Bezirkliches Integrationsprogramm Marzahn
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Bezirkliches Integrationsprogramm Marzahn
Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin Lenkungsgremium zur Erarbeitung und Begleitung der Umsetzung des bezirklichen Integrationsprogramms Bezirkliches Integrationsprogramm Marzahn-Hellersdorf Entwurf Berlin September 2010 2 Entwurf Bezirkliches Integrationsprogramm Marzahn-Hellersdorf Einleitung Marzahn-Hellersdorf ist ein bunter und toleranter Berliner Bezirk, der sich für Integration aller seiner Bürgerinnen und Bürger1 sowie gegen sämtliche Formen von Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus einsetzt. Das Bezirksamt heißt alle Bürgerinnen und Bürger des Bezirkes ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft willkommen und lädt alle zur Mitgestaltung eines gemeinschaftlichen Zusammenlebens ein. Im Mai 2009 wurde Marzahn-Hellersdorf durch die Bundesregierung als ein „Ort der Vielfalt“ ausgezeichnet. Diese Auszeichnung versteht das Bezirksamt als Würdigung der Anstrengungen all jener, die sich vor Ort in diesem Sinne engagieren, aber auch als Verpflichtung, dieses Engagement gezielt weiter zu fördern. Das vorliegende Integrationsprogramm von Marzahn-Hellersdorf spiegelt die Umsetzung des Berliner Integrationskonzeptes „Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken“ vom 03.07.2007 auf der bezirklichen Ebene wider und folgt grundsätzlich im Rahmen der Wirkungsreichweite bezirklicher Politik dessen Handlungsfeldern und Grundaussagen. Seine Entwicklung wurde vom Bezirksamt zum wichtigen strategischen Ziel erklärt: Es stellt das Ergebnis des Diskussionsprozesses im „Lenkungsgremium zur Erarbeitung und Begleitung der Umsetzung des bezirklichen Integrationsprogramms“ unter Leitung der Bezirksbürgermeisterin, in dem alle Bezirksstadträtinnen und Bezirksstadträte mit jeweils drei Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung und des Beirates für Migrant/innenangelegenheiten zusammen arbeiten . Das bezirkliche Integrationsprogramm richtet sich an die Abteilungen, Fachdienste und Einrichtungen des Bezirksamtes, an andere öffentliche Einrichtungen (z.B. Schulen) im Bezirk sowie an die Freien Träger von bezirklichen Projekten der sozial-kulturellen Arbeit. Deshalb ist eine breite Diskussion über den Entwurf sowohl in der BVV und in den Ämtern der Bezirksverwaltung als auch in Gremien und Netzwerken vorgesehen, die ihn mit ihren Ideen anreichern und nach Beschlussfassung als ihre eigene Sache umsetzen sollen. Sein Ziel ist das Schaffen eines verbindlichen Orientierungsrahmens für die systematische und ressortübergreifende Förderung von Integration als Querschnittsaufgabe aller. Dieser Rahmen soll der Verwaltung Entscheidungshilfen für Fragestellungen im Bereich „Migration und Integration“ geben und zugleich die Träger der Integrationsarbeit sowie die bezirklichen Partner orientieren, welche integrationspolitischen Ziele das Bezirksamt verfolgt. Die demokratischen Parteien, Glaubensgemeinschaften, weitere zivilgesellschaftliche Akteure und alle interessierten Bürgerinnen und Bürger des Bezirkes – egal welcher Herkunft – sind dazu eingeladen, sich anzuschließen und aktiv an seinem Gelingen mitzuarbeiten, um das Leben in Vielfalt im Einwanderungsbezirk Marzahn-Hellersdorf für alle attraktiv und fruchtbar zu machen. Das Lenkungsgremium hat sich darüber verständigt, welcher Integrationsbegriff dem Programm zugrunde gelegt werden soll: Unter „Integration“2 wird demnach ein beständiger und nachhaltiger gesamtgesellschaftlicher Prozess zur Gewährleistung und Gestaltung 1 2 Im Sinne der Zugehörigkeit zum Gemeinwesen und nicht der formalen Kategorie der Staatsangehörigkeit. Dem Integrationsprogramm liegen folgende Dimensionen der Integration (vgl. Esser, 2000) zugrunde: • Kulturation (Erwerb ausreichender Kenntnisse und Fertigkeiten, z.B. Sprache sowie kulturelle Standards, um erfolgreich am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können) • Platzierung (Einnahme von Positionen in der Gesellschaft, z.B. im Schul- und Wirtschaftssystem, aber auch als Bürger/in. Platzierung hat mit sozialen Rechten zu tun.) 3 • von gleichberechtigter Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, • der Artikulation von Einzel- und Gruppeninteressen sowie • des Schutzes vor Ausgrenzung, Diskriminierung3 und vorurteilsmotivierter Kriminalität für alle Einwohner/innen des Gemeinwesens und zwar unabhängig von ihrer sozialen, kulturellen und ethnischen Herkunft bzw. Identität verstanden. Ziel der bezirklichen Integrationspolitik ist die Entwicklung einer Kultur des gegenseitigen Respekts, die Unterschiede ebenso wahrnimmt wie Gemeinsamkeiten, Verschiedenheit aushält und zugleich den gruppenübergreifenden Zusammenhalt fördert. Dafür sind Beteiligung und Partizipation, gleichberechtigter Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen und gruppenübergreifende Solidarität im gesellschaftlichen Mit- und Füreinander wesentliche Voraussetzungen. In diesem Sinne bedeutet Integrationspolitik im Kern die Herstellung von Chancengleichheit in der offenen und pluralen Einwanderungsgesellschaft. Den Rahmen des Integrationsprozesses, mit dem der Zusammenhalt des bürgerschaftlichen Gemeinwesens durch Einbeziehung und Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger gestärkt wird, bilden die Werte und Normen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Landes Berlin, die geltenden Bundes- und Landesgesetze sowie die europäischen und internationalen Menschenrechtsabkommen. Der bezirklichen Integrationspolitik liegen dabei drei Planungsansätze zu Grunde: Lebenslagenorientierung: Orientierung von Maßnahmen und Angeboten nicht an ethnischen Merkmalen oder formalen Staatsangehörigkeiten, sondern an der individuellen Lebenslage der Menschen, die gleichzeitig durch mehrere Dimensionen sozialer Differenzierungen geprägt ist (wie Geschlecht, Alter, Bildung, Einkommen, Milieuzugehörigkeit, rechtlicher Status, regionales Lebensumfeld, persönliche Erfahrungen etc.) Sozialraumorientierung: Orientierung an den jeweils konkreten sozialräumlichen Bedingungen etwa hinsichtlich der vorhandenen Ressourcen, Angebote, Dienste und Einrichtungen in kommunaler und freier Trägerschaft, hinsichtlich lokaler Kooperationsstrukturen, nachbarschaftlicher Netzwerke sowie der sozialen Einbettung und Potenziale zur Bildung neuer und herkunftsheterogener „Wir-Gruppen“ vor Ort. Zielgruppenorientierung: Neben der Sozialraumorientierung hat auch eine stadtteilübergreifende Orientierung (wie bezirkliche Strategien, Konzepte und Projekte) ihre Bedeutung für die Gestaltung der bezirklichen Integrationspolitik, nämlich am Bedarf wie an den Ressourcen der diversen, im ganzen Bezirk vorhandenen Zielgruppen. Mit dem bezirklichen Integrationsprogramm wird ebenfalls ein gesamtbezirklich definierter Rahmen geschaffen, mit dem die inhaltliche Konkretisierung zentraler Begriffe herbei- und die grundlegenden Handlungsansätze zusammengeführt werden. Es versteht sich als ein „lernendes Programm“, d.h. es beschränkt sich nicht auf die einmalige Entwicklung und Umsetzung von Projekten, sondern soll – an vorhandenen Erfahrungen, Ansätzen und Ressourcen anknüpfend – beschlossene Maßnahmen und ihre Implementierung steuern, weiter entwickeln und fortlaufend überprüfen. • • 3 Interaktion (Herausbildung von interethnischen Beziehungen und Netzwerken. Dies bedeutet Freundschaften, Eheschließungen, Vereinsmitgliedschaften oder ganz allgemein die Einbindung in soziale Gruppen) Identifikation (individuelle mentale und emotionale Verbundenheit mit der Gesellschaft. Die Person sieht sich als Teil des Ganzen. Es geht hierbei um Gefühle wie Loyalität, Identifikation und „Dazugehören“). Gesetzliche Grundlage ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aus dem Jahr 2006, das ohne Hierarchien folgende Merkmale schützt: ethnische Herkunft, Alter, Geschlecht, sexuelle Identität, Behinderung, Religion bzw. Weltanschauung. 4 Integrationsleitlinien für Marzahn-Hellersdorf Die folgenden Leitlinien geben in komprimierter Form die zentralen integrationspolitischen Grundsätze des Bezirksamtes wider und fassen seine strategischen interkulturellen Ziele als Orientierung, Entscheidungsempfehlung und Handlungsaufforderung transparent zusammen: 1. Strukturelle Integration Strukturelle Integration ist dann erreicht, wenn Einwanderinnen und Einwanderer gleichberechtigt an den Strukturen der Gesellschaft teilhaben. Sie beginnt mit dem Zugang zur deutschen Sprache und erfolgt letztlich ganz entscheidend im Bereich der Bildung, Ausbildung, Beschäftigung und der lokalen Ökonomie. Mit dem Integrationsprogramm verfolgt das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf das Ziel, Impulse zu geben und im vernetzten Handeln mit relevanten Akteuren lokal umsetzbare Strategien und Initiativen zu entwickeln, die – von der Kinder- und Jugend- sowie Elternarbeit in Schulen und Kindertageseinrichtungen über die Förderung von Beschäftigung und Existenzgründung bis hin zur Kulturförderung – einen chancengleichen Zugang aller seiner Bürgerinnen und Bürger zu den sozialen, kulturellen und ökonomischen Ressourcen der Gesellschaft ermöglichen. 2. Bezirksverwaltung als Gestalterin und Moderatorin In diesem Sinne besteht nach dem Verständnis des Bezirksamtes die Aufgabe der bezirklichen Integrationspolitik darin, neue Ansätze und Entwicklungsprozesse zu initiieren sowie diese durch Standardsetzung und Controlling steuernd voranzutreiben. Dazu gehört es auch, Netzwerkstrukturen aufzubauen, diese organisatorisch wie fachlich zu stärken und somit eine Plattform zum fachlichen Austausch aller Akteure der Integrationsarbeit zu schaffen. Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf sieht seine Rolle darin, in enger Zusammenarbeit mit möglichst vielen lokalen Akteuren die Integrationsarbeit im Bezirk zielführend zu moderieren, bestehende Aktivitäten sichtbar zu machen sowie den Austausch und die Kooperation unter den Handelnden zu unterstützen. 3. Soziale Integration und Orte der Kommunikation Soziale Integration bedeutet, dass Menschen mit Migrationshintergrund ebenso wie jene ohne Migrationshintergrund in lebensweltlichen Strukturen eingebunden sind, in denen sich mehr oder weniger starke Bindungen an die Gesellschaft entwickeln und festigen. Hierbei spielen Freie Träger und Projekte, die mit ihren Aufträgen und Grundkonzeptionen in Quartieren und Nachbarschaften agieren, eine besonders wichtige Rolle, da sie entweder selbst Motor der Integrationsarbeit sind oder sich zu Mitgestaltern dieser Arbeit entwickelt haben. Unverzichtbare Partner der Integrationsarbeit sind aber vor allem die Migrant/innenselbstinitiativen und -organisationen, die am Integrationsgeschehen beteiligt und darin gestärkt werden müssen. Das Bezirksamt fördert mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und spezifischen Ressourcen die soziale Integration, die Kommunikation und das Zusammenleben im Gemeinwesen. 4. Kulturelle Integration Damit das Zusammenleben und das erforderliche Mindestmaß an Zusammenhalt in der heterogenen städtischen Gesellschaft gelingt, ist es einerseits notwendig, nach gemeinsam geteilten Werten zu streben, während andererseits ein Recht auf Anerkennung der Differenz zugestanden werden muss. Der Bezirk ist der Ort, an dem dieser Aushandlungsprozess mit dem Ziel, Vielfalt zu gestalten und gruppenübergreifenden Zusammenhalt zu stiften, unmittelbar stattfindet und konstruktiv zu begleiten ist. Hier gilt es, ganz konkret jenes ausgewogene Verhältnis zwischen Gemeinsamkeit und Differenz herzustellen, das dem gesellschaftlichen Gemeinwohl förderlich ist und gleichzeitig dem Anspruch auf kulturelle Besonderhei- 5 ten gerecht wird. Das Bezirksamt begreift und fördert die Nachbarschaften als Orte der Diskussion und des demokratischen Dialogs und schafft Räume für eine öffentliche und herkunftsübergreifende Auseinandersetzung mit diesen Fragen. Hierzu gehört auch eine Gleichstellungspolitik, die die Frauen mit Migrationshintergrund aktiv einbezieht und die zusammen mit ihnen gestaltet wird. 5. Identifikatorische Integration Das Bezirksamt bietet seinen Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund Identifikationsangebote mit ihrem Bezirk. Insbesondere gilt es, eine „Willkommenskultur“ als bezirkliches Klima zu entwickeln, da Identifikation voraussetzt, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger willkommen geheißen und angenommen fühlen. Mit der interkulturellen Orientierung und Öffnung des Verwaltungshandelns und des Handelns der sozialen Infrastruktur in Freier Trägerschaft sowie durch öffentliche Würdigung der aus der Vielfalt wachsenden Potenziale für das Gemeinwohl trägt das Bezirksamt diesem Integrationsfaktor Rechnung. 