Untitled
Transcrição
Untitled
Seite 2 von 7 formuliert wurden. Im Endeffekt als ich alle erforderlichen Unterlagen beisammen hatte, bewarb ich mich im August 2013 für einen Aufenthalt im Frühjahr 2014. Wenn man sich in den USA bewirbt darf man nicht zu schüchtern sein – sonst vergessen die einen anscheinend. Ich habe lange damit gehadert, ob ich nach dem Status meiner Bewerbung nachfragen sollte und schrieb die zuständige Person erst 2-3 Monate später an. Ab da schien es, als würde man sich überhaupt erst um meine Angelegenheit kümmern – plötzlich hatte ich innerhalb 1-2 Wochen eine Zusage, wobei meine Erste-Wahl-Fächer nicht mehr verfügbar waren (welch ein Wunder!) – da habe ich mich geärgert, dass ich nicht schon früher nachgehackt habe… Für ein „elective“, was in den USA dem deutschen PJ entspricht, braucht man als ausländischer Student je nach willkürlicher Entscheidung des Sachbearbeiters im USA-Konsulat entweder gar kein Visum oder ein B1/B2 Visum. Ich hatte Pech und musste mich nach einer Anfrage bei einem Mitarbeiter des Konsulats für ein Visum bewerben, was mich einen ganzen (vergeudeten) Tag für ein (buchstäblich 5minütiges) Interview im Konsulat in Frankfurt und 160 Euro gekostet hat. Um das Ticket habe ich mich etwa 1-1.5 Monate vorher gekümmert – ich habe davor immer wieder die Preise verglichen und sie sind über mehrere Monate ungefähr gleich geblieben. Mit 700-800 Euro für einen Flug an die USA-Westküste sollte man schon rechnen, ggf. auch mehr, je nach Saison. Vor Ort bin ich freundlicherweise von meiner Gastgeberin am Flughafen abgeholt worden – aber auch sonst ist der Flughafen in San Diego mit Bus und Taxi gut an die Stadt angebunden und die Distanzen sind nicht zu groß (Flughafen liegt praktisch in der Stadt). Finanzierung des Auslandsstudiums/ Kosten vor Ort Meine Ausgaben waren wie folgt (mit lange gespartem Geld plus Stipendium): - etwa 250-300 USD pro Monat fürs Essen (je nach Supermarkt hätte man evtl. auch weniger ausgeben können – ich habe häufiger im „organic shop“ oder „farmer supermarket“ eingekauft, weil die Sachen dann zumindest einigermaßen natürlich geschmeckt haben) - Unterkunft 750 USD pro Monat (eigenes Zimmer mit WC; gibt es aber auch wesentlich billiger – von anderen Studenten habe ich z.T. Preise wie 520 USD pro Monat gehört) - Studiengebühren 500 USD - Ticket für ÖV hätte 70 USD monatlich gekosten, allerdings habe ich einen Sticker von der Uni bekommen, mit dem ich bestimmte Buslinien kostenlos nutzen konnte Unterbringung und Verpflegung Die für die „visiting students“ zuständige Person hat mir kurz nach der Zusage auch eine Liste mit Wohnungsangeboten zugeschickt. Dort habe ich ein paar Menschen angemailt, die vernünftige Preise hatten und unweit der Klinik wohnten. Im Endeffekt bin ich bei einer ganz netten alleinstehenden Dame untergekommen, die mir ein „master bedroom“ für 750 USD angeboten hat (das größere Schlafzimmer im Haus, mit eigenem WC). Den Wohnbereich mit der Küche sowie die Dusche/das Bad haben wir geteilt. Es war auch sonst sehr nett – ich hatte WLAN in der ganzen Wohnung, die Bushaltestelle war 3 min zu Fuß entfernt (die Klinik war dann doch mit 35 min zu Fuß im sehr hügeligen San Diego etwas zu weit), die „landlady“ hat mich immer zum Einkaufen mitgenommen Seite 3 von 7 (ohne Auto ist man in den USA aufgeschmissen) und auch mal vom Spätdienst abgeholt (die Busse sind so ab 20:00 nicht mehr empfehlenswert, v. a. nicht für Frauen). Zur Verpflegung: wie erwähnt habe ich hauptsächlich in so etwas wie einem Bioladen eingekauft („Sprouts“), weil da insbesondere das Obst und Gemüse zumindest nach