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Gi es se re i-V er la g TECHNOLOGIE & TRENDS Gießtechnisch relevante Trends in der Motorentechnik VON HERMANN ROTTENGRUBER UND EIKE CHRISTIAN TODSEN, MAGDEBURG D FOTO: OVGU MAGDEBURG © ie Fahrzeug- und Motoren-Industrie wird derzeit mit großen Herausforderungen in Bezug auf einen sich abzeichnenden Struktur- und Technologiewandel konfrontiert. Eine Marktentwicklung, die im Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit, Kundenerwartung und hartem Wettbewerb steht, trägt hierzu massiv bei. Ein weiteres Aufgabenfeld tut sich durch neue und verschärfte Emissionsvorgaben auf. Erheblich dynamischere Testzyklen, wie der WLTC (Worldwide Harmonized Light-Duty Test Cylce) und Abgastests im realen Fahrbetrieb (Real Driving Emmisions = RDE), sind geplant und 32 GIESSEREI 102 08/2015 werden wohl bis zum Ende der Dekade verbindlich eingeführt sein. Dies hat zur Folge, dass weit höherlastigere Bereiche des Kennfeldes emissionstechnisch relevant werden (Bild 1) und die Automobilhersteller so vor Zielkonflikten stehen, die u. a. in höheren Abgasnachbehandlungskosten oder einem erhöhten Kraftstoffverbrauch resultieren könnten. Aufgrund dieser Randbedingungen, die durch immer strenger werdende CO2Emissionsregularien weltweit getrieben werden (Bild 2), haben sich folgende Themen als Megatrends im Motorenbau herauskristallisiert: >Elektrifizierung des Antriebsstrangs, >Erhöhung der Effizienz des Verbrennungsmotors durch Steigerung der spezifischen Leistung durch Downsizing und hohe Aufladegrade sowie Forschungsmotor für hybridisierte Antriebskonzepte am Lehrstuhl für Energiewandlungssysteme für mobile Anwendungen, Ottovon-Guericke-Universität Magdeburg. durch thermodynamische und tribologische Optimierung, >Einbindung ins EnergiemanagementNetzwerk des Gesamtfahrzeuges, >Einführung alternativer Kraftstoffe, getrieben durch Ressourcenverfügbarkeit und Klimaschutz, >Steigerung der Variantenvielfalt innerhalb fester Fahrzeug- und AggregateBaukästen und >Leichtbau. Durch die Komplexitäten, welche moderne Antriebe aufweisen, bestehen zum Teil enge Verknüpfungen zwischen den oben genannten Themen. Derzeit ist in der Pkw-Motorentechnik ein eindeutiger Trend zu erkennen, eine kommunale Architektur bei Otto- und Dieselmotoren innerhalb von Baukastenstruk- turen zu verwirklichen (Bild 3). Beispiele hierfür sind u. a.: >der aktuelle, in diesem Jahr vorgestellte Reihenmotorbaukasten von BMW, >der reine 4-Zylinder-Motorenbaukasten von Volvo, >die SkyActiv-Otto- und Diesel-Motorenfamilie von Mazda und >der modulare Querbaukasten von Volks wagen und der modulare Längsbaukasten von Audi. KURZFASSUNG: Herausfordernde Gesetzgebungen, die den Kraftstoffverbrauch und die Emissionen weiter limitieren, erfordern eine stete Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren. Dieser Prozess wird von den hohen Kundenerwartungen und dem harten Konkurrenzdruck, der auch die unterschiedlichen Antriebsarten (z. B. Elektromobilität) betrifft, flankiert. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die derzeitige Situation und die aktuellen Trends in der Motorentechnik im Hinblick auf gießtechnische Schnittstellen. Die Hybridisierung ist neben dem Downsizing eines der Kernthemen, welches die Motorentechnik seit geraumer Zeit beschäftigt. Hier sind noch weitere Entwicklungsschritte zu erwarten, die spannende Materialkombinationen versprechen. Alternative Kraftstoffe rücken immer weiter in den Fokus der Automobilhersteller, wobei allerdings auf die Materialverträglichkeit zu achten ist. Abschließend werden ausgewählte Entwicklungen und aktuelle Forschungstätigkeiten betrachtet. , , NEFZ-Zyklus , , WLTP-Zyklus , , , GRAFIK: OVGU MAGDEBURG RDE-Zyklus Mittlere Kolbengeschwindigkeit cm in m/s ~ Motordrehzahl n in 1/min Bild 1: Beispielhafter Vergleich der Zyklus- und Nutzungsprofile anhand eines Mittelklasse-Fahrzeugs mit 2,0-l-Ottomotor. Gramm C02 /km, angeglichen an NEDC © Die Elektrifizierung des Pkw-Antriebsstrangs wird seit einigen Jahren massiv vorangetrieben. Grund hierfür ist die CO2Einsparung im Stadtverkehr, die in den aktuellen gesetzlichen Zertifizierungszyklen dominant bewertetet wird. Da vor allem Verbrennungsmotoren einen relativ schlechten Teillastwirkungsgrad aufweisen und im „Stop und Go“-Betrieb die Möglichkeiten der Bremsenergie-Rückgewinnung (Rekuperation) einen größtmöglichen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch hat, ist eine Hybridisierung und Elektrifizierung insbesondere des Kurzstreckenverkehrs sinnvoll. Ein reines Elektrofahrzeug hat diverse Nachteile für den Nutzer, die mittelfristig wohl nicht zu überwinden sind und sich letztlich auf den Energiespeicher, d. h. die Batteriesysteme, konzentrieren. Aus den oben genannten Gründen ist eine weiter stark zunehmende Hybridisierung des Antriebsstrangs wahrscheinlicher als ein vollständiger Technologiewechsel hin zum batterie-elektrischen Fahrzeug. Bei der Klassifizierung von Hybridantrieben wird zunächst hinsichtlich des Hybridisierungsgrades unterschieden, d. h. inwieweit der Hybridantrieb elektrisches Fahren unterstützt: Mit Mikro- und Mild-Hybridantrieben ist in der Regel kein rein elektrisches Fahren möglich. Sie weisen Funktionen wie Start-Stopp-System, Rekuperation- und Boost-Betrieb auf. Erst der Vollhybrid kann rein elektrisches Fahren darstellen. Die Plug-In-Funktion ermöglicht das externe Laden und geht meist mit einer größeren FahrzeugBatteriekapazität einher, um die elektrische Reichweite zu erhöhen. Das Elektroauto fährt nur rein elektrisch und ist somit kein Hybridfahrzeug (Bild 4). Die Voll- bzw. Plug-In-Hybridantriebe werden zudem nach ihrem Aufbau und dem daraus resultierenden Leistungsfluss unterteilt. Der Parallelhybrid hat seine Stärken vor allem im Teillastbereich, da Effektiver Mitteldruck pme in bar ~ Drehmoment M in Nm Gi es se re i-V er la g Trend Hybridisierung und Elektrifizierung US-Fahrzeuge EU Japan Kanada-Fahrzeuge Australien 240 S. Korea China 200 160 China 2020: 117 120 80 2000 Japan 2020: 105 EU 2020 nur Fahrzeuge: 95 2005 2010 2015 US 2025 nur Fahrzeuge: 93 2020 2025 Jahr Bild 2: Vergleich der weltweiten CO2-Regulierungen für Pkw, angeglichen an den NEFZ (volle Punkte und Linien: historische Entwicklung, volle Punkte und gestrichelte Linien: verordnete Ziele, volle Punkte und gepunktete Linien: vorgeschlagene Ziele, hohle Punkte und gepunktete Linien: zu untersuchende Ziele; Chinas Ziel reflektiert nur Benzinfahrzeuge – das Ziel kann niedriger sein, wenn Fahrzeuge mit neuen Energien berücksichtigt werden) [1]. GIESSEREI 102 08/2015 33 TECHNOLOGIE & TRENDS Gi es se re i-V er la g Beim leistungsverzweigten Hybridantrieb wird der elektrische und der verbrennungsmotorische Leistungspfad mittels eines Planetengetriebes kombiniert. Hierdurch wird ein hoher Fahrkomfort erreicht, dem aber ein relativ hoher Bauaufwand gegenübersteht. Der serielle Hybrid treibt das Fahrzeug ausschließlich mit dem Elektromotor an, es besteht keine direkte Verbindung