6. Partizipation Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf fördert die politische und bürgerschaftliche Partizipation aller seiner Bürger/innen und gewährleistet ihre aktive Beteiligung an den Strukturen der Demokratie. Es werden stets geeignete Strategien und Ansprachewege gesucht und überprüft, um auch die Migrant/innen zu erreichen sowie lokale Akteure unterstützt, die partizipative Ansätze in ihrer Arbeit entwickeln. Eine wichtige Stellung nehmen auch hierbei die Selbstorganisationen der Migrant/innen ein, die eine Brücke zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund und deren informellen Netzen darstellen und als Tür-Öffner agieren können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in Beratungsstellen und Projekten bilden ebenso eine wertvolle Ressource, deren Beitrag zur Integrationsarbeit eine besondere Wertschätzung erfährt. Weitere Strategien sind die Nachwuchsförderung von Migrant/innen in den politischen Parteien, Vereinen und Bürgerinitiativen sowie die interkulturelle Öffnung und Entwicklung von Beteiligungsverfahren. 7. Aufwertung der Integrationspolitik in der Gremienarbeit Angesichts der zunehmenden Bedeutung einer bezirklichen Integrationspolitik, die alle Maßnahmen zur Integration von Migrantinnen und Migranten in einem verbindlichen Integrationsprogramm aufeinander abstimmt, ist es notwendig, dass alle bezirklichen Gremien ihre Möglichkeiten prüfen, wie das Thema „Integration und Migration“ und Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund sowie ihrer Selbstorganisationen besser berücksichtigt werden kann. Zunächst benennt das Bezirksamt seinen Beirat für Migrant/innenangelegenheiten in Integrationsbeirat um, mit Neuorientierung seiner Aufgabenstellung und stärkerer Ausrichtung seiner Arbeit auf die fachliche Beratung des Bezirksamtes in Integrationsfragen. Das Lenkungsgremium zur Entwicklung und Begleitung der Umsetzung des bezirklichen Integrationsprogramms steuert dessen Vermittlung und Verankerung als ganzheitliches, systematisches Konzept. Dabei verlässt es sich bei seiner Umsetzung auf die Selbstverpflichtung aller Bezirksamtsbereiche und zivilgesellschaftlichen Akteure im Bezirk, um seine Ziele gemeinschaftlich zu erreichen. 8. Bekämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Ausgrenzung, Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf tritt aktiv gegen Rassismus, Ausgrenzung, Diskriminierung, alle Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ein. Seine Bewerbung um die Anerkennung durch die Bundesregierung als „Ort der Vielfalt“ war ein bewusster Beitrag, der allen Bürgerinnen und Bürgern des Bezirkes – gleich welcher ethnischen, kulturellen oder weltanschaulichen Herkunft und Identität – signalisiert, dass Bezirkspolitik und -verwaltung entschlossen sind, präventiv gegen solche die Demokratie 6 gefährdende Phänomene zu arbeiten und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf lokaler Ebene zu beachten und umzusetzen. 9. Integrationsberichterstattung Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf baut auf Grundlage seines Integrationsprogramms eine auf Dauer angelegte Integrationsberichterstattung auf, um genaue Erkenntnisse über den Verlauf und die Fortschritte seiner Umsetzung sowie über die Wirksamkeit integrationspolitischer Maßnahmen und Projekten zu gewinnen. Handlungsfelder des bezirklichen Integrationsprogramms Das Lenkungsgremium hat sich in Orientierung an die Struktur des Landeskonzeptes auf die nachfolgenden Handlungsfelder für das bezirkliche Integrationsprogramm geeinigt. Diese stellen zusammengehörige Aufgabenkomplexe dar und verknüpfen gesellschaftliche und individuelle Problemstellungen miteinander, für die Lösungen gefunden werden müssen. Mit der Reihenfolge der Handlungsfelder ist keine Wertung verbunden. Die Handlungsfelder sind jeweils mit einer Analyse des Ist-Standes per Mai 2010 – im Ergebnis der vorangestellten Umfrage – versehen. Daraus ist ersichtlich, welche reichhaltigen Erfahrungsressourcen im Bezirk bereits vorhanden sind, auf die das Integrationsprogramm aufsetzen kann. Pro Handlungsfeld sind mit Festlegung von Verantwortlichkeiten bis zu drei Leitprojekte vorgesehen, die vom Lenkungsgremium für den Implementierungsbeginn des bezirklichen Integrationsprogramms ausgewählt wurden. Deren Umsetzungsabschluss ist mit kurzfristig (2010 – 2011), mittelfristig (2012 – 2013) und langfristig (nach 2013) terminiert. Weitere Projekte, die sich in die Handlungsfelder einfügen, können darüber hinaus natürlich realisiert werden. Handlungsfeld 1: Kulturelle Vielfalt im Bezirk positiv sichtbar machen, anerkennen, einbeziehen Ethnische und kulturelle Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Lebensstilen und -entwürfen sind Kennzeichen jeder modernen Stadtgesellschaft. Vielfalt und Verschiedenheit sind aber per se noch kein Wert und keine Ressource. Der mögliche Gewinn für die Identität des Bezirks und für das Lebensgefühl aller seiner Bürgerinnen und Bürger kann erst durch die aktive Gestaltung in Vielfalt des Miteinanders realisiert werden. Voraussetzung dafür sind Offenheit für „Anderes“ und Entfaltungsmöglichkeiten für jede und jeden, d.h. Anerkennung, Wertschätzung, Einbezug und Nutzung all der Unterschiedlichkeiten als positive Beiträge und Ressource für das Gemeinwohl. Die Bürgerinnen und Bürger von Marzahn-Hellersdorf, die einen Migrationshintergrund aufweisen4, prägen und gestalten das gesellschaftliche Leben im Bezirk mit. Die überwiegende Anzahl von ihnen hat die deutsche Staatsangehörigkeit, sei es als Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, als Eingebürgerte oder als hier geborene Kinder von Ausländerinnen und/oder Ausländern mit verfestigtem Aufenthalt. Menschen, die ihre ausländische Staatsangehörigkeit behalten wollen oder müssen sowie Flüchtlinge aus Krisengebieten der Welt leben hier vorübergehend oder längerfristig. Die amtliche Ausländerstatistik5 für den Bezirk weist 128 Herkunftsländer auf. Sie registriert aber nur die nichtdeutsche Staatsangehörigkeit, nicht die Dauer des Aufenthaltes, den Integrationsgrad oder die soziale Lage, die in allen 4 5 Mit und ohne eigene Migrationserfahrung, mit deutscher und nichtdeutscher Herkunftssprache. Angaben des Statistischen Landesamtes Berlin. 7 möglichen Ausprägungen unterschiedlich sein können. Deutsche mit Migrationshintergrund kommen in dieser Statistik gar nicht vor. Die vornehmlich als homogen gesehene Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund im Bezirk erweist sich also beim näheren Hinsehen als ausgesprochen heterogen. Neben denjenigen, die noch Unterstützungsbedarf für ihr Einleben haben – dem von den bezirklichen Strukturen und den im Bezirk verorteten bundesfinanzierten Migrationsberatungsdiensten im angemessenen Umfang abzuhelfen ist –, gibt es auch viele Migrantinnen und Migranten, die sich mit dem hiesigen Gemeinwesen als Bürgerinnen und Bürger von Marzahn-Hellersdorf identifizieren und in all ihrer Unterschiedlichkeit täglich und erfolgreich unter Beweis stellen, wie stabil die Basis für das Zusammenleben in unserem Bezirk ist. Sie tragen – häufig im freiwilligen Amt – auch dazu bei, dass sich neue Einwanderinnen und Einwanderer, welche Begleitung und Hilfen bedürfen, schneller in dem für sie noch fremden Umfeld zurechtfinden. Diese Leistungen und Potenziale sind zwar am Ort ihres Engagements bekannt und hoch angesehen, wovon mehrere Auszeichnungen, die von der BVV verliehen werden, zeugen. Der breiten Öffentlichkeit sind sie aber noch weitgehend unbekannt. Die öffentliche Diskussion zu Fragen der Migration und Integration wird noch immer vorwiegend von problemfixierten Sichtweisen dominiert. Es bleiben auch Potenziale unbemerkt und ungenutzt. Gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt prägt auch in Marzahn-Hellersdorf zunehmend die bezirkliche Realität, die bei Planungen, Strategien und Ausgestaltung auf allen Ebenen zu berücksichtigen ist. Deshalb begreift das Bezirksamt die Auseinandersetzung mit Interkulturalität als ressortübergreifende Querschnittsaufgabe und stellt sich der Herausforderung, die kulturelle Vielfalt und Verschiedenheit als Ressource im Bezirk bei den Zielgruppen/Kundinnen und Kunden und in der eigenen Verwaltung sichtbar zu machen und aktiv zu gestalten. Bezirkliche Stärken: Kulturelle Vielfalt und Interkulturalität sind in den meisten Fachbereichen des Bezirksamtes Themen, die – unterschiedlich gewichtet und jeweils aus einer fachspezifischen Sichtweise heraus betrachtet – Berücksichtigung finden. Sie sind insbesondere für die Bereiche der Bezirksverwaltung, die mit Menschen mit Migrationshintergrund als Kundinnen und Kunden oder „Problemgruppen“ zu tun haben, auch konzeptionell verankert (z.B. Soziales, Bildung/Kultur, Bürgerdienste, Ordnungsamt, Schule und Sport, Jugend und Familie). In den letzten Jahren sind diverse Fortbildungen zur Qualifizierung der interkulturellen Kompetenzen der Verwaltungsmitarbeiter/innen durchgeführt worden. Es kann somit von einer Grundsensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Fachbereichen ausgegangen werden, die sich dem Thema „Interkulturalität, kulturelle Vielfalt und Verschiedenheit“ aktiv stellen. Der Fachbereich Kultur z.B. bezieht bewusst bei Planungen und künstlerischen Projekten mit partizipatorischem Ansatz Künstlerinnen und Künstler sowie Künstler/innengruppen mit Migrationshintergrund ein. Sie sind auch bei allen bezirklichen Festen und Veranstaltungen präsent und tragen zu ihrem Gelingen bei. Die Themenstellung „Vielfalt“ ist ebenfalls Bestandteil der kulturellen Förderpraxis (vgl. Bezirkskulturfonds, Projektfonds kulturelle Bildung) und Schwerpunkt bei der Kulturentwicklungsplanung. Es gibt jedoch nicht zuletzt aufgrund der vorhandenen Kapazitäten noch Bedarf an gezielter Förderung der künstlerischen Produktionen von Migrant/innen sowie an Kontaktvermittlung und Hilfestellungen bei Werbestrategien und der Akquise von Drittmitteln. Verstärkt werden soll beispielsweise die Chorarbeit. Besonders künstlerisch orientiert sind die russischsprachigen Bürgerinnen und Bürger von Marzahn-Hellersdorf, die sich auch für Kinder und Jugendliche engagieren: Das „DeutschRussische Tschechow-Theater“, die Galerie „Klin“, die Tanzgruppe „Swentana“ und das Ensemble „T&T“ sind weit über die bezirklichen Grenzen hinaus bekannt. Migrantenfamilien beteiligen sich aktiv an der Gestaltung von Aktivitäten an Kitas und Schulen. 8 Die Stadtteil- und Jugendhilfezentren sowie weitere Einrichtungen stellen Räume zur Verfügung und beziehen in Veranstaltungen kleinere kulturelle Initiativen von Migrant/innen und auch Künstler/innen mit Migrationshintergrund ein. Der Interkulturelle Garten, der Garten der Begegnung und der Hochzeitspark tragen ebenfalls zur Verständigung und gelebten Austausch bei. Mittlerweile weisen 20 % der Mitglieder der beiden Kleingartenvereine im Bezirk einen Migrationshintergrund auf. Die vielen Ärzt/innen, Apotheker/innen, Gastronom/innen, Händler/innen und Dienstleister/innen sowie zunehmend Sozialarbeiter/innen mit Migrationshintergrund in den spezialisierten Diensten tragen schließlich auch zum positiven Bild des Bezirkes bei. Leitziel 1.: Das Migrationgeschehen im Bezirk positiv und öffentlich erfahrbar machen Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Systematische Überprüfung der Bezirks-Website auf die Be- kurzfristig rücksichtigung der Vielfalt des Bezirkes bei seiner Außendarstellung Durchführung von Workshops zur aktivierenden Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit Zuständigkeit: alle Abteilungen Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Pressestelle Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Anzahl Teilnehmer/innen Bewertung 2 Erarbeitung eines „Diversity-Atlas Marzahn-Hellersdorf“ mittelfristig unter Nutzung der integrierten Sozialberichterstattung und Präsentation auf der Website des Bezirksamtes Zuständigkeit: alle Abteilungen, alle Beauftragten, AG Sozialberichterstattung Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / PLS GesSoz Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Beteiligung, Bewertung 3 Bildung einer abwechselnd multikulturell zusammengesetzten mittelfristig Kommission, die mit Unterstützung der jeweiligen diplomatischen Vertretungen jährlich ein großes Kulturfestival mit überbezirklicher Resonanz organisiert / Aufbau eines Netzwerkes und Einrichtung eines Jour-Fix „Interkulturelle Kulturarbeit“ zur weiteren Öffnung der bezirklichen Kultureinrichtungen für die interkulturelle Arbeit und kulturelle Vielfalt Zuständigkeit: alle Abteilungen Federführung: Abteilung Bildung, Kultur und Immobilien / Fachbereich Kultur Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Beteiligung und Ergebnisse 9 Leitziel 2.: Ausbau der interkulturellen Stärken kommunaler und kommunal geförderter Einrichtungen Die bezirksamtinterne AG Interkulturelle Öffnung des Lenkungsgremiums legt bis März 2011 den Entwurf für einen Kriterienkatalog für integrative und interkulturelle Projektinhalte (Anforderungen an Konzepte und Sachberichte von Zuwendungsempfängern) vor, der ab 2012 in die Förderpraxis aller Abteilungen eingeführt wird. Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Aufbau des bezirklichen Migrationssozialdienstes (MSD) als kurzfristig bezirkliche Fachstelle für Integration und Migration Stärkere Vernetzung des MSD mit Diensten und Einrichtungen und insbesondere mit den Stadtteil- sowie Kinder- und Jugendhilfezentren Zuständigkeit: Soz, JugFam, IntB, Caritas, Volkssolidarität, Regeldienste, STZ, KJHZ Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / Soz Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Kooperationsverträge und –vereinbarungen, Bewertung 2 Verstärkte Förderung des Fachkräfteaustausches der Abtei- mittelfristig lungen mit verschiedenen Ländern und insbesondere mit den Partnerstädten zu gemeinsam ausgesuchten Fachthemen. Bei allen Begegnungen soll die kulturelle Vielfalt als Querschnittsthema behandelt werden Zuständigkeit: alle Abteilungen, Städtepartnerschaftsverein Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / Pers Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Anzahl, Bewertung 3 Vernetzung der Musik- und der Volkshochschule mit den kurzfristig Trägern der Migrationsarbeit - Ausbau ihrer Angebote, die sich speziell an Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund richten Zuständigkeit: Musikschule, Volkshochschule Federführung: Abteilung Bildung, Kultur und Immobilien Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Bewertung 10 Handlungsfeld 2: Willkommenskultur für alle Bürgerinnen und Bürger in bezirklichen Einrichtungen und Diensten /Verwaltung verbessern / Integrationserfolge anerkennen und wertschätzen Integration kann nur soweit gelingen, wie es die Gesellschaft zulässt. Ein diskriminierungsfreies gesellschaftliches Klima und die Wahrnehmung von Vielfalt nicht als Bedrohung oder Problem, sondern als Chance und Gewinn, sind wesentliche Rahmenbedingungen für gelingende Integration. Denn sich willkommen und angenommen zu fühlen, ist eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Integrationsprozess. Die öffentliche Verwaltung hat dabei eine Vorbildfunktion. Eine verbesserte und aktiv gelebte Willkommenskultur in der öffentlichen Verwaltung und deren Diensten sowie in den öffentlich geförderten Einrichtungen bedeutet, vorhandene spezifische Schwellenängste und Zugangsschwierigkeiten für Bürgerinnen und Bürger mit Migratonshintergrund ebenso wie für andere strukturell benachteiligte Bevölkerungsgruppen zu reflektieren und ernst zu nehmen. Sowie diese im Rahmen der Gestaltungsspielräume ggf. schrittweise zu minimieren, d.h. eine konsequente, kultursensible und vorurteilsbewusste Kundenorientierung zu etablieren. Das bezirkliche Integrationsprogramm richtet also seinen Fokus auf die Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund, reduziert aber die Anwendung des Begriffs der Integration nicht auf Migrantinnen und Migranten. Vielmehr wird Integration als Zusammenführung der Gesamtheit der Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt verstanden. Zur gelebten Willkommenskultur gehören: eine umfassende und adressatenorientierte Information über die Strukturen; die Einladung zur Nutzung der jeweiligen Angebote; das Bestreben, mit Kunden auf gleicher Augenhöhe zu kommunizieren (bewusster Umgang mit Ungleichgewichten); die Unterstützung der Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und zur Entwicklung selbst bestimmter Lebensentwürfe; die Eröffnung von Mitgestaltungsmöglichkeiten sowie die Wertschätzung und Anerkennung von Integrationserfolgen. Notwendig sind darüber hinaus: die Berücksichtigung der Belange der Menschen mit Migrationshintergrund in allen bezirklichen Strategien, Planungen und strukturellen Weiterentwicklungen, die weitere Befähigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in kulturellen Überschneidungssituationen sicher und effizient arbeiten zu können (d.h. interkulturelle und Diversity-Kompetenzen zu erwerben) sowie transparente Anforderungen bei der Qualitätssicherung des Verwaltungshandelns und bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln. Dadurch kann Neuangekommenen bedarfsgerecht geholfen werden, erste Hürden zu überwinden sowie Integrations- und sonstige Probleme zu bewältigen. Aber auch den bereits lange hier lebenden Migrantinnen und Migranten oder hier Geborenen mit familiärem Migrationshintergrund ein deutliches Signal gegeben werden, dass sie als gleichwertiger Teil der Gesellschaft willkommen sind und ihre Mitwirkung bei der Ausgestaltung des Zusammenlebens im gemeinsamen Zuhause Marzahn-Hellersdorf gewünscht und gebraucht wird. Die angestrebte Verbesserung der Willkommenskultur bezieht sich nicht zuletzt auch auf die gewollte innerstädtische Binnenmigration von sozial integrierten und etablierten, bildungsnahen und bildungsorientierten Berlinerinnen und Berlinern mit Migrationshintergrund aus anderen Bezirken. Denn die gelebte Willkommenskultur soll dazu beitragen, die Anziehungskraft des Bezirks Marzahn-Hellersdorf auch für diese Gruppen zu stärken. 11 Bezirkliche Stärken: Eine wesentliche – wenn auch noch ausbaufähige – Stärke der Willkommenskultur der Bezirksverwaltung von Marzahn-Hellersdorf ist die verbreitete Nutzung verfügbarer Infomaterialien Dritter in Fremdsprachen bzw. die Erarbeitung von mehrsprachigen Merkblättern, Flyern, Veranstaltungsankündigungen und sonstigen Materialien. „Gut informiert – gut integriert“ und Erleichterung der Informationszugänge für Menschen mit Migrationshintergrund sind ein Thema in den meisten Fachbereichen. Sie beziehen sich jedoch noch nicht hinreichend aufeinander und lernen auch noch nicht hinreichend voneinander. Das soll mit dem bezirklichen Integrationsprogramm verbessert werden. Auch die Internetpräsenz der Fachbereiche wird weiter qualifiziert in Bezug auf die Zielgruppen und den Gehalt an Informationen über das Integrationsprogramm. In einigen Fachbereichen werden – wenn nötig – die Sprachkompetenzen von Mitarbeiter/innen genutzt bzw. Dolmetscher/innen hinzugezogen, um Probleme bei der Verständigung abzufangen. Der verstärkte Einsatz von Dolmetscher/innen wird zwar mehrfach gewünscht. Dem steht jedoch der beschränkte bzw. fehlende Umfang an Honorarmitteln entgegen. Den gegenwärtigen Schwerpunkt bei den Zielgruppen und Adressat/innen der Willkommenskultur in Bezug aus Migrant/innen bilden also in erster Linie Neuzugewanderte bzw. Menschen mit unzureichenden Deutschkenntnissen. Die Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf bietet zusätzliche Angebote für Teilnehmer/innen der Integrationskurse zum Kennenlernen des Bezirkes und der Stadt an. Als Zeichen der Willkommenskultur geben diese Angebote potenziellen Teilnehmer/innen die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse zu testen. Während der Teilnahme an den Kursen sichert die VHS eine qualifizierte Beratung und Hilfe bei der Suche nach Anschlussexistenz durch Zusammenarbeit mit Trägern der Migrationsarbeit und ist verlinkt mit dem Internetportal der Berliner Volkshochschulen, das viele nützliche Informationen auch für Bürger/innen nicht-deutscher Herkunft enthält. Das Ordnungsamt schult gezielt seine Mitarbeiter/innen in bürgerfreundlicher Gesprächsführung und Formulierung von Schriftstücken. Das Stadtentwicklungsamt sowie das Natur- und Umweltamt unterstützen im Rahmen des Stadtumbau-Ost und in Zusammenarbeit mit den Quartiersmanagements aktiv integrative Projekte, wie z.B. den Interkulturellen Garten, den Garten der Begegnung, den „Hochzeitspark“, mit der Zielstellung, die Identifikationsangebote auch für zu- und eingewanderte Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Bezirk zu erweitern. Eine große Stärke stellt die Bereitschaft mehrerer Fachbereiche zur Herstellung von Kooperationsbeziehungen mit Migrant/innenselbstorganisationen und -initiativen als Mittler zu den ethnischen Netzwerken dar. Denn, so der zunehmend dominante Tenor in der Fachdebatte, unter bestimmten und lokal genau definierten Bedingungen können Migrant/innenselbstorganisationen wichtige Leistungsträger für den gesellschaftlichen Integrationsprozess werden und mit ihren spezifischen Potentialen wichtige integrationspolitische Dialogpartner kommunaler Verwaltungen und sozialräumlicher Strukturen sein. Durch die Migrations- und Minderheitserfahrung ist ihre Perspektive, mit der sie das Integrationsgeschehen reflektieren, häufig eine andere und auch breiter als die Perspektive von Akteuren, die nicht über eine solche Erfahrung verfügen. Sie haben „nähere“ Kenntnisse und Vorstellungen über die Bedürfnisse und Entwicklungen in den jeweiligen Einwanderer/innengruppen, einen „Wir“Vertrauensbonus sowie ein (alltags-) kulturelles Know-how über Zugangswege und Kommunikationsformen. Die Zusammenarbeit mit ihnen kann dazu verhelfen, sonst schwer erreichbare Zielgruppen erfolgreich anzusprechen und zu aktivieren. Wenn sich dieses Wissen mit der für das Handlungsfeld, in dem sie aktiv sind, notwendige Fachkompetenz verbindet, dann können sie für die Beförderung von gesellschaftlichen Integrationsprozessen eine entscheidende Rolle spielen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sie als wechselseitige „TürÖffner“ fungieren und dabei soziales Kapital in das Gemeinwesen einbringen, das sowohl den Migrant/innen als auch der Gesamtgesellschaft zugute kommt. 12 Leitziel 1.: Barrierefreier Zugang für alle Bürgerinnen und Bürger - Einladung zur Teilhabe an der Gesellschaft Der Zugang für Besucherinnen und Besucher ohne hinreichende Deutschkenntnisse soll durch entsprechende Beschilderung in den Bürodienstgebäuden erleichtert werden. Es ist erstrebenswert, unter Federführung des Immobilienmanagements alle Ausschilderungen und Wegweiser in den öffentlichen Einrichtungen und Ämtern in verständlichem Deutsch und in verschiedenen Sprachen aufzubereiten bzw. mit Piktogrammen zu versehen, die auch für Nutzer/innen ohne Migrationshintergrund geeignet sind. Darüber hinaus wird empfohlen, sensibel mit übersetzten Informationen, z.B. Hausordnungen, umzugehen und darauf zu achten, dass die Formulierung nicht zu hart und unfreundlich, d.h. eher abweisend, wirkt. Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Erarbeitung von „Eckpunkten der Willkommenskultur in der mittelfristig Bezirksverwaltung sowie öffentlichen Einrichtungen in staatlicher und freier Trägerschaft“, Entwicklung gemeinsamer Standards, Qualitätskriterien und -indikatoren Zuständigkeit: alle Abteilungen, freie Träger, Migrant/innenselbstorganisationen Federführung: Abteilung Jugend und Familie Messkriterien: Fristen, Bewertung 2 Gemeinsam mit dem Bezirkssportbund Entwicklung von mittelfristig Angeboten der Sportvereine speziell für Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund. Durchführung einer Umfrage im Sportbereich zur Beteiligung von Migrantinnen und Migranten Zuständigkeit: SchulSport Federführung: Abteilung Schule, Sport und Finanzen Messkriterien: Angebote, Fristen, Feedback, Bewertung 3 Darstellung des gesamten Bezirksamts mit Angeboten und mittelfristig weiteren bezirksspezifischen Informationen (z.B. Gesundheitsinformationen, Wegweiser u.