigen. Daraus folgte, dass es - ohne große Einweisung - an Emil und mir lag ein Mittagessen zu zaubern, welches um Punkt 12:30 Uhr, wenn José und Abel von der Arbeit/Schule kommen, fertig sein sollte. 19 Irgendwie schafften Emil und ich es schließlich unser Wissen wie man „arroz y habichuela“ (Reis mit Bohnen) kocht zusammen zu tragen und uns zu arrangieren, so dass wir letztlich ein Mittagessen präsentieren konnten, welches richtig gut schmeckte und auf welches wir beide reichlich stolz waren. 2 – Als Abel nach seinem ersten Schultag in der neuen Klasse gemeinsam mit José wieder am Haus ankam rannte er als erstes zu Sonja, um ihr zu berichten: „Maaaaami! Cuantos mujeres lindas hay en el colegio!...pero muchas mami!” - “Maaaaaami! Wie viele schöne Frauen es doch in der Schule gibt…..das sind wirklich viele Mami!“ Das lustige, über was Sonja und ich immer noch gemeinsam lachen können ist, dass Abel nicht das Wort „niñas“ (also weibliche Kinder), sondern „mujeres“ (Frauen) benutzte. Sonstiges: Eine wirklich fremdartige Erfahrung für mich war es, dass meine dominikanische Gastfamilie – wie auch die Gastfamilie von Katharina - Anhänger einer Adventistengemeinde ist, sodass ich bislang an insgesamt 3 Samstagen mit meiner Familie im „templo adventista“ (Adventistischer Tempel) war. Dies will ich aber nur kurz erwähnt haben, da ich das gesamte Thema Religion in der Dominikanischen Republik nochmals genauer unter die Lupe nehmen möchte. Auch meine „adventistischen Eindrücke“ () folgen also in einem meiner folgenden Erfahrungsberichten. Zudem machte ich in meiner Gastfamilie leider auch eine schlechte Erfahrung. So bekam ich zum ersten Mal mit, was uns auch schon Vorgänger berichteten, nämlich, dass häusliche Gewalt in der gesamten Dominikanischen Republik keine Seltenheit ist. Darüber möchte ich aber auch nochmals gesondert berichten. Fazit: Durch die intensive und prägende einmonatige Zeit in meiner Gastfamilie entstand ein enger Kontakt, der mir hier in diesem doch noch fremden Land die Möglichkeit bietet Wurzeln zu schlagen. Meine Gastmutter erwartet geradezu, dass ich mehrmals die Woche für eine Weile zu Besuch komme, wobei sie mir verboten hat das Wort „visitar“ (besuchen) zu benutzen. „Tu sabes. Este casa ahora es tu casa tambien.“ - „Du weißt doch. Das hier ist jetzt auch dein Haus“, war ihre Begründung. Zusammenfassend bin ich für diese einmonatige Zeit sehr dankbar, sodass ich versuchen werde den Kontakt mit meiner Familie in diesem Jahr bestmöglich zu pflegen. Demnächst wollen wir Freiwilligen unsere Gastfamilien auch alle gemeinsam zu einem großen deutschen Festessen (Linsen & Spätzle, Zwiebelrostbraten, etc. …) einladen. Schließlich ist es das Geringste was wir tun können, dass wir nun unsere Familien mit deutschem Essen bekochen, nachdem wir ein Monat lang Dominikanisches genießen durften. 20 Schlusswort, Ausblick & Signatur: An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass dieser Bericht, wie auch meine folgenden Erfahrungsberichte, lediglich meine subjektiven Eindrücke darstellt und deshalb keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und vollständige Richtigkeit erhebt. Ich habe mich bemüht jegliche deutschen Rechtschreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler zu vermeiden, wobei ich mir sicher bin, dass sich einige finden werden. Diese bitte ich zu entschuldigen. Dieser Text darf vervielfältigt und weitergegeben werden, solange keine Änderungen gemacht werden und der Autor genannt wird. Letztlich hoffe ich, dass euch mein Erfahrungsbericht über meine ersten 2 Monate hier in der Dominikanischen Republik gefallen hat und, dass ihr ein wenig an meinen Eindrücken teilhaben konntet. In meinem nächsten Berichte schreibe ich über das wahrscheinlich Wichtigste, über den Grund, weshalb ich hier bin – über meine Projektarbeit. Für weitere Berichte sind etwa folgende Themen geplant: ...Religion …Arbeitsverhältnisse und Wirtschaft …Häusliche Gewalt …Rassismus …Dominikanisches Essen …Musik (Salsa, Bachata, Merengue, Reggeaton) …Politik (Präsidentschaftswahlen am 20.Mai 2012) Wenn euch darüber hinaus etwas speziell interessiert, so schreibt mir. Über Anregungen, Ratschläge, Empfehlungen und Kritik freue ich mich sehr! Liebe Grüße von der Insel, euer Jens 21 Jens "Juan" Anderer Freiwilliger der Weltweiten Initiative für Soziales Engagement e.V. Im Einsatz im Kindersozialprojekt “Sala de Tareas” in Matancitas sowie in diversen weiteren Projekten in der Dominikanischen Republik. E-Mail-Adresse: Handy: Mein Blog: Unsere lesenswerte FW-Zeitung: Meine Trägerorganisation: Mein Skypename: [email protected] 001 - 809 8738299 www.dame-cinco.jimdo.com www.wortwechsel-weltweit.de www.weltweite-initiative.de jeeense Du findest meine Arbeit sinnvoll? Ich freue mich über deine/Ihre Unterstützung: Weltweite Initiative e.V. Konto: 861 1300 BLZ: 550 20 500 Betreff: SPENDE 1101 22