zwischen Verbrennungsmotor und Antriebsachse. Das Elektrofahrzeug fährt nur rein elektrisch. Die Reichweite von reinen Elektrofahrzeugen ist vor allem aufgrund der hohen Dichte der Energiespeicher begrenzt. Deshalb kann dem Elektrofahrzeug ein sogenannter Range-Extender hinzugefügt werden. Dieser ist in der Regel ein kleindimensionierter Verbrennungsmotor – in den meisten Anwendungen mit zwei Zylindern. Der Verbrennungsmotor des seriellen Hybrids unterscheidet sich vom Aufbau mit Range-Extender folglich in der Leistungsklasse. Letzterer Aufbau verfügt auch über eine größere Batteriekapazität. Der Fokus wird also stärker in Richtung Elektrofahrzeug gelegt, wobei die Grenzen fließend und noch nicht abschließend definiert sind. Ein Beispiel für ein Elektrofahrzeug mit Range-Extender ist der BMW i3. Der OttoMotor entstammt den Motorrollermodel- Bild 3: Querschnitt eines Otto- (links) und Dieselmotors (rechts) aus dem neuen BMW-Motorbaukasten [2, 19]. der Verbrennungsmotor einen Durchtrieb zur Antriebswelle aufweist. Außerdem benötigt diese Variante nur eine elektrische Maschine. Beim Axle-Split-Hybrid erfolgt die Leistungsaddition über die Zugkraft. Der Verbrennungs- und der Elektromotor wirken auf zwei Achsen. Dies hat aber auch zur Folge, dass das Fahrzeug bei Fahrzeugstillstand nicht aufgeladen werden kann. Full-/Plug-In-Hybridantriebe Mild-Hybridantrieb Serieller Hybrid 5 5 9 9 9 9 6 + 5 - - 6 9 1 4 4 6 + - 5 - 6 7 7 Mercedes S500 PHEV BMW i8 7. Plug- In 8. Generator 9. Tank 10. Planetengetriebe GRAFIK: OVGU MAGDEBURG 1 5 3 1 2 5 5. Leistungselektronik 6. Traktionsbatterie 5 6 + 7 3 - © Toyota PRIUS 3 4 3. E - Maschine 4. Getriebe 1 7 08/2015 7 9 3 5 6 BV: BMW i3/ BZ: Toyota Mirai 2 4 6 + GIESSEREI 102 8 + + 7 3 Bild 4: Übersicht der unterschiedlichen Hybridantrieb-Topologien. 34 8 9 3 5 1. Verbrennungsmotor 2. Kupplung 1 3 5 Axle-Split-Hybrid 9 BZ H2 7 7 7 Paralleler Hybrid BZ 6 1 2 1 3 6 urspr. Konzept Chevrolet VOLT Elektrofahrzeug H2 10 6 7 (Batterie/Brennstoffzelle) 10 5 1 1 3 9 9 3 3 2 5 1 3 4 4 8 8 - + 2 - 6 6 Leistungsverzweigter Hybrid reibungstechnisch optimiert – beispielsweise wurde die Vorspannung der Kolbenringe reduziert und der Riementrieb vermieden, indem die Nebenaggregate nun elektrisch angesteuert werden. Die Batteriekapazität wurde beim Plug-InKonzept im Vergleich zum Full-Hybrid vervierfacht, sodass sich dies auch im NEFZVerbrauch (NEFZ – Neuer Europäischer Fahrzyklus) widerspiegelt, der nahezu halbiert werden konnte [4]. Jedes dieser beispielhaften Hybridfahrzeuge besitzt einen anderen Fokus. Die jeweils wichtigsten Entwicklungsschwerpunkte sind in Bild 5 aufgeführt. Der zur Verfügung stehende Bauraum ist bei Hybridfahrzeugen besonders kritisch, da zwei Antriebe in ein Fahrzeug eingebaut werden. Dies gilt vornehmlich für Kompakt- und Sportfahrzeuge. Außerdem muss in der Regel auf den Bauteilbaukasten zurückgegriffen werden – eine deutliche Abweichung führt zu ökonomisch nicht mehr tragbaren Konzepten. Deshalb wird eine hohe Funktionsintegration angestrebt. So werden E-Maschinen im Verbund mit den Getrieben verbaut. Ein Beispiel ist der Golf-Plug-In-Hybrid von Volkswagen [6]. Der Range-Extender – als entkoppelter Verbrennungsmotor – hat gegenüber dem parallelen Hybridaufbau den Vorteil, in nur ausgewählten Betriebspunkten zu arbei- ten. Daher ist die Dynamik ein völlig nachrangiges Ziel. Der Parallelhybrid muss innerhalb einer Sekunde aus dem elektrischen Fahrtmodus die Maximalleistung erreichen können. Diese ist nur mithilfe