INSIDE BCRT - Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative
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INSIDE BCRT - Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative
Inside BCRT B e r l i n -B r a n d e n b u r ge r C e n t r um f ü r R e ge n e r at i v e T h e r a pi e n 2 Liebe Leserinnen und Leser Dear Reader 3 Mit Inside BCRT, dem neuen Jahresmagazin in einem etwas anderen Format, wollen wir Ihnen einen Einblick in unser Zentrum geben und einige der vielfältigen Projekte vorstellen. Im Frühjahr dieses Jahres starteten wir in die neue Förderperiode. Wir sind sehr stolz auf das in uns gesetzte Vertrauen und freuen uns, die erfolgreiche Arbeit unseres Zen trums weiterführen zu können. Den Beginn der neuen Förderperiode möchten wir nutzen, um mit Ihnen gemeinsam innezuhalten und zu reflektieren, was wir erreicht haben und was wir für die Zukunft planen. Wir stellen Ihnen beispielhaft vier interdisziplinäre Forschungsprojekte vor. Translation in seinen unterschiedlichen Stadien können Sie hier erleben – zwei Projekte sind noch am Anfang. Erste Ideen sind gemacht, nun gilt es, diese zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Zwei weitere Projekte sind schon weiter fortgeschritten, eines steht kurz vor der klinischen Prüfung. Doch lesen Sie selbst! Inside BCRT is our new annual magazine in a somewhat different format. We want to give you an insight into our research center and information on some of the many projects. In spring this year we star ted our third funding period. We are very proud of the confidence placed in us and are looking forward to continue the successful work of our center. We want to use the beginning of the new funding period to stop and re-examine our successes and our plans for the future together with you. To do so, we present four cross-field projects as an example of the research done at our center. These projects illuminate quite nicely the different stages of translation every project has to go through. Two of the projects are still in the early stages; first ideas have been summoned, now it is time to test these hypotheses. Two fur ther projects are already at a later stage, one is about to be tested in a first clinical study – but read for yourself. Prof. Hans-Dieter Volk Prof. Andreas Lendlein Zusätzlich zu den Projekten porträtieren wir in kurzen Snapshots vier Mitarbeiter/-innen des Zentrums, gewähren einen Blick in die Arbeit der Graduiertenschule und lassen den Translational Research Club zu Wort kommen! Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre! In addition, we por tray four of our employees in shor t snapshots, offer a glimpse into the work of the Berlin Brandenburg School for Regenerative Therapies (BSRT) and inform you about the activities of the Translational Research Club. We sincerely hope that you will enjoy this magazine! Prof. Georg Duda Das BCRT: Ausgewählte Highlights 2011 bis 2014 BCRT: Selected Highlights from 2011 to 2014 4 Das BCRT ist ein Vorzeigeprojekt der Translationsforschung. Ein gemeins ames Dach 2011 war es soweit: Fast zeitgleich mit dem Beginn der Zweiten Förderperiode des Berlin-Brandenburger Centrums für Regenerative Therapien (BCRT) konnten die Mitarbeiter/-innen den Einzug in zwei neue Gebäude feiern: In Berlin bezogen sie das umfassend sanierte Institutsgebäude Süd auf dem Campus Virchow Klinikum der Charité, in Brandenburg zogen die Biomaterialwissenschaftler/-innen in das Biomedizintechnikum II auf dem Campus Teltow der Helmholtz-Zentrum Geesthacht GmbH. Nach fünf Jahren Umbau des Institutsgebäudes Süd logiert das BCRT nun in einem modern organisiertem Haus auf dem Campus Virchow Klinikum. Die offene Gestaltung des Gebäudes trägt sehr dazu bei, die Grundideen des Translationszentrums umzusetzen: Multidisziplinarität, Teamwork, Multiuser-Speziallabore, strukturierte Ausbildung und Förderung der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die erste klinische Anwendung (Translation). Das BCRT ist für Kooperationen nach innen und außen geöffnet, was durch die Integration wichtiger Partnerinstitute des Zentrums in das Institutsgebäude Süd wesentlich gefördert wird. Zudem befinden sich zentrale Partnerkliniken des BCRT in enger Nachbarschaft auf dem Virchow Klinikum. So können Grundlagen- und klinische Forschungsteams (teilweise auch mit Industriepartnern) noch enger zusammen- arbeiten. Im Forschungsgebäude am Campus Teltow kommen modernste Technologien zur Herstellung von neuen Biomaterialien bis hin zur ersten klinischen Anwendung in Reinräumen zum Einsatz. W e ltw e it e Ko o pe ratio ne n: R e g e ne rativ e Zellth e ra pi e nun auch bei Mu sk e lv e rl e tz ung e n Eine überaus erfolgreiche Zusammenarbeit besteht seit 2007 mit dem israelischen Biotech-Unternehmen Pluristem Therapeutics Inc. Das Unternehmen bereitet in einem komplexen Kultivierungsprozess mesenchymale Stromazellen aus der Plazenta auf, die das Immunsystem im Gleichgewicht halten und die Durchblutung und Regeneration von geschädigtem Gewebe verbessern. Diese aufbereiteten Zellen werden für die Therapie unterschiedlichster Erkrankungen erprobt. Das BCRT hat die Entwicklung von Beginn an mit verschiedenen klinischen Forschungsprojekten begleitet. In einer klinischen Studie konnten Wissenschaftler des BCRT und der Orthopädie des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie der Charité mit Pluristem Therapeutics jüngst eine Zelltherapie aus aufbereiteten Plazentazellen für Patienten mit Muskelschäden nach einer Hüftkopfoperation sehr erfolgreich zum Einsatz bringen. Nach Implantationen von Gelenkersatz, speziell auch am Hüftgelenk, kommt es nach einer Operation zu einem Verlust an Muskelvolumen und Muskeln degenerieren zu Fettgewebe. Während chirurgisch knöcherne Defizite gut korrigierbar sind, fehlen für Muskelregenerationen jegliche Behandlungsmöglichkeiten; bislang stehen einzig große chirurgische Maßnahmen 5 Michael Schossig & Yvonne Pieper: Polymerpartikel zur Verfügung. Schädigungen der Muskeln führen zu Schmerzen, fettiger Degeneration der Muskeln selber und in der Folge zu motorischen Störungen. Oftmals kommt es dann auch zu einem ausgeprägten Verlust an Knochensubstanz in der Hüftregion, wenn die Muskeln geschwächt werden. Um eine Zelltherapie zur Muskelregeneration nach operativem Eingriff zu konzipieren, wurden aufbereitete Plazentazellen (PLX-PAD-Zellen) dem Patienten nach dem Einsetzen des künstlichen Gelenkes direkt beim Nahtverschluss in den Muskel im Umfeld der Schnittwunde gespritzt. Die Analyse nach der Zelltherapie zeigte nach sechs Monaten eine deutlich verbesserte Muskelkraft der Patienten und ein vergrößertes Muskelvolumen. Die Wissenschaftler hoffen, dass mit den PLX-PAD-Zellen zukünftig auch andere Muskelverletzungen behandelt werden können. Nicht zuletzt ist der schnelle und beeindruckende Erfolg dieser Therapie eine Frucht der engen Zusammenarbeit zwischen Klinikern und Laborforschern, wie sie ideal am BCRT möglich ist. Inn ovati o nspot e ntial: „Aus d e m He rz , f ür da s H e rz “ Gemeinsam entwickelten der Kardiologe Carsten Tschöpe und der Zellbiologe Michael Sittinger am BCRT eine innovative Zelltherapie für Herzerkrankungen: „Aus dem Herz, für das Herz“ nennen sie ihre Erfindung, die 2014 für den Innovationspreis Berlin Brandenburg nominiert wurde. Ihre Therapie nutzt herzgewebespezifische Zellen – im Gegensatz zu vergleichbaren Therapien, die meist unspezifische Stammzellpräparate verwenden. Die Zellen werden für die Therapie direkt aus patienteneigenen Gewebeproben des Herzens isoliert, im Herstellungs-Reinraumlabor expandiert und danach demselben Patienten wieder zurücktransplantiert. Die Entwickler Tschöpe und Sittinger gaben diesen Zellen den Namen CardAP-Zellen (Cardiac-derived Adherent Proliferating cells). CardAP-Zellen können sowohl intravenös oder auch direkt in das Herz injiziert werden. Sie sind für eine Therapie deswegen so interessant, da sie die Herzfunktion deutlich verbessern und das Absterben von Zellen im Herzen hemmen. Des Weiteren konnte in Experimenten eine ungerichtete Vernarbung (Fibrose) verhindert werden. Und da es sich um patienteneigene Zellen handelt, werden sie nicht vom Körper des Patienten abgestoßen. Insgesamt grenzen sich damit die am BCRT entwickelten CardAP-Zellen bei Wirksamkeit, Sicherheit und Praxistauglichkeit von allen bisher bekannten Entwicklungen der akademischen und industriellen Forschung ab. Das Patent für ihre neuen Zellen erhielten die Wissenschaftler bereits 2011, zur Zeit suchen sie mit Unterstützung der Firma CellServe GmbH nach einer Finanzierung für ihr Produkt und dessen Weiterentwicklung. Sobald die Finanzierung gesichert ist, sollen die ersten klinischen Studien starten. Die beiden Wissenschaftler und ihre Teams hegen die Hoffnung, dass die Therapie mit CardAP-Zellen schnell als klinische Standardbehandlung etabliert werden kann. (Näheres zu dieser Zelltherapie erläutern Marion Haag und Sophie Van Linthout im Interview mit der Journalistin Claudia Wessling auf S. 36ff.) 6 Made in B CRT: CMVu n d EB V- s pezi fisch e Z ellpro dukt e Einen nachhaltigen Schutz gegen schwere Infektionen, die vor allem Patienten mit geschwächtem Immunsystem betreffen – das ist das Ziel der am BCRT entwickelten virusspezifischen T-Zell-Therapie. Petra Reinke, Nephrologin und Transplantations-Medizinerin an der Charité sowie Leiterin des Forschungsfeldes Immunologie am BCRT, weiß um die Gefahr, die von bestimmten Viren für ein geschwächtes Immunsystem ausgehen: Nach Organtransplantationen sind unter anderem Cytomegalie-Viren (CMV) besonders gefährlich, weil sie ernste Krankheiten wie beispielsweise eine Lungenentzündung oder eine Transplantatabstoßung auslösen können. Die von Petra Reinke und ihrem Team entwickelten CMV-spezifischen Zellprodukte werden im zentrumseigenen GMP-Labor hergestellt. Die ersten Ergebnisse waren sehr hoffnungsvoll, mittlerweile wird bereits die zweite Generation mit erwarteter höherer, vor allem noch länger anhaltender Wirksamkeit entwickelt und soll demnächst erstmalig am Patienten geprüft werden. Die Produktion der CMV-spezifischen Zellprodukte basiert auf einer am BCRT entwickelten modularen Technologie. „Modular“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Labor die Technologie auch zur Herstellung von anderen virusspezifischen Zellprodukten nutzen kann – entsprechend fest definierter Prozesse für jedes einzelne Produkt und nach nochmaliger behördlicher Prüfung. So konnte das Team um Petra Reinke auf den Erfolgen der CMV-spezifischen T-Zell-Therapie aufbauen und in einem weiteren Schritt EBV-spezifische Zellprodukte mit der neuen Technologie entwickeln (EBV: Epstein-Barr-Virus). Die Erlaubnis zur Herstellung dieser Zellprodukte erteilten die Landes- und Bundesbehörden im Jahr 2013; seitdem läuft auch diese Produktion im zentrumseigenen GMP-Labor. Somit ist es dem Zentrum dank seines exzellenten GMP-Labors möglich, wissenschaftliche Entdeckungen direkt in innovative Therapien zu überführen, diese vor Ort in ersten klinischen Studien zu überprüfen und durch iterative Anpassungen immer weiter zu verbessern. H ür d e n i n d e r T ra nslatio n und wi e d i e se üb e rw und e n w e r d e n k ö nne n Viele in der Grundlagenforschung geborene Ideen erreichen oft nicht einmal die klinische Erprobungsphase oder können auch dort noch in großer Zahl scheitern – das bedeutet große Verlustraten, lange Entwicklungszeiten und damit verbunden hohe Kosten. Wie kann man das Entwicklungsrisiko senken und den Translationsprozess effektiver machen? Wo bestehen Hürden im Translationsprozess und wie sind diese zu überwinden? Um diese Fragen zu erörtern, lud das BCRT im Mai 2014 führende Translationsexperten nach Berlin zum weltweit ersten „Translate!“-Kongress. Vor allem, so die Erkenntnis der Teilnehmer, ist eine frühe und kontinuierliche Zusammenarbeit aller Beteiligten unabdingbar für eine erfolgreiche Translation, vom Grundlagenforscher zum Kliniker, vom Forschungsinstitut zum industriellen Kooperationspartner. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass sich die Wissenschaftler und Mediziner entsprechend weiterbilden, um den Translationsprozess in seiner Gänze zu verstehen und mögliche Fallstricke zu antizipieren (Entwicklungskosten, technische Realisierbarkeit etc.). Alle Teilnehmer des Kongresses waren sich außerdem darin einig, dass neue Finanzierungsmodelle gefunden werden müssen, zum Beispiel frühe strategische Partnerschaften zwischen Forschungsinstituten und der Industrie, aber auch langfristige Finanzierungszusagen seitens der öffentlichen Hand. Die diskutierten Lösungsvorschläge veröffentlichen ausgewählte Kongressteilnehmer seit Februar 2015 in loser Folge in der renommierten Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“. Der nächste „Translate!“-Kongress wird im Jahr 2016 stattfinden – wieder federführend organisiert vom BCRT. Frücht e d e s Er f o l g s Exzellente Laboreinrichtungen, hervorragende Wissenschaftler/-innen sowie vielfältige Kooperationen innerhalb und außerhalb der Mauern seiner beiden Standorte: Mit seinen Strukturen und wissenschaftlichen Erfolgen hat das BCRT auch international wahrgenommene Maßstäbe gesetzt. Dies bestätigte unter anderem das World Technology Evaluation Center (WTEC), welches im Jahr 2012 in einer weltweiten Vergleichsstudie aktuelle Trends und Entwicklungen der Regenerativen Medizin und Zelltherapie untersuchte. Im abschließenden Bericht würdigt das WTEC das BCRT als ein Vorzeigeprojekt der Translationsforschung. Das BCRT wurde damit auch in seiner Rolle als Brücke zwischen medizinischer Grundlagenforschung und Industrie-geleiteter klinischer Entwicklung bestätigt, um gemeinsam neue Therapien und Diagnostika zu entwickeln. The open-plan layout of the building is well suited to implementing the basic ideas of the translation center. 7 A com m on r oof In 2011, almost coinciding with the star t of the second funding period of the Berlin-Brandenburg Center for Regenera tive Therapies (BCRT), staff were finally able to celebrate their move into two new buildings: In Berlin, BCRT staff moved into the extensively refurbished Institutsgebäude Süd on the Campus Virchow Klinikum of the Charité; in Brandenburg, the biomaterial scientists moved into the Biomedizintechnikum II on the Teltow Campus of the Helmholtz-Zentrum Geesthacht GmbH. After five years of reconstruction work on the Institutsgebäude Süd, the BCRT is now housed in a modern, customized building. The open-plan layout of the building is well suited to implementing the basic ideas of the translation center : multidisciplinarity, team work, multi-user specialist laboratories, structured education and the promotion of translation (i.e., moving research findings into first clinical applications). The BCRT is open to collaboration, both internal and external, and this goal is fostered by integrating impor tant par tner institutes in the Institutsgebäude Süd. Key par tner clinics of the BCRT are also located nearby on the Campus Virchow Klinikum. This means that basic and clinical research teams (in some cases with industrial par tners) are now able to work together even more closely. In the research facility on the Teltow Campus, researchers are using state-of-the-ar t technologies to produce novel biomaterials which can then be tested in clean rooms right up to the first clinical trial phase. Kay Raum: Fancy Bone Gl oba l coo pe r at i on : R e ge n e r at i v e c e l l t h e r a pi e s f o r t h e t r eatm e n t o f m usc l e i n j u r i e s Since 2007 the BCRT has been involved in a highly successful cooperation with the Israeli biotech company Pluristem Therapeutics Inc. In a complex cultivation process the company isolates from human placenta mesenchymal stromal cells that keep the immune system in balance, improve blood perfusion 8 hope that the PLX-PAD cells could be used to treat other muscle injuries in the future. The rapid and impressive success of this therapy is not least due to the close collaboration between clinicians and laboratory researchers, for which the BCRT offers ideal conditions. Po t e n t i a l f or i n n o vat i on : “ F r om t h e h ea r t, f o r t h e h ea rt ” Nils Männicke: o. T. and help to regenerate injured tissue. These processed cells are being tested for their potential to treat various diseases. From the outset the BCRT has been contributing to this development with various clinical research projects. In a recent clinical trial, scientists from the BCRT and orthopedic specialists from the Charité Center for Musculo- skeletal Surgery together with Pluristem Therapeutics were able to administer with great success specially processed placental cells to patients with muscle injury following hip replacement surgery. Surgery to implant an ar tificial joint, especially the hip joint, often results in a loss of muscle volume and the muscles can degenerate into fatty tissue. Whereas surgically induced osseous defects can be easily corrected, treatment options for muscle regeneration are lacking; so far, the only treatment available involves major surgery. Muscle injuries cause pain, fatty degeneration of the muscles themselves and, as a consequence, motor dysfunction. Frequently, weakness in the muscles can lead to a marked loss of bone substance in the hip region. The concept of a cell therapy for post-surgical muscle regeneration involves injecting specially prepared placental cells (PLX-PAD cells) directly into the patient’s muscle in the area of the incision while closing the wound following implantation of the ar tificial joint. Evaluation of the cell therapy six months later showed that patients had significantly improved muscle strength and gained greater muscle volume. The scientists In a joint endeavor at the BCRT cardiologist Carsten Tschöpe and cell biologist Michael Sittinger have developed an innovative cell therapy for the treatment of hear t disease: “From the hear t, for the hear t” is the title of their discovery, which was nominated for the 2014 Berlin-Brandenburg Innovation Award. In contrast to other comparable therapies based on mainly unspecific stem cell preparations, their therapy uses cardiac tissue-specific cells. The cells are isolated directly from the patient’s own cardiac tissue samples, expanded in a clean room production facility and subsequently transplanted back into the same patient. The developers Tschöpe and Sittinger named them CardAP cells: „Cardiac-derived Adherent Proliferating cells“. CardAP cells can be injected intravenously or directly into the hear t. The reason they are so interesting for the development of therapies is that they improve the function of the hear t significantly and that they inhibit cardiac cell death. Moreover, in experiments they were found to prevent undirected scarring (fibrosis). And since they are native cells, they won’t be rejected by the patient’s body. Overall, in terms of efficacy, safety and practical use, the CardAP cells developed at the BCRT differ from all previously known developments in academic and industrial research. The scientists obtained the patent on the new cells back in 2011. Currently, with the suppor t of the company CellServe GmbH, they are seeking financing to fund the fur ther development of their product. Once the capital has been secured, the first clinical study can begin. The two investigators and their teams are hopeful that the CardAP cell therapy can soon be established as a standard treatment. (In an interview with journalist Claudia Wessling on pages 39-41 Marion Haag and Sophie Van Linthout describe the cell therapy in greater detail.) 