Ä.) in einer mehrsprachigen Willkommensbroschüre in Ergänzung des Willkommenspakets des Senats. Erarbeitung von Informationen für Migrant/innen über die existierenden Gremien, Netzwerke und andere Beteiligungsstrukturen zur Verbesserung ihrer Einbeziehung in Entscheidungsprozesse Zuständigkeit: alle Abteilungen Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Pressestelle Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Kundenfeedback, Bewertung 13 Leitziel 2: Anerkennung von Integrationserfolgen Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Öffentliche Ehrung von Integrationserfolgen von Migrantin- kurzfristig nen und Migranten, wie z.B. jährliche Ehrung von erfolgreichen Integrationskursabsolvent/innen in Zusammenarbeit mit der VHS, Integrationskursträgern und Beirat für Migrant/innenangelegenheiten; Einbürgerungsfeier Zuständigkeit: Bezirksamt, alle Abteilungen, Volkshochschule, Integrationskursträger Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Integrationsbeauftragte Messkriterien: Maßnahmen, Feedback, Bewertung 2 Jährliche Ehrung von Einzelpersonen, Trägern, Einrichtun- kurzfristig gen und Projekten für außergewöhnliches Engagement in der Integrationsarbeit und in der Arbeit mit Flüchtlingen Zuständigkeit: Bezirksamt, alle Abteilungen, BVV Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Integrationsbeauftragte Messkriterien: Maßnahmen, Feedback, Bewertung Handlungsfeld 3: Integration durch Eingliederung in Ausbildung, Arbeitsmarkt, als Unternehmer/innen Die erfolgreiche berufliche Orientierung bzw. Neuorientierung und gelungene Teilhabe an der Erwerbsarbeit ist eine der wesentlichsten Voraussetzungen für das Gelingen der Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft. Neben der Stärkung des Selbstwertgefühls sowie das Erlangen von Sozialprestige durch die Erwerbstätigkeit und der Sicherung eines eigenen, von Transferleistungen unabhängigen Einkommens, ermöglicht der Arbeitsplatz unmittelbare Kontakte und positiv erlebte Interaktionen zwischen „Alteingesessenen“ und Zugewanderten, die einen hohen Stellenwert für die soziale Integration haben. Der Anteil von Nichtdeutschen an den Arbeitslosen im Bezirk ist höher als ihr statistischer Anteil an der Gesamtbevölkerung. Es ist davon auszugehen, dass dies auch auf Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie andere Migrantinnen und Migranten zutrifft. Hier wiegen die fehlenden einheitlichen Erfassungsmerkmale besonders schwer. Die empirischen Erfahrungen zeigen, dass im besondere Maße betroffen die Elterngeneration ist, die ab ca. Mitte der 1990-er Jahre eingewandert ist. Die Ursachen der niedrigeren Arbeitsmarktbeteiligung von Migrantinnen und Migranten liegen in einem Ineinandergreifen verschiedener Problemlagen, die größtenteils nicht sie allein betreffen. Es gibt aber spezifische Besonderheiten, die bei der Verbesserung ihrer Arbeitsmarktsituation zu berücksichtigen sind: z.B. die Anerkennung der im Ausland erworbenen 14 berufsrelevanten Qualifikationen. Diese ist Gegenstand der aktuellen Arbeitsmarktpolitik auf der Bundesebene. Ein entsprechendes Gesetz ist in Vorbereitung. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine verbesserte Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten können auf der kommunalen Ebene nicht unmittelbar gesteuert werden. Allerdings kann der Bezirk durch verschiedene und in seiner lokalen Strategie gebündelte Maßnahmen mittelbar Einfluss auf die Chancen von Migrantinnen und Migranten auf dem Arbeitsmarkt nehmen und zwar in erster Linie in fünf Themenfeldern: optimale Nutzung der vorhandenen Arbeitsmarktinstrumentarien in Zusammenarbeit mit dem JobCenter Marzahn-Hellersdorf und der Agentur für Arbeit; Nutzung von EU-, Bundes- und Landesprogrammen; Entwicklung und Effektivierung von lokalen Kooperationen für die Beschäftigungsförderung; Sensibilisierung und interkulturelle Öffnung der Arbeitsförderung und des Arbeitsmarktes; Berufwegsplanung, Profilbildung und Fortbildung sowie Vermittlung der Schlüsselqualifikation „Deutsch für den Beruf“. Ein weiteres Themenfeld, das es weiter zu entwickeln gilt, ist die Förderung der Existenzgründung und die Stärkung der Migrant/innenökonomien. So sieht der Punkt 7 „Nachhaltige Integration von Migrantinnen und Migranten“ der „Leitlinien für die lokale Beschäftigungsförderung für den Bezirk Marzahn-Hellersdorf“ spezielle Maßnahmen vor, die auf die Förderung der Sprachkompetenz (Sprachvermittlung, auch berufsspezifische Fachsprache) und den Abbau von Sprachbarrieren, Förderung des demokratischen Verständnisses, Erfassung von Kompetenzen zwecks Potenzialermittlung sowie Verbindung von Qualifizierung mit Sprachförderung abzielen. Dabei ist die Bezirkspolitik offen gegenüber neuen und innovativen zielgruppenspezifischen Modellen, Denkweisen und Strategien. Der bisherige an Defiziten ausgerichtete Ansatz, mit dem die berufliche Integration von Migrantinnen und Migranten häufig angegangen wird, weicht mehr und mehr einer veränderten Perspektive. Diese legt ihren Fokus auf bestehende Potenziale der Zielgruppe, die es zu fördern und nutzbar zu machen gilt. Ein gutes Beispiel dafür ist das vom Bezirksamt initiierte Modellprojekt „Arbeit und Integration für russischsprachige Akademikerinnen und Akademiker mit Migrationshintergrund“, das mit Hilfe von EUMitteln realisiert wird. Nicht nur angesichts der gesamtgesellschaftlich vorhandenen Beschäftigungslücken, sondern auch als Weg für die Stärkung und Erweiterung der sozialen Kompetenz der/des Einzelnen, die auch den Nachbarschaften zugute kommt, wird vom Bezirksamt darüber hinaus die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement aktiv gefördert. Das mündet zwar nicht zwangsläufig in eine Erwerbstätigkeit, es weist aber deutliche Integrationspotenziale durch die Möglichkeiten zur Partizipation, Kommunikation und Horizonterweiterung auf. Bezirkliche Stärken: Es werden im Bezirk große Anstrengungen unternommen, um die Eingliederung von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Ihre Einbeziehung in Fördermaßnahmen der ARGE ist überproportional hoch. Es gibt erhebliche Fördermaßnahmen auch für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in den verschiedenen Fachbereichen und Ämtern (z.B. Agentur für Arbeit, vertiefte Berufsorientierung an Oberschulen mit hohem Migrant/innenanteil, XENOS-Projekt). Zur besseren Koordination wurde eine AG „Übergang 15 Schule-Beruf“ gebildet. Die Volkshochschule bietet mit ihrem Programmbereich „Berufliche Bildung“ Kurse an, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern können. Unter Nutzung der bestehenden Möglichkeiten werden vom Bezirksamt in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren EU-geförderte Projekte, z.B. aus den Programmen des Europäischen Sozialfonds wie LSK (Lokales Soziales Kapital) oder PEB (Partnerschaft, Entwicklung, Beschäftigung) realisiert. Eine Reihe von Förderinstrumenten der Berufsorientierung und -beratung werden im Bezirk zwar genutzt, der Anteil an jugendlichen Migrant/innen ist jedoch relativ gering. Hier gilt es zu überprüfen, ob dies ggf. einfach einem vergleichsweise geringeren Bedarf bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund entspricht und der stärkere Förderbedarf tatsächlich eher im Erwachsenenbereich liegt. Auch die Beteiligung von jungen Migrant/Innen am Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) wäre noch genauer zu untersuchen und einzuschätzen. Ausgebaut werden könnten zudem die Möglichkeiten, Schulabschlüsse (Hauptschulabschluss, Mittlerer Schulabschluss) nachzuholen. Darüber hinaus ist anzustreben, den Anteil an Auszubildenden mit Migrationshintergrund im Bezirksamt zu erhöhen. Es ist weiterhin anzustreben, die Nutzung der Angebote des Girls Day von Mädchen mit Migrationshintergrund zu erhöhen. Die Nutzung von Angeboten der Wirtschaftsförderung durch Migrantinnen und Migranten soll durch Einrichtung einer speziellen Erstberatung für die Existenzgründung unter Einbeziehung der Migrant/innenselbstorganisationen ebenso verbessert werden Die Aufgabenstellung des bezirklichen Migrationssozialdienstes wird dahingehend erweitert, dass er als zentrale Beratungsstelle zu Fragen der beruflichen Eingliederung und Anerkennung von in Ausland erworbenen Qualifikationsabschlüssen benannt wird und als Multiplikator für diese Fragestellungen agiert. Das JobCenter Marzahn-Hellersdorf arbeitet seit einigen Jahren an seiner interkulturellen Öffnung. Im Fokus stehen zunächst die Verbesserung der Kommunikation mit Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund (z.B. Mehrsprachigkeit der Mitarbeiter/innen, mehrsprachige Informationsmaterialien) sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Migrationsfachdiensten über Kooperationsverträge und die Entwicklung eines spezifischen Maßnahmeangebots für Zielgruppen mit Migrationshintergrund. Es erfolgte eine Erfassung der Sprachkompetenzen der Mitarbeiter/innen (interne Potentialerfassung), um Kundinnen und Kunden mit Sprachschwierigkeiten zu diesen Mitarbeiter/innen zu leiten. Das JobCenter nutzt die jeweils aktuelle Fassung der Liste „Träger und Projekte der Migrationsarbeit“ des Bezirksamtes, um einen systematischen Überblick über Trägerlandschaft und Beratungsangebote für diese Zielgruppen zu erhalten. Es ist demnächst die Entwicklung von Zusammenarbeit mit dem Modellprojekt „Qualifizierung-Sprache-Integration (QSI Nova)“ für Migrant/innen mit nicht anerkannten Berufsabschlüssen in den Bereichen Pflege, Gesundheit, Handel, Gastronomie und im gewerblich-technischen Bereich geplant. Optimierungsbedarf gibt es dort hinsichtlich der Überprüfung von Angeboten und Förderinstrumenten in Bezug auf etwaige spezifische Nutzungsbarrieren für bestimmte Kund/innengruppen, der Einbeziehung von Migrant/innenselbstorganisationen, der systematischen Einholung (Erfassung) und Dokumentation von Kundenfeedbacks im Rahmen der Maßnahmen zur fortlaufenden Qualitätsverbesserung von Dienstleistungen und der konsequenten Implementierung einer kultursensiblen und vorurteilsbewussten Kundenorientierung. 16 Leitziel: Gleiche Chancen beim Zugang zu Ausbildung, Erwerbstätigkeit und Existenzgründung / Interkulturelle Öffnung der Arbeitsförderung / des JobCenters; Interkulturelle Öffnung der Wirtschaftsförderung Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Realisierung von Maßnahmen zur Orientierung von Jugend- mittelfristig lichen mit Migrationshintergrund zu humanitären und Vertrauensberufen durch gezielte Elternarbeit. Zuständigkeit: Ämter, Berufsberatung AA, Schulaufsicht, Bildungsträger, freie Träger, Einrichtungen, KJHZ Federführung: Abteilung Jugend und Familie in Zusammenarbeit mit Schule Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Feedback, Bewertung 2 Realisierung einer Maßnahme nach § 16 Abs.1 SGB II i.V.m. kurzfristig § 46 Abs.1 S. 1. SGB II mit partieller Beteiligung von 130 ab Oktober Migrant/innen zur Heranführung an den Ausbildungs- und 2010 Arbeitsmarkt; Feststellung, Verringerung und Beseitigung von Vermittlungshemmnissen; Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung und Stabilisierung der Beschäftigungsaufnahme Zuständigkeit: ARGE Federführung: JobCenter Marzahn-Hellersdorf Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Anzahl der Vermittelten, Kundenfeedback, Bewertung 3 Evaluierung der Qualität und des Bedarfs der im Bezirk an- ab 2011 gebotenen wirtschaftsorientierten Beratungsdienstleistungen im Hinblick auf die Zielgruppe der Migrant/innen – Entwicklung eines Modellprojektes mit Migrant/innenselbstorganisationen, der Hochschule für Recht und Wirtschaft Berlin sowie der IHK in Projektbegleitung durch die Wirtschafstförderung mit dem Ziel einer Qualitätszertifizierung für Existenzberatungsunternehmen für Migrant/innen Zuständigkeit: BzStR WTBO, WirtRef, IntB, Migrant/innenorganisationen, HWR Berlin, IHK Federführung: Abteilung Wirtschaft, Tiefbau, Bürgerdienste und öffentliche Ordnung / WirtRef Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Bewertung 17 Handlungsfeld 4: Integration durch Bildung Bildung als ein zentraler Schlüssel zur Integration ist ein sehr komplexes und umfangreiches Thema. Es reicht von der frühkindlichen Förderung und dem Übergang von der Kita zur Schule über Zweisprachigkeit und Förderung in der Familie und in den Bildungsinstitutionen, Hausaugabenbetreuung und schulbegleitende Betreuungsangebote, Übergang von der Schule zum Beruf bis hin zu interkultureller Elternarbeit, interkulturellen und zweisprachigen Unterrichts- und Betreuungskonzepten und ebenso antirassistische Trainingangebote für Kinder und Jugendliche. Es geht auch weiter im Erwachsenenbereich mit den Strategien zum Lebenslangen Lernen und Realisierung entsprechender Angebote für alle Altersgruppen. Die Schulen als zentrale Integrationsorte stellen sich schrittweise auf die Arbeit in einer pluralen und multikulturellen Gesellschaft ein. Ihre Schulprogramme und Fortbildungskonzepte gehen zunehmend bewusst mit der realen Vielfalt von Milieus, Lebensstilen, Herkünften, Gruppenzugehörigkeiten und einzelnen Familienkulturen – auch am „Ort der Vielfalt Marzahn-Hellersdorf“ – um. Das Bezirksamt hat zwar keine Möglichkeiten zu einer direkten Einflussnahme auf die Gestaltung des Unterrichts und die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher. Es hat aber Kenntnis davon, dass Fragen der vorurteilsbewussten Erziehung, interkulturellen Bildung sowie eines aktiven, Partizipation fördernden und gerechtigkeitsorientierten Umgangs mit Vielfalt und Verschiedenheit an den Schulen offensiv angegangen werden (vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, 2006: „Integration durch Bildung: Konzept zur Förderung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Migrationshintergrund in Berlin“). Spätestens seit der PISA-Studie hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Bildungserfolge von Kindern und Jugendlichen im erheblichen Maße vom sozialen und soziokulturellen Status ihrer Eltern abhängen und dass die frühkindliche Phase (0-6 Jahre) eine entscheidende Bedeutung für die Bildungsentwicklung eines Kindes hat. In dieser Phase werden im Übrigen ebenso die Vorurteilsstruktur und der soziale Charakter eines Kindes vorgeprägt. In vorschulischen