des Verbrennungsmotors abzurufen, was dazu führt, dass der Verbrennungsmotor kaltstartfest ausgeführt sein muss. Dies ist eine tribologische Herausforderung für die Lagerstellen und das Kolben-Kolbenring-Zylinder-System. Ein Entwicklungsgegenstand sind auch Radnabenmotoren, die vielversprechende Fahrdynamikzustände abbilden können, dabei aber das Packaging auf kleinstem Raum bei extremem Leichtbau realisieren müssen. Nachteilig sind aber die im Vergleich zu einem mit dem Chassis fest verbundenem Antriebsmotor hohen ungefederte Massen [7]. Gi es se re i-V er la g len von BMW [3], weist den auf zwei Zylinder verteilten Hubraum von 647 cm3 auf und leistet 25 kW. Die rein elektrische Reichweite des i3 beträgt praxisnah zwischen 130 und 160 km. Mithilfe des Range-Extenders wird diese nahezu verdoppelt [4]. Beim Range-Extender kommt es neben einem emissionsarmen Betrieb auch auf geringe NVH-Werte (NVH: NoiseVibration-Harshness: Geräusche und Vibrationen des Verbrennungsmotors) an, die eine umfangreiche Dämmung unumgänglich machen. Der BMW i8 besitzt eine Axle-SplitHybridtopologie. Der auf der Hinterachse sitzende aufgeladene Drei-Zylinder-Ottomotor hat einen Hubraum von 1,5 l, leistet maximal 170 kW bei 5800 1/min und entstammt dem aktuellen Motorbaukasten von BMW. Dies ergibt eine Literleistung von 113 kW/l [5]. Beim Axle-Split wird für den Beschleunigungswunsch des Fahrers ein sehr schneller Hochlauf des stehenden Verbrennungsmotors benötigt. Dies erfordert eine hohe Kaltstartfestigkeit, ständige Schmierung der Reibpaarungen und leichtes Laufzeug. Toyota bietet seit 2012 den Prius PlugIn an. Der Verbrennungsmotor liefert maximal 73 kW bei 5200 1/min aus 1,8 l Hubraum und arbeitet zur Optimierung des Wirkungsgrades im Atkinson-Zyklus1). Der Verbrennungsmotor wurde weiterhin Bauraum Kosten Akustik Leistung Effizienz Dynamik Hybrid-Antrieb Kosten Effizienz Leistung Dynamik Akustik Bauraum Wie bereits in der Einleitung geschildert, ist vor allem eine erhöhte Effizienz im Fokus der Verbrennungsmotorentwicklung. Die Erhöhung der Leistungsdichte (Downsizing) und die Steigerung des mechanischen Wirkungsgrades (tribologische Optimierung) sind zielführende Ansätze. Plug-In-Hybrid-Antrieb Leistung + Hochlauf Akustik - Erlebnis Bauraum GRAFIK: OVGU MAGDEBURG Relevanz bei der Antriebsstrangentwicklung © Range-Extender Trend Downsizing und Reibungsreduzierung Dynamik Effizienz Kosten Bild 5: Fokus der Antriebsentwicklung bei drei unterschiedlichen Hybridfahrzeugen. 1) Atkinson-Zyklus: Hierbei wird ein hohes Verdichtungsverhältnis (« = 13 : 1) mit spätem Schließen der Einlassventile kombiniert, was zu einem relativ größeren Expansions- als Kompressionsverhältnis führt und der Wirkungsgrad – letztlich auf Kosten der Literleistung – erhöht wird. GIESSEREI 102 08/2015 35 TECHNOLOGIE & TRENDS 3,0 l Randbedingungen: • Fahrzeug der D-Klasse • 180 kW = konst. • NEFZ 2,0 l 2,5 l 2,0 l 2,0 l 1,5 l -5 % 5% -3 % -4 % -6 % -2 % Gi es se re i-V er la g - 1,5 l -17 % Hubraumreduzierung Hubraumreduzierung Motorgröße verkleinern Zylinderanzahl vermindern Hubraum- und Motorgrößen reduzierung -25 % Zylinderanzahl vermindern Für die Leistungsbereitstellung eines Downsizing-Motors ist die Abgasturboaufladung unerlässlich! GRAFIK: OVGU MAGDEBURG -5 % Fahrzeuge der D -Klasse: Volvo S70, BMW 3er-Serie, Mercedes C-Klasse etc. Bild 6: Verbrauchssenkungspotenzial durch Downsizing am Beispiel eines 3,0-l-Sechszylindermotors zum 1,5-l-Dreizylindermotor (bezogen auf den NEFZ). © Hochaufladung – Downsizing Downsizing beschreibt das Vorgehen, den Hubraum zu verkleinern und die Leistung eines hubraumstärkeren Verbrennungsmotors abzubilden. Downsizing wird in der Regel durch Turboaufladung umgesetzt. Der reduzierte Kraftstoffverbrauch eines Downsizing-Motors lässt sich auf die höhere spezifische Belastung des Motors zurückführen. Dadurch ergibt sich eine verminderte Reibarbeit und bei Ottomotoren eine Entdrosselung – beides führt zu einem höheren effektiven Wirkungsgrad. Es ist der ungebrochene Trend festzustellen, dass die spezifische Leistung sowohl bei Otto- als auch bei Dieselmotoren immer weiter erhöht wird (Bild 6). Der 2013 vorgestellte Ottomotor M133 im A45 AMG von Daimler erreicht bei einem Hubraum von 2,0 l eine Leistung von 265 kW. Das bedeutet eine sehr hohe Literleistung von 133 kW/l. Dies ist nur mit einem Twin-Scroll-Turbolader mit einem Ladedruck von 1,8 bar (relativ) zu erreichen. Das Zylinderkurbelgehäuse (ZKG) und der Zylinderkopf bestehen aus Aluminium (EN AC-Al Si7Mg), und werden in Kokillen im Kippgießverfahren hergestellt. Das ZKG ist in einer Closed-DeckBauweise ausgeführt. Das Gesamttriebwerk wurde auf maximale Zünddrücke 36 GIESSEREI 102 08/2015 von 150 bar ausgelegt. Kolben, Pleuel und Kurbelwelle wurden aufgrund der hohen spezifischen Leistung geschmiedet ausgeführt [8]. Volkswagen hat 2014 den Golf R400 angekündigt, der aus 2,0 l Hubraum 294 kW liefern soll – das ergibt 147 kW/l [9]. Volvo stellte daraufhin 168 kW/l als Konzept mit Dreifachaufladung vor [10]. Im Bereich der Dieselmotoren hat Volkswagen den 2,0-l-Biturbo-TDI für den VW Passat angekündigt. Die Literleistung dieses Motors soll 100 kW/l betragen, was einer Steigerung von knapp 14 % im Vergleich zum Vorgängermotor entspricht [9]. Volvo hatte zuvor bekannt gegeben, dass der neue XC 90 den zweifach aufgeladenen Dieselmotor D5 mit 86 kW/l erhält [11]. Der Dieselmotor 2.0-l-TDIBiturbo im neuen Passat von Volkswagen leistet 88 kW/l [9]. Der Sechszylinder N57 von BMW weist 93,5 kW/l auf [12]. Es wird deutlich, dass die Belastung der Motoren durch die Hochaufladung immer größer wird. Hieraus ist auch ersichtlich, dass das Thermomanagement – insbesondere für Ottomotoren – an Bedeutung zunehmen wird. Continental hat ein wassergekühltes Aluminium-Turbinengehäuse (Aluminiumlegierung mit Silizium und Magnesium) entwickelt, um die Spe- zial-Legierungen zu umgehen und die Wärmeabstrahlung des Turboladers im engen Motor-Packaging zu minimieren. Hierbei ist der Abgaskrümmer in das Turbinengehäuse integriert (Bild 7). Das wassergekühlte Aluminium-Turbinengehäuse wird erstmals im aktuellen MINI serienmäßig eingesetzt [13]. Durch den Wechsel des Werkstoffs gelang eine Gewichtsersparnis von 14 % (ausgehend von 4,4 kg). Die Kühlung des Abgasmassenstroms hat weiterhin den positiven Effekt, dass die thermische Alterung des Katalysators nahezu ausgeschlossen werden kann. Des Weiteren ist der Werkstoff günstiger, da auf kostenintensive Hochtemperatur-Legierungen für die Turbine des Abgasturboladers verzichtet werden kann [13]. Weiterhin ist auf optimierte Strukturen des Verbrennungsmotors zu achten, insbesondere des Zylinderkurbelgehäuses. Dies betrifft vor allem Dieselmotoren, die naturgemäß mit höheren Zylinderdrücken beaufschlagt werden. So wurde im dreifach aufgeladenen Sechszylinder-Dieselmotor N57 von BMW (siehe oben) ein Zugankerkonzept umgesetzt, welches die hohen Zünddrücke (200 bar), die auf das monolithische Aluminium-ZGK einwirken, aufnehmen kann [12]. Die