9 M a d e i n t h e B C RT: C MV a n d E B V-s pe ci f i c c e l l pr o d u c ts Providing long-term protection against serious infections – which par ticularly affect patients with a weakened immune system – is the goal of a virus-specific T-cell therapy developed at the BCRT. Petra Reinke, nephrologist and transplant clinician at the Charité and leader of the immunology research field at the BCRT, is keenly aware of the danger cer tain viruses pose to the compromised immune system: Following organ transplantation Cytomegalovirus (CMV) poses a par ticular hazard because it can trigger serious diseases such as pneumonia or lead to transplant rejection. The CMV-specific cell products developed by Petra Reinke and her team are manufactured in the GMP laboratory of the BCRT. The initial results were very promising. Meanwhile the second generation product, which is expected to provide higher and above all longer-lasting efficacy, is under development and due to be tested soon in a first-in-patient study. The production of the CMV-specific cell products is based on a modular technology developed at the center. “Modular” in this context means that the laboratory can use the same technology to manufacture other virus-specific cell products – following clearly defined processes for each individual product and after repeat review by the regulatory authorities. In this way, Petra Reinke’s team has managed to build on previous successes in CMV-specific T-cell therapy and in a fur ther step were able to develop EBV-specific cell products using the new technology (EBV: Epstein-Barr Virus). The authorization to manufacture these cell products was issued by the regional and federal authorities in 2013. Since then, production has been ongoing in the center’s GMP laboratory. Thanks to its excellent GMP facility, the BCRT has been able to directly translate scientific discoveries into innovative therapies, test these in first clinical studies on site, and continuously improve them by means of iterative adjustments. O bs ta c l e s t o t r a n s lat i on a n d h ow t h e y ca n be o v e r com e Many ideas born in basic research never even make it to the clinical trial phase or, if they do, a large number of them fail there. That means high rates of loss, long development times and correspondingly high costs. So what can be done to lower the development risk and make the translation process more effective? What are the obstacles to translation and how can they be overcome? To debate these questions, the BCRT invited leading translation exper ts to take par t in the first global “Translate!” event in Berlin in May 2014. Par ticipants found that successful translation depends above all on early and sustained collaboration between all par ties involved, from basic researcher to clinician, from research institutes to industrial par tners. In this context, scientists and clinicians need to pursue fur ther training in order to be able to understand the translation process as a whole and to anticipate potential pitfalls (development costs, technical feasibility etc.). All par ticipants at the meeting also agreed on the need for new financing models, which could include early strategic par tnerships between research institutes and industry, but also long-term financing commitments from the public sector. Star ting in February 2015, a series of ar ticles on the solutions proposed at the conference authored by selected conference par ticipants have appeared in the renowned scientific journal “Science Translational Medicine”. The next “Translate!” event is scheduled to take place in 2016 – once again under the aegis of the BCRT. T h e f r u i t s o f s u cc e ss Excellent laboratory facilities, outstanding scientists and manifold oppor tunities for cooperation both within and beyond the walls of its two locations – with its structures and scientific successes the BCRT has set standards, also at international level. This is confirmed, among others, by the World Technology Evaluation Center (WTEC), which in 2012 carried out a global assessment of current trends and developments in regenerative medicine and cell therapy. In their subsequent repor t, WTEC acknowledges the BCRT as a flagship project in translational research. It also confirms the role of the BCRT as a bridge between basic medical research and industry-led clinical development for the joint development of new therapies and diagnostic methods. 12Viele Faktoren, ein Ziel: Knochenheilung Many factors, one goal: Bone healing 20Genetische Prothesen für gesunde Knochen Genetic protheses for healthy bones 28Prof. Dr. Nan Ma Snapshot 30 Elf Fragen an Andreas Thiel Eleven Questions for Andreas Thiel 34 The BSRT A professional interdisciplinary training for doctoral candidates and postdocs 36Die Zell-Spezialistinnen The Cell Specialists 42Prof. Dr. Michael Sittinger Snapshot 44Saboteure aus dem Immunsystem Saboteurs from the immune system 10 Pascal Joly: Fibroblasten 11 Viele Faktoren, ein Ziel: Knochenheilung Many factors, one goal: Bone healing 12 Aline Geyer im Interview mit Ansgar Petersen Wir versuchen, näher an der Realität zu sein als andere. Sie forschen zu Knochenbrüchen. Warum braucht es hier eigentlich weitere wissenschaftliche Arbeiten? Wenn ich mir meinen Arm breche, bekomme ich einen Gips und der Bruch verheilt nach einigen Wochen. Leider gibt es auch komplizierte Knochenbrüche, bei denen die Knochen nur sehr langsam oder überhaupt nicht zusammenwachsen. Diese Situation erforschen wir. Es kann manchmal ein halbes Jahr oder sogar länger dauern, bis der Bruch verheilt, das nennt man verzögerte Heilung. Hier geht es zum Beispiel um Brüche, bei denen der Abstand zwischen den Knochenenden sehr groß ist, sogenannte Knochendefekte. Ein Gips allein reicht in solchen Fällen nicht mehr aus. Teilweise wurden solche Knochendefekte in der Vergangenheit mit Wachstumsfaktoren wie BMP-2 behandelt. BMP-2 ist ein Vertreter der Familie der „Bone Morphogenetic Proteins.“ Diese Wachstumsproteine werden also schon länger bei Knochenbrüchen gegeben. Was müssen Sie da noch erforschen? Es ist zwar richtig, dass einige Vertreter aus der Familie der BMPs bereits bei bestimmten Knochenbrüchen zum Einsatz kommen. Aber es sind noch längst nicht alle Fragen rund um diese Therapie geklärt. BMPs sind auf jeden Fall sehr aktive Proteine. Sie tragen zum Beispiel dazu bei, dass sich gewisse Stammzellen, zum Beispiel aus dem Knochenmark, dazu ‚entschließen’, zu Knochenzellen zu werden. Das klingt doch sehr viel versprechend! Durchaus. BMPs steuern die Skelettentwicklung und spielen eine enorm wichtige Rolle bei der Heilung von Knochenverletzungen. Sie sind Wachstumsfaktoren, also von Natur aus sehr mächtig. Unter Umständen sogar zu mächtig? Genau, denn BMPs sind manchmal nur schwer zu kontrollieren. Bei Überdosierungen kann die Therapie für den Patienten gefährlich werden. So kann es bei Wirbelsäulenfusionen zu übermäßigen Verknöcherungen kommen. BMPs sind also keine Wundermittel, die man bedenkenlos einsetzen kann. Wir müssen diese Proteine kritisch betrachten. Es ist wichtig, sie noch besser zu verstehen und in den Griff zu bekommen. Was macht denn Ihren Ansatz so einzigartig im Gegensatz zu anderen Forschungsgruppen? Wir versuchen, näher an der Realität zu sein als andere. Klar, auch wir arbeiten mit künstlichen Systemen – also mit Zellkulturen im Bioreaktor und später dann mit Tiermodellen. Aber wir berücksichtigen, dass im menschlichen Körper viele Einflüsse auf die verletzte Knochenregion einwirken. Diese Einflüsse können die Entwicklung von neuem Knochen fördern oder auch blockieren. Wir untersuchen eine Reihe von Faktoren und deren Zusammenspiel. So hoffen wir, der komplexen Situation im menschlichen Körper möglichst nahe zu kommen. Und was genau sind das für Faktoren, die Sie unter die Lupe nehmen? Speziell untersuchen wir diverse mechanische Reize. Wir möchten herausfinden, was mit den Vorläuferzellen rund um die gebrochenen Knochen passiert, wenn sie belastet werden. Unter welchen Umständen verwandeln sie sich in Knochenzellen? Was Knochenheilung 13 Gemeinsam brüten wir neue Ideen aus, die manchmal etwas verrückt erscheinen mögen, und tüfteln an der technischen Umsetzung. Together we hatch out new ideas, which might sometimes seem a bit crazy, and fiddle about with the technical realization. Zum Pro j e kt Damit ein Knochenbruch verheilt, sind meistens Schonung und ein Gips ausreichend. In komplizierteren Fällen stehen Operationen und ggf. Knochentransplantationen zur Verfügung. Doch leider helfen diese herkömmlichen Methoden den Patienten nicht immer. 14 Schmerzen, Infektionen sowie erhebliche Einschränkungen in Alltag und Beruf können die Folge eines schlecht verheilten Bruchs sein. Hier setzt das interdisziplinäre Forschungsvorhaben des BCRT an, zu dem Ansgar Petersen mit seiner Forschung beiträgt. Zur Simulation der frühen Heilungsprozesse bei großen Knochenbrüchen hat er eigens einen Bioreaktor entwickelt. So können Petersen und sein Team in einem dreidimensionalen System testen, an welchen Stellschrauben bei der Knochen-Regeneration gedreht werden kann: In welcher Umgebung entwickeln sich neue Knochenzellen besonders gut? Unter welchen Bedingungen kann die Gabe des Wachstumsproteins BMP-2 den Heilungsprozess optimal unterstützen? Welche mechanischen Belastungen stimulieren das Zusammenwachsen der getrennten Knochenstücke? „Unser System soll der Situation im menschlichen Körper möglichst nahe kommen“, formuliert Ansgar Petersen eines der Projektziele. „Schließlich wollen wir, dass unsere Ergebnisse in die Praxis übertragen werden und jenen Patienten helfen, bei denen andere Therapien nicht wirksam sind.“ passiert, wenn wir BMP-2 kontrolliert zugeben? Ärzte wissen zwar aus Erfahrung, dass die Knochenheilung durch eine Mischung aus Belastung und Entlastung gefördert werden kann – aber man versteht die zellulären Prozesse noch nicht im Detail. Das untersuchen wir. Außerdem überprüfen wir, auf welchem Untergrund die neuen Zellen bevorzugt wachsen. Da geht es um bestimmte Biomaterialien und deren Beschaffenheit. Ein Beispiel: Wie wirkt sich die Steifigkeit des Materials auf die Zellen aus? Um das Zusammenspiel dieser verschiedenen Faktoren zu untersuchen, haben wir einen Bioreaktor entwickelt, in dem wir unsere Experimente durchführen. Sie haben den Bioreaktor tatsächlich selber gebaut? Ja, das Design für den Bioreaktor habe ich entworfen, als ich gerade als Postdoc am BCRT anfing. Einen solchen Bioreaktor hätten wir nicht einfach kaufen können, da wir die mechanischen Signale, die bei der Knochenheilung wirken, sehr genau nachstellen wollten. Dazu kam der Wunsch, auch verschiedene biologische und mechanische Signale aufzeichnen zu können, die den Zustand der Zellen beschreiben. Beim Entwurf gab es also vieles zu bedenken. Im Bioreaktor können Sie also die Belastung recht einfach festlegen. Wie funktioniert das aber beim Patienten? Sie können dem Patienten doch nicht sagen, dass er sein Bein nur zu 10 Prozent belasten darf. Nein, das geht natürlich nicht. Das Körpergewicht und die Muskelmasse des Patienten wirken sich auf die Belastung, also auf die wirkenden Kräfte, aus. Aber es ist zum Beispiel möglich, die Materialien zu verändern, mit denen die Knochenenden bei schweren Verletzungen zusammengehalten werden – Platten, Schrauben oder Drähte aus Metall. So kann man eine gewisse Belastung zulassen, die sich günstig auf die Heilung auswirkt. Aber um konkrete Vorschläge über Art und Ausmaß der Belastung machen zu können, müssen wir die komplexe Situation erst einmal verstehen; also die einzelnen Bestandteile, zum Beispiel die Zellen, die sie umgebende Matrix und wie sie zusammenwirken. Dafür haben wir den Bioreaktor gebaut. Damit versuchen wir, die im Körper zusammenwirkenden Prozesse nachzuahmen. Wenn Sie in Ihrem selbst konstruierten Bioreaktor die Vorgänge nach einem Knochenbruch imitieren, fügen Sie auch Wachstumsproteine hinzu. Wo haben Sie das BMP für Ihre Experimente eigentlich her? Das Protein lassen wir in Zellfabriken herstellen, also in Bakterien oder in Säugetier- 15 Bioreaktor, entworfen von Ansgar Petersen Bioreactor, designed by Ansgar Petersen Ingenieurswissenschaften. Gemeinsam brüten wir neue Ideen aus, die manchmal etwas verrückt erscheinen mögen, und tüfteln an der technischen Umsetzung. Manchmal scheitert man auch, das gehört dazu. Dafür ist es umso befriedigender, wenn ein Versuch klappt. 16 zellen. Diese Zellen sind durch genetische Veränderungen darauf programmiert, BMP zu produzieren und auszuspucken. Sie verabreichen also dieses Wachstumsprotein namens BMP-2 und belasten den Bruch – mal mehr, mal weniger, um zu sehen, wann das Protein am besten wirkt. Und da hinzu kommt dann noch ein Biomaterial. Das ist wirklich ganz schön viel... Ganz genau. In Anbetracht der vielen Stellschrauben, an denen man drehen kann – die Liste ist schier endlos! – besteht die Gefahr, sich in Einzelheiten zu verlieren. Aber letztlich denken wir immer an unser Ziel: Eine Therapie, die den Patienten hilft und die sowohl sicher als auch erschwinglich ist – auch wenn die Umsetzung in die Praxis noch in weiter Ferne liegt. Wie sind Sie eigentlich auf die Idee für das Projekt gekommen? Die Idee stammt aus der engen Zusammenarbeit zwischen dem Julius Wolff Institut und der Arbeitsgruppe von Petra Knaus am Institut für Chemie und Biochemie der Wie viel Zeit verbringen Sie im Labor? Im Laufe meiner Karriere wurde die Zeit im Labor immer weniger. Ich habe mittlerweile Mitarbeiter, die viel fleißiger im Labor arbeiten als ich. Sie führen die meisten Experimente durch. Ich selbst muss viel am Schreibtisch sitzen. Nicht nur, um Publikationen zu verfassen und Lehrveranstaltungen vorzubereiten, sondern auch um Förder- anträge zu schreiben und Forschungsgelder einzuwerben. Nichtsdestotrotz habe ich in meinem Beruf die Freiheit, meiner Neugier zu folgen und Wissen zu schaffen. So habe ich viel Spaß an der Arbeit. Freien Universität Berlin. Ich habe mich ein paar Mal mit Jessica Kopf, einer Doktorandin der Biochemie, unterhalten. Sie ist eine Expertin für BMPs. Wir haben schließlich beschlossen, uns das spannende Zusammenspiel zwischen BMPs und Mechanik genauer anzuschauen. Wir wollten wissen, ob es da Synergien gibt: Was passiert, wenn man BMP hinzugibt und gleichzeitig bestimmte mechanische Reize auf den Bruch ausübt? Den Bioreaktor hatte ich ja schon gebaut und bereits mit den Tests zu den mechanischen Reizen angefangen. Arbeiten Sie eigentlich oft im Team? Ja, wir brauchen einander. Vor hunderten von Jahren waren Forscher noch so etwas wie Universalgelehrte. Im Gegensatz dazu sind meine Kollegen und ich Spezialisten: Jessica kommt aus der Biochemie und Biotechnologie, ich bin Physiker. Nur gemeinsam können wir die vielen Details klären, die für eine spätere Therapie große Bedeutung haben. Am besten gelingt dies, wenn Vertreter verschiedener Disziplinen zusammenkommen – zum Beispiel aus der Physik, Medizin, Biologie, Chemie und den Auch ich fand die kurze Zeit im Labor während ‚Schule trifft Wissenschaft’ spannend. Für mich steht fest, dass ich Biologie studieren will. Ich weiß aber noch nicht, worauf ich mich spezialisiere, also ob es eher in Richtung Umwelt, Biotechnologie oder ganz woanders hin geht... Aus meiner Sicht ist es nicht notwendig, sich schon während der Anfangsphase des Studiums auf ein bestimmtes Gebiet festzulegen. Hauptsache, Sie bringen viel Interesse, Neugier und Offenheit mit. Die einzige Empfehlung, die ich Ihnen geben kann: Arbeiten Sie so bald wie möglich an einem Forschungsprojekt mit, zum Beispiel als studentische Hilfskraft. Durch solche Studentenjobs sammeln Sie nicht nur Praxiswissen. Sie bekommen auch gute und wichtige Einblicke in die Welt der Wissenschaft. bearbeitet von Julia Harlfinger Aline Geyer, 19, ist Schülerin an der Nelson-MandelaSchule in Berlin. Sie macht dieses Jahr Abitur und möchte ab Herbst Biologie studieren. Aline Geyer konnte im Schuljahr 2013/14 Einblicke in die Stammzellforschung am BCRT nehmen. Im Rahmen eines Kooperationsprojektes zwischen der Nelson-Mandela-Schule und dem BCRT führte sie auch dieses Interview. Dr. Ansgar Petersen, 39, ist Physiker. Für sein Diplom erforschte er das Kristallwachstum von Metallen, als Doktorand näherte sich Ansgar Petersen im Bereich Kryobiologie der Medizintechnik und Biologie an. Seit sechs Jahren arbeitet der Forscher mit einer Vorliebe für interdisziplinäre Grenzgänge am Julius Wolff Institut für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration. Aktuell leitet er gemeinsam mit Frau Professor Petra Knaus von der Freien Universität Berlin ein Projekt im Rahmen der Forschergruppe 2165 „Regeneration in Aged Individuals“ zum Thema „Wechselwirkung zwischen BMP-Signaling und Mechanotransduktion“. We always have our target in mind: A therapy which will help the patient and is both safe and affordable. we also work with ar tificial systems – with cell cultures in bioreactors and later with animal models. But we take into account that there are many factors in the human body that influence the injured bone area. These factors can encourage or block the development of new bones. We are researching a range of factors and how they interact. In this way we hope to get as close as possible to the complex conditions in the human body. Your research focuses on bone fractures. Why do we need further scientific research in this field? If I break my arm, I get a plaster cast and the fracture heals within a few weeks. Unfor tunately, you can also have a complicated fracture wherethe bones either grow back together very slowly or not at all. Our research looks at this situation. It can sometimes take up to half a year or even longer for a break to heal; this is called delayed healing. We’re talking here about breaks where, for example, the distance between the frac tured ends of the bones is very large, so-called bone defects. A cast alone is not enough in such cases. In the past, such bone defects were sometimes treated with growth factors such as BMP-2. BMP-2 is