Einrichtungen bieten sich frühe Möglichkeiten, durch gezielte Förderung bestehende Bildungsungleichheiten abzubauen und Bildungschancen zu erhöhen. Das ist neben den – im Gegensatz zur Gestaltung von Unterrichtsinhalten in den Schulen – auf lokaler Ebene gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten der Grund für die Fokussierung des Handlungsfeldes in erster Linie auf die Elternarbeit im interkulturellen Kontext. Auch wenn die Themen „Interkulturalität“, „interkulturelle Verständigung“ und „interkulturelle und kultursensible Erziehung“ seit ca. 30 Jahren in Wissenschaft und Praxis gegenwärtig sind, werden sie in der Elementarpädagogik erst in jüngster Zeit systematisch diskutiert. Bezirkliche Stärken: Diverse Fachbereiche des Bezirksamtes bieten bzw. koordinieren Angebote der Elternbildung oder haben davon Kenntnis. Es ist von einer grundsätzlichen Sensibilisierung gegenüber dem Bedarf an Auseinandersetzung mit den Herausforderungen aus der wachsenden Vielfalt der Bevölkerung auszugehen. Es gibt mehrsprachige Flyer und weitere Informationsmaterialien, die sich an die Eltern richten (z.B. PLS GesSoz / „IPSE-Projekt“). Außerdem gibt es Anstrengungen, Schriftstücke auch für Menschen mit unzureichenden Deutschkenntnissen verständlich zu formulieren. Es gibt Kitas mit handlungsorientierten Sprach- und interkulturellen Konzepten, die einen höheren Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund betreuen sowie Aktivitäten mit Beteiligung auch der Eltern mit Migrationshintergrund gestalten (und zwar im Vergleich mit Eltern ohne Migrationshintergrund sowohl quantitativ als auch qualitativ gleichwertig). Es entwickeln 18 sich schrittweise auch Kooperationen mit Projekten der Migrationarbeit und (noch) vereinzelt mit Migrant/innenselbstorganisationen. Bildungsprojekte für Eltern mit Migrationshintergrund werden von den Quartiersagenturen (QM Marzahn-NordWest/ „Elternschule“, Elternkurse an Kitas, „Kulturdolmetscher-Projekt“) gefördert. Der Übergang Kita/Schule wird mit Kooperationsverträgen, -programmen und -vereinbarungen gestaltet. Grundlage ist die bezirkliche „Handreichung zur Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Kita- und Schule“. In Schulen gibt es gesonderte Elternabende für Eltern mit Sprachschwierigkeiten sowie Förderangebote und besondere außerschulische Bildungsangebote mit Beteiligung von Eltern mit Migrationshintergrund und Freien Trägern. Es werden ebenso individuelle Beratungsgespräche – teilweise auch in der jeweiligen Muttersprache – bei Fragen der Schulorganisation (z.B. Schulwahl, Sprachförderung) bzw. über spezifische Probleme der Kinder angeboten. Es gibt diverse Interventions- und Fördermaßnahmen, die auf eine Verbesserung im Deutschen, d.h. auf die schulsprachlichen Kompetenzen abzielen. Der Fachbereich Bibliotheken fördert die Lesefähigkeit und den Umgang mit der deutschen Sprache durch Vorlesewettbewerbe, Einführungen in die Bibliotheksnutzung, Lesungen und weitere Projektarbeit mit Schulen. Es ist ein großes Interesse vorhanden, die Beteiligung der Eltern mit Migrationshintergrund an der alltäglichen Arbeit diverser Einrichtungen zu steigern bzw. ihren Wissenstand über die Erfordernisse der gesetzlichen Grundlagen zu verbessern, die als noch unzureichend empfunden werden. Als Ursache dafür werden aber in erster Linie wieder die vorhandenen Sprachbarrieren gesehen. Es ist dagegen nicht erkennbar, inwieweit die erforderlichen organisatorischen Vorbereitungen als wesentliche Voraussetzung für interkulturelle Öffnungsprozesse gestaltet wurden. Optimierungsbedarf besteht in der Erfassung, welche Eltern erreicht werden, wie hoch ihr proportionaler Anteil ist und welche Maßnahmen ergriffen werden, um schwer erreichbare Eltern anzusprechen. Darüber hinaus ist es notwendig, die vorhandenen Ansätze und Fortbildungsmaßnahmen zu interkultureller Elternarbeit, zu vorurteilsbewusster Pädagogik sowie zum Umgang mit Zweisprachigkeit als Ressource für die Integration in den Einrichtungen durch die dafür verantwortlichen Träger zu erfassen, zu dokumentieren und möglichst auch fachlich zu evaluieren. So wäre z. B. ein Bericht zur Umsetzung des bilingualen Konzeptes der Kita „Teremok“ von Mitra e.V. zur Multiplikation der Erfahrungen einzufordern. Kulturelle Vielfalt und Interkulturalität sind Leitlinien des Handelns der Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf, die auch Integrationskursträger ist und zusätzliche Angebote zur Erleichterung des Einlebens im Bezirk und in Berlin realisiert. Darüber hinaus ist auch der Bereich der politischen Bildung des Jugendamtes – in dem aktuell an der Weiterentwicklung von Konzepten zu einer verbesserten Thematisierung von Rassismus, Antisemitismus, ethnozentriertem und religionsbezogenem Chauvinismus sowie anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und antidemokratischer Orientierungen gearbeitet wird – als Ressource für eine integrationsfördernde Bildungsarbeit anzusprechen. In Stadtteilzentren und Projekten werden darüber hinaus diverse Sprach- und Kommunikationskurse zur Festigung des Umgangs mir der deutschen Sprache angeboten, die durch gemeinsame Unternehmungen mit Einheimischen ergänzt werden. Ausstellungen zur Geschichte der Russlanddeutschen, die demnächst als ständige Ausstellung im Bezirk in Räumen des Bezirksamtes präsentiert wird, oder der ehemaligen Vertragsarbeiter/innen der DDR aus Vietnam und anderen Anwerbeländern sowie kulturelle Einrichtungen wie z.B. das Deutsch-Russische Tschechow-Theater trägen zur Erweiterung der Bildungsangebote im Bezirk bei. 19 Leitziel 1.: Forderung des Lernens in allen Lebensphasen Leitprojekt und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Installation eines Abendlehrganges für Migrant/innen zum mittelfristig Nachholen des Hauptschulabschlusses an der Kerschensteiner-Schule, Golliner Strasse Zuständigkeit: SchulSport Federführung: Abteilung Schule, Sport und Finanzen /SchulSport Messkriterien: Fristen, Anzahl TN, Bewertung Leitziel 2.: Schulen und Kitas als zentrale Integrationsorte stärken Leitprojekt und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Einrichtung und Evaluation eines Kooperationsprojektes kurzfristig „Kulturdolmetscher/innen“ für Kitas und Schulen in Zusammenarbeit mit Migrant/innenselbstorganisationen im Stadtteil und ggf. mittelfristig als ein ständiges Angebot etablieren Zuständigkeit: QM Ma NW, Schulen, Kitas Federführung: Quartiersbüro Marzahn NordWest Messkriterien: Kundenfeedback, Bewertung Leitziel 3.: Aktivierung und Beteiligung der Eltern von Kita- und Schulkindern Leitprojekt und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Gender Mainstreaming: Neben der Förderung der Integration kurzfristig von Mädchen und Frauen geschlechtsspezifische Probleme, die Männer betreffen, bei der Aktivierung von Eltern berücksichtigen: (Ehe-)Männer bzw. Väter besser erreichen (Frauen bzw. Mütter sind i.d.R. durch ihren Kontakte im täglichen Leben weit besser anzusprechen und zu integrieren) Zuständigkeit: alle Bereiche, IntB, GleichB Federführung: Bezirksbürgermeisterin / GleichB Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Feedback, Bewertung 20 Leitziel 4.: Stärkere Ausrichtung der bezirklichen Weiterbildungsangebote an den Bedürfnissen der Migrant/innen Leitprojekt und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Einrichtung von Sprachkursen für Eltern in Zusammenarbeit kurzfristig mit den Trägern der Migrationsarbeit und Migrant/innenselbstorganisationen, Stadtteilzentren Zuständigkeit: BildKult, Träger der Migrationsarbeit, STZen, IntB Federführung: Abteilung Bildung, Kultur und Immobilien / Volkshochschule Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Anzahl, Bewertung Handlungsfeld 5: Integration durch Stärkung des sozialräumlichen Zusammenhalts Integrationsprozesse haben ihren Ort vor allem im Wohnumfeld. In den Nachbarschaften, Wohnquartieren und Stadtteilen wird das Zusammenleben als Miteinander, Nebeneinander oder Gegeneinander unmittelbar erlebt. Sie sind ein Raum der sozialen Beziehungen, in dem soziale Prozesse ablaufen. Die Aktivierung und Stärkung der Nachbarschaften, die Aktivierung von bürgerschaftlichem Engagement und somit die Verbesserung der Integrationsbedingungen für alle Bevölkerungsgruppen sowie Entwicklung eines demokratischen Miteinanders in den Stadtteilen sind zentrale Handlungsfelder der Bezirkspolitik. Sie sind auch Grundanliegen der Rahmenstrategie „Soziale Stadtentwicklung“. Die Integrationspolitik in Bezug auf Migrant/innen steht also in engem Zusammenhang mit den Sozialpolitiken für alle Bewohnerinnen und Bewohner der Stadtteile und ist daher weder getrennt von ihnen zu betrachten noch umzusetzen, was durchaus auch für die Realisierung von spezifischen, ausschließlich auf die Bedarfe der Migrant/innen ausgerichteten Maßnahmen gilt. Das spiegelt sich in der bezirklichen Struktur der Stadtteil- und Jugendhilfezentren wider, deren Arbeit an die unterschiedlichsten Milieus in den Stadtteilen orientiert ist. Die Sozialraumorientierung der Regeldienste trägt ebenso zu mehr Bürger/innennähe sowie dazu bei, die Einzelfallfixierung sozialer Arbeit zu beheben und einen ganzheitlichen Ansatz zu etablieren. In Marzahn-Hellersdorf sind drei Quartiersgebiete des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ eingerichtet, deren integrierte Handlungskonzepte als Aufwertungsstrategien auf die Verbesserung der Lebensbedingungen im jeweiligen Quartiersraum abzielen: auf Quartierserneuerung und Verbesserung der öffentlichen Räume sowie auf Aktivierung aller Einwohnerinnen und Einwohner mit ihren jeweiligen Kräften und Potenzialen – und zwar unabhängig von ihrer Herkunft, Familiensprache und Milieuzugehörigkeit. Ein Grundanliegen ist es, die Motivation möglichst vieler zu stärken, sich aktiv an der Gestaltung des Lebens in ihrem Stadtteil zu beteiligen (über Quartiersräte, mit dem Bürgerhaushalt) und durch die Entwicklung einer gruppenübergreifenden, gemeinsamen Identität die Identifikation mit ihrem Stadtteil und Bezirk zu stärken. Die gezielte interkulturelle Orientierung und Öffnung von Entscheidungsstrukturen wie Quartiersräte, die Stärkung der Migrant/innenninitiativen und Zusammenarbeit mit ihren Selbstorganisationen sowie das Schaffen von positiven Erlebnissen und Vorbildern als Voraussetzung dafür sind weiter zu entwickeln. Hierbei kommt den freien Trägern und den zahlreichen 21 und unterschiedlichen Projekten der gemeinwesenorientierten Arbeit eine zentrale Rolle zu, da sie neben wohnortnahen Hilfen bei Problemen vielfältige Möglichkeiten zur freiwilligen Betätigung, Aufnahme gesellschaftlicher Aktivitäten, Einbeziehung in informelle Netze und Selbstorganisation anbieten. Bezirkliche Stärken: Die Umsetzung der sozialraumorientierten Konzepte des Bezirksamtes und deren Verknüpfung sowie das enge Zusammenwirken des Bezirksamtes mit den Quartiersmanagements unter Beteiligung an deren Steuerung ermöglichen viele Ansätze und Projekte, die auf die Verbesserung der Integrationsbedingungen in den Stadtteilen abzielen. In allen drei Quartiersgebieten, die auch die Gebiete mit dem höchsten statistischen Migrant/innenanteil im Bezirk sind, werden zahlreiche Maßnahmen in der Arbeit mit Migrantinnen und Migranten realisiert und über Vernetzungen aufeinander bezogen. Integration ist ein bedeutsames Thema für alle QM-Gebiete und in Anhängigkeit von ihrem Standort für die Stadtteilzentren. 