Projektzusammenfassung Modellprojekt WEG
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Projektzusammenfassung Modellprojekt WEG
Der WEG rechnet sich. Betriebliche Gesundheitsförderung für KMUs. Das Kern-Kraftwerk. Ein Baumeister, der auf Gesundheit baut. Aus bestem Haus. Ein Hotel, das mit gesunden Ideen Europa verändert. Spaß an der Gesundheit. Ein Freizeitzentrum macht sich fit. Vorwort In großen Unternehmungen hat sich das Konzept der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in den letzten Jahren erfolgreich etabliert, in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) stößt es jedoch vielfach auf organisatorische und finanzielle Hindernisse. Da Österreichs Wirtschaft durch einen sehr hohen Anteil an KMU gekennzeichnet ist, hat der Fonds Gesundes Österreich einen BGF-Schwerpunkt für KMU gesetzt. Nach einem Ausschreibungsverfahren wurde Ende 2002 die Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung mit der Umsetzung eines Modellprojektes für den Sektor „Old Economy“ mit dem Titel „WEG Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor Gesundheit“ beauftragt. Der klare Auftrag: Anregungen, Erkenntnisse und Produkte zu gewinnen, die für die BGF-Praxis in kleineren und mittleren Unternehmen relevant und unmittelbar nutzbar sein werden. Das Projektteam hat gemeinsam mit 12 KMU einen anspruchsvollen und lehrreichen BGF-Prozess durchlaufen und eine Fülle an Wissen generiert. Damit die Qualität der Ergebnisse sichergestellt ist, wurde das gesamte Projekt von Anfang an durch eine wissenschaftlich fundierte Evaluierung begleitet, beobachtet und mitgesteuert. Als Auftraggeber setzen wir uns gemeinsam mit dem Auftragnehmer und allen AkteurInnen der BGF-Szene dafür ein, die heimischen KMU anhand der gewonnenen Erfahrungen, Erkenntnisse und Produkte für dieses Konzept zu begeistern. Die vorliegende Publikation ist dazu ein wichtiger Schritt. Wir sind überzeugt, dass sie viele weitere Unternehmen zur Nachahmung dieses Erfolgsrezeptes anregen wird und wünschen Ihnen bei der Umsetzung viel Erfolg. | Dennis Beck Geschäftsführer Fonds Gesundes Österreich Dr. Klaus Ropin Gesundheitsreferent mit Schwerpunkt Betrieblicher Gesundheitsförderung Fonds Gesundes Österreich Über das Ziel und den WEG Im Jahr 2003 wurde vom Fonds Gesundes Österreich in drei österreichischen Bundesländern ein einzigartiges Modellprojekt initiiert: WEG – der Wirtschaftliche Erfolgsfaktor Gesundheit. Von Großunternehmen wusste man über die Notwendigkeit und die Umsetzungsgesetzmäßigkeiten schon relativ genau Bescheid. Aber wie lassen sich diese Erkenntnisse auf kleinere und mittlere Unternehmen übertragen? Welche Problemstellungen ergeben sich? Was ist bei KMUs – die ja bekanntlich der Motor der heimischen Wirtschaft sind – anders? Fragen, die im Modellprojekt erörtert wurden. Lösungsvorschläge wurden erarbeitet, Antworten prognostiziert, die – im Nachhinein besehen – auch tatsächlich zum überwiegenden Teil eintrafen. In Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark wurden im Rahmen des WEGProjektes insgesamt 12 KMUs aus den Bereichen Tourimus/Gastronomie und/oder Bau- und Baunebengewerbe sowie Bergbau gesucht, gefunden und über die ganze Zeit des Modellprojektes professionell begleitet. Zu den wichtigsten Ansprechpartnern für die Unternehmen gehörten dabei die drei Regionalstellen der Österreichischen Netzwerkes für betriebliche Gesundheitsförderung. In der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ist Elfriede Kiesewetter nicht nur Leiterin des Referats für Gesundheitsförderung, sondern auch Koordinatorin des österreichischen Netzwerkes für betriebliche Gesundheitsförderung. Elisabeth Zeisberger ist in der Salzburger Gebietskrankenkasse Ansprechpartnerin für Betriebliche Gesundheitsförderung. Für interessierte steirische Betriebe ist Mag. Beate Atzler von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau die richtige Adresse. Zusammen mit dem Organisationsberater Dr. Christian Scharinger als externem Projektleiter bildeten diese ExpertInnen das Projektteam des Modellprojektes Weg. Bekanntlich ist das Projekt WEG für die Betriebe offiziell abgeschlossen, nur mehr im Hintergrund werden noch die unzähligen Daten archiviert, evaluiert und dokumentiert. Höchste Zeit also, einmal das Projektteam an einen Tisch zu bringen und über die Erfahrungen mit WEG zu diskutieren. gesetzt haben. Die geordnete Strukturierung des Projektes war oft der Initialzünder: „Viele Unternehmen wollten keine Einzelprojekte mehr, sondern ein ganzheitliches Konzept, in dem die unterschiedlichen Teile ineinandergreifen“, umreißt Elfriede Kiesewetter die ausschlaggebenden Beweggründe für die meisten Projektteilnehmer. Überraschend komplex – überraschend umfassend Dann aber folgten nach und nach Überraschungen für alle Beteiligten. Für die Unternehmen war es am erstaunlichsten, dass Ordnung in die Strukturen betriebliche Gesundheit ein vieldimensioEine der ersten Hürden des Projektes war nales Betätigungsfeld ist und sich nicht auf unzweifelhaft die Rekrutierung der Un„Rückenschule“ oder „Raucherentwöhnung“ ternehmen. Darüber sind sich alle einig. beschränkt. Dass das Projekt stark auch Anfangs musste intensive ÜberzeugungsarLicht z. B. in die Organisationsstrukturen beit geleistet werden. Und erst mit engabrachte und dahingehend auch Lösungs gierten persönlichen Gesprächen konnten ansätze generiert wurden, die nicht vorderdie Modellunternehmen zu einer Teilnahme gründig mit der Gesundheitsproblematik in bewegt werden. Dann aber – als die EntVerbindung gebracht wurden. scheidung gefallen war – konnte es meist „Die intensive Auseinandersetzung mit nicht schnell genug gehen. Generell wurde dem jeweiligen, individuellen betrieblichen die Erfahrung geUmfeld wurde macht: In KMUs ist „Wir haben gemeinsam viel natürlich goutiert. der Faktor Zeit viel Besonders die Energie in die Vorbereitung höher zu bewerFührungspersonen des Weg-Projektes gesteckt ten als in großen und hatten viel Glück mit der waren positiv Unternehmen. Die überrascht welches Auswahl der ModellunterProjekte für KMUs Potenzial im WEGnehmen. Beeindruckend war Projekt steckte“, sollten schlanker, der offene Umgang und der konzentrierter und freut sich Elisabeth Erfahrungsaustausch der Un- Zeisberger über geraffter vor sich gehen, da sonst die ternehmen untereinander.