a member of the bone morphogenetic protein family. So these growth proteins have been used in the treatment of bone fractures for a long time now. What is there still to be researched? It is true that some agents of the BMP family are used to treat cer tain bone fractures. But we are still a long way from answering all the questions surrounding this therapy. BMPs are definitely highly active proteins. For instance, they contribute towards cer tain stem cells – those from the bone marrow for example – ‘deciding’ to become bone cells. That sounds very promising! Absolutely. BMPs steer skeletal development and play a hugely impor tant role in the healing of bone injuries. They are growth factors and, by nature, very powerful. Too powerful in some circumstances? Exactly. BMPs are sometimes difficult to control. An overdose of this therapy can be dangerous for the patient. In the case of spinal fusions, for instance, overdosing can lead to bone overgrowth. BMPs are therefore not a miracle cure to be applied without hesitation. We have to view these proteins with a critical eye. It is impor tant that we understand them and get to grips with them better. What is so unique about your approach in comparison with those of other research groups? We try to get closer to reality than the others. Of course, 17 OptimaixKollagenschwamm (Biomaterial) Optimaix collagen scaffolds (biomaterial) And what exactly are these factors you are investigating? Specifically we are examining diverse mechanical stimuli. We want to find out what happens to the progenitor cells around the broken bones when they are subjected to strain. Under what circumstances do they change into bone cells? What happens when we add BMP-2 under controlled conditions? Physicians know from experience that bone healing is enhanced through a combination of loading and unloading – but we still do not understand the cellular process in detail. This is what we are investigating. Fur thermore, we are examining which type of material is favorable for the growth of new cells. This involves analyzing specific biomaterials and their proper ties. For example, how does the stiffness of the material affect the cells? To investigate the interaction between these different factors we have developed a bioreactor with which we can conduct our experiments. You actually built your own bioreactor? Yes. I drafted the design for the bioreactor when I first star ted as a postdoc at the BCRT. We would not have been able to simply buy such a bioreactor because we wanted to be able to make very precise adjustments to the mechanical signals that affect bone healing. We also wanted to be able to record the various biological and mechanical signals that describe the condition of the cells. There were a lot of things to consider during the drafting phase. In a bioreactor you can determine the strain quite easily. But how does that work with a patient? You cannot tell a patient that he can only put a 10 percent strain on his leg. No. Of course, that wouldn’t work. The patient’s body weight and muscle mass have an effect on the load, and therefore on the active forces. But it is possible, for example, to change Abo u t t h e pr oj e c t To heal a fracture, a plaster cast and plenty of rest are usually enough. In complicated cases operations are performed and, if necessary, bone transplants are carried out. But, unfortunately, these conventional methods do not always help the patient. A badly healed fracture can result in pain, 18 infections and considerable restrictions in day-to-day life both at home and at work. This is where the interdisciplinary research projects of the BCRT, to which Ansgar Petersen’s research contributes, come into play. In order to simu late the early healing processes in large bone fractures he has developed his own bioreactor. Using this three-dimensional bioreactor system the materials with which the bone ends of serious injuries are held together – metal plates, screws or wires. In this way one can allow a cer tain degree of strain which has a favorable affect on the healing process. But to be able to make concrete proposals about the type and extent of the load we have to first understand the complexity of the situation; for example the individual par ts, the cells, the surrounding matrix and how they affect each other. That is why we built the bioreactor and, with it, we are trying to imitate the interactive processes in the body. When you imitate the processes that take place following a fracture in your specially designed bioreactor, you also add growth proteins. Where do the BMPs for your experiments actually come from? We have the protein made for us in cell factories, i.e. in bacteria or mammalian cells. These cells are programmed through genetic modification to produce and churn out BMPs. You administer these growth proteins and load the fracture, sometimes more, sometimes less, to see when the proteins work best. And in addition to that comes the biomaterial. That is really quite a lot... Yes indeed. Considering the amount of adjustments that can be made – the list is practically endless – there is the danger of getting bogged down in the details. But ultimately we always have our target in mind: A therapy which will help the patient and is both safe and affordable – even if the practical implementation is a long way off. Where did the idea for the project come from? The idea emerged from the close cooperation between the Julius Wolff Institute and the research group led by Professor Petra Knaus at the Institute for Chemistry and Biochemistry of the Freie Universität Berlin. I spoke on a couple of occasions with Jessica Kopf, a doctoral student of biochemistry. She is an exper t in BMPs. We finally decided to look more closely at the exciting interaction between BMPs and mechanics. We wanted to find out if there was any synergy: What happens when you add BMP and at the same time exercise cer tain mechanical stimuli? I had already built the bioreactor and begun the tests on the mechanical stimuli. Petersen and his team can test where bone regeneration can be fine-tuned: In which environment do new bone cells develop especially well? Under which conditions can the addition of BMP-2 growth proteins support the healing process? Which mechanical loads stimulate the re-growth of separated bone pieces? “Our system should come as close as possible to the conditions in the human body”, says Ansgar Petersen, naming one of the goals of the project. “Ultimately we want our results to be translated into clinical practice to help those patients for whom other therapies have not been effective”. Knochenbruch Bone fracture Do you often work in a team? Yes, we need each other. Hundreds of years ago, researchers were more or less all-round scholars. By contrast my colleagues and I are specialists: Jessica comes from biochemistry and biotechnology and I am a physicist. Only together can we clarify the many details that are of great impor tance for future therapies. This works best when representatives of various disciplines work together – for example from physics, medicine, biology, chemistry and the engineering sciences. Together we hatch out new ideas, which might sometimes seem a bit crazy, and fiddle about with the technical realiza tion. Sometimes we fail; that’s par t of the process. But then it’s all the more satisfying when an experiment works. How much time do you spend in the laboratory? As my career has progressed I find myself spending less and less time in the laboratory. In the meantime I have employees who are far busier in the laboratory than me. They carry out most of the experiments. I myself have to sit at my desk a lot. Not only to write publications and prepare courses but also to write grant applications and leverage research funding. Fibroblasten im Trägermaterial Fibroblasts in carrier material 19 Christian Hiepen: Sense & Move Never theless my profession gives me the freedom to follow my curiosity and to generate knowledge. So I have a lot of fun at work. I also found the short time I spent in the laboratory during “School meets Science” exciting. I am definitely going to study biology. I don’t know, however, what I will specialize in. Whether more in the direction of environment, biotechnology or some thing totally different… In my opinion it is not necessary to commit yourself to a specific area during the early phase of your studies. It is more impor tant to bring all your interest, curiosity and openness to it. The only recommendation that I can make is: work on a research project as soon as possible, as a student assistant for example. Through such student jobs you don’t just gain practical knowledge. You also gain impor tant insights into the world of science. edited by Julia Harlfinger Aline Geyer, 19, is a pupil at the Nelson Mandela School in Berlin. This year she is doing her Abitur and would like to study biology in the fall. Aline Geyer gained an insight into stem cell research at BCRT during the 2013/14 school year. She was able to conduct this interview as par t of the cooperation project between the Nelson Mandela School and the BCRT. Dr. Ansgar Petersen, 39, is a physicist. For his diploma thesis he researched crystal growth in metals. For his doctorate Ansgar Petersen moved closer to the area of cryobiology in medical technology and biology. For the past six years he has been working at the Julius Wolff Institute for Biomechanics and Musculoskeletal Regeneration. His special interest is in interdisciplinary crosstalk. Currently he is leading a project entitled “Regeneration in aged individuals” together with Professor Petra Knaus from the Freie Universität Berlin within the framework of the research group 2165 on the subject of “Crosstalk between BMP signaling and mechano-transduction”. Genetische Prothesen für gesunde Knochen Genetic protheses for healthy bones 20 Julia Harlfinger Die einen schaffen unermüdlich solide Strukturen, die anderen reißen diese Substanz wieder nieder und bereiten so Platz für Neues. Die Rede ist von Osteoblasten (Knochenbauern) und Osteoklasten (Knochenfressern), die unser Skelett bevölkern. Ob während der Kindheit oder im Erwachsenenalter: Unser Skelett ist das ganze Leben lang abhängig von diesen spezialisierten Zellen, die gemeinsam Wachstum ermöglichen und die Architektur und Stabilität der Knochen bestimmen. L e b e n a m se i d e ne n Fad e n Welche Bedeutung die Knochenfresser-Zellen haben, wird deutlich, wenn sie nicht mehr automatisch das Richtige tun. Rund eines von 250.000 Kindern kommt ohne funktionstüchtige Osteoklasten auf die Welt; in Deutschland gibt es pro Jahr also statistisch gesehen zwei bis drei Babys, bei denen die Knochenfresser-Zellen ihre Arbeit nicht korrekt verrichten können. „Infantile maligne Osteopetrose“ bzw. Marmorknochen-Krankheit heißt ihr Leiden. Etwa zehnmal häufiger ist eine mildere Variante, die Albers-Schönberg-Erkrankung genannt wird. „Die von der schweren Form der Krankheit betroffenen Kinder sind meist schon zu Beginn ihres Lebens sehr krank“, sagt Uwe 21 Kornak. Er ist Leitender Wissenschaftler am BCRT und beschäftigt sich mit den genetischen Grundlagen der Erbkrankheit, die ohne Behandlung immer ein tödliches Ende nimmt. Für den Forscher gilt es daher, die Entstehung der Osteopetrose in ihren molekularbiologischen Details zu verstehen. Kornak und seine Mitstreiter vom BCRT werden in den kommenden Jahren genetische Werkzeuge entwickeln – mit dem Ziel, die Symptome der an Osteopetrose erkrankten Kinder zu lindern oder gar zu heilen. D e r h o h e Pr e i s d e r Th e ra pi e Ein RNA-Molekül (gRNA für guideRNA) wird so programmiert, dass es sich der entsprechenden DNA-Sequenz anpasst. Ein spezielles Enzym, das CAS9, kann dem gRNA-Molekül hinzugefügt werden. Die Aufgabe dieses Enzyms ist es, die Zielsequenz der DNA zu finden. Die RNA passt sich der Zielsequenz an und CAS9 schneidet beide Stränge der DNA-Doppelhelix. In die geschnittene Stelle wird ein repariertes Gen eingebracht. An RNA „guide“ molecule can be programmed to match any unique DNA sequence. A special enzyme, called CAS9, can be attached to the RNA guide. Its job is to find the target sequence of DNA. The RNA aligns with the target DNA sequence and the CAS9 attaches and cuts both strands in the DNA double helix. The cuts can be amended with an extra DNA insertion. Derzeit ist die Übertragung von fremden blutzellbildenden Stammzellen (sog. hämatopoetische Stammzellen) die einzige Möglichkeit, um Kinder mit Infantiler maligner Osteopetrose wirkungsvoll zu behandeln. „Ohne diese Stammzellen-Transplantation erleben die kleinen Patienten ihren zehnten Geburtstag meist nicht“, sagt Kornak über den Eingriff. „Falls die Transplantation der fremden Stammzellen gelingt, können sich die Kinder gut entwickeln. Doch die möglicherweise heilende Stammzellen-Transplantation hat leider eine gewisse Komplikationsrate“, so Kornak. „Wenn etwas schief geht – und da gibt es leider einige Möglichkeiten – können die Kinder sterben“, bringt der Experte das Dilemma auf den Punkt. Die Liste an Problemen und Risiken beginnt mit der Recherche nach einem passenden Stammzellen-Spender, der nicht immer innerhalb der eigenen Familie gefunden werden kann. Bei einer längeren Suche verstreicht unter Umständen wertvolle Zeit, da auch eine erfolgreiche Stammzellen-Transplantation bereits bestehende Schäden vor allem am Sehnerv nicht mehr rückgängig machen kann. Der Eingriff selbst ist vergleichsweise harmlos: Die Stammzellen werden wie eine Bluttransfusion verabreicht. Doch davor und danach müssen die kranken Kinder viele kräftezehrende und gefährliche Behandlungen auf sich nehmen, wie Uwe Kornak schildert: So wird beispielsweise das körpereigene Knochenmark mittels Chemotherapie gezielt „vergiftet“. Diese Konditionierung ist notwendig, damit die fremden Spenderzellen überhaupt Platz finden, um sich anzusiedeln. Und wenn die transplantierten Zellen nicht so arbeiten wie erhofft, kommt es zu einem lebensbedrohlichen Mangel an 22 links/left: Uwe Kornak rechts/right: Manfred Gossen „Mittels Genetic Engineering verpassen wir der defekten DNA sozusagen eine Prothese.“ vom Knochenmark produzierten roten und weißen Blutkörperchen. Auch bei einer geglückten Transplantation kann es im Laufe der Zeit zu Abstoßungsreaktionen kommen. Und durch die notwendige medikamentöse Unterdrückung des Immunsystems gewinnen Infektionen (zum Beispiel Lungenentzündung) immer wieder die Oberhand. Au ss tieg au s dem Dilemma Die Transplantation mit dem ungewissen Ausgang, die massiven Nebenwirkungen – all das würde Uwe Kornak den kranken Kindern gerne ersparen. Dafür möchte er neue Wege beschreiten. An seiner Seite im Rahmen des Projekts „Modifikation humaner Stammzellen zur Verbesserung ihres therapeutischen Potenzials“ arbeiten die BCRT-Forscher Manfred Gossen und Harald Stachelscheid mit ihren Teams. „Wir wollen den Patienten hämatopoetische Stammzellen entnehmen. Die können wir recht einfach aus dem Blut gewinnen“, sagt “Using genetic engineering techniques we will fit the defective DNA with a prosthesis, so to speak.” Uwe Kornak. Die Stammzellen werden die Forscher um Kornak reparieren, indem sie ihnen fremde DNA einsetzen – und zwar eines von jenen Genen, das bei Gesunden für das reibungslose Arbeiten der Osteoklasten notwendig ist. „Mittels Genetic Engineering verpassen wir der defekten DNA sozusagen eine Prothese“, fasst Manfred Gossen zusammen, Zellbiologe und Teilprojektleiter. Diese molekulare Prothese soll die fatalen Effekte der krankmachenden Mutationen im TCIRG1-Gen ausgleichen. Wenn die Strategie aufgeht, wäre also die Harmonie im Osteoklasten-Osteoblasten-Duett wieder hergestellt. „Das Gen, das für funktionstüchtige Osteoklasten notwendig ist, kann man natürlich nicht wahllos irgendwo ins Erbgut der Stammzellen setzen. Das wäre gefährlich“, gibt Uwe Kornak zu bedenken. An der falschen Stelle eingefügt, könnte es andere Gene beeinträchtigen und beispielsweise zur Entstehung von Leukämie führen. Deswegen will der Genetiker das TCIRG1-Gen in DNA-Abschnitte einpflanzen, die nicht umsonst „Safe Harbour“ heißen. In diesen sicheren Häfen können die Gen-Prothesen ihre heilende Wirkung entfalten, ohne die genau orchestrierte Funktion der anderen Gene zu stören. Die Gentherapie-Methode, die am BCRT mit vereinten Kräften entwickelt und in den kommenden Jahren erprobt werden soll, hat entscheidende Vorteile: Die Stammzellen für die Transplantation kämen aus dem Körper des kranken Kindes. Somit entfiele im Idealfall die mühsame und nicht immer erfolgreiche Suche nach einem passenden Spender. Komplikationen durch die Konditionierung und Abstoßungsreaktionen könnten so vermieden werden. M e hre t e uch ! So hoffnungsvoll das Konzept auch klingt: Vor der Umsetzung in die Praxis müssen noch einige Herausforderungen gemeistert werden. Dazu gehört auch die Entwicklung von geeigneten Methoden zur Stammzellen-Zucht. „Die besten reparierten Stammzellen nützen uns nicht, wenn wir sie nicht in großem Stil vermehren können“, erklärt Manfred Gossen. „Expansion“ lautet seine Devise im Fachjargon. Zu einem OS TEOPETROSE Bei an Osteopetrose erkrankten Kindern arbeiten die Knochenfresser-Zellen (Osteoklasten) nicht richtig. So kommt es bereits im Uterus oder kurz nach der Geburt zu schweren gesundheitlichen Problemen: Knochengewebe häuft sich an, ist gleichzeitig jedoch besonders anfällig für Brüche. Ursache für die abnorme Knochenentwicklung sind genetische Veränderungen. Nur wenige falsch angeordnete 23 Bausteine eines Gens können dazu führen, dass die Knochenfresser-Zellen nicht das tun, was sie in Gesunden unablässig leisten. Das unkontrollierte Knochenwachstum quetscht wichtige Nervenbahnen ein, sodass die Kinder oft blind oder taub werden. Da verfügbares Kalzium aus dem Blut in großen Mengen in die wuchernden Knochen „gesaugt“ wird, können durch den Mangel Krampfanfälle entstehen. Außerdem bleibt im Inneren der großen Röhrenknochen kein Platz mehr für die Markhöhlen, die normalerweise mit Knochenmark gefüllt sind. Die Verdrängung des Knochenmarks hat dramatische Folgen, auch wenn Leber und Milz versuchen hier einige Funktionen zu übernehmen: Im Körper der Betroffenen werden nicht ausreichend viele Blut- und Immunzellen gebildet. Es kommt daher leicht zu Infektionen, Blutarmut und Blutungen. späteren Zeitpunkt soll mit verschiedenen Biomaterialien experimentiert werden, um geeignete Wachstumssubstrate zu finden. Die kultivierten Zellen müssen sich darin so wohl fühlen, dass sie reichlich Nachwuchs produzieren. „Es ist bei Gentherapien entscheidend, dass genügend reparierte Zellen zur Verfügung stehen, um sie in den Körper der Kranken zu bringen“, betont Gossen. Doch nicht nur die Masse macht’s. Gossen achtet selbstverständlich auch auf Klasse. Das heißt, per Selektion wird sichergestellt, dass die Stammzellen auch die gewünschten Eigenschaften haben, bevor sie gezüchtet werden. Die „Prothesen-Gene“ müssen an den richtigen Positionen sitzen. In diesem Bereich haben die Forscher um Manfred Gossen bereits entscheidende Vorarbeiten geleistet – eine wunderbare Grundlage für das Projekt. Wo hlkli ng e nd e Z uk unf t smusik „Insgesamt stehen wir allerdings noch an den bescheidenen Anfängen“, berichtet Uwe Kornak. Derzeit laufen sämtliche Versuche für das Projekt in Petrischalen und Reagenzgläsern ab. Doch die BCRT-Forscher planen, schon bald erste Tests an Mäusen durchzuführen. Dafür werden sie Tiere wählen, die durch eine genetische Veränderung an Osteopetrose erkrankt sind und daher gute Modelle für die Erkrankung abgeben. Wenn sich der BCRT-Therapieansatz in Zukunft nach vielen Tests für Menschen als wirksam und sicher erweist, wäre nicht nur den Osteopetrose-Patienten gedient. Schließlich seien, so Uwe Kornak, auch andere Erkrankungen wie Leukämie und Mittelmeeranämie auf genetische Defekte der blutzellbildenden Stammzellen zurückzuführen. „Unser Ansatz mit der genetischen Prothese könnte für verschiedene Therapien beispielgebend sein“, hofft Uwe Kornak. „Es wäre erfüllend, wenn wir möglichst vielen Menschen mit unserer Gen-Prothese helfen. Sie ist zwar winzig klein, hat aber enormes Potenzial.