2008 wurde in Zusammenarbeit von Quartiersagentur, freien Trägern und Bezirksamt erstmalig in Berlin ein quartiersbezogener Integrationsplan erarbeitet, der „Integrationsplan Marzahn NordWest 2011“. Dieser gibt einen Orientierungsrahmen für die Integrationsarbeit in diesem Stadtteil gibt und wird als Steuerungsinstrument sukzessive fortgeschrieben. Die Verbesserung der Integrationsbedingungen für Bürgerinnen und Bürger aus benachteiligten Bevölkerungsmilieus sowie die Stärkung des Zusammenhaltes aller Bevölkerungsgruppen und damit die Verhinderung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus sind wesentliche Ziele der Stadtteilzentren (STZen). Sie gewährleisten vielfältige, vorwiegend niedrigschwellige Beratungsangebote sowie Angebote zur Begleitung, Information und Selbsthilfe. Sie fördern nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten bürgerschaftliches Engagement. Der bezirkliche Migrationssozialdienst wird in diese Aufgabe eingebunden und wird die Mitarbeiter/innen der STZen künftig verstärkt fachlich schulen. Die Träger der Migrationsarbeit im Bezirk sind gut mit der übrigen sozialen Infrastruktur vernetzt und motivieren Migrant/innen, sich an Quartiersgremien und Vernetzungsrunden in den Stadtteilen zu beteiligen. Dabei übernehmen sie eine wichtige Türöffner-Funktion. In allen Bereichen von JugFam, bei den Freien Trägern der Jugendhilfe sowie den Freizeiteinrichtungen bestehen intensive und konsequente Bemühungen, Migrant/innen (jung und alt) in die Arbeit von Projekten und Institutionen einzubeziehen. Ihre Rolle als Akteure und Entscheidungsträger wird anerkannt. Migrant/innen übernehmen Verantwortung für selbst entwickelte Projekte und in gemeinsamen Aktivitäten mit Bereichen des Jugendamtes. In allen Aktivitäten der Jugendarbeit sind junge Migrant/innen partizipativ und aktiv beteiligt. Um das zu erreichen, führt bzw. fördert JugFam regelmäßig Workshops und Lehrgänge zur Verbesserung der interkulturellen Kompetenzen bei Mitarbeiter/innen und Projekte der Jugendhilfe. Die Auswertung von Zielvereinbarungen und Sachberichten im JugFam werden dabei unter Einbeziehung interkultureller Aspekte durchgeführt. Sport als wichtiges Integrationsinstrument wird thematisiert, genutzt und gefördert. Ebenso Musik, Tanz und Medien. In der Musikschule profitieren die Schüler/innen mit Migrationshintergrund sprachlich, kulturell, kommunikativ und sozial im Rahmen der Orchesterarbeit und unterstützenden Maßnahmen (z.B. Konzerte, Projekte, Probenlager). Die Arbeit mit und für Frauen mit Migrationshintergrund hat einen besonders hohen Stellenwert, da sie eine Schlüsselrolle im Integrationsprozess haben: Sie prägen maßgeblich auch die Integration der nächsten Generation. Es wurden und werden im Bezirk unter Berücksichtigung ihrer speziellen Bedürfnisse vielfältige Anstrengungen zur Stärkung ihrer Potenziale sowie ihrer Rechte und Chancen unternommen. Dazu gehört die Prävention und Schutz vor häuslicher Gewalt. Es sollen aber noch stärker als bisher auch geschlechtsspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden, die Männer und ihre Stellung in der Familie betreffen (siehe auch Handlungsfeld 4.). 22 Optimierungsbedarf gibt es allgemein bezüglich der Begriffsklärung, z.B. wann und nach welchen Kriterien kann eine Maßnahme bzw. ein Projekt als „interkulturell“ oder „interkulturell geöffnet“ bezeichnet werden kann. Eine weitere Aufgabenstellung ist das Formulieren und Vereinbaren spezifischer und verbindlicher (Qualitäts-) Kriterien und Standards für die Förderung von interkulturellen Projekten freier Träger. Die Prüfung von Konzepten und Methoden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei der Zielgruppenerreichung, bei der Förderung von Integration und eigenverantwortlicher Partizipation, beim Abbau von stereotypen Vorurteils- und Diskriminierungsmustern, bei der Prävention von interethnischen Konflikten und der Ethnisierung (Kulturalisierung) sozialer Problemlagen und Ungleichheit muss entsprechend optimiert werden. Auch die Prüfung und Bewertung von Zielvereinbarungen und Sachberichten geförderter Projekte unter interkulturellen Aspekten muss künftig in allen Bereichen erfolgen. Nur JugFam fördert gegenwärtig gezielt Projekte und Maßnahmen zur Sensibilisierung der Wahrnehmung gegenüber Diskriminierung. Es muss also eine konsequentere Auseinandersetzung mit strukturellen Benachteiligungen und Zugangsbarrieren erreicht werden: bei Maßnahmen und Projekten muss eruiert werden, inwieweit eine Auseinandersetzung mit solchen Fragestellungen stattfindet und darüber, welche Bedingungen für eine wirklich gleichberechtigte Teilhabe der Migrant/innen notwendig sind. Es ist dem entgegenzuwirken, dass Migrant/innen noch häufig vorwiegend als Objekte/Zielgruppen der sozialen Arbeit aus defizitorientierter Perspektive wahrgenommen werden, dagegen zu wenig als Individuen, die für sich selbst sorgen und sprechen und sich eigenständig nach Maßgabe ihrer Interessen in Organisationen zusammenschließen können. Mit denen auch die Partizipationsstrukturen und die gemeinsam zu schaffenden Bedingungen für Beteiligung auf gleicher Augenhöhe ausgehandelt werden müssen. Die Migrant/innenselbstorganisationen müssen als gleichberechtigte Akteure im Sozialraum anerkannt, die Schlüsselpersonen aus den informellen Netzen von Migrant/innen identifiziert und Tandemkonstruktionen gemeinsames Agierens zum Wohle der Allgemeinheit entwickelt werden. Leitziel 1.: Aktivierung und Stärkung der Nachbarschaften und aktive Einbindung der Migrant/innen, die sich gleichberechtigt in zivilgesellschaftliche Aktivitäten einbringen und Verantwortung für ihren Stadtteil übernehmen Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Aktualisierung der Handreichung „Arbeitshilfe für die inter- kurzfristig kulturelle Öffnung“ für Sozialraumakteure und Erstellung eines Stichwortregisters Erarbeitung eines Bewertungskatalogs für sozialraumorientierte Projekte unter Berücksichtigung interkultureller Aspekte, der für die Planung künftiger Projekte dienen soll Zuständigkeit: AG Interkulturelle Öffnung, MBT Ostkreuz Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Integrationsbeauftragte Messkriterien: Fristen, ja/nein, Bewertung 2 Zeitschiene Realisierung von Projekten „Adoptivgroßeltern“ für vietnamesische Kinder in den Stadtteilen: allein stehende Ältere 23 können bei der Kinderbetreuung und den Schulaufgaben helfen Zuständigkeit: Stadtteilzentren, Quartiersmanagements Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / Soz in Zusammenarbeit mit JugFam Messkriterien: Maßnahmen, Bewertung 3 Organisation und Durchführung eines Kurses für werdende vietnamesische Mütter Zuständigkeit: Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / Ges Messkriterien: Teilnehmer/innen, Kundenfeedback, Bewertung Leitziel 2.: Entwicklung eines modernen Bürger/innenverständnisses, bei dem Abstammung, Herkunft, Muttersprache und Ethnizität in den Hintergrund treten Laufende Nr. AG LG Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Organisation eines Workshops zum Erfahrungsaustausch mit erfolgreichen Tandem-Projekten und ggf. Erarbeitung einer Arbeitshilfe Zuständigkeit: bereichsübergreifend, Freie Träger Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Integrationsbeauftragte Messkriterien: Fristen, TN, Kundenfeedback, Bewertung Handlungsfeld 6: Integration durch interkulturelle Öffnung des Verwaltungshandelns Die Interkulturelle Öffnung (IKÖ) des Verwaltungshandelns ist ein aktuelles Thema auf allen Verwaltungsebenen europaweit und eines der zentralen Handlungsfelder des Integrationsplanes der Bundesregierung, der genauso wie das Integrationskonzept des Landes Berlin die Trias von interkultureller Öffnung der Gesellschaft mit ihren Institutionen und Organisationen, des Erwerbs und der Entwicklung interkultureller Kompetenzen sowie des interkulturellen Dialogs verwendet. Die IKÖ setzt einen dauerhaften Prozess der Selbstbefähigung und Organisationsentwicklung in allen Fachbereichen auch der Bezirksverwaltung voraus, d.h. eine kritische Überprüfung vermeintlicher Selbstverständlichkeiten und ggf. Veränderung von Arbeitskonzepten; Weiterentwicklung von Handlungsansätzen; Überprüfung von Spielräumen und Rahmenbedingungen; Neujustierung von Angeboten, die im Ergebnis Veränderung von Entscheidungs- 24 prozessen und Ergebnissen sozialen Handelns herbeiführt. Das Ziel ist, tatsächlich gleiche Zugangschancen für Menschen mit Migrationshintergrund bzw. für alle Kundinnen Kunden gleich welcher ethnisch- oder sozial-kulturellen Herkunft zur gesellschaftlichen Teilhabe im Allgemeinen sowie zu den Angeboten und Leistungen der Verwaltung und der öffentlichen Einrichtungen im Bezirk im Besonderen zu gewährleisten. Sie vollzieht sich auf drei Ebenen: - konzeptionelle Ebene (Bestimmung von Zielen und Teilzielen für die IKÖ mit Kunden/innenorientierung als Schlüsselbegriff und Überprüfung der Ergebnisse entsprechend den Zielvereinbarungen), - individuelle Ebene (Personalentwicklung der Führungs- und Mitarbeiterebenen, Qualitätsmanagement), - strukturelle bzw. sozialräumliche Ebene (Formulierung entsprechender Anforderungen für Dienste, Einrichtungen und geförderte Akteure in den Stadtteilen; siehe auch Handlungsfeld 1, Leitziel 2). Interkulturalität bedeutet Diskurs sowie Aushandlung von Gruppeninteressen und Beteiligungsmöglichkeiten zwischen Unterschiedlichen. Interkulturelle Orientierung als erster Schritt zur IKÖ bedeutet also auch, das Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheiten und die damit verbundene Definitionsmacht, die strukturellen Machtasymmetrien, Hierarchien und die Ungleichverteilung von Ressourcen zu thematisieren. Interkulturelle Öffnung macht Arbeit, braucht zusätzliches Wissen und stellt gewohnte Sichtweisen in Frage. „Das Interkulturelle“ einfach nur mitdenken, funktioniert kaum, weil die Thematik sperrig ist und sich nicht bruchlos in den Alltag einfügt. Sie verlangt ein deutliches Mehr an Reflexion und Auseinandersetzung mit der eigenen Praxis (z.B. mit der häufig vorgetragenen Aussage „Wir behandeln alle gleich“). Die sprachliche Verständigung ist lediglich ein Aspekt, sie reicht aber bei Weitem nicht aus. Das Besondere der interkulturellen Kompetenz als Bestandteil professionellen Könnens und Führens muss also genauer herausgearbeitet werden. Wesentlich ist dabei eine gründliche Auseinandersetzung mit dem breiten Kulturbegriff, der das Ausblenden weiterer Identitätsfaktoren über die nationale und ethnische Zugehörigkeit hinaus und auch Fremdzuordnungen verhindert, das Nebeneinander und die Gleichzeitigkeit von Gruppenzugehörigkeiten als Integrationschancen deutlich und eine reflexive Interkulturalität möglich macht. Die Auseinandersetzung mit dem Diversity-Ansatz ist dabei sehr hilfsreich. Denn die Kultur aller Menschen ist eine situations- und kontextbezogene Größe und die ethnische Herkunft nur ein Faktor unter vielen anderen, die die kulturelle Verfasstheit eines Individuums bestimmen. Auch die Identität eines jeden Menschen ist ein Komplex aus vielen Zugehörigkeiten, die je nach Situation in den Vordergrund treten können (Generation; Geschlecht; sozialer, ökonomischer und rechtlicher Status; Bildung; Ethnie; politische und religiöse Orientierung; Beruf; sexuelle Orientierung usw.). Beim Stichwort „Kultur“ geht es nämlich nicht nur um ethnische bzw. national-ethnische Prägungen und Identitäten, sondern auch um Prägungen durch soziale, soziokulturelle und weltanschauliche Milieus, Ausbildung und Beruf, regionale (städtische und ländliche) Herkünfte, Generationsunterschiede, Sprachgruppen, Kommunikationsnetzwerke unterschiedlichster Art, religiöse oder weltanschauliche Gemeinschaften und Strömungen etc. Deshalb sollten Konstruktionen wie vermeintlich homogene „Herkunftskulturen“ vermieden werden, die „Kultur“ als etwas eindeutig Beschreibbares, Unveränderliches und Einheitliches verstehen, das dominant sowohl das Alltagsleben als auch Identitäten und Zugehörigkeiten von Menschen strukturiert (eine Vermittlung von „kulturellen Eigenarten anhand der Herkunft“ wird in etwa wie Beipackzettel für Migrant/innen oder Migrant/innengruppen wird immer noch zu häufig gewünscht). Es ist zu beachten, dass die Gefahr, der Kategorie „Kultur“ (= Herkunft) eine zu große Bedeutung beizumessen und somit der Kulturalisierung und Ethnisierung sozialer und sonstiger Probleme bis hin zum Rassismus Vorschub zu leisten, stets bei dem Thema präsent ist. Es ist auch zu beachten, dass die Nicht-Inanspruchnahme von Leistungen und Angeboten, die an die Allgemeinheit oder speziell an Migrantinnen und Migranten gerichtet sind, nicht unbedingt auf einen fehlenden Bedarf hinweist, sie kann aber durchaus auf strukturelle Hindernisse und Hochschwelligkeit verweisen. In der Regel ist eine solche Situation ein Ergeb- 25 nis des mangelnden Kontakts zu Migrant/innen und deren Selbstinitiativen. Letztere müssen als Akteure der Integrationsarbeit anerkannt und als Partner und Mittler gewonnen werden, um Veränderungen herbei zu führen. (siehe auch Handlungsfeld 2). Da wohl von verschiedener Seite befürchtet, ist es wichtig zu wissen, dass die interkulturelle Öffnung die bisherige Praxis keineswegs entwertet und dass die diesbezüglichen Forderungen nicht als Vorwurf zu verstehen sind. Sie erfordert aber den Erwerb zusätzlicher Kompetenzen und kann durchaus auch Positionen von Akteuren stärken und auch schwächen. Daher kann sie Verunsicherungen und Widerstände auslösen. Deshalb muss der Prozess als Leitungsaufgabe behutsam gesteuert werden, wobei die Stärken der bestehenden Praxis herauszuarbeiten und zu würdigen sind. Bezirkliche Stärken: Bereits 2003 beschloss das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf als erster Berliner Bezirk sein „Fachkonzept für die interkulturelle Arbeit“, mit dessen Umsetzung umfangreiche Erfahrungen in der Anpassung von sozialen Institutionen und Dienstleistungen an die veränderte Bevölkerungszusammensetzung gemacht werden konnten. Mit dem bezirklichen Integrationsprogramm sollen sie nun ressortübergreifend multiplizieret und gebündelt werden. Als besonders positiv ist dabei zu werten, dass sich aufgrund der intensiven integrationspolitischen