Materialien galvanisiertes Metall, Aluminium und Kunststoffe wie Buna-NTM, Neopren sowie Polyurethan sind besonders anfällig für Methanol. Dies muss in der Motorenkonstruktion berücksichtigt werden. Materialsubstitution beim ZKG In der Vergangenheit wurden immer mehr Leichtmetalle, d. h. Aluminium und Magnesium anstelle von Gusseisen (Gusseisen mit Lamellengrafit – EN-GJL, Gusseisen mit Vermiculargrafit – EN-GJV) im Motorenbau eingesetzt. Dies gilt insbesondere für das Zylinderkurbelgehäuse (ZKG), da es das Bauteil mit der größten Masse im Motor ist. Gi es se re i-V er la g FOTO: OVGU MAGDEBURG Ausgewählte Entwicklungen in der Diskussion Bild 7: Wassergekühltes Turbinengehäuse mit integriertem Abgaskrümmer der ACTech GmbH, Freiberg (thermische Entlastung des Abgasturboladers, Kostenpotenziale durch Materialkostenoptimierung, thermische Rekuperation und Abgaswärmenutzung). © Reibungsreduzierung Der Wirkungsgrad des Motors wird durch Reibungsverluste beeinträchtigt. Die Reibleistung ist abhängig von Last und Drehzahl des Motors. Generell gilt, dass der Motor bei geringer Last – also genau in dem für den europäischen Fahrzyklus (NEFZ) relevanten Bereich – einen relativ schlechteren mechanischen Wirkungsgrad hat als bei Volllast. Die wichtigsten Ursachen sind im Ottomotor die KolbenKolbenring-Zylinderpaarung, Haupt- und Pleuellager, Nebenaggregate und der Ventiltrieb. Eine Minimierung der Reibung an der Zylinderlaufbuchse birgt somit ein großes Potential für eine Kraftstoffeinsparung. Bei dem bereits vorgestellten Motor M133 von Daimler wird die sogenannte Nanoslide-Beschichtung auf die Zylinderlaufbahn aufgebracht [8]. Nanoslide beschreibt eine Beschichtung aus EisenKohlenstoff-Drähten, die mittels Lichtbogen auf die feingehonte oder mittels eines Wasserstrahls aufgeraute Zylinderlaufbahn aufgebracht werden. Die entstehenden Poren ermöglichen, dass ein kleiner Ölrest an der Laufbahn zurückgehalten wird und so ein Schmierfilm erhalten bleibt [14]. Die Aufladung des Verbrennungsmotors ermöglicht eine weitere relative Erhöhung des mechanischen Wirkungsgrades, weil sich der Motor dadurch häufiger in höher belasteten Betriebszuständen befindet. Dadurch wird das Verhältnis von effektiver Leistung zu Reibleistung weiter verbessert. Allerdings nimmt die Belastung des Motoröls mit höherer spezifischer Leistung zu. Trend alternative Kraftstoffe In der Europäischen Union wurde 2011 der Kraftstoff E10 eingeführt. Das Ziel war, einen gesteigerten Anteil an Biokraftstoff in das Benzin zu mischen. Ein gesteigerter Ethanolanteil erfordert funktionale und konstruktive Änderungen am Ottomotor. Dies wurde allerdings bei den meisten im Markt befindlichen Fahrzeugen und Antrieben bereits umgesetzt. Allerdings werden weitere Änderungen am Motor notwendig, falls der Anteil an Ethanol weiter steigen oder die biogenen Zumischkomponenten geändert werden sollten. Beispielsweise muss ab einer Beimischung von 25 % Ethanol das Einspritzsystem auf Edelstahl umgerüstet und die Gemischbildung sowie die Einspritzmenge an den Kraftstoff angepasst werden. Das Zündsystem wird für die gesteigerten Verbrennungstemperaturen eines E25-Kraftstoffs optimiert. Auch Kraftstoffpumpe, Kraftstofffilter und der Raildruckregler müssen angepasst werden. Weitere Veränderungen ergeben sich bei einer weiteren Steigerung der Ethanol-Zumischung (Bild 8). In außereuropäischen Märkten werden ebenfalls alternative Kraftstoffe forciert. Dies liegt vor allem an der Rohstoffverknappung und einer verstärkten