“ Dr. Manfred Gossen, 52, hat Biologie studiert. Nach seiner Promotion am Zentrum für molekulare Biologie Heidelberg (ZMBH) ging er für fünf Jahre an die University of Berkeley, USA. 1999 wechselte er von dort ans Max- Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin. Seit 2008 arbeitet und forscht Manfred Gossen als Leiter der Arbeitsgruppe „Genetic Engineering“ im Bereich Zelldifferenzierung am BCRT sowie (seit 2013) am Institut für Biomaterialforschung der Helmholtz-Zentrum Geesthacht GmbH (Standort Teltow). Prof. Dr. rer. nat. Uwe Kornak, 45, hat Biochemie und Humanmedizin in Berlin und Hamburg studiert. Er wurde 2001 zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Nach Stationen als Postdoc in Hamburg und Paris wechselte Uwe Kornak 2003 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik nach Berlin. Seit 2004 ist er Wissenschaftlicher Assistent und Arbeitsgruppenleiter am Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik der Charité – Universitätsmedizin Berlin, seit 2011 hat er eine Professur an diesem Institut inne. Uwe Kornak ist darüber hinaus seit April 2014 Leitender Wissenschaftler am BCRT. 24 Kornak and his colleagues at the BRCT will be developing genetic tools designed to alleviate, or even cure, symptoms in children suffering from osteopetrosis. Röntgenbild eines Osteopetrose-Patienten (links) und einer gesunden Person (rechts) X-ray of Osteopetrosis-Patient (left) and healthy person (right) 25 „Die von der schweren Form der Krankheit betroffenen Kinder sind meist schon zu Beginn ihres Lebens sehr krank.“ “Most children affected by the severe form of the disorder are seriously ill from birth.” While some tirelessly create solid structures, others tear the substance down again, thus making space for new ones. The talk is of osteoblasts (bone builders) and osteoclasts (bone eaters) which populate the human skeleton. Whether during childhood or adulthood, our skeleton depends on these specialized cells which, together, make growth possible and determine the architecture and stability of our bones. L i f e h a n gi n g b y a s i l k t h r ea d Just how impor tant bone-eating cells are becomes clear when they no longer automatically do the right thing. Roughly one out of every 250,000 children is born without properly functioning osteoclasts; statistically speaking, this means that two to three babies are born every year in Germany with bone-eating cells that are not able to do their work properly. They suffer from a disorder called malignant infantile osteopetrosis or “marble bone disease”. A milder form known as Albers-Schönberg disease is about ten times more common. “Most children affected by the severe form of the disorder are seriously ill from bir th”, says Uwe Kornak, a principal investigator“ at the BCRT. His work deals with the genetic basis of this serious hereditary disease which, if left untreated, always proves fatal. For him, the challenge is to gain a detailed understanding of the genesis of osteopetrosis in terms of its molecular biology. In the coming years, Kornak and his colleagues at the BRCT will be developing genetic tools designed to alleviate, or even cure, symptoms in children suffering from osteopetrosis. T h e h i gh pr i c e o f t r eat m e n t At the moment, the only effective treatment for children with malignant infantile osteopetrosis is the transplantation of foreign blood-forming stem cells (so-called hematopoetic stem cells). “Without these stem cell transplantations most young patients would not live to see their 10th bir thday”, says Kornak. “If the transplantation of foreign stem cells is a success the children will go on to develop well. But, unfor tunately, despite its healing potential, stem cell transplantation is also associated with a cer tain complication rate”, he explains. “If anything goes wrong – and unfor tunately there are several things that can go wrong – children can die”, says the exper t, putting the dilemma in a nutshell. First on the list of potential problems and risks is the search for a compatible stem cell donor as it is not always possible to find a match within the family. If the search is prolonged, valuable time can be lost because existing damage, especially when the optic nerve is affected, cannot be reversed even with a successful stem cell transplantation. Doch nicht nur die Masse macht’s. Manfred Gossen achtet selbstverständlich auch auf Klasse. 26 The procedure itself is relatively harmless: stem cells are administered in the same way as a blood transfusion. But both before and after the procedure, these children, who are already very sick, have to endure several energy-sapping and risky treatments. “For instance, the body’s own bone marrow is deliberately ‘poisoned’ by means of chemotherapy. This ‘conditioning’ is necessary so that the foreign donor cells can find space to establish themselves in the first place. However, if the transplanted cells fail to function as hoped, a lifethreatening shor tage of the red and white blood cells that are produced by the bone marrow ensues”, says Kornak. Even if the transplantation itself is a success, as time goes on the body can still reject the transplant. And because of the need for drugs to suppress the immune system, infections (such as pneumonia) take hold again and again. A way o u t o f t h e di l e m m a The uncer tain outcome of transplantation, the massive side effects – Uwe Kornak would like to spare children with osteopetrosis all of those things. To achieve his goal, he intends to explore new avenues. Within the framework of a project entitled “Modification of human stem cells to improve their therapeutic potential” Kornak is working side-by-side with BCRT researchers Manfred Gossen and Harald Stachelscheid and their teams. “The first step is to take hematopoetic stem cells from the patients. It’s quite easy to harvest them from the blood”, says Kornak. Researchers from his team will then repair the stem cells by taking foreign DNA – namely, one of those genes needed for proper osteoclast functioning in healthy individuals – and inser ting it into the stem cells. “Using genetic engineering techniques we will fit the defective DNA with a prosthesis, so to speak”, says Manfred Gossen, cell biologist and sub-project leader. This molecular prosthesis should balance out the fatal effects of the pathogenic mutations in the TCIRG1 gene. If the strategy works, harmony would be restored in the duet between osteoclasts and osteoblasts. But it’s not just bulk that matters. Naturally Manfred Gossen also pays attention to quality. “Of course, the gene needed for functional osteoclasts can’t be randomly inser ted just anywhere in the genetic material of the stem cell. That would be dangerous”, says Kornak. If introduced at the wrong location it could interfere with other genes and, for example, trigger the development of leukemia. That is why the geneticist wants to implant the TCIRG1 gene into DNA segments which are not without good reason referred to as “safe harbors”. In these safe harbors the genetic prostheses can unfold their healing effects without interfering with the precisely orchestrated function of the other genes. The gene therapy method which is being developed by joint forces at the BCRT and which is expected to undergo testing in the coming years has significant advantages: The stem cells used for the transplantation would come from the sick child’s own body. As a result, in the ideal scenario, the tedious and not always successful search for a suitable donor would be eliminated. In this way the complications caused by conditioning and transplant rejection could be avoided. Go f or t h a n d m u lt i ply ! As promising as the concept sounds, there are a number of obstacles to be overcome before it can be translated into practice. Developing suitable methods for cultivating stem cells is one of those obstacles. “The best repaired stem cells are of no use to us if we are not able to reproduce them on a large scale”, Manfred Gossen explains. “Expansion“, as it is called in the technical jargon, is his motto. The plan is to experiment at a later stage with various biomaterials in an effor t to find suitable growth substrates. The cultivated cells have to feel so comfor table in their environment that they produce plenty of offspring. “For gene therapy it is crucial to have enough repaired cells on hand that can be introduced into the patient’s body”, says Gossen. But it’s not just bulk that matters. Naturally Gossen also pays attention to quality. This means that before the stem cells are cultivated they undergo selection to ensure they have the desired traits. The “prosthetic genes” must be fixed in the O S TE O PETR O S I S In children affected by osteopetrosis the bone-eating cells (osteoclasts) do not function properly. As a result, severe health problems arise either in the uterus or shortly after birth: bone tissue accumulates, but at the same time the bones are susceptible to fractures. The cause of this abnormal bone development is congenital. Just a few wrongly arranged gene components can cause the bone-eating cells to fail to do the work they perform 27 tirelessly in healthy individuals. Uncontrolled bone growth impinges on important nerve pathways so that children with osteopetrosis frequently go blind or deaf. As the calcium present in the blood gets ‘sucked’ into the rapidly growing bones in large amounts, the resulting blood calcium deficiency can lead to seizures. Ultimately, there is no more space left in the long bones for the marrow cavities which are normally filled with bone marrow. This bone marrow displacement has dramatic consequences in spite of the fact that the liver and spleen attempt to take over some functions: Insufficient amounts of blood cells and immune cells are formed in the body of affected individuals, making it easier for infections, anemia and bleeding to develop. right position. Researchers in Manfred Gossen’s team have already laid the groundwork in this area providing a strong foundation for the project. A br i gh t v i s i on f o r t h e f u t u r e “In the grand scheme of things, however, we are still at the humble beginnings” says Uwe Kornak. At the moment all the experiments for this project are taking place in petri dishes and test tubes. But BCRT researchers are already planning to perform the first tests in mice. For this purpose, they will select animals that have osteopetrosis as a result of a genetic modification and so serve as good models of the disease. If, after extensive testing, the BCRT’s therapeutic approach proves effective and safe for humans, osteopetrosis patients would not be the only ones to benefit. According to Uwe Kornak, other diseases such as leukemia and thalassemia are also caused by genetic defects of the blood-forming stem cells. “Our approach with the genetic prosthesis could be exemplary for various other therapies,” he says. “It would be extremely fulfilling if our gene prosthesis could be used to help as many people as possible. It might be very tiny, but it has enormous potential.” Dr. Manfred Gossen, 52, has studied biology. He did his doctorate at the Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg (ZMBH); after his doctorate, Gossen went to the University of Berkely, USA for five years. In 1999, he moved back to Germany to continue his research at the Max-Delbrück-Center for Molecular Medicine in Berlin. Since 2008, Gossen has been group leader of the research group “Genetic Engineering” in BCRT’s research field “Molecular Analysis and Engineering”. Since 2013, he has been working at the Institute for Biomaterial Science of the Helmholtz Zentrum Geesthacht GmbH (Campus Teltow). Prof. Dr. rer. nat. Uwe Kornak, 45, has studied biochemistry and medicine in Berlin and Hamburg. In 2001, he received his doctoral degree in natural sciences. Kornak spent time as a postdoc in Hamburg and Paris before star ting in 2003 as research assistant at the Max Planck Institute for Molecular Genetics in Berlin. Since 2004, Kornak has been group leader at the Institute for Medical Genetics and Human Genetics of the Charité – Universitätsmedizin Berlin where he received a professorship in 2011. Since April 2014 Uwe Kornak has been principal investigator at the BCRT. Prof. Dr. Nan Ma Snapshot 28 One of her recent research focus is to study the physical signals on the stem cell activity. Nan Ma star ted out as a dentist in her homeland of China. But dental repairs such as bridges and fillings appeared to her a mere makeshift. This prompted her to continue her scientific training, and she went on to study tissue engineering for her PhD thesis at the National University of Singapore. To fur ther pursue her goal of tissue regeneration, she eventually moved to Germany. That was a bold step, as she herself says, but she was attracted by the remarkable developments in the life sciences in Germany. Selected as a junior research group leader suppor ted by the Helmholtz Association, she investigated at the University of Rostock the underlying mechanism of stem cell mediated cardiac repair and how to improve therapeutic potential of stem cell therapy and enhance their functional benefit in cardiac tissue. Fur ther, Nan Ma was promoted as the depar tment head of biocompatibility at the Institute of Biomaterial Science in Teltow, Helmholtz-Zentrum Geesthacht GmbH (one of the three major founders of the BCRT). Here she enjoys the fruitful collaboration, various research oppor tunities and crosstalk between different disciplines under one roof. She explores interactions between cells and biomaterials, working closely with colleagues from other disciplines. One of her recent research focus is to study the physical signals such as surface geometry and its influence on the stem cell activity. In 2013, Nan Ma was appointed Associate Professor (W2) at the Freie Universität Berlin. In her role as spokesperson of the Helmholtz Graduate School for Macromolecular Bioscience, she is also committed to promoting application-oriented and interdisciplinary research. by Stephanie Eichler Elf Fragen an Andreas Thiel Eleven Questions for Andreas Thiel 30 Unser Immunsystem funktionier t bis zu einem Alter von etwa 30-40 Jahren sehr effektiv, danach geht es abwär ts. Andreas, mit „Blutjung geblieben“ seid Ihr eines unserer Highlights bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“. Kannst Du kurz erläutern, was Ihr da macht? Wir nehmen den Besuchern vor Ort Blutproben ab und analysieren diese in einem Schnelltest. Anhand des Vorkommens eines bestimmten Typs von T-Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen, können wir das Alter des Blutspenders ungefähr ermitteln. In einem kurzen Vortrag stellen wir die Ergebnisse vor und diskutieren mit den Besuchern darüber. Wir müssen dabei immer wieder betonen, dass das von uns ermittelte Ergebnis keine Aussage über die Gesundheit der Probanden erlaubt; es stellt in gewisser Weise ein Korrelat für das immunologische Alter des Probanden dar. derungen innerhalb bestimmter Leukozytentypen mit dem Alter. Wir verstehen noch sehr wenig über diese und viele andere Immunsignaturen humaner Leukozyten und in welchem direkten Zusammenhang sie mit Krankheiten oder einer Veranlagung für Krankheiten stehen. Das versuchen wir in den Vorträgen immer wieder darzustellen. Was hat dieser Programmpunkt mit Deiner Forschung zu tun? Wie schon gesagt: Wir interessieren uns in unseren Projekten dafür, wie sich das menschliche Immunsystem mit dem Alter verändert. Erstmal ist unser Blick hier auf das „normale“ Altern gerichtet; ein ganz normaler Vorgang also. Erst in einem zweiten Schritt werden wir versuchen, normale altersbedingte Veränderungen auch in Krankheitssituationen zu untersuchen. Viele Zivilisationskrankheiten sind mit dem Alter assoziiert. Eine grundlegende Frage ist: Sind Veränderungen im Immunsystem eine Folge Zusätzlich zur Analyse der oben beschriebenen „Signatur des immunologischen Alters“ führen wir mit den Blutproben der freiwilligen Spender etliche andere Tests durch. Auch hier sind wir erst auf der Suche nach Assoziationen oder Korrelationen von Verän- dieser Krankheiten, oder stellen sie selbst gar eine Ursache dar? Unser Immunsystem funktioniert bis zu einem Alter von etwa 30–40 Jahren sehr effektiv, danach geht es abwärts. Das beste Beispiel hierfür ist, dass ältere Menschen auf viele Impfungen schlechter reagieren. Und da setzt der Fokus unserer Forschung an: Was passiert im Immunsystem mit zunehmendem Alter? Was genau verändert sich? Und was sind die Ursachen für die Veränderungen? Was sind die Folgen von zellulären Alterungsprozessen und was von im Alter häufiger auftretenden subklinischen Entzündungsprozessen? Wie bist Du zur Immunologie gekommen? Von Haus aus bin ich Biologe. Im Studium hat mich die Pharmakologie als Nebenfach besonders geprägt. Unser Professor hat sehr anschaulich erklärt, wie Krankheiten entstehen bzw. aufrechterhalten werden und, viel wichtiger, wie bestimmte Medikamente bei Krankheiten wirken. Dabei wurde sehr deutlich, dass wir weder bei den großen Zivilisationskrankheiten in der westlichen Welt noch bei Infektionserkrankungen in der Dritten Welt kurative Therapien zur Hand haben. Das war im Grunde mein Ansporn. Die Immunologie war damals (und ist es heute noch viel mehr) die zentrale Forschungsdisziplin; hier laufen die Verständnisfäden zusammen, um all diese Krankheiten in ihrer Pathogenese zu verstehen. Was war Deine wichtigste Entdeckung? Das bin nicht nur ich allein, wir arbeiten immer im Team. Da gibt es mehrere wichtige Entdeckungen, die wir gemacht haben. Unsere wichtigste Entdeckung war aber, dass die zytotoxischen T-Zellen nicht nur andere Zellen „killen“ (beispielsweise Virus-infizierte Zellen), sondern dass etwa ein Drittel von ihnen anderen Zellen „hilft“, bestimmte Differenzierungsprogramme zu aktivieren. Das klassische Konzept von T-Zellen sieht eine Art Arbeitsteilung bei ihnen vor: Eine bestimmte Sorte T-Zellen „hilft“ (die CD4+ T-Helfer-Zellen) und andere T-Zellen (CD8+ zytotoxische T-Zellen „killen“). Das konnten wir widerlegen: Wir haben demonstriert, dass nicht alle zytotoxischen T-Zellen „killen“, sondern dass es eine große Anzahl CD8-T-Zellen gibt, die „helfen“. Was hat Deine Forscherkarriere mit Dir gemacht? Ich muss mich laufend selbst hinterfragen, wie ich mit dem heutigen Forschungsbetrieb umgehe. Passe ich mich den geltenden Regeln an, die sich vor allem in den letzten 10-15 Jahren sehr stark verändert haben? Es geht mittlerweile weniger um langfristige Inhalte und mehr um schnelle Ergebnisse; das ist auch eine Folge der modernen Kommunikationsmittel. Durch sie ist auch die Wissenschaft sehr schnell geworden. Außerdem werden die Methoden komplexer, so dass zum Teil Forschungsergebnisse aus sehr aufwendigen Projekten nicht mehr nachprüfbar sind. Was macht Dir Spaß an der Arbeit? Eigentlich ist es reine Neugier. Es gibt noch immer so viel Unentdecktes in der Medizin. Ich muss mir die Freiheit zu entscheiden, was ich forsche, zwar hart erarbeiten; zum Beispiel, indem ich regelmäßig erfolgreiche Projekte einwerbe. Aber wenn mir das gelingt, ist diese Freiheit unbezahlbar. Ich hatte während meiner Doktorarbeit das große Glück, dass mir mein Betreuer die Möglichkeit gegeben hat, mich frei zu entfalten und selber auszutesten, wo meine Grenzen sind. Dabei stand er mir aber als Diskussionspartner immer zu Verfügung. Was gibst Du Deinen Doktoranden mit auf den Weg? Kritisch sein, selbst denken. Und so schnell wie möglich selbständig werden – auch mir gegenüber. Die Doktoranden wollen heutzutage den roten Teppich ausgerollt bekommen. Und leider fördern das manche Eigenarten der strukturierten Graduiertenprogramme sogar. Aber so funktioniert Wissenschaft nicht. Wenn man alles vorgesetzt bekommt – etablierte Methoden, eine interessante Fragestellung, ein sicheres Ergebnis –, ist das im eigentlichen Sinne keine naturwissenschaftliche Doktorarbeit mehr. Was frustriert Dich? Vor allen Dingen die immer stärker werdende fehlende Transparenz bei der Vergabe von Forschungsmitteln. Oft ist es so, dass je mehr Geld zu verteilen ist, umso weniger Leute begutachten die Anträge, bzw. es wird an einen sehr kleinen Kreis verteilt. Wo siehst Du neue Herausforderungen für die Regenerative Medizin? Eine Zeitlang und eigentlich immer noch wurden Stammzellen sehr gehypt. In vielen Kommentaren werden sie immer noch als eine Art heiliger Gral regenerativer Therapien gesehen. Allerdings konnten viele der Versprechen bisher nicht eingelöst werden. Bei den Immunologen dreht sich im Moment alles um Krebs. Hier gab es eine sehr lange Durststrecke. Jetzt aber sind Studien erschienen, die bei 40 Prozent der Melanompatienten lang anhaltende Therapieerfolge aufweisen. Das ist ein großer Schritt in eine richtige Richtung. 31 Wir sagen, wir arbeiten an der „Medizin der Zukunft“. Haben wir schon etwas davon eingelöst? Vielleicht werden wir in Zukunft personalisierte Medizin machen. Das heißt, dass man bei teuren Therapien vorher herausfiltert, wer auf welche Therapie anschlägt. Da misst der Arzt vorher ein Set von Parametern und weiß dann, welche der therapeutischen Optionen für den Patienten am sinnvollsten ist. Das ist eine große Chance, dass man mit relativ preisgünstigen Tests vorher entscheiden kann, was man macht und dann bei einem Großteil der Behandelten eine Heilung erfolgt. Ich glaube in der Tat, dass solche therapeutischen Ansätze in den nächsten zehn Jahren auch in die Realität umgesetzt werden. Auch im nächsten Frühjahr gibt es eine „Lange Nacht der Wissenschaften“. Seid Ihr wieder dabei? Ja, das ist zwar ein sehr hoher (auch finanziell hoher) Aufwand, aber wir profitieren ja auch sehr davon. Wir sind sicherlich wieder dabei. Prof. Dr. Andreas Thiel, 50, ist Leitender Wissenschaftler am BCRT. Er hat Biologie in Hannover und Köln studiert, seine Doktorarbeit zum Thema „Isolierung und funktionale Charakterisierung von peripheren Stammzellen und Vorläuferzellen des hämatopoetischen Systems“ schrieb er am Institut für Genetik der Universität Köln (1998). Er leitet am BCRT den Forschungsbereich „Regenerative Immunologie und Altern“. 32 Pharmacology made a lasting impression on me. Andreas, your contribution “Blutjung geblieben” is one of the highlights at the “Long Night of Sciences”. Can you tell us briefly what it’s all about? We take blood samples from the visitors right here on-site and analyze those samples using a quick test. Based on the occurrence of a cer tain type of T lymphocyte – a subgroup of white blood cells – we are able to determine approximately the age of the blood donor. We then give a shor t talk in which we present the results and discuss them with our visitors. We have to make sure to emphasize that we cannot draw any conclusions about the health of the par ticipants from our results; in a way, the result correlates to the immunological age of the test subject. We still understand very little about these and many other immune signatures of human leukocytes and how they are directly connected to disease or predisposition. We try to make this point again and again in our presentations. Besides analyzing this “signature of immunological age“ we also perform numerous other tests on the blood samples taken from our voluntary donors. Here too, we are still only searching for associations or correlations of age-related changes within cer tain leukocyte types. What does this program item have to do with your research? As I already mentioned, we are interested in finding out how the human immune system changes with age. First of all we direct our attention to “normal” aging – a perfectly normal process. Only in a second step will we try to analyze normal age-related changes in disease situations too. Many diseases of civilization are associated with age. A fundamental question is: Are immune system changes a consequence of these diseases or are they in fact a cause? Our immune system works very effectively up to the age of about 30-40; after that it goes downhill. The best example of this is that older people show a poorer response to many vaccinations. This is where the focus of our research is placed: What happens in the immune system with increasing age? What exactly changes? And what causes these changes? What are the consequences of cellular aging processes and the subclinical inflammatory processes that occur more frequently with age? How did you end up working in immunology? I’m a biologist by training. During my studies pharmacology made a lasting impression on me. Our professor described very vividly how diseases emerge or persist and, far more impor tantly, how cer tain drugs act on diseases. It became very clear that we have no curative therapies at hand to deal with either the great diseases of civilization in the Western world or with infectious diseases in the Third World. Essentially, that’s what spurred me on. At that time (and even more so today) immunology was the central research discipline; this is 33 where the different strands of information come together so that the pathogenesis of all these diseases can be understood. What do you enjoy about your work? It’s pure curiosity, really. There is still so much to be explored in medicine. I have to work hard for the freedom to decide what I will research – by regularly leveraging funding for successful projects, for example. But once I succeed, the freedom is invaluable. During my PhD studies I had the good for tune to have a supervisor who gave me the oppor tunity to develop freely and to test my limits myself. At the same time, he was always available if I needed a discussion par tner. What frustrates you? What frustrates me most is the increasingly lack of transparency in the allocation of research funds. Often, the more money there is to be distributed, the fewer people there are reviewing the proposals, or the funds are allocated to a very small circle. What was your most important discovery? It’s not just me, we always work as a team. We’ve made several impor tant discoveries. But the most impor tant one was that cytotoxic T-cells don’t just “kill” other cells (for example virus-infected cells), but that about one third of them “help” other cells to activate specific differentiation programs. The classic concept of T-cells envisages a kind of division of labor : a cer tain type of T-cells (the CD4+ T-helper cells “help”) while other T-cells (CD8+ cytotoxic T cells “kill”). We managed to disprove this. We demonstrated that not all cytotoxic T-cells “kill” but that there are a large number of CD8 T-cells that “help”. How has your research career changed you? I constantly have to question how I handle today’s research operations. Should I conform to the current rules which have changed so much, especially in the last 10-15 years? Meanwhile the focus is less on long-term content and more on quick results; that is also a consequence of modern communication tools. As a result, science is also moving at a very fast pace. And the methods are becoming ever more complex so that some research findings from very sophisticated projects are no longer verifiable. What tips do you give your PhD students? Be critical, think for yourself. And become independent as soon as possible – also from me. Today’s PhD students want to have the red carpet rolled out for them. And, unfor tunately, some features of the structured graduate programs actually encourage this. But science doesn’t work like that. If everything is served up to you on a plate – established methods, an interesting research question, a reliable result – then it’s no longer a scientific doctoral thesis in the true sense. Where do you see new challenges for regenerative medicine? There was a lot of hype around stem cells for a while, and actually there still is. In many commentaries they are seen as the Holy Grail of regenerative therapy. But so far many of the promises have remained unfulfilled. For immunologists, everything is revolving around cancer at the moment. After a very long dry spell in the field, studies demonstrating long-term treatment success in 40 percent of melanoma patients have been published. That’s a very big step in the right direction. We say we’re working on the “medicine of the future”. Has anything of this claim been accomplished yet? Perhaps we will be offering personalized medicine in the future. That means filtering out who will respond to which treatment before expensive treatments are initiated. Beforehand the physician measures a set of parameters and then knows which therapeutic options are the most promising for that patient. There’s a very good chance that with relatively cheap tests one will be able to decide what to do next and the majority of patients treated will recover. I believe in fact that such therapeutic options will become a reality within the next ten years. The next “Long Night of Sciences” will take place next spring. Will your group be taking part again? Yes, although it’s a big under taking (also financially), we also benefit from it. I’m sure we’ll be here again. Prof. Dr. Andreas Thiel, 50, is a principal investigator at the BCRT. He studied biology in Hanover and Cologne. Thiel wrote his PhD thesis on the topic “Isolation and functional characterization of peripheral stem cells and progenitor cells of the hematopoietic system” at the Institute for Genetics of the University of Cologne (1998). He heads the research area “Regenerative Immunology and Aging” at the BCRT. The BSRT A professional interdisciplinary training for doctoral candidates and postdocs 34 Our program is particularly attractive for those who want to translate their research findings into clinical applications. The Berlin-Brandenburg School for Regenerative Therapies (BSRT) is BCRT’s ‘talent factory’. Since 2009 the school has been funded through the Excellence Initiative of the German Federal Government. Engineers, natural scientists or clini cians – all doctoral and postdoctoral researchers at the BSRT are educated in regenerative medicine in one of the three specialized tracks. The main goal of the program is the close collaboration between the three tracks and beyond each candidate’s par ticular field of exper tise. This is because studying regenerative medicine requires specialists from different disciplines who work together on the overall goal to repair dysfunctional cells, tissue or organs. “Our program is par ticularly attractive for those who do not just want to concentrate on pure research but who want to translate their research findings into clinical applications”, says Georg Duda, spokesperson for the BSRT. Initially the BSRT concentrated on doctoral candidates, but since the beginning of the second funding period in November 2012 the program has been expanded to young postdocs who have only recently graduated. The school seeks to attract young researchers with original and innovative ideas who are keen to work on their first independent postdoctoral project within the BSRT network. Candidates are required to submit a project proposal describing their research plan. The best and most relevant applications are selected and the candidates are invited to meet with BSRT faculty to fur ther refine their proposal. The postdocs who join the BSRT will have access to its research network and will be suppor ted by experienced senior scientists. They will also gain teaching experience in higher education. One impor tant focus of the program is to impar t teaching methods and tools in order to prepare the young researchers for a career in academia: “We educate our postdocs in student-centered teaching strategies; that means actively engaging students beyond mere listening. Our postdocs can establish their own teaching por tfolio with modern didactic approaches in higher education”, says BSRT coordinator Sabine Bar tosch. The young scientists can immediately practice their newly acquired teaching skills on the BSRT doctoral candidates. 35 BioThinking As there is a growing need for innovation and interactions across disciplinary boundaries, it is our responsibility to educate a new generation of scientists who are equipped to rise with the challenges of our times. Therefore, the BSRT in cooperation with the Hasso Plattner Institute (HPI) in Potsdam developed BioThinking, a worldwide unique program using Design Thinking as an innovation driver in biomedical sciences. Design Thinking is a methodology for innovation that combines creative and analytical approaches, and requires collaboration across disciplines. Engineering Track for students of material sciences, engineering, physics and chemistry Biology Track for students of biology, biochemistry, bioinformatics, immunology and veterinary medicine Clinical Scientist Track for young clinicians who are doing their clinical specialization and who receive protected time for their scientific research Die Zell-Spezialistinnen The Cell Specialists 36 Claudia Wessling Wir haben die CardAP-Zellen aus Eigengewebe von Patienten isolier t und wir hoffen, dass sie einmal helfen, Herzmuskelschwäche behandeln zu können. Mario Thiele: Rattenmuskel / Herz Nährstofflösung Nutrient solution Frau Van Linthout, Frau Haag, für ihre Entdeckung und Entwicklung der sogenannten CardAP-Zellen wurden Sie 2014 für den Innovationspreis Berlin-Brandenburg nominiert. Was verbirgt sich eigentlich hinter dieser Abkürzung? Van Linthout: CardAP ist aus dem englischen Begriff „Cardiac-derived Adherent Proliferating cells“ abgeleitet, auf Deutsch kann man vielleicht sagen: Herzabgeleitete, haftende Zellen für die Herztherapie. So ähnlich heißt auch das interdisziplinäre Projekt, an dem wir am BCRT seit etwa sechs Jahren arbeiten. Wir haben die CardAP-Zellen aus Eigengewebe von Patienten isoliert und wir hoffen, dass sie einmal helfen, Herzmuskelschwäche behandeln zu können. Das ist eine Krankheit, die bis heute mit Medikamenten nicht in den Griff zu bekommen ist. Woher kam denn eigentlich die Idee, überhaupt in diese Richtung zu forschen? Haag: Von unseren Chefs, Professor Michael Sittinger und Professor Carsten Tschöpe. Die beiden haben sich über ihre jeweiligen Projekte ausgetauscht und daraus wurde dann ein gemeinsames Forschungsvorhaben. Van Linthout: Wir hatten hier gute Voraussetzungen, so ein Projekt anzugehen. In der Arbeitsgruppe meines Chefs Carsten Tschöpe an der Charité werden regelmäßig Biopsien bei Herzpatienten entnommen, in Fällen, bei denen klinische Parameter allein noch keinen Aufschluss geben, ob jemand zum Beispiel eine kardiale Entzündung oder Virusinfektion hat. Bei diesen Untersuchungen wurde dann Herzgewebe für Forschungszwecke gewonnen. Die Zellisolierung war dann Marions Aufgabe. Haag: Einfach war das nicht, denn es stellten sich viele technische Fragen. Zum Beispiel, wie die Zellen aus dem Gewebe isoliert werden können und welche Laborbedingungen nötig sind, um sie zum Wachsen zu bringen. Das Besondere war, dass wir mit humanem Gewebe arbeiten konnten. 