Debatte im Bezirk eine Vielzahl von Trägern und Projekten im Themenfeld Integration und Migration etabliert haben Die vielfältigen Aktivitäten haben auch einen positiven Einfluss auf die Umsetzung zentraler Handlungsfelder des (bezirklichen) Leitbildes, z.B. „Aktiv im demographischen Wandel“ und „Zukunftsfähiger Bildungsstandort“ (Difu-Projektbericht „Zukunftsfähige öffentliche Dienstleistungen im Metropolenraum“, Mai 2010) In mehreren Fachabteilungen ist IKÖ ein Thema, dem zwar hohe Priorität zugemessen wird und Fortbildungen zur Verbesserung der interkulturellen Kompetenzen der Mitarbeiter/innen mit Kund/innenkontakt unterstützt werden. Es wird aber gegenwärtig nur im Bereich JugFam hinsichtlich des Schaffens seiner organisatorischen Voraussetzungen wie Personalentwicklung und Partizipation nachvollziehbar reflektiert (z.B. Anforderungsprofile, Zielvereinbarungen, im Zuwendungsbereich auch Soz/STZ, Qualitätsmanagement). Die Vernetzung mit den Trägern und Einrichtungen der Migrationsarbeit und der Austausch mit Multiplikator/innen sind im Bereich des Sozialdienstes und in der regionalen Senior/innenarbeit mit ihren zahlreichen kleinräumlichen Veranstaltungen ausgesprochen intensiv. Im Tätigkeitsbereich der Betreuungsbehörde werden – angesichts der im Bezirk besonders großen Gruppe der älteren Spätaussiedler/innen – umfassende Bemühungen unternommen, um Russischsprachige als Betreuer/innen zu gewinnen. Es werden von mehreren Fachbereichen und ebenso im JobCenter Marzahn-Hellersdorf – über den Einsatz von Dolmetscher/innen im Bedarfsfall hinaus – interne Ressourcen zur Verbesserung der sprachlichen Verständigung mit Migrant/innen mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen genutzt (z.B. Mitarbeiter/innen mit Migrationshintergrund, Sprachkenntnisse weiterer Mitarbeiter/innen). Außerdem werden auch fremdsprachige Informationsmaterialien Dritter genutzt und der Erwerb von Sprachkompetenzen der Mitarbeiter/innen nach Möglichkeit unterstützt. Insbesondere in den Bereichen mit Kund/innenkontakt wurde eine Reihe von Fortbildungen zu interkulturellen Themen und seit 2006 verstärkt zum Diversity-Ansatz realisiert. Im Rahmen des Masterplanes und des gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms des Landes Berlin wird gegenwärtig von der bezirklichen Gleichstellungsbeauftragten im Rahmen des Masterplanes – Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms 2010 - 2011 externe Genderund Diversity-Kompetenzberatung angeboten und organisiert. 26 Es wird schrittweise an der weiteren interkulturellen Öffnung der Altenhilfe und der Interessensverbünde im „Netzwerk im Alter“, des „Allgemeinpsychiatrischen Verbundes“ und der „Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft“ und ihrer AG „Kinder und Jugendliche MarzahnHellersdorf“ sowie der Suchthilfe und der Gesundheitsdienste gearbeitet. Es gibt erfreuliche Beispiele der IKÖ von Arztpraxen wie auch von Wohnheimen für Seniorinnen und Senioren und Einrichtungen der Altenpflege, in denen Muttersprachler/innen beschäftigt und kultursensible Konzepte entwickelt und umgesetzt werden. Ein bezirklicher Gesundheitswegweiser in mehreren Sprachen wurde zur Erleichterung des Zugangs zum Gesundheitswesen erarbeitet. Beim Einsatz von Honorarkräften, besonders an der Volkshochschule, wird auf Vielfalt gezielt geachtet. Die bestehenden Regelungen im öffentlichen Dienst des Landes Berlin und der praktisch dauerhafte Einstellungsstopp verhindern die Erhöhung der Anzahl von Mitarbeiter/innen mit Migrationshintergrund in der Bezirksverwaltung. Wenn Einstellungen im Bezirksamt möglich sind, werden in Ausschreibungen Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenzen als Anforderungen an die Bewerber/innen benannt. Es wird daher angestrebt, zunächst den Anteil an Auszubildenden mit Migrationshintergrund im Bezirksamt zu erhöhen. Optimierungsbedarf besteht bezüglich der systematischen Auseinandersetzung mit den Prozessen der IKÖ, da – bis auf die Annäherung von JugFam – in erster Linie einzelne Teilaspekte gefördert werden. Es muss noch ein einheitliches Verständnis zur IKÖ und interkulturellen Kompetenzen in den Abteilungen entwickelt werden, um eine gemeinsame Zielrichtung zu verfolgen. Noch wird IKÖ vorwiegend auf die unmittelbare Begegnung, sprachliche Verständigung und Kommunikation mit Migrant/innen und ihre Relevanz auf die Mitarbeiter/innenebene mit unmittelbarem Kund/innenkontakt reduziert. Die Reflexion der Abläufe und Prozesse, Routinen und Strukturen im jeweiligen Fachbereich als Voraussetzung für die IKÖ muss noch erfolgen. Das wird Konsequenzen für Zieldefinitionen, Zielvereinbarungen und Anforderungsprofile haben, die es gilt, schrittweise anzugehen und die Mitarbeiter/innen dafür mitzunehmen. Die gesetzlich vorgeschriebene Auseinandersetzung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss in jedem Fachbereich der Bezirksverwaltung erfolgen. Es sollen die Beteiligungsstrukturen im Bezirk überprüft und Artikulationsmöglichkeiten für Migrant/innen und ihren Selbstorganisationen geschaffen werden. Der Beirat für Migrant/innenangelegenheiten wird in „Integrationsbeirat“ umbenannt und konzeptionell als fachliches Beratungsgremium des Bezirksamtes, d.h. als ständiger „Runder Tisch“, in dem gemeinsam über Fachfragen der Integration beraten wird, weiter entwickelt. Dafür ist es notwendig, seine Kompetenzen zu überprüfen und bereichsübergreifend Anforderungen an seine Arbeit und Zusammensetzung zu benennen. Leitziel 1.: Stärkere Sensibilisierung der Ämter der Bezirksverwaltung für den Umgang mit Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Verstärktes Angebot von Schulungen und Veranstaltungen Beginn für die Verbesserung der interkulturellen und Diversity- kurzfristig Kompetenzen der Mitarbeiter/innen als Pflichtprogramm unter Berücksichtigung der Besonderheiten der einzelnen Fachämter 27 Erarbeitung eines bezirklichen Fortbildungskonzeptes für IKÖ, Diversity und AGG Zuständigkeit: alle Bereiche, IntB Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / Pers in Abstimmung mit den Fachbereichen und IntB Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Anzahl TN + Ebene, Bewertung 2 Breite Diskussion des bezirklichen Integrationsprogramms Beginn mit allen Ämtern und Durchführung eines Workshops zur kurzfristig Mitnahme aller Beschäftigten und Verstärkung des Verständnisses zum Erfordernis einer aktiven Integrationsarbeit Integration des Themas „Interkulturalität, kulturelle Vielfalt mittelfristig und Verschiedenheit“ in die systematische Qualitätsentwicklung (QM) der bezirklichen Gemeinwesenarbeit Erarbeitung eines Eckpunktepapiers zur IKÖ in der AG „Interkulturelle Öffnung“ und mittelfristig seine Implemen- kurzfristig tierung in den Fachbereichen sowie Entwicklung von Kriterien für ihre Überprüfung Zuständigkeit: alle Bereiche Federführung: Arbeitsgruppe Interkulturelle Öffnung / IntB Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, ja/nein, Bewertung 3 Überprüfung von Anforderungsprofilen und Zielvereinba- langfristig rung hinsichtlich Rahmenbedingungen für die IKÖ / Gewinnung von externer Organisationsberatung für die IKÖ Zuständigkeit: alle Bereiche Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / PersL und IntB Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, ja/nein, Bewertung Leitziel 2.: Verbesserung der Vertrauensstellung der öffentlichen Institutionen, Dienste und Einrichtungen durch Verringerung der Zugangsbarrieren Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Unterzeichnung einer zeitlich (auf 2 Jahre) befristeten Ko- kurzfristig operationsvereinbarung zwischen Bezirksamt und einzelnen Migrant/innenorganisationen über Formen der Zusammenarbeit in der Kinder- und Jugendarbeit und der gegenseitigen Unterstützung, in der für einen bestimmten 28 Zeitraum festgelegt wird, wie die Kooperation umgesetzt werden soll: Ziele (kurz- bis mittelfristige), Schwerpunkte, welche Fragen/Probleme werden behandelt, wie werden verschiedene Aufgaben von wem erledigt, Rechte und Pflichten beider Vertragspartner etc. Zuständigkeit: JugFam Federführung: Abteilung Jugend und Familie Messkriterien: ja/nein, Anzahl, Feedback der MSOen, Bewertung 2 Größer angelegte Informations- und Vorstellungsveranstal- kurzfristig tungen zu Ausbildungsmöglichkeiten des Bezirksamtes unter Einbeziehung der laufenden Sprachprojekte Alle Anstrengungen werden darauf gerichtet, dass mind. 10 % der Ausbildungsplätze des Bezirksamtes mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund besetzt werden Zuständigkeit: Pers Federführung: Abteilung Gesundheit, Soziales und Personal / Pers, Ausbildungsleiter Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, ja/nein, Bewertung Handlungsfeld 7: Integration durch Partizipation und Stärkung der Zivilgesellschaft Leitziel 1.: Partizipation/Förderung der Möglichkeiten politischer Teilhabe Das Integrationsprogramm des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf zielt auf die Entwicklung einer Kultur des gegenseitigen Respekts, die gruppenübergreifende Gemeinsamkeiten ebenso wahrnimmt wie Unterschiede, die den Zusammenhalt und die Gemeinschaft in Vielfalt fördert und dabei Verschiedenheit aushält. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Chancengleichheit aller Bürgerinnen und Bürger gleich welcher Herkunft und Identität – nicht zuletzt bei der Beteiligung am politischen Leben und der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebensumfeldes. Die Förderung der Partizipation von Einwanderinnen und Einwanderern ist ein erklärtes integrationspolitisches Ziel des Nationalen Integrationsplans und des Berliner Landeskonzepts. Die politische Integration ist dagegen ein relativ neues Konzept. Es geht darüber hinaus und zielt auf die Beteiligung an den Institutionen der politischen Willensbildung sowohl im engeren Sinne (d.h. Wahlbeteiligung, Mitgliedschaft in politisch relevanten Organisationen wie Parteien und Gewerkschaften sowie Mitgliedschaft in Ausschüssen) als auch im weiteren Sinne in formelle und informelle Interessensvertretungen (wie Bürgerinitiativen, Vertretungen, Elternbeiräten etc.). Der Erfolg lässt sich grundsätzlich daran messen, ob die Einwanderinnen und Einwanderer die gleichen Rechte und Chancen des Zugangs zu politischen Entscheidungsprozessen genießen, aber auch daran, ob die eingeräumten Rechte und Chancen im Vergleich zur übrigen Bevölkerung im gleichen Maße in Anspruch genommen und ausgeübt werden. Daran kann auch abgelesen werden, wie erfolgreich die Menschen zur Identifikation mit den allgemeinen Problemen vor Ort motiviert und die vorhandenen Zugangsbarrieren (wie Ungewohntheit mit Gremienarbeit und fehlende demokratische Erfahrungen sowohl im Aufnahme- als auch im Herkunftsland) berücksichtigt werden. 29 In bezirklichen Gremien sind bislang Migrantinnen und Migranten noch zu wenig vertreten, wenn es auch Ausnahmen gibt (Beirat für Migrant/innenangelegenheiten, Frauenbeirat, Quartiersräte, Fraktionen der BVV). Bezirkliche Stärken: Die Partizipation von Migrantinnen und Migranten wird in Marzahn-Hellersdorf intensiv in erster Linie im Zusammenhang mit dem bürgerschaftlichen Engagement und des Dialogs um die Gestaltung des Zusammenlebens in den Nachbarschaften diskutiert. Es werden vielfältige Möglichkeiten zum Freiwilligenengagement für das Gemeinwohl unterbreitet, bei denen seitens der Fachabteilungen des Bezirksamtes eine stärkere Beteiligung von Migrantinnen und Migranten in verschiedenen Gremien erwünscht ist. Die Nutzung der Möglichkeiten für Freiwilligenengagement wird durch die FreiwilligenAgentur Marzahn-Hellersdorf koordiniert und steht grundsätzlich auch Marzahner/innen und Hellersdorfer/innen mit Migrationshintergrund offen, sie ist aber noch nicht hinreichend und systematisch interkulturell geöffnet. Die Träger der Migrations- und interkulturellen Arbeit im Bezirk sind allerdings auf der Website der FreiwilligenAgentur (www.aller-ehren-wert.de) kaum zu finden, die sich als Brücke zwischen engagementbereiten Bürgerinnen und Bürgern sowie Organisationen, Vereinen, Einrichtungen und Initiativen im Bezirk versteht. Daraus lässt sich ableiten, dass auch sie diese Möglichkeit zur Einladung suboptimal nutzen. Derzeit liegt die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund an den vorhandenen und Strukturen des ehrenamtlichen bzw. freiwilligen Engagements im Bezirk deutlich unter ihrem Bevölkerungsanteil (2007/2008 offiziell rd. 12 Prozent6). Sie sind eher dort zu finden, wo eine unmittelbare Arbeit mit „ihren Landsleuten“ stattfindet. So ergibt sich der Bedarf für eine bessere Informations- und Aufklärungsarbeit für Migrant/innen über die existierenden Gremien, Netzwerke und weiteren Beteiligungsmöglichkeiten sowie für eine verbesserte Kooperation der Verwaltung und großer Träger