Autarkiepolitik. Interessant ist insbesondere der chinesische Markt, da China über große Kohlevorkommen verfügt und diese mithilfe von Kohleverflüssigung (sogenanntes Coal-toliquid-Verfahren, CTL) als Kraftstoffzusatz verwerten möchte. Deshalb ist in China – einem der wichtigsten Automobilmärkte weltweit – zukünftig mit einem steigenden Methanolgehalt im Kraftstoff zu rechnen. Anhaltswerte für das Reduktionspotential durch die Substitution von Gusseisen mit Lamellengrafit durch Aluminiumlegierungen sind beim Ottomotor rund 40 % und beim Dieselmotor rund 35 % [14]. Magnesiumlegierungen bieten zwar ein noch höheres Einsparpotential, werden aber immer weniger bei den Funktionsteilen eingesetzt. Dies ist auf die zunehmende Leistungssteigerung im Verbren- GIESSEREI 102 08/2015 37 TECHNOLOGIE & TRENDS nungsmotorenbau zurückzuführen, die stetig wachsende Ansprüche an Festigkeit und Temperaturbeständigkeit nach sich zieht. velift System) geschlossen gehalten. Hierdurch arbeiten die Zylinder 2 und 3 als Gasfedern, da im letzten Arbeitsspiel mit geöffneten Ventilen kein Kraftstoff mehr eingespritzt wird. Der Verbrauch sinkt im NEFZ, während die Zylinder abgeschaltet sind, um 0,4 l/100 km [17]. Vorteilhaft für die Umsetzung der Zylinderabschaltung war einerseits die Direkteinspritzung, vor allem aber auch die Konstruktion des Motors. Das ZKG des VW-Motors besteht aus einer steifen Aluminiumkonstruktion. Die Masse der Laufzeugkomponenten Aluminiumkolben, Pleuel und Kurbelwelle wurde größtmöglich reduziert [17]. Gi es se re i-V er la g Aluminiumlegierungen sind weitgehend eingeführt. Allerdings erhalten sie ernsthafte Konkurrenz durch Gusseisen-Werkstoffe, denn diese können filigranere Strukturen abbilden. Aufgrund der geringeren Steifigkeit von Aluminiumlegierungen werden angepasste, steifere Konstruktionen benötigt, die den Gewichtsvorteil des Werkstoffs reduzieren. Displacement-on-Demand – Zylinderabschaltung Der Kraftstoffverbrauch eines Verbrennungsmotors kann durch Zylinderabschaltung gesenkt werden, weil die Betriebspunktverschiebung den Motor in einem Bereich geringeren spezifischen Kraftstoffverbrauchs arbeiten lässt. Außerdem werden die Ladungswechselverluste minimiert, da die Drosselklappe weiter geöffnet ist. Allerdings wird das Reibmoment kaum verringert, da die Kolben der abgeschalteten Zylinder weiter mitlaufen. Typischerweise wird die Zylinderabschaltung – alias Displacement-on-Demand – bei Motoren mit hoher Zylinderzahl und VBauweise eingesetzt. Bei kleineren Motoren ist die Zylinderabschaltung heute immer noch nicht weit verbreitet, obgleich Honda bereits 2006 mit dem Civic Hybrid die Zylinderabschaltung an einem Vierzylinder umgesetzt hat [4]. Im Jahr 2012 hat VW einen Vierzylinder-Ottomotor mit Zylinderabschaltung entwickelt; der 1.4-TSI-Motor mit 103 kW ist im Audi A1 und VW Polo vertreten. Im Teillastbetrieb werden die beiden inneren Zylinder nicht mehr mit Kraftstoff versorgt und die entsprechenden Ein- und Auslassventile werden mittels des AVS (Audi Val- Der nächste Schritt ist die Funktionsaufteilung innerhalb der Bauteile mit entsprechender Werkstoffauswahl. Der BMW-Reihensechszylinder-Ottomotor hat dies z. B. schon 2004 mit Magnesium und Aluminium umgesetzt. Hier besteht das Zylinderkurbelgehäuse aus einem AlInsert für die Zylinderlaufbuchsen, Kühlwasserführung und obere Kurbelwellenhauptlager bestehen aus einem Mg-Umguss [16]. Möglich wäre es auch, beim ZKG das Feuerdeck aus hochbelastbaren Metallwerkstoffen und die