etwas schmeckte – aber auch die Brotauswahl wesentlich besser war als in den klassischen Supermärkten („Albertsons“, „Vons“). Insgesamt muss man in den USA lange suchen, bis man Milch, Milcherzeugnisse und andere Produkte mit normalem Fettgehalt findet – alles ist von „reduced fat“ über „low fat“ bis „no fat“ und schmeckt einfach scheußlich, weil es ja dann gesüßt werden muss (Fett ist ja bekanntlich ein wichtiger Geschmacksträger und wenn es wegfällt, durch etwa muss man es ja ersetzen). Da schmunzelt man schon, wenn man mal wieder jemanden Übergewichtigen mit einem Korb voller „low fat“ und „no fat“ Produkte sieht, weil die Amerikaner es einfach nicht schnallen, dass sie gar nicht wegen Fett im Essen zu viel auf den Rippen haben sondern wegen dem unvorstellbar hohem Zuckergehalt in ihren Produkten (die Süße ist teilweise für eine europäische Zunge echt grotesk). Insgesamt war das Essen in der Klinik leider ungenießbar und dazu auch noch teuer – also habe ich immer mein eigenes gekocht und mitgebracht. Ansonsten muss man in den Restaurants mit pervers großen Portionen rechnen – es ist so weit gekommen, dass ich teilweise nach der Vorspeise beim Kellner den Hauptgang wieder abbestellen musste. Was noch beim Ausgehen wichtig ist: üblicherweise ist die Höhe des Trinkgeldes in etwa die doppelte „tax“ (steht auf dem Bon ausgewiesen). Im Übrigen ist das Sortiment in den Supermärkten mit dem deutschen vergleichbar. Es gibt ungewöhnlich viele frei verkäufliche Medikamente z. B. in der so genannten „pharmacy“ (z.B. „CVS“), was einer deutschen Drogerie entspricht. Trotzdem würde ich eine kleine Reiseapotheke aus Deutschland mitbringen, weil es trotz alledem viele bei uns gängige Medikamente gar nicht gibt… Gastuniversität/ Gastinstitution Der Haupt-Campus der University of California und der Hauptsitz der San Diego School of Medicine sind in La Jolla, etwa 30 km von San Diego entfernt. Allerdings gab es eine gute Busverbindung durch einen Shuttle zwischen meiner Klinik und dem Campus sowie einige Buslinien vom großen Busbahnhof in der Nähe meiner Unterkunft in Old Town. Eigentlich bin ich nur am letzten Tag zum Abholen der Bescheinigung nach La Jolla gefahren – sonst war ich immer in San Diego und wurde in die Klinik in Hillcrest eingeteilt (je nach Fachrichtung kommt man in verschiedene Krankenhäuser). Meine Klinik in Hillcrest war wie die meisten Unikliniken in den USA riesig und modern. Es gab alle erdenklichen Abteilungen, zahlreiche OP-Säle, eine große Notaufnahme und eine Hubschrauberlandeplattform mit Schockraum für Traumata. Wie bereits erwähnt, war die Anbindung mit ÖV relativ gut für amerikanische Verhältnisse und das Essen in der Kantine erwartungsgemäß schlecht. Die Organisation war relativ gut – alle wussten, dass man als Student in der jeweiligen Abteilung anfängt und die Kleidung (blaue „scrubs“) sind von der Klinik gestellt worden. Leider gab es keine Schließfächer aber wir durften unsere Taschen im Aufenthaltsraum der Assistenzärzte abstellen. Studentischer Alltag/ Freizeitmöglichkeiten Meine praktischen Erfahrungen waren relativ gut aber auch sehr fachspezifisch, da ich meinen Aufenthalt geteilt habe und zwei relativ unterschiedliche und eng spezialisierte Abteilungen kennenlernte: Transplantationschirurgie und Trauma-Chirurgie. Transplantationschirurgie war insofern Seite 4 von 7 spannend, dass es zu meiner Zeit relativ viele Transplantationen gab (jede Woche 1-2 Lebern und 2-3 Nieren, was sonst eher deutlich weniger ist), man durfte zur Organentnahme mitkommen (teilweise mit einer Art Privatjet) und das Patientenklientel war sehr vielfältig