der Freiwilligenarbeit mit Migrant/innenselbstorganisationen. Es ist auch die Diskussion darüber stärker zu führen, unter welchen Bedingungen von einer Partizipation tatsächlich gesprochen werden kann. Zu prüfen sind außerdem die Anforderungen an die Arbeit und Zusammensetzung des Beirates für Migrant/innenangelegenheiten (siehe auch Handlungsfeld 6). Auch lassen die Rückläufe zur Ist-Stand-Erfassung darauf schließen, dass im Bezirk – wenn es nicht ausdrücklich um Arbeit mit Migrant/innen als Zielgruppen sozialer Arbeit geht – Themen7 mit Blick auf Unterscheidungen nach ethnischer oder religiöser Herkunft, Abstammung und Muttersprache in der ehrenamtlichen und Freiwilligenarbeit sowie bei ihren Trägern noch keinen maßgeblichen Stellenwert haben. Die Förderung der Auseinandersetzung mit diesen Themenstellungen in der Zivilgesellschaft ist also auch außerhalb migrationsbezogener Kontexte zu intensivieren. Vor diesem Hintergrund legt der Wunsch mehrerer Fachbereiche, Menschen mit Migrationshintergrund stärker in die ehrenamtliche und Freiwilligenarbeit einzubeziehen, die Entwicklung von Maßnahmen in drei Handlungsfeldern nahe: 1. Die systematische interkulturelle Öffnung der ehrenamtlichen und Freiwilligenarbeit – beginnend mit einer Informations- und Werbekampagne mit der Zielgruppe „MarzahnHellersdorfer/innen mit Migrationshintergrund“, in deren Kontext auch die Außendarstellung sowie die Angebots- und Mitarbeiter/innenstruktur, die Organisationskultur und „Corporate Identity“ der Träger zu thematisieren ist. 2. Die Förderung der Partizipation von Marzahn-Hellersdorfer/innen mit Migrationshintergrund in politischen Organisationen, Gremien und Institutionen 6 Jede/r Fünfte Marzahn-Hellersdorfer/in unter 18 Jahren hat einen Migrationshintergrund. Aber auch 15 Prozent aller älteren Menschen im Bezirk haben einen Migrationshintergrund. Das ist der vierthöchste Anteil von allen Berliner Bezirken. 55 Prozent aller Menschen mit Migrationshintergrund leben in der Großsiedlung Marzahn. 7 Wie z.B. „soziokulturelle und ethnische Vielfalt als Ressource“, „Integration durch Herstellung von Chancengleichheit bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“, „Diskriminierung“ und „vorurteilsmotivierte Delinquenz“. 30 a. in bezirklichen Beiräten und Vertretungen, b. in Gremien wie z.B. dem Jugendhilfeausschuss (Bürgerdeputierte – etwa als ein Arbeitsvorhaben der freien Träger der Jugendhilfe) c. in den demokratischen Parteien – namentlich bei den Listenvorschlägen für die Bezirksverordnetenversammlung; etwa als ein gemeinsames Vorhaben der BVVFraktionen/des Ältestenrates der BVV, in ihren Parteien die Diskussion über eine Selbstverpflichtung zur schrittweise Erhöhung des Anteils der Bezirksverordneten mit Migrationshintergrund in der BVV. Dies geschieht mit dem Ziel, in den bezirklichen Gremien den Anteil der Mitglieder mit Migrationshintergrund mittelfristig jenem der Bürger/innen mit Migrationshintergrund an der Bevölkerung im Bezirk anzunähern. Erstrebenswert ist ein Anteil von 12 bis 15 Prozent mit einem Migrationshintergrund, darunter (mindestens) 1/4 bis 1/3 Nichtdeutsche8 bzw. Migrant/innen9. 3. Die gezielte Werbung für die Einbürgerung von auf Dauer im Bezirk lebenden Ausländerinnen und Ausländer. Denn erst durch die deutsche Staatsangehörigkeit werden Migrant/innen tatsächlich zu Bürger/innen mit vollen staatsbürgerlichen Rechten und Freiheiten, die zu achten und auch gegenüber Dritten zu gewährleisten der demokratische Rechtsstaat verpflichtet ist. Laufende Nr. 1 Leitprojekte und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Umbenennung des Beirats für Migrant/innenangelegenhei- kurzfristig ten in „Integrationsbeirat“ und Weiterentwicklung zum fachlichen Beratungsgremium des Bezirksamtes. Überprüfung der Kompetenzen und der Anforderungen zur Zusammensetzung und Arbeitsweise des Beirates Zuständigkeit: Bezirksamt Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Integrationsbeauftragte Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Bewertung 2 Erfassung der Beteiligung von Migrant/innen in bezirklichen kurzfristig Gremien, Beiräten, Verbünden und Netzwerken Verbesserung der Repräsentanz von Migrant/innen in bezirklichen Gremien, Netzwerken und Entscheidungsrunden, auch durch Kooperation mit Migrant/innenselbstorganisationen Zuständigkeit: alle Bereiche Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Integrationsbeauftragte Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Anzahl, Bewertung 8 Ausländische Staatsbürger/innen mit und ohne eigene Migrationserfahrung. Zu letzt genannten Gruppe zählen die vor dem Jahr 2000 in Deutschland geborenen sog. „Bestandsausländer/innen“, die als „Ausländer/innen der zweiten Generation“ und deutsche „Bildungsinländer/innen“ eine wichtige Zielgruppe der Werbung für die Einbürgerung sind (vgl. auch Berliner Einbürgerungskampagne „PASSt MIR! – der deutsche Pass hat viele Gesichter“). 9 Eingewanderte Ausländer/innen, Spätaussiedler/innen und Eingebürgerte mit eigener Migrationserfahrung. 31 Leitziel 2.: Förderung einer menschenrechtsorientierten Kultur des Respekts und Schutz der Demokratie Der wirksamste Schutz gegen Angriffe auf die menschenrechtlichen Grundlagen der freiheitlichen Demokratie, auf ihre Integrität und auf die Integrationskraft ihrer offenen und pluralen Bürger/innengesellschaft ist eine lebendige, vom Engagement der Zivilgesellschaft getragene Demokratie. Dafür ist wiederum die gelingende Integration der Gesellschaft, die Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen in die Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben eine wesentliche Bedingung. Umgekehrt bedarf es zur Stärkung des demokratischen Gemeinwesens und der Etablierung einer aktiven Bürgerschaft sowohl der Ausweitung von Möglichkeiten politischer Beteiligung – nicht zuletzt für Bürger/innen mit Migrationshintergrund – als auch der konsequenten Bekämpfung von Diskriminierungen. Bezirkliche Stärken: Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf stellt sich seit mehreren Jahren der Herausforderung, den Gefahren, die für die Demokratie, für die Gewährleistung der Menschenrechte sowie für das friedliche und gedeihliche Zusammenleben in Vielfalt (insbesondere von Erscheinungsformen des völkischen Rechtsextremismus, Rassismus und ethnozentrierten Chauvinismus ausgehen), aktiv entgegen zu wirken. Das geschieht nicht zuletzt mit der Etablierung der bezirklichen Koordinierungsstelle gegen demokratiegefährdende Phänomene und Rechtsextremismus (Polis*) und mit dem Lokalen Aktionsplan (LAP) Marzahn-Mitte im Rahmen des Bundesprogramms „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“. Wenngleich es keinerlei Anlass gibt, in diesem Engagement nachzulassen (gerade MarzahnHellersdorfer/innen mit sichtbarem Migrationshintergrund erleben noch immer Diskriminierungen, rassistisch motivierte Beleidigungen, Bedrohungen und Angriffe), so gibt es inzwischen nicht nur eine deutlich höhere Sensibilität sowie wertvolle Erfahrungen und ebenso beispielhafte Arbeitsansätze in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus. Es gibt darüber hinaus auch sichtbare Veränderungen gegenüber der Situation Ende der 1990er/Anfang der 2000er Jahre. Auch sind im Bezirk mehr herkunftsheterogene Jugendgruppen und pluralere Jugendkulturen sichtbar als vor wenigen Jahren. Bei der U-18-Wahl 2009 sank der Anteil der NPDStimmen unter fünf Prozent. Und bei der Bundestagswahl 2009 ging die Zahl der absoluten Stimmen für die NPD nicht nur im Verhältnis zu den BVV- und Abgeordnetenhauswahlen 2006, sondern auch zur Bundestagswahl 2005 zurück. Insofern kann durchaus von Fortschritten gesprochen werden, auf die die weitere Arbeit gegen Rechtsextremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung und vorurteilsmotivierte Kriminalität aufbauen kann. Zu den dafür nutzbaren Ressourcen zählen neben der bezirklichen Koordinierungsstelle gegen demokratiegefährdende Phänomene und Rechtsextremismus – insbesondere mit ihrem „Verzeichnis rechtsextremer Aktivitäten und Erscheinungen“ sowie ihren Beratungs- und Qualifizierungsangeboten – und dem LAP Marzahn-Mitte nicht zuletzt die Kooperationsstrukturen zwischen Jugendamt, Schulen/Schulaufsicht und Polizei (Präventionsrat für Kinderund Jugenddelinquenz, Regionalrunden etc.); die enge Kooperation des Bezirksamtes mit der Polizeidirektion 6; das Engagement von Trägern und Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Stadtteilzentren im Bezirk; eine Reihe engagierter Schulen (die z. T. auch „Schulen OHNE Rassismus/Schulen MIT Courage“ sind); Anti-Gewalt-Training in Sportvereinen mit Kindern und Jugendlichen und das Eltern-Lehrer-Netzwerk, das Schülernetzwerk „MUT“ und das Antifaschistische Bündnis Marzahn-Hellersdorf. Optimierungsbedarf besteht derweil insbesondere hinsichtlich - des bezirksweiten und ressortübergreifenden Erfahrungs- und Informationstransfers (Nutzung des „Verzeichnisses“, AG „Antirassismus“ des Integrationsbeirates, Vernetzung der verschiedenen bestehenden Netzwerke und Gremien usw.); 32 - der Multiplizierung von „good practice“-Beispielen aus dem LAP Marzahn-Mitte im ganzen Bezirk (Stadtteilzentren, Jugendfreizeiteinrichtungen, Quartiersmanagements usw.); - der Entwicklung und Implementierung allgemeiner Mindeststandards bzw. hinsichtlich der Qualitätsentwicklung im Bereich der interkulturellen Bildungs-, Kinder- und Jugendarbeit zur Prävention von Rechtsextremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (Kriterien für nachhaltige Förderung); - der Qualifizierung und Vernetzung von Beratungsstellen für Eltern und Familien, Jugendgerichts- und Bewährungshilfe, Kinderschutzbeauftragten, Sucht- und Schuldnerberatungen etc. zum Thema „Auseinandersetzung mit integrationsfeindlichen Orientierungen und Bestrebungen, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Hassideologien“ (Koordination: Polis*); - eines Qualifizierungspools: Online-Sammlung von Angeboten für Fortbildungen/Trainings und Coachings zu den Themen „Rechtsextremismus“, „Rassismus“, „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Hasskriminalität“, „Diversity, Integration und Diskriminierung“ etc. und Bedarfsmeldungen (Betreuung/Koordination: Polis*); - der Etablierung eines Meldesystems für rassistische, rechtsextremistisch und vorurteilsmotivierte Vorfälle (z.B. über die Stadtteilzentren und Jugendfreizeiteinrichtungen mit zentraler Dokumentation und Koordination durch Polis*) in Verbindung mit Kontaktstellen, die über eine zentrale Koordination bedarfsgerechte professionelle Beratungsangebote (Rechtsberatung, Opferberatung, psychologische Betreuung etc.) vermitteln10 vor allem aber hinsichtlich - der strategischen Ausrichtung und Konzertierung der verschiedenen Maßnahmen und Ansätze im Rahmen eines bezirklichen Konzepts zur Förderung von Demokratie, Respekt und Vielfalt – gegen Rechtsextremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung und vorurteilsmotivierte Kriminalität. Für die Koordination wird die bezirkliche Koordinierungsstelle Polis* genutzt. Leitprojekt und Verantwortlichkeiten Messkriterien für den Erfolg Zeitschiene Entwicklung einer Bezirkskonzeption gegen Rechtsextre- mittelfristig mismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung und vorurteilsmotivierte Kriminalität: Leitbild-, Konzept- und Programmentwicklung für kommunale Fachdienste, geförderte Träger und Projekte11 . Darin eingeschlossen ist die Erarbeitung eines Konzeptes zur Einrichtung einer lösungsorientierten Antidiskriminierungsstelle in Marzahn-Hellersdorf Zuständigkeit: Bezirksamt, Polis*, MBT „Ostkreuz“ Federführung: Bezirksbürgermeisterin / Integrationsbeauftragte Messkriterien: Maßnahmen, Fristen, Bewertung 10 Dazu wären u. a. die Gewinnung und Schulung von Kontaktpersonen, die Entwicklung von Formblättern für die Fallaufnahme, Flyer und Plakate mit Kontaktdaten (für die Kontaktstellen/Stadtteilzentren), ein Internet-Tool (Online-Meldeverfahren – möglichst in Verbindung mit dem „Verzeichnis“), Kooperationsvereinbarungen etwa mit dem Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin, der Opferberatung ReachOut hilfreich bzw. notwendig. 11 Koordination, Unterstützung/Begleitung Polis* & MBT »Ostkreuz«; ggf. Präzisierung der Aufgaben der Bezirklichen Koordinierungsstelle in einer entsprechenden Zielvereinbarung. In die Entwicklung Bezirkskonzeption sind neben dem „Verzeichnis rechtsextremer Aktivitäten und Erscheinungen“ (als Ressource) und dem oben identifizierten Optimierungsbedarf (als inhaltliche Vorgabe) ggf. die Weiterentwicklung integrierter lokaler Handlungsstrategien für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus im Rahmen eines neuen Lokalen Aktionsplanes Marzahn-Hellersdorf (ab 2011) sowie weitere durch Bundes- und Landesprogramme geförderte Projekte einzubeziehen.