2016-05-19 Vortrag Matthias Wrana
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2016-05-19 Vortrag Matthias Wrana
Im Fokus: „Neuerungen der Korruptionsdelikte im Gesundheitswesen“ Bezüge zum Berufsrecht Matthias Wrana, LL.M. Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht Berlin, 19. Mai 2016 Normierung der ärztlichen Unabhängigkeit Strafrecht Berufsrecht Sozialrecht (§§ 31 ff. MBO) (§§ 73, 128 SGB V) 2 Regelungen des ärztlichen Berufsrechts 4 Normzweck der § 31 ff. MBO Verordnungen und Empfehlungen von Ärzten sollen sich grundsätzlich ausschließlich an medizinischen Gesichtspunkten ausrichten. 5 § 299a StGB vs. § 31 MBO § 299a Nr. 3 StGB Wer als Angehöriger eines Heilberufs, (…) einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er § 31 Abs. 1, 1. Fall MBO Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten (…) ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu bei der Zuführung von Patienten oder gewähren. Untersuchungsmaterial einen anderen im (…) Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 6 § 299a StGB vs. § 31 MBO § 299a Nr. 1 StGB Wer als Angehöriger eines Heilberufs, (…) einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er § 31 Abs. 1, 2. Fall MBO Ärzten ist es nicht gestattet, (…) für die Verordnung oder den Bezug von Arzneioder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten gewähren. einen anderen im (…) Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 7 … nicht ohne hinreichenden Grund … Empfehlungen und Verweisungen sind grundsätzlich unzulässig. Für die ausnahmsweise Zulässigkeit bedarf es eines Sicherung des „hinreichenden Grundes“. Frage des Patienten (BGH GesR 2011, 246) Medizinische Erwägungen, bspw. Therapieerfolges (OLG Schleswig NJW 1995, 3064) Qualität der Versorgung Vermeidung von Wegen für gehbehinderte Patienten Schlechte Erfahrungen mit anderen Anbietern 8 … nicht ohne hinreichenden Grund … ABER! Die Qualität der Versorgung erfordert, dass die Verweisung an einen bestimmten Hilfsmittelanbieter aus Sicht des behandelnden Arztes aufgrund spezieller Bedürfnisse des einzelnen Patienten besondere Vorteile in der Versorgungsqualität bietet. Dafür reichen in langjähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit gewonnene gute Erfahrungen oder die allgemeine hohe fachliche Kompetenz des Anbieters alleine nicht aus. Parallelen im Vertragsarztrecht § 299a StGB vs. § 31 MBO vs. § 73 Abs. 7 SGB V § 299a Nr. 3 StGB § 31 Abs. 1, 1. Fall MBO Wer als Angehöriger eines Heilberufs, (…) einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Zuführung Patienten Untersuchungsmaterial Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten (…) ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu von versprechen oder zu oder gewähren. einen anderen im (…) Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 10 § 73 Abs. 7 SGB V Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. „Erprobte Modelle“ Beteiligung an einem Arzneimittelvertrieb Insgesamt acht Ärzte und fünf Apotheker bilden eine ArzneimittelGmbH, welche die Herstellung und den Vertrieb von Arzneimitteln zum Gegenstand hat. Die beteiligten Ärzte sind alle Onkologen und wickelten alle Verordnungen für Zytostatika über die Arzneimittel-GmbH ab, an welcher sie Anteile halten. Die aufgrund der Zuweisungen erhöhten Umsätze der Gesellschaft schöpfen die Gesellschafter über ihre Gewinnbeteiligung ab. 12 Beteiligung an einem Arzneimittelvertrieb LandesberufsG für Heilberufe bei dem OVG NRW, Urteil vom 6. Juli 2011 Vorteil i. S. der §§ 31, 34 MBO ist jede entgeltliche Leistung materieller oder immaterieller Art, welche die wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage des Empfängers objektiv verbessert. Dies können auch Gewinne oder sonstige Einnahmen aus einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung sein. Der zuweisende Arzt könne sicher sein, dass seine intensive Zuweisung, wenn auch nicht 1:1, so doch in jedem Fall mit einer Erhöhung auch seiner Gewinnausschüttung abgebildet werde. Von einer Vergabe an ein anderes Unternehmen, an welchem er nicht beteiligt sei, habe er nichts, nur bei der Vergabe an dieses stelle sich für ihn ein geldwerter Vorteil ein. 13 14 Zuweiserpauschalen Die beklagte Universitätsklinik hatte mit einem an alle niedergelassenen Zuweiser der Region gerichteten Schreiben mitgeteilt, dass sie den Angeschriebenen für alle in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Patienten, die an ihrer Augenklinik kataraktoperiert würden, im Rahmen eines Qualitätssicherungsprogramms beschriebener formaler nach Voraussetzungen Erfüllung eine näher prä- und postoperative Zuweiserpauschale von EUR 52,00 zahlen könne. Zuweiserpauschalen OLG Koblenz, Urteil vom 20. Mai 2003 Mit der Ankündigung der Gewährung der Zuweiserpauschale missachtet die Bekl. das Recht der Patienten, den Arzt frei zu wählen (§ 7 Abs. 2 S. 1 MBO). Durch das dem niedergelassenen Arzt gegenüber abgegebene Versprechen der Zahlung wird dessen Entscheidungsspielraum, welchen ambulanten Operateur er seinem Patienten für die weitere Behandlung vorschlägt, in einer dem Verbot des § 31 MBO zuwiderlaufenden, unzulässigen Art und Weise eingeschränkt. 15 Zusicherung der poststationären Behandlung Niedergelassene Vertragsärzte schließen mit einem Krankenhausträger einen Kooperationsvertrag über „sektorenübergreifende Versorgung“. Der Vertragsarzt empfiehlt dem Patienten, für den er die Indikation für eine stationäre Behandlung gestellt hat, die Vorstellung im Krankenhaus. Das Krankenhaus beauftragt anschließend den Vertragsarzt, der die Indikation gestellt hat, mit den im konkreten Behandlungsfall notwendigen prästationären Leistungen. Nach Durchführung der stationären Behandlung beauftragt das Krankenhaus sodann, soweit erforderlich, den Vertragsarzt, erneut die poststationären Leistungen nach Entlassung durchzuführen. Das Krankenhaus rechnet die die prä- und poststationären Leistungen selbst gegenüber der GKV ab. Die niedergelassenen Ärzte erhalten dafür vom Krankenhaus eine Vergütung nach er GOÄ. 16 Zusicherung der poststationären Behandlung OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. September 2009 Die Empfehlung eines Arztes für ein bestimmtes Krankenhaus, die auch darauf beruht, dass ihm ein Vorteil zufließt, ist mit dem Grundsatz einer allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffenden Entscheidung nicht zu vereinbaren. Für die Vorteilsgewährung reicht aus, dass für den Arzt die Möglichkeit einer für ihn lukrativen Beauftragung (hier: Abrechnung von prä/poststationären Leistungen nach GOÄ) besteht. 17 Folgen eines Verstoßes 19 Folgen eines Verstoßes § 31 MBO ist ein Verbotsgesetz! Verträge die gegen § 31 MBO verstoßen sind nichtig. Gezahlte Entgelte und gewährte Vorteile werden nach Bereicherungsrecht rückabgewickelt. Die Rückforderung ist aber nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen! 20 Folgen eines Verstoßes 2 gegen § 31 MBO verstoßende Vereinbarungen können ggf. nach §§ 4 Nr. 1, 3 UWG abgemahnt werden. Kick-backs unterliegen i.d.R. der Umsatz- und Gewerbesteuerpflicht. Werden diese als Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit verbucht, droht der Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Gefahr der Entziehung der Approbation unter dem Gesichtspunkt der Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs (§ 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 BÄO) Referent Matthias Wrana, LL.M. Picture Associate | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Medizinrecht BEITEN BURKHARDT | Kurfürstenstraße 72-74 | 10787 Berlin Praxisgruppe Telefon: E-Mail: Corporate / M&A +49 30 26471-245 [email protected] Spezialgebiete Pharma, Medizintechnik Gemeinnützige Organisationen Gesellschaftsrecht, Umwandlungsrecht, Konzernrecht Gesundheitswesen Medizinrecht Mergers & Acquisitions Prozessführung & Schiedsverfahren Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch WWW.BEITENBURKHARDT.COM Beijing • Berlin • Brüssel • Düsseldorf • Frankfurt am Main • Moskau • München • Nürnberg • Shanghai • St. Petersburg