“ ein generell gutes Gefahr besteht das Feedback „Ihrer“ Dr. Christian Scharinger anfängliche Feuer Betriebe. „Aber“, an andere Interesso schränkt sie sen oder ganz einfach das Alltagsgeschäft gleichzeitig ein, „nur dort hat sich wirklich zu verlieren. etwas bewegt, wo das Projekt von ganz Allgemein muss aber auch bermerkt weroben engagiert getragen wurde.“ Betriebden, dass zum WEG-Projekt nur Unternehliche Gesundheitsförderung ist und bleibt men Zugang gefunden haben, die sich von Chefsache, so die einhellige Meinung. Nur sich aus schon zuvor mit dem Thema in wenn die Führung mit Engagement bei der einen oder anderen Weise auseinander der Sache ist, wird auch die Belegschaft die Energie für notwendige Maßnahmen aufbringen. „Mangelndes Commitment des Top-Managements bzw. der Eigentümer, wenig eigenständiges Engagement der Führung bedeutet auch gleichzeitig das Versanden der Maßnahmen“, warnt auch Mag. Beate Atzler vor anfänglichen Strohfeuern. Betriebliche Gesundheitsförderung ist ein kontinuierlicher Prozess der nie zu Ende ist. Nie zu Ende sein darf. Deshalb sind die Koordinatorinnen auch stolz dass bei den betreuten Betrieben des Projektes der Gesundheitsgedanke auch nach Abschluss des Modellprojektes weitergetragen wird. Bei den einen natürlich mehr, bei den anderen weniger. Aber grundsätzlich hat sich überall einiges bewegt. „Etwas worauf man wirklich stolz sein kann“, so die einhellige Meinung. Der wir uns anschließen. Ein Grundstein für den Erfolg lag mit Sicherheit in der fundierten und intensiven Vorbereitung des Projektes. In Österreich ist die OÖGKK seit 1996 Kontaktstelle dieses Netzwerkes. Am Beginn der Tätigkeit standen allgemeine Informationen, der Aufbau einer Datenbank, die Beschreibung erfolgreicher BGF-Projekte und Kooperationen mit verschiedenen Unternehmen im Vordergrund. Das Referat für Gesundheitsförderung und Vorsorgemedizin initiiert laufend Modellprojekte. Damit sollen Betriebe animiert werden, ebenfalls Maßnahmen einzuleiten. Als nationale Kontaktsstelle fördert es den Informations- und Erfahrungsaustausch mit nationalen und internationalen AkteurInnen und ExpertInnen. Mittlerweile wurde auch ein österreichisches Netzwerk aufgebaut, um Ziele der betrieblichen Gesundheitsförderung österreichweit besser verwirklichen zu können. Derzeit stehen in neun Bundesländern Regionalstellen mit AnsprechpartnerInnen zur Verfügung. Das Netzwerk wird durch die Sozialpartner – Österreichische Wirtschaftskammer, Bundesarbeitskammer, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Industrieellenvereinigung – und Partner -AUVA unterstützt. Kontakt zur Gesundheit Was kann aber ein KMU-Unternehmen tun, das jetzt – nach Abschluss des Projektes – auf den Geschmack der betrieblichen Gesundheitsförderung gekommen ist? Ganz einfach: Die jeweilige Regionalstelle des Österreichischen Netzwerkes für Betriebliche Gesundheitsförderung kontaktieren: www.netzwerk-bgf.at Elfriede Kiesewetter OÖ Gebietskrankenkasse – FORUM GESUNDHEIT, Referat Gesundheitsförderung und Vorsorgemedizin, Gruberstraße 77, 4021 Linz, Postfach 61, Tel.: 0732/7807-2579, [email protected] Angeboten wird zuallererst eine – natürlich – kostenlose Erstberatung. Im Bedarfsfalle werden eine 2-tägige Intensivschulung mit anschließenden regelmäßigen Lerngruppen verschiedener Teilnehmer vereinbart. Die kontinuierliche Begleitung auf dem Wege zum gesunden Unternehmen ist damit gewährleistet. Wichtig ist aber – so der einhellige Tenor der Koordinatorinnen – das dauerhafte Engagement der Führung. Denn nur wenn sich die Spitze des Unternehmens ständig mit dem Thema auseinandersetzt und als Vorbild agiert, kann das Unternehmen und die Menschen darin profitieren. Dann ist dieser WEG auch wirklich ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. | Meine Aufgabe ist es, Gesundheit in Organisationen – wie z.B. in Betrieben – zu thematisieren, Projekte zu initiieren und zu unterstützen sowie auf gesundheitsfördernde Faktoren aufmerksam zu machen. Unser persönliches Wohlbefinden und unser Gesundheitszustand werden ganz wesentlich von unseren Lebensumständen bestimmt. Die Arbeitswelt ist dabei sicherlich einer der wichtigsten Lebensbereiche. In jedem Unternehmen spielen viele Faktoren zusammen, die MitarbeiterInnen entweder gesund erhalten oder krank machen. Oft ist eine Veränderung der Arbeitsverhältnisse notwendig, um ein gesundheitsbewußtes Verhalten der MitarbeiterInnen zu ermöglichen bzw. zu begünstigen. Vorbeugen statt reparieren lautet daher die Devise! Die Leitung der regionalen Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung in der Steiermark durch die VAEB-Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau Mag. Beate Atzler Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau VAEB Josefhof, Haideggerweg 40 A 8044 Graz, Tel.: 0316/391102-102 [email protected] Elisabeth Zeisberger Salzburger Gebietskrankenkasse Faberstrasse 19, 5020 Salzburg Tel.: 0662/8889-385 [email protected] Projekt WEG – Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor Gesundheit Das Konzept der betrieblichen Gesundheitsförderung konnte sich in den letzten Jahren als ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung gesunder Unternehmen etablieren. Die bisherigen Erfahrungen basierten allerdings zum Großteil auf Aktivitäten in Großunternehmen. Angesichts der Tatsache, dass gerade auch die österreichische Wirtschaft traditionell stark im Segment der Kleinund Mittelbetriebe verankert ist, erlangt die Frage nach der Umsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen in Kleinund Mittelbetrieben besondere Relevanz. Der Fonds Gesundes Österreich hat vor diesem Hintergrund einen Schwerpunkt im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung in Klein- und Mittelbetrieben gesetzt und nach einem Ausschreibungsverfahren die österreichische Kontaktstelle für betriebliche Gesundheitsförderung mit der Entwicklung und Umsetzung eines entsprechenden Modellprojektes beauftragt. Als Klein- und Mittelbetrieb wurden im Rahmen des Projektes Unternehmen mit maximal 100 MitarbeiterInnen definiert. Als Branchen wurden vor dem Hintergrund der „old economy“ Unternehmen aus folgenden Bereichen festgelegt: _ Bau- und Baunebengewerbe, Bergbau _ Tourismus, Hotellerie, Gastronomie. Der Projektkreislauf men stellten die Gesundheitszirkel einen wichtigen „Durchbruch“ dar. Die meisten Modellunternehmen hatten bis dahin noch kaum Erfahrungen mit verschiedenen Formen partizipativer Gruppenarbeit. Die konstruktive Arbeit in den Gesundheitszirkeln brachte nicht nur konkrete Ergebnisse, sondern verbreiterte auch die Akzeptanz des Gesamtprojektes unter den Mit schriftlicher Gesundheitsbefragung, jeweiligen MitarbeiterInnen deutlich. Auswertung der Krankenstände, betriebAuf licher Gesundheitskonferenzen Basis der und abschließendem GesundDiagnoheitsbericht wurde die Diasephase gnosephase sehr ausführlich und der gehalten. Für die beteiligten GesundUnternehmen war dies insofern heitszirkel ein zentraler Schritt, als über die setzte ausführlichen Erhebungsphasen jedes immer wieder ein erweitertes Dr. Christian Scharinger, Projektleiter UnterVerständnis von Gesundheit nehmen spezifische gesundheitsfördernde im Unternehmen mittransportiert wurde. Schwerpunkte und Handlungsfelder. Auf der Basis sämtlicher Daten aus der Einige gesundheitsrelevante HandlungsDiagnosephase wurden branchenbezogene felder zeigten sich in allen beteiligten Gesundheitsberichte erstellt, die an alle Unternehmen: Die beiden zentralsten waren MitarbeiterInnen in den Modellunternehmen die Bereiche Konflikt- und Stressmanagegingen. Ein wichtiger Grundstein war gelegt. ment. Zu diesen beiden Themenbereichen war auch großes Interesse seitens der In einem nächsten Schritt wurde mit der MitarbeiterInnen vorhanden. Um den LernInstallierung von Gesundheitszirkeln begontransfer zwischen den Modellunternehmen nen. Gesundheitszirkel sind innerbetriebzu fördern wurden entsprechende Schuliche Arbeitslungen und Seminare im Schulungsverbund kreise, in denen angeboten. sich die BeIm Wesentlichen folgte das Modellprojekt WEG dem klassischen Managementzyklus von Diagnose – Planung – Umsetzung – Evaluierung. Für jede der vier Phasen wurden anschlussfähige Instrumente und Methoden entwickelt bzw. adaptiert. Gesundheitsförderung ist daher ein Weg der sich rechnet – auch und gerade für Klein- und Mittelbetriebe. Für jedes Unternehmen wurden auf Basis der Gesundheitszirkel spezifische Schwerpunkte und Handlungsfelder definiert. schäftigten eines Betriebes mit ihren Arbeitsbedingungen auseinandersetzen. Sie trugen ihre Erfahrungen über Belastungen ihrer Gesundheit zusammen, analysierten sie gemeinsam, entwickelten neue Lösungen und erarbeiteten Vorschläge, wie diese in die Praxis umgesetzt werden könnten. Aus Sicht der teilnehmenden Unterneh- Weiters wurde deutlich, dass ein Zentralthema im Bereich „Gesunde Führungskultur“ zu suchen ist. Gerade bei KMUs spielen Führungskräfte eine Schlüsselrolle in der Kommunikation und Kooperation. Ohne die offensive Unterstützung kann betriebliche Gesundheitsförderung im Unternehmen nicht Fuß fassen. Vor diesem Hintergrund wurde ein Curriculum für die zweite Führungsebene entwickelt und firmenübergreifend umgesetzt. Zum Ergebnis Der Ansatz von betrieblicher Gesundheitsförderung durch Organisationsgestaltung konnte sich auch in KMUs bewähren und kann als gangbarer Weg empfohlen werden. Dank der Mithilfe aller Beteiligten konnten im Rahmen der Projektlaufzeit wesentliche Dokumente für den Transfer des Projektes geschaffen werden: Dokumentationen, Evaluationsberichte, Newsletter – siehe Homepage: www.netzwerk-bgf.at In den teilnehmenden Modellunternehmen kam es zu deutlichen Verbesserungen im Bereich Arbeitsgestaltung, Betriebsklima und MitarbeiterInnenzufriedenheit. Auf der Ergebnisebene bedingte dies u.a. eine Reduktion von Fehlzeiten zwischen 20 % im Bereich Hotellerie/Gastronomie und 10 % in den Branchen Baugewerbe/ Bergbau. | Prof. Bernhard Badura Professor an der Fakultät für Gesundheits wissenschaften der Universität Bielefeld Der Projektkreislauf 4. EVALUIERUNG 1. DIAGNOSE _ 2. Gesundheitsbericht _ Projektdokumentation _S chriftliche/ mündliche Befragung _B etriebliche Gesundheitskonferenz _F ocusgruppen _G esundheitsbericht Interview 3. UMSETZUNG 2. PLANUNG _ Psychosoziale Gesundheit _ Bewegung / Ernährung _ Organisationsentwicklung _ Führungskräfteschulung _ Fehlzeitenmanagement _ Arbeitsgestaltung _G esundheitszirkel _ Interne Projektleitung _S trukturplan _M eilensteine _P aretoprinzip / Erfolgshebel Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die