37 Inzwischen haben Sie mit den CardAPs, die ja auch bereits patentiert sind, schon vielversprechende Ergebnisse erzielt? Van Linthout: Wir konnten in Experimenten nachweisen, dass die aus dem Herzgewebe des Patienten gezüchteten Zellen kardiale Entzündung, Apoptose und Remodulierung unterdrücken können. Auch die kardiale Viruslast kann durch CardAP-Zellen reduziert werden. Das ist wirklich ein Unikum, bei Experimenten mit mesenchymalen Stammzellen ist das so nicht beobachtet worden. Haag: Mesenchymale Stammzellen sind natürlich auch bedeutend für regenerative Zelltherapien, weil sie multipotent sind, sich also zu allen möglichen Formen von Zellen entwickeln können. Unsere These ist allerdings, dass in manchen Fällen gewebespezifische Zellen wie CardAP-Zellen sinnvoller sind. Unter anderem arbeitet unsere Tissue-Engineering-Gruppe hier am Institut zum Beispiel auch mit Knorpelzellen zum Wiederaufbau geschädigter Gelenke. Und wann, glauben Sie, werden die Patienten von Ihren Erkenntnissen profitieren können? Haag: Geplant ist, dass wir 2016 mit der ersten Phase der klinischen Studie beginnen können. Wir wollen dann hier an der Charité mit zunächst 24 Patienten prüfen, ob die Zellen vor allem sicher sind und zu einer Verbesserung der Herzfunktion führen. Davor sind aber noch einige Genehmigungen einzuholen, denn die Sicherheit des Patienten steht natürlich an erster Stelle. Weil aber Zelltherapeutika noch relativ neu sind, ist nicht ganz klar umrissen, wie man den hohen Anforderungen für Unbedenklichkeit und Sicherheit gerecht werden kann. Van Linthout: Und bei der klinischen Studie kommen nach Phase I natürlich noch die Phasen II und III, mit mehr Patienten und zusätzlichen Kontrollen. Bis das Ganze in der Breite beim Patienten ist, werden wohl noch einige Jahre vergehen. Ist eine solche Therapie mit aus eigenem Herzgewebe gezüchteten Zellen nicht auch sehr teuer für das Gesundheitssystem? Haag: Na ja, das ist relativ. Bedenken Sie, dass jährlich etwa 60.000 Menschen an einer Herzinsuffizienz erkranken. Die Kosten für das Gesundheitssystem gehen dabei in die Milliarden. Wenn zum Beispiel nur noch eine Herztransplantation hilft, ist eine Therapie mit CardAP-Zellen sicherlich deutlich billiger. Wir kalkulieren die Behandlungskosten mit etwa 25.000 Euro, aber der Kostenrahmen hängt auch stark davon ab, wie die Auflagen der Behörden gestaltet werden. Derzeit ist viel Bewegung in der Gesetzgebung für die Zulassung von Zelltherapien. Man weiß noch nicht, wie das ausgeht. Darüber hinaus sind bei unserem Projekt aber auch weitere Forschungsarbeiten geplant. Welche sind denn das zum Beispiel? Van Linthout: Bislang arbeiten wir mit sogenannten autologen Zellen. Das heißt, der Patient bekommt nur Zellen injiziert, die Apoptose kontrollierter, durch Genexpression gesteuerter „Selbstmord“ der Zelle, der keine Entzündungsreaktion auslöst Remodulierung durch eine Erkrankung ausgelöste Veränderungen im Zellgewebe 38 Mesenchymale Stammzellen Stammzellen des Bindegewebes, die sich überwiegend im Knochenmark finden; sie sind multipotent, das heißt, sie können noch in eine Vielzahl von Zellen differenzieren aus seinem eigenen Herzgewebe gewonnen wurden. Uns interessiert nun, ob man auch allogene, also aus fremdem Herzgewebe stammende Zellen, verwenden könnte. Bei der Behandlung hätte es große Vorteile, weil solche Zellen schneller verfügbar wären und nicht erst aus Patientengewebe gewonnen werden müssten. Allerdings müssen wir nun testen, ob und unter welchen Bedingungen es Abstoßungsreaktionen geben könnte. Das gehen wir jetzt, parallel zur geplanten klinischen Studie, schon an – und zwar in Zusammenarbeit mit den Immunologen hier am BCRT. Da zahlt sich wieder mal aus, dass unser Institut den Transfer zwischen den Fachgruppen so fördert. Haag: Es gibt im Zusammenhang mit den CardAP-Zellen auch noch einige praktische Fragen zu klären. Im Moment arbeiten wir an einem verbesserten Transport der Zellen vom Labor in die Klinik. Die Zellen müssen 48 Stunden in einer Verpackung und einem passenden Nährmedium überstehen. Dann muss der Arzt das Ganze schnell und einfach aufziehen und injizieren können, ohne dass die Zellen kontaminiert oder beschädigt werden. Das Problem klingt profan, ist aber dennoch nicht immer einfach zu lösen. Wir testen gerade eine weitere, sehr vielversprechende Verpackung. Was reizt Sie als Biologinnen eigentlich persönlich an der Forschungszusammenarbeit mit Medizinern. Das sind doch auch sehr verschiedene Welten: Petrischale versus Patientenbett? Van Linthout: Ich bin von Haus aus Bioingenieurin/Agraringenieurin, in meiner Heimat Belgien habe ich das Fach mit Schwerpunkt Biotechnologie studiert. Mein Spezialgebiet war schon damals Zell- und Gentechnologie, aber ich wollte nie eine veredelte Kartoffel entwerfen. Als ich meine Abschlussarbeit schrieb, habe ich mich schon in Richtung Medizin und Kardiologie orientiert. Auch ein persönlicher Grund hat eine Rolle gespielt, denn mein Großvater war damals herzkrank. Neben der Gentherapie begann ich mich während meiner Zeit als Postdoc in Italien auch für Zelltherapie zu interessieren. Ich finde es bis heute superspannend, so dicht am Patienten zu forschen, wie es in der Arbeitsgruppe von Carsten Tschöpe gehandhabt wird. Fortschreiten beitragen. Daraus ergeben sich dann auch Ansätze, die CardAP-Zellen und ihre Einsatzmöglichkeiten zu verbessern. Eine Erkrankung lässt sich nur heilen, wenn man weiß, wie sie entstanden ist. Haag: Ich habe nach meinem Studium am Robert Koch-Institut promoviert. Da mich das produktorientierte Arbeiten der Tissue-Engineering-Gruppe sehr interessiert hat, habe ich mich dort beworben. Es gefällt mir einfach, nah am Produkt zu arbeiten – auch wenn es natürlich oft viele Jahre dauert, bis man in der medizinischen Forschung ein konkretes Resultat in den Händen hat. Dr. Marion Haag, 47, hat Biologie an der Freien Universität Berlin studiert. Ihre Doktorarbeit zum Thema „Interaktionspartner von Pro-IL-16“ machte sie in der Abteilung „HIV Pathogenese und Impfstoffentwicklung“ des Robert Koch-Instituts. Nach ihrer Promotion ging sie zu Professor Michael Sittinger an das Labor für Tissue Engineering & Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Heute arbeitet Marion Haag im Forschungsfeld „In situ Tissue Engineering“ des BCRT, wo sie das Projekt „CardAP-Zellen“ leitet. Wie sieht denn Ihrer Ansicht nach die Zukunft regenerativer Therapien aus? Van Linthout: Gerade im Bereich der vielen Krankheiten, für die es bis heute keine vielversprechenden Behandlungsmethoden gibt, versprechen die regenerativen Therapien ganz neue Möglichkeiten. Bei diesen Therapien werden körpereigene Heilungsprozesse stimuliert – sei es beispielsweise durch Zell-Applikation oder Genmanipulation, während bei Standardtherapien oft nur die Verschlimmerung hinausgezögert wird. Und wie sehen Sie Ihre nähere und fernere Zukunft als Forscherinnen? Van Linthout: Ich möchte die Pathogenese von Herzkrankheiten noch besser verstehen, welche Faktoren zu ihrer Entstehung und ihrem Haag: Hier am BCRT gibt es viele Projekte, die sich mit Zelltherapien befassen. An dem Thema möchte auch ich dranbleiben. Im Moment aber liegt mir nach der harten und erfolgreichen Arbeit der vergangenen Jahre vor allem eins am Herzen: Die CardAP-Zellen endlich in die Klinik zu bringen. PD Dr. Sophie Van Linthout, 39, hat Biowissenschaften an der Katholischen Universität von Leuven, Belgien, studiert. In ihrer PhD-Arbeit im Fach medizinische Wissenschaften untersuchte sie, wie HDL (Lipoprotein hoher Dichte) mittels eines Gentransfervektors erhöht werden kann. Anschließend ging Sophie Van Linthout für Ihren Postdoc nach Italien. 2004 wechselte sie nach Berlin zur Forschungsgruppe von Professor Carsten Tschöpe. Hier setzte sie ihre bereits zu PhD-Zeiten begonnene Forschung zum Gentransfervektor an verschiedenen e xperimentellen Modellen kardiovaskulärer Erkrankungen fort. Seit 2009 forscht sie zu Zelltherapien bei Herzerkrankungen. links/left: Sophie Van Linthout rechts/right: Marion Haag I never wanted to design a genetically enhanced potato. Dr.Van Linthout, Dr. Haag:You were nominated for the Berlin Brandenburg Innovation Award 2014 for the discovery and development of CardAP cells. What does the acronym actually stand for? Van Linthout: CardAP stands for „Cardiac-derived Adherent Proliferating cells“, which is also the title of the interdisciplinary project we’ve been working on for the past six years at the BCRT. We have isolated CardAP cells from patients’ own tissue in the hope that they may one day be used to treat hear t failure – a disease that so far cannot be controlled with current pharmaceuticals. Where did the idea to research in this direction come from? Haag: From our group leaders, Professor Michael Sittinger and Professor Carsten Tschöpe. They got together to discuss their respective fields of interest and that led to a joint research project. Van Linthout: The conditions for tackling such a project are good here. In the research group led by my supervisor, Carsten Tschöpe, biopsies are regularly taken from cardiac patients when the clinical parameters don’t provide information about whether a patient has, for example, inflammation of the hear t muscle or a cardiac viral infection. During those tests hear t tissue samples were also collected for research purposes. Isolating the cells was Marion’s job. Haag: That wasn’t so easy because several technical questions arose. For instance, how can cells be isolated from the tissue and what laboratory conditions are necessary to encourage them to grow? What was special was that we were able to work with human tissue. CardAPs have been patented. Have they already shown promising results? Van Linthout: In experiments we were able to demons trate that cells cultivated from the patients’ hear t tissue can suppress cardiac inflammation, apoptosis and remodeling. The cardiac viral load can also be reduced by CardAP cells. That really is a unique finding – it hasn’t been observed before in experiments with mesenchymal stem cells. Haag: Mesenchymal stem cells are of course impor tant for regenerative cell therapies because they are multipotent, meaning they have the potential to develop into many different types of cell. However, our theory is that in some cases tissue-specific cells such as CardAP cells are more useful. For instance, our Tissue Engineering Group here at the BCRT is also working with car tilage cells to reconstruct joints that have been damaged. And when, do you think, will patients be able to benefit from your findings? Haag: We plan to be in a position to enter the first phase of clinical trials in 2016. With an initial group of 24 patients Apoptosis controlled, gene expression-driven cell “suicide” which does not trigger an inflammatory response Remodeling changes in cell tissue as a result of disease Mesenchymal stem cells connective tissue stem cells found primarily in the bone marrow; they are multipotent, i.e., they have the potential to differentiate 40 into many different cells types here at the Charité we want to test whether the cells are above all safe, and whether they lead to an improvement in hear t function. Before that can happen we have to obtain a number of authorizations because patient safety is naturally our primary concern. But because cell therapies are relatively new there is not so much experience on how exactly the high health and safety requirements can be satisfied. Van Linthout: And, in clinical trials, phase I is of course followed by phase II and III involving more patients and additional controls. It could be several more years before the treatment reaches a wider patient population. Isn’t this kind of therapy with cells cultured from the patient’s own cardiac tissue very expensive for the health care system? Haag: Well, it’s all relative. You have to bear in mind that roughly 60,000 people are diagnosed with hear t failure every year. The cost to the health care system runs into billions. If, for example, a hear t transplant is the only option, CardAP cell therapy would cer tainly be much cheaper. We calculate the treatment costs at around 25,000 Euros, but the cost framework is also highly dependent on how the authorities’ requirements are shaped. At the moment there’s a lot of legislative activity surrounding the authorization of cell therapies. It’s still not clear what the final result will be. However, there are also plans to do fur ther research within our project. Can you give me an example of what that might involve? Van Linthout: So far we have been working with so-called autologous cells. That means that patients only receive injections of cells harvested from their own cardiac tissue. Now we are also interested in exploring whether one could use allogenic cells, i.e., cells derived from foreign cardiac tissue. That would offer huge advantages in terms of treatment, because such cells would be more readily available and would not have to be harvested from patient tissue first. But before that, we have to test whether and under what conditions rejection responses could occur. We have already star ted this work – together with the BCRT’s immunologists – in parallel with the planned clinical trial. The fact that our institute promotes the transfer between the different specialist groups has paid off once again. Haag: A number of practical issues still have to be clarified in connection with CardAP cells. At the moment we are working on improving the transpor t of the cells from the laboratory to the clinic. The cells have to survive 48 hours in packaging and in a suitable culture medium. Then the physician has to fill the cell preparation into a syringe and inject the whole lot quickly and easily without contaminating or damaging the cells. The problem sounds banal, but nevertheless it is not always easily solved. Currently we are testing another very promising packaging. As biologists what appeals to you personally about researching together with clinicians? Those are two very different worlds: bench versus bedside. Van Linthout: I studied bioengineering/agricultural engineering with a focus on biotechnology in my native country, Belgium. Even back then my specialty was cell and gene technology, but I never wanted to design a genetically enhanced potato. While I was writing my final thesis I was already drawn to the medical field and cardiology. There was also a personal reason – my grandfather had hear t disease at the time. In addition to gene therapy, I also became interested in cell therapy during my time as a postdoc in Italy. To this day I still find it very exciting to be researching as close to the patient as we do in Carsten Tschöpe’s group. Haag: After my studies I completed my PhD at the Rober t Koch-Institute. Since I was very interested in the productoriented work of the Tissue Engineering Group, I applied there. I like working close to the product – even though in medical research it often takes many years to arrive at a tangible result. How do you see the future of regenerative therapies developing? Van Linthout: Regenerative therapies offer entirely new possibilities for many diseases for which there are still no promising treatment methods available. In contrast to standard therapies which often only delay deterioration, these therapies stimulate the body’s inherent healing processes via, for example, cell application or genetic modification. 41 And how do you envisage your short- and long-term future as researchers? Van Linthout: I want to fur ther extend my understanding of the pathogenesis of hear t diseases and the factors contributing to their emergence and persistence. This will lead to new approaches for improving CardAP cells and their application possibilities. A disease can only be cured when we know how it emerged. Haag: Here at the BCRT there are several projects that deal with cell therapies. That’s the topic I want to pursue in the future too. But for the moment, after all the hard and successful work we’ve done over the past few years, one goal is closest to my hear t: finally moving CardAP cells into the clinic. Dr. Marion Haag, 47, studied biology at the Freie Universität Berlin. She wrote her doctoral thesis on „Interaktionspar tner von Pro-IL-16“ at the Rober t Koch-Institute Berlin, Depar tment for HIV Pathogenesis and Vaccine Development. Marion Haag then joined Professor Michael Sittinger at the Laboratory for Tissue Engineering & Medical Depar tment, Division of Rheumatology and Clinical Immunology at the Charité – Universitätsmedizin Berlin. Today, Marion Haag works in the research field “In situ Tissue Engineering” of the BCRT, where she heads the project “CardAP Cells”. PD Dr. Sophie Van Linthout, 39, studied bioscience engineering (Master in Engineering in Cell and Gene Biotechnology) at the Catholic University of Leuven, Belgium, where she also performed her PhD in medical science focused at the development of a HDL-raising gene transfer vector. After her postdoc as Marie-Curie Fellow in Italy, she moved to Berlin in 2004 in the research group of Professor Carsten Tschöpe to explore the impact of HDL-raising gene transfer in different experimental models of cardiovascular disorders. Since 2009, her work is mainly focused at evaluating the potential of cell therapy for the treatment of hear t failure. unten: GMP Reinraumlabor below: GMP Clean Room Laboratory Prof. Dr. Michael Sittinger Snapshot 42 An early pioneer in the field of tissue construction. The idea of constructing tissues and organs from individual cells came to Michael Sittinger some 25 years ago while working on his PhD thesis: given that he had been able to cultivate large numbers of individual cells from which to isolate cell membranes, the biologist asked whether it wouldn’t be possible to do the reverse – to bring cells grown in the laboratory back into tissue form. The idea took hold of him and never let go. First at the University Clinic Erlangen and later as leader of the Tissue Engineering Research Group at the Charité and at the German Rheumatism Research Centre Berlin (DRFZ) he sought out suitable carrier materials for human cells and tried out all kinds of substances. When, in 2001, Sittinger’s colleagues first applied three-dimensional matrix-suppor ted cell transplants in patients in a clinical study he could be cer tain that his effor ts had finally paid off. Michael Sittinger is also pursuing this goal with the establishment of several companies engaged in the development and commercialization of tissue-engineered products. His novel cell therapies for the regeneration of car tilage and bone defects are long established in the clinical setting. They involve first isolating the patient’s own cells, multiplying them in the lab and then transplanting them back into the patient. In contrast to non-specific stem cell preparations, here we are dealing with cells that are taken from the area where tissue regeneration is to take place. For his latest development – a therapy designed to treat hear t failure using patients’ own hear t cells – Michael Sittinger and his team were nominated for the 2014 Berlin Brandenburg Innovation Award. by Stephanie Eichler Michael Sittinger is one of the early pioneers in the field of tissue engineering. Today, he heads BCRT‘s research field „In Situ Tissue Engineering“ and the Charité Laboratory for Tissue Engineering. Together with scientists from other disciplines as well as clinicians he works to ensure that new research findings can be applied quickly to the benefit of patients. 43 Saboteure aus dem Immunsystem Saboteurs from the immune system 44 Stefanie Reinberger Wenn Knochenbrüche nicht heilen, haben körpereigene Abwehrzellen möglicherweise die Situation falsch interpretier t. „Die Unterbrechung beim Knochen ist eine Fraktur“, schrieb Galen von Pergamon (129-200 n. Chr.) in „Ars medica“. Dass ein gebrochener Knochen wieder zusammenwachsen kann, daran glaubte der griechische Arzt jedoch nicht. Vielmehr ging er davon aus, dass eine Art Leim, den der Körper aus Nahrungssäften gewinnt, den Bruch verschließe und so den Knochen wieder zusammenfüge. Heute wissen wir jedoch, dass verschiedene Zelltypen den Knochen ständig ab- und wieder neu aufbauen. Damit sorgen sie dafür, dass sich das Skelett an veränderte Aufgaben und Belastungen anpasst. Darüber hinaus ermöglicht dieses komplexe Zusammenspiel verschiedener Zelltypen und molekularer Faktoren die narbenfreie Heilung eines gebrochenen Knochens. Somit stellt die Frakturheilung eine wirkliche Regeneration dar, indem die ursprüngliche Struktur und Funktion wieder hergestellt wird – zumindest in den meisten Fällen. 2 0 Pro z e nt der Kno ch e nbrüche mache n Pro bl e me Weitgehend unklar ist bislang allerdings, weshalb bei manchen Patienten der Bruch nicht bzw. verzögert heilt. Trotz entsprechender medizinischer Versorgung verschließt sich bei rund 15 Prozent aller Knochenbrüche die Fraktur nur verzögert, bei fünf Prozent heilt der Bruch überhaupt nicht. „Das ist mit enormen zusätzlichen Kosten für medizinische Behandlung und Rehabilitation verbunden“, erklärt Georg Duda, einer der drei Gründungsdirektoren des BCRT. „Ebenso schwer wiegt der Verlust an Lebensqualität: Die Patienten haben starke Schmerzen und sind in ihrer Motorik behindert, da sie die betroffenen Gliedmaßen nicht im normalen Umfang nutzen können.“ Es besteht also dringender Handlungsbedarf, um die Ursachen aufzuspüren, die hinter den schlecht heilenden Brüchen stecken. Nur so lassen sich Ansatzpunkte für den 45 Paul Zaslansky: 3erlei Knochen frühzeitigen Einsatz bereits bestehender Therapien oder sogar verbesserte Therapiemöglichkeiten finden. Wissenschaftler des BCRT riefen daher das Projekt „ImmunoBone“ ins Leben, in dem sich Experten aus den Bereichen der Immunologie und des muskuloskeletalen Systems zusammengefunden haben. „Uns ging es zunächst vorrangig darum, Biomarker zu finden, mit denen sich eine zuverlässige Vorhersage treffen lässt, ob ein Bruch schwer heilen wird“, erklärt Simon Reinke, Projektleiter von „ImmunoBone“. Solche Biomarker können beispielsweise bestimmte Zellen oder Moleküle sein, die sich gut messen lassen und die typisch sind für schlecht heilende Brüche. Sie werden zum Werkzeug für die Klinik: Entdecken Ärzte bei einem Patienten den betreffenden Biomarker, wissen sie, dass zusätzliche Therapieverfahren notwendig sein werden. Im Visier haben die BCRT-Wissenschaftler bestimmte Zellen des adaptiven Immunsystems. „Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Hinweise darauf, dass Veränderungen im Immunsystem ebenso wie chronische Entzündungen den Knochenmetabolismus beeinflussen“, erläutert Sven Geißler, Teilprojektleiter von „ImmunoBone“. Könnte ein ungünstig agierendes Abwehrsystem auch die Reparatur eines gebrochenen Knochens verhindern? W i e d i e Sch utztru p p e z um Sab ot e u r wir d Das Immunsystem scheint demnach bei der Heilung von Knochenbrüchen eine bedeutende Rolle zu spielen. Der initiale Heilungsprozess kann hierbei in zwei Phasen untergliedert werden, die pro- und die anti-inflammatorische Phase. In der pro-inflammatorischen Phase beginnt die Knochenheilung damit, dass zunächst ein Bluterguss im Frakturspalt entsteht, in den verschiedene Immunzellen einwandern – etwa Makrophagen, Granulozyten und Mastzellen. Die eingewanderten Immunzellen schütten eine Reihe von Botenstoffen aus. Diese Botenstoffe locken nun weitere 46 links/left: Sven Geißler rechts/right: Simon Reinke Zellen an, die die Reparatur des Knochens initiieren und eine geeignete Umgebung für die Heilungsprozesse schaffen. Sie sorgen zudem dafür, dass diese Zellen sich vermehren und unter anderem einen Übergang zur anti-inflammatorischen Phase schaffen, in der sich beispielsweise neue Blutgefäße ausbilden können. Die Balance der beiden Entzündungsphasen scheint für ein erfolgreiches Zusammenwachsen der Knochen zwingend notwendig zu sein. Darauf deuten auch frühere Arbeiten des Teams hin. Die Wissenschaftler hatten im Experiment bei Schafen nachgewiesen: Gerät die Immunantwort aus dem Gleich gewicht, stört das die Heilungsprozesse. Besonders fiel den Wissenschaftlern die erhöhte Konzentration von CD8+-Effektor-T-Zellen ins Auge. Diese speziellen T-Zellen attackieren alles, was sie als „fremd“ oder „krank“ erkennen. „Daher lag es nahe, sich verschiedene CD8+T-Zell-Untergruppen anzuschauen. Problematisch schienen hier insbesondere die CD8+TEMRA-Zellen zu sein. Diese sind Ausdruck eines erfahrenen, ‚gealterten‘ Immunsystems und können auch ohne einen Pathogenkontakt, nur durch Entzündungssignale aktiviert werden“, erklärt Reinke. „Da die Fraktur eine hohe Entzündungsreaktion initiiert, warf es die Frage auf, ob diese CD8+TEMRA-Zellen möglicherweise den Regenerationsprozess behindern und damit auch die Knochenheilung negativ beeinflussen können.“ Um diese Hypothese zu überprüfen, untersuchten die Forscher Patienten mit Brüchen des Schienbeinkopfes. Unmittelbar vor und zu verschiedenen Zeiten nach der Operation nahmen sie den Immunstatus der Patienten unter die Lupe. Dabei zeigte sich: Patienten mit verzögerter Genesung hatten mehr CD8+TEMRA-Zellen im Blut als Patienten mit einem normalen Heilungsverlauf. Die größte Anreicherung der CD8+TEMRA-Zellen fand sich im Bluterguss „Das legt nahe, dass die CD8+TEMRA-Zellen den Knochenbruch als eine Art Infektion interpretieren“, so Reinke. Im Falle einer Fraktur wandern sie zum Ort der Verletzung und setzen dort verschiedene Zytokine frei, was die Funktion pro-regenerativer Zellen einschränkt und einen verzögerten Heilungsverlauf zur Folge hat. Je mehr von diesen Zellen im peripheren Blut vorhanden sind, desto mehr können dann auch in das Frakturgebiet einwandern. Was also im Falle eines Erregers durchaus hilfreich ist, richtet im Falle einer Fraktur mehr Schaden als Nutzen an – mit der Folge, dass sich die Frakturheilung verzögert oder gar nicht stattfindet. Gesucht: G e g e nspi e l e r und A ng rif f spunkt e f ür ne ue Th e ra pi e n Ziel des BCRT als Translationales Forschungszentrum ist es, Forschungsergebnisse schnell und sicher in die Klinik zu bringen, sei es als neue Therapien, Dia gnostika oder Biomarker. Für das „Immuno Bone“-Projekt stehen die Chancen gut, dass dieses Ziel bald erreicht wird: „Wir sind mittlerweile in den finalen Vorbereitungen einer Multicenter-Studie, welche die Eignung der TEMRA-Zellen als prognostischer Biomarker des gestörten Heilungsverlaufs validieren soll“, so Reinke. Sind diese speziellen T-Zellen im Blut des Patienten vor der Operation über einem definierten Schwellenwert, sollten Ärzte alarmiert sein. Der Bruch wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schlecht heilen. Eine Standardtherapie wird hier nicht ausreichen. Bei einem Erfolg würden sich neue Wege für die Therapie eröffnen, um eines Tages schlecht heilende Brüche nicht nur rechtzeitig zu erkennen, sondern auch gezielt behandeln zu können. Dazu gilt es ebenfalls, die Mechanismen, die dem Wechselspiel zwischen Knochenheilung und Immun system zugrunde liegen, genauer unter die Lupe zu nehmen, um so möglicherweise auch Angriffspunkte für die Therapie zu finden. Derzeit suchen die Wissenschaftler nach möglichen Gegenspielern der CD8+TEMRA-Zellen. „Wenn die CD8+TEMRA-Zellen die Knochenheilung behindern, stellt sich die Frage, ob es andere Zellen gibt, die die Heilungsprozesse fördern“, erläutert Sven Geißler die Strategie. Vor diesem Hinter- 47 grund untersucht das Team derzeit, ob eine andere Gruppe von T-Zellen, die so genannten regulatorischen T-Zellen, in die Prozesse der Knochenheilung involviert sind. Denn erst wenn man einen Überblick über das Gesamtgeschehen gewonnen hat, lässt sich irgendwann auch der Schalter identifizieren, an dem man drehen muss, um die Saboteure aus dem Immunsystem zurückzupfeifen und die Knochenheilung zu unterstützen. Dr. Sven Geißler, 35, studierte Biotechnologie und Bioverfahrenstechnik. In seiner Promotion zum Doktor der Ingenieurswissenschaften untersuchte er die zellulären und molekularen Mechanismen der altersbedingten Abnahme im Heilungspotential des Bewegungsapparates. Er leitet das Forschungsprojekt „Prognostische Marker und Gezielte Therapien“ am BCRT. Seine langjährige Expertise im Bereich der Molekular- und Stammzellbiologie sowie seine Erfahrungen bei der Entwicklung diagnostischer und prognostischer Nachweismethoden bringt er als Teilprojektleiter in das Projekt „ImmunoBone“ ein. Dr. Simon Reinke, 35, ist von Haus aus Sportwissenschaftler. Bereits mit seiner Doktorarbeit wurde er zum Grenzgänger zwischen verschiedenen medizinischen Disziplinen: In der Kardiologie untersuchte er, wie sich Be- und Entlastung auf das Immunsystem auswirken. Seine Expertise sowohl in der Sportwissenschaft als auch in der Immunologie prädestiniert ihn für interdisziplinäre Projekte wie das aktuelle „ImmunoBone“-Projekt. Die Fraktur führt zur Bildung eines initialen Frakturhämatoms (blau) in welches die pro-inflammatorischen CD8+ TEMRA Zellen (weiß) einwandern. Diese Zellen sind lokal die Hauptproduzenten von Interferon-gamma und Tumor-Nekrosefaktor-alpha (orange). Diese Proteine wiederum verhindern die Bildung von neuem Knochengewebe durch Knochenvorläuferzellen (MSCs, grün), welche aus dem Knochenmark zum Ort der Verletzung rekrutiert werden. The fracture causes the formation of an initial fracture hematoma (blue) into which the proinflammatory CD8+ TEMRA cells (white) migrate. Locally, these cells are the main producers of interferon gamma and tumor necrosis factor alpha (orange). These proteins in turn inhibit the growth of new bone tissue by osteoprogenitor cells (MSCs, green), which are recruited from the bone marrow to the place of the site of injury. When bone fractures fail to heal, it may be because the body’s own defense cells have got it wrong. “Interruption in the continuity of bone is a fracture“, wrote Galen of Pergamon (129–200 AD) in his famous treatise “Ars medica”. What the Greek physician did not believe, however, was that broken bones can grow together again. He assumed that, from bodily humors, the body produces a kind of glue that closes the break and joins the bone together again. will heal poorly or not”, says project leader Simon Reinke. Potential biomarkers are, for example, cer tain cells or molecules which can be measured easily and are typical of breaks that heal badly. These are transformed into clinical tools: If physicians find the relevant biomarker in a patient, then they know that additional treatment methods will be required. But today we know that different cell types are constantly tearing down and building up bone. In this way they ensure that the skeleton adjusts to changing tasks and stresses. This complex interaction between different cell types and molecular factors allows broken bones to heal without scarring. Hence it can be said that fracture healing represents true regeneration in that the original structure and function are restored – at least in most cases. BCRT investigators have their sights set on specific cells of the adaptive immune system. “There is strong scientific evidence that changes in the immune system, as well as chronic inflammation, influence bone metabolism”, says subproject leader Sven Geißler. Could a malfunctioning defense system also prevent the repair of a broken bone? Tw e n t y pe r c e n t o f bon e f r a c t u r e s caus e pr ob l e m s Why fracture healing fails or is delayed in some patients is still unclear. Despite appropriate medical care, 15 percent of all bone fractures only heal with delay, and in five percent of cases the fracture does not heal at all. “This leads to huge additional costs for medical treatment and rehabilitation”, says Georg Duda, one of the BCRT’s three founding directors and director of the Julius Wolff Institute for Biomechanics and Musculoskeletal Regeneration. “The impact on quality of life is equally serious: These patients have severe pain and their motor function is impaired because they cannot use the affected limbs to the normal extent.” So, there is an urgent need for action to track down the root causes of these poorly healing fractures. Only then can star ting points for early intervention with current treatments, or even improved therapy options, be found. Scientists at the BCRT have therefore launched a project entitled “Immuno Bone” in which exper ts from the fields of immunology and the musculoskeletal system have joined forces. „At first, our primary aim was to find biomarkers that would allow us make a reliable prediction about whether a break How t h e d e f e n s e f o r c e b e com e s t h e sa bo t e u r The immune system thus appears to play an impor tant role in healing bone fractures. The initial healing process can be divided into two phases: the pro-inflammatory and the anti-inflammatory phase. Bone healing begins in the pro- inflammatory phase: A hematoma forms in the fracture gap and the various immune cells – macrophages, granulocytes and mast cells, for example – migrate into the region. The immune cells that have migrated release a range of messenger substances. These messenger substances now attract more cells, which initiate the repair of the bone and create a sui table environment for the healing processes. They also ensure that the cells multiply and, among other things, pave the way for the transition to the anti-inflammatory phase in which, for instance, new blood vessels can form. The balance between the two inflammatory phases appears to be necessary for the successful reunion of the bones. This is also backed up by the team’s previous studies. In experiments in sheep, the investigators demonstrated that if the balance of immune response is disrupted, healing processes are disturbed. The researchers were par ticularly struck by the higher concentration of effector CD8+ T-cells they observed. These cells attack everything they recognize as “foreign” or “sick”. “That was what prompted us to look at different sub- 49 groups of CD8+ T-cells. The CD8+TEMRA cells, in par ticular, appear to be problematic. These cells are indicative of an experienced, ‘aged’ immune system and can also be activated without any pathogenic contact through inflammation signals alone”, explains Reinke. “Because fractures trigger a high inflammatory response, we asked whether these CD8+TEMRA cells could possibly hinder the regenerative process and thus, in turn, have a negative effect on bone healing.” To test this hypothesis the researchers studied patients with fractures of the tibial plateau (the upper par t of the shin bone). They analyzed the immune status of these patients immediately before surgery and at various times after the operation. They found that patients with delayed recovery had more CD8+TEMRA cells in their blood than patients with normal recovery processes. The highest concentration of CD8+TEMRA cells was found in the hematoma. “That would suggest that the CD8+TEMRA cells interpret the fracture as some sor t of infection”, says Reinke. In the event of a fracture they migrate to the site of injury where they release various cytokines. As a result of this, the function of pro-regenerative cells is restricted and the healing process is delayed. The higher the number of cells of this type present in the peripheral blood, the higher the number that will migrate into the region of the fracture. So, a mechanism that is cer tainly helpful when dealing with a pathogen causes more harm than good when dealing with a fracture – with the result that fracture healing is either delayed or does not take place at all. T h e q u e s t f o r a n ta g on i s ts a n d p oi n ts o f at ta ck As a translational research center, the BCRT’s goal is to quickly and safely convey findings from research into the clinical setting, whether it be in the form of new therapies, diagnostic tools or biomarkers. For the “ImmunoBone” project, the chances of reaching this goal in the near future are good: “We are now in the final stages of preparing a multicenter study designed to validate the feasibility of using TEMRA cells as prognostic biomarkers of impaired healing”, says Reinke. If these special T-cells are found to be above a cer tain threshold in the blood of the patient prior to surgery, doctors should hear alarm bells ringing. The probability that this fracture will heal poorly is high. Standard treatment will not be sufficient. If successful, the project promises to pave the way for new treatment approaches so that one day doctors will not only be able to identify poorly healing fractures early on, they will also be able to treat them in a targeted way. To this end, the mechanisms underlying the interaction between bone healing and immune system have to be scrutinized in order to identify possible points of attack for targeted therapies. At the moment, the BCRT scientists are on a quest to find potential antagonists of the CD8+TEMRA cells. “If the CD8+TEMRA cells prevent bone healing, the question is, are there other cells that promote the healing process?”, says Sven Geißler, explaining the strategy. Against this background, the team is currently exploring whether another group of T-cells, so-called regulatory T-cells, are involved in bone healing processes. Because only after an overview of the entire process has been gained will it be possible to identify the switch that has to be turned to call back the saboteurs from the immune system and to suppor t bone healing. Dr. Sven Geißler, 35, studied biotechnology and bioprocess engineering. He earned his Doctor of Engineering degree with a thesis on the cellular and molecular mechanisms of the age-related decline in healing potential of the skeletal system. Currently, he leads the research area “Prognostic Markers and Targeted Therapies” at the BCRT. With his long-standing exper tise in the area of molecular and stem cell biology and his experience in the development of diagnostic and prognostic detection methods he makes a valuable contribution to the “ImmunoBone” project in his role as subproject leader. Dr. Simon Reinke, 35, has a background in spor ts science. Since completing his PhD he has been crossing the borders between different medical disciplines: In cardiology, he examined the effects of loading and unloading on the immune system. Given his exper tise in both spor ts science and immunology, he is predestined for work in interdisciplinary ventures such as the current “ImmunoBone” project. 52Der Translational Research Club des BCRT BCRT’s Translational Research Club 58Darja Könnig & Andrea Sass Snapshot 50 Michael Schossig & Yvonne Pieper: ESpin 51 Der Translational Research Club des BCRT BCRT’s Translational Research Club 52 Was behinder t den schnellen Transfer von der Grundlagenforschung in die Klinik? Viele neue Erkenntnisse in den letzten Jahrzehnten – das beobachten wir in den Grundlagenwissenschaften; deren Überführung in medizinische Produkte wie Therapien oder Diagnostika dagegen ist gering. Was behindert den schnellen Transfer von der Grundlagenforschung in die Klinik? Wie kann der Weg von der Grundlagenforschung zum medizinischen Produkt beschleunigt werden? Gibt es bereits Richtlinien, denen junge Wissenschaftler folgen können, damit ihre Forschung einen gesellschaftlichen Nutzen hat? Diese Fragen beschäftigen unsere Wissenschaftler schon seit geraumer Zeit; um Antworten darauf zu finden, gründeten einige von ihnen Anfang 2014 den „Trans lational Research Club“. „Wir möchten Doktoranden und Postdocs darin schulen, ihre translationalen Forschungsaktivitäten mit ihrer täglichen Arbeit zu verbinden.“, sagt Mohamed Abou El-Enein, Gründer des Clubs und Leiter der Klinischen Entwicklungsplattform des BCRT. „Der TRC ist eine offene Plattform; wir tauschen uns aus, diskutieren authentische Fallbeispiele und partizipieren von unterschiedlichen Perspektiven. Nicht zuletzt diskutieren wir gemeinsam Fragen der translationalen Forschung.“ Breites Wissen und Erfahrung auf vielen Gebieten, von der Grundlagenforschung bis hin zum Marketing neuer Produkte – das ist die Grundvoraussetzung für einen echten Translationsforscher. Mitglieder des TRC bekommen beides: Sie eignen sich zusätzliches Wissen an, dass sie in praktischen Workshops erlernen. Und sie sammeln grundlegende Erfahrung in der Translationsforschung, da sie Fallbeispiele diskutieren und internationale Konferenzen besuchen. I m Dre i e rtakt z um Erf o l g : Ko ng r e ss – Proj e kt – Wo rksh o p Der Kongress Schon kurz nach seiner Gründung hatte der Club die ehrenvolle Aufgabe, den „Translate!“-Kongress mitzugestalten. Clubmitglieder erstellten die Agenda mit, nahmen aktiv an Diskussionen teil und führten Interviews mit den Referenten. 53 Die Begeisterung stellte sich schon lange vor dem Kongress ein: Sie begann, als die Mitglieder die Referenten auswählten und die Fragen für die Interviews vorbereiteten. Der Kongress – der erste seiner Art – war ein umwerfendes Ereignis für alle TRC-Mitglieder. Die Referenten waren ihnen gegenüber aufgeschlossen und standen bei den Interviews sehr gern Rede und Antwort: „Unsere Interviewpartner lächelten uns an, sie waren offen für Gespräche und unterstützten uns dabei großartig. Und auch wenn wir noch nicht sehr erfahren darin sind, Netzwerke zu knüpfen und unsere Visitenkarten nicht parat hatten – so war der Kongress doch ein erster wichtiger Schritt in unserer Karriere als Translationsexperten“, berichtete ein begeistertes Clubmitglied. Ziel – die Translationsforschung vorantreiben, um die Gesundheit zu verbessern – verband die Referenten, das Publikum und die Clubmitglieder. Ein Referent formulierte es sehr treffend, als er Translation einen Mannschaftssport nannte, der ein Team von Wissenschaftlern und Klinikern mit weitreichender Expertise erfordert. Ein Kongress wie „Translate!“ kann wesentlich dazu beitragen, dass solche erfolgreichen Teams gegründet werden. Die Mitglieder des Clubs erhielten einen hervorragenden Überblick über die ganze Bandbreite der Translationsforschung, die noch bestehenden Hürden und die schon erreichten Ziele. Die von den Clubmitgliedern geführten Interviews wiederum sollen in ein (Buch-)Projekt münden, das der TRC federführend betreibt. „Translate!“ brachte Grundlagenforscher und Kliniker, Leiter von Forschungs abteilungen und Herausgeber wissenschaftlicher Fachmagazine, Führungskräfte von Forschungsinstitutionen und Mitarbeiter von Pharma-Unternehmen zusammen. Sie diskutierten Erfolgsgeschichten und erörterten Probleme und Hindernisse der Translationsforschung. Das gemeinsame Das Projekt Die Idee des Projekts ist einfach: der gesamte Translationsprozess soll nachgespielt werden – vom Identifizieren des medizinischen Bedarfs über die erforder lichen wissenschaftlichen Vorüberlegungen und klinischen Forschungen bis hin zum anwendbaren Produkt. Der TRC möchte die gesammelten Ergebnisse in einem Sammel- Impressionen vom ersten „Translate!“ Kongress, Mai 2014, Berlin Impressions of the first „Translate!“ Event, May 2014, Berlin 54 TRC-Workshop mit Professor Gerhard Bauer, UC Davis Institute for Regenerative Cures TRC workshop with Professor Gerhard Bauer, UC Davis Institute for Regenerative Cures 55 band veröffentlichen, der als Richtschnur für weitere Translationsprojekte dienen kann. „Als ein weltweit führendes Translationszentrum ist es unsere Aufgabe, die Initiative für solch ein Projekt zu ergreifen“, erklärt ein Mitglied des TRC. Die Interviews bilden einen wichtigen Baustein innerhalb des Projektes: Erstens geben sie einen breiten Überblick über die involvierten Akteure aus Wissenschaft und Industrie. Und zweitens erklären die Interviewten die diversen Schritte eines Translationsprozesses sehr genau. Sie informieren unter anderem über die Anmeldung von Patenten, sie erörtern regulatorische Vorschriften und beleuchten die notwendigen präklinischen und klinischen Studien. Darüber hinaus geben die Befragten Hinweise zu möglichen Geschäftsmodellen, um das klinische Produkt erfolgreich zu vermarkten. Zusätzlich zu den Interviews werden in dem Sammelband auch Fragen der Aus- und Weiterbildung und der interdisziplinären Kommunikation erörtert. Der Workshop In enger Zusammenarbeit mit dem Davis Institute for Regenerative Cures (University of California) organisierte der TRC im September 2014 einen zweitägigen Workshop zur Translationsforschung. Das Format: interaktiv und problemorientiert. Die Teilnehmer lernten wichtige Grundlagen zu ATMPs und wie sie hergestellt und in der Klinik angewendet werden (ATMP: Advanced Therapy Medicinal Products / Arzneimittel für neuartige Therapien). Die Teilnehmer erfuhren, wie sie klinische Studien gestalten müssen und welche regulatorischen Unterschiede zwischen den USA und Europa bestehen. Und sie trafen Professor Gerhard Bauer, einen Translationsexperten mit über zwanzigjähriger Erfahrung in der Zell- und Gentherapie. Professor Bauer stand Rede und Antwort und gewährte ihnen Einblicke in seinen Forschungsalltag. In Zukunft soll der Workshop einmal im Jahr stattfinden; er ist offen für Doktoranden der BSRT, Postdocs und Interessierte aus kooperierenden Forschungsinstituten: „Wir waren über das positive Feedback der Teilnehmer sehr erfreut – und dass ihnen solch ein Workshop so wichtig ist. Er hilft ihnen dabei, das Translationspotential ihrer jeweiligen Projekte noch besser einzuschätzen.“ erklärt Mohamed Abou El-Enein die Reaktion der Teilnehmer. Di e Z uk u n f t Im zweiten Jahr seines Bestehens geht es dem TRC vor allem darum, sich zu konsolidieren und neue Clubmitglieder anzuwerben. Außerdem laufen bereits erste Überlegungen für den nächsten „Translate!“- Kongress, der im Mai 2016 wieder in Berlin stattfinden wird. Die Mitglieder möchten den Kongress noch attraktiver für junge Wissenschaftler und internationale Experten gestalten. In der Planungsphase unterstützt ein Team der HPI School of Design Thinking aus Potsdam die Clubmitglieder – so erhoffen sie sich neue und kreative Ideen. True translational experts need to have broad knowledge and experience in many different areas from basic science right through to the marketing of new drugs. 56 Impressionen vom ersten „Translate!“ Kongress, Mai 2014 in Berlin Impressions of the first „Translate!“ event, May 2014, Berlin New knowledge at an ever-increasing pace – that is what we are currently witnessing in basic research. Yet a corresponding trend in the development of new treatments and diagnostics has yet to emerge. What hinders the rapid translation of research findings into clinical practice? How can we speed up this transition? Are there any existing guidelines young scientists can follow so that their investigations will benefit society? These are questions our scientists have been grappling with for quite a while. In an effor t to come up with answers, some of them got together to establish the BCRT’s “Translational Research Club” in early 2014. “Our main aim is to guide PhD students and postdocs at the BCRT and BSRT on how to effectively integrate translational research activities into their daily work”, says Mohamed Abou El-Enein, founder of the Club and head of the Clinical Development Platform at BCRT. “The Club is an open platform where young scientists are able to share and comment on ideas, review authentic cases, learn from different perspectives, and discuss relevant issues surrounding translational research.” True translational exper ts need to have broad knowledge and experience in many different areas from basic science right through to the marketing of new drugs. Members of the TRC get both: They gain new insights through learning in handson workshops. And they collect experience in translational research by discussing authentic cases and par ticipating in international conferences. T h r e e S t e ppi n g S t on e s t o S u cc e ss : E v e n t – Pr oj e c t – W or ks h o p The Event Shor tly after its foundation, the Club had the honorable task of co-organizing the “Translate!” event, which took place from 21 through 23 May 2014 in Berlin. Club members helped to set up the agenda, actively par ticipated in the discussions and conducted interviews with the event speakers. Excitement began to take hold long before the first speaker went on stage: it star ted with the selection of the speakers and the preparation of the interview questions. The event – the first of its kind – was a tremendous experience for all TRC members. The speakers were delighted to speak to the students and to share with them their experience. As one enthusiastic Club member put it, “Our interviewees were friendly and open to discussion. They really made our job easy. And even though we’re not yet that experienced at networking and h ad 57 no business cards to hand around, the event was an impor tant first step in our career in translational research.” “Translate!” brought together basic researchers and clinicians, editors of scientific journals, heads of academic institutions and professionals from pharmaceutical companies. They discussed success stories and talked about the problems and hurdles encountered in translational research. The common goal of moving translational research forward in order to improve health united all who attended the event – speakers, auditorium and Club members. One speaker fittingly referred to translational research as a team spor t – one that requires a team of scientists and clinicians with wide-ranging exper tise. An event like this is instrumental in building these successful teams. The Club members gained an excellent overview of the whole range of translational research, of the remaining hurdles and goals achieved so far. The interviews that the members conducted at the event will be par t of a wider project which has been initiated by the Club. The Project The idea behind the project is simple: to map the entire translational process, star ting with identifying major stages in translating a research idea into a product, challenges that are usually faced and solutions on how to address them. The outcome is intended to be published in a compendium which itself can be taken as a blueprint for fur ther translational research processes. “It is our role as a pioneering translational research center to establish this initiative in order to promote translational research”, says one Club member. The interviews are an impor tant step toward structuring the project. First, they give a good overview of the actors involved, from academia as well as from industry. Second, the interviewees answer many impor tant questions about the diverse steps to be taken in a translational process. They talk about patenting, they discuss regulatory rules and explain the phases of preclinical and clinical studies. Fur thermore, they inform about possible business models in order to market a clinical product. In addition, questions relating to education and cross-disciplinary communication will also be discussed in the compendium. The Workshop In close collaboration with the Davis Institute for Regenera tive Cures (University of California), the TRC organized a two-day workshop on translational research in September 2014. The workshop was designed in a unique way in order to be more interactive and project based. The Club members as well as par ticipants gained valuable insights into translational research. They got to know about ATMPs (Advanced Therapy Medicinal Products) and how to produce and use them in clinical settings. They learned about the design of clinical studies, with an overview of the major differences between the US and the EU. And, last but not least, they met Professor Gerhard Bauer, a translational exper t with more than 20 years of experience in cell and gene therapy. Professor Bauer answered their questions and talked about his experience in translational research. For the future, the workshop will be held as an annual activity for PhD students from the BSRT, postdocs and other interested par ticipants, also from external collaborating institutes. “We were excited by the feedback we received from the par ticipants. They considered such an activity essential in any translational research institute. The workshop definitely helped them to better evaluate the translational potential of their research projects”, comments Mohamed Abou El-Enein. The F uture Now in its second year, the TRC’s main objective is to consolidate the work begun in the first year and to recruit new members. Fur thermore, the Club members have already star ted planning the next “Translate!” event which will take place again in Berlin in spring 2016. The members want to make the next event more appealing to young scientists and international exper ts and they intend to make it a unique event on the global translational research scene. During the planning phase, the members will briefly collaborate with HPI School of Design Thinking in Potsdam in order to brainstorm new and creative ideas for the next event. Biologist Darja Könnig and Engineer Andrea Sass Snapshot 58 When it comes to their day-today tasks, they both appreciate the mix of practical laboratory work and theoretical concept development. Many roads lead to regenerative medicine: Following a stint as an undergraduate assistant at the University of Stellenbosch in South Africa, Andrea Sass earned her engineering degree in medical biotechnology at the Technische Universität Berlin. Darja Könnig graduated from the Freie Universität Berlin with a degree in biology. During their studies it was already clear to both of them that they want to augment and broaden their scientific knowledge and pursue a career in research, focusing on par ticular problems and applicability. Today both are continuing their scientific training at the Berlin-Brandenburg School for Regenerative Therapies (BSRT) – the graduate school of the BCRT. Helping others is their stated goal. Both researchers examine in their doctoral theses how bone fractures can heal better. Andrea Sass’s work deals with the application of progenitor cells in bone healing. From p atients’ blood she isolates various cell subtypes and examines their potential to positively influence the formation of blood vessels and bone. Darja Könnig focuses on a biomechanical aspect of bone healing: she wants to understand how mechanical boundary conditions influence tissue structure in the early stages of bone healing. When it comes to their day-to-day tasks, they both appreciate the mix of practical laboratory work and theoretical concept development. Yet another thing that is impor tant to the two researchers is getting new findings translated into clinical practice quickly. They can pursue this goal, among other things, in the Translational Research Club (TRC). Founded in 2014 by Mohamed Abou El-Enein, the club offers guidance to PhD students and postdocs on how to integrate applicationoriented practices into their day-to-day research activities. Through workshops and other events it promotes dialogue between representatives of industry, science and politics. What Andrea Sass and Darja Könnig value most about the club is that it allows them to gain insights into other disci plines and business sectors – and that they get to exchange information about translational research pathways with other up-and-coming investigators. After they have completed their PhDs, both intend to continue researching. They are confident that their field of specialization – musculoskeletal regenera tion – still holds many challenges. by Stephanie Eichler links/left: Darja Könnig rechts/right: Andrea Sass 59 Kennzahlen, Stand 31.12.2014 Figures, 31 December 2014 60 Mitarbeiter S ta f f 2014: ca. 250 2014: about 250 Pat e nte Pat e n t s 2014: 50 Patentfamilien mit 297 dazugehörigen Schriften 2014: 50 patent families with 297 corresponding patent numbers P ublikati o nen P u b l i cat i on s 2011: 179 2012: 227 2013: 214 2014: 178 www.b-crt.de/forschung/publikationen/ 2011: 179 2012: 227 2013: 214 2014: 178 www.b-cr t.de/forschung/publikationen/ Drittm itt eleinnahmen T h i r d pa r t y f u n di n g Jahr Zusätzliche Drittmittel Gesamtes Drittmittelaufkommen 2011 4,1 Mio 19,4 Mio 2012 4,9 Mio 26,2 Mio 2013 6,1 Mio 27,1 Mio 2014 7,1 Mio 30,1 Mio Year Additional Funds Third Party Funding in total 2011 4.1 Mio 19.4 Mio 2012 4.9 Mio 26.2 Mio 2013 6.1 Mio 27.1 Mio 2014 7.1 Mio 30.1 Mio Jan Laufer: o.T. 61 Impressum Imprint 62 Herausgeber/Editor Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien (BCRT) Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow Klinikum Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin www.b-crt.de Idee und Redaktion/ Concept and Editing Friederike Greul Übersetzung/Translations Anne Carney www.annecarneytranslations.de Design Katrin Schek, kursiv Kommunikationsdesign www.kursiv-berlin.de Fotos/Photography BCRT: S. 2/3, 15, 16, 17, 18, 19 (oben), 24, 32, 37, 38 (oben), 53, 56 Zelluläre Biomechanik Gruppe (CBM) des Julius Wolff Instituts für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration: S. 15, 16, 17 Meike Kenn (www.meikekenn.com): S. 13, 22, 28-29, 39, 43, 46, 59 Peer Schröder (www.hardcopy-press.de): S. 1, S. 38 (unten), 40/41, 54 Die Fotos auf S. 5, 7, 8, 11, 19, 36, 45, 51 und 61 wurden von Wissenschaftlern des Institutsgebäudes Süd gemacht und im Rahmen der Ausstellung „Discover – Translate – Create“ 2012 ausgestellt / The pictures shown on pp. 5, 7, 8, 11, 19, 36, 45, 51 and 61 have been made by scientists of the Institutsgebäude Süd and have been depicted during the exhibit „Translate – Discover – Create“ in 2012 Illustrationen/Illustrations Piktogramme: Sultan Berlin GmbH www.sultanberlin.de S. 34-35: Verena Herbst, Leipzig S. 21, 47: Marie Luise Emmermann Druck/Print H. Heenemann GmbH & Co KG Bessemerstraße 83 12103 Berlin www.heenemann-druck.de