wasserführenden Teile aus Leichtmetall oder Kunststoffen zu fertigen. Verbrennungs motor Tankentlüftung Split-Kurbelwelle Die IAV (Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr) hat den sogenannten I2+2-Zuschaltmotor entwickelt. Dieser besteht aus zwei Zweizylindern in Reihe, wobei der erste Zweizylinder immer betrieben und der andere durch eine Kupplung zugeschaltet werden kann. Das System verfügt über eine Ausgleichswelle, die für den ruhigen Lauf des ersten Zweizylinders sorgt, die Verbindung zur elektrischen Maschine darstellt und gleichzeitig die Hohlwelle mit der Zuschaltkupplung trägt [18]. Abgasnachbehandlung Abgasanlage Kurbelgehäuse entlüftung Zündsystem Kraftstofftank Raildruckregler Kraftstofffilter Kraftstofferkennung Motorsteuerung ≤ E10 ≤ E25 Kaltstartsystem Motoröl ≤ E85 Bild 8: Notwendige Änderungen am Fahrzeug für Flex-Fuel-Konzepte mit einem Ethanolgehalt von E0 bis E100. 38 GIESSEREI 102 08/2015 ≤ E100 GRAFIK: OVGU MAGDEBURG © Kraftstoffpumpe Einspritzsystem titut für Mobile Systeme, Otto-von-Guericke-Universität (OVGU) Magdeburg Literatur: [1] International Council on Clean Transportation: European CO2 emission performance standards for passenger cars and light commercial vehicles. Policy Update, 2012. [2] MTZ 75 (2014), [Nr. 11], S. 36-41. [3] MTZ 75 (2014), [Nr. 4], S. 3. [4] Hofmann, P.: Hybridfahrzeuge – Ein alternatives Antriebssystem für die Zukunft. 2. Aufl. Springer, Wien, 2014. [5] Mattes, W.; Brüner, T.; Durst, B., u. a.: The new 3-cylinder TwinPower turbo gasoline engine from BMW in the i8. 23. 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Es ist evident, dass, je höher die Anteile der niedrigen Last in den Testzyklen sind, desto vorteilhafter solche Maßnahmen für den ausgewiesenen Kraftstoffverbrauch sind. Nachteilig ist der deutlich erhöhte konstruktive Aufwand, eine gesteigerte Motormasse und der aufwendige Regelungs- und Applikationsaufwand in der Entwicklung. © Motordämmung Eine Motordämmung hat thermische und akustische Effekte. Je nach Dämmmaterial und Verfahren können diese oder jene überwiegen, doch stets treten beide auf. Die Dämmungsmaßnahme verringert den Abstrahlgrad (Körperschallübertragung auf Luftschall). Daher werden Dämmungsmaßnahmen bei besonders wirksamen akustischen Strahlern eingesetzt, wie z. B. der meist großflächigen und dünnwandigen Ölwanne. Aufgrund der diskontinuierlichen und zum Teil von der akustischen Erwartungshaltung entkoppelten Arbeitsweise des Verbrennungsmotors in Hybridfahrzeugen ist hier mehr als bei herkömmlichen Fahrzeugen eine geringe Schallabstrahlung und -übertragung für die Kundenakzeptanz von Bedeutung. Gleichzeitig lässt sich durch gezielte Dämmung das Thermomanagement des Verbrennungsmotors verbessern. Bei Hybridfahrzeugen arbeitet der Verbrennungsmotor nur zeitweise, um Kraftstoff einzusparen. Allerdings bewirkt diese Betriebsweise, dass die Betriebsmedien (Kühlwasser, Öl) sukzessive abkühlen und damit beim Neustart des Motors höhere Kraftstoffverbräuche und Emissionen verzeichnet werden. Dämmmaßnahmen zur thermischen Isolierung können den Abkühlvorgang deutlich verzögern. Daher sollte eine Dämmung insbesondere beim Hybridfahrzeug sowohl thermisch als auch akustisch wirksam sein. Als Dämmmaterialien kommen Kunststoff- und Metallschäume in Betracht. Zusätzlich zu einer guten thermischen und akustischen Dämmwirkung müssen die Anforderungen aus dem Leichtbau erfüllt werden. Prof. Dr.-Ing. Hermann Rottengruber und Dipl.-Wirt.-Ing. Eike Christian Todsen, Ins-