wesentlichsten Gesundheitsbelastungen in den Unternehmen? Und welche Ressourcen liegen noch brach? An der Mensch-Mensch-Schnittstelle entstehende psychische Beeinträchtigungen. Können Klein- und Mittelbetriebe im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung zum Trendsetter werden? Oder warten sie besser erst auf den Sog der großen Unternehmensschiffe? Sie sollten als Trendsetter fungieren. Worauf müssen Klein- und Mittelbetriebe achten, wenn sie sich für gesundheitsfördernde Maßnahmen interessieren? Dass die Qualität der Führung die wahrscheinlich wichtigste Einflussgröße auf die Gesundheit der Beschäftigten ist. Wie sieht die Zukunft der Gesundheit im Betrieb aus? Wird gesunder Erfolg exakt messbar werden? Oder gar zur gesetzlichen Norm? Gesundheit als soziales, psychisches und körperliches Befinden ist messbar, ebenso die wesentlichen Treiber. Gesundheit: Das Kern-Kraftwerk Ing. Philipp Kern ist Baumeister in Unterweissenbach im idyllischen Mühlviertel/Oberösterreich. Seine Firma ist geradezu prädestiniert für das WEG-Projekt: Ein traditionelles Unternehmen, nicht zu groß und nicht zu klein – und das Wichtigste: Ein engagierter Firmenleiter an der Spitze, der stets auf der Suche nach innovativen Ansätzen für seinen Betrieb ist. „Das WEG-Projekt war echt ein tolles Ding, schade dass es schon vorbei ist“, resümiert Philipp Kern im Interviewgespräch. „Es hat mir und meinen Mitarbeitern viele wertvolle Impulse gegeben.“ Impulse, die jetzt noch nachwirken. Zum Beispiel mit den Masseurgutscheinen. Jeder Kern-Mitarbeiter bekommt vom Unternehmen eine finanzielle Beihilfe, wenn sie sich bei einem Heilmasseur therapieren lassen. Eine Initiative, die im Zuge des WEG-Projektes mit einer Wirbelsäulengymnastikaktion gestartet wurde und dann zum Selbstläufer wurde, da die Nachfrage dementsprechend hoch war. Oder die Möglichkeit – mit finanzieller Stützung des Unternehmens – kommunikationsbereinigende Psychotherapiesitzungen zu absolvieren. Etwas, das Neueinsteigern oder bei etwaigen Konfliktsituationen den einzelnen Kern-Mitarbeitern gerne ans Herz gelegt wird. vor allem auch das Miteinander wurde dabei in neue, geregelte Bahnen gelenkt. „Heute muss man ja als Geschäftsleiter nicht nur Kaufmann sein, sondern viel mehr Psychologe“, hat Philipp Kern die Wichtigkeit der mentalen Gesundheit erkannt. Die Betonung liegt dabei auf ordentlich, denn durch den strukturierten Lösungsansatz konnten viele Leerläufe vermieden werden. Etwas wobei WEG auch den Funken zur Initialzündung gab, war die Installierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Damit werden negative Energien in positive umgewandelt. Ständige Nörgler – die es ja in jedem Unternehmen gibt – können dabei zum konstruktiven und wertvollen Lösungsanbieter werden. Kontinuierlich motivieren Auf eines möchte Philipp Kern aber unbedingt hinweisen: „Damit diese Prozesse wirklich sinnvoll sind, muss man als Führungsperson nicht nur mit ganzem Herzen dahinter stehen, man muss die Menschen im Unternehmen immer wieder motivieren, dabei mitzumachen.“ Das Tagesgeschäft ist dabei eine der größten Hürden. Schnell schläft da solch ein Projekt ein, das zwar von allen gutgeheißen wird, aber dann in der Prioritätenreihung gegenüber dem Alltag verlieren kann. „Immer wieder bewusst machen, wie wichtig es ist, dabei zu sein und sich einzubringen, war eine meiner Hauptaufgaben“, beschreibt Kern seine Rolle beim WEG-Projekt. Eine Kern-Aufgabe sozusagen. Dafür kann er jetzt die Früchte ernten: „Ich glaube, dass wir jetzt eine Linie gefunden haben, wie wir unsere Ideen umsetzen können.“ Eine der neuesten ist gerade erst auf den Baustellen installiert worden: „WEG war ein optimaler Katalysator, eine Starthilfe für vielerlei Dinge, die bei uns – ordentlich – geklärt gehörten.“ Energien kanalisieren Aber es gab natürlich auch noch viele andere – größere und kleinere – positive Veränderungen im Unternehmen, die das WEG-Projekt begleiteten. Nicht nur auf der körperlichen Ebene wurde da gearbeitet, Der komplette Werkstatt-Container für die Bauleitung vor Ort. Randvoll mit den besten Werkzeugen, die immer wieder gebraucht werden, zuvor aber immer erst aus dem Bauhof angefordert werden mussten. ToolTime lässt grüßen. Und noch etwas spukt im Kopf herum: Die Werkzeuge zu personalisieren, ihnen Namen zu geben. „Weil man auf den Kurtl einfach mehr acht gibt, als auf den Schlagbohrer XJ3.“ Gesunde Menschen, gesundes Unternehmen Man sieht schon, das WEG-Projekt hat einiges in Gang gebracht bei dem Unternehmen. Die Mitarbeitergesundung war dabei im Vordergrund gestanden, aber auch die Unternehmensgesundung ging dabei Schritt für Schritt voran. Das hat natürlich seinen Preis – etwa 2–5 Stunden pro Woche muss man schon dafür aufwenden – aber es bekommt auch seinen Preis. Das Gesundheitsprogramm des Unternehmens Kern wurde erst kürzlich für den Goldene Securitas-Award nominiert; damit gehören sie in diesem Bereich zu den fünf besten Firmen Österreichs. Aber das Wichtigste ist schließlich die Motivation und daraus folgend auch die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. „Denn nur wenn ich meinen Leuten etwas biete, kann ich auch wirklich Spitzenleistungen von ihnen erwarten. Und die Kunden verlangen heutzutage immer Spitzenleistungen von den Unternehmen.“ | Gesundheit aus bestem Hause. Alfred Wieland ist General Manager eines der VorzeigeHotels der Mozartstadt: Dem NH Hotel Salzburg City in der Franz-Josef-Straße, ganz in der Nähe des Mirabellgartens. Von außen beeindruckendes Barockensemble, innen nicht minder prächtig, aber in kontrastierend schlicht-puristischer Optik. Kurz: Ein fortschrittliches Unternehmen, das sich ebenfalls auf das Modellprojekt WEG eingelassen hat. Auf die Frage, warum man das WEG-Projekt als Unternehmen begleitet hat, lacht Alfred Wieland: „Weil mir das Thema wichtig ist. Und: weil man uns nett gefragt hat.