mit komplizierten Verläufen und auch vielen internistischen Fragestellungen, sodass man das Gefühl hatte sehr interdisziplinär zu arbeiten und nicht rein chirurgisch. Trauma-Chirurgie unterscheidet sich wesentlich von der deutschen Unfallchirurgie: in UCSD Hillcrest gehörte neben regulären Stationen ein Teil der Intensivstation sowie die Versorgung des „trauma bay“ (Schockraum) dem Trauma-Team. Somit haben wir im Prinzip wie in der Notaufnahme gearbeitet mit vielen verunfallten Patienten, vielen Reanimationen und viel Action (so ziemlich wie in der Serie „Emergency Room“). Insgesamt war die Zeit zwar sehr lehrreich aber auch sehr anstrengend: ich habe 6 Tage die Woche und mindestens 12 Stunden pro Tag gearbeitet, Anfang war um 6 Uhr und einmal pro Woche musste ich einen 28h-Dienst schieben. Also zusammengefasst sehr amerikanisch: alle sind ganz scharf aufs Arbeiten, haben keinerlei Interessen außer Medizin und „Privatleben“ ist ein Fremdwort. Zusätzlich haben die amerikanischen Ärzte und auch Studenten wenig Verständnis, wenn man bei dieser Massenhysterie nach dem Motto „Wir sind so toll, weil wir Medizin machen – und Medizin ist ganz toll, weil wir sie machen“ nicht voller Hingabe mitmachen möchte und gilt schnell als desinteressiert. In diesem Zusammenhang kommt es teilweise zu absurdesten Situationen wie z. B. dass man als 5.Person am OP-Tisch steht (sehen tut man nicht, geschweige schon vom machen – aber man ist da und demonstriert damit Interesse *augenrollen*). Oder dass sich gleichzeitig 20 Menschen auf einen eingewiesenen Trauma-Patienten stürzen, alle durcheinander schreien, Zugänge legen, Schläuche reinstecken und keiner merkt, dass der Patient eigentlich tot ist (Hauptsache ist ja, dass alle ganz intensiv Medizin betreiben und sich selbst in dieser Rolle bedingungslos lieben). Naja, viel Zeit zum Erkunden der Stadt und Umgebung ist mir neben der Arbeit nach dem oben beschriebenen verständlicherweise nicht geblieben, weswegen ich noch eine Woche zum privaten Reisen drangehängt habe. San Diego aber auch Kalifornien insgesamt haben irrsinnig viel zu bieten. In San Diego sind die Strände, das Gaslamp Quarter, der Balboa Park mit dem Zoo und das Seaport Village wärmstens zu empfehlen. Wenn man mehr Zeit hat und sich Kalifornien anschauen möchte, so darf man sich wohl Death Valley und Yosemite National Park nicht entgehen lassen und von den Städten ist San Francisco definitiv sehenswerter als Los Angeles. Zusammenfassung Mein Fazit ist, dass ich medizinisch und vor allem fürs Leben eine extrem lehrreiche Zeit in den USA hatte. Um es kurz zu fassen: vorher konnte ich es mir noch vorstellen in die USA zu gehen, um dort als Ärztin zu arbeiten – jetzt nach meinem Aufenthalt möchte ich es nicht mehr. Unbestritten bleibt, dass es ein wunderschönes Land zum Reisen ist, das so viel zu bieten hat wie kaum ein anderes Land auf diesem Planeten. Also nix wie ein Auto mieten, in die endlose Wüste oder geheimnisvolle Berge hinausfahren, wo man weit und breit keine Zivilisation antrifft und sich von einer Fata Morgana verzaubern lassen. Und wenn man für einen Moment innehält, dann meint man Indianer auf ihren Pferden ins Unendliche reiten zu sehen – bis ein riesiger roter Truck am Horizont erscheint… Willkommen in den USA – dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Seite 5 von 7 Fotos/ weitere Anhänge 1. UCSD Hillcrest Medical Center - eines der Lehrkrankenhäuser der Uni 2. Hubschrauberlandeplatz der Klinik - ausnahmsweise ein ruhiger Freitagnachmittag Seite 6 von 7 3. San Diego - Gaslamp Quarter 4. Kalifornien, Sierra Nevada – Wüste und Schnee