“ Aber ganz so einfach war es natürlich nicht. Viele Sondierungsgespräche gingen dem eigentlichen Engagement voraus. Und dann mit Engagement umgesetzt. Aber die Führungsphilosophie des 43-jährigen ist ohnehin ganz auf soziale Aspekte hin ausgerichtet. Daher fiel es Elisabeth Zeisberger von der Salzburger Gebirtskrankenkasse leicht, hier offene Türen einzurennen. Kommunikation hat Priorität Offene Türen ist übrigens auch ein Stichwort, das sich im Haus mit dem WEG-Projekt noch verbessert hatte. Zumal schon zuvor Wieland ein Prinzip des Miteinanders und der freien Kommunikation pflegte, aber mit Fortlauf des Projektes sind einige Problemsituationen dezidiert angesprochen worden und dann beseitigt worden. „Die Bewusstmachung war meist schon der Auslöser für die Beseitigung eines Problemes.“ ist Alfred Wieland überzeugt. Zum Beispiel die Dienstplangestaltung, die in den Gesundheitszirkeln thematisiert wurde. Die MitarbeiterInnen arbeiten den Dienstplan nun selbst aus, was größere Flexibilität bedeutet, meist können jetzt auch persönliche Wünsche berücksichtigt werden. Oder die Anschaffung eines Minibar-Wagens, in dem die Ausstattung für die Minibars in den Zimmern griffbereit geordnet ist. Zuvor wurde dies mit Einkaufswagen erledigt, was nicht nur unpraktisch sondern auch fehleranfällig war. Apropos Fehler: Als großen Erfolg verbuchte Alfred Wieland im Zuge des WEG-Projektes die professionelle Schulung zum Thema Reklamationsmanagement, da viele der meist jungen MitarbeiterInnen Schwierigkeiten hatten, mit – manchmal auch unberechtigten – Beanstandungen der Kunden richtig umzugehen. Denn Alfred Wieland wollte Nägel mit Köpfen machen. Als in den Gesundheitszirkeln die triste Situation in den Pausenräumen des Personals zur Sprache kam, setzte man sich zusammen und ließ sich eine neue, freundlichere Gestaltung einfallen. Die Nicht- raucher-Bedürfnisse wurden dabei natürlich berücksichtigt. Da dies ohnehin mit dem Umbau und der Restaurierung des Hauses zusammenfiel, ging das in einem Aufwaschen. Trotzdem: 4.000 Euro für den Umbau des Personalbereiches muss man trotzdem erst bei der Konzernspitze argumentieren. Was man getan hatte und schließlich auch anstandslos akzeptiert wurde. WEG: europaweit Eine konzernübergreifende Änderung setzten die engagierten Salzburger ebenfalls durch: Die Stoffwahl der Personal-Uniform wurde vor allem von den weiblichen Mitarbeitern als zu schwer empfunden – schon bei geringer körperlicher Tätigkeit fing man zu schwitzen an. Also kontaktierte man abermals die Konzernleitung und bat darum, die Uniformen ändern zu lassen. Was auch tatsächlich getan wurde. Und zwar gleich europaweit. Die Uniformen sind nun Eine der größten Hürden betraf aber Profanes: Das liebe Geld. aus einem leichteren, tragefreundlicheren Material. Noch dazu wurde auch die Anregung aufgenommen, dass Mitarbeiterinnen auch Hosen bei der täglichen Arbeit tragen dürfen, was im Konzern, mit dem Hauptsitz in Spanien, zuvor nicht möglich war. Ein WEG-Effekt, der sich somit über Umwegen auf ganz Europa hin auswirkte. Punktgenaue Lösungen Das WEG-Projekt selbst bewertet Alfred Wieland für sein Haus rundheraus positiv. „Aber“, so schränkt er gleichzeitig ein, „man muss wissen, dass so ein Projekt Extra-Time bedeutet. Und zwar sowohl für Unternehmer als auch Mitarbeiter.“ Viele Seminare, Gesundheitszirkel und Befragungen mussten absolviert werden, bis man auf einen grünen Zweig gekommen ist. „Das Schöne aber dabei ist, dass wir wirklich punktgenaue Lösungen erarbeitet haben. Genau das, wo das System bei uns krankte, wurde therapiert, wenn man so will“, findet der General Manager passende Worte für Betriebliche Gesundheitsförderung. Interessant findet er dabei, dass alles gerne angenommen wurde, was in der Arbeitszeit passierte, aber Aktionen, die zwar der persönlichen Gesundheit förderlich waren, jedoch außerhalb der Arbeitszeit hätten in Anspruch genommen werden müssen, wurden eher vernachlässigt. Die Rückenschule zum Beispiel. Ein Phänomen, das ja auch Philipp Kern vom Bauunternehmen Kern verwunderte. Die optimierte Motivation der MitarbeiterInnen müsste also eines der Hauptthemen für zukünftige Projekte sein, so die einhellige Meinung. Profitiert hat das Haus sicher vom Enthusiasmus des Projektleiters Johannes Lammer, der sich unermüdlich für die Gesundheit im Betreib einsetzte. Etwas wofür ihm Alfred Wieland sehr dankbar ist. „Denn ohne persönlichen Einsatz könnten niemals so gute Resultate erzielt werden.“ 10 Interview Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hans H. Hinterhuber Vorstand des Instituts für Unternehmensführung, Tourismus und Dienstleistungswirtschaft der Universität Innsbruck Sie schreiben, Leadership darf man nicht mit Management verwechseln. Was sind die Unterschiede? Leadership bedeutet einmal, Möglichkeiten erkennen, die andere nicht gesehen haben und diese nutzbringend umsetzen, zum anderen, Menschen inspirieren und in die Lage versetzen, sich engagiert für gemeinsame Ziele und Aufgaben einzusetzen. Management ist mehr das kreative Lösen von Problemen oder das Optimieren von etwas, was bereits steht. Im Ergebnis heißt das: Leadership schafft und erhält Arbeitsplätze, Management vernichtet Arbeitsplätze. Unternehmer brauchen je nach Situation beides. Das schöne deutsche Wort „Führung“ meint Leadership und Management. Wo findet man mehr Leader? In großen Betrieben oder eher bei KMUs? Die Frage ist schwer zu beantworten. Jede Organisation braucht beides. „Warum geht es manchen Unternehmen gut und anderen schlecht?“ Auf diese Fragen geben wir Unternehmer, die in schwierigen Zeiten erfolgreich sind, gleich die Antwort: „Gute Führung – schlechte Führung“. Große Unternehmen brauchen allein aufgrund ihrer Größe mehr Leader, in KMUs müssen der Unternehmer und seine besten Mitarbeiter Leader sein. Eines Ihrer Leitthemen zum Begriff Leadership lautet ja: Führung heißt sich für Menschen interessieren. Wie weit soll und darf dieses Interesse gehen? Führen heißt, so meine ich, Menschen mögen und sich für sie interessieren. Es geht nach meiner Erfahrung darum, Menschen zu entwickeln, ihnen zu helfen, ihr höchstes Leistungspotenzial zu erreichen und vielleicht etwas höher zu streben, als sie selbst für möglich halten. Wir sind als Führende umso erfolgreicher, je bessere und klügere Mitarbeiter wir haben. Einen Führenden erkennt man, welche Mitarbeiter er ausgesucht hat und wie er mit ihnen umgeht. Welche Eckpunkte wären für Sie im Sinne eines „gesunden Führungsstiles“ wichtig? Als Eckpunkte eines guten Führungsstiles würde ich sehen: Glaubwürdigkeit, d. h. die Werte leben, die man predigt, Professionalität, Integrität, Beziehungen, die auf Vertrauen und Offenheit beruhen, persönlicher, direkter Umgang mit den Mitarbeitern, Bescheidenheit, Respekt vor dem Anderen. Im Grunde: Anstand und Charakter. Wie ließe sich das in Klein- und Mittelbetrieben realisieren? In dem der Unternehmer einmal mit gutem Beispiel vorangeht, dann eine Richtung vorgibt, die Sinn macht und schließlich alle Mitarbeiter in Bewegung setzt, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten. Jeder im Unternehmen muss wissen, dass sein Gehalt nicht vom Unternehmer, sondern vom Kunden bezahlt wird. Erfolgreiche Unternehmer haben nicht den Gewinn als Ziel, sondern den Nutzen für den Kunden und das Wohlergehen und den Einsatz der Mitarbeiter. Der Gewinn ist kein Ziel, sondern das Ergebnis von Qualität und Kundenbeziehungen sowie von Engagement der Mitarbeiter. 11 Der Spaß an der Gesundheit Das Freizeitzentrum Schwarzlsee bei Graz ist die erste Adresse des steirischen Ballungsraumes wenn es um erfrischenden Spaß geht. Ein Unternehmen, das mit den diversen Sportangeboten wie geschaffen für das WEG-Modellprojekt war. Ingrid Pichler hat uns als Projektverantwortliche über ihre Erfahrungen informiert. 12 In einem Unternehmen, bei dem Sport & Fun großgeschrieben wird, sollte man annehmen, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine überdurchschnittlich hohe Affinität zu gesunden Projekten haben. Doch stellte sich heraus, dass hier eher die Gesetzmäßigkeiten der Gastronomie zu tragen kamen, wie sie auch Alfred Wieland von den nh Hotels beschrieb. Saisonbedingter Stress, atypische Arbeitszeiten und immer dort zu arbeiten, wo andere ihre Freizeit verbringen, lassen viele manchmal weniger an die eigene Gesundheit denken. Im Gegenteil: eine Raucher quote von über 50 % zu Beginn des Projektes spricht eine beredte Sprache. Auch das Freizeitzentrum Schwarzlsee stieg in das WEG-Projekt nicht gänzlich unvorbereitet ein: „Wir haben schon zuvor interne Gespräche geführt, dass wir in Richtung Betriebliche Gesundheitsförderung gehen wollen. Und als wir dann die Einladung zum WEG-Projekt bekamen, stand eigentlich der Entschluss schon fest, dass wir teilnehmen werden.“, schildert Ingrid Pichler die Initialzündung. „Uns war schon vorher bewusst, dass Betriebliche Gesundheitsförderung für uns nur positiv sein kann.“ Während des Projektes wurde vorrangig in vier unterschiedlichen Richtungen hin gearbeitet: 1) Gesundheitsverhalten: Ernährungs-, Rauchverhalten, Alkoholkonsum, sportliche Tätigkeiten. 2) Arbeitszufriedenheit: Gesamtheit der Arbeit, Verantwortung und Mitsprache im Betrieb, Weiterbildungsmöglichkeiten. 3) Betriebsklima: Vorgesetztenverhalten, Umgang mit den Arbeitskollegen. 4) Gesundheitsbelastung z.B. durch Einwirkung von Lärm, Temperatur u.ä. Nach eingehender Analyse wurden die unterschiedlichsten Maßnahmen gestartet. Einerseits rein gesundheitsbezogene Aktivitäten wie ambulante Raucherentwöhnung, Grippeund Zeckenschutzimpfungen, Ausgleichsübungen am Arbeitsplatz, Nordic Walkingbzw. Laufggruppen u.a. Verbesserung des Betriebsklimas wurde durch Aktivitäten angestrebt wie Konfliktmanagement, Stress-Seminar, Golf-Schnupperkurs, gemeinsames Eis laufen, Teilnahme beim 24 Stunden Kart-Race, Gummibootrallye oder Rodeln. Aber auch vor baulichen Adaptierungen machte man nicht halt. Denn wenn schon, denn schon. Also wurden Nichtraucherzonen eingerichtet, in der Eishalle wurde die Lichtsituation verbessert, eine effizientere Lagersituation wurde geschaffen oder ganz einfach neue Fensterdichtungen wurden angeschafft, um die Zugluft zustoppen. So wurden wöchentliche Meetings mit allen Abteilungsleitern installiert, wo z.B. Veranstaltungsabläufe oder saisonbedingte Änderungen besprochen und fixiert werden. Die aktualisierten Informationen werden von den Abteilungsleitern an die jeweiligen MitarbeiterInnen weitergegeben. Außerdem werden Themen der einzelnen Abteilungen durch das gemeinsame Diskutieren transparenter und es entsteht ein besseres Verständnis untereinander. Man sieht schon, das Projektteam vom Freizeitzentrum Schwarzlsee scheut sich nicht heiße Eisen anzufassen. Kein Wunder also, dass trotz Beendigung des WEG-Projektes die Gesundheit weiterhin einen hohen Stellenwert im Betrieb besitzt. „Durch das Projekt WEG wurde das Gesundheitsbewusstsein bei den KollegInnen sichtlich verstärkt.“, ist Ingrid Pichler stolz auf die gemeinsamen Ein wesentliches Thema, das im Seminar Konfliktmanagement immer wieder zur Sprache kam, war der innerbetriebliche Informationsfluss. Erfolge. „Es wird sehr häufig über gesundheitliche Themen diskutiert, Erfahrungen ausgetauscht aber auch Eigeninitiativen gestartet. Und die relativ hohen Teilnahmezahlen an den Aktivitäten bestätigen die Identifizierung mit der Thematik.“ Die Palette der weiterführenden Schwarzlsee-Gesundheitsprojekte ist vielfältig: Professionelle Fitness-Tests, weiters die bereits vierte Teilnahme am Business-Marathon, KabarettAbende, eine Betriebs olympiade und vieles mehr waren die Highlights der letzten Zeit. Kürzlich ist das knapp 60 MitarbeiterInnen starke Unternehmen in das Projekt Health@KMU eingestiegen, das extern unterstützt wird. Gesundheit ist also ein Thema, das hier immer mehr an Gewicht fand. Etwas, worauf nicht nur das Projektteam Schwarzlsee stolz sein kann, sondern das gesamte WEG-Team. Abschließend beantwortet Ingrid Pichler die Frage, wem man denn nun Betriebliche Gesundheitsförderung besonders empfehlen kann, mit einem Satz, den man manchem Unternehmer genau so ins Stammbuch schreiben möchte: „Sind UnternehmerInnen bestrebt, MitarbeiterInnen längerfristig zu beschäftigen, sollten sie auch interessiert sein, für allgemeines Wohlbefinden ihrer MitarbeiterInnen durch Betriebliche Gesundheitsförderung zu sorgen.“ Dem ist nun wirklich nichts mehr hinzufügen. | „Zu Projektbeginn war generell eine gewisse Skepsis zu beobachten. Das hat sich allerdings im Laufe der Zeit geändert. So kommen heute regelmäßig KollegInnen und fragen nach, was wir als Nächstes machen. Oder sie bringen überhaupt von sich aus neue Ideen ein.“ 13 WEG – Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor Gesundheit Ein Modellprojekt zur Betrieblichen Gesundheitsförderung in österreichischen Klein- und Mittelbetrieben (old economy). In Österreich konnte sich das Konzept der betrieblichen Gesundheitsförder ung in den letzten Jahren als wichtiger Beitrag zur Entwicklung „gesunder“ Unternehmen etablieren. Der Fonds Gesundes Österreich hat daher einen Schwerpunkt im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung in Kleinund Mittelbetrieben gesetzt. Das Modellprojekt wird in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg und Steiermark umgesetzt. Das umfassende Gesamtpaket ist bei der österreichischen Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, c/o OÖGKK, Martina Grurl-Blutsch, Gruberstr. 77, 4021 Linz, Tel.: 0732-7807-2851, [email protected] erhältlich. 14 Der WEG rechnet sich. Aus Sicht der Evaluation kann das WEG-Projekt zusammenfassend als ein sehr interessantes und erfolgreiches, vor allem aber sehr lehrreiches Projekt beschrieben werden. Diese Einschätzung lässt sich folgendermaßen begründen: _ Das Projekt konnte sich auf ein ausgezeichnetes Projektmanagement stützen, was zuallererst in der Einhaltung aller Zeit- und Kostenpläne zum Ausdruck kommt. Sowohl im Projektnetzwerk als auch in den einzelnen Betrieben wurde ein sehr positives und der Sache verpflichtetes Klima aufgebaut und erhalten, so dass alle Betriebe über die lange Projektdauer von drei Jahren motiviert mitgearbeitet haben. _ Die einzelnen Betriebe haben viele kleinere und größere Projekte erdacht, geplant und umgesetzt, die überwiegend erfolgreich waren und für die MitarbeiterInnen zu Verbesserungen geführt haben. Diese Verbesserungen betreffen vor allem: _ den Bereich der Lebensstile (z.B. Rauchen, Alkoholkonsum, Bewegung etc.), wo sehr viel erreicht werden konnte; _ den Bereich der Arbeitsabläufe bzw. der Arbeitsorganisation, wo Verbesserungen mit einer Reduktion des arbeitsbedingten Stress verbunden waren; _ das Betriebsklima, das eindeutig verbessert werden konnte, und _ das Verhältnis der MitarbeiterInnen zu den Vorgesetzten bzw. das Verhalten der Führungskräfte. _ Schließlich standen in der Abschlussbefragung zwei Drittel aller MitarbeiterInnen – also auch jener, die von dem Projekt vielleicht nur wenig mitbekommen haben – dem Projekt eindeutig positiv gegenüber, anerkannten seine Leistungen und empfahlen es auch anderen vergleichbaren Betrieben zur Durchführung. Bei jenen, die in das Projekt mehr oder weniger stark involviert waren, war die positive Gesamtbewertung noch wesentlich höher. Auf der anderen Seite muss man aber auch ein irritierendes Ergebnis der Abschlussbefragung zur Kenntnis nehmen: das Vertrauen der Beschäftigten in die Führung hat leicht, aber signifikant, also bedeutsam abgenommen. Dieses Ergebnis blieb in den weiteren Analysen singulär, in denen keine Indizien dafür gefunden werden konnten, dass die Führungen durch eine Verschlechterung ihres tatsächlichen Verhaltens einen solchen Vertrauensverlust bewirkt hätten. Im Gegenteil: durch die vom Projekt angeregte bessere Planung, durch das Mehr an Kommunikation und persönlichen Kontakten wurde das Führungsverhalten über alle Betriebe gesehen sogar verbessert. Die Evaluation hat daher ausführlich argumentiert, dass dieser Vertrauensverlust darauf zurückzuführen ist, dass die Erwartungshaltungen der MitarbeiterInnen an die Führung gestiegen sind und dass dieser Anstieg vom Projekt selber ausgelöst worden war. Die Führungen haben durch die Verbesserung ihres Verhaltens einen neuen Standard gesetzt, an dem sie in der Abschlussbefragung gemessen wurden. Im Kern geht das leicht gesunkene Vertrauen in Führungen also auf etwas durchaus Positives zurück, nämlich darauf, dass die MitarbeiterInnen gelernt haben, Führungsverhalten an höheren Standards und vielleicht auch kritischer zu messen. Da sich dieses „Rad“ nicht zurückdrehen lässt, bleibt den Führungen nichts anderes übrig, als darin einen Ansporn zu sehen, kontinuierlich an Verbesserungen weiter zu arbeiten. Dass dies im WEG-Projekt selbst noch nicht zu aller Zufriedenheit und mit zunehmender Projektdauer tendenziell immer weniger gelungen ist als zu Beginn, dürfte mehrere Gründe haben: _ Das ist zunächst die Projektdauer selbst: solange das Projekt zu Beginn Energien freisetzen konnte, war vieles möglich, was in den Routinen des Alltags schwer fällt. Beim Übergang vom Projekt zum Alltag sind möglicherweise Reibungsverluste erfolgt. _ Das WEG-Projekt hat insgesamt hohe Standards gesetzt und solche auch in die Betriebe importiert. Dieser Unterschied zwischen Projekt und Alltag hat bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vielleicht erstmals einen kritischen Blick auf die etablierte Management-Kultur ermöglicht und Kritik bzw. Unbehagen erzeugt. Hier scheinen KMUs große Entwicklungsmöglichkeiten zu haben. _ Darüber hinaus ist der Bericht der Geschäftsführer ernst zu nehmen, wonach während des Projektes in den letzten drei Jahren auch der ökonomische Druck auf die Betriebe noch stärker geworden ist, was zu zusätzlichen Belastungen bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen geführt hat. Die Mehrheit der Betriebe möchte die gesetzten Maßnahmen und Aktivitäten nachhaltig sichern und weiterführen. Ein Wort zur Nachhaltigkeit des Projektes: Dies soll vor allem dadurch geschehen, dass man weiter auf Gesundheitszirkel setzt, die sich aus Sicht der Projektkoordinatorinnen/koordinatoren in glänzender Manier bewährt haben. Insgesamt scheinen alle WEG-Betriebe äußerst motiviert zu sein, das Ziel der Mitarbeiter/innengesundheit weiter zu tragen. | Mag. Dr. Wolfgang Dür Ludwig Boltzmann Institute for the Sociology of Health and Medicine, Institute of Sociology, University of Vienna, Rooseveltplatz 2; A-1090 Vienna, AUSTRIA, T +431 4277 48284, F +431 4277 48290, E [email protected], I www.univie.ac.at/lbimgs 15 Auftraggeber Fonds Gesundes Österreich, Geschäftsführung: Dennis Beck, Gesundheitsreferent: Dr. Klaus Ropin Mariahilferstr. 176, 1150 Wien, www.fgoe.org Auftragnehmer Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, C/o Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Dr.Dr. Oskar Meggeneder/ Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Elfriede Kiesewetter / Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, Gruberstr. 77, 4021 Linz, www.netzwerk-bgf.at Projektsteuerungsgruppe Dr. Klaus Ropin / Fonds Gesundes Österreich, Dr. Harald Seiss / Salzburger Gebietskrankenkasse, Dr. Erhard Prugger / Wirtschaftskammer Oberösterreich, Mag. Harald Schneeberger / Arbeiterkammer Steiermark, Dr. Wolfgang Dür / Ludwig Boltzmanninstitut für Medizin- und Gesundheitssoziologie, DDr. Oskar Meggeneder / Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Elfriede Kiesewetter / Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, Dr. Christian Scharinger Projektleitung Dr. Christian Scharinger, Schmidtfeld 1, 4152 Sarleinsbach, www.christian-scharinger.at Bundesländerkoordination Mag. Beate Atzler / Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, www.vaeb.at, Elisabeth Zeisberger / Salzburger Gebietskrankenkasse, www.sgkk.at, Dr. Christian Scharinger, www.christian-scharinger.at Projektlaufzeit November 2002 – März 2006 Projektbudget 400.000 Euro Projektevaluation Ludwig Boltzmann-Institut für Medizin- und Gesundheitssoziologie am Institut für Soziologie der Universität Wien, Dr. Wolfgang Dür, Dr. Kristina Fürth, Rooseveltplatz 2, 1090 Wien, www.univie.ac.at/lbimgs Projekthandbuch WEG- Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor Gesundheit Projektinformationen und Projektunterlagen www.netzwerk-bgf.at, Projektsekretariat: Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung, C/o OÖGKK, Martina Grurl-Blutsch, Gruberstr. 77, 4021 Linz, 0732-7807-2851, [email protected] Modellunternehmen B. Kern Baugesellschaft mbH Haus Hofgastein Schwarzl Freizeit und Veranstaltungszentrum Geschäftsführung: Ing. Phillip Kern, Geschäftsführung: Egon Tscherner, Geschäftsführung: Gerald Donnerer, Interne Projektleitung: Erwin Tober, Interne Projektleitung: Manuela Gracher, Interne Projektleitung: Ingrid Pichler, 4273 Unterweissenbach, www.kern.at 5630 Bad Hofgastein, 8141 Unterpremstätten, www.sfz.at www.metaller.at/urlaub/hofgastein.html Blineder Baugesellschaft mbH Trattnerhof Geschäftsführung: Ing. Peter Blineder, MAS, NH Hotel Salzburg Geschäftsführung: Maximilian Trattner, Interne Projektleitung: Erwin Penkner, Geschäftsführung: Alfred Wieland, Interne Projektleitung: Rosemarie Glettler, 4210 Gallneukirchen, www.baumeister.at Interne Projektleitung: Johannes Lammer, Alexandra Glettler, 5020 Salzburg, www.nh-hotels.com 8102 Semriach, www.trattnerhof.at Drugowitsch Bau GmbH Geschäftsführung: Werner Berger, Reicher Bau GmbH Nfg. KG Wolfram Bergbau- und Hütten GmbH NfG. KG Interne Projektleitung: Gerald Knopf, Geschäftsführung: Ing. Rudolf Reicher, Aufbereitung, 4600 Wels, www.drugowitsch.at Interne Projektleitung: Maria Kamper, Geschäftsführung: DI Wolfram Bernhart, 8041 Graz, www.reicher-bau.at Interne Projektleitung: DI Alexander Mosser, Hotel Freunde der Natur Geschäftsführung: Ägidius Exenberger, Schotterwerk Gradenberg Bergbau, Interne Projektleitung: Helga Exenberger, Geschäftsführung: DI Günther Pachatz, Geschäftsführung: DI Dr. Peter Walser, 4582 Spital am Pyhrn, Interne Projektleitung: Dietmar Seidler, Interne Projektleitung: DI Felix Gaul, www.oberoesterreich.at/hotel.freunde.der.natur 8580 Köflach, www.schotter-betonwerk-schwarzl